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Corporate Social Responsibility als Instrument der strategischen Unternehmensführung – Eine ökonomische Analyse von Unternehmen aus Industrieländern und China

©2010 Diplomarbeit 75 Seiten

Zusammenfassung

Die Frage der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen - Corporate Social Responsibility (CSR) - erlangt nicht nur in Industrieländern immer größere Bedeutung. Infolge der zunehmenden Globalisierung und sich verringernder staatlicher Einflussnahmemöglichkeiten sowie sich häufender Unternehmensskandale verstärken Regierungen, internationale- und Umweltorganisationen, Verbraucherschutzgruppen und Medien ihren Druck auf transnationale Unternehmen, gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen. Unternehmen, die ihre ökologisch-sozialen Auswirkungen auf die Gesellschaft ignorieren, geraten in Schwierigkeiten.
Ratingagenturen bewerten die gesellschaftliche Verantwortung von börsenorientierten Unternehmen. Ökologisch-ethische Investmentfonds finden immer mehr Anklang bei Anlegern. CEOs von globalen Unternehmen erklären die steigende ökologisch-soziale Verantwortung zur wichtigen unternehmerischen Herausforderung. Corporate Governance Richtlinien veranlassen börsenorientierte Unternehmen dazu, in ihren Geschäftsberichten auch auf gesellschaftliche, ökologische und soziale Belange einzugehen.
Andererseits gibt es eine wissenschaftliche Debatte zur Sinnhaftigkeit, Legitimität und zum Stellenwert von unternehmerischen CSR-Aktivitäten. Strittig ist, ob die Profitmaximierung das einzige Ziel von Unternehmen sein darf. Auch die Frage, wie sich CSR-Aktivitäten auf den Erfolg von Unternehmen auswirken, ist bisher nicht eindeutig beantwortet worden.
Die vorliegende Arbeit nimmt eine ökonomische Analyse vor und wertet die internationale Literatur aus. Das Schwellenland China wurde wegen seiner steigenden Bedeutung für die deutsche und die Weltwirtschaft als Vergleichsland zu den Industrieländern gewählt. Perspektiven und Kriterien zur Beurteilung von strategischen CSR-Ansätzen aus unterschiedlicher Stakeholder Sicht werden analysiert. Als Fazit der Untersuchung werden praxisnahe Handlungsanweisungen abgeleitet.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Methodisches Vorgehen und Gang der Untersuchung

2 Begriffliche und theoretische Grundlagen
2.1 Charakteristika strategischer Unternehmensführung
2.2 Charakteristika nachhaltiger oder ökologisch-sozial ausgerichteter Unternehmensführung
2.3 Risiko-Rendite-Trade off als Erfolgsmaßstab
2.4 Rechtliche Rahmenbedingungen

3 Ist CSR ein gleichrangiges Ziel zum Risiko-Rendite-Trade off?
3.1 Mögliche Beurteilungsperspektiven und -kriterien
3.2 Auswahl der Gesichtspunkte
3.2.1 Aus der Perspektive institutioneller Investoren
3.2.2 Aus der Kundenperspektive
3.2.3 Aus der Zuliefererperspektive
3.2.4 Aus der NGO-Perspektive
3.2.5 Aus der Gesetzgeberperspektive
3.3 Konfligierende und harmonische Beziehungen zwischen den Perspektiven

4 Fazit

Literaturliste

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Kategorien von unterschiedlichen CSR-Regulierungsräumen

Tab. 2: Zusammenhang zwischen Risiko-Rendite-Trade off und Nachhaltigkeitsperformance

Tab. 3: Ranking der Nachhaltigkeitsberichte 2009 – die zehn Besten

Tab. 4: CSR-Maßnahmen im Umwelt- und Sozialbereich und fiktive Reaktionen der Stakeholder

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Träger, Prozess und Gegenstände strat. Unternehmensführung

Abb. 2: Mögliche Zusammenhänge zwischen CSR und Risiko-Rendite-Trade off

Abb. 3: Ganzheitliche Messung des Unternehmenserfolges

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

1.1 Problemstellung

Seit Anfang der 90er Jahre erlangt die Frage der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, der der Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) zugeordnet wird, in Wirtschaft und Gesellschaft nicht nur in Industrieländern immer größere Bedeutung. Infolge der zunehmenden Globalisierung und sich verringernder staatlicher Einflussnahmemöglichkeiten sowie sich häufender Unternehmensskandale, wie z. B die Finanz- und Korruptionsskandale von Enron, Parmalat, Worldcom, Leman Brothers, Siemens, der frühere Umweltskandal der Union Carbide Corporation in Bophal oder der kürzliche Umweltskandal von BP im Golf von Mexiko sowie die Fälle verseuchter Milch der japanischen Firma Snow Brand oder der chinesischen Sanlu Group (Melamin-Skandal), verstärken Regierungen, internationale Organisationen, Umweltorganisationen, Verbraucherschutzgruppen und Medien ihren Druck auf transnational arbeitende Unternehmen, gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen. Unternehmen, die ihre ökologisch-sozialen Auswirkungen auf die Gesellschaft ignorieren, geraten in große Schwierigkeiten, wie die Beispiele der Asbestindustrie und von Monsanto belegen (Fiori et al. 2007, S. 14).

Grundgedanke ist dabei, dass Unternehmen nicht losgelöst von der Gesellschaft beurteilt, sondern als Teil dieser Gesellschaft betrachtet werden müssen. Unternehmen erwarten gesellschaftliche Leistungen (Infrastruktur, ausgebildete Arbeitskräfte, Forschungsförderung, Rechtssicherheit) und sollten sich deshalb auch als soziale Akteure verantwortlich fühlen. Auch wenn keine Verfehlungen gegen gesetzliche Bestimmungen vorlägen, müssten sie für ihre Einwirkungen auf die Gesellschaft (externe Effekte) Verantwortung tragen. Durch freiwillige Engagements könnten sie auf bestehende oder sich abzeichnende gesellschaftliche Probleme antizipierend Einfluss nehmen (Loew et al. 2004, S. 47).

Ratingagenturen, deren Zahl sich im letzten Jahrzehnt stark erhöht hat (Scalet und Kelly 2009, S. 69), bewerten die gesellschaftliche Verantwortung von börsenorientierten Unternehmen und nehmen dadurch Einfluss auf Investoren- und Konsumentenentscheidungen. Der Anteil von Konsumenten in Europa, der bei seinen Kaufentscheidungen CSR-Aspekte berücksichtigt, stieg allein zwischen 1999 und 2001 von 36% auf 62% (Becchetti und Ciciretti 2006, S. 2). Ökologisch-ethische und an einer nachhaltigen Unternehmensführung ausgerichtete Investmentfonds finden immer mehr Anklang bei Anlegern. 2006 wurde bereits einer von zehn investierten Dollars in diese Fonds investiert. Diese Fonds haben einen Wert von 2,3 Mrd. USD, was einem Anteil von rd. 10% am Gesamtinvestitionsvolumen in den USA entspricht (Heslin und Ochoa 2008, S. 125). 64% der Fortune Global 500 Unternehmen berichten regelmäßig in CSR-Reports über ihre wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Leistungen.

Bereits Mitte diesen Jahrzehnts erklärten Chief Executive Officers (CEOs) von 750 globalen Unternehmen die steigende ökologisch-soziale Verantwortung zur zweitwichtigsten unternehmerischen Herausforderung für die Zukunft (Morimoto et al. 2005, S. 315). Eine aktuelle und die bisher weltweit größte Untersuchung zu dieser Thematik kommt zum Ergebnis, dass gegenwärtig über 90% der CEOs davon ausgehen, dass Nachhaltigkeit ihr Kerngeschäft in den nächsten fünf bis zehn Jahren dominieren wird (Accenture/UN Global Compact 2010, S. 13). Corporate Governance Richtlinien veranlassen börsenorientierte Unternehmen dazu, in ihren Geschäftsberichten auch auf gesellschaftliche, ökologische und soziale Belange einzugehen. Nahezu 2000 global agierende Unternehmen erstellen Berichte über ihre CSR-Aktivitäten und über 2300 Firmen aus über 80 Ländern beteiligen sich am UN Global Compact (Scalet und Kelly 2009, S. 69f.), einem Pakt, in dem sich Unternehmen gegenüber der UNO zur weltweiten Einhaltung von sozialen und ökologischen Mindeststandards verpflichten.

Allerdings gibt es eine wissenschaftliche Debatte zur Sinnhaftigkeit, Legitimität und zum Stellenwert von unternehmerischen CSR-Aktivitäten. Strittig ist insbesondere die konkrete Rolle von Unternehmen in der Gesellschaft und die Frage, ob die Profitmaximierung das einzige Ziel von Unternehmen sein darf (Tsoutsoura 2004, S. 2). Auch die Frage, wie sich CSR-Aktivitäten auf den Erfolg von Unternehmen auswirken, ob sie z. B. den Aktienkurs bzw. Shareholder Value erhöhen und damit die Integration von CSR in die strategische Unternehmensführung zum „Business Case“ machen, ist bisher nicht eindeutig beantwortet worden.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Beantwortung folgender Fragen:

- Kann die Hypothese, wonach CSR nicht nur aus gesellschaftlichen sondern auch aus ökonomischen Gründen notwendig oder sinnvoll ist (CSR als Business Case) bestätigt werden?
- Kann CSR ein gleichrangiges Ziel zum ökonomischen Gesamterfolg des Unternehmens, gemessen am Risiko-Rendite-Trade off, sein?

1.2 Methodisches Vorgehen und Gang der Untersuchung

Die Arbeit nimmt eine ökonomische Analyse vor und wertet die nationale und internationale Literatur zum Thema aus. Sie beruht im empirischen Teil auf sekundärstatistischem Material aus länder- bzw. branchenübergreifenden Studien aus Industrieländern und dem Schwellenland China. Das Schwellenland China wurde wegen seiner steigenden Bedeutung für die deutsche und die Weltwirtschaft als Vergleichsland zu den Industrieländern gewählt. Obwohl die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen in Deutschland eine lange Tradition hat, sind Fragen der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen in deutschen wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten stark unterrepräsentiert. Einführende Lehrbücher der Betriebswirtschaftslehre beschäftigen sich mit diesem Thema kaum und die deutsche betriebswirtschaftliche Forschung hierzu – im Gegensatz zum anglo-amerikanischen Sprachraum – hinkt hinterher (Schwalbach 2008, S. X; Loew et al. 2004, S. 45) bzw. ist stark normativ und wenig empirisch ausgerichtet. Außerdem wurde der Beitrag der Unternehmen zu ökologischen, sozialen und gesellschaftlichen Fragen bislang in Deutschland unter dem Begriff der „Nachhaltigkeit“ abgehandelt (Loew et al. 2004, S. 40). Dies wandelt sich erst seit kurzer Zeit. Deshalb muss in der Arbeit weitgehend auf internationale Literatur zurückgegriffen werden.

In Kapitel 2 werden zunächst die begrifflichen und theoretischen Grundlagen des Themas dargestellt, denn der Begriff CSR wird nach wie vor noch unterschiedlich benutzt. Kapitel 3 diskutiert die Perspektiven und Kriterien zur Beurteilung von strategischen CSR-Ansätzen aus unterschiedlicher Stakeholder Sicht und wertet die dazu vorliegenden empirischen Studien aus verschiedenen Industrieländern und dem Schwellenland China aus. Kapitel 4 fast die wichtigsten Ergebnisse zusammen und zieht Schlussfolgerungen aus der Gesamtanalyse.

2 Begriffliche und theoretische Grundlagen

2.1 Charakteristika strategischer Unternehmensführung

Unabhängig vom zugrunde gelegten Management Konzept, dem Shareholder Value Ansatz von Rappaport (1999), dem Stakeholder Ansatz von Freeman und Reed (1983) oder den Strategischen Management Ansätzen von Chandler (1962), Ansoff (1966), Andrews (1971), sowie ebenfalls unabhängig von der grundsätzlichen Dreiteilung (strategisch, taktisch, operativ) oder einer Zweiteilung der Unternehmensebenen (strategisch, operativ), wie in der englischsprachigen Literatur, wird der Begriff der „strategischen Unternehmensführung“ in allen Unternehmenskonzepten ähnlich definiert.

Anhand von empirischen Befunden von Gemünden (Gemünden 1983, S. 49ff.) filtern Macharzina und Wolf folgende konstitutiven Merkmale zur strategischen Unternehmensführung heraus:

- Entscheidungen mit Grundsatzcharakter, die weiteren Entscheidungsbedarf auslösen und Folgeentscheidungen eingrenzen.
- Entscheidungen mit hoher Bindungswirkung oder Irreversibilität, z. B. eine grundlegende Umorganisation eines Unternehmens.
- Entscheidungen, die das Gesamtunternehmen betreffen, z. B. Unternehmens-grundsätze.
- Entscheidungen, die hohe Folgekosten auslösen, z. B. Unternehmensbetei-ligungen.
- Entscheidungen, die immateriell wertbeladen sind, d. h. gesellschaftliche Auswirkungen haben, z. B. Produktionsverlagerungen.
- Entscheidungen, die einen geringen Strukturierungsgrad haben, d. h. das zu lösende Problem nicht genau einschätzbar ist, z. B. die Wahl einer Markteintrittsstrategie für schwierige Märkte (z. B. China) (Macharzina und Wolf 2008, S.40ff.).

Zusammengefasst definieren sie strategische Unternehmensführung „als die Gesamtheit derjenigen Handlungen der verantwortlichen Akteure (...), die die Gestaltung und Abstimmung (Koordination) der Unternehmens-Umwelt-Interaktion im Rahmen des Wertschöpfungsprozesses zum Gegenstand haben“ (Macharzina und Wolf 2008, S.44). Allgemeiner aber inhaltlich vergleichbar definieren Welge und Al-Laham, die unter strategischer Unternehmensführung die grundsätzliche, langfristige Verhaltensweise oder Maßnahmenkombination der Unternehmung und seiner relevanten Teilbereiche gegenüber ihrer Umwelt zur Realisierung der langfristigen Ziele verstehen (Welge und Al-Laham 2003, S.16f.).

Ähnlich sieht es Hahn, für den strategische Unternehmensführung darin besteht, die grundsätzlichen Entscheidungs-, Planungs-, Steuerungs- und Kontrollfunktionen verbunden mit einem spezifischen Führungsverhalten vorzunehmen (Hahn 2006, S. 29ff.). Strategische Überlegungen sind für ihn jene, die für die Vermögens- und Ertragsentwicklung des Unternehmens von besonderer Wichtigkeit sind, aus dem unternehmerischen Gesamtzusammenhang entschieden werden müssen, von der obersten Führungsebene zu entscheiden sind, in der Regel Langfristwirkung entfalten sowie selten anfallen.

Bei strategischer Unternehmensführung geht es um meist regelkreisförmig ablaufende, multipersonale und mehrstufige Prozesse der Informationsverarbeitung, Willensbildung und Willensdurchsetzung dafür befugter Personen gegenüber anderen Personen unter Übernahme der entsprechenden Verantwortung. Die strategischen Vorgehensweisen zu grundsätzlichen Problemen des Unternehmens erfolgen unter Festlegung anzustrebender Ziele oder unter Beachtung bereits feststehender Zwecke und Ziele.

Abbildung 1 stellt den Prozess der strategischen Führung nach Hahn und Taylor anhand eines generellen Führungsprozesses dar, der sowohl einmalig und projektbezogen als auch zyklisch wiederkehrend ablaufen kann. Die internen und externen Willensbildungszentren des Unternehmens fällen strategische Entscheidungen und sorgen für dessen Umsetzung. Aus institutioneller Sicht sind solche spezifischen Personen oder Personengruppen Träger der strategischen Führung. Träger sowie Prozesse der strategischen Führung werden in ihren Handlungen und Ausprägungen maßgeblich durch Prognosen von Umweltchancen und -risiken sowie Unternehmensstärken und Unternehmensschwächen beeinflusst.

Als Gegenstand der strategischen Führung lässt sich die Unternehmensphilosophie als gemeinsame und abgestimmte Wertvorstellung, die generelle Zielplanung, die Geschäftsfeld-, Funktionsbereichs- und Regionalstrategie, die Führungssystemplanung sowie Organisations-, Rechtsform- und Rechtsstrukturplanung identifizieren. Die Unternehmenskultur, verstanden als die Gesamtheit von Grundannahmen, Wertvorstellungen und Verhaltensnormen (Keuper 2001, S.48), sowie alle anderen Gegenstände der strategischen Führung beeinflussen die internen Willensbildungszentren sowie das Leitbild der Unternehmung genauso wie umgekehrte Wirkungsbeziehungen bestehen.

Abb. 1: Träger, Prozess und Gegenstände strat. Unternehmensführung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Strategische Unternehmensführung wird im Folgenden im Sinne der Definitionen von Macharzina und Wolf sowie Hahn verwendet.

2.2 Charakteristika nachhaltiger oder ökologisch-sozial ausgerichteter Unternehmensführung

Im Gegensatz zum Begriff der „strategischen Unternehmensführung“ ist der Begriff der „nachhaltig oder ökologisch-sozial ausgerichteten Unternehmensführung“ weit weniger eindeutig gefasst. Dies liegt in der Natur der Sache, denn die Zukunftseinschätzungen zu nachhaltigem oder ökologisch-sozialem Unternehmenshandeln sind extrem vielfältig und differieren je nach Kenntnisstand bzw. politisch-gesellschaftlicher Einstellung (z. B. halten einige die Atomenergie für umweltschonend während andere sie für unverantwortbar einschätzen). Darüber hinaus sind Unternehmen in einer Marktwirtschaft oft gezwungen, bei sich verändernden Marktlagen kurzfristig unpopuläre Entscheidungen zu treffen, z. B. Abteilungen zu schließen, Personal zu entlassen, Teile der Produktion zu verlagern oder Preise zu erhöhen, um langfristig am Markt bestehen zu können bzw. um zukünftig größeren Erfolg zu haben. Deshalb ist es oft leichter, CSR negativ zu konkretisieren, d. h. dafür zu sorgen, dass Unternehmensaktivitäten nicht die Menschenrechte und Sozialstandards verletzen, die Umwelt schädigen oder Geschäfte aufgrund von Korruption oder Preisabsprachen zustande kommen. So verstanden besteht die Aufgabe der Unternehmensführung darin, die Kosten einer kurzfristigen Profitminderung in wertschaffende Zukunftsinvestitionen umzuwandeln (Lin-Hi 2008, S. 9). Jedes Unternehmen muss diese Faktoren aus seiner spezifischen Sicht und Marktlage gesondert beurteilen.

Gemäß dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, das die Brundtland-Kommission aufgestellt hat, ist eine Entwicklung nachhaltig, wenn „sie die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“ (Hauff 1987, S. 46). Eine nachhaltige Entwicklung muss demnach soziale, ökologische und ökonomische Anforderungen gleichzeitig berücksichtigen. Dies gilt für die Gesellschaft insgesamt und für Unternehmen.

Die wissenschaftliche Diskussion über den Verantwortungsbereich von Unternehmen in der Gesellschaft wurde lange Zeit kontrovers geführt. Erst im laufenden Jahrzehnt ist es gelungen, eine weitgehend akzeptierte Definition für die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, die nach Schwalbach in der Regel mit den Begriffen Corporate Social Responsibility (CSR), Corporate Responsibility (CR) oder Corporate Citizenship (CC) gleichgesetzt wird, zu erzielen (Schwalbach 2008, S. VIII). Unterschiedliche Bewertungen von CSR-Aktivitäten beruhen daher heute weniger auf differierenden Definitionen zu CSR sondern sind der Tatsache geschuldet, dass CSR-Programme je nach spezifischem Umfeld des Unternehmens gestaltet und in die Unternehmensstrategie einbezogen werden müssen (Dahlsrud 2008, S. 6). Im Folgenden wird der Einfachheit halber nur der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) als Synonym für gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen oder für nachhaltige, ökologisch-sozial orientierte strategische Unternehmensführung benutzt.

Die begrifflichen Unterschiede und Sichtweisen zu CSR kommen besonders klar in den gegensätzlichen Definitionen von Friedman und Carroll zum Ausdruck. Für Friedman besteht die soziale Verantwortung von Unternehmen darin, so viel Gewinn wie möglich zu erzielen: „there is one and only one social responsibility of business – to use its resources and engage in activities designed to increase its profits so long as it stays within the rules of the game, which is to say, engages in open and free competition without deception or fraud“ (Friedman 1970, S. 32). Noch prononcierter stellt Friedman fest: „Few trends could so thoroughly undermine the very foundations of our free society as the acceptance by corporate official of a social responsibility other than to make as much money for their stockholders as possible. This is a fundamentally subversive doctrine.“ (Friedman 1962, S. 133). An dieser Stelle ergeben sich starke Parallelen zu Hayeks Kritik an „sozialer Gerechtigkeit“ (Hayek 1976, S. 62ff.). Ein aktueller Vertreter der Friedman’schen Auffassung ist z. B. Portney, der ebenfalls empfiehlt, statt Gelder für CSR-Aktivitäten aufzuwenden lieber die Ausschüttung an die Aktionäre zu erhöhen, so dass letztere dann selber über zusätzliche gute Taten entscheiden könnten (Portney 2008, S. 274).

Um Friedman’s Position und die seiner Anhänger zu verstehen, muss hinzugefügt werden, dass er von einer liberalen Gesellschaft als „guter Gesellschaft“ ausgeht und unterstellt, dass funktionierende Märkte vorliegen und der Staat für die richtigen Rahmensetzungen und ihre Einhaltung sorgt (Suchanek 2005, S. 3f.). Friedman schließt sich mit dieser Einschätzung Adam Smith an, der formulierte: „It is not from the benevolence of the butcher, the brewer, or the baker that we expect our dinner, but from their regard to their own interest“ (zitiert nach: Heal 2005, S. 387). Große Technologiekonzerne wie Apple, Intel und Microsoft haben mit dieser Unternehmensphilosophie in der Vergangenheit viel Geld verdient, viele Arbeitsplätze geschaffen und damit viel Gutes für die Gesellschaft getan. In anderen Branchen, in denen Unternehmensinteressen und die Interessen der Gesellschaft auseinander fallen, z. B. in der Tabakindustrie, die die Gesundheit der Konsumenten stark schädigt oder der Öl- und Autoindustrie, die die Umwelt schädigen und das Klima beeinträchtigen, stimmen private und soziale Kosten nicht überein. In diesen Fällen reicht der Markt als Steuerungselement nicht aus und es entstehen Konflikte zwischen Wirtschaft und Gesellschaft. Konflikte können auch über Arbeitsbedingungen entstehen, die als unfair eingeschätzt werden, wenn z. B. Teile der Wertschöpfungskette in Entwicklungs- oder Schwellenländer ausgelagert werden. In allen Fällen von Inkonsistenzen zwischen Unternehmensprofiten und sozialen Kosten kommt deshalb CSR als Teil der strategischen Unternehmensführung in Frage (Heal 2005, S.388).

Den Gegenpol zu Friedman bildet die CSR-Definition von Carroll: „(...) the social responsibility of business encompasses the economic, legal, ethical, and discretionary expectations that society has of organizations at a given point in time“ (Carroll 1979, S. 497). Im Laufe der Jahre hat er diese Definition zu einer Verantwortungspyramide weiterentwickelt, die vier Ebenen der unternehmerischen Verantwortung unterscheidet:

1. Die ökonomische Basisverantwortung als Voraussetzung für langfristige Profitabilität
2. Die Einhaltung und Befolgung der Gesetze als Voraussetzung für die Existenz eines Unternehmens.
3. Die ethische Erwartung der Gesellschaft an Unternehmen, das zu tun, was richtig und gerecht ist.
4. Die philanthropische Verantwortung als Wunsch der Gesellschaft, dass Unternehmen „gute Bürger“ („good corporate citizens“) sein sollen, die sich ihren Möglichkeiten entsprechend in die Gemeinschaft einbringen.

Obwohl es auch gegenwärtig noch immer eine Fülle unterschiedlicher Definitionen gibt, können die meisten letztlich auf fünf Dimensionen unternehmerischen Handelns zurückgeführt werden. Dies sind:

- die Umweltdimension,
- die soziale Dimension,
- die ökonomische Dimension,
- die Stakeholder Dimension und
- die Dimension der Freiwilligkeit.

Insofern sind die vorliegenden Definitionen zwar sprachlich unterschiedlich, von ihrer Bedeutung her dennoch weitestgehend kongruent (Dahlsrud 2008, S. 6). Die prägnanteste Definition für CSR, die sich weitestgehend auch international durchgesetzt hat, stammt von der EU und lautet: „A concept whereby companies integrate social and environmental concerns in their business operations and in their interaction with their stakeholders on a voluntary basis“ (EU-Kommission 2001, S. 6). Dieser Ansatz ist als „triple bottom line“ (EU-Kommission: 27.06.2002), d. h. als gleichzeitige Berücksichtigung von ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekten in die Literatur und Praxis eingegangen. Ganz ähnlich definiert der Dow Jones Sustainability Index CSR: „A business approach that creates a long-term shareholder value by embracing opportunities and managing risks deriving from economic, environmental and social developments“ (Crawford und Scaletta 2005, S. 20). Auch die CSR-Interpretationen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) (BDI o.D.), der britischen Regierung, des International Business Leaders Forum (IBLF), des Business for Social Responsibility (BSR), ein globales Netzwerk von 250 weltweiten Mitgliedsunternehmen zur Entwicklung nachhaltiger Unternehmensstrategien und von van Marrewijk (van Marrewijk 2003, S.96f.) übernehmen im Kern diese fünfdimensionale Definition (Dahlsrud 2008, S. 7ff.). Damit hat sich die Sichtweise von Carroll, konkretisiert durch die spezifischen Dimensionen von CSR durchgesetzt, was insbesondere dadurch zum Ausdruck kommt, dass einer der einflussreichsten und ältesten Kritiker der CSR-Bewegung, die Zeitschrift The Economist, ihre Bewertung kürzlich den Realitäten in Wirtschaft und Gesellschaft angepasst hat und nun urteilt: „Corporate social responsibility, once a do-gooding sideshow, is now seen as mainstream (...) Done well, (CSR, d. Verf.) is not some separate activity that companies do on the side, a corner of corporate life reserved for virtue: it is just good business“ (Franklin 2008, S. 3,6).

Diese weitgehende definitorische Übereinstimmung findet auch in der Praxis ihren Niederschlag. Zunehmend wird der Finanzmarkt von Socially Responsible Investments, der mittlerweile über drei Mrd. USD beträgt, mit Hilfe von Ratingkonzepten der Banken und Ratingagenturen über Nachhaltigkeitschancen und -risiken informiert (Schoenheit et al. 2006, S. 35; Marquez und Fombrun 2005, S. 304; Scalet und Kelly 2009, S. 70). Unternehmenstests berichten über Herstellungsbedingungen und nachhaltige Produkte und Unternehmen informieren ihre Stakeholder über CSR-Aktivitäten. Deshalb ist de Colle nicht zuzustimmen, wenn er in seiner Untersuchung über CSR-Management Standards in Europa zum Ergebnis kommt, dass in der EU kein konsensfähiges CSR-Grundverständnis existiert, um Unternehmen einen konkreten Handlungsrahmen für CSR-Aktivitäten zu bieten (de Colle 2005, S.37ff.). Diese Kritik gilt eher für Schwellenländer, wenn z. B. westliche Markenartikelhersteller von chinesischen Textilzulieferern erwarten, dass sich diese nach unterschiedlichen Sozial- und Ökostandards mehrfach zertifizieren lassen. Die chinesische Ankündigung, eigene Standards zu entwickeln, könnte hier Abhilfe schaffen.

Die Internationale Normungsorganisation (ISO) versucht seit 2004 auf internationaler Ebene das Verständnis für CSR zu konkretisieren und in einer ISO-Leitlinie 26000, an der auch China und Brasilien als Schwellenländer mitarbeiten, zu verankern. Neben Schweden spielt Japan hierbei eine besonders aktive Rolle (Schoenheit et al. 2006, S. 35). Dem potentiellen Vorteil eines einheitlichen Grundverständnisses von CSR durch eine ISO-Norm 26000 steht allerdings ein möglicher Nachteil gegenüber, nämlich der, dass eine zu einengende Festlegung von CSR die Freiheitsgrade der Unternehmen in unterschiedlichen Wirtschafts- und Kulturräumen, einzelnen Branchen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten bzw. Entwicklungsstadien, zu sehr beschränkt (Schoenheit et al. 2006, S. 35). Im September 2010 haben 66 von 99 an der Erarbeitung der Leitlinie beteiligten Ländern die ISO-Norm 26000 zur „Social Responsibility“ verabschiedet. Zu den Befürwortern der Leitlinie gehörten u.a. China, Japan, Brasilien, Südafrika, die skandinavischen Länder, Frankreich, Großbritannien und Italien. Fünf Länder stimmten dagegen, darunter die USA, Indien und Kuba. Deutschland enthielt sich der Stimme, da die Gewerkschaften geschlossen gegen den Entwurf votierten, was gemäß den Statuten der DIN zur Stimmenthaltung führte, obwohl die Stakeholder Regierung, NGO, Verbraucher, Wissenschaft für die Leitlinie stimmten und nur die Bank der Wirtschaft sich enthielt. Schoenheit prognostiziert, dass die ISO 26000 neben der ILO-Konvention und dem Global Compact zum wichtigsten Referenzdokument für internationale CSR-Diskussionen wird (Schoenheit 29.10.2010). Wieland charakterisiert die Leitlinie als Rahmen, „global akzeptierte Standards guten Organisationsverhaltens zu definieren“ und sieht in ihr einen wichtigen Beitrag gegen das Institutions- und Organisationsdefizit der Globalisierung (CSR-News.Net 30.9. 2010).

Die ISO 26000 geht von 7 Grundprinzipien der sozialen Verantwortung aus:

- Rechenschaftspflicht,
- Transparenz,
- ethisches Verhalten,
- Beachtung der Bedürfnisse der Stakeholder (Industrie, Regierung, NGO (Non-Governmental Organization), Gewerkschaften, Konsumenten, Wissenschaft/Berater,
- Rechtsstaatlichkeit,
- Achtung internationaler Verhaltensnormen,
- Achtung der Menschenrechte.

Die Norm definiert grundlegende Anforderungen für glaubhafte soziale Verantwortung von Unternehmen und NGOs in den Feldern Prinzipien der Unternehmensführung, Menschenrechte, Arbeitspraktiken, Umwelt, faire Handlungsweisen, Verbraucherfragen und Beteiligung an der Gemeinschaft (TÜV SÜD o. D.). Sie ist eine freiwillig anzuwendende Richtlinie und dient nicht der Zertifizierung. Da die wesentlichen Dimensionen der CSR-Definition der EU sich auch in der ISO 26000 wiederfinden, wird für diese Untersuchung die EU Definition zugrunde gelegt.

Damit die Stakeholder und Ratingagenturen CSR-Aktivitäten der Unternehmen bewerten können, bedarf es standardisierter Berichtssysteme. Ob diese universell oder sektorspezifisch sein sollten, ist umstritten. Frynas hält sektorspezifische Ansätze wie in der Öl- und Gasindustrie (Oil and Gas Industry Guidance on Voluntary Sustainability Reporting) und der Bergbau- und Metallindustrie (ICMM Sustainable Development Framework) für erfolgversprechender (Frynas 2009, S. 168,172).

Es gibt verschiedene internationale Ansätze, die Unternehmen als Prozessrichtlinien für ihr soziales Nachhaltigkeitsmanagement verwenden können, wie z. B. die Global Reporting Initiative (GRI), die „Winning with Integrity“ Empfehlungen vom Business in the Community (BITC) und den CSR-Navigator des World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) (Dubielzig 2009, S. 46). Da der GRI international am häufigsten Anwendung findet, wird nur auf ihn eingegangen.

Er stellt ein globales Instrumentarium mit konsistenter Sprache und metrischer Messmöglichkeit zur Verfügung, das genügend Freiraum für unternehmerische und branchenspezifische Eigenheiten bietet (GRI o.D). Seine Berichtselemente und Leistungsindikatoren über Unternehmen sind in fünf Bereiche unterteilt:

- Vision und Strategie,
- Profil,
- Kontrollstrukturen und Managementsystem,
- GRI Content Index sowie
- Leistungsindikatoren (Kern- und Zusatzindikatoren).

Letztere sind in die drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales aufgeteilt. Da ein Berichtssystem nicht alle Spezifika der unterschiedlichen Branchen und Organisationen abdecken kann, können in Sector Supplements abweichende Berichtsweisen vorgenommen werden, wie z. B. im Bergbau, in der Automobilindustrie, bei Banken und Anstalten des öffentlichen Rechts. Im Jahr 2006 enthielt das GRI-Register 678 Unternehmen, davon 28 aus Deutschland. Die CSR-Berichte sollen ausdrücklich auch negative Aspekte ansprechen (GRI o.D.). Für kleinere Unternehmen existiert ein verkürzter Berichtsrahmen.

2.3 Risiko-Rendite-Trade off als Erfolgsmaßstab

Wenn Unternehmen Investitionen tätigen, hat das Management die Erwartung – zumindest in längerfristiger Perspektive – von Gewinnen. Damit eine Investition lohnend ist, muss sie den realen Erhalt des investierten Kapitals sicherstellen, also einen Inflationsausgleich berücksichtigen und eine Prämie für den Konsumverzicht sowie für das eingegangene Investitionsrisiko erbringen. Die moderne Investitionstheorie unterstellt ferner, dass Investoren risikoscheu sind, d. h. bei zwei gleich ertragsstarken, erwarteten Renditen die weniger risikoreiche wählen. Dies bedeutet, dass ein Investor nur dann bereit ist, ein höheres Risiko einzugehen, wenn er damit Aussicht auf eine höhere Rendite hat. Im Umkehrschluss heißt dies, dass ein Investor, der eine höhere Rendite anstrebt, auch bereit sein muss, ein größeres Risiko einzugehen. Das Modell unterstellt, dass Investoren rational handeln und Märkte effizient arbeiten. Obwohl die Investitionstheorie damit soziale, ökologische, strategische oder persönliche Dimensionen eines Investments nicht erfasst sowie bei Vorliegen von Marktineffizienzen wie Informationsasymmetrie, Externalitäten und öffentlichen Gütern unzuverlässige Ergebnisse erbringt, kann die Analyse von Risiko-Rendite Vergleichen auf viele Formen von Investments, auch die in immaterielle Werte, angewandt werden, wenn das Risiko als unsichere Zukunftsvorhersage ausgedrückt wird (Hubbard 2010, S. 190).

Die üblichen monetären Gewinndefinitionen, z. B. Messgrößen wie Return on Investment, Tobin’s Q (Marktwert/Buchwert-Verhältnis), Jahresüberschuss, Ergebnis vor Steuern, Cash Flow, EBIT (earnings before interest and taxes, Kapitalgewinn), EBITDA (earnings before interest, taxes, depreciation, and amortisation, Brutto-Cash-Flow) eignen sich für die Untersuchung nicht, da sie sich alle mehr oder weniger voneinander unterscheiden sowie sich auf die Vergangenheit beziehen. Deshalb wird der Begriff des Risiko-Rendite-Trade off der Arbeit als ökonomischer Erfolgsmaßstab zugrunde gelegt. Er kann hinreichend allgemein interpretiert werden, um auch in anderen Branchen als der Finanzwirtschaft Anwendung finden zu können. Das Konzept versucht, die erwartete Rendite eines gegebenen Investitionsrisikos – auch im sozialen, ökologischen oder gesellschaftlichen Bereich – zu maximieren bzw. ein Investitionsrisiko bei einer angenommenen Rendite zu minimieren.

Eine gesunde Finanz- und Investitionsplanung eines Unternehmens erfordert eine genaue Einschätzung der verschiedenen Risiko-Rendite-Trade offs. Ein Trade off (engl. Kompromiss, Ausgleich oder eine Abwägung) liegt vor, wenn eine Verbesserung oder Erlangung eines Zieles nur unter Inkaufnahme oder Beeinträchtigung eines anderen Zieles erreicht werden kann. Dieser Zielkonflikt macht eine Kosten-Nutzen-Überlegung nötig. Das Ergebnis dabei ist vorteilhaft für ein Unternehmen, wenn der Nutzen (Rendite) einer Investition die Kosten dieser Investition (Risiko) übersteigt. In der Ökonomie beinhaltet der Begriff des Trade off damit die wechselseitige Abhängigkeit von Risiko und Rendite. Ist das Risiko hoch, erfordert eine Investition auch die Aussicht auf einen entsprechend höheren Gewinn, gemessen z. B. am durchschnittlichen Gewinn der Branche.

2.4 Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Bedeutung und Ausgestaltung von CSR hängt entscheidend von den jeweiligen landesrechtlichen Regulierungen und den vorhandenen gesellschaftlichen sowie politischen Strukturen ab, in denen Unternehmen arbeiten (s. Tab. 1). Zu den stark regulierten Regionen zählen insbesondere Europa, die USA, Japan und Australien. Von diesen Ländern sind wiederum einige, wie z. B. Deutschland, die skandinavischen Länder und Japan in sozialer und ökologischer Hinsicht stärker reguliert als z. B. Großbritannien und die USA. Außerdem spielen in Deutschland und Japan in arbeits- und sozialpolitischer Hinsicht kollektivvertragliche Regelungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern bzw. Krankenkassen und Ärzteschaft eine entscheidende normsetzende Rolle, durch die Unternehmen in die Pflicht genommen werden.

Tab. 1: Kategorien von unterschiedlichen CSR-Regulierungsräumen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Des Weiteren sind börsennotierte Unternehmen in Deutschland seit 2003 verpflichtet, zu erklären, ob sie dem Kodex der Cromme-Kommission zur Corporate Governance folgen, der die Umsetzung einer transparenten und verantwortungsbewussten Unternehmensführung zum Ziel hat. Gemäß dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz (KonTraG) sind Unternehmen aus dem Anlagenbau, dem Umwelt-, Versicherungs- und Finanzbereich sowie der Informationstechnologie (IT) seit 1998 verpflichtet, ein Risikomanagement einzurichten (Loew et al. 2004, S.111). Diese in Deutschland wesentlich stärkere Regelungsdichte erklärt, warum CSR im anglo-amerikanischen Raum früher einsetzte und weiter verbreitet ist als in Deutschland. Da es an dieser Stelle um die prinzipiellen Unterschiede in den großen Wirtschaftsräumen geht, wird hier von Varianten innerhalb der Industrieländer abgesehen.

Bei der Ausgestaltung von CSR in den rechtlich stark regulierten Industrieländern steht die Frage im Vordergrund, welchen zusätzlichen, über die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen hinausgehenden Beitrag Unternehmen zum gesellschaftlichen Wohl leisten können. Es geht immer um freiwillige CSR-Aktivitäten, die das Kreativitätspotential und Know-How zur Verbesserung der Unternehmensreputation bei Kunden, Investoren und Mitarbeitern einsetzen. CSR steht nicht in Konkurrenz zu staatlichem Handeln und ersetzt auch nicht die politische Verantwortung zur Gestaltung der ökologisch-sozialen Rahmenbedingungen. CSR liegt nur dann vor, wenn es über die Erfüllung gesetzlicher Vorschriften und Normen hinausgeht und von Unternehmen eigenverantwortlich initiiert und umgesetzt wird. CSR ist damit ein Instrument, um die „licence-to-operate“ langfristig abzusichern. Nicht im Sinne von einem formalisierten Genehmigungsverfahren, aber als „der von der Gesellschaft mehrheitlich getragene Goodwill gegenüber Unternehmen und Branchen in Bezug auf die Art, wie hier agiert wird“ (Schoenheit et al. 2006, S.33). Unternehmen, die CSR unter diesen Gesichtspunkten betreiben, haben Aussicht auf eine Belohnung von Seiten des Marktes. Für diese Unternehmen wird CSR dann zu einem möglichen strategischen Erfolgsfaktor.

Außerhalb von westlichen Industrieländern bestehen häufig nur schwach oder gering regulierte Räume. Dies gilt insbesondere für die globale Ökonomie, in der vor allem multinationale Konzerne und große mittelständische Unternehmen aus aller Welt ihre Geschäfte betreiben (Becchetti und Ciceretti 2006, S. 2). Infolge der zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft verlieren die einzelnen Volkswirtschaften an Regelungskompetenz. Da notwendige überstaatliche Regulierungen häufig fehlen bzw. wegen unterschiedlicher Interessen nicht zustande kommen (z. B. Klimaschutzabkommen) und dadurch sozial-ökologische Vakuumräume entstehen, behelfen sich internationale Organisationen mit der Entwicklung abgestimmter Verhaltenskodizes und Standards, denen sich international tätige Unternehmen freiwillig unterwerfen können. Diese Kodizes und Verhaltensstandards betreffen vor allem die Einhaltung der Menschenrechte, die Arbeitsbedingungen, den Umweltschutz und die Korruptionsverhinderung. Allerdings hat dies nach Schoenheit et al. bisher noch kaum zu besonders auffälligen Leistungen der Unternehmen geführt (Schoenheit et al. 2006, S. 33). Größer ist die Wirkung bei Verstößen gegen internationale Normen. So entfernte der norwegische Pensionsfonds wegen Verstoßes gegen die Menschenrechte im Jahr 2006 Aktien des Unternehmens Wal-Mart im Wert von 416 Mio. Dollar aus seinem Fonds. Ähnlich handelten der größte öffentliche Pensionsfonds in den USA, die Universitäten von Harvard, Yale und Stanford sowie Talisman Energy of Canada gegenüber Firmen, die sich im Sudan engagierten (Heslin und Ochoa 2008, S. 130f.). Im globalen Umfeld kommt deshalb eher das Prinzip der mittelbaren Bestrafung bei Verstößen gegen internationale Normen zum Einsatz.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2010
ISBN (PDF)
9783863415693
ISBN (Paperback)
9783863410698
Dateigröße
393 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Erscheinungsdatum
2011 (September)
Note
2,3
Schlagworte
Comparative CSR CSR als Business Case Profit Maximisation CSR in China Sustainable Management
Produktsicherheit
BACHELOR + MASTER Publishing

Autor

Kevin Saekel, Jahrgang 1985, studierte Betriebswirtschaft an der Universität Bamberg und Internationales Management an der Universität Krakow. Er absolvierte Praktika in verschiedenen Handelsunternehmen, u.a. in China. 2009 erwarb der Autor in Krakow den akademischen Grad eines Master of European Business Science (EMBS) und schloss 2010 sein Studium als Diplom-Kaufmann ab. Seit Anfang November 2010 arbeitet er als Assistent des CEO in einem Shanghaier Handelsunternehmen und koordinert u.a. BSCI Audits sowie das firmeninterne Sustainable Development Forum. Saekel lebt in Hong Kong, Ningbo und Shanghai.
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Titel: Corporate Social Responsibility als Instrument der strategischen Unternehmensführung – Eine ökonomische Analyse von Unternehmen aus Industrieländern und China
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