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Die Aktive Pause: Schule als bewegungsfreundlichen Lebensraum gestalten

©2009 Examensarbeit 42 Seiten

Zusammenfassung

Die Forderung nach mehr Bewegung in der Schule wächst vor dem Hintergrund der Einführung des achtjährigen Gymnasiums (G8) sowie den Ergebnissen zahlreicher Studien zum Gesundheits- und Fitnesszustand von Kindern und Jugendlichen. Bei der Beobachtung von Schulpausen fällt jedoch auf, dass die Schülerinnen und Schüler nur wenige Möglichkeiten haben, ihren Bewegungsdrang auszuleben oder sich zu erholen.
Hier setzt die vorliegende Hausarbeit an. Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen zur bewegten Schule wurden zunächst die derzeitigen Rahmenbedingungen (derzeitige Schulhofgestaltung, Nutzung des Sportplatzes außerhalb des Unterrichts, Verfügbarkeit von Spielmaterial, Ruhebereiche etc.) an der Beispielschule untersucht. Es folgt eine Bedürfnisanalyse der Beteiligten. Hierfür wurden Einstellungen, Wünsche und Ideen der Schülerinnen und Schüler mittels Fragebögen erhoben. Weiterhin wurden auch Wünsche von Lehrerinnen und Lehrern sowie Rahmenvorgaben von offizieller Seite einbezogen.
Die gesammelten Ergebnisse flossen ein in ein Konzept zur Gestaltung der Aktiven Pause an weiterführenden Schulen, welches durchaus schulformübergreifend verwendet werden kann. Dieser Entwurf sieht eine Rhythmisierung der neuen Langtage bzw. des schulischen Ganztags (Schulzeitverkürzung) durch aktive Erholung und Entspannung vor. Entscheidend hierfür ist die bewegungsfreundliche Gestaltung des Schulgeländes durch alle an der Schule Beteiligten (Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Eltern, Schulleitung, außerschulische Partner etc.) sowie eine auf die Interessen der Schülerinnen und Schüler abgestimmte Angebotsstruktur.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Diagnose und Evaluation der derzeitigen Pausengestaltung
2.1 Allgemeines
2.2 Beispiele
2.2.1 Gestaltung des Pausenhofs
2.2.2 Spielmaterial
2.2.3 Nutzung des Sportplatzes
2.2.4 Ruhebereiche

3. Einstellungen und Ideen der Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer
3.1 Schülerbefragung
3.1.1 Konzeption des Fragebogens
3.1.2 Darstellung der Ergebnisse
3.1.2.1 Gestaltung des Pausenhofs
3.1.2.2 Spielmaterial
3.1.2.3 Nutzung des Sportplatzes
3.1.2.4 Einrichtung von Ruhebereichen
3.1.2.5 Sonstiges
3.2 Lehrerbefragung
3.3 Kooperation mit der Schulleitung

4. Konzeptentwurf
4.1 Allgemeines
4.2. Gestaltung des Schulgeländes, Pausenhofs, sowie Schulgebäudes
4.3 Verleih von Spiel- und Sportmaterial
4.4 Nutzung des Sportplatzes
4.5 Einrichtung von Ruhebereichen
4.6 Nachhaltigkeit und Weiterentwicklung

5. Zusammenfassung und Schlussfolgerung

6. Literatur

7. Anhang

1. Einleitung

Die Idee, in der schriftlichen Hausarbeit für das zweite Staatsexamen, die derzeitige Pausengestaltung am Gymnasium XY zu evaluieren und ein Konzept für eine aktive Pause zu entwickeln, entstand aus folgenden Zusammenhängen:

Bei der Beobachtung von Schulpausen fällt auf, dass die Schülerinnen und Schüler[1] wenige Möglichkeiten haben, ihren Bewegungsdrang auszuleben oder sich zu erholen (vgl. Kapitel 2). Die Gestaltung unserer Schulen ähnelt sich häufig: Betonboden auf dem Schulhof, kaum Spielgeräte, zwar genug Grün um die Schule, aber nicht innerhalb des Schulhofs, keine Konzepte zum ganzheitlichen Lernen usw. Kindliche Lebenswelt ist ohnehin durch die Einengung von Bewegungsräumen, etwa durch die Zunahme des Straßenverkehrs, gekennzeichnet. Bewegungsmangel, falsche Ernährung und Übergewicht führen schon in jungen Jahren zu erheblichen gesundheitlichen Problemen. So hat etwa die Hälfte aller Kinder unter 14 Jahre Muskel- und Haltungsschwächen und 30 Prozent leiden an Herz-Kreislaufbeschwerden (vgl. FWU, 2004, S.3). 78% der Kinder und Jugendlichen sind nicht täglich aktiv. Über ein Drittel der Kinder und Jugendlichen sind nicht in der Lage, zwei oder mehr Schritte auf einem Balken rückwärts zu balancieren und beim Standweitsprung zeigt sich eine Verschlechterung gegenüber den 1970er Jahren um 14% (vgl. Opper et al, 2007, S. 880). Vor diesem Hintergrund eines sich verschlechternden körperlichen Zustandes der SuS hat die Schule eine besondere Fürsorgepflicht. Dadurch bekommt eine bewegungsanregende, aktive Pausengestaltung eine immer größere Bedeutung. Nicht zuletzt profitieren auch körperlich gesunde SuS von einer aktiven Pause, weil die Konzentrationsfähigkeit durch Bewegung steigt (vgl. Müller & Petzold, 2006, S. 234f).

Die Pause, als Teil eines umfassenden und ganzheitlichen Erziehungskonzeptes verstanden, bildet zusammen mit dem Spiel ein unverzichtbares Paar. Sie sind Teil einer ganzheitlichen Bildung, die Denken, Fühlen und Handeln einbezieht (vgl. Mundigler, 1998, S. 3). Gesundheit gehört überdies zu den Forderungen der Europäischen Union: „Alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihren Fähigkeiten und obwohl sie in einer Vielzahl unterschiedlicher Länder, Kulturen und materiellen Umständen leben, müssen sich körperlich entwickeln und wachsen.” (Europäische Kommission, 2004. S. 13).

Vor dem Hintergrund von G8 - seit dem Schuljahr 2005/2006 werden alle Gymnasien in Nordrhein-Westfalen auf achtjährige Bildungsgänge bis zum Abitur (vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2008a, § 10 Abs. 3) umgestellt - sowie der damit verbundenen Einführung so genannter Langtage an der Europaschule XY, kommt der Gestaltung der Pausen eine besondere Bedeutung zu. Die Einführung einer einstündigen Mittagspause während dieser Langtage bietet die Chance, oben genannte Forderungen zumindest teilweise umzusetzen. Die Lernwelt des Gymnasiums bietet generell nur wenig Raum zur Erholung in einem anspruchsvollen Alltag voller Lernstoff. In einem auf acht Jahre verkürzten Gymnasium, mit einem erhöhten Stundenvolumen, müssen deshalb noch stärker als bisher, Bewegung und Körperlichkeit zur Geltung kommen, da mit mehr in der Schule verbrachter Zeit auch das Erholungsbedürfnis steigt.

Die Gestaltung schulischer Lebenswelt ist eine komplexe Aufgabe und könnte mehrere Arbeiten füllen. Der Forschungsgegenstand der vorliegenden Hausarbeit ist daher begrenzt auf einen realisierbaren Aspekt des Schullebens und damit der Schulentwicklung. Deshalb ist eine Konzentration auf den Aspekt Pause - im Sinne einer aktiven Pause - vorgenommen worden. Zum Thema „Aktive Pause“ gibt es bereits Publikationen, jedoch keine auf die, mit der Einführung von G8 und der Langtage zusammenhängenden, Mittagspause bezogenen. Dazu erfolgt eine spezifische Analyse der Situation am Gymnasium XY, basierend auf einer Befragung von Lehrerinnen und Lehrern und vor allem SuS (vgl. Kapitel 3). Auf der Basis dieser Analyse entsteht ein Konzept für die Anwendung in der Schule (vgl. Kapitel 4).

In dieser Arbeit wird hauptsächlich ein Bezug zu den Lehrerfunktionen „Evaluieren, Innovieren und Kooperieren“ sowie „ Organisieren und Verwalten“ hergestellt. Weitere Lehrerfunktionen werden tangiert, auf sie soll jedoch nicht näher eingegangen werden.

Die Rahmenvorgaben für den Vorbereitungsdienst in Studienseminar und Schule (vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2004) beschreiben die Lehrerfunktion „Evaluieren, Innovieren und Kooperieren“ u.a. als Überprüfung schulischer Arbeit. Auf die Diagnose des derzeitigen Zustandes an meiner Ausbildungsschule, d.h. eine Betrachtung der jetzigen Pausengestaltung, folgen eine Evaluation dieses Ist-Zustandes und die Planung von Verbesserungsmaßnahmen im Hinblick auf die Anforderungen einer modernen Schule sowie vor dem Hintergrund geplanter Langtage im Zuge von G8. Die Maßnahmen stellen eine innovative Konzeption dar, welche meiner Ausbildungsschule bei der Vorbereitung, Einführung und Umsetzung der einstündigen Mittagspause dienen soll. Die Lehrerfunktion „Organisieren und Verwalten“ sieht laut Rahmenvorgaben für den Vorbereitungsdienst in Studienseminar und Schule u.a. vor, die Qualität schulischer Arbeit zu verbessern, was ich mittels des Konzepts zur aktiven Mittagspause erreichen möchte. Als Lehrkraft meiner Ausbildungsschule mit allen Rechten und Pflichten soll die Hausarbeit dadurch einen Beitrag zur Schulentwicklung sowie zum Schulprogramm liefern.

Obwohl das Konzept damit für die XY und ihre infrastrukturellen Voraussetzungen geplant und anwendbar ist, besteht, was generelle Aspekte - wie zum Beispiel Merkmale einer gesunden Schule oder die Gestaltung einer aktiven Pause - angeht, eine Übertragbarkeit auf andere Schulen.

2. Diagnose und Evaluation der derzeitigen Pausengestaltung

2.1 Allgemeines

Basierend auf der Vorstellung von Bewegung als anthropologisch begründbares Grundbedürfnis des Menschen, ergibt sich Bewegungserziehung als umfassende Aufgabe der Schulentwicklung, die alle Fächer und auch den außerunterrichtlichen Bereich einbezieht (vgl. Müller & Petzold, 2006, S. 24f). Das Konzept der bewegten Schule ist umfangreich und umfasst verschiedene Teilbereiche von denen ein großer die bewegte Pause umfasst:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Bereiche und Teilbereiche der bewegten Schule (Müller & Petzold, 2006, S. 33)

Obwohl Bewegung, Spiel und Sport zu den unverzichtbaren Bestandteilen von Erziehung und Bildung gehören (vgl. Hundeloh et al, 2004), kann man die derzeitige Pausengestaltung am Gymnasium XY als wenig strukturiert bezeichnen und Sport bleibt oft auf den Sportunterricht beschränkt.

Wenn man sich die verschiedenen Definitionen anschaut, was eigentlich Pause ist und bewirken soll, so fasst Mundigler (1998, S.4) zusammen: „In der Pause sollen sich die Kinder entspannen können, sich geistig, selig und körperlich erholen, bei einer ganz anders gelagerten Tätigkeit einen Ausgleich zum Unterricht erfahren.“ Nun kann man argumentieren, dass die derzeitige Pausengestaltung diese Bedingungen erfüllt, denn schließlich haben die SuS während der Pause keinen Unterricht und können sich deshalb vom Selbigen erholen. Meine Beobachtungen allerdings zeigen, dass vor allem in der Unterstufe (5. bis 7. Klassen) ein hoher intrinsischer Bewegungsdrang besteht, der sich mal mehr, mal weniger friedlich Luft macht. Zum einen sieht man spontan improvisiertes Spielen, zum anderen jedoch auch Tobereien. Der Drang zu Spielen ist in diesem Alter noch recht hoch. SuS der 5. bis 7. Klassen bringen sich häufig selbst Spielzeug, wie beispielsweise Bälle oder Karten, mit und schaffen sich so Spielgelegenheiten. Mit zunehmendem Alter lassen die Aktivitäten und Bewegungen jedoch immer weiter nach. Ältere SuS (obere Mittelstufe) stehen zumeist allein oder in Grüppchen zusammen, nicht selten schubsen und hänseln sich hierbei vor allem Jungen. Den Zusammenhang zwischen Aggressivität und mangelnden Beschäftigungsmöglichkeiten müsste man genauer untersuchen, was den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde. Erkennbar ist jedoch das Scheitern des Auslebens von Bewegungsdrang an infrastrukturellen Mängeln. Wie bereits erwähnt, besteht der Schulhof aus einer versiegelten Fläche, die durch vereinzelte Bäume und Bänke sowie Tischtennisplatten aufgelockert wird. Außerdem gibt es keine Möglichkeit Spielmaterialien zu lagern beziehungsweise zu entleihen.

Im Folgenden werden verschiedene Aspekte und Bereiche der bisherigen Pausengestaltung beschrieben und vor dem Hintergrund der kommenden einstündigen Mittagspause auf Verbesserungsmöglichkeiten hin untersucht (vgl. Lehrerfunktion: „Evaluieren, Innovieren und Kooperieren“).

2.2 Beispiele

2.2.1 Gestaltung des Pausenhofs

Der Pausenhof am Gymnasium XY ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Der Oberstufenteil soll hier nicht näher beschrieben werden, da sein Benutzen für die SuS der Sekundarstufe I nicht gestattet ist. Im daran angrenzenden Neubau (E-Gebäude) wird außerdem parallel zur zukünftigen Mittagspause der Unterricht der Sekundarstufe II stattfinden, weshalb hier auch weiterhin keine Pausenaktivitäten stattfinden sollten.

Der Teil des Schulhofs für die Sekundarstufe I befindet sich größtenteils zwischen der Dreifach-Turnhalle und dem Altbau (A-Gebäude). Die Tischtennisplatten auf dem Pausenhof für die Sek. I erfreuen sich ständiger Beliebtheit. In jeder Pause und selbst vor Schulbeginn sowie nachmittags sieht man die Platten von mehreren SuS der Unterstufe belegt. Sollten Tischtennisschläger fehlen, wird einfach die Handfläche benutzt. Fehlende Tischtennisbälle werden von den SuS durch Tennisbälle ersetzt. Das heißt, dass selbst ohne passendes Sportgerät ein hoher Aufforderungscharakter besteht. Ein Verbesserungsbedarf bezüglich der Tischtennisplatten besteht also, abgesehen von einer eventuellen weiteren Platte sowie einer Schläger- und Ballausgabe, nicht. Weitere Spiel- und Sportgeräte existieren jedoch nicht. Einige SuS improvisieren häufig, indem sie einen großen Steinbrocken in der Nähe der Sporthalle als Spielgerät zum Klettern und Balancieren nutzen. Außerdem geht von den angrenzenden Bäumen und Büschen vor der alten Turnhalle eine hohe Faszination aus. Die SuS nutzen also natürliche Materialien und Elemente gerne in ihrem Spiel. Das Fehlen von Markierungen auf dem Boden fällt einem ins Auge. Für ein kurzes Fußballspiel mit dem mitgebrachten Tennisball werden zumeist Kleidungsstücke als Markierungen für Tore und Spielfeld genommen.

[...]


[1] Im weiteren Verlauf wird für „Schülerinnen und Schüler“ der Einfachheit halber nur die Abkürzung „SuS“ verwendet.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2009
ISBN (PDF)
9783863415020
ISBN (Paperback)
9783863410025
Dateigröße
696 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Studienseminar für das Lehramt für die Sekundarstufe II Köln II
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Schulhof G8 Bewegte Schule Ganztagsschule Schulzeitverkürzung Bewegungsmangel Gesundheit

Autor

Sebastian Steffens, Jahrgang 1981, studierte Sport, Anglistik, Geographie und Erziehungswissenschaften in Köln sowie an der USC in Australien. Als Mitarbeiter am Institut für Schulsport und Schulentwicklung der Deutschen Sporthochschule sammelte er bereits früh Erfahrungen in den Bereichen Evaluation und Weiterentwicklung von Schule und Unterricht. Neben einem Abschluss als Diplom-Sportwissenschaftler schloss er 2007 das Lehramtsstudium in Köln ab. Während des Referendariats führte er die der Publikation zugrundeliegende Schülerbefragung durch und entwickelte daraufhin eine Konzeption für die Aktive Pause vor dem Hintergrund der Schulzeitverkürzung.
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