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Exzessive Immobilienkreditverbriefungen: Eine Analyse der ursächlichen Fehlanreize

©2010 Bachelorarbeit 58 Seiten

Zusammenfassung

Der exzessive, weltweite Handel mit verbrieften Immobilienkrediten bzw. Kreditrisiken hat sich in der US-Immobilienkrise entladen, aus der sich letztlich die größte Finanzkrise der Nachkriegszeit entwickelt hat.
Es ist das Ziel dieses Buches, die Anreize für das Fehlverhalten aller am Kreditverbriefungsprozess Beteiligten zu identifizieren. Nur wenn diese falschen Anreize erkannt werden, können sie wirksam eliminiert werden, um künftig ähnliche Krisen zu vermeiden.
Dazu werden nach einer einführenden Abgrenzung der Untersuchung zunächst die wesentlichen Verbriefungstechniken erläutert. Man unterscheidet den realen Forderungsverkauf von der derivativen Absicherung, bei der lediglich die Kreditrisiken gehandelt werden. Im Einzelnen werden ABS, CDO, CDS, CLN und synthetische CDO erläutert. Auf Abwandlungen wie ABCDS und CDO² wird ebenfalls eingegangen.
Anschließend wird der Verbriefungsprozess beleuchtet. Dabei werden schrittweise alle potentiellen Fehlanreize aufgedeckt und hinsichtlich ihrer fehlerhaften Anreizwirkung untersucht. Neben den Vergütungssystemen und Bonuszahlungen der Investmentbanken stehen unter anderem die Rolle der Ratingagenturen, die Probleme der asymmetrischen Informationsverteilung und die Motive der Wiederverbriefung im Mittelpunkt der Betrachtung. Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vor der Finanzkrise in den USA bleiben ebenfalls nicht unberücksichtigt.
Die so identifizierten Ursachen für fehlerhaftes Verhalten werden in einem nächsten Schritt sortiert und klassifiziert, was den Überblick verbessern soll. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird ein bewertender Blick auf die vielfältigen aus der öffentlichen Diskussion stammenden Vorschläge zum künftigen Umgang mit der Verbriefung von Immobiliendarlehen geworfen.
Danach werden die essenziellen Ergebnisse der Untersuchung nochmals in knapper Form zusammengefasst. Abschließend werden einige Maßnahmen aufgezeigt, welche die in dieser Arbeit identifizierten Probleme sinnvoll reduzieren oder beheben können.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3.2.1.4 Möglichkeit zur Weitergabe von Kreditrisiken ... 17
3.2.2 Informationsasymmetrien ... 18
3.2.2.1 Grundlegende
Problematik ... 18
3.2.2.2 Adverse
Selection ... 20
3.2.2.3 Moral
Hazard ... 21
3.2.2.4 Signalling ... 22
3.2.3 Ratingagenturen ... 23
3.2.3.1 Auftraggeberproblematik... 23
3.2.3.2 Ratingurteile... 24
3.2.4 Motive der Wiederverbriefung... 24
3.2.4.1 Veräußerung
der
Mezzanine-Tranchen... 24
3.2.4.2 Unregulierte Fristentransformation im SIV ... 27
3.2.5 Provisionen und Vergütungssysteme ... 28
3.2.5.1 Vermittlerprovisionen ... 28
3.2.5.2 Vergütungssysteme
und
Bonuszahlungen ... 29
3.3 Schematische Klassifizierung der Fehlanreize... 32
3.4 Lösungsansätze aus der öffentlichen Diskussion ... 34
4
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen... 38
Literaturverzeichnis ... 41
Autorenprofil ... 47

IX
A
A
B
B
B
B
I
I
L
L
D
D
U
U
N
N
G
G
S
S
V
V
E
E
R
R
Z
Z
E
E
I
I
C
C
H
H
N
N
I
I
S
S
Abb. 1.1: Entwicklung des verbrieften ABS-Volumens in den USA ... 3
Abb. 2.1: True Sale Struktur in der Grundform (vereinfachte Darstellung) ... 4
Abb. 2.2: True Sale Conduitstruktur mit mehreren SPVs (vereinfachte Darstellung) ... 5
Abb. 2.3: Der Credit Default Swap ... 8
Abb. 2.4: Die Credit Linked Note ... 10
Abb. 2.5: Die synthetische CDO ... 11
Abb. 3.1: Prozesskette der Kreditverbriefung ... 13
Abb. 3.2: Potentielle Fehlanreize im Verbriefungsprozess ... 14
Abb. 3.3: Asymmetrische Informationen bei der Kreditverbriefung ... 18
Abb. 3.4: Wiederverbriefung der Mezzanine-Tranche... 25
Abb. 3.5: Vergütungselemente ... 29
Abb. 3.6: Schema der gefundenen Fehlanreize ... 32

X
S
S
Y
Y
M
M
B
B
O
O
L
L
V
V
E
E
R
R
Z
Z
E
E
I
I
C
C
H
H
N
N
I
I
S
S
1
W
AAA
p
Prozentualer Anteil des ursprünglichen Forderungsportfolios, der nach der
1. Wiederverbriefung mit Triple-A geratet ist.
2
W
AAA
p
Prozentualer Anteil des ursprünglichen Forderungsportfolios, der nach der
2. Wiederverbriefung mit Triple-A geratet ist.
Wn
AAA
p
Prozentualer Anteil des ursprünglichen Forderungsportfolios, der nach der
n-ten Wiederverbriefung mit Triple-A geratet ist.
¦
=
n
m 0
Summe für m von 0 bis n
n
lim
Grenzwert für n gegen unendlich
n
Index für die Anzahl der Wiederverbriefungen
m
Parameter für n

XI
A
A
B
B
K
K
Ü
Ü
R
R
Z
Z
U
U
N
N
G
G
S
S
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V
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Z
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I
I
C
C
H
H
N
N
I
I
S
S
a. a. O.
am angegebenen Ort
Abb. Abbildung
ABCDS
Asset Backed Credit Default Swap
ABCP
Asset Backed Commercial Paper
ABS
Asset Backed Securities
Abs. Absatz
ARMs
Adjustable Rate Mortgages
Art. Artikel
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
bzgl. bezüglich
bzw. beziehungsweise
CBO
Collateralized Bond Obligation
CDO Collateralized
Debt
Obligation
CDS
Credit Default Swap
CLN
Credit Linked Note
CLO
Collateralized Loan Obligation
CMBS
Commercial Mortgage Backed Securities
EU Europäische
Union
EURIBOR European Interbank Offered Rate
f. folgende
Seite
ff. fortfolgende
Seiten
FLF
Finanzierung Leasing Factoring (Fachzeitschrift)
Fn. Fußnote
FSB
Financial Stability Board
gem. gemäß
ggü. gegenüber
GPMs
Graduated Payment Mortgages
Hrsg. Herausgeber
i. V. m.
in Verbindung mit
i. d. R.
in der Regel
LIBOR
London Interbank Offered Rate

XII
MBS
Mortgage Backed Securities
Mitarb. Mitarbeiter
Mrd. Milliarden
Nr. Nummer
o. V.
ohne Verfasser
p. a.
pro anno
RMBS
Residential Mortgage Backed Securities
S. Seite
SEC
Securities and Exchange Commission
SPV
Special Purpose Vehicle
Tz Textziffer
u. a.
unter anderem
Übers. Übersetzer
URL
Uniform Resource Locator (Internetadresse)
US United
States
USA
United States of America
vgl. vergleiche
z. B.
zum Beispiel
zfbf
Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
zzgl. zuzüglich

1
1
1
V
V
o
o
r
r
ü
ü
b
b
e
e
r
r
l
l
e
e
g
g
u
u
n
n
g
g
e
e
n
n
1.1 Ziel und Aufbau der Arbeit
Die Feststellung, dass sich die Immobilienkrise der USA durch den vorangegangenen
weltweiten Handel mit verbrieften Krediten zur internationalen Finanz- und schließlich
zur Wirtschaftskrise entwickelt hat, ist nicht neu und wird im Allgemeinen anerkannt.
1
Es ist daher nicht das Ziel dieser Arbeit, dies erneut zu belegen. Vielmehr geht es da-
rum, die Anreize für das Fehlverhalten aller am Kreditverbriefungsprozess Beteiligten
zu identifizieren. Nur wenn diese falschen Anreize erkannt werden, können sie wirksam
eliminiert werden, was unumgänglich ist, um ähnliche Krisen künftig zu vermeiden.
Dazu werden nach einer einführenden Abgrenzung der Untersuchung zunächst die we-
sentlichen Verbriefungstechniken erläutert. Man unterscheidet den realen Forderungs-
verkauf von der derivativen Absicherung, bei der lediglich die Kreditrisiken gehandelt
werden.
Anschließend wird der Verbriefungsprozess beleuchtet. Dabei sollen schrittweise alle
potentiellen Fehlanreize aufgedeckt und hinsichtlich ihrer fehlerhaften Anreizwirkung
untersucht werden. Die so identifizierten Ursachen für fehlerhaftes Verhalten werden in
einem nächsten Schritt sortiert und klassifiziert, was den Überblick verbessern soll.
Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird ein bewertender Blick auf die viel-
fältigen, aus der öffentlichen Diskussion stammenden Vorschläge zum künftigen Um-
gang mit der Verbriefung von Immobiliendarlehen geworfen.
Danach werden die essenziellen Ergebnisse der Untersuchung nochmals in knapper
Form zusammengefasst. Abschließend werden einige Maßnahmen aufgezeigt, welche
die in dieser Arbeit identifizierten Probleme sinnvoll reduzieren oder beheben können.
Dabei handelt es sich um Denkanstöße, die keine fertigen Lösungen bieten, sondern
Ausgangspunkte und Wegweiser für weitere Überlegungen darstellen.
1
Vgl. z. B. H
ARTMANN
-W
ENDELS
, Thomas ; P
FINGSTEN
, Andreas ; W
EBER
, Martin: Bankbetriebslehre.
Fünfte, überarbeitete Auflage. Heidelberg : Springer. 2010. S. 218.

2
1.2 Abgrenzung der Themenstellung
Im Folgenden werden die Verbriefungen von Immobiliendarlehen und Kreditrisiken be-
trachtet. Die Immobilienkreditverbriefung ist als ein strukturierter Prozess definiert, in
dem mit Immobilien besicherte Darlehen und andere Forderungen zusammengefasst
und in Form eines Wertpapiers verkauft werden. Rosenthal und Ocampo sehen ihren
Ursprung in der Entwicklung von RMBS in den 1960er Jahren.
2
Allerdings ist deren
deutsches Pendant, der Pfandbrief, schon wesentlich älter. Er existiert schon seit über
230 Jahren.
3
Die Idee hinter der Forderungsverbriefung ist es, aus unliquiden Krediten am Markt
handelbare Wertpapiere zu machen. Dies soll sowohl den Originatoren, als auch den In-
vestoren Vorteile bei der Diversifikation und Risikoallokation ihrer Forderungsport-
folios bringen.
4
Außerdem setzt der Prozess zuvor regulatorisch gebundenes Eigenka-
pital frei.
5
Der Kapitalzufluss stellt obendrein für den Originator eine Liquiditätsbe-
schaffungsmaßnahme
6
dar.
In den Jahren vor der Finanz-, und Wirtschaftskrise waren die Instrumente für den Han-
del mit Immobiliendarlehen und deren Risiken von großer Bedeutung. Das belegt im
Folgenden exemplarisch die Marktentwicklung der forderungsbesicherten Verbriefun-
gen. Das Volumen der für diese Arbeit relevanten, mit Hypothekendarlehen besicherten
Forderungsverbriefungen hat sich zwischen 2000 und 2007 mehr als vervierfacht und
auch ihr relativer Anteil am gesamten ABS-Marktvolumen ist in diesem Zeitraum von
52,2 % auf 73,2 %
7
gestiegen. Mit den Immobilienpreiseinbrüchen und den Ausfällen
vieler Subprime-Immobilienkredite in den USA ist der Markt für Kreditverbriefungen
2
Vgl. R
OSENTHAL
, James A. ; O
CAMPO
, Juan M.: Securitization of Credit : Inside the New Technology of
Finance. New York : John Wiley & Sons. 1988, S. 3. f.Abweichend davon datieren die meisten Autoren
den Ursprung der Kreditverbriefung in die 1970er Jahre, z. B. A
CHLEITNER
, Ann-Kristin: Handbuch
Investment Banking. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Wiesbaden : Gabler. 2002. S. 422.
3
Vgl. J
ÄGER
, Manfred ; V
OIGTLÄNDER
, Michael: Immobilienfinanzierung : Hypothekenmärkte und ihre
gesamtwirtschaftliche Bedeutung. IW Analysen, Nr. 22. Köln : Deutscher Instituts-Verlag. 2006. S. 43.
4
Vgl. H
ULL
, John C.: Options, futures, and other derivatives. seventh edition. New Jersey : Pearson. 2009.
S. 551.
5
Vgl. P
IOSSEK
, Ines ; W
ÖLFLE
, Peter: ABS-Transaktionen. In: Hockmann, Heinz-Josef (Hrsg.) ; Friedrich
Thießen (Hrsg.): Investment Banking. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart : Schäffer-Poeschel. 2007.
S. 333.
6
Vgl. dieselben, ebenda. Die Funktion der Liquiditätsbeschaffung beschränkt sich allerdings auf True-
Sale-Verbriefungen.
7
Mit den in Abb. 1.1 genannten Daten errechnet.

3
dann nahezu vollständig zum Erliegen gekommen,
8
was auch die rapide Abnahme des
verbrieften Kreditvolumens in den Folgejahren verdeutlicht. Weitere Einzelheiten sind
der Abb. 1.1 zu entnehmen.
- immobilienbesichert
- gesamt
2009
2.361,2
3.377,5
2008
2.934,0
4.120,8
2007
3.317,5
4.532,2
2006
3.116,7
4.195,8
2005
2.461,8
3.387,5
2004
1.807,1
2.657,4
2003
1.378,3
2.217,4
2002
1.122,5
1.981,3
2001
936,5
1.751,7
2000
780,9
1.497,0
ausstehendes ABS-Volumen in Mrd. US-$
Jahr
Entwicklung des US- ABS-Markts
0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
4.000
4.500
5.000
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
Jahr
Mr
d. U
S
-D
ollar
gesamt
immobilienbesichert
Abb. 1.1: Entwicklung des verbrieften ABS-Volumens in den USA
Quelle: eigene Darstellung, Daten des Board of Governors of the Federal Reserve System,
zitiert nach I
NSURANCE
I
NFORMATION
I
NSTITUTE
(2010)
9
Es bleibt noch zu klären, wie das Segment der Forderungsverbriefung von Immobilien-
darlehen im Bankensektor einzuordnen ist. Gemäß den Ausführungen von Aulibauer
und Thießen sind sämtliche Bankleistungen, die verbriefte Darlehens- und Eigenkapital-
gewährung als Grundlage haben, dem Investment Banking zuzuordnen. Entsprechend
unverbriefte Kapitalbereitstellungen schreiben sie dem Commercial Banking zu.
10
Dem entsprechend lässt sich das Kreditverbriefungsgeschäft dem Investment Banking
zuordnen. Es stellt aber gleichzeitig auch eine Brücke zum Commercial Banking her, da
es unverbriefte Forderungen aus diesem Bereich zu Wertpapieren transformiert. An-
schaulich ausgedrückt kann man sagen, es werden Produkte aus dem Commerical Ban-
king als Rohstoffe verwendet und zu Produkten des Investment Bankings weiterverar-
beitet.
8
Vgl. S
CHNEIDER
, Susanne: Wie Banken sich besser refinanzieren können. In: Bankmagazin 59 (2010), Nr.
01/2010, S. 32.
9
I
NSURANCE
I
NFORMATION
I
NSTITUTE
(Hrsg.): Asset-backed Securities. Im Internet: Insurance Information
Institute : Publications+Store. URL: http://www2.iii.org/financial/securities/assetbacked [Stand:
28.07.2010, 20:40]. Die Daten des immobilienbesicherten ABS-Volumens resultieren aus der Addition
der Werte der Mortgages-ABS und der Agency securities-ABS aus der angegebenen Quelle. Letztere
sind von Unternehmen wie Fannie Mae, Freddie Mac und Ginnie Mae emittierte ABS.
10
Vgl. A
ULIBAUER
, Alexander G. ; T
HIEßEN
, Friedrich: Grundbegriffe des Investment Banking. In:
Hockmann, Heinz-Josef (Hrsg.) ; Friedrich Thießen (Hrsg.): Investment Banking. 2., überarbeitete
Auflage. Stuttgart : Schäffer-Poeschel. 2007. S. 3.

4
2
2
E
E
r
r
l
l
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t
t
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t
e
e
c
c
h
h
n
n
i
i
k
k
e
e
n
n
2.1 True Sale Verbriefungsstrukturen
2.1.1 Grundlegendes zu forderungsbesicherten Anleihen
Forderungsbesicherte Anleihen verbriefen die Cash Flows, die aus den Forderungen re-
sultieren.
11
Im Fall von Immobilienkreditforderungen sind dies Zins und Tilgung, wobei
die Immobilien als Sicherheit dienen und im Tilgungsausfall zur Begleichung der offen-
en Forderungen verwertet werden. Der Originator
12
verkauft die auszulagernden Forder-
ungen an eine eigene und nur zum Zweck der Verbriefung gegründete Zweckgesell-
schaft (auch Special Purpose Vehicle (SPV)). Dadurch wird der Forderungspool aus der
Bilanz der Bank ausgelagert. Er ist dann eine rechtlich und wirtschaftlich selbständige
Vermögensmasse mit eigener Bonität, die lediglich aus der Qualität und Besicherung
der Forderungen herrührt.
13
Forderungspool
Verkaufserlös
Emissionserlös
Forderungs-
verkäufer
Investoren
Special Purpose Vehicle
(SPV)
forderungsbesicherte
Papiere
Abb. 2.1: True Sale Struktur in der Grundform (vereinfachte Darstellung)
Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an: P
IOSSEK
, Ines ; W
ÖLFLE
, Peter (2007)
14
Die Zweckgesellschaft refinanziert sich ihrerseits durch die Emission von Wertpapieren
am Kapitalmarkt, die auf den zuvor gekauften Forderungen basieren.
15
Diese in Abb.
2.1 vereinfacht dargestellte Grundform der Verbriefung ist noch als transparent zu be-
11
Vgl. G
RAF
, Karl Herbert: Neuere Formen der Immobilienfinanzierung In: Maier, Kurt M. (Hrsg):
Risikomanagement im Immobilien- und Finanzwesen : Leitfaden für Theorie und Praxis. 2., überarbeitete
und erweiterte Auflage. Frankfurt am Main : Knapp. 2004. S. 138.
12
Grundsätzlich können auch Nicht-Banken, wie z. B. Industrieunternehmen, als Originatoren von
Verbriefungstransaktionen auftreten, sofern sie über ausreichend große, verbriefungsfähige Forderungen
bzw. Cash-Flow-Ansprüche verfügen. Da für die Verbriefung von Immobilienkreditportfolios aber nur
Banken als Originatoren in Frage kommen, werden in dieser Arbeit beide Begriffe synonym verwendet.
13
Vgl. E
ICHWALD
, Berthold ; P
EHLE
, Helmut: Die Kreditarten. In: von Hagen, Jürgen (Hrsg.) ; von Stein,
Johann Heinrich (Hrsg.): Obst/Hintner : Geld-, Bank- und Börsenwesen. 40., völlig überarbeitete Auflage.
Stuttgart : Schäffer-Poeschel. 2000. S. 793.
14
P
IOSSEK
, Ines ; W
ÖLFLE
, Peter: ABS-Transaktionen. In: Hockmann, Heinz-Josef (Hrsg.) ; Friedrich
Thießen (Hrsg.): Investment Banking. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart : Schäffer-Poeschel. 2007.
S. 337.
15
Vgl. Z
ELLER
, Sven ; R
UNGE
, Mareile (Mitarb.): Wertpapiere im Investment Banking. In: Hockmann, Heinz-
Josef (Hrsg.) ; Friedrich Thießen (Hrsg.): Investment Banking. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart :
Schäffer-Poeschel. 2007. S. 195.

5
zeichnen. Allerdings gehen schon hier aufgrund der Datenschutzvorschriften hinsicht-
lich der Schuldner viele für die Risikobeurteilung relevanten Informationen verloren.
Den Geheimhaltungsinteressen der Schuldner wird z. B. durch entsprechende Anony-
misierung ihrer Daten Rechnung getragen.
16
Wenn das SPV Kredite mehrerer Forderungsverkäufer ankauft, spricht man von einer
Conduitstruktur, die in der Praxis zuletzt der Regelfall war. Das SPV wird dann als
Conuit bezeichnet. Hinzu kommt, dass auch mehrere SPVs in eine Verbriefung unter
dem Holdingdach eines Conduits eingebunden werden können. Dabei werden die Ar-
beitsabläufe Forderungsankauf und Verbriefung auf unterschiedliche SPVs verteilt. Für
den Ankauf der Kredite kann es jeweils eine Gesellschaft pro Forderungsverkäufer ge-
ben. Eine vereinfachte Darstellung liefert Abb. 2.2. Bei dieser Struktur geht auch die
verbliebene Transparenz für die Investoren wegen der Forderungsbündelung ver-
schiedener Kreditgeber im Conduit verloren.
17
SPV 1
SPV 2
...
SPV n
...
Conduit (Beteiligungsholding)
Investoren
Forderungspool
Verkaufserlös
forderungs-
besicherte
Papiere
Emissions-
erlös
Forderungs-
verkäufer 1
Forderungs-
verkäufer 2
Forderungs-
verkäufer n
Emissionsvehikel
(SPV (n+1))
Abb. 2.2: True Sale Conduitstruktur mit mehreren SPVs (vereinfachte Darstellung)
Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an: P
IOSSEK
, Ines ; W
ÖLFLE
, Peter (2007)
18
2.1.2 Asset Backed Securities (ABS)
ABS sind mit Vermögenswerten abgesicherte Wertpapiere. Sie können mit allen Fi-
nanzforderungen unterlegt werden, welche stabile und prognostizierbare Cash Flows ge-
nerieren und juristisch bestimmbar sein müssen. Weiterhin sollten sie niedrige histori-
16
Vgl. A
CHLEITNER
, Ann-Kristin: Handbuch Investment Banking. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage.
Wiesbaden : Gabler. 2002. S. 439.
17
Vgl. P
IOSSEK
, Ines ; W
ÖLFLE
, Peter: ABS-Transaktionen. In: Hockmann, Heinz-Josef (Hrsg.) ; Friedrich
Thießen (Hrsg.): Investment Banking. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart : Schäffer-Poeschel. 2007.
S. 337 f.
18
Dieselben, ebenda. S. 338.

6
sche Ausfallraten haben. Idealerweise handelt es sich bei dem Forderungspool um eine
Vielzahl kleiner Einzelforderungen, die untereinander möglichst homogen sind.
19
Je nach Forderungsart und Laufzeit werden ABS begrifflich in weitere Unterkategorien
gegliedert. Kurzlaufende Papiere bezeichnet man als Asset Backed Commercial Papers
(ABCP) und mit Hypotheken besicherte Forderungsverbriefungen als Mortgage Backed
Securities (MBS). Letztere werden nochmals nach ihrer Besicherung mit Wohnimmobi-
lien (Residential Mortgage Backed Securities ­ RMBS) oder Gewerbeimmobilien
(Commerical Mortgage Backed Securities ­ CMBS) unterschieden. Anders als in der
deutschen Literatur gibt es im anglo-amerikanischen Sprachraum eine striktere Tren-
nung zwischen MBS und ABS: ,,Asset-backed securities are securities collateralized by
assets that are not mortgage loans."
20
Aus Gründen der Übersicht wird im Folgenden
über alle Untergruppen hinweg synonym der Begriff ABS verwendet. Die Unterglieder-
ung ist für die Analyse von Fehlanreizen nicht erforderlich. Da der Fokus dieser Arbeit
auf der Verbriefung von Immobiliendarlehen liegt, sei an dieser Stelle jedoch erwähnt,
dass genau genommen meistens MBS betrachtet werden. Das spezifische Risiko dieser
MBS liegt darin, dass Geld- und Kapitalmarkteinflüsse, sowie Konjunktur und Arbeits-
marktlage erheblichen Einfluss auf den Immobilienmarkt haben können. Dadurch kön-
nen Zahlungsausfälle eintreten, wobei gleichzeitig die Marktwerte der Immobilien und
damit die Werte der Sicherheiten sinken können.
21
2.1.3 Collateralized Debt Obligation (CDO)
In CDOs können Anleihen, Schulden und Risiken unterschiedlichster Art zusammenge-
fasst und verbrieft werden. Sie können u.a. Asset Backed Securities und andere CDOs
enthalten. Auch bisher unverbriefte Kreditportfolios und Kreditrisiken in Form von Cre-
dit Default Swaps können in ein CDO-Portfolio gepackt werden.
22
Die CDO ist also das
19
Vgl. P
IOSSEK
, Ines ; W
ÖLFLE
, Peter: ABS-Transaktionen. In: Hockmann, Heinz-Josef (Hrsg.) ; Friedrich
Thießen (Hrsg.): Investment Banking. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart : Schäffer-Poeschel. 2007.
S. 335. Ebenso bei E
ICHWALD
, Berthold ; P
EHLE
, Helmut: Die Kreditarten. In: von Hagen, Jürgen (Hrsg.) ;
von Stein, Johann Heinrich (Hrsg.): Obst/Hintner : Geld-, Bank- und Börsenwesen. 40., völlig
überarbeitete Auflage. Stuttgart : Schäffer-Poeschel. 2000. S. 792 f.
20
F
ABOZZI
, Frank J. ; F
ERRI
, Michael G. ; M
ANN
, Steven V.: Overview of the Types and Features of Fixed
Income Securities. In: Fabozzi, Frank J. (Hrsg.): The Handbook of Fixed Income Securities. Sixth Edition.
New York : McGraw-Hill. 2001. S. 19.
21
Vgl. Vgl. G
RAF
, Karl Herbert: Neuere Formen der Immobilienfinanzierung In: Maier, Kurt M. (Hrsg):
Risikomanagement im Immobilien- und Finanzwesen : Leitfaden für Theorie und Praxis. 2., überarbeitete
und erweiterte Auflage. Frankfurt am Main : Knapp. 2004. S. 145.
22
Vgl. B
LUHM
, Christian ; M
USSIL
, Walter: Entwicklungen im Kreditportfoliomanagement der Banken. In:
zfbf (2007), Sonderheft Nr. 57/07, S 47.

7
Produkt, mit dem Wiederverbriefungen durch echte Forderungsverkäufe realisiert wer-
den können. Durch erneute Wiederverbriefungen der so entstandenen CDOs kommt es
zu Produkten, die als CDO² und CDO³ bezeichnet werden
23
, wobei die Hochzahl die
Anzahl der Wiederverbriefungen angibt.
Innerhalb der CDOs wird in der Literatur oft eine weitere begriffliche Untergliederung
gemacht: Collateralized Loan Obligations (CLO) für die Verbriefung eigens vergebener
Kredite und Collateralized Bond Obligations (CBO), in denen gekaufte Schuldver-
schreibungen und andere Forderungen zusammengeschnürt werden.
24
Diese Unterschei-
dung ist für die vorliegende Arbeit jedoch ohne weitere Bedeutung.
2.2 Synthetische Verbriefungsstrukturen
2.2.1 Grundlegendes zu Kreditderivaten
Kreditderivate existieren erst seit den frühen 1990er Jahren.
25
Es werden lediglich die
Kreditrisiken gegen Zahlung einer Prämie auf einen anderen Investor übertragen. Die
zugrunde liegenden Forderungen werden also nicht aus der Bilanz ausgelagert, sondern
abgesichert.
26
Der Kauf entsprechender Derivate erfordert nicht die tatsächliche De-
ckung mit risikobehafteten Forderungen.
Im folgenden werden exemplarisch der Credit Default Swap, die Credit Linked Note,
die eine Kombination aus Anleihe und Kreditderivat verkörpert, sowie die synthetische
CDO vorgestellt. Sie repräsentieren praxisrelevante Formen, um Ausfallrisiken abzusi-
chern. Weitere durchaus auch übliche Varianten, wie Total Return Swaps oder Credit
Spread Calls werden nicht näher erläutert, da dies bezogen auf die Problemstellung der
Arbeit keinen weiteren Erkenntnisgewinn verspricht.
27
23
Vgl. S
OROS
, George: Das Ende der Finanzmärkte ­ und deren Zukunft : Die heutige Finanzkrise und
was sie bedeutet. / Huber, Mara (Übers.) ; Rädisch, Christine (Übers.). München : FinanzBuch. 2008. ­
Im Original: The new paradigm for financial markets. S. 15.
24
Vgl. z. B. F
RANKE
, Günter ; W
EBER
, Thomas: Wie werden Collateralized Debt Obligation-Transaktionen
gestaltet?. In: zfbf (2007), Sonderheft Nr. 57/07, S. 96
25
Vgl. H
OHL
, Stefan ; L
IEBIG
, Thilo: Kreditderivate : ein Überblick. In: Eller, Roland (Hrsg.) ; Gruber, Walter
(Hrsg) ; Reif, Markus (Hrsg): Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate : Quantifizierung und
Management von Kreditrisiken, Strategien mit Kreditderivaten, bankaufsichtliche Anforderungen.
Stuttgart : Schäffer-Poeschel. 1999. S. 501.
26
Vgl. W
AGENKNECHT
, Claus-Rainer ; R
EINHARD
, Karsten R.: Anforderungen an eine moderne
Verbriefungsstrategie aus Sicht einer Großbank. In: zfbf (2007), Sonderheft Nr. 57/07, S. 84
27
Einen kompakten Überblick über diese Kreditderivate und ihre Unterschiede zu den vorgestellten
Varianten bietet z.B. P
FINGSTEN
, Andreas: Die Kreditvergabe. In: von Hagen, Jürgen (Hrsg.) ; von Stein,

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2010
ISBN (PDF)
9783863415808
ISBN (Paperback)
9783863410803
Dateigröße
746 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Ludwigshafen am Rhein
Erscheinungsdatum
2011 (August)
Note
1
Schlagworte
Immobilienkreditverbriefungen Principal-Agency-Problematik Fehlanreize Ratingagenturen Bonusvergütung
Produktsicherheit
BACHELOR + MASTER Publishing

Autor

Der Autor Dennis Krahl, B.A., wurde 1984 in Fulda geboren. Nach seiner Berufsausbildung zum Bankkaufmann bei einer Sparkasse entschied er sich dazu, seine finanzwirtschaftlichen Qualifikationen weiter auszubauen. Er absolvierte zunächst das Abitur an einem Wirtschaftsgymnasium. Nachdem er seinen Wehrdienst geleistet hatte, studierte er Finanzdienstleistungen und Corporate Finance an der FH Ludwigshafen. Etwa zeitgleich mit dem Start seines Studiums begann sich die aktuelle Finanzkrise abzuzeichnen, weswegen sich der Autor intensiv mit ihr auseinander setzte. Dabei rückte die Immobilienkreditverbriefung als zentrale Ursache der Krise in den Fokus seines Interesses. Das Bachelorstudium schloss er 2010 erfolgreich ab und widmet sich derzeit dem Masterstudium an der Universität Gießen.
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Titel: Exzessive Immobilienkreditverbriefungen: Eine Analyse der ursächlichen Fehlanreize
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