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USA und Europa: Perspektiven transatlantischer Sicherheitspolitik und die Frage nach einer "Grand Strategy"

©2010 Bachelorarbeit 58 Seiten

Zusammenfassung

Zu Beginn der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts steht die internationale Gemeinschaft vor einer Reihe von sicherheitspolitischen Herausforderungen: der Nahost-Konflikt schwelt weiter ungelöst vor sich hin, Nordkorea droht der Welt mit der Atombombe, die organisierte Kriminalität breitet sich zunehmend aus. Vor diesem Hintergrund will das vorliegende Buch zwei zentrale Konfliktherde näher untersuchen, die im Zentrum des transatlantischen Sicherheitsdiskurses stehen: Es geht zum einen um die Situation in Afghanistan, wo seit 2001 Krieg herrscht und von Frieden und Stabilität gegenwärtig keine Rede sein kann. Täglich sind Anschläge auf alliierte Soldaten ebenso zu registrieren wie tote Zivilisten. Die Lage in Afghanistan macht deutlich, dass es neuer Impulse im transatlantischen Sicherheitsdiskurs bedarf. Dies trifft auch auf das Verhältnis Amerikas und Europas gegenüber dem Iran zu. Zwar betont das iranische Regime stets, das Atomprogramm diene lediglich der friedlichen Energiegewinnung, doch Rhetorik und Auftreten der iranischen Führungsschicht, vor allem gegenüber Israel, erhärten den Verdacht der internationalen Gemeinschaft, dass der Iran nach der Atombombe strebt. Das vorliegende Buch untersucht die Perspektiven transatlantischer Sicherheitspolitik anhand dieser beiden Fallbeispiele und arbeitet dabei Kooperations- und Konfliktpotenziale zwischen den USA und Europa heraus. Ausgehend von dieser Analyse soll zudem die Frage nach einer Grand Strategy gestellt werden. Darunter soll eine Strategie verstanden werden, die über den rein militärischen Ansatz deutlich hinausgeht und vielmehr versucht, ziviles Engagement der transatlantischen Partner strategisch zu bündeln.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


5
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Vor dem zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts stehen die Vereinigten Staaten
von Amerika und Europa vor einer Vielzahl von sicherheitspolitischen
Herausforderungen. Krieg gegen den Terrorismus, Proliferation von
Massenvernichtungswaffen, instabile und gescheiterte Staaten ­ die Liste der
Gefahren lässt sich fortführen. Zwei zentrale sicherheitspolitische
Herausforderungen sollen innerhalb der vorliegenden Bachelorarbeit nähere
Betrachtung finden. Es handelt sich dabei um die Region des Mittleren Ostens: in
Afghanistan herrscht seit Ende 2001 Krieg und die Erlangung von Stabilität und
Frieden ist bislang nicht erreicht worden. Die zweite Bedrohung, die von dieser
Region ausgeht, ist der seit Jahren ungelöste Konflikt des Westens mit dem
Regime im Iran um dessen Atomprogramm. Neben der friedlichen Nutzung von
Kernenergie, d.h. zur Anwendung für zivile Zwecke wie beispielsweise der
Stromgewinnung, die von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA)
überwacht wird, besteht der Verdacht, der Iran würde zusätzlich an einer
Atombombe bauen. Diese Gefahr eines Atomwaffenstaates Iran sowie die
aggressive Rhetorik des iranischen Präsidenten Ahmadinejad gegenüber Israel
stellen für die internationale Gemeinschaft und speziell für die USA und Europa
eine wichtige sicherheitspolitische Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund
dieser beiden Bedrohungen lautet die Kernfrage der Bachelorarbeit: Welche
Perspektiven lassen sich in Bezug auf die beiden zentralen sicherheitspolitischen
Herausforderungen für die USA und Europa, den Krieg in Afghanistan und den
Konflikt mit dem Iran, erkennen und wie kann eine Grand Strategy zur Bewältigung
dieser gemeinsamen Bedrohungen beitragen? Unter Grand Strategy soll dabei
eine Strategie verstanden werden, die sämtliche zur Verfügung stehenden
Instrumente und Mittel (militärisches, wirtschaftliches, zivil-gesellschaftliches
Engagement) zusammenfügt. Eine nähere Begriffsklärung dazu findet sich in
Kapitel 4.
1.2
Aufbau und Methodik
Die Bachelorarbeit gliedert sich in drei Teile. In Kapitel 2 soll mit den Grundlagen
europäischer und amerikanischer Außen- und Sicherheitspolitik zunächst der
theoretische Rahmen für die weiteren Ausführungen gebildet werden. Für die
Europäische Union werden dabei erstens die Grundzüge der Gemeinsamen

6
Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) dargestellt; dies soll vor allem auch im
Kontext der Veränderungen durch den Vertrag von Lissabon geschehen. Der
zweite Schwerpunkt europäischer Sicherheitspolitik ist die 2003 verabschiedete
Europäische Sicherheitsstrategie (ESS). Den zweiten Teil dieses Kapitels bildet die
Darstellung der Grundzüge amerikanischer Außenpolitik unter dem 2008 ins Amt
gewählten Präsidenten Barack Obama. Neben der Betrachtung grundlegender
Aspekte erfährt zudem die Nationale Sicherheitsstrategie (NSS), die Obama am
27. Mai 2010 vorgelegt hat, eine kurze Untersuchung. Im dritten Teil dieses
Kapitels soll abschließend die Zusammenarbeit der USA und Europas in der NATO
analysiert werden.
Das dritte und zugleich umfangreichste Kapitel beschäftigt sich eingehend mit
den Perspektiven transatlantischer Sicherheitspolitik. Im Mittelpunkt stehen dabei
zwei zentrale Themenkomplexe: (1) Der Krieg gegen den internationalen
islamischen Terrorismus wird vor allem in Afghanistan ausgetragen. Auch nach
mittlerweile neun Jahren ist die Lage in diesem Land instabil und von andauernder
Gewalt geprägt. Zudem ist der Nachbar Pakistan in den Fokus gerückt: als
Verbündeter der USA und gleichzeitig als Rückzugsgebiet für (Neo-)Taliban. Die
Bekämpfung des Terrorismus stellt eine entscheidende Herausforderung für den
transatlantischen Sicherheitsdiskurs dar und erfährt daher innerhalb der
vorliegenden Arbeit ebenso Betrachtung wie (2) der Iran und seine Bedrohung
durch das Atomprogramm des Landes. Seit Jahren versuchen die USA und
Europa, einen Dialog mit dem iranischen Regime herzustellen, um das Land davon
abhalten zu können, die Atombombe zu bauen. Obwohl der Iran beteuert, sein
Atomprogramm ausschließlich für zivile Zwecke zu nutzen, zweifelt der Westen an
dieser Darstellung. Im Hinblick auf die Instabilität in der Region des Mittleren Osten
sowie der andauernden Feindschaft des Iran zu Israel wäre ein Atombombenstaat
Iran ein eklatantes Sicherheitsrisiko. Die Methodik der Untersuchung stellt sich
dabei wie folgt dar: anhand der zwei Fallbeispiele sollen jeweils Kooperations- wie
auch Konfliktpotenziale zwischen den USA und Europa hinsichtlich der
Perspektiven exemplarisch herausgearbeitet und untersucht werden.
Angesichts der bisher unzureichenden Erfolge sowohl im Krieg gegen den
Terrorismus als auch im Atomstreit mit dem Iran stellt sich zunehmend die Frage
nach einer konzertierten Aktion, d. h. einer weit in die Zukunft hinein reichenden
Planung des gemeinsamen Vorgehens der transatlantischen Sicherheitspartner vor
dem Hintergrund sich ständig und rasch verändernder internationaler bzw. globaler

7
Verhältnisse. Die Arbeit versucht daher im vierten Kapitel, ausgehend vom Begriff
der so genannten ,,Grand Strategy" wie er allgemein unter nachfolgendem
Gliederungspunkt 1.3 benannt wird, herauszufinden, wie eine solche Strategie im
Blick auf die unter den zwei Fallbeispielen dargestellten Probleme aussehen kann
und welcher Elemente sie bedarf, um effektiver zu wirken als die bislang initiierten
Maßnahmen. Das fünfte Kapitel fasst die Erkenntnisse der Arbeit abschließend
zusammen und gibt einen Ausblick auf die nahe Zukunft der transatlantischen
Sicherheitspolitik.
1.3 Forschungsstand
Die Zukunft in der Sicherheitspolitik zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika
und Europa erfährt aufgrund ihrer Aktualität in der Wissenschaft eine ausführliche
Bearbeitung, entsprechend umfangreich ist die Quellenlage. Die vorliegende Arbeit
stützt sich dabei auf ausgewählte Primär- und Sekundärquellen. Im Hinblick auf die
Perspektiven im Iran ist dabei vor allem Volker Perthes zu nennen, der die Lage im
Land ebenso intensiv untersucht wie die Frage nach einem Ausweg aus dem
Konflikt.
1
Mit der Situation in Afghanistan und Pakistan beschäftigt sich vor allem
Ahmed Rashid.
2
Zu beiden Problemfeldern ist zudem eine Vielzahl von
Fachaufsätzen vorhanden, die für die Bachelorarbeit als Bezugsmaterial dienen.
Während somit auf diesem Gebiet die Quellenlage für eine weitere Forschung eine
solide Basis zu bieten vermag, findet die Frage nach einer Grand Strategy, wie sie
in der vorliegenden Arbeit behandelt werden soll, in der aktuellen Forschung bis auf
wenige Ausnahmen (z.B. Ralph Rotte und Christoph Schwarz in ihrem Beitrag
,,Gemeinsame Herausforderungen ­ gemeinsame Lösungen" in Berichten und
Studien der Hanns-Seidel-Stiftung zum Thema ,,Die Außenpolitik der USA")
3
bislang allerdings wenig Beachtung. Diese Bachelorarbeit will Überlegungen
beibringen, inwieweit das Konzept einer Grand Strategy als Alternative im Blick auf
künftige transatlantische Maßnahmen in der Sicherheitspolitik tauglich erscheint.
1
Vgl. Perthes, Volker: Iran. Eine politische Herausforderung, Bonn 2008.
2
Vgl. Rashid, Ahmed: Descent into Chaos: The U.S. and the disaster in Pakistan, Afghanistan and Central
Asia, New York 2009.
3
Vgl. Rotte, Ralph/Schwarz, Christoph: Gemeinsame Herausforderungen ­ gemeinsame Lösungen?, in:
Meier-Walser, Reinhard C (Hrsg.): Die Außenpolitik der USA. Präsident Obamas neuer Kurs und die
Zukunft der transatlantischen Beziehungen, Berichte und Studien 89 der Hanns-Seidel-Stiftung,
München 2009.

8
2
Grundlagen europäischer und amerikanischer Außen- und
Sicherheitspolitik
2.1
Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union
2.1.1 Gemeinsame
Außen-
und
Sicherheitspolitik
(GASP)
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind die internationalen Beziehungen von einer
Vielzahl von Akteuren gekennzeichnet, die mit Krisen und Konflikten auf der
ganzen Welt konfrontiert werden. Einer dieser Akteure ist die Europäische Union,
der einerseits ,,globale Prägekraft zugeschrieben wird", die andererseits jedoch
,,immer wieder an die Grenzen [ihrer] Leistungsfähigkeit stößt".
4
Mit dem 2009 in
Kraft getretenen Vertrag von Lissabon sollen die Außenbeziehungen der EU
nachhaltig verändert und strukturell verbessert werden. Ein Systemwechsel im
Sinne einer Vergemeinschaftung von Außen- und Sicherheitspolitik ist mit dem
neuen Vertragswerk zwar nicht vorgesehen, dennoch lassen sich einige
Neuerungen konstatieren, die mehr Kontinuität und Kohärenz in der europäischen
Außen- und Sicherheitspolitik schaffen sollen.
5
So besteht eine wichtige Neugestaltung im Ausbau der außen- und
sicherheitspolitischen Verwaltungsstäbe, die unter dem neu konstituierten Amt des
,,Hohen Vertreters der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik"
agieren und enger miteinander verzahnt werden sollen. Der Hohe Vertreter (HV)
vertritt dabei zum einen die Union nach außen und trägt zum anderen ,,durch seine
Vorschläge zur Festlegung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik bei"
(Art. 27, 1 EUV).
6
Unterstützt werden soll der HV vom neu zu gründenden
,,Europäischen Auswärtigen Dienst" (EAD), der mit ,,diplomatischen Diensten der
Mitgliedstaaten zusammen[arbeitet]" (Art. 27, 3 EUV)
7
und die Koordination der
Positionen der EU-Mitgliedstaaten verbessern soll.
Eine weitere Neuerung in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der
Europäischen Union stellt die ,,Ständige Strukturelle Zusammenarbeit" (SSZ) dar.
Per qualifiziert mehrheitlichen Ratsbeschluss kann eine intensive Kooperation einer
Gruppe von Staaten gegründet werden. Ziel der SSZ ist es, innerhalb von fünf bis
4
Algieri, Franco: Die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union, in:
Weidenfeld, Werner (Hrsg.): Die Europäische Union. Politisches System und Politikbereiche, Bonn 2008,
S. 455.
5
Vgl. Dembinski, Matthias: EU-Außenbeziehungen nach Lissabon, in: Aus Politik und Zeitgeschichte
18/2010: Europa nach Lissabon, Bonn 2010, S. 9.
6
Vertrag von Lissabon, Bonn 2010, S. 49.
7
Ebenda.

9
30 Tagen militärische Missionen zur Krisenbewältigung aufnehmen zu können.
Damit soll die militärische Handlungsfähigkeit der EU gesteigert werden.
8
Das neue Amt des ,,Hohen Vertreters der Union für die Außen- und
Sicherheitspolitik" sowie die Einrichtung der ,,Ständigen Strukturellen
Zusammenarbeit" und des ,,Europäischen Auswärtigen Dienstes" stellen die
wichtigsten Neuerungen in den Außenbeziehungen der EU durch den Lissabon-
Vertrag dar. Das Prinzip der Zwischenstaatlichkeit (d.h. der intergouvernementale
Charakter) bleibt indes bestehen. Das bedeutet, dass auch weiterhin über Fragen
der GASP einstimmig beschlossen werden muss. Ein wichtiger integraler
Bestandteil der GASP bleibt die Gemeinsame (vor Lissabon: Europäische)
Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), die zudem in einigen Punkten
reformiert wurde. Die GSVP sichert der EU weiterhin ,,eine auf zivile und
militärische Mittel gestützte Operationsfähigkeit" außerhalb der Union (Art. 42
EUV).
9
2.1.2 Europäische Sicherheitsstrategie
Am 12. Dezember 2003 verabschiedete der Europäische Rat die Europäische
Sicherheitsstrategie (ESS). Ihr Ziel ist die strategische Positionsbestimmung der
Europäischen Union in einer sich nach dem ,,doppelten Paradigmenwechsel"
10
1989/90 und dem 11. September 2001 verändernden Welt. Sie soll zum einen die
Grundlage für den strategischen Dialog mit den Partnern (insbesondere den USA)
bilden, zum anderen dient sie der ,,Definition der gemeinsamen
Sicherheitsinteressen der Europäischen Union".
11
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts steht die EU vor einer Reihe
sicherheitsrelevanter Herausforderungen. In der ESS hat sie fünf
Hauptbedrohungen formuliert: (1) internationaler Terrorismus, (2) Verbreitung von
Massenvernichtungswaffen, (3) regionale Konflikte, (4) scheiternde Staaten (failing
states) sowie (5) organisierte Kriminalität.
12
Daraus ergeben sich drei
übergeordnete Ziele, die in der ESS festgeschrieben sind: (1) ,,Frühzeitiges
8
Vgl. von Harbou, Frederik/Baddenhausen, Heike: Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der
EU nach dem Vertrag von Lissabon, in: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages 11/08,
Berlin 2008, S. 1.
9
Vertrag von Lissabon, Bonn 2010, S. 55.
10
o.V.: Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, herausgegeben vom Bundesministerium der
Verteidigung und dem Auswärtigen Amt, Berlin 2009, S. 12.
11
Ebenda.
12
Vgl. Ebenda, S. 12f.

10
Handeln und die Bekämpfung von Konfliktursachen haben Vorrang, (2) die ESS
setzt den Schwerpunkt auf die Schaffung von Sicherheit in der unmittelbaren
Nachbarschaft der EU; Ziel ist es, von den östlichen Grenzen bis zum Mittelmeer
einen Bogen stabiler und verantwortungsvoll regierter Staaten zu errichten, (3) das
Bekenntnis der EU zu einer Weltordnung auf Grundlage eines wirksamen
Multilateralismus und Völkerrechts."
13
Vor allem der dritte Punkt lässt sich unter
dem Begriff des ,,effektiven Multilateralismus"
14
zusammenfassen. Darunter
versteht man die Feststellung, dass unter Einbeziehung aller relevanten Parteien
(Staaten, Institutionen, NGOs, internationale Firmen und Konzerne) und der
gemeinsamen Ausarbeitung wichtiger Problemlösungsansätze langfristig Stabilität
und Sicherheit erreicht werden kann. Die ESS formuliert dieses Zusammenwirken
in dem Satz: ,,Die Herausforderung besteht nun darin, die verschiedenen
Instrumente und Fähigkeiten, darunter die europäischen Hilfsprogramme, [...] die
militärischen und zivilen Fähigkeiten der Mitgliedstaaten und andere Instrumente zu
bündeln. All diese Instrumente und Fähigkeiten können von Wirkung für unsere
Sicherheit und die Sicherheit von Drittländern sein. Sicherheit ist die wichtigste
Voraussetzung für Entwicklung."
15
Bei der Betrachtung der Europäischen
Sicherheitsstrategie ist festzustellen, dass sich die Staats- und Regierungschefs
der EU zwar vermöge der in der ESS fixierten Grundsätze einen strategischen
Orientierungsrahmen bezüglich der Ausrichtung einer gemeinsamen
Sicherheitspolitik der Mitgliedstaaten geschaffen haben. Insgesamt weist die ESS
jedoch Mängel in der Verknüpfung der angeführten Bedrohungen und einem
konkreten Mittelansatz auf; ebenso lassen sich in der Strategie keine Messgrößen
für die Bewertung von Erfolg oder Misserfolg der anvisierten Maßnahmen finden,
worauf im Rahmen des Fallbeispiels Afghanistan/Pakistan noch eingegangen wird.
2.2
Amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik unter Barack Obama
Der deutsche Philosoph und Gesellschaftstheoretiker Karl Marx formulierte in
seinem 1852 erschienenen Werk ,,Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte"
13
Ebenda, S. 13.
14
Algieri, Franco: Die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union, in:
Weidenfeld, Werner (Hrsg.): Die Europäische Union. Politisches System und Politikbereiche, Bonn 2008,
S. 469.
15
o.V.: Europäische Sicherheitsstrategie vom 12. Dezember 2003, S. 13, veröffentlicht unter:
http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cmsUpload/031208ESSIIDE.pdf (zuletzt abgerufen am
08.07.2010.

11
den Satz: ,,Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie
nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar
vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen".
16
Der am 20. Januar
2009 ins Amt des amerikanischen Präsidenten eingeführte Barack Obama hat
bereits Geschichte geschrieben: er ist das erste afroamerikanische
Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten seit ihrer Gründung 1787. Gleichzeitig
jedoch dürfte kein Präsident sein Amt mit einer umfangreicheren Aufgabenliste und
den von Marx beschriebenen ,,unmittelbar vorgefundenen Umständen" angetreten
haben wie Obama: Verbanden sich bei großen Teilen der in freiheitlich
demokratischen Grundordnungen lebenden Menschen vor dem Hintergrund
entsprechender Aktivitäten der US-Regierungen zur Beilegung des Kalten Krieges
Hoffnungen auf eine freiere und gerechtere Welt in einem geeinten Europa
(besonders auch im Blick auf den deutschen Einigungsprozess), machten sich in
den acht Jahren der Ära George W. Bushs immer stärker Enttäuschung und
Ablehnung der amerikanischen Außenpolitik breit. Die Probleme sind evident:
sowohl in Afghanistan als auch im Irak sind die Amerikaner in zwei kriegerische
Konflikte verwickelt; die Stabilität des Atomwaffenstaates Pakistan ist gefährdet,
der Iran indes ist möglicherweise auf dem Weg zur Atommacht. Zu diesen
internationalen Herausforderungen gesellt sich zudem infolge der globalen Finanz-
und Wirtschaftskrise ein gewaltiges Haushaltsdefizit,
17
welches sich auch auf den
außenpolitischen Gestaltungsspielraum der Obama-Administration auswirkt und
diesen einschränkt.
Dennoch hat der neue US-Präsident in seinem ersten Amtsjahr eine
außenpolitische Agenda erstellt, die die wichtigsten Handlungsfelder aufzeigt. So
betont Obama seit seinem Amtsantritt, dass er und sein Stab einer Lösung des
Nahostkonflikts und des Konflikts mit dem Iran höchste Priorität beimessen.
18
Zum
Ausdruck kam dies sogleich in Obamas inaugural speech vom 20. Januar 2009,
indem er gegenüber der muslimischen Welt, insbesondere dem Iran, Aussicht auf
Versöhnung anbot: ,,Wir suchen nach einem neuen Weg nach vorn, gegründet auf
gegenseitigem Interesse und gegenseitigem Respekt. [...] Wisst, dass ihr auf der
16
Karl Marx, zitiert aus: Abels, Heinz: Einführung in die Soziologie, Band 2: Die Individuen in ihrer
Gesellschaft, Wiesbaden 2007, S. 168.
17
Anfang 2010 kündigte Obama an, das Haushaltsdefizit des laufenden Haushaltsjahres werde bei 1,56
Billionen Dollar liegen, siehe: Piper, Nikolaus: 1,6 Billionen Dollar fehlen in der Kasse,
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/usa-rekorddefizit-billionen-dollar-fehlen-in-der-kasse-1.58798
(zuletzt abgerufen am 18.06.2010)
18
Vgl. Perthes, Volker, in: Rudolf, Peter: Das ,,neue" Amerika. Außenpolitik unter Obama, Berlin 2010, S.
9.

12
falschen Seite der Geschichte steht, doch dass wir die Hand reichen werden, wenn
ihr gewillt seid, eure Faust zu öffnen."
19
Auch die Verbesserung der
transatlantischen Beziehungen hat Obama auf seine Agenda gesetzt. Bereits in
den ersten Monaten seiner Amtszeit stellte der Präsident klar, dass die europäisch-
amerikanische Partnerschaft von entscheidender Bedeutung für die Lösung der
dringendsten globalen Herausforderungen sei.
20
Außenministerin Hillary Clinton
betonte, die USA hätten in den ,,meisten globalen Fragen keinen engeren Partner
als die Europäer".
21
Mit Hinweis auf die unter Vorgänger Bush deutlich abgekühlten
transatlantischen Beziehungen machte Vizepräsident Joe Biden jedoch zugleich
darauf aufmerksam, dass ,,Amerika zwar mehr tun", aber ,,dass Amerika auch von
seinen Partnern mehr verlangen wird".
22
Am 27. Mai 2010 legte Obama dem amerikanischen Kongress die ,,Nationale
Sicherheitsstrategie" (NSS) vor. Dieses Dokument, seit 1986 im Zuge des
Goldwater-Nichols-Act (ein Reformgesetz zur Neuregelung der Befehls- und
Kommandostruktur der US-Streitkräfte) für jede Regierung verpflichtend, gibt dem
Präsidenten der Vereinigten Staaten die Möglichkeit, Senat und
Repräsentantenhaus über die wichtigsten sicherheitspolitischen
Herausforderungen zu informieren und zu beschreiben, wie die Regierung diesen
begegnen will. In dem 52 Seiten umfassenden Papier lassen sich sowohl Wandel
als auch Kontinuität zur Bush-Administration erkennen. Wie oben bereits
angedeutet, stellen nicht mehr primär der internationale Terrorismus, sondern vor
allem der Iran und seine Atomwaffendrohungen eines der dringendsten Probleme
für die US-Regierung dar: ,,[T]here is no greater threat to the American people than
weapons of mass destruction, particularly the danger posed by the pursuit of
nuclear weapons by violent extremists and their proliferation to additional states."
23
Ebenfalls in Abgrenzung zu seinem Vorgänger lehnt Obama den Terminus des
,,Globalen Krieges gegen den Terrorismus" ab und legt stattdessen den Fokus auf
19
Zitiert nach: Herz, Dietmar: Barack Obama, Rede bei der Amtseinführung 2009, in: Brodersen, Kai: I
have a dream. Große Reden von Perikles bis Obama, Darmstadt 2009, S. 211.
20
Vgl. Hamilton, Daniel S.: Obama und Europa, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 4/2010: USA, Bonn
2010, S. 20.
21
Vgl. Ebenda.
22
Joe Biden auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2009, zitiert nach: Hamilton, Daniel S.: Obama und
Europa, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 4/2010, Bonn 2010, S. 20f.
23
Zitiert nach: Keller, Patrick: Die Nationale Sicherheitsstrategie der Regierung Obama, in: Analysen und
Argumente Juni 2010, S. 3, abrufbar unter: www.kas.de/wf/doc/kas_19887-544-1-
30.pdf?100615170720 (zuletzt abgerufen am 25.06.2010).

13
das ,,Netzwerk aus Hass und Gewalt".
24
Auch auf rhetorischer Ebene lässt sich ein
Wandel konstatieren: während Bush klar und präzise die ,,Feinde" der USA
ansprach und zum Teil auch provozierende Äußerungen hervorbrachte, bemüht
sich Barack Obama um einen eher diplomatischen und optimistischen Tonfall.
Neben diesen abweichenden Akzenten gibt es jedoch auch Kontinuitätslinien: zum
einen sehen auch Obama und seine Administration die USA als globale
Ordnungsmacht. Um mehr Stabilität erreichen zu können, bedarf es
amerikanischer Führungsstärke und amerikanischen Engagements.
25
Auch die
oben bereits erwähnte Bereitschaft zum Unilateralismus, wenn dieser notwendig
erscheint, betont Obama in seinem Strategiepapier: ,,The United States must
reserve the right to act unilaterally if necessary to defend our nation and our
interests".
26
Abschließend, da im Kontext der vorliegenden Arbeit stehend, soll hier
noch die für Obama übergeordnete Bedeutung der transatlantischen Beziehungen
genannt werden: ,,Our relationship with our European allies remains the
cornerstone for U.S. engagement with the world, and a catalyst for international
action".
27
Insgesamt entsteht der Eindruck, dass der Schwerpunkt der NSS eher
von Absichtserklärungen der US-Regierung getragen wird; konkrete
Handlungsvorgaben lassen sich nicht finden. Diskontinuität und Kontinuität vor
allem im Blick auf die Vorgängerregierung(en) sind zumindest aber angedeutet.
Zweifellos bedarf es weiterer, sicher noch tiefgründigerer angelegter Analysen, um
die NSS der Obama-Regierung schärfer konturieren zu können, worauf wir an
dieser Stelle jedoch verzichten müssen.
2.3 Zusammenarbeit Europas und der USA in der NATO
Die NATO, 1949 gegründet und mittlerweile 28 Mitgliedstaaten umfassend, stellt
das bedeutendste sicherheitspolitische Bündnis zwischen Nordamerika und Europa
dar. In den mehr als 60 Jahren ihres Bestehens haben sich Konzeption und
Aufgaben verändert: zur Zeit des Kalten Krieges war die NATO die
Verteidigungslinie gegenüber der Sowjetunion und ein ,,klassisches
24
Vgl. Keller, Patrick: Die Nationale Sicherheitsstrategie der Regierung Obama, in: Analysen und
Argumente Juni 2010, S. 3, abrufbar unter: www.kas.de/wf/doc/kas_19887-544-1-
30.pdf?100615170720 (zuletzt abgerufen am 25.06.2010).
25
Vgl. Ebenda, S. 4.
26
Zitiert nach: Ebenda, S. 4.
27
Zitiert nach: Ebenda, S. 5.

14
eindimensionales Verteidigungsbündnis"
28
; heute agiert sie weltweit in zum Teil
kontrovers diskutierten Militäreinsätzen, sogenannte ,,out of area"-Operationen.
Die Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa in der NATO war in den
letzten Jahren atmosphärisch beeinträchtigt, vor allem in der Regierungszeit
George W. Bushs: die Administration empfand die NATO als ineffektiv und
überholt, weil Entscheidungsprozesse zu lange dauerten und weil Europa bis auf
wenige Ausnahmen kaum militärische Beiträge leisten würde.
29
Nach den
Anschlägen vom 11. September 2001 rief die NATO zwar zum ersten Mal in ihrer
Geschichte den in Artikel 5 festgeschriebenen Bündnisfall aus, jedoch verzichteten
die USA im Afghanistankrieg auf eine umfangreiche militärische Mitwirkung der
NATO.
30
Der 2003 begonnene Irak-Krieg verschärfte die transatlantischen
Dissonanzen zusätzlich; vor allem Frankreich und Deutschland verweigerten eine
Teilnahme an der militärischen Intervention im Irak mit Verweis auf das Völkerrecht
und den mangelnden Nachweis, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitzen
sollte.
Die Obama-Administration versucht, den transatlantischen Diskurs in der NATO
neu zu justieren. Die USA wollen verstärkt multilateral agieren und sehen in
internationalen Organisationen eine Chance der Zusammenarbeit mit den
Verbündeten. Für Europa bedeutet dies einerseits, dass die Aussichten auf Dialog
und Kooperation innerhalb der NATO gegenüber der unilateralen Politik Bushs
gestiegen sind, gleichzeitig betont die Obama-Administration auch, dass sie
größere Erwartungen an Europa herantragen wird und dass die europäischen
Staaten Anteil an den Verpflichtungen der NATO tragen müssen, beispielsweise im
Rahmen der ISAF-Operation in Afghanistan.
31
Die amerikanische Bereitschaft zum
Multilateralismus hat den Grundstein für eine verbesserte Kooperation der USA mit
Europa in der NATO gelegt. Inwiefern die Verbündeten dies zu nutzen vermögen,
wird die weitere Vorgehensweise des Bündnisses in Krisenregionen, wie zum
Beispiel Afghanistan, zeigen.
28
Varwick, Johannes: Auf dem Weg zum Weltpolizisten?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 15-16/2009:
NATO, Bonn 2009, S. 3.
29
Vgl. Kaim, Markus: Obama und die transatlantischen Sicherheitsbeziehungen, in: in: Aus Politik und
Zeitgeschichte 15-16/2009: NATO, Bonn 2009, S. 10.
30
Vgl. Bierling, Stephan: Geschichte der amerikanischen Außenpolitik, München 2007, S. 242.
31
Vgl. Kaim, Markus: Obama und die transatlantischen Sicherheitsbeziehungen, in: in: Aus Politik und
Zeitgeschichte 15-16/2009: NATO, Bonn 2009, S. 11.

15
3
Perspektiven transatlantischer Sicherheitspolitik
­
Zwischen Kooperations- und Konfliktpotenzial
3.1 Einleitung
Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1989/90 und dem damit einhergehenden Ende
des ,,bipolaren Systemantagonismus"
32
hat sich ein grundlegender Wandel der
machtstrukturellen Grundkonstellation in der internationalen Ordnung vollzogen. In
der Wissenschaft und auch in der Öffentlichkeit ist man sich indes uneins,
33
ob wir
an der ,,Schwelle zu einer multipolaren Weltordnung"
34
stehen oder ob diese
Epoche der Multipolarität bereits Realität ist, wie es beispielsweise Parag Khanna
in ,,Der Kampf um die Zweite Welt" äußert. Allgemein anerkannt ist jedoch die
Tatsache, dass sich das internationale Bedrohungsgefüge nach dem Ende des
Kalten Krieges entscheidend verändert hat. Bestand zwischen 1945 und 1989 die
Gefahr eines zwischenstaatlichen Krieges der beiden Antagonisten USA und
Sowjetunion mit einem möglichen Einsatz von Atomwaffen, so haben sich nach
dem Verschwinden dieses Dualismus drei wesentliche neue Herausforderungen für
die internationale Sicherheit herauskristallisiert: (1) transnationaler (islamischer)
Terrorismus, (2) sogenannte ,,failed states", gescheiterte Staaten, die ihre
Funktionen nicht mehr erfüllen können sowie (3) Proliferation von
Massenvernichtungswaffen und die potenzielle Gefahr, die von Staaten mit
Nuklearwaffen ausgeht. Anhand dieser Sicherheitsrisiken lassen sich im Hinblick
auf die Perspektiven transatlantischer Sicherheitspolitik sowohl Kooperations- als
auch Konfliktpotenziale in den amerikanisch-europäischen Beziehungen
untersuchen. Dabei sollen im Folgenden zwei Fallbeispiele näher betrachtet
werden: (1) die Gefahr des. transnationalen Terrorismus, dessen Hauptschauplatz
Afghanistan und das angrenzende Pakistan sind, sowie (2) die Bedrohung, die
durch das Atomprogramm des Iran von ihm ausgeht und welche Ansätze sich
finden lassen, um den Konflikt mit dem iranischen Regime zu entschärfen.
32
Rotte, Ralph/Schwarz, Christoph: Gemeinsame Herausforderungen ­ gemeinsame Lösungen?, in:
Meier-Walser, Reinhard C (Hrsg.): Die Außenpolitik der USA. Präsident Obamas neuer Kurs und die
Zukunft der transatlantischen Beziehungen, Berichte und Studien 89 der Hanns-Seidel-Stiftung,
München 2009, S. 285.
33
Vgl. Rittberger, Volker/Kruck, Andreas/Romund, Anne: Grundzüge der Weltpolitik. Theorie und
Empirie des Weltregierens, Wiesbaden 2010, S. 46.
34
Neuss, Beate: Warum brauchen Europa und die USA einander, in: Meier-Walser, Reinhard C (Hrsg.):
Die Außenpolitik der USA. Präsident Obamas neuer Kurs und die Zukunft der transatlantischen
Beziehungen, Berichte und Studien 89 der Hanns-Seidel-Stiftung, München 2009, S. 400.

16
3.2
Fallbeispiel 1: Afghanistan/Pakistan und der Krieg gegen den
Terrorismus
3.2.1 Die aktuelle Situation in Afghanistan und Pakistan
Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 justierten die Vereinigten
Staaten ihre Außenpolitik neu: aus dem ,,zurückhaltenden Sheriff"
35
wurden die
USA zu einem progressiv und entschlossen handelnden Akteur, der die
Bekämpfung des internationalen Terrorismus in das Zentrum seiner Außenpolitik
stellte.
36
Bereits unmittelbar nach den Anschlägen erhärtete sich der Verdacht,
dass die al-Quaida-Organisation in Afghanistan unter ihrem Führer Osama bin
Laden, der schon seit Jahren im Visier der US-Geheimdienste stand, für die
Ereignisse verantwortlich war. Der psychologische Schock in der amerikanischen
Gesellschaft, die sich innerhalb des Landes stets sicher fühlte, saß so tief, dass
Bush innenpolitisch großen Rückhalt für eine Intervention erhielt: 91 Prozent der
Amerikaner stellten sich hinter den Präsidenten.
37
Am 7. Oktober 2001 erhielten die
US-Streitkräfte den Befehl, Ausbildungslager und militärische Einrichtungen der
Taliban und al-Quaida anzugreifen; der Afghanistan-Krieg hatte begonnen und
schien nach nur fünf Wochen siegreich beendet.
Doch auch nach fast neun Jahren ist Afghanistan nicht befriedet; nach wie vor
befinden sich US-Truppen sowie die International Security Assistance Force
(ISAF), Soldaten aus über 40 Nationen, im Land. Die Gründe für den andauernden
Konflikt sind vielfältig und komplex, zeigen jedoch auch auf, wo Ansätze zu finden
sind, die Situation positiv zu verändern. Das fortwährende Konfliktpotenzial ergibt
sich aus der Tatsache, dass das afghanische Staatssystem Defizite aufweist, die
eine innenpolitische Konsolidierung und Stabilisierung erschweren. Das System ist
stark auf die Person Karzai zugeschnitten; diese ,,Überzentralisierung" lähmt
andere Instanzen, zum Beispiel die Provinzverwaltungen und die
Beratungsgremien (Schuras) auf Provinzebene. Karzai verteilt Posten in der
Verwaltung oftmals eher nach stammespolitischen Kriterien als nach
Kompetenzen.
38
Auch Korruption und Ämterpatronage sind in Afghanistan
35
Titel eines Buches des amerikanischen Politikers und ehemaligen Beraters Colin Powells, Richard N.
Haass.
36
Vgl. Bierling, Stephan: Geschichte der amerikanischen Außenpolitik, München 2007, S. 239.
37
Vgl. Schwabe, Klaus: Weltmacht und Weltordnung: Amerikanische Außenpolitik von 1898 bis zur
Gegenwart, Paderborn 2006, S. 472.
38
Eine kritische Bestandsaufnahme zum ,,System Karzai" lieferte die FAZ im August 2009, abrufbar
unter:

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2010
ISBN (PDF)
9783863415518
ISBN (Paperback)
9783863410513
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Erscheinungsdatum
2011 (Juli)
Note
1,7
Schlagworte
Transatlantische Sicherheitspolitik USA Europa Grand Strategy Afghanistan

Autor

Stefan Peetz, B.A., wurde 1987 in Karl-Marx-Stadt (heute: Chemnitz) geboren. Nach dem Abitur begann er das Bachelor-Studium der Politikwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz und schloss es 2010 erfolgreich ab. Seit 2010 absolviert der Autor zudem das Masterstudium "Politik in Europa". Der Schwerpunkt Internationale Politik forcierte früh ein Interesse an außen- und sicherheitspolitischen Themen. Die Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sowie der Deutsch-Atlantischen Gesellschaft motivierte den Autor, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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Titel: USA und Europa: Perspektiven transatlantischer Sicherheitspolitik und die Frage nach einer "Grand Strategy"
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