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Followership: Die Erwartungen an die Mitarbeiter aus Sicht der Führung

©2009 Bachelorarbeit 81 Seiten

Zusammenfassung

Leadership vs. Followership: Durch welche fachlichen Kompetenzen und persönlichen Eigenschaften sich eine Führungspersönlichkeit auszeichnen sollte, um den Anforderungen des jeweiligen Jobs gerecht zu werden, wurde in der Literatur hinlänglich beleuchtet. Dabei ist es völlig irrelevant ob der Vorgesetzte die Position des Chefs, des Managers oder eines "einfachen" Abteilungsleiters einnimmt.
Es gibt aber noch andere Fragen, die es zu beantworten gilt: Was wollen die Führenden von ihren Mitarbeitern? Was glauben die Mitarbeiter wird von Ihnen erwartet? Welche Eigenschaften wünschen sich die Vorgesetzten von ihren Mitarbeitern? Wie schätzen die Mitarbeiter sich selbst ein? Was versteht ein Führender unter einem "guten Mitarbeiter"?
Dieses Buch stellt auf Grundlage einer empirischen Analyse deutscher Unternehmen die bisherige Betrachtungsweise auf den Kopf und fragt erstmals nicht nach den Kompetenzen des Führenden, sondern nach denen der Geführten. Der Autor schafft dem Leser mit diesem wissenschaftlichen Werk einen neuen Blickwinkel. Er zeigt sehr schnell, worauf es den Vorgesetzen ankommt und in welchen Bereichen die Mitarbeiter sich selbst falsch einschätzen. Der Leser kommt schließlich in den Genuss zu erfahren, was die Führenden unter einem "guten Mitarbeiter" verstehen und kann sich am Ende die Frage beantworten: Was verlangt mein Vorgesetzter wirklich von mir?!

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Von Leadership zu Followership
1.2 Followership in der Literatur

2 Befragung ausgewählter deutscher Unternehmen
2.1 Umfang und Aufbau der Befragung
2.2 Fragebogen an die Führenden
2.3 Fragebogen an die Geführten

3 Analyse der Ergebnisse der Befragungen
3.1 Der Führende und seine Erwartungen an die Geführten
3.1.1 fachliche Erwartungen
3.1.2 außerfachliche Erwartungen
3.1.3 Gesamtbild
3.2 Der Geführte und seine Annahmen über die Erwartungen an ihn
3.2.1 Selbstreflexion: Wie sieht sich der Geführte selbst?
3.2.2 Annahmen über fachliche Erwartungen
3.2.3 Annahmen über außerfachliche Erwartungen
3.2.4 Gesamtbild
3.3 Widersprüche
3.3.1 fachliche Differenzen
3.3.2 außerfachliche Differenzen
3.3.3 Besonderheiten in der öffentlichen Verwaltung
3.3.4 Ost-West Unterschiede
3.4 Zusammenfassung

4 Die Definition des „guten Geführten“

5 Schlussteil

6 Literaturverzeichnis

7 Anhang
7.1 Fragebogen an Führende und Geführte
7.2 Gesprächsprotokolle

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2: Robert Kelley's Followership Styles

Abbildung 3: Ira Chaleff's Followership Styles

Abbildung 4: Standorte umfragebeteiligter Unternehmen

Abbildung 5: Bedeutung der Mitarbeiter-Qualitäten

Abbildung 6: fachliche Erwartungen an die Geführten

Abbildung 7: charakterliche Erwartungen an die Geführten

Abbildung 8: Bedeutung der Mitarbeiter-Qualitäten II

Abbildung 9: Warum die Geführten in diesem Unternehmen arbeiten

Abbildung 10: Selbstreflexion des Geführten: So bin ich

Abbildung 11: Selbstreflexion des Geführten: So sieht mich mein Vorgesetzter

Abbildung 12: Annahmen der Geführten zur fachlichen Erwartungshaltung ihrer Vorgesetzten

Abbildung 13: Annahmen der Geführten zur charakterlichen Erwartungshaltung ihrer Vorgesetzten

Abbildung 14: Beschäftigungsdauer der Befragten bei momentanem Arbeitgeber

Abbildung 15: Vermeintlich geschätzte und tatsächlich gewünschte Verhaltensweisen

Abbildung 16: Gegenüberstellung der Erwartungshaltungen zu fachlichen Verhaltensweisen

Abbildung 17: Gegenüberstellung der Erwartungshaltungen zu außerfachlichen Verhaltensweisen

Abbildung 18: Geführte aus Westdeutschland vs. Geführte aus Ostdeutschland

1 Einleitung

1.1 Von Leadership zu Followership

Wenn man der Literatur glaubt, so ist Leadership heute noch der Schlüssel zum Erfolg. Demnach hängt es davon ab, wie ein Führender seine Geführten führt und in welchen Situationen er welche Führungsstile anwenden sollte, um erfolgreich zu sein. Es wurden Ansätze und Befunde der Führungsforschung veröffentlicht. Führungsmodelle, Führungsideologien und Führungstheorien wurden entwickelt. Auch zu Führungsverhaltensbeschreibungen und Führungsbeobachtungen lassen sich unzählige Schriften finden. Nicht zuletzt werden Erwartungen an einen guten Führenden gestellt. (Kellermann, 2008) Selbst namenhafte Politiker, so auch Rudolph Giuliani, der ehemalige Bürgermeister von New York, haben zum Thema Leadership persönliche Erfahrungen und Ratschläge für Führende schriftlich festgehalten.

Leadership ist außerdem ein zentrales Thema in den Medien. So wird der Erfolg eines Unternehmens meist den Managern oder der Unternehmensleitung zugeschrieben. Bleibt beispielsweise ein Fußballverein unter den Erwartungen der Öffentlichkeit, so fordern die Medien meist als erste einen Rücktritt des Trainers oder Managers. Grundsätzlich wird die Leistung eines Führenden an dem Leistungsergebnis des gesamten Unternehmens gemessen. Darauf aufbauend sollte entschieden werden, ob die erbrachte Leistung des Führenden für eine Verlängerung des Vertrages ausreicht oder nicht.

Betrachtet man Unternehmen in Deutschland, so lässt sich feststellen, dass jedes dieser Unternehmen von mindestens einer natürlichen Person geführt wird. Diese Führungskraft übt dann sowohl auf einzelne Personen, als auch auf Personengruppen Einfluss aus. Sie führt also diese Personen. (Wiebler, 2001) Je nach Struktur und Größe des Unternehmens sind für das Betreiben aber weitere Führungskräfte notwendig. So werden bei Unternehmen mit mehreren Abteilungen meist Abteilungsleiter beschäftigt, die die jeweiligen Abteilungen führen. Jedoch bleiben diese selbst immer auch ein Geführter, da sie den Anweisungen ihrer Vorgesetzten Folge zu leisten haben. Insgesamt betrachtet, ist die Anzahl der Führenden gegenüber den Geführten in Unternehmen aber eher gering (Siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Führende - Geführte Pyramide

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Abbildung.

Über die „wenigen“ Führenden kann in der Literatur sehr ausführlich nachgelesen werden. Unter Anderem wird beschrieben, was es heißt ein guter Führender zu sein und was er tun muss um sein Unternehmen erfolgreich zu führen. Es stellt sich die Frage, wie ein guter Geführter sein sollte.

Im Rahmen dieser Arbeit habe ich eine Unternehmensumfrage durchgeführt. Dabei wollte ich ergründen, welche Eigenschaften und Verhaltensweisen ein Geführter an den Tag legen sollte um gut zu sein. Dabei werden sich die Geführten nicht nur selbst beschreiben, vielmehr sollen die Erwartungen an einen Geführten aus der Führendenperspektive ermittelt werden. Darüber hinaus werden die Geführten selbst einschätzen, was von Ihnen erwartet wird. Ohne eine solche Unternehmensumfrage im Vorfeld, könnten über diese Sachverhalte andernfalls nur Vermutungen angestellt werden.

Bevor diese Unternehmensbefragung beschrieben wird, soll ein kurzer Überblick über die bereits vorhandene Literatur zur Thematik gegeben werden.

1.2 Followership in der Literatur

Die Worte Follower und Followership werden immer häufiger in Diskussionen zum Thema Leadership verwendet. Viele glauben, dass das Thema Followership erst Ende der 1990 Jahre spruchreif geworden ist. Jedoch wurden dazu schon 1955 Umfragen durchgeführt und bereits Jahrzehnte zuvor haben Sozialwissenschaftler in der Literatur darüber diskutiert. (Baker, 2009)

Der Professor der Harvard Business School Abraham Zaleznik war schließlich der Vorläufer dieser Thematik. Er konzentrierte seine Arbeit bereits in den 1960er Jahren intensiv auf die Untergebenen: später „Geführte“ genannt. Im Harvard Business Review veröffentlichte Zaleznik 1965 einen Artikel mit dem Titel: „The Dynamics of Subordinacy.“ Darin beschrieb er, dass man sich auch auf die Untergebenen konzentrieren muss und es sehr wichtig sei, zu verstehen, wie die Untergebenen handeln und was sie ausmacht, um selbst erfolgreich sein zu können. (Kellermann, 2008)

Zaleznik entwarf in seinem Artikel vier verschiedene Typen von Geführten. Der impulsive Geführte wird als rebellisch und dominant beschrieben. Er neigt dazu selbst führen zu wollen. Der zwanghafte Geführte ist in seinen Handlungen eher passiv, neigt aber trotzdem dazu seinen Vorgesetzen Anweisungen zu geben. Auch wenn sich der masochistische Geführte nicht wohl in seiner Rolle fühlt, so unterwirft er sich trotzdem seinem Führenden. Der introvertierte Geführte zeigt eher wenig Interesse an seiner Arbeit. Vielmehr arbeitet er so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. (Sviatoslav, 2003)

Zusammen mit Manfred F.R. Kets de Vries veröffentlichte Abraham Zaleznik (1975) ein Buch, welches sich zumindest in Kapitel 7 mit dem Geführten befasst. Die Typendifferenzierung der Geführten war aber auch hier die gleiche wie schon 10 Jahre zuvor in „The Dynamics of Subordinacy“. Jedoch wurde hier noch einmal klar gemacht, wie wichtig es sei, sich auf die Geführten zu konzentrieren. Dabei diskutierten Sie auch erstmals die Frage was es heißt, ein guter Geführter zu sein; ließen die Antwort aber offen. (Zaleznik & Kets de Vries, 1975)

Robert Earl Kelley (1992) verfasste das erste Buch, welches sich ausschließlich mit dem Geführten und dem Geführt werden befasste, nachdem auch er zuvor einen Artikel mit dem Titel „In Praise of Followers“(1988) im Harvard Business Review veröffentlichte. Dabei war es Kelley‘s Ziel mehr Aufmerksamkeit auf die Studien zu Followership zu lenken und gleichzeitig selbst mehr über „das Geführt werden“ zu erforschen. (Kelley R. E., 1992) Wie schon Zaleznik definierte auch Kelley verschiedene Formen des Geführt werdens. Dabei schienen zwei Dimensionen die Art und Weise zu beschreiben, wie Menschen anderen folgen. Diese Dimensionen sind, ob der Geführte selbstständig denkt und ob er selbst aktiv am Unternehmensprozess teilnimmt. (Daft, 2008) Anhand dessen differenzierte er die Geführten in fünf verschiedene Typen, wie man auch seinem „Followership Style“ Modell entnehmen kann (Siehe Abbildung 2).

Kelley verknüpfte so die individuellen Persönlichkeitseigenschaften hinsichtlich dem Denken und Handeln der Geführten mit den, von ihm definierten, verschiedenen Formen eines Geführten. (Reggio, Chaleff, & Lipman-Blumen, 2008)

Das Bild eines Geführten veränderte sich im Laufe der Zeit. Kelley (1999) gab den Geführten mit seinem Buch „How to be a star at work“ Tipps und Ratschläge um in der Arbeit erfolgreich zu sein. Somit wuchs die Idee, dass die Geführten Einfluss auf den Führenden nehmen können. Es wurden Strategien aufgezeigt, die Geführte wählen, um sachliche und persönliche Ziele durch die Beeinflussung ihres Führenden zu erreichen. (Emmerich, 2001) Diese Einflussstrategien wurden von Wunderer (2000) und Weibler (2001) als „Führung von unten“ bezeichnet.

Abbildung 2: Robert Kelley's Followership Styles

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: (Kelley R. E., 1992)

Ira Chaleff (2003) hat den Geführten weiter Mut zugesprochen. Sie hat mit ihrem Buch „The Courageous Follower“ den Geführten eine Art Selbsthilfeanleitung an die Hand gegeben und damit viel Aufsehen erregt. Zur Aufgabe hatte sie es sich gemacht, den Followership-Gedanken weiter zu entwickeln und voran zu treiben. (Reggio, Chaleff, & Lipman-Blumen, 2008) Darüber hinaus teilte Chaleff die Geführten ebenfalls in verschiedene Formen ein. Sie versuchte dabei die unterschiedlichen Verhaltensweisen und Persönlichkeitseigenschaften voneinander zu differenzieren, um sie dann den verschiedenen Formen eines Geführten zuzuordnen. (Chaleff, 2003) Diese vier Formen der Geführten wurden von ihr schematisch dargestellt (Siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Ira Chaleff's Followership Styles

Quelle: (Chaleff, 2003, S. 41)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Robert Kelley und Ira Chaleff verbreiteten als Erste den Gedanken, dass Geführte mehr sein können als passive Untergebene und sie bildeten damit die Grundlage, auf die sich heutige Diskussionen in der Literatur berufen. (Baker, 2009)

In den vergangen Jahren wurde erkannt, dass Leadership unwiderruflich mit Followership verknüpft ist. Die Zeit ist gekommen um sich mit dem Geführten auseinander zu setzen. Ist man als Führender, ob nun als Chef oder Abteilungsleiter, doch selbst oft auch ein Geführter und umgekehrt. (April, Macdonald, & Vriesendorp, 2000)

Wesentlich härter formulierte es Barbara Kellermann. Sie betonte, dass unsere modernen Vorstellungen und Ansichten zur Leadership-Thematik sich seit 30 Jahren nicht verändert haben und dass wir uns in der Vergangenheit zu sehr auf den Führenden fixiert haben. Followership hingegen wurde bisher völlig ignoriert. (Kellermann, Youtube, 2008) Kellermann befasste sich daher mit den Geführten und auch sie differenzierte die Geführten in fünf verschiedene Typen. Jedoch wurde auch von ihr in keinerlei Hinsicht der Unterschied zwischen einem Geführten und einem guten Geführten diskutiert. Sie deutete lediglich an, dass ein guter Geführter nie jemand sein kann, der nicht enthusiastisch an seine Arbeit geht. (Kellermann, 2008)

Insgesamt wurden nur sehr wenige Studien über die Geführten angestellt und veröffentlicht. Man findet an keiner Stelle etwas darüber, welche Verhaltensweisen eines Geführten sich die Führenden wünschen oder welche Kompetenzen er haben sollte, um ein guter Geführter zu sein. Im Rahmen einer Unternehmensumfrage in Deutschland möchte ich dem guten Geführten nun ein Gesicht geben – ihn definieren.

2 Befragung ausgewählter deutscher Unternehmen

2.1 Umfang und Aufbau der Befragung

Es wurden in Deutschland 34 Unternehmen und eine öffentliche Verwaltung gebeten sich an einer schriftlichen oder mündlichen Befragung zu beteiligen. Sechs Unternehmen stimmten einer mündlichen Befragung zu. Die angeschriebenen bzw. befragten Unternehmen haben ihren Sitz in den Bundesländern Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (Siehe Abbildung 4). Dabei handelt es sich um Produktionsbetriebe, Industrie- und Handelsunternehmen, diverse Dienstleistungsunternehmen sowie um eine öffentliche Verwaltung. Die breite Streuung bei der Auswahl der Unternehmen war beabsichtigt. Die Datenerhebung sollte unabhängig von Branche, Standort und Mitarbeiteranzahl der Unternehmen erfolgen, um eventuelle Clusterbildungen ausschließen zu können. So würde eine Befragung von branchengleichen Unternehmen oder Unternehmen mit jeweils derselben Anzahl von Beschäftigten, die gleichzeitig alle an ein und demselben Standort in Deutschland tätig sind, wahrscheinlich zu verzerrten Ergebnissen führen.

Abbildung 4: Standorte umfragebeteiligter Unternehmen

Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0d/Germany_location_map.svg

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Jedes der angeschriebenen oder mündlich befragten Unternehmen erhielt drei Fragebogen. Jeweils ein Fragebogen war dabei von einem Führenden auszufüllen. Zwei Mitarbeiter, die direkt von diesem Führenden geführt werden, sollten die übrigen zwei Fragebogen bearbeiten. Diese Vorgehensweise ermöglichte bei gleichem Umfang eine höhere Datenermittlung.

Nachfolgend sollen die Inhalte der Fragebogen an die Führenden und Geführten aufgezeigt und erläutert werden.

2.2 Fragebogen an die Führenden

Einleitend wurden die Führenden gefragt, wie lange sie schon in dem befragten Unternehmen arbeiten und wie viele Mitarbeiter dort beschäftigt werden. Daran schloss sich die Frage an, wie viele dieser Mitarbeiter selbst von ihnen geführt werden um später feststellen zu können, ob diese Anzahl eventuelle Auswirkungen auf die Erwartungen an einen guten Geführten hat.

Weiter wurden die Führenden gefragt, ob sie mitarbeiterorientiert oder aufgabenorientiert arbeiten. Grundsätzlich stand ihnen die Anzahl der zu setzenden Kreuze frei. So hatten die Führenden hier die Möglichkeit auch zwei Kreuze zu setzen, um klar zu machen, dass sie sowohl mitarbeiter- als auch aufgabenorientiert arbeiten.

In den schriftlichen Befragungen der Führenden ging es mir vordergründig um die Beantwortung der Frage, was die Führenden von ihren Geführten erwarten. Hierfür sollten die Führenden zum einen 20 vorgegebene, fiktive Verhaltensweisen der Geführten auf ihre Wichtigkeit bewerten. Damit sollte ergründet werden, welches Verhalten der Geführten für den Führenden wichtig oder unwichtig ist. Zum anderen sollten die Führenden bei einer offenen Fragestellung Verhaltensweisen eines guten Mitarbeiters nennen. Ziel dabei war, dass die Führenden, sowohl bewusst als auch unbewusst, die für sie wünschenswerten Verhaltensweisen eines guten Geführten formulieren und schriftlich festhalten.

Die Führenden sollten darüber hinaus Verhaltensweisen ihrer Geführten nennen, die sie als störend empfinden. Da die Geführten ebenfalls abschätzen sollten, welche Verhaltensweisen ihr Vorgesetzter als störend empfinden könnte, wurden hier widersprüchliche Aussagen erwartet.

Da die Kommunikation in sozialen Systemen einen fundamentalen Analysebaustein darstellt (Neuberger, 2002), sollten die Führenden außerdem Aussagen darüber treffen, wie oft sie zu ihren Mitarbeitern Kontakt haben und ob ihnen dieser zu gering ist, sie ihn als ausreichend empfinden oder gar glauben, dass sie sich zu viel mit ihren Mitarbeitern beschäftigen.

Sie wurden darüber hinaus gefragt, wie viel Prozent ihrer Geführten für sie gute Geführte darstellen und wie zufrieden sie insgesamt mit allen Mitarbeitern sind.

Am Ende des Fragebogens wurden die Führenden gebeten den verschiedenen Mitarbeiterkompetenzen einen Bedeutungsgrad zuzuweisen (Siehe Abbildung 5.). Es sollten fachliche und außerfachliche Kompetenzen zusammen 100% der Qualitäten eines guten Geführten ausmachen. Dabei wurden die außerfachlichen Kompetenzen in charakterliche und soziale Qualitäten untergliedert.

Abbildung 5: Bedeutung der Mitarbeiter-Qualitäten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Abbildung.

Da sich diese Arbeit, wie bereits erwähnt, mit dem Geführt werden befassen soll, war es unumgänglich, dass die Geführten selbst auch befragt wurden. Fortfolgend sollen alle Inhalte des Fragebogens an die Geführten dargestellt werden.

2.3 Fragebogen an die Geführten

Der Aufbau des Fragebogens an die Geführten war strukturell dem der an die Führenden sehr ähnlich. Einleitend wurden auch sie gefragt, wie lange sie in diesem Unternehmen arbeiten und wie viele Mitarbeiter in diesem beschäftigt werden.

Korrespondierend sollten die Geführten ankreuzen, ob sie den Kontakt zu ihren Vorgesetzen als ausreichend oder unzureichend empfinden.

Die Geführten wurden auch gebeten Auskunft über den Grund ihrer Tätigkeit in diesem Unternehmen zu geben. Sie sollten auch mitteilen, ob und auch warum sie zufrieden in diesem Unternehmen sind und ob ihnen alle Aufgaben und Ziele bekannt sind.

In Anlehnung an die 20 vorgegebenen, fiktiven Verhaltensweisen, die den Führenden zur Bewertung vorgelegt wurden, sollten die Geführten eine Selbsteinschätzung zu genau diesen Verhaltensweisen abgeben. Zusätzlich sollten sie angeben, ob sie diese Verhaltensweisen aufzeigen oder eben nicht. Darauf aufbauend wurden die Geführten gebeten eben diese vorgegebenen Verhaltensweisen aus Sicht ihres Vorgesetzten zu gewichten. Sie sollten zum Beispiel abschätzen, wie wichtig ihrem Vorgesetzten das Interesse an Aus- und Weiterbildungen ihrer Geführten ist.

Genau an diesen Stellen wird man bei der Auswertung ermitteln können, ob die befragten Geführten dem Bild der Führenden von einem guten Geführten entsprechen oder ob es Differenzen gibt. Natürlich wird man auch erkennen können, inwieweit die Geführten überhaupt wissen was die Führenden von ihnen erwarten.

Die Geführten wurden außerdem in einer offenen Frage gebeten zu erläutern, welche Verhaltensweisen ihr Vorgesetzter an ihnen besonders schätzt. In einer letzten offenen Frage wurden die Geführten gebeten selbstkritisch zu sein. Sie sollten eigene Verhaltensweisen nennen von denen sie glauben, dass ihr Vorgesetzter mit diesen unzufrieden ist und er sich eine Verbesserung wünschen würde.

Im Folgenden werden die Antworten der Unternehmensbefragung aufgezeigt, analysiert, erläutert und bewertet, bevor dann die Definition eines guten Geführten erarbeitet werden soll.

3 Analyse der Ergebnisse der Befragungen

Es wurden 35 Unternehmen gebeten sich an dieser Umfrage zu beteiligen. 31 Führungskräfte und somit auch Unternehmen haben sich an der Umfrage beteiligt. Die Beteiligungsquote lag damit bei etwa 89%. Nicht alle Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, ließen jeweils auch zwei Geführte antworten. So sind nur 50 der erwarteten 70 Fragebogen, die an die Geführten gerichtet waren, eingegangen. Die Beteiligung der Geführten lag damit aber trotzdem noch bei 71%.

Zwölf der 31 Unternehmen beschäftigen derzeit mehr als 200 Angestellte. Es haben sich aber auch elf Unternehmen an der Umfrage beteiligt, die zwischen 51 und 200 Mitarbeiter beschäftigen. Fünf der Unternehmen beschäftigen zwischen 15 und 50 Mitarbeiter und drei Unternehmen beschäftigen derzeit weniger als 15 Mitarbeiter.

Für die weitere Analyse der Fragebogen ist es unabdingbar zunächst auf ein sozial psychologisches Phänomen einzugehen, dass gerade bei empirischen Studien auftritt, die im direkten Zusammenhang mit der Selbstdarstellung des Befragten stehen. Demnach sind Personen in der Lage ihre Antworten bei Persönlichkeitstest, so u.a. auch bei der Beschreibung der eigenen Person in Persönlichkeitsfragebogen, sozialen Erwartungen anzupassen und dementsprechend in eine erwünschte Antwortrichtung zu lenken. (Reinecke, 1989)

Man befürchtet bei solchen Selbstbeschreibungsverfahren Antwortverzerrungen durch den Probanden. Für das Abschätzen des Verfälschungsgrades bei der Auswertung der Fragebogen gibt es verschiedene Verfahren. Das Einbauen sogenannter Lügenfragen in die Persönlichkeitsfragebogen wird in der Literatur häufig als eine wirksame Methode beschrieben, um diese Verfälschungen überhaupt aufzudecken. (Tholey, 1976) Es handelt sich dabei um Fragen, von der Art „ich lüge niemals“, die normalerweise nicht zustimmend beantwortet werden. Personen, die solche Lügenfragen als zutreffend kennzeichnen, machen sich verdächtig, auch andere Fragen nicht wahrheitsgemäß zu beantworten. Eine Reihe von Autoren zweifeln daher sogar an der Validität der Selbstberichtsdaten und stützen dies auf allgemeine bzw. sozialpsychologische Argumente der Antworttendenz zur sogenannten „sozialen Erwünschtheit“. (Hofmann & Kubinger, 2001; Kubinger, 2002) Sozial erwünscht sind nach Edwards (1957) Merkmale von Personen, die von den Mitgliedern einer Gesellschaft positiv bewertet werden. Als Bewertungsbasis für Beurteilungen, was positive bzw. wünschenswerte Merkmale sind, gelten soziale Normen und Werte, also die sozialen Vorstellungen darüber, was gut und richtig ist. (Hartmann, 1991) An geeigneter Stelle soll auf diese Problematik noch einmal eingegangen werden.

Nachfolgend sollen nun die Antworten der Führenden ausgewertet und analysiert werden. Dabei wird vorab nur kurz auf den Führenden selbst eingegangen, um dann die Erwartungen der Führenden an die Geführten aufzuzeigen. Anschließend erfolgt das gleiche Vorgehen mit den Fragebogen der Geführten, bevor dann eventuelle Widersprüche belegt werden sollen.

3.1 Der Führende und seine Erwartungen an die Geführten

Die Führenden sind zu einem Großteil bereits sehr lange in dem befragten Unternehmen beschäftigt oder führen dieses sogar selbst. Nur etwa ein Drittel der Befragten gab an, dass sie weniger als zehn Jahre dort beschäftigt seien. Mehr als ein Drittel arbeitet bereits seit über 20 Jahren in diesem Unternehmen. Ein sehr großer Teil der befragten Führenden wird also auf einen großen Erfahrungsschatz zurück greifen können.

Bei der Frage, wie viele der im Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter der Führende selbst führt, gaben etwa 26% von Ihnen an, dass dies weniger als 10 Mitarbeiter sind. Insgesamt 68%, also etwas mehr als zwei Drittel, der Führenden gaben an, dass sie bis zu 20 Mitarbeiter selbst führen. Fünf Befragte führen zwischen 21 und 50 Mitarbeiter und vier weitere führen zwischen 51 und 100 Mitarbeiter selbst. Nur ein Führender gab an, dass er mehr als 100 Mitarbeiter selbst führt.

Der Kontakt zu seinen Mitarbeitern oder Geführten spielt eine ganz wesentliche Rolle im Unternehmensalltag. Etwas weniger als zwei Drittel der Führenden pflegen einen täglichen Kontakt zu ihren Geführten. 29% von ihnen hat eher wöchentlichen Kontakt und nur zwei Vorgesetzte gaben an, eher monatlichen Kontakt zu ihren Geführten zu haben. Immerhin sechs von diesen Führenden, die keinen täglichen Kontakt zu ihren Mitarbeitern pflegen, machten klar, dass dieser Kontakt zu gering sei. Ihnen ist also bewusst, dass der Kontakt nicht ausreicht, und würden dies gern ändern; jedoch wird dies aus zeitlichen Gründen nicht zu ändern sein. Nur vier der 31 Vorgesetzen meinten, sie beschäftigen sich viel zu sehr mit ihren Mitarbeitern und die übrigen 68% empfinden den Kontakt zu ihren Geführten für ausreichend.

Ein Großteil der Führenden führt also eine überschaubare Menge an Geführten selbst und empfindet den (meist täglichen) Kontakt zu diesen für ausreichend.

Ein jeder Führender besitzt bei der Führung seiner Geführten ganz unterschiedliche Stile. Bei der Befragung gaben sechs Führende an, sie verfolgen einen eher mitarbeiterorientierten Führungsstil. Gar 13 Führenden führen aufgabenorientiert. Aber auch 39% meinten, dass sie eine Mischung aus beiden Führungsstilen anwenden.

Letztendlich geht es doch aber darum zu erfahren, was die Führenden von den Geführten erwarten. Welche charakterlichen und sozialen Eigenschaften und vor allem welche fachlichen Kompetenzen sollten die Geführten aufweisen? Für die Beantwortung dieser Fragen sollten, wie bereits in 2.2 erläutert, die Führenden mögliche Verhaltensweisen der Geführten auf ihre Wichtigkeit bewerten.

3.1.1 fachliche Erwartungen

Zuerst einmal sollen die fachlichen Ansprüche der Führenden an die Geführten betrachtet werden. Der Abbildung 6 kann entnommen werden, wie wichtig den Vorgesetzten bestimmte fachliche Verhaltensweisen der Geführten sind. Hierbei stellen die Zahlen die Anzahl der Befragten dar, die den entsprechenden Wichtigkeitsgrad genannt haben. Insgesamt ist der Grad der durchschnittlichen Wichtigkeit mit jeder Verhaltensweise absteigend. Dabei repräsentiert ein Farbwechsel den Wechsel in den nächsttieferen Wichtigkeitsgrad.

Eindeutig erkennbar ist, dass die fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiter insgesamt für die Führenden einen sehr hohen Stellenwert haben. Dabei erscheinen den Vorgesetzten am Wichtigsten, dass die Geführten versuchen ihre Arbeitsabläufe zu optimieren und ganz klar, dass sie fachlich versiert sind.

Abbildung 6: fachliche Erwartungen an die Geführten

Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an die Daten aus der Unternehmensbefragung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2009
ISBN (PDF)
9783863415099
ISBN (Paperback)
9783863410094
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bayreuth
Erscheinungsdatum
2011 (Januar)
Note
2
Schlagworte
Mitarbeitermotivation Followership Leadership Mitarbeiterführung Führende Leitung

Autor

Sven Kampfert, B.Sc., wurde 1985 in Magdeburg geboren. Soziales Engagement zeigte er bereits im Laufe seiner Schullaufbahn. Er war mehrere Jahre Kreisschülersprecher und ist auch heute noch Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Sein Interesse für Wirtschaft und Mathematik mündeten in ein betriebswirtschaftliches Studium, welches er im August 2009 erfolgreich abschloss. Derzeit befindet er sich in einem Aufbaustudium für Steuern und Rechnungslegung und ist in der Vorbereitung zum Steuerberaterexamen. Während zahlreicher Praktika in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung im In- und Ausland beschäftigte er sich vor allem mit dem Bereich der Personalführung. Aus diesem Anlass verfasste er die vorliegende Studie zur Thematik Followership.
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