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Die Interdependenz zwischen zahnärztlicher Behandlung und Herpesreaktivierung

Klinische und subklinische Reaktivierungen von HSV1

©2010 Masterarbeit 56 Seiten

Zusammenfassung

Sowohl symptomatische (Rekrudeszenzen) als auch asymptomatische (Rekurrenzen) Reaktivierungen des Herpes simplex-Virus Typ 1 in der Mundhöhle tragen zur Übertragung und Verbreitung von HSV-1 bei; besonders an so exponierten Stellen, wie sie in der Zahnheilkunde untersucht und behandelt werden. Um die Frequenz der HSV-1 Reaktivierung im Zusammenhang mit der zahnärztlichen Manipulation zu untersuchen, wurde die HSV-Nested-PCR auf 100 Mundschleimhautabstriche angewendet, die bei zwanzig immunkompetenten Probanden gesammelt wurden. Dabei wurden die Proben ein Tag vor, direkt vor und direkt nach, sowie zwei Tage und fünf Tage nach der zahnärztlichen Behandlung entnommen.
Insgesamt wiesen 7 der 16 seropositiven Personen HSV-1-DNA in ihren Proben auf. Zwei dieser 16 Probanden bekamen während des Untersuchungszeitraumes sogar Rekrudeszenzen. Bei vier Seronegativen wurde erwartungsgemäß über den gesamten Untersuchungszeitraum keine HSV-1-DNA nachgewiesen.
Diese erhöhte Frequenz der Reaktivierung zeigt, dass auch die allgemeine zahnärztliche Tätigkeit als Triggerfaktor für klinische und subklinische Reaktivierung des HSV-1 in der Mundhöhle bei immunkompetenten Personen zu werten ist. Neben den pathophysiologischen Manipulationen an den peripheren Endigungen des maxillären und mandibulären Astes des Nervus trigeminus ist der Faktor Stress das entscheidende Kriterium.
Ferner lässt sich bemerken, dass zwischen der absoluten Reaktivierungshäufikeit und der klinischen Rezidivanamnese eine Interdependenz besteht. So war die Frequenz der Reaktivierungen bei den Probanden höher, die auch an Rekrudeszenzen gelitten haben.Dieses Buch erläutert die Thematik detailliert, schildert den Gang der Untersuchung und liefert interessante Ergebnisse.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltverzeichnis
3.2
Methoden
17
3.2.1 Klinik
17
3.2.1.1
Probandenkollektiv
17
3.2.1.2 Probengewinnung - Oralschleimhaut
17
3.2.1.3
Blutproben
17
3.2.2
Molekularbiologie 18
3.2.2.1
Probenaufbereitung
18
3.2.2.2
Polymerase-Ketten-Reaktion
(HSV-1-PCR)
18
3.2.2.3
GeI-Elektrophorese
21
3.2.2.4 HSV-1
Southern
Blotting
21
3.2.2.5
HSV-1
Detektion
23
3.2.2.6 Herstellung der digoxygeninmarkierten HSV-1 DNA-Sonde
23
3.2.3
Serologie
25
3.2.3.1
HSV-1
ELISA 25
4. Ergebnisse
26
4.1
HSV-1-Rekrudeszenzen
26
4.2
HSV-1-Serologie
26
4.3
HSV-1-PCR
26
4.4 Protokoll der Auswertung einer HSV-1-PCR
30

Inhaltverzeichnis
5.
Diskussion
32
5.1
Untersuchungsdesign 32
5.1.1 Methodik der PCR - allgemeiner Teil -
33
5.1.2 Zusammenhang zwischen Pathomechanismus der Reaktivierung von 34
HSV-1
und
diagnostischer
Methodik
5.2 Frequenz der subklinischen und klinischen Reaktivierungen von HSV-1
36
5.3 Triggerfaktoren einer HSV-1 Reaktivierung
38
5.4 Ausblick
40
6.
Zusammenfassung
41
7.
Literaturverzeichnis
42

1. Abkürzungen
1
1 . Liste der Abkürzungen
ACV Acyclovir
ATCC
American Type Culture Collection
Ak Antikörper
bp Basenpaare
BSA
Rinderserumalbumin (bovine serum albumin)
D Dalton
Dig/DIG Digoxygenin
DNA Desoxyribonukleinsäure
dNTP 2'-Desoxyribonukleosid-5'-triphosphat
EBV Epstein-Barr-Virus
EDTA Ethylendiamintetraessigsäure
ELISA enzyme-Iinked immunsorbent assay
EtBr Ethidiumbromid
gB Glykoprotein
B
HCMV Humanes
Cytomegalie-Virus
HHV Humanes
Herpesvirus
HSV Herpes-simplex-Virus
IFN Interferon
lg Immunglobulin
IL-2 Interleukin-2
kb Kilobasen
mikro
min Minute

1. Abkürzungen
2
M Molar
n nano
NBT Nitroblau-Tetrazolium
p pico
PBS Phosphatgepufferte
Salzlösung (phosphate-buffered saline)
PCR
Polymerase-Ketten-Reaktion (polymerase chain reaction)
RNA Ribonucleinsäure
rpm
Zahl der Umdrehungen (rounds per minute)
SDS Natriumdodecylsulfat
SSC Natriumchlorid-Natriumcitrat-Lösung
(standard saline citrate)
Taq Thermus
aquaticus
Tris Tris(hydroxymethyl)-aminomethan
UV Ultra-Violett
V Volt
VCA Viruscapsid
VZV Varizella-Zoster-Virus
w/v
Gewicht / Volumen (weight /volume)

2. Einleitung
3
2. Einleitung
2.1 Herpesviren
Die Familie der Herpesviren umfasst über 100 Virusspezies, die beim Menschen und
bei den meisten Wirbeltieren vorkommen (Roizman, 1991). Bezüglich vieler
biologischer Eigenschaften und ihrer Partikelmorphologie gleichen sich alle Vertreter
dieser Virusfamilie. So erfolgt die Replikation des doppelsträngigen DNA-Genoms im
Zellkern der Wirtszelle, in dem auch die Morphogenese beginnt. Die Codierung für
Enzyme, die im Nukleinsäurestoffwechsel und bei der Genreplikation aktiv sind, ist
ebenfalls allen Herpesviren gemein. Ferner pesistieren die Herpesviren nach der
Erstinfektion latent im Organismus (Whitley und Roizman, 2001). Die Produktion von
infektiösen Partikeln unterbleibt in diesem Stadium, was dazu führt, dass die Zellen
überleben. Aus dieser Latenzphase kann jedoch eine Reaktivierung des
Infektionszyklus erfolgen. Die Virusvermehrung bedingt zwangsläufig die Zerstörung
der Wirtszelle.
Mitglieder der Familie der Herpesviridae sind das Herpes-simplex-Virus mit den
beiden serologischen Typen HSV-1 und HSV-2, das Varicella-Zoster-Virus (VZV),
das Zytomegalie-Virus (HCMV), das Epstein-Barr-Virus (EBV) und die humanen
Herpesviren HHV-6, HHV-7, HHV-8. Ferner werden die Herpesviren in drei
Unterfamilien untergliedert: die -, - und -Herpesviren. Die Herpes-simplex-Virus-
Typen und das Varicella-Zoster-Virus zählen zu den -Herpesviren. Diese sind durch
ein breites Wirtsspektrum, kurze Vermehrungszeiten, die Möglichkeit in den
Nervenzellen der Ganglien zu persistieren und eine schnelle Ausbreitung in
Kulturmedien gekennzeichnet (Roizman, 1993). Der -Herpes-Viren-Untergruppe ist
das Zytomegalie-Virus und die HHV-6 und HHV-7 zugeordnet.
Das Epstein-Barr-Virus und das humane Herpesvirus Typ 8 gehören zur -
Herpesviren-Untergruppe (Roizman, 1996), die sich durch ein sehr enges
Wirtszellspektrum auszeichnen.

2. Einleitung
4
2.2 Pathogenese des Herpes-simplex-Virus Typ 1
2.2.1 Primärinfektion
Die Übertragung von Herpes-simplex-Viren erfolgt durch virushaltigen Speichel und
direkten Schleimhaut-zu-Schleimhaut- oder Schleimhaut-zu-Haut-Kontakt. Die
Primärinfektion tritt meist bei Kindern unter fünf Jahren mit den Symptomen einer
Gingivo-Stomatitis und einer Pharyngitis auf. Trotz Virusproduktion in den
Schleimhautepithelien verläuft die Infektion meist asymptomatisch bzw. inapparent.
Zu schweren Krankheitsverläufen kann es besonders bei älteren Kindern, jungen
Erwachsenen und immunsupprimierten Personen kommen.
Die symptomatische Infektion weist lnkubationszeiten von 2-12 Tagen auf und ist von
Fieber, das auf 40 °C ansteigen kann, Schüttelfrost, Muskel- und Gelenkschmerzen,
sowie Halsschmerzen mit pharyngealem Ödem und Rötung begleitet. Man findet
eine generalisierte Lymphadenitis mit besonders deutlicher Ausprägung am Hals,
gelegentlich auch eine Milzvergrößerung. Es entwickeln sich nach ein paar Tagen
vorübergehend vesikuläre Bläschen auf der pharyngealen und oralen Mukosa, wobei
besonders die keratinisierten Anteile betroffen sind (Maeglin, 1987; Bickel et al., 1996
und Eisen, 1998). Die Bläschen ulzerieren schnell und vermehren sich auch am
weichen Gaumen, in der Wangenschleimhaut, auf der Zunge, an den Lippen und am
Mundboden. Das Fieber kann bis zur Austrocknung der schmerzhaften Bläschen
andauern, die unbehandelt nach etwa 14 Tagen abheilen. Das Virus läßt sich für ca.
14 - 21 Tage aus Abstrichen aus den Läsionen isolieren.
Serologisch läßt sich eine Primärinfektion durch das Vorhandensein von HSV1-
spezifischen lgM-Antikörpern schon am Ende der ersten Krankheitswoche
nachweisen.
Differentialdiagnostisch sind bei dem klinischen Erscheinungsbild z.B. eine
Streptokokken- oder Diphterie-Pharyngitis, eine Herpangina, eine Aphthenstomatitis
oder eine Mononukleose auszuschließen (Hirsch und Schooley, 1983). Um auch
Infektionen mit anderen Herpesviren (HCMV, VZV) auszuschließen, wird für die
sichere Diagnose ein direkter Virusnachweis über Virusisolierung mit anschließender
Typisierung vorgenommen.

2. Einleitung
5
Zum Zeitpunkt des Auftretens der Effloreszenz ist HSV-1 bereits in die peripheren
Endigungen sensibler und autonomer Nervenfasern eingedrungen und durch
axonalen Transport zum Ganglion trigeminale gelangt. Hier findet die Virusreplikation
zunächst noch in stärkerem Umfang statt, kommt aber nach einigen Tagen zur Ruhe,
wobei auch einige infizierte Neuronen eliminiert werden. Das Virus wird in den
erhaltenen Neuronen, von der zellulären und humoralen Immunabwehr unerreicht,
latent (Abb. 2.1). Da die zellulären Abwehrmechanismen die Virusantigene erkennen
und bekämpfen, breitet sich das Virus nicht lympho-hämatogen aus.
Abb. 2.1: Schema der Pathogenese einer Herpes simplex-Virus Typ 1-Infektion
(nach: Wolff,M.H.; Herpesviridae. In: Werner, H. (Hrsg.) Medizinische Mikrobiologie
mit Repetitorium. Berlin; de Gruyter Verlag 1991: 357-366)

2. Einleitung
6
2.2.2 Replikation und Latenz
HSV-1 repliziert sich in parabasalen und mittig liegenden Epithelzellen.
Histopathologische Untersuchungen zeigen eine Lyse der infizierten Zellen, lokale
Entzündungszeichen und die Entstehung von oberflächlichen dünnwandigen Blasen
auf der entzündeten Basisfläche. Die Vakuolisierung der Keratinozyten ist die erste
zytoplasmatische Veränderung der Zellen (Huff et aI., 1981).
Es bilden sich mehrkernige Zellen (Synzytien) mit ballonartiger Entartung
(zytopathischer Effekt), Ödem und charakteristischen intranukleären Einschlüssen.
Die gesamte Epidermis kann betroffen sein, wohingegen die Dermis immer von den
Veränderungen unberührt bleibt (Huff et al., 1981).
Als Latenz wird die Fähigkeit von HSV-1 bezeichnet, in sich nicht reproduzierendem
Zustand in den Nervenzellen zu überleben. Die HSV-DNA persistiert dort
extrachromosomal in zirkulärer Form in nur geringer Kopienzahl (Abb. 2.4).
Es gibt Hinweise darauf, dass einige Virione latent außerhalb des Nervensystems im
Epithel der Lippenschleimhaut und der Kornea der Augen verweilen (Spruance,
1996).
Die Nervenzelle scheint die einzige Zelle zu sein, die während der Primärinfektion
vollständig infektiöses Virus produziert, ohne in Zelllysis zu enden. Notkins und
Lopez vermuten, dass bei Rezidiven nur frühe virale Produkte in den Neuronen
produziert werden, und dass die endgültige virale Montage nach Übertragung des
Virus von Zelle zu Zelle, in den Epithelzellen stattfindet (Notkins, 1975; Lopez).
2.2.3 Reaktivierung
Bei vermutlich nur 1/3 der "Herpes-Patienten" werden Rezidive durch
unterschiedliche Reize (Triggerfaktoren) ausgelöst. Dies geschieht wahrscheinlich
über eine Veränderung der zellvermittelten Immunität (T-ZelIen, Langerhanszellen),
die dem Virus eine Replikation erlaubt (Spruance et al., 1995; Spruance, 1996;
Schmidt et al., 1985 und 1991).

2. Einleitung
7
Die Rezidive treten meist in Form von kleinen Bläschen auf, die die Hautbezirke des
maxillären und mandibulären Astes des Nervus trigeminus befallen. Betroffen sind
die Unterlippe stärker als die Oberlippe und zu 10 % periorale Bereiche. Eine
mögliche Erklärung dafür, warum bei Reaktivierung nicht mehr der lntraoralraum,
sondern die Lippen und der Perioralraum befallen sind, kann in der Wanderung der
Viren in andere Äste der Nerven vermutet werden.
Das Auftreten der Rezidiv-Läsionen an meistens der gleichen extraoralen Stelle
hängt von einer intakten Nervenbahn vom Ganglion zur Peripherie ab (Hill et al.,
1983). Oft wird von den Patienten ein Jucken, Kribbeln oder Brennen an der
betroffenen Stelle bemerkt (bei 40 - 60 %: Spruance, 1992), bevor sich dort ein mit
klarer Flüssigkeit gefülltes Bläschen zeigt. Diese ersten Symptome werden als
Prodromalstadium bezeichnet und können hilfreich für den rechtzeitigen
Therapiebeginn sein.
Während des Prodromalstadiums sind die Virusreplikationsrate bzw. die späteren
Schritte der Virusgenese lokal im Epithel am höchsten und verursachen eine
Nervenreizung bzw. das Kribbeln. Patienten, die das Prodromalstadium erleben,
haben schwerere Läsionen (Spruance, 1992), die aber sowohl durch frühzeitige als
auch durch spät begonnene chemotherapeutische Maßnahmen besser zur Heilung
zu bringen sind.
Spruance (1992) hat die sieben Stadien der Entwicklung einer klassischen Läsion
beschrieben, die sich folgendermaßen gliedert: ca. ½ Tag dauert das
Prodromalstadium, > 1 Tag das Bläschenstadium, < 1 Tag das Ulcus oder die weiche
Kruste, 5 1/2 Tage die feste Kruste und Schorf und 1-2 Tage der rote Fleck und die
noch bestehende Schwellung.
Während des Bläschenstadiums nimmt die Virusreplikation schon wieder stark ab;
das Virus geht in sein Latenzstadium im Ganglion über. Der Heilungsprozeß dauert
ohne Behandlung ca. 9-10 Tage. Der Abstand zwischen zwei Rezidiven kann
zwischen einigen Tagen und mehreren Jahren liegen. Die meisten Patienten leiden
jedoch 2-3 mal im Jahr an Herpes-Rezidiven (Shaw et al., 1985).

2. Einleitung
8
Laut Spruance erreichen 25 % der Rekurrenzen (subklinische Reaktivierungen) nach
dem Prodromalstadium nicht das Bläschenstadium und werden nicht zu einer Läsion.
Außerdem gibt es unterschiedliche Arten von Läsionen (Spruance, 1996).
Ob ein Individuum überhaupt an Rezidiven (subklinisch = Rekurrenz und klinisch =
Rekrudeszenz) leidet, hängt von der Art der Immunantwort auf die Primärinfektion ab
(Spruance, 1995). Eine TH2- Antwort, bei der Interleukin 4, 5 und 10 gebildet und die
Antikörperproduktion angeregt wird, kann späteren Rekurrenzen in der Haut oder im
Ganglion nicht vorbeugen. Eine TH1-Antwort dagegen induziert über Stimulation von
Lymphozyten die Bildung von Interleukin 2 (IL-2), y-lnterferon (IFN-`y) und Zytokinen,
die antivirale Wirkung haben und einen Schutz gegen die HSV-1-lnfektion und
Rezidive bilden (Spruance, 1995).
2.2.4 Triggerfaktoren
Eine Vielzahl von endogenen und exogenen Faktoren können als Stimuli die
Reaktivierung von latentem HSV-1 auslösen. Nach Häufigkeit geordnet (Spruance,
1992) sind dies:
- Emotionaler Stress
- Krankheit (Erkältung, Grippe, Fieber)
- Sonnenlichtexposition
- mechanische Manipulationen
- Erschöpfung, Müdigkeit
- Menstruation
- Spröde, aufgesprungene Lippen
- Wechsel der Jahreszeiten
Durch die Einwirkung eines oder mehrerer dieser Faktoren ändert sich die
immunologische Abwehr des Körpers. Psychischer Stress verändert zum Beispiel die
Ausschüttung von Steroidhormonen der Nebennierenrinde (Aldosteron, Kortisol,
Androgene) und Hormonen des Nebennierenmarks (Adrenalin), was einen Effekt auf
die Lymphokinausschüttung durch die T-Zellen haben kann.

2. Einleitung
9
Die Sonnenlichtexposition kann zur Erschöpfung des ,,nerve growth factors", zur
Änderung der Prostaglandinsynthese, zur Verminderung der Antigen-Präsentation
durch die Langerhans-Zellen, zur Bildung von T-Suppressorzellen oder zur
Veränderung der DNA-Reparaturfunktion führen.
Nach Sonnenlichtexposition treten Rezidive meist schneller (48 h) auf, als z.B. nach
einem chirurgischen Eingriff an den trigeminalen Endästen (3-6 Tage). Da aber für
die Reaktivierung des Virus bis zur Ausbreitung in benachbart liegende Epithelzellen
der Zielregion eher 3-6 Tage gebraucht werden, liegt durch Sonnenlicht
reaktivierbares Virus (wahrscheinlich als Folge ständiger Reproduktion in den
Ganglien) in den Epithelzellen vor (Spruance, 1996).
Es besteht eine signifikante Assoziation zwischen Trigeminusneuralgie,
Parästhesien, Fazialislähmung und HSV-1.
2.4.5 Therapie
1980 wurden die synthetischen Acycloguanosin-Virostatika etabliert. Dazu gehören
Acyclovir, Famcyclovir, Valacyclovir und Pencyclovir.
Diese Nukleotidanaloga sind Derivate der DNA-Base Guanin und wirken selektiv
hemmend auf die Replikation und Synthese der viralen DNA.
Der wegen seiner geringen Toxizität am häufigsten lokal und auch systemisch
eingesetzte Wirkstoff Acyciovlr (ACV) penetriert bevorzugt die HSV-infizierten Zellen.
Er wird durch die virale Thymidinkinase zu Acyclovir-Monophosphat phosphoryliert,
welches nun durch eine zelluläre Kinase zum Triphosphat weiter umgesetzt wird.
Dieses wird in die virale DNA eingebaut und behindert als ,,falsches Nukleotid" die
Elongation der Virus-DNA während der Synthese.
In Abwesenheit von Virus und damit der viralen Thymidin-Kinase wird Acyclovir,
wenn es zum Beispiel oral zur Prophylaxe verabreicht wird, nicht phosphoryliert und
liegt somit in inaktivem Zustand vor. Die hohe Selektivität des Medikamentes bedingt
seine für den Organismus geringe Toxizität.

2. Einleitung
10
Die Reaktivierung des Virus kann aber nur symptomatisch oder prophylaktisch
behandelt werden, nicht jedoch das Virus aus seinem latenten Zustand eliminiert
werden.
Die orale bzw. systemische Therapie mit Acyclovir (2 x 400 mg/d) ist der Prävention
eines Ausbruchs von Herpes labialis besonders bei immunsupprimierten Personen
vorbehalten.
Eine klinische Studie mit dem Therapeutikum Pencyclovir in 1%iger Konzentration
ergab eine gute Heilungswirkung bei lokaler Anwendung in immunkompetenten
Personen in allen Reaktivierungsstadien. Die biochemische Vorstufe davon ist
Famcyclovir, welches zur Behandlung von HSV-2 und VZV eingesetzt wird
(Spruance et al., 1997).
2.3 Ziel der Arbeit
Klinische und subklinische Reaktivierungsprozesse von Herpesviren ­ insbesondere
von HSV-1 ­ sind in der Vergangenheit immer wieder in klinischen Forschungen
thematisiert worden. Dabei besteht ein wichtiger Teilaspekt in der Abschätzung und
Eindämmung der von ihnen ausgehenden Infektionsgefahr.
Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung ist bei der Ausübung der zahnärztlichen
Tätigkeit besonders erhöht, da sich das Erkrankungsbild im oro-facialen Bereich
manifestiert. Ferner sind sowohl psychischer Stress als auch mechanische
Manipulation Triggerfaktoren von HSV-1-Reaktivierungen.
Ziel der vorliegenden Studie ist es aufzuklären, inwieweit die zahnärztliche Tätigkeit
als Triggerfaktor für klinische und subklinische Reaktivierung des HSV-1 in der
Mundhöhle bei immunkompetenten Personen zu werten ist. Ferner soll in diesem
Zusammenhang aufgezeigt werden, ob Interdependenzen zwischen der
Reaktivierungshäufigkeit und anamnestischen Rekrudeszenzen (= klinische
Reaktivierungen) vorliegen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2010
ISBN (PDF)
9783863415433
ISBN (Paperback)
9783863410438
Dateigröße
745 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Donau-Universität Krems - Universität für Weiterbildung
Erscheinungsdatum
2011 (Juli)
Note
1
Schlagworte
Herpes-Simplex-Virus Typ1 HSV1 Rekrudeszenzen Rekurrenzen Zahnärztliche Manipulation

Autor

Dr. Christoph Thiemann, M.Sc. wurde nach dem Studium der Humanmedizin und der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Universität Witten/Herdecke 2006 zum Zahnarzt approbiert. Während des Studiums war er zwei Jahre als Studentischer Senator der Universität Witten / Herdecke tätig. 2007 erfolgte die Promotion am Institut für Mikrobiologie und Virologie der Universität Witten/Herdecke. Nach Aufenthalten an der School of Dental Medicine - University of Pennsylvania (Philadelphia, USA) und der School of Dental Medicine - Harvard University (Boston, USA), absolvierte er seine seine Assistenzarzttätigkeit in der Gemeinschaftspraxis und Privatzahnklinik Unna. Seit 2009 ist er in einer Praxis für Mund- Kiefer- Gesichtschirurgie in Dortmund tätig und erhielt die Weiterbildungsbestätigung in Fach- und Sachkunde für digitale Volumentomografie am International Medical College Münster. Nach dem postgradualen universitären Master-Studium an der Donau-Universität Krems wurde er 2010 zum Master of Science Orale Chirurgie / Implantologie ernannt. Dr. Thiemann, M.Sc. ist Autor von nationalen und internationalen Veröffentlichungen und Kongreßbeiträgen und seit 2010 als Referent auf dem Gebiet der Hygiene in der Zahnheilkunde tätig. Seit 2011 hat er eine Visiting-Professur an der an der Danube Private University (DPU) – Fakultät Medizin/Zahnmedizin, Krems übernommen und besitzt einen Lehrauftrag an der Universität Witten/Herdecke.
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Titel: Die Interdependenz zwischen zahnärztlicher Behandlung und Herpesreaktivierung
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