Das Benotungssystem für Pflegeheime durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Erste Erfahrungen und kritische Würdigung am Beispiel ausgewählter Transparenzkriterien
©2010
Bachelorarbeit
56 Seiten
Zusammenfassung
Angesichts einer älter werdenden Bevölkerung und der damit verbundenen Zunahme auf bis zu 4,7 Millionen Pflegebedürftige im Jahre 2050 und dem derzeitigen Trend zur professionalisierten Pflege in stationären Einrichtungen der Altenhilfe nimmt die Versorgung und Betreuung von Pflegebedürftigen einen zunehmenden Stellenwert in unserer Gesellschaft ein. In diesem Zusammenhang gerät die Qualitätsentwicklung der Altenheime in Deutschland zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. Pflegebedürftigen und deren Angehörigen fällt es oft schwer die Qualität eines Pflegeheimes zu beurteilen, geschweige denn die Qualität unterschiedlicher Pflegeheime zu vergleichen. Negative Berichterstattungen über Pflegemängel in den Medien und Prüfberichte des MDK die katastrophale Zustände in Altenheimen aufzeigen, in denen jeder dritte Heimbewohner nicht genug zu essen bekommt, Bettlägerige sich wund liegen und Verwirrte vernachlässigt werden, verunsichern die potentiellen Kunden der Pflegeheime. Die Forderungen der Öffentlichkeit nach mehr Transparenz der stationären Altenhilfe und einer schnellen Bewältigung von Pflegemängeln, die anscheinend trotz Kontrollen des MDK bisher nicht abgestellt werden konnten, so wie es der 2. Bericht des MDK über die Qualität in der ambulanten und stationären Pflege aus dem Jahr 2007 aufzeigt (vgl. MDS 2007), begegnete die Politik mit einer Reform der 1995 eingeführten fünften Säule der Sozialversicherung (soziale Pflegeversicherung, SGB XI). Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz (PfWG) erhofft sich die Politik eine Verbesserung der Prüfmechanismen durch bundesweit einheitliche Kontrollen mit dem Ziel einer Vergleichbarkeit von Pflegeheimen. Von einem Rating von Pflegeheimen nach Vorbild des Bewertungssystems aus der Hotelbranche nach Sternen, wie in den Vereinigten Staaten von Amerika üblich wurde abgesehen und stattdessen eine Vergabe von Schulnoten festgelegt. In diesem Buch sollen die ersten Erfahrungen und Bewertungen nach Einführung des neuen Prüfsystems des MDK dargestellt und eine kritische Bewertung unter anderem anhand einiger vom Autor ausgewählten Transparenzkriterien vorgenommen werden.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
Angesichts einer älter werdenden Bevölkerung und der damit verbundenen Zunahme von
derzeit rund 2,25 Millionen auf bis zu 4,7 Millionen Pflegebedürftige im Jahre 2050 (vgl. Pfaff
2010) und dem derzeitigen Trend zur professionalisierten Pflege in stationären Einrichtungen
der Altenhilfe (vgl. ebd.) nimmt die Versorgung und Betreuung von Pflegebedürftigen einen
zunehmenden Stellenwert in unserer Gesellschaft ein. Damit verbunden gerät die
Qualitätsentwicklung der in Deutschland zum Zeitpunkt dieser Arbeit bestehenden 11.029
Altenheime (vgl. ebd.) zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. Pflegebedürftigen und deren
Angehörigen fällt es oft schwer die Qualität eines Pflegeheimes zu beurteilen, geschweige denn
die Qualität unterschiedlicher Pflegeheime zu vergleichen. Oft besteht gemäß der Prinzip-Agent
Theorie (vgl. Meffert & Bruhn 2010, S. 64) ein Informationsungleichgewicht zu Lasten der
Kunden, die einen Heimplatz suchen. So können diese die Qualität der Pflege mit Ausnahme
der teilweise vorhandenen Möglichkeit eines Probewohnens erst nach einem Einzug ins
Pflegeheim beurteilen. Ein Pflegeheim und dessen pflegerisches Leistungsangebot unterliegen
somit der subjektiven Einschätzung der Kunden. Zum Zeitpunkt der Suche nach einer
geeigneten Institution kann das pflegerische Leistungsangebot also nicht beurteilt werden. So
können für die Kunden aufgrund mangelnder Beurteilungsgrundlage des pflegerischen
Leistungsangebotes monetäre Kriterien den Ausschlag zur Wahl eines Pflegeheimes geben.
Negative Berichterstattungen über Pflegemängel in den Medien und Prüfberichte des MDK
(vgl. MDS 2007), die katastrophale Zustände in Altenheimen aufzeigen, in denen jeder dritte
Heimbewohner nicht genug zu essen bekommt, Bettlägerige sich wund liegen und Verwirrte
vernachlässigt werden (vgl. Der Spiegel 2007), verunsichern die potentiellen Kunden der
Pflegeheime. Dazu kommen Buchveröffentlichungen, die [...] ,,Ruhigstellung durch
Medikamente, Vernachlässigung, Unterernährung, Austrocknung und medizinische
Unterversorgung" thematisieren, in denen [...] ,,der Heimbewohner [...] zum bloßen
Kostenfaktor [mutiert]" (Breitscheidel 2007). All dies erschwert die Wahl des richtigen
Heimplatzes zusätzlich.
Die Forderungen der Öffentlichkeit nach mehr Transparenz der stationären Altenhilfe und einer
schnellen Bewältigung von Pflegemängeln, die anscheinend trotz Kontrollen des MDK bisher
nicht abgestellt werden konnten, so wie es der 2. Bericht des MDK über die Qualität in der
ambulanten und stationären Pflege aus dem Jahr 2007 aufzeigt (vgl. MDS 2007), begegnete die
Politik mit einer Reform der 1995 eingeführten fünften Säule der Sozialversicherung (soziale
Pflegeversicherung, SGB XI). Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz (PfWG) erhofft sich die
Politik eine Verbesserung der Prüfmechanismen durch bundesweit einheitliche Kontrollen mit
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dem Ziel einer Vergleichbarkeit von Pflegeheimen. Von einem Rating von Pflegeheimen nach
Vorbild des Bewertungssystems aus der Hotelbranche nach Sternen, wie in den Vereinigten
Staaten von Amerika üblich (vgl. Peters & Vogt, S. 13), wurde abgesehen und stattdessen eine
Vergabe von Schulnoten festgelegt. In dieser Arbeit ,,Das Benotungssystem für Pflegeheime
durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) Erste Erfahrungen und
kritische Würdigung am Beispiel ausgewählter Transparenzkriterien" sollen die ersten
Erfahrungen und Bewertungen nach Einführung des neuen Prüfsystems des MDK dargestellt
und eine kritische Bewertung unter anderem anhand einiger vom Autor ausgewählten
Transparenzkriterien vorgenommen werden.
2. Zielsetzung
Seit der Einführung des sogenannten ,,Pflege-TÜVs", wird das Instrumentarium der
Notenvergabe für Pflegeheime in der Fachöffentlichkeit sowie teilweise auch in der
Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.
Diese Arbeit soll ungefähr ein Jahr nach der Genehmigung der Qualitätsprüfungs-Richtlinien
(QPR), die mit dem Erhebungsbogen und der Ausfüllanleitung für die Prüfer als Grundlage für
die Prüfungen nach der Pflegetransparenzvereinbarung durch den MDK dienen, die ersten in der
Fachliteratur verfügbaren Erfahrungen mit den neuen Prüfungen von Verantwortlichen in der
Heim- und/oder Pflegedienstleitung und des MDK aufzeigen. Dabei sollen unterschiedliche
Positionen der Beteiligten sowie die Meinung des Autors, der selbst in der stationären
Altenpflege tätig ist dargelegt werden. Die Pflegetransparenzvereinbarung, die als Baustein der
QPR die Qualität der Pflege durch Schulnoten deutlich machen soll, ist in zwei Fassungen für
den ambulanten und stationären Altenpflegebereich verfügbar. Diese Arbeit bezieht sich
ausschließlich auf die Pflegetransparenzvereinbarung Stationär (PTVS) und ihre Auswirkungen
auf Pflegeheime. Aufgrund der mit der Zeit unterschiedlichen Bedeutungen zugeschriebenen
Begriffe Pflegeheim, Altenpflegeheim, Altenheim oder Altenhilfeeinrichtung wird im folgenden
Text zur besseren Verständlichkeit nur noch der Begriff ,,Altenheim" verwendet.
Interessant bei der Erfassung der ersten Erfahrungen mit den Pflegetransparenzkriterien ist die
Tatsache, dass die Interessenvertreter der Leistungserbringer, die Kostenträger und der MDK an
der Erstellung der Pflegetransparenzvereinbarung Stationär beteiligt waren und es trotz der
Einbringung der Anforderungen aller Beteiligten das Instrumentarium der Notenvergabe knapp
ein Jahr nach Einführung in der Fachöffentlichkeit so kontrovers diskutiert wird. Die Gründe für
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diese Diskussionen sollen in den nachfolgenden Kapiteln dargelegt werden. Diese Arbeit ist
bewusst auf die Analyse von drei ausgewählten Transparenzkriterien begrenzt, da eine Analyse
aller 82 Transparenzkriterien den Umfang dieser Bachelorarbeit übersteigen würde. Im
nachfolgenden Kapitel soll zunächst ein Überblick über die gesetzlichen Rahmenbedingungen
in der Altenpflege und die Grundlagen der Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst
der Krankenversicherung gegeben werden.
3. Gesetzliche Rahmenbedingungen
Die soziale Pflegeversicherung ist eine der wesentlichen Rahmenbedingungen für Einrichtungen
der Altenhilfe. Für die Betreiber von Altenheimen, die im Auftrag der Pflegekassen deren
Beitragszahler versorgen, haben einige Paragraphen des Sozialgesetzbuches XI immense
Bedeutung. Gerade die Prüfungen, die von außen in die Einrichtungen hineingetragen werden,
haben bei Nicht-Einhaltung der vereinbarten qualitätsgerechten Leistungserbringung
Auswirkungen auf die Altenheime, angefangen bei Kürzungen der Leistungsvergütungen (vgl. §
115 (3) SGB XI) bis zur Untersagung der Betreuung der Pflegebedürftigen (vgl. § 115 (5) SGB
XI). Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Vertragswerke des SGB XI und ihre
Verflechtungen. Zur näheren Betrachtung der Bedeutungen der einzelnen Verflechtungen wird
auf Müller (2001) hingewiesen.
Abbildung 1: Vertragswerke der Pflegeversicherung und ihre Verflechtungen (Abbildung
verändert nach Müller 2001, S. 47)
Versorgungsvertrag
§ 72 SGB XI
Rahmenvertrag § 75 SGB XI
Qualitätsprüfungs-Richtlinien QPR § 114 a
SGB XI
Pflege-Transparenzvereinbarung § 115 Abs. 1a
SGB
XI
Bemessungsgrundsätze (§ 84 SGB XI)
Vergütungsvereinbarung (§ 89 SBG XI), Wirtschaftlichkeits-
Prüfung
(§ 79 SGB
XI)
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3.1 Das Pflegeweiterentwicklungsgesetz (PfWG)
Dieses Unterkapitel soll die zweite Reform der sozialen Pflegeversicherung kurz beleuchten und
die Auswirkungen der Änderungen auf die Heimbetreiber aufzeigen. Aspekte der Reform, die
nicht den Bereich der Qualitätssicherung im Sinne einer Qualitätsdarstellung in der
Öffentlichkeit aufzeigen, werden im folgendem nicht berücksichtigt, da sie den Umfang dieser
Bachelorarbeit übersteigen würden.
Zum 1. Juli 2008 wurde mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz die zweite Reform der
Pflegeversicherung eingeleitet. Im Gegensatz zur ersten Reform der sozialen
Pflegeversicherung, dem Pflegequalitätssicherungsgesetz (PQsG) versucht der Gesetzgeber nun
durch eine Erhöhung der Beiträge u. a eine Leistungsausweitung zu finanzieren. Der Grundsatz
der sozialen Pflegeversicherung als nicht kostendeckende bzw. nicht bedarfsdeckende
Versicherung für die gesetzlich Versicherten im Falle von Pflegebedürftigkeit bleibt erhalten.
Auf die mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz möglichen Leistungsflexibilisierungen und
erweiterungen wie Betreuungsleistungen (§ 45 b SGB XI), Zusätzliche Betreuung und
Aktivierung (§ 87 b SGB XI) und die Leistungsaufstockungen für die teilstationäre und
ambulante Pflege sei nur am Rande hingewiesen. Zur Vertiefung der genannten Paragraphen sei
an dieser Stelle auf die Veröffentlichung des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes im
Bundesanzeiger hingewiesen (vgl. http://bundesanzeiger.de/evidenzzentrale/bundesanzeiger-
papierausgabe/). Der Gesetzgeber verfolgt mit dem PfWG einen Paradigmenwechsel. War der
Gesetzgeber zuvor der Meinung, dass Qualitätsveränderungen nur durch Prüfungen und Impulse
von außen erfolgen könnten, stärkt der Gesetzgeber nun die Eigenverantwortlichkeit der
Beteiligten, indem Qualitätsmaßstäbe von den Vertretern der Leistungserbringer, der
Kostenträger und dem MDK zusammen nach gesetzlichen Vorgaben entwickelt werden sollen.
Im folgendem wird auf die Änderungen durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz und seine
Auswirkungen auf die Qualitätssicherung der Einrichtungen der stationären Altenhilfe
eingegangen.
3.1.1 Die Neuerungen im Sozialgesetzbuch XI
Durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz sind im elften Kapitel ,,Qualitätssicherung, Sonstige
Regelungen zum Schutz der Pflegebedürftigen" des SGB XI Änderungen eingefügt worden. Die
Altenheime tragen laut § 112 Abs. 1 Satz 1 SGB XI die Qualitätsverantwortung für ihre
Leistungen. Der Gesetzgeber setzt dabei auf eine interne und externe Qualitätssicherung in den
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Einrichtungen. Mit der internen Qualitätssicherung ist die im Pflegequalitätssicherungsgesetz
(PQsG) genannte Verpflichtung der Einrichtungen zum Aufbau und der Aufrechterhaltung eines
Qualitätsmanagementsystems gemeint, auf die im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter
eingegangen wird, da diese Arbeit auf das externe Benotungssystem des MDK ausgerichtet ist.
Abbildung 2 gibt einen Überblick über das vom Gesetzgeber geforderte
Qualitätssicherungskonzept.
Abbildung 2: Qualitätssicherungskonzept (Abbildung verändert nach Klie, in LPK-SGB XI, §
112 Rz. 7)
Die wichtigsten Neuerungen der einzelnen Säulen des Qualitätssicherungskonzeptes werden
nachfolgend genannt und erläutert.
§ 113 SGB XI Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der
Pflegequalität
· Die bisherigen, mit der Qualitätssicherung und entwicklung und Leistungs- und
Qualitätsvereinbarungen von Pflegeheimen befassenden Paragraphen 80 und 80 a sind
aufgehoben worden.
Qualitätssicherungskonzept
Maß-
nahmen
zur
Qualitäts-
sicherung
Qualitäts-
manage-
ment
Experten-
standards
§ 113 a
Qualitäts-
prüfung
§ 114
§ 113
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· Die Vertragsparteien (der Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die
Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die
Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der
Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene unter Beteiligung des Medizinischen
Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, des Verbandes der privaten
Krankenversicherung e. V., der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene) waren bis
zum 31.03.2009 verpflichtet die ,,Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und die
Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Pflege" sowie für die
Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagement-Systems, das auf stetige
Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität ausgerichtet ist, zu vereinbaren
(vgl. Böhme & Müller. 2009, S. 11). Inhaltlich sollten drei zentrale Anforderungen
geregelt werden:
1. eine praxistaugliche Pflegedokumentation, die ein für die Einrichtungen
vertretbares wirtschaftliches Maß nicht überschreiten darf.
2. die Qualifikation und Unabhängigkeit der Prüfer (damit sind die Prüfer des MDK
oder von den Pflegekassen eingesetzte Sachverständige gemeint) und
Prüfinstitutionen (MDK).
3. die methodische Verlässlichkeit von Zertifizierungs- und Prüfverfahren, die von
den Trägern der Altenheime in Auftrag gegeben werden (z. B nach DIN EN ISO
9001).
Dass der Gesetzgeber die genannten drei zentralen Anforderungen von den Vertragsparteien
geregelt haben möchte, ist angesichts der Vielzahl auf dem Markt vorhandenen
Zertifizierungsprodukten, unterschiedlicher Qualifikationslevel der Prüfer und teils
überdimensionierter Dokumentationssysteme nach Meinung des Autors zu begrüßen. Da keine
Einigung bei der Entwicklung der Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und
Weiterentwicklung der Pflegequalität erreicht wurde, haben die Vertragspartner die
Schiedsstelle (§ 113 b SGB XI), die im Falle von Uneinigkeit angerufen werden kann,
informiert. Eine Einigung lag zum Zeitpunkt dieser Arbeit nicht vor. Da die Rechtsgrundlage
zur Prüfung von Pflegeinrichtungen zum 01.07.2008 aufgehoben und bisher noch keine neue
Rechtsgrundlage festgelegt wurde, besteht die Gefahr, dass die bisher durchgeführten
Qualitätsprüfungen nichtig sind (vgl. Richter & Hoffer 2010, S. 36). Laut Aussage von
Rechtsanwalt Ronald Richter auf der Fachtagung der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V:
,,Schaffen Pflegenoten Transparenz?" (vgl. http://www.diakonie-rwl.de/) wird im Sommer 2010
mit einer Entscheidung der Schiedsstelle gerechnet.
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§ 113a SGB XI Expertenstandards zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität
in der Pflege
· Die Verantwortung zur Entwicklung von Expertenstandards wurde in die
Verantwortung der Vertragsparteien gelegt
· Die Expertenstandards sind nach Erscheinen im Bundesanzeiger unmittelbar
verbindlich
· Die bisher vom Deutschen Netzwerk für Qualität in der Pflege (DNQP) entwickelten
monoprofessionellen Expertenstandards behalten vorläufig ihre Gültigkeit
(vgl. Böhme & Müller 2009, S. 12, vgl. § 113a SGB XI)
Expertenstandards sollen dazu dienen den allgemein anerkannten Stand des medizinisch-
pflegerischen Wissens zu konkretisieren. Es gibt bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Einigung der
Vertragsparteien auf den Ablauf der Entwicklung und Erprobung von Expertenstandards (vgl.
Fachtagung Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V: ,,Schaffen Pflegenoten Transparenz").
Die Entwicklung von verbindlichen Expertenstandards muss von den Vertragsparteien selbst
vorangetrieben werden. Mit Expertenstandards sind nicht die bereits in den Einrichtungen der
Altenhilfe implementierten Expertenstandards des DNQP gemeint. Es ist jedoch davon
auszugehen, dass aufgrund der Verfahrensordnung für eine vereinfachte Aktualisierung der neu
zu entwickelnden Expertenstandards diese denen des DNQP ähneln werden (vgl. Richter &
Becker 2009, S. 10-11). Die neuen Expertenstandards werden für die Pflegeeinrichtungen
rechtsverbindlich, sobald sie im Bundesanzeiger veröffentlicht sind.
§ 114 SGB XI Qualitätsprüfungen
· Bis zum 31.12.2010 müssen alle zugelassenen Pflegeeinrichtungen durch den MDK
überprüft worden sein
· Ab dem 01.01.2011 finden ein Mal jährlich Prüfungen in allen zugelassenen
Pflegeeinrichtungen durch den MDK statt
· Die Prüfungen erfolgen als Regel-, Anlass-, oder Wiederholungsprüfung
· Der Schwerpunkt der Prüfungen (Regel- und Anlassprüfungen) muss auf der Prüfung
der Ergebnisqualität liegen
· Wiederholungsprüfungen sind auf Antrag der Pflegeeinrichtungen möglich. Die Kosten
der Wiederholungsprüfungen tragen die Einrichtungen
(vgl. § 114 SGB XI)
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Wurden Altenheime bisher nur durch Einzel-, Stich- und vergleichbare Prüfungen durch den
MDK überprüft, so erhofft sich der Gesetzgeber nun durch jährlich stattfindende
Regelprüfungen eine kontinuierliche Abbildung der Qualität der Einrichtungen. Mit der
Regelprüfung (also regelmäßig, mindestens ein Mal im Jahr) sollen u.a die
Qualitätsanforderungen des SGB XI überprüft werden. Insbesondere steht hier die Überprüfung
des Gesundheits- u. Pflegezustandes der Bewohner durch eine Inaugenscheinnahme und somit
die Überprüfung der Wirksamkeit der geplanten und durchgeführten Pflege- u.
Betreuungsmaßnahmen im Sinne von Ergebnisqualität im Vordergrund. Der Medizinische
Dienst der Krankenversicherung soll sich bei seinen Qualitätsprüfungen mit den
Heimaufsichtsbehörden absprechen und nach Möglichkeit gemeinsame Qualitätsprüfungen
durchführen. Dabei soll der Prüfungsumfang der Regelprüfung angemessen reduziert werden,
indem die Vertreter der Heimaufsicht die Strukturqualität beispielsweise im
Qualitätsmanagement überprüfen. Bereits durch unabhängige Stellen bescheinigte Struktur- und
Prozessqualität soll den Umfang der MDK-Prüfung in angemessener Weise verringern. Welche
externen von den Einrichtungsträgern veranlassten Prüfverfahren vom MDK anerkannt werden,
muss noch im § 113 SGB XI festgelegt werden. Sollten Einrichtungen mit der Benotung durch
den MDK nicht zufrieden sein, ist eine Wiederholungsprüfung auf Kosten der Einrichtungen
möglich. Anlassprüfungen entsprechen den bisherigen Einzelprüfungen, die bei Verdacht auf
Pflegemängel durchgeführt werden. Diese gehen über den Prüfanlass hinaus und umfassen eine
vollständige Prüfung mit dem Schwerpunkt auf der Ergebnisqualität. Inwieweit der neue
Schwerpunkt auf der Ergebnisqualität bei den MDK-Prüfungen wieder zu finden ist, wird in
Kapitel 5 geklärt.
§ 114a SGB XI Durchführung von Qualitätsprüfungen
· Im Gegensatz zu der bisher üblichen Praxis finden Qualitätsprüfungen nun
grundsätzlich unangemeldet statt
· Die Richtlinien zur Durchführung der Prüfungen (Qualitätsprüfungs-Richtlinien QPR)
sind regelmäßig zu überprüfen und dem medizinisch-pflegerischen Fortschritt
anzupassen
(vgl. § 114a SGB XI)
Unangemeldete Prüfungen sind nach Meinung des Autors zu begrüßen. Die zuvor übliche
Praxis der angemeldeten Prüfungen vermittelte in der Öffentlichkeit den Eindruck, dass
offensichtliche Mängel im Vorfeld der Prüfung von den Einrichtungen beseitigt werden
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konnten. Der Zutritt zum Grundstück und den Räumen des zu prüfenden Altenheimes darf dem
MDK nicht verweigert werden. Damit wird sichergestellt, dass der MDK seine Prüfungen,
Befragungen und Besichtigungen durchführen kann. Der MDK hat das Recht, die
Pflegebedürftigen, den Heimbeirat der Bewohner, Betreuer sowie die Beschäftigten des
Altenheimes zu befragen. Die Teilnahme an den Befragungen ist freiwillig. Es dürfen der
Einrichtung und den Personen, die eine Befragung ablehnen keine Nachteile entstehen. In der
Regel kommen die Prüfer tagsüber, da eine Prüfung zur Nachtzeit nur durchgeführt werden soll,
wenn die Qualitätssicherung durch die Prüfung nicht zur Tageszeit sichergestellt werden kann.
Die in § 114 SGB XI genannte Inaugenscheinnahme des Pflege- u. Gesundheitszustandes der
Pflegebedürftigen ist ebenfalls freiwillig und darf bei Ablehnung zu keinerlei Nachteilen führen.
Für die Inaugenscheinnahme müssen die Prüfer des MDK die Zimmer der Bewohner betreten.
Hierfür wurde Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes, also das Recht der Unverletzlichkeit der
Wohnung eingeschränkt. Es wird argumentiert, dass die Bewohnerzimmer nur ohne
Einwilligung des Pflegebedürftigen betreten werden dürfen, wenn dies der Verhütung drohender
Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dient. Nach Meinung des Autors ist dies
kritisch zu sehen, da nicht klar definiert ist, was unter einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit
und Ordnung zu verstehen ist. Der MDK kann so mit der Begründung einer Gefahr für die
öffentliche Sicherheit und Ordnung, beispielsweise begründet durch mögliche pflegerische
Mängel theoretisch jederzeit die Bewohnerzimmer betreten. Bei allen den MDK großzügig
zugesprochenen Rechten haben die Träger der Altenheime das Recht zugesprochen bekommen,
auf Verlangen einen Vertreter ihrer Trägervereinigung zu beteiligen. Dieser soll die
Einrichtungsverantwortlichen unterstützen und die Prüfung der Struktur-, Prozess, und
Ergebnisqualität begleiten dürfen. Nach Meinung des Autors ist die Beteiligung eines Vertreters
der Trägervereinigung sinnvoll, da die in der Prüfung involvierten Verantwortlichen im
Pflegemanagement sich mit jemanden unparteiischem Dritten über den korrekten Ablauf der
Prüfung beraten können. Die Hinzuziehung eines Vertreters der Trägervereinigung darf
allerdings den Prüfablauf nicht verzögern. Dies könnte sich nach Meinung des Autors schwierig
gestalten, da ein Vertreter der Trägervereinigung nicht immer frühzeitig vor Ort sein kann.
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§ 115 SGB XI Qualitätsbericht
· Das Prüfergebnis wird gemäß der Pflegetransparenzerklärung in eine
Bewertungssystematik eingeordnet, die einem Schulnotensystem entspricht
· Der Qualitätsbericht muss übersichtlich, verständlich und vergleichbar im Internet und
in anderer geeigneter Form veröffentlicht werden
· Wie bei den alten Qualitätsprüfungen, so sind auch bei den neuen Qualitätsprüfungen
Sanktionierungsmaßnahmen für die Einrichtungen bei Nicht-Einhaltung der
Qualitätsvereinbarung vorgesehen. Dies kann eine Fristsetzung zur Abstellung von
Mängeln, Kürzung der Leistungsentgelte bis zur Auflösung des Versorgungsvertrages
und Schließung der Pflegeeinrichtung bei schweren Mängeln beinhalten. Eine
Vermittlung der Pflegebedürftigen im Falle der Schließung der Pflegeeinrichtung an
einen anderen Pflegedienst bzw. ein Altenheim durch die Pflegekassen besteht
weiterhin
(vgl. § 115 SGB XI)
Die von den Vertretern der Leistungserbringer, Kostenträger und dem MDK beschlossenen
Kriterien für die Veröffentlichung der Qualitätsprüfungen einschließlich der
Bewertungssystematik wird in Kapitel Vier näher eingegangen. Die durch das
Pflegequalitätssicherungsgesetz neu in das Sozialgesetzbuch XI eingearbeiteten Paragraphen
lassen den Vertragsparteien mehr Verantwortung bei der Entwicklung ihrer Qualitätsmaßstäbe
zukommen. Diese gemeinsamen Qualitätsmaßstäbe haben durch die Entwicklung der
Qualitätsprüfrichtlinie (QPR) Einzug in die Gesetzgebung gehalten. Abbildung 3 gibt einen
Überblick über die Bausteine der QPR. Die Abbildung macht deutlich, dass noch nicht alle
Bausteine entwickelt bzw. verabschiedet wurden. Dies ist insofern problematisch, da die QPR
die Grundlage für die Prüfungen des MDK bildet. In der Öffentlichkeit wahrgenommen werden
nur die 82 Kriterien der Pflegetransparenzvereinbarung (PTVS), die in Form von Schulnoten
veröffentlicht werden. Die gesamte QPR umfasst weitere Fragen zur Struktur- und
Prozessqualität, die über die 82 Kriterien hinausgehen. Der Erhebungsbogen und die
Ausfüllanleitung für die Prüfer wurden vom MDK aus der QPR entwickelt. Im Rahmen dieser
Arbeit wird nur die PTVS behandelt, da ihre Kriterien die Basis für den Transparenzbericht
darstellen, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
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Abbildung 3
: Bausteine der Qualitätsprüfungsrichtlinie (Quelle: Richter 2010)
Im nächsten Kapitel wird auf die aus dem § 115 resultierende Bewertungssystematik
eingegangen, nach der die Qualitätsprüfungen durch den MDK stattfinden.
4. Die Benotung von Pflegeheimen
Die Vertragsparteien haben laut § 115 Abs. 1a SGB XI eine Bewertungssystematik und die
dazugehörigen Veröffentlichungskriterien in der Pflege-Transparenzvereinbarung stationär
(PTVS) festgelegt.
Die PTVS fragt fünf Qualitätsbereiche ab:
· Pflege und medizinische Versorgung
· Umgang mit demenzkranken Bewohnern
· Soziale Betreuung und Alltagsgestaltung
· Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene
· Bewohnerbefragung
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Den Qualitätsbereichen zugeordnet sind 82 Kriterien, die von den Prüfern des MDK bewertet
werden. Der Schwerpunkt der Prüfungen liegt auf dem Qualitätsbereich ,,Pflege und
medizinische Versorgung", der mit 35 Kriterien abgebildet ist. Die Qualitätsbereiche ,,Umgang
mit demenzkranken Bewohnern", ,,Soziale Betreuung und Alltagsgestaltung" werden mit
jeweils 10 Kriterien abgebildet. Dem Qualitätsbereich ,,Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft
und Hygiene" werden 9 Kriterien zugeordnet.
Der Qualitätsbereich ,,Befragung der Bewohner" wird separat erfasst und fließt nicht in die
Gesamtnote mit ein (vgl. GKV 2010a, S. 3).
Die Pflegetransparenzvereinbarung ist nur ein Teilaspekt der Prüfungen des MDK. Den Anteil
der PTVS an der Gesamtqualitätsprüfung soll Abbildung 4 deutlich machen.
Abbildung 4: Anteil der PTVS an der Qualitätsprüfung (Abbildung verändert nach Richter &
Wipp 2010, S. 24)
Bei den Qualitätsprüfungen des MDK werden zwei Prüfungen gleichzeitig durchgeführt. Dies
ist zum einen die Prüfung nach der PTVS mit ihren 82 Kriterien und zum anderen ein
Qualitätsbericht nach der QPR (vgl. Richter & Wipp 2010, S. 24). Der Qualitätsbericht ist ein
Ergebnisbericht der Qualitätsprüfung, wie sie die Einrichtungen bereits in den letzten Jahren
nach einer Prüfung erhalten haben. Darin sind festgestellte Defizite oder identifizierte
Verbesserungspotentiale mit Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung samt Fristen zur
Behebung der Defizite enthalten (Görres & Hasseler 2009, S. 42). Die Darstellung der
Qualitätsprüfung
PTVS
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Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2010
- ISBN (PDF)
- 9783863415501
- ISBN (Paperback)
- 9783863410506
- Dateigröße
- 2.5 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Fachhochschule Münster
- Erscheinungsdatum
- 2011 (Juli)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- Stationäre Altenpflege Benotungssystem MDK Transparenzkriterien Qualitätsprüfung
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing