Die EU: Auf dem Weg zu einer Sicherheits- und Verteidigungsunion? Integrationstheoretische Analyse ausgewählter GSVP-Strukturen
Zusammenfassung
Wohin aber führt diese sich verändernde Art der Politikformulierung und -gestaltung? Welche Auswirkungen hat die zunehmende Einbettung souveränen mitgliedsstaatlichen Handelns in einen europäischen Rahmen, der explizit die Einflussnahme supranationaler sowie nicht-staatlicher, aber an zunehmender Integration interessierter europäischer Akteure einschließt? Wird sich dadurch schließlich doch – analog zu anderen Politikbereichen in der EU – die Integration verstärken und die Außen- und Sicherheitspolitik langsam aber stetig vergemeinschaften und schließlich in eine Sicherheits- und Verteidigungsunion münden?
Bei der Beantwortung dieser Fragen werden zwei […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Ausgangslage: Problemdiagnose
1.2 Fragestellung/Leitfragen, Ziele, Grundannahmen
1.3 Politische und wissenschaftliche Relevanz
1.4 Gang der Untersuchung und Aufbau der Studie
1.5 Theorien und Methoden
1.5.1. Intergouvernementalismus
1.5.2. Supranationalismus
1.6 Quellen- und Literaturlage/ Stand der Forschung
2. Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee
2.1 Von der Europäischen Politischen Zusammenarbeit zum PSK
2.2 Aufgaben, Zuständigkeiten und Arbeitsalltag des PSK
2.3. Das Verhältnis zu den Hauptstädten
2.4. Intergouvernementale Deutungsmuster
2.5. Supranationale Deutungsmuster
2.6. Bewertung und Prognose
3. European Defence Agency und europäischer Rüstungsmarkt
3.1 Die Gründung der Europäischen Verteidigungsagentur
3.2 Aufbau und Aufgabenbereich der EDA
3.3 Die politisch-strategische Funktion – Initiativen und Rahmenabkommen
3.4 Forschung & Entwicklung und die Zusammenarbeit mit der Kommission
3.5. Intergouvernementale Deutungsmuster
3.6. Supranationale Deutungsmuster
3.7. Bewertung und Prognose
4. Zusammenfassung und Ausblick
Anlagen
Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Ausgangslage: Problemdiagnose
Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der Europäischen Union (EU) hat in den elf Jahren seit ihrer Entstehung eine bemerkenswert dynamische und bis Ende des letzten Jahrtausends nicht für möglich gehaltene Entwicklung vollzogen. Heute wird es fast schon als selbstverständlich betrachtet, dass die EU im Konflikt zwischen Russland und Georgien vermittelt und den Waffenstillstand mit eigenen Beobachtern begleitet und absichert hat. Völlig natürlich kreuzen Schiffe der Union als europäischer Marineverband vor der Küste Somalias, sichern EU-Truppen Wahlen in Afrika und Richter sowie Beamte helfen im Kosovo beim Aufbau des Justizsystems und rechtsstaatlicher Strukturen.[1] Gleichzeitig muss jedoch konstatiert werden, dass das sicherheitspolitische Handeln der EU, bei allen erreichten Fortschritten seit Begründung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)[2], nicht immer von Kohärenz geprägt war. Oft zeigte die Gemeinschaft im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ein ambivalentes Erscheinungsbild, das zwischen gemeinschaftlichem Handeln und nationalen Alleingängen oszillierte. Diese Tatsache ist wesentlich durch das besondere Neben- und Miteinander von europäischer und nationaler Ebene begründet und macht die EU zu einem sicherheitspolitischen Akteur eigener Art – zu einem international handelnden Integrationsverbund[3], eng verflochtener, aber weitgehend souveräner Nationalstaaten.[4] Die konkrete Bandbreite außen- und sicherheitspolitischer Varianz schwankt dabei zwischen fundamentalem Dissens und Spaltung, wie 2003 im Zuge des Irak-Krieges und schnellem, geschlossenem und entschiedenem Handeln am Beispiel der gemeinsamen europäischen Reaktion auf die Georgien-Krise 2008.[5] Auch das erklärte Ziel schneller, gemeinsamer, umfassender regionaler und globaler sicherheitspolitischer Handlungsfähigkeit der EU[6] ist bisher nur teilweise umgesetzt und zudem innereuropäisch und transatlantisch nicht unumstritten. Die Kontroverse hängt vor allem mit der uneinheitlich beantworteten Frage nach der Vereinbarkeit der vergleichsweise jungen Entwicklung EU-eigener Sicherheits- und Verteidigungsstrukturen, mit dem Wunsch nach Fortsetzung der jahrzehntelang gewachsenen und bewährten Sicherheitspartnerschaft mit den USA und der NATO zusammen.[7]
Am 01. Dezember 2009 trat nach langen Verhandlungen der Lissabon-Vertrag (EUVL) in Kraft, der nach dem gescheiterten Verfassungsentwurf den augenblicklich konsensfähigen Grad an europäischer Integration, Kompetenzübertrag an Brüssel und Reformwillen zur Gestaltung einer handlungsfähigen EU der 27+[8] darzustellen scheint.[9] Die Sicherheits- und Verteidigungspolitik als integraler Bestandteil der GASP stellte während der Beratungs- und Verhandlungsphasen einen der Diskussionsschwerpunkte dar. Die für diesen Politikbereich erreichten Neuerungen, wie die Aufnahme der in GSVP umbenannten Sicherheits- und Verteidigungspolitik und des innerhalb derselben erreichten Status quo in das Primärrecht der EU, die eingeführten Möglichkeiten der Flexibilisierung der Zusammenarbeit, die gestärkte Rolle des Hohen Vertreters (HV) für die GASP und die damit einhergehende institutionelle Struktur- und Entscheidungsfindungsaggregation in Brüssel – maßgeblich durch den in der Entstehung befindlichen Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD)[10] - sowie die Beistands- und Solidaritätsklausel werden in Politik und Wissenschaft höchst unterschiedlich beurteilt. Für die einen ist Lissabon der „Abschied von der Idee einer einheitlichen Außen- und Sicherheitspolitik“[11], die „Stagnation des Integrationsprojekts“[12] und das Ende der Visionen von einer europäischen Armee und der EU als einer neuen globalen Supermacht[13], für die anderen sind es „gute Weichenstellungen für eine effizientere Handlungsweise in den Institutionen der EU“[14], kommt Europa auf dem Weg zu einer Euroarmee auf pragmatische Weise voran[15] bzw. ist Lissabon nicht der Endpunkt, sondern der Anfang für eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik und das langfristige Ziel, den „Aufbau einer europäischen Armee unter voller parlamentarischer Kontrolle.“[16] Diese Differenzen zeigen, wie unterschiedlich die Auswirkungen des EUVL in diesem Politikbereich und damit die Frage der gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklung der Zusammenarbeit in der GSVP, also der vertikalen Vertiefung der Integration in diesem Bereich, beantwortet werden.
1.2. Fragestellung/Leitfragen, Ziele, Grundannahmen
Die Zukunft der GSVP, die Frage der Fortführung ihrer dynamischen Entwicklung als das zentrale Integrationsprojekt der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts[17], scheint also offen zu sein. Die Auswärtige Politik und insbesondere die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU erscheinen als „ enfant terrible“ [18] des europäischen Integrationsprozesses . Während in anderen Kernbereichen nationalstaatlicher Souveränität - langfristig betrachtet - eine kontinuierliche Übertragung von Kompetenzen an die Gemeinschaft zu verzeichnen ist[19], prägt hier die beharrliche Verweigerung der Abgabe von diplomatischen, politischen und militärischen Hoheitsrechten die Politik der Mitgliedsstaaten.[20] Eine stärkere sicherheitspolitische Kooperation führte bisher nur zu verbesserter mitgliedsstaatlicher Zusammenarbeit, aber nicht zu einem Mehr an politischer Integration innerhalb der EU.[21]
Daher bewegt sich die Erkenntnis leitende Fragestellung vor dem Hintergrund eines Politikbereichs, in welchem die Mitgliedsstaaten auch nach Lissabon grundsätzlich die Schlüsselrolle behalten und der intergouvernementale Entscheidungsmechanismus in der GASP und GSVP scheinbar nicht in Frage gestellt wird.[22] Gleichzeitig scheint es aber vermehrt Anzeichen für eine besondere Form des Regierens, zwischen strikt intergouvernementalen und supranationalen Formaten, in Form sogenannter Brüsselisierung [23] und Europäisierung [24] zu geben. Diese institutionell und technisch bedingten normativen und sozialen Effekte, die u.a. bereits durch die generelle europäische Struktur- und Entscheidungsfindungsaggregation in Brüssel befördert werden, könnten sich durch den Lissabon-Vertrag und die darin enthaltene institutionelle Neuordnung und Komprimierung der GASP-/GSVP-Strukturen um die Hohe Vertreterin - trotz scheinbarer Stärkung der intergouvernementalen Strukturen - zukünftig verstärken, wie noch aufgezeigt werden wird. Zudem scheint der jahrelang strikt entlang nationaler Grenzen abgeschottete Rüstungsmarkt im Aufbruch zu sein. Das Ende der Ost-West-Konfrontation, knapper werdenden Ressourcen im Rahmen der weltweiten Finanzkrise, Entstaatlichungsprozesse sowie der generell zu beobachtende Trend zum Einsatz bzw. der Nutzung von sogenannten Dual-Use-Komponenten [25] haben für grundlegende Veränderungen mit bedeutsamen Auswirkungen gesorgt. Es deutet sich hier in wesentlichen Teilbereichen, besonders der Luft- und Raumfahrt, eine Öffnung hin zu einem gemeinsamen europäischen Rüstungsmarkt an, der verstärkt den Mechanismen unterworfen werden soll, die beim Gemeinsamen Europäischen Markt bereits gelten.
Das Ziel der vorliegenden Studie ist es nun, an den vorgenannten Punkten anzusetzen und den scheinbar unveränderbaren intergouvernementalen Charakter der GSVP ebenso kritisch hinterfragen, wie die These einer unaufhaltsam fortschreitenden, quasi automatischen politischen Integration:
- Wird sich die GSVP doch noch als Integrationsprojekt und EU-Integrationsmotor erweisen?
- Vertieft sich die sicherheitspolitische Integration letztlich analog zu anderen bereits vergemeinschafteten Politikbereichen, oder bleibt es bei institutionalisierter zwischenstaatlicher Kooperation?
- Kurz gefragt: Wird Artikel 42, Abs. 2 EUVL „Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik umfasst die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik. Diese führt zu einer gemeinsamen Verteidigung, sobald der Europäische Rat dies einstimmig beschlossen hat.“[26] umgesetzt?
Bei der Beantwortung dieser Frage sollen zwei Strukturen in den Mittelpunkt gestellt werden, die in Schlüsselstellungen wesentlich an der Entwicklung einer umfassend handlungsfähigen europäischen Sicherheitspolitik mitwirken: Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK)[27] und die Europäische Verteidigungsagentur (EDA)[28]. Diese beiden Schlüsselakteure europäischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik sollen dahingehend untersucht werden, ob von ihnen Impulse für eine Weiterentwicklung und Vertiefung der Integration ausgehen und/oder diese zukünftig erwartet werden können. Letztere wird dabei logisch in Verbindung mit ihrer Wirkung und Tätigkeit im europäischen Rüstungsmarkt betrachtet, in welchem diverse einflussreiche Mitspieler aktiv und zu berücksichtigen sind.
Unter Verwendung der Theorien des Intergouvernementalismus und des Supranationalismus sollen PSK und EDA mit Hilfe der jeweiligen theoretischen Deutungsmuster und unter besonderer Beachtung integrationsspezifischer Aspekte analysiert werden. Es soll dabei zum einen überprüft werden, ob die theoriegeleitete empirische Analyse des jeweiligen Fallbeispiels das zwischenstaatliche Paradigma bestätigt, oder ob es Anzeichen für eine beginnende Vergemeinschaftung im Sinne supranationaler Deutungen gibt. Zum anderen sollen die Institutionen sowie ihr Umfeld so analysiert werden, dass es auf dieser Basis möglich ist, im Sinne einer Prognose Aussagen über die mögliche weitere Entwicklung der GSVP in Bezug auf die Möglichkeit einer vertieften politischen Integration, oder aber eine Kontinuität des bestehenden intergouvernementalen Charakters zu treffen.
Grundsätzlich geht die Studie von der Annahme aus, dass die Entwicklung der GSVP und die Verbesserung der europäischen Zusammenarbeit von eminenter Bedeutung für die Entwicklung Europas zu einem relevanten sicherheitspolitischen Akteur im globalen Maßstab sind. Außerdem betrachtet sie Organisationen, Institutionen, Strukturen und Prozeduren als wesentliche Einflussgrößen auf die Struktur und die Ergebnisse politischen Handelns. Ausgehend von der Annahme einer Pfadabhängigkeit sind sie zugleich von bedeutendem Einfluss für die zukünftige institutionelle und prozedurale Weiterentwicklung.[29] Weiterhin wird erwartet, dass der untersuchte Politikbereich zwar weitgehend intergouvernemental bestimmt ist, aber dass die untersuchten Strukturen zumindest Anzeichen von inkrementellen Fortschritten in Richtung supranationaler Integration enthalten und - gewollt oder ungewollt - durch ihre Tätigkeit zum Entstehen weiterer Integrationstriebkräfte und Integrationsoptionen beitragen.
Wissenschaftlich beschäftigen sich nur wenige integrationstheoretisch geleitete Untersuchungen mit diesem Themenfeld. Seine starke intergouvernementale Prägung, die geringe Anzahl transnationaler und nicht-staatlicher Akteure sowie die wenigen supranationalen Institutionen von Bedeutung erschweren den Zugang mittels integrationstheoretischer Ansätze. Von daher kann diese Studie auch einen kleinen Beitrag zur eher seltenen Analyse von high politics-Strukturen mittels integrationstheoretischer Deutungen leisten.
1.3. Politische und wissenschaftliche Relevanz
Über den Entwicklungstand der sicherheitspolitischen Integration EU-Europas und ihre zukünftige Entwicklung gibt es, wie oben einleitend dargestellt, sowohl in der Politik, als auch in der Wissenschaft stark divergierende Ansichten. Dabei ist die Frage nach dem Fortgang der Entwicklung der GSVP von unmittelbarer Bedeutung für die Fähigkeit der Europäer, zukünftig in einem hoch komplexen, globalen Sicherheitsumfeld mitgestalten und Einfluss nehmen zu können. Die (Weiter-) Entwicklung der GSVP, als „ein zentrales Integrationsprojekt“[30] der EU, stößt zudem auch jenseits von Integrationsfragen in ihrer generellen Bedeutung für die Rolle der EU im internationalen System und die möglichen Veränderungen durch die erweiterte sicherheitspolitische Komponente auf hohes politisches und wissenschaftliches Interesse. Zum einen wird sie von immer mehr Staaten und internationalen Organisationen als ein relevanter sicherheitspolitischer Akteur betrachtet an den Erwartungen gestellt werden, zum anderen sind die GASP und mit ihr die GSVP zugleich zentrale Integrationsprojekte der Gemeinschaft und wesentliche Bestimmungsfaktoren der nationalen Außenpolitiken der Mitgliedsstaaten, die dabei sowohl Einfluss nehmen, als auch beeinflusst werden.[31] Zudem soll die GSVP erklärtermaßen der Außenpolitik der Union und damit der EU als Ganzes jene „globale Akteursqualität“[32] verleihen, die ihr bislang als „Zivil- und Friedensmacht“, nicht zuletzt aufgrund der bestehenden Machtstrukturen des internationalen Systems, versagt blieb.[33] Gleichzeitig würde sie damit nicht nur ihre außenpolitische Handlungsfähigkeit komplementieren, sondern auch die Asymmetrie zwischen wirtschaftlicher Bedeutung und außenpolitischer Handlungsfähigkeit beseitigen oder, je nach Entwicklungsgrad und –erfolg, zumindest mindern.[34] Hier wirft die wachsende militärische Handlungsfähigkeit Europas jedoch nicht nur für die Friedensforschung die Frage auf, ob die EU ihr „Zivilmacht-Konzept“ lediglich um eine notwendige letzte Komponente ergänzt hat, oder ob sie sich mit der GSVP von diesem postmodernen Entwurf verabschiedet und zur traditionellen Machtpolitik zurückkehrt.[35] Eine Frage, die letztlich nur die weitere Ausgestaltung der GSVP in der Post-Lissabon-Ära und die operationelle Praxis des zukünftigen EU-Krisenmanagements beantworten können.
1.4. Gang der Untersuchung und Aufbau der Studie
Zunächst werden im Anschluss die beiden Theorien, in ihren für diese Untersuchung und das Themenfeld handhabbar gemachten Varianten, dargestellt. Der sich anschließende Hauptteil beginnt mit einem kurzen Abriss der Entstehungsgeschichte der GSVP, um die Untersuchung und insbesondere die Fallbeispiele in den Gesamtrahmen der sicherheitspolitischen Entwicklung Europas seit 1999 einzubetten. Danach folgen die beiden Fallstudien zum PSK und zur EDA, unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Forschungsfrage. Auf den deskriptiven Part folgt jeweils in einem zweiten Schritt die Analyse der vorgefundenen Empirie mit Hilfe der beiden Theorien und ihrer Deutungsmuster. Den dritten Schritt bildet dann eine kurze, fallbeispielspezifische Bewertung und Prognose, die sich aufgrund der Fragestellung verständlicherweise auf die Möglichkeiten und Optionen für eine Vertiefung der Integration konzentriert. Abschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst und wieder in einen sicherheitspolitischen Gesamtzusammenhang gestellt, um die Kernfragen dieser Studie zu beantworten und die eigenen Grundannahmen und Erwartungen zu überprüfen. Dieses Fazit, verbunden mit einem Ausblick im Sinne einer Prognose aufgrund des vorgefundenen Integrationsstands, seiner Deutung und der zukünftigen, erwartbaren realistischen Möglichkeiten beschließt diese Studie.
Der zugrunde liegende Untersuchungszeitraum beginnt mit der Entstehungsgeschichte der GSVP 1998/99 und endet mit Inkrafttreten der Bestimmungen des Lissabon-Vertrages und seinen ersten erkennbaren Auswirkungen 2009/10.
1.5. Theorien und Methoden
Die vorliegende Studie will mit einer theoriegeleiteten empirischen Untersuchung, die ihr zugrunde liegende Fragestellung beantworten. Dazu werden die aufgefunden Quellen und die genutzte Forschungsliteratur systematisch erschlossen und analysiert, um die Fallbeispiele im Sinne der Fragestellung deskriptiv darzustellen. Unter Verwendung der Theorien des Intergouvernementalismus und des Supranationalismus sollen die dabei gewonnen Erkenntnisse dann im Sinne der jeweiligen Theorie gedeutet und erklärt werden. Diese Untersuchung ist dabei ausdrücklich kein Theorietest. Sie versucht nicht herauszufinden, ob die genutzten Theorien ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden und ihr Versprechen, Realität zu erklären, einlösen können. Sie ist eher – wie eingangs dieses Abschnitts erwähnt – eine theoriegeleitete Diskussion der Empirie, die natürlich für die Beantwortung der Fragestellung und die Prognose, den aufgefundenen Realitätsgehalt der theoretischen Grundannahmen berücksichtigt, ohne dadurch jedoch Rückschlüsse auf die Theorie anzustrengen. Dass dennoch zwei verschiedene Theorien verwendet werden, begründet sich zum einen durch die oben aufgezeigte unterschiedliche Interpretation und Zukunftserwartung in Politik und Wissenschaft. Ihre gegensätzlichen Positionen und Deutungsmuster entsprechen in großen Teilen den eingangs dargestellten unterschiedlichen Positionen in Politik und Wissenschaft zur europäischen Integration. Zum anderen analysieren sie – wie noch zu sehen sein wird - unterschiedliche Aspekte des jeweiligen Themenfeldes und ergänzen sich daher ausgesprochen gut. Ihre Anwendung soll überdies helfen, die vorgefundene Empirie gemäß der Fragestellung logisch aufzubereiten und systematisch und strukturiert zu analysieren. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich der bisherigen Entwicklungsmuster und die Nachvollziehbarkeit ihrer jeweiligen theoretischen Deutung und Erklärung können dann gegenübergestellt werden und dabei helfen, eine Prognose für die zukünftig erwartbare Entwicklung im Sinne der Fragestellung zu geben.[36]
Die in dieser Arbeit verwendete supranationale Theorie orientiert sich weitgehend am Historischen Institutionalismus (HI). Dieser Ansatz wird gemeinhin als Ansatz mittlerer Reichweite bezeichnet, da er nicht den Gesamtprozess zu erklären versuche, sondern bestimmte Aspekte in den Vordergrund seiner Untersuchungen stelle. Gleichzeitig versuche er, eine Brücke zwischen den klassischen Antagonisten der Integrationstheorien, Neofunktionalismus und Intergouvernementalismus, zu bauen.[37] Für diese Untersuchung wird davon ausgegangen, dass er in erster Linie eine moderne Weiterentwicklung des Neofunktionalismus darstellt und dessen Erklärungskraft verbessern kann sowie die Verbindung rationaler und soziologischer Lesarten des Institutionalismus herstellt.[38] Als zweite Theorie wird die am weitesten entwickelte, bekannteste und anerkannteste Variante intergouvernementaler Integrationstheoriebildung verwendet, der Liberale Intergouvernementalismus (LI) von Andrew Moravcsik.[39] Die Theoriewahl - sowohl des LI, als auch des HI - erfolgte auch aufgrund der relativen Modernität beider Ansätze, von der ein enger Bezug zur Empirie und eine größere Erklärungskraft erwartet werden. Trotz ihrer kurzen Entwicklungsgeschichte gibt es bei beiden gewählten Theorien bereits zahlreiche Weiterentwicklungen und Verzweigung durch Vertreter der jeweiligen Theorieschulen. Aus Gründen der Handhabbarkeit und um dem Charakter dieser Studie zu entsprechen, wird anschließend jede der Theorien auf ihre für die Fragestellung wichtigen Grundannahmen reduziert. Diese Verschlankung schließt sowohl die Verwendung von Elementen der jeweiligen Ausgangstheorien Intergouvernementalismus und Neofunktionalismus, als auch den Ausschluss von nicht-relevanten Aspekten der beiden Theorien ein. Um diesen Umständen Rechnung zu tragen, wird im Folgenden für die am HI orientierte supranationale Theoriedefinition der Begriff Supranationalismus und für die an Andrew Moravcsiks Liberalem Intergouvernementalismus orientierte zwischenstaatliche Theoriedefinition der Begriff Intergouvernementalismus verwendet.[40]
1.5.1. Intergouvernementalismus
Der Intergouvernementalismus analysiert die europäische Integration aus einer IB-Perspektive heraus, da diese hinreichend Gemeinsamkeiten mit der internationalen Politik aufweise.[41] Zentrale Akteure in dieser bottom-up -Perspektive sind jedoch nicht die Staaten, sondern rational agierende Individuen und Gruppen in den Ländern der EU. Diese beeinflussen über einen innerstaatlichen Aushandlungsprozess die Präferenzen der jeweiligen Regierungen für die zwischenstaatlichen Konferenzen und Verhandlungssysteme. Diese Präferenzen sind das Produkt gesellschaftlicher Macht- und Einflussverhältnisse und „Transmissionsriemen“ der stärksten innenpolitischen Akteure und deren Interessen. Politik, in einem wirtschaftlich orientierten System wie der EU, ist vorwiegend an wirtschaftlichen Interessen und der Wohlfahrt der eigenen nationalen Individuen und gesellschaftlichen Gruppen interessiert. Regierungen sind daher bei internationalen Verhandlungen von der nationalen Innenpolitik abhängig und Integrationsfortschritte nur möglich, wenn diesen keine einflussreichen innenpolitischen Interessengruppen entgegenstehen.[42] Die Präferenzen werden dabei als stabil angesehen, so dass sie weder im Zuge zwischenstaatlicher Verhandlungen, noch durch internationale Institutionen gebildet oder geändert werden können.[43] Das Zustandekommen der Präferenzen ist im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik allerdings nicht ganz leicht zu beantworten. Die für den Intergouvernementalismus liberaler Prägung wesentlichen Akteure, sprich die rational handelnden innergesellschaftlichen Gruppen und Individuen, üben im Vergleich zu anderen Politikfeldern geringeren Einfluss auf die Regierung aus. Dies liegt zum einen daran, dass sich europäische Außenpolitik in erster Linie an Adressaten außerhalb der Union richtet und daher nur geringes Interesse an Einflussnahme besteht. Zum anderen schränken politikfeldspezifische Eigenheiten, wie die Spezialisierung und die relative Undurchschaubarkeit außenpolitischer Vorgänge, speziell im komplexen EU-System, „den Kreis interessierter und beteiligter Akteure drastisch ein“[44]. Die Regierungen können hier also vergleichsweise autonom handeln.[45] Von daher wird hier als zweite Kategorie neben den Präferenzen, das nationale Interesse im Sinne Stanley Hoffmanns, des Begründers der intergouvernementalen Theorieschule eingeführt. Das nationale Interesse wird weitgehend dadurch bestimmt, „wie die Staatsmänner und Außenpolitiker die nationale Situation eines Landes wahrnehmen und interpretieren und – hierauf bezogen – entsprechende Strategien des Unsicherheitsmanagements formulieren.“[46] Die nationale Situation wiederum ergibt sich aus einem vielschichtigen Gemisch objektiver und subjektiver Faktoren. Dazu zählen die geographische und außenpolitische Lage, Bündnisverpflichtungen, Machtressourcen, Geschichte, Werte und Traditionen sowie das generelle Interesse an der Bewahrung und Weiterentwicklung der Nation.[47]
Ein Hauptaugenmerk legt der Intergouvernementalismus auf die großen Regierungskonferenzen, auf denen die weitreichenden Entscheidungen getroffen und die weitere Entwicklung der europäischen Politik bestimmt werden. Die erreichten Fortschritte sind Kompromisse zwischen den größten und mächtigsten Staaten, die sich aufgrund ihrer Machtressourcen durchsetzen können. Dabei ist die Konfiguration der verschiedenen interdependenten nationalen Präferenzen von entscheidender Bedeutung für die Frage, ob es zu Kompromissen und damit zu Integrationsfortschritten kommt oder nicht. Konvergierende und komplementäre Präferenzen führen zu fruchtbaren Verhandlungen und zu Kooperation.[48] Bei divergierenden Präferenzen ist eine Einigung dagegen kaum zu erwarten und es besteht nur wenig Spielraum für Verhandlungen.[49] Einigungen sind generell, durch das vorherrschende Prinzip der Einstimmigkeit, oft nur auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu erzielen.
Supranationale Organisationen und transnationale Eliten spielen in der Vorbereitung von Verhandlungen und der Kontrolle der erzielten Vereinbarungen eine gewisse Rolle. Diese Aufgaben werden ihnen aber von den Staaten übertragen, sie sind also Produkte der Mitgliedsstaaten und erlangen daher keine Handlungsautonomie. „Die nationalen Regierungen bleiben die Herren der Verträge und kontrollieren sorgsam den Souveränitätstransfer.“[50]
Generell nimmt der Intergouvernementalismus an, dass Integration sich überwiegend in low politics -Bereichen, also Wirtschafts-, Währungs- und Kulturpolitik vollziehe. In high politics -Bereichen, wie Diplomatie und Sicherheit hingegen, könnten sich die vom Supranationalismus angeführten Spillover -Effekte[51] nicht durchsetzen, da die als prioritär angesehene Souveränität der Staaten hier keine Kompromisse und supranationale Lösungen zuließe.[52] Daher erfolge in diesem Bereich allenfalls „eine partielle Zusammenlegung („pooling“), nicht aber die Übertragung der nationalen Souveränität auf die supranationale Ebene“[53]. Integration sei letztlich nur institutionell verregelte internationale Politik, in der die Staaten die Triebkräfte sind und es entstehe kein neuer Typus supranationaler Innenpolitik.[54] [55]
1.5.2. Supranationalismus
Ausgehend von der klassischen Großtheorie des Neofunktionalismus und orientiert am Historischen Institutionalismus, geht der hier verwendete Ansatz von der institutionellen Eigendynamik, des durch die europäische Einigung eingeleiteten Integrationsprozesses aus. Die stetige Zunahme transnationaler Prozesse und Interdependenzen führen zum einen zu einer steigenden Zahl transnationaler Akteure und zum anderen zu einer gesteigerten Nachfrage nach „supranationaler Politikkoordinierung und -regulierung“[56]. Die nationalen Regierungen müssen darauf reagieren und handeln supranationale Regelungen aus, um für die eigenen gesellschaftlichen Akteure Gewinne zu erzielen.[57] Auch wenn der jeweilige Integrationsschritt ursprünglich das Ergebnis zwischenstaatlicher Verhandlungen war, können die Regierungen die langfristige Entwicklung nicht vollständig kontrollieren und es kommt daher sowohl zu intendierten, als auch zu nicht-intendierten Folgen.[58] Diese nicht gewollten Entwicklungen sind das Ergebnis der begrenzten Rationalität der staatlichen Akteure, welche niemals alle Konsequenzen ihrer Entscheidungen über längere Zeiträume übersehen können. Besonders bei der Schaffung gemeinsamer (supranationaler) Organisationen, müssen sie an diese Machtbefugnisse und Entscheidungsgewalt übertragen, um diese tatsächlich effektiv arbeiten zu lassen. Dadurch entstehen Freiräume und Möglichkeiten zur Machterweiterung, die von den Institutionen im Sinne einer Erweiterung ihrer supranationalen Befugnisse und Aufgaben genutzt werden. Auch der Erfolg der geschaffenen Institutionen führt zu einem Ausbau ihrer Befugnisse und damit zu einer Vertiefung der Integration. Diese Entwicklung wird auch mit institutioneller Spillover[59] umschrieben.
Ein zweiter Grund für die eingeschränkte Kontrolle durch die Regierungen besteht in der Komplexität von Politik, insbesondere auf europäischer Ebene. In einem System mit einer derart großen Zahl an involvierten Akteuren, vielfältigen Interaktionen und mehreren Ebenen treten unerwartete Rückkoppelungen und Entwicklungen nur natürlich auf und sind auch von den weitsichtigsten Akteuren nicht vorherzusehen.[60] Ihre permanente Überwachung außerhalb der großen Regierungskonferenzen ist von den nationalen Regierungen niemals vollständig zu leisten. Eine nachträgliche Korrektur erkannter Lücken fällt dabei aus drei Gründen schwer: Erstens widersetzen sich die Akteure selbst einer Beschneidung ihrer einmal akquirierten Macht. Zweitens machen dasselbe Abstimmungsprozedere und die dafür notwendigen Mehrheiten, die eine Bildung von Gemeinschaftsinstitutionen so schwer machen, auch deren Rückbau de facto unmöglich. Drittens schließlich führt die einmal eingegangene Kooperation nicht nur zu Vorteilen, sondern auch, durch die institutionelle Einbindung und die Anpassung der Strukturen der Mitgliedsstaaten, zu hohen Ausstiegskosten („sunk costs“). Selbst wenn die Vorteile sich im Laufe der Zeit verringern sollten, entsteht dadurch eine sogenannte Pfadabhängigkeit, die Regierungen kaum die Wahl eines Ausstiegs oder anderer Alternativen lässt. Schließlich haben die Institutionen und Strukturen auch noch „eine normative und kulturelle Dimension, die über einen längeren Zeitraum – jenseits rationalistischer Kalküle – Politikergebnisse beeinflusst“[61]. Der Supranationalismus nimmt an, dass die Werte und Normen der Institutionen mittel- und langfristig die Identität und Loyalität der in ihnen eingebetteten Akteure und damit deren Verhalten ändern. Diese Entwicklung ist ein Teilaspekt des sogenannten politischen Spillover [62].
Ein weiterer, dieser von Ernst B. Haas, dem Begründer der neofunktionalistischen Integrationstheorie, ins Spiel gebrachten Überschwappeffekte (Spillover), ist schließlich der funktionale Spillover [63]. Bei diesem verselbständigt sich eine unpolitische, technisch begründete Zusammenarbeit, die aufgrund der Sachzusammenhänge auf weitere Bereiche übergreift und schließlich zu einer politischen Zusammenarbeit führt. Für alle drei Effekte gilt, dass jeweils einem vermeintlich harmlosen, rational begründeten Kooperationsschritt eine Vielzahl oft unerwarteter und nicht-intendierter weiterer Schritte folgen, die schließlich zu einer Weiterentwicklung der Integration beitragen.
1.6. Quellen- und Literaturlage/Stand der Forschung
Insgesamt ist die Literaturlage zur GSVP sowohl quantitativ als auch qualitativ als sehr hoch zu bezeichnen. Im Zuge des 10-jährigen Bestehens der GSVP und vor sowie nach Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages gab es 2009/10 noch einmal einen Anstieg an – qualitativ oft hochwertigen - Publikationen zu verzeichnen. Während es also eine kaum noch zu überschauende Fülle von Arbeiten zum Gesamtthemenbereich gibt, sind Veröffentlichungen die sich intensiver mit dem PSK oder der EDA beschäftigen, vergleichsweise selten aufzufinden. Besonders integrationstheoretisch geleitete Arbeiten beschäftigen sich selten mit dem Themenfeld der Außen- und Sicherheitspolitik, da dieser als weitgehend intergouvernementaler Bereich mit wenigen supranationalen Institutionen von geringer Bedeutung gilt, in dem auf absehbare Zeit den Mitgliedsstaaten die entscheidende Bedeutung zukomme und sich Integrationstheorien nur bedingt anwenden ließen.[64] Von daher stößt die Studie hier in eine relative Forschungslücke.
[...]
[1] Vgl. Keohane, Daniel: In defence of European defence, Institut for Security Studies (ISS), ISS Analysis, Paris 2009, abrufbar unter: http://www.iss.europa.eu./uploads/media/In_defence_of_European_defence.pdf, Zugriff am 29.05.2010, S. 1.
[2] Da hier auf die Gründung der ESVP rekurriert wird, wird die Originalbezeichnung verwendet. Ansonsten wird – außer im historischen Kontext - durchgängig die neue Bezeichnung Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) verwendet.
[3] Integration wird in dieser Arbeit als ein Prozess verstanden, der aus einzelnen Elementen eine Ganzheit herstellt, die auf einer gemeinsamen Basis dauerhaft Bestand hat. Die entstandene Einheit stellt mehr dar, als die Summe der vereinten Teile. Sie kann als perpetuierte und institutionalisierte Kooperation beginnen, die von Akteuren aus verschiedenen Nationalstaaten freiwillig herbeigeführt wird. Diese haben das erklärte Ziel der Bildung gemeinsamer, grenzüberschreitend wirksamer Institutionen. Die dabei entstehenden neuen Akteure können supranationaler Natur sein. Politische Integration ist gesondert zu betrachten und wird daher auch eindeutig so bezeichnet, da sie zumindest den partiellen Verzicht von Souveränität und die Anerkennung der dabei entstandenen, übergeordneten Institutionen beinhaltet. Die Entstehung eines gemeinsamen Bewusstseins oder einer gemeinsamen Identität der agierenden und sich integrierenden Akteure kann sowohl Voraussetzung als auch Ergebnis der Integration sein. Vgl. Nohlen, Dieter: Integration, in: Nohlen, Dieter und Schultze, Rainer-Olaf: Lexikon der Politikwissenschaft, Bd. 1 A-M, 4. Aufl., München 2010, S. 412 sowie die Integrationsdefinition bei Schmidt, Siegmar und Schünemann, Wolf J.: Europäische Union. Eine Einführung, Wiesbaden 2009, S. 380.
[4] Schmalz, Uwe: Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, in: Ehrhart, Hans-Georg et al. (Hrsg.): Die Europäische Union im 21. Jahrhundert. Theorie und Praxis europäischer Außen-, Sicherheits- und Friedenspolitik, Wiesbaden 2007, S. 92-107, S. 104.
[5] Vgl. Ebd.; S. 104f. sowie Schmidt: Europäische Union, S. 314f.
[6] Vgl. u.a.: Solana, Javier: Bericht über die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie - Sicherheit schaffen in einer Welt im Wandel., angenommen vom Europäischen Rat, Brüssel, 11./12. Dezember 2008, abrufbar unter: http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressdata/DE/reports/104634.pdf, Zugriff am 29.05.2010, S. 2.
[7] Vgl. Gnesotto, Nicole: EU Security and Defence Policy. The first five years (1999-2004), ISS, Paris 2004, S. 18.
[8] Das Pluszeichen steht für die zu erwartende Aufnahme weitere Mitgliedsstaaten. Mit der Türkei und Kroatien laufen die Beitrittsverhandlungen bereits, bei Island steht eine Aufnahme kurz bevor. Albanien, Montenegro, Mazedonien und Serbien haben ihre Mitgliedschaft beantragt.
[9] Zur Analyse und Bewertung des Vertrages von Lissabon siehe u.a.: Marchetti, Andreas und Demesmay, Claire (Hrsg.): Der Vertrag von Lissabon. Analyse und Bewertung, Baden-Baden 2010 sowie Lieb, Julia; Ondarza, Nicolai von und Schütz, Torsten (Hrsg.): Der Vertrag von Lissabon und seine Umsetzung. SWP-Webdossier, abrufbar unter: http://vt-www.bonn.iz-soz.de/swpthemen/servlet/de.izsoz.dbclear.query.browse.BrowseFacette/domain=swp/lang=de/filter=13/sable=true/qup=true?f58=12698_12698&order=-pubyear,title, Zugriff am 07.07.2010.
[10] Vgl. Rettmann, Andrew: EU takes „historic“ step on new diplomatic service, in: euobserver.com, vom 08.07.2010, abrufbar unter: http://euobserver.com/9/30448, Zugriff am 08.07.2010.
[11] Bendiek, Annegret: Neuer Europäischer Realismus. Abschied von der Idee einer einheitlichen Außen- und Sicherheitspolitik, SWP-Aktuell, Februar 2010, abrufbar unter: http://www.swp-berlin.org/common/get_document.php?asset_id=6786, Zugriff am 29.05.2010.
[12] Bendiek, Annegret und Neyer, Jürgen: Lissabon illustriert Europas Ernüchterung, in Financial Times Deutschland vom 28.12.2009, Online-Ausgabe, abrufbar unter: http://www.ftd.de/politik/europa/:reformvertrag-lissabon-illustriert-europas-ernuechterung/50054702.html, Zugriff am 29.05.2010.
[13] Vgl. Dembinski, Matthias: EU-Außenbeziehungen nach Lissabon, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 18/2010, Bonn 2010, S. 9.
[14] Marchetti: Der Vertrag von Lissabon, S. 16.
[15] Vgl. Varwick, Johannes: Auf dem Weg zur „Euroarmee“, in Internationale Politik, Januar 2007, Online-Ausgabe, abrufbar unter: http://www.internationalepolitik.de/ip/archiv/jahrgang2007/januar2007/auf-dem-weg-zur----euroarmee---.html, Zugriff am 29.05.2010.
[16] Westerwelle, Guido: Die Zukunft europäischer und globaler Sicherheit, Rede zur 46. Münchner Sicherheitskonferenz 2010, abgedruckt in: Europäische Sicherheit, 03/2010, S. 26-28.
[17] Vgl. Solana, Javier: Die Gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik – Das Integrationsprojekt der nächsten Dekade, in: Integration, 23. Jg., 1/2000, S. 1-6, S. 1.
[18] Morisse-Schilbach, Melanie: Diplomacy and CFSP – Insights from historical institutionalism, Dresdner Arbeitspapiere Internationale Beziehungen Nr. 5, Dresden 2002, S. 4.
[19] Beispielsweise in der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU).
[20] Vgl. Keohane, Daniel: Europe´s new defence agency, Centre for European Reform, London 2004, abrufbar unter: http://www.cer.org.uk/pdf/policybrief_defence_agency.pdf, Zugriff am 30.06.2010, S. 2 sowie Witney, Nick: Re-energising Europe´s Security and Defence Policy, European Council on Foreign Relations, London 2008, S. 3. und die Tabelle 1.4. zur sektoralen und vertikalen Integration der EU-Politikfelder bei Rittberger, Berthold und Schimmelfennig, Frank: Kapitel 1 Integrationstheorien: Entstehung und Entwicklung der EU, in: Holzinger et al.: Die Europäische Union. Theorien und Analysekonzepte, Paderborn 2005, S. 19-80, S. 41.
[21] Vgl. Gnesotto: EU Security and Defence Policy, S. 21; Major, Claudia: Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach Lissabon. Neue Möglichkeiten, aber kein grundlegender Wandel, SWP-Aktuell, Januar 2010, abrufbar unter: http://www.swp-berlin.org/common/get_document.php?asset_id=6739, Zugriff am 03.06.2010, S. 1.
[22] Vgl. Bendiek: Neuer Europäischer Realismus, S. 2f.
[23] Müller-Brandeck-Bocquet beschreibt dies als einen Prozess „which does not have recourse to the Community methods of the First Pillar, and yet denationalizes the CSFP by diminishing the roles of the Member states and of intergovernmentalism. Thus brusselizing the CFSP means that while relevant competencies do remain ultimately at the disposal of the Member States, the formulation and implementation of policy will be increasingly europeanized and brusselized by functionaries and services housed permanently at Brussels.“ Müller-Brandeck-Bocquet, Gisela: The New CFSP and ESDP Decision-Making System of the European Union, in: European Foreign Affairs Review, No. 7/2002, S. 257-282, S. 261.
[24] Europäisierung meint ebenfalls den Prozess der Einbindung aller Akteure in die europäische Perspektive, in die EU-Abläufe und Gepflogenheiten, die Sozialisierung in Brüssel durch den ständigen Kontakt und das Bewegen auf dem Terrain der Union. Auch die Ausrichtung der nationalen Politiken im Bereich der Außen und Sicherheitspolitik auf die Umsetzung von - noch immer nationaler - Politik im europäischen Rahmen, die nicht ohne Rückwirkung auf dieselbe bleiben kann. Zum Teil ist mit beiden Begriffen auch die – über die EU hinausgehende – hohe Interaktionsdichte zwischen den Außen- und Sicherheitspolitikern in EU, NATO, WEU und allen weiteren Organisationen und Think Tanks in Brüssel gemeint. Vgl. hierzu Peters, Dirk und Wagner, Wolfgang: Kapitel 5 Die Europäische Union in den internationalen Beziehungen, in: Holzinger et al.: Die Europäische Union. Theorien und Analysekonzepte, Paderborn 2005, S. 255. In dieser Arbeit werden die Begriffe synonym verwendet.
[25] Dual-Use-Güter sind Erzeugnisse, die sowohl zivilen, als auch militärischen Zwecken dienen können. Beispiele sind Funkgeräte, Flugzeugtriebwerke, Satellitennavigation oder Computer.
[26] Zitiert nach Marchetti: Der Vertrag von Lissabon, S. 260. Kursivsetzungen im Original.
[27] Häufig wird auch das französische Kürzel COPS (Comité politique et de sécurité) zur Bezeichnung des PSK gebraucht. In dieser Arbeit werden beide Begriffe verwendet.
[28] In diesem Fall wird die allgemein gebräuchlichere englische Abkürzung der European Defence Agency = EDA verwendet.
[29] Vgl. Lang, Sybille: Institutionelle Fähigkeitsentwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, in: Siedschlag, Alexander (Hrsg.): Jahrbuch für europäische Sicherheitspolitik 2006/2007, Baden-Baden 2007, S. 143-154, S. 143.
[30] Perthes, Volker: Europäischer Lernprozess. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik wird zehn Jahre alt. Wächst sie nun aus den Kinderschuhen heraus?, in: Handelsblatt vom 03.02.2009, S. 9.
[31] Vgl. Wessels, Wolfgang: Theoretical Perspectives. CFSP beyond the Supranational and Intergovernmental Dichotomie in: Mahncke, Dieter; Ambos, Alicia; Reynolds, Christopher (Hrsg.): European Foreign Policy. From Rhetoric to Reality, Brüssel 2006, S. 61-96, S. 61. Wesentlich kritischer äußert sich hierzu Annegret Bendiek. Sie sieht die Wahrnehmung der EU in der Öffentlichkeit als bedeutenden strategischen Akteur, trotz der hier genannten Erfolge, kaum gegeben. Bendiek, Annegret: Die EU als globaler Akteur. Unklare „Strategien“, diffuses Leitbild, SWP-Studie, April 2009, S. 5, abrufbar unter: http://www.swp-berlin.org/common/get_document.php?asset_id=5898, Zugriff am 07.07.2010.
[32] Seidelmann, Reimund: Das ESVP-Projekt und die EU-Krisenreaktionskräfte: Konstruktionsdefizite und politische Perspektiven, in: Integration, 25. Jg., 2/2002, S. 111-124, S. 111.
[33] Vgl. Ebd.: S. 111.
[34] Meiers, Franz-Josef: EU als Militärmacht, in: Ehrhart, Hans-Georg et al.: Die Europäische Union im 21. Jahrhundert. Theorie und Praxis europäischer Außen-, Sicherheits- und Friedenspolitik, Wiesbaden 2007, S. 133-147, S. 134.
[35] Vgl. Peters: Kapitel 5 Die Europäische Union in den internationalen Beziehungen, S. 264.
[36] Vgl. Schmidt, Siegmar und Schünemann, Wolf J.: Europäische Union, Online-Materialien, Dokument 17, Funktionen von sozialwissenschaftlichen Theorien, abrufbar unter: http://www.nomos-extra.de/ne/pdf/SchueSchmidt_17.pdf, Zugriff am 15.06.2010.
[37] Vgl.: Schmidt: Die Europäische Union, S. 398.
[38] Vgl. Ebd.: S. 283.
[39] Vgl. Rittberger: Kapitel 1 Integrationstheorien, S. 24.
[40] Vgl. Ebd.: S. 22ff.
[41] Vgl. Ebd.: S. 24.; IB steht für die politikwissenschaftliche Teildisziplin Internationale Beziehungen (IB).
[42] Vgl. Schmidt: Europäische Union, S. 394f.
[43] Vgl. Rittberger: Kapitel 1 Integrationstheorien, S. 27f.
[44] Wagner, Wolfgang und Hellmann, Gunther: Zivile Weltmacht? Die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union, in: Jachtenfuchs, Markus und Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Europäische Integration, 2. Aufl., Opladen 2003, S. 569-596, S. 572.
[45] Die Ausnahme bilden außenpolitische Vorgänge, die mit direkten wirtschaftlichen Vor- oder Nachteilen einhergehen, wie z.B. Sanktionen oder Embargos, von denen innerstaatliche Akteure betroffen sind. Vgl. Rittberger: Kapitel 1 Integrationstheorien, S. 52.
[46] Bieling, Hans-Jürgen: Intergouvernementalismus, in: Bieling, Hans-Jürgen und Lerch, Marika (Hrsg.): Theorien der europäischen Integration, 2. Aufl., Wiesbaden 2006, S. 91-116, S. 100.
[47] Vgl. Ebd.: S. 99ff. sowie Rittberger: Kapitel 1 Integrationstheorien, S. 48
[48] Vgl. Ebd.: S. 29.
[49] Ein Beispiel wären hier die komplizierten Verhandlungen über die europäischen Aggrarsubventionen. Vgl.: Schmidt: Europäische Union, S. 395.
[50] Steinhilber, Jochen: Liberaler Intergouvernementalismus, in: Bieling, Hans-Jürgen und Lerch, Marika (Hrsg.): Theorien der europäischen Integration, 2. Aufl., Wiesbaden 2006, S. 169-196, S. 183.
[51] Vgl. zu den Spillover-Effekten den anschließenden Abschnitt zum Supranationalismus.
[52] Schmidt: Europäische Union, S. 393.
[53] Bieling: Intergouvernementalismus, S. 101.
[54] Vgl.: Ebd.: S. 101.
[55] Die weitere Darstellung, so weit nicht anders vermerkt, orientiert sich an Morisse-Schilbach, Melanie: Historischer Institutionalismus, in : Bieling, Hans-Jürgen und Lerch, Marika (Hrsg.): Theorien der europäischen Integration, 2. Aufl., Wiesbaden 2006, S. 271-292.
[56] Rittberger: Kapitel 1 Integrationstheorien, S. 36.
[57] Vgl. Ebd.: S. 36.
[58] Vgl. Ebd.: S. 31.
[59] Institutioneller Spillover bezieht sich auf die Aktivitäten und Fähigkeiten der supranationalen Institutionen. Entgegen der intergouvernementalistischen Annahme einer gleichmäßigen Verteilung der vorhandenen Information, wird hier von einem Informationsvorsprung der supranationalen Institutionen ausgegangen, den diese aufgrund ihres Aufbaus und ihrer Funktion besitzen. Diesen können sie dann zur Förderung der Integration und zum Ausbau ihrer eigenen Position ausnutzen.[59] Auch zunächst nicht supranational konzipierte oder nur mit wenig Kompetenzen und Autonomie ausgestattete supranationale Institutionen schaffen durch die von ihnen erbrachten Leistungen ein Klima, dass den beteiligten Akteuren den Ausbau der Institution und der Zusammenarbeit sowie eine Erweiterung der Kompetenzen geradezu aufzwingt bzw. rational aufdrängt. Hieraus entstehen dann weitere Integrationsschritte. Diese Form des Spillover wird auch als cultivated Spillover bezeichnet. Vgl. Wolf, Dieter: Neo-Funktionalismus, in: Bieling, Hans-Jürgen und Lerch, Marika (Hrsg.): Theorien der europäischen Integration, 2. Aufl., Wiesbaden 2006, S. 65-90, S. 73f.
[60] Vgl. Rittberger: Kapitel 1 Integrationstheorien, S. 36.
[61] Morisse-Schilbach: Historischer Institutionalismus, S. 286f.
[62] Politischer Spillover entspricht im weitesten Sinne der sogenannten „Elitensozialisation“, bei der über Verhandlungskompromisse nach einem ersten Integrationsschritt die Integration weiter vorangetrieben wird, da die politischen Erwartungen, Aktivitäten und Identitäten wesentlicher Akteure - auch aufgrund rationaler Vorteile - auf die neue Entscheidungsebene hin orientiert sind. Auch ihre Werte und Präferenzen verändern sich durch die permanenten Kontakte positiv in Richtung Erweiterung der politischen Integration. Vgl. Schmidt: Europäische Union, S. 390 sowie Rittberger: Kapitel 1 Integrationstheorien, S. 35.
[63] Als häufigstes Beispiel für funktionalen Spillover wird die Gründung der Montanunion angeführt, die schließlich nach Jahrzehnten in den gemeinsamen Markt mündete. Vgl. Schmidt: Europäische Union. S. 391.
[64] Wagner: Zivile Weltmacht?, S. 571.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2010
- ISBN (PDF)
- 9783863415747
- ISBN (Paperback)
- 9783863410742
- Dateigröße
- 961 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Hamburg
- Erscheinungsdatum
- 2011 (September)
- Note
- 1
- Schlagworte
- Europäische Union Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik Europäische Integration Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee Europäische Verteidigungsagentur GSVP