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Kochen mit der Sonne: Konzeption eines einfachen Solarkochers und Durchführung eines Baukurses

©2010 Bachelorarbeit 61 Seiten

Zusammenfassung

Die globale Erwärmung der Erdatmosphäre wird zu Recht mit dem Treibhauseffekt in Verbindung gebracht, der wiederum auf den stetigen Anstieg der Konzentration an CO2 zurückzuführen ist. Zu diesem Anstieg leisten zwar die Industrienationen den hauptsächlichen Beitrag, allerdings sind auch die Länder der so genannten Dritten Welt maßgeblich daran beteiligt, denn die Menschen dort nutzen zur Zubereitung warmer Mahlzeiten vorwiegend Holz. Die damit verbundene Abholzung von Baumbeständen erfolgt bereits seit vielen Jahren deutlich schneller als das natürliche Nachwachsen und Aufforstungsmaßnahmen zusammen genommen.
Solarkocher haben sich in den letzten Jahren als adäquater Ansatz erwiesen, diesem Problem zu begegnen. Hoher Materialpreis und komplexer Aufbau sind allerdings Kriterien, die sowohl für Nutzer als auch für Entwicklungshelfer mit Multiplikatorfunktion große Schwierigkeiten darstellen. Ein möglicher Weg, diese Störfaktoren zu beseitigen, stellen Low-Cost-Solarkocher dar, die zudem einfach aufgebaut sind und auch leicht nachgebaut werden können. Allerdings muss ein Multiplikator den Bau eines solchen Solarkochers zunächst selbst erlernen und sein Prinzip verstehen, um diese Inhalte vermitteln zu können. Die bisher bekannten didaktischen Konzepte sind in verschiedenem Ausmaß nachhaltig. Als besonders effizient gelten die Lehrmethoden aus dem Bereich des Konstruktivismus.
Die vorliegende Arbeit zeigt am Beispiel eines einfachen Solarkochers aus Wellpappe und Reflektorfolie, wie sich ein Baukurs auf der Basis der hermeneutischen Methode unabhängig von der Zielgruppe konzipieren und durchführen lässt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

0. Vorwort

1. Gegenstand und Ziel der Arbeit
1.1. Thematischer Inhalt
1.2. Die Umsetzung von Lernzielen des Studiums in der Arbeit

2. Der Solarkocher
2.1. Konstruktionstypen von Solarkochern
2.2. Die Konstruktion
2.3. Die physikalischen Aspekte des Solarkochers

3. Die Konzeption des Baukurses für den Solarkocher
3.1. Ziele des Baukurses
3.2. Durchführung und Auswertung

4. Fazit

5. Ausblick

6. Anhang
6.1. Abbildungen
6.2. Diagramme
6.3. Fragebögen

7. Literaturverzeichnis

0. Vorwort

Das Zeitalter der Industrialisierung bringt für die Menschheit viele Annehmlichkeiten. Zu nennen sind elektrischer Strom aus einem zuverlässigen Netz, Kraftfahrzeuge so wie Waren und Güter aus der ganzen Welt. Dabei wird jedoch meist vergessen, dass diese moderne Bequemlichkeit viele Probleme mit sich bringt. Das größte dieser Probleme ist der für die fortschreitende Erwärmung der Atmosphäre verantwortliche übermäßig hohe Ausstoß von Kohlenstoffdioxid, der die fotosynthetische Kapazität der Grünvegetation der Erde seit Jahrzehnten um ein Vielfaches übersteigt. Dazu kommt erschwerend hinzu, dass die Grünvegetation insgesamt schwindet. Diese Abnahme hat im wesentlichen zwei Ursachen, zum einen die Erwärmung der Atmosphäre selbst, die eine Austrocknung von Grünlandschaften wie z. B. Steppen bewirkt, andererseits durch menschliche Interaktion in Form von Rodung. Letztgenannter Effekt hat zur Folge, dass weltweit kontinuierlich Waldflächen verschwinden. So haben alleine in Afrika die Waldflächen zwischen 1980 und 1995 um ungefähr 10,5 % abgenommen (siehe [8], S. 210). In der jüngeren Vergangenheit wurden bereits einige Projekte zur Wiederaufforstung gerodeter Waldflächen initiiert, diese konpensieren die weltweite Bestandsabnahmerate zur Zeit jedoch nicht annähernd. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre wird ebenfalls dadurch gesteigert, dass viele Menschen in den Entwicklungsländern Holz als Brennstoff benutzen, da sie davon abhängig sind (siehe [4], S. 11). Zur Zubereitung von Nahrung verwenden die meisten Naturvölker immer noch Brennholz, das täglich gesammelt werden muss. Da in der freien Natur immer weniger Brennholz direkt verfügbar ist, müssen die Menschen (in der Regel Frauen) mitunter 10 Kilometer und mehr zu Fuß zurücklegen, um genügend Holz zur Zubereitung einer Mahlzeit zu sammeln (siehe [4], S. 9).

Um diesen Problemen wirksam zu begegnen, wurde im Lauf des 20. Jahrhunderts nach alternativen Energiequellen gesucht. Dies führte zur Entwicklung von Solarkochern. Der Vorläufer der heute bekannten Parabolspiegelkocher wurde bereits im mittleren 19. Jahrhundert von Augustin Mouchot konstruiert. Er bestand aus einem konischen Spiegel, in dessen Drehachse ein Röhrenkollektor angebracht war, der Wasserdampf zum Betrieb einer Dampfmaschine erzeugte. Nach dieser Vorlage baute Mouchot einen kleinen Solar-Reisekocher, der die Zubereitung kleiner Gerichte für bis zu zwei Personen ermöglichte. Die ersten Experimente jedoch führte der Schweizer Horace de Saussure im 18. Jahrhundert durch und konstruierte darauf basierend die erste Kochkiste (siehe [2]. S. 15).

In den letzten Jahrzehnten haben sich weltweit zahlreiche Organisationen gegründet, die sich mit dem solaren Kochen beschäftigen und immer wieder neue Solarkocher konstruieren. In Deutschland sind EG SOLAR, ULOG, Solare Brücke und LAZOLA die bekanntesten Organisationen, wobei die in Paderborn ansässige LAZOLA-Initiative schwerpunktmäßig die Verbreitung des solaren Kochens betreibt. Wenngleich auch solche Initiativen die Multiplikation (siehe Kapitel 3.) der Idee des solaren Kochens propagieren, ist dies dennoch eine Tätigkeit, die jede Einzelperson und jede Kleingruppe ausüben kann, sei es in Form von Projekten, auf Vereinsebene oder ehrenamtlich in kleinerem Rahmen. Die Ausführung einer Funktion als Multiplikator erfordert selbstverständlich einige Vorkenntnisse. So muss der Multiplikator nicht nur die Funktionsweise und den Bau eines Solarkochers kennen, sondern darüber hinaus in der Lage sein, diese Kenntnisse weiter zu vermitteln und andere Menschen im Bau eines Solarkochers zu unterweisen.

Die vorliegende Arbeit beschreibt am Beispiel eines einfach strukturierten Low-Cost-Solarkochers, wie mit einfachen Mitteln und Materialien, die zumindest in den Industrienationen alltäglich sind, ein funktionierender Solarkocher hergestellt werden kann und beschreibt die Konzeption eines Baukurses für diesen Kocher, bei dem eine Lehrmethode aus dem Bereich der konstruktivistischen Didaktik Anwendung findet. Dadurch, dass den Rezipienten die Inhalte des Baukurses nicht in Form von Frontalunterricht präsentiert werden und sie nur Anweisungen ausführen, sondern sich diese Inhalte selbst erarbeiten und erschließen müssen, manifestiert sich das Gelernte besser im Gedächtnis. Die Rezipienten sind somit sicherer und trauen sich die Rolle als Multiplikator viel eher zu.

Nur, wenn möglichst viele Menschen und Initiativen mithelfen, lässt sich die Idee des solaren Kochens auch verbreiten.

1. Gegenstand und Ziel der Arbeit

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung eines einfach aufgebauten Low-Cost-Solarkochers sowie Planung, Durchführung und Auswertung eines Baukurses zu diesem Solarkocher.

Der Solarkocher-Baukurs soll einen Einblick in das Funktionsprinzip eines Solarkochers geben und das Konstruktionsprinzip vermitteln, so wie die Teilnehmer darauf vorbereiten, die Kursinhalte weiter zu vermitteln.

1.1. Thematischer Inhalt

Der in dieser Arbeit vorgestellte Kocher zeichnet sich durch seine einfache Bauweise, sein geringes Gewicht und durch geringe Materialkosten aus. Letzter Aspekt resultiert unter anderem daraus, dass für den Bau nur wenig verschiedene Werkstoffe benötigt werden und diese auch in Form von gebrauchten Materialien verwendet werden können. Die einfache Bauweise ermöglicht einen unkomplizierten Zusammenbau und ein schnelles Aufstellen des Kochers. Die Einfachheit der Konstruktion ist damit begründet, dass jeder ihn bauen können soll, was für die weltweite Verbreitung und den universellen Einsatz unabdingbar ist.

Trotz seiner Einfachheit ist der Aufbau des Kochers nicht intuitiv und selbsterklärend, sondern muss erlernt werden. Diesen Zweck soll ein ebenfalls im Rahmen dieser Arbeit konzipierter Baukurs erfüllen, dessen Ziel nicht nur ist, den Zusammenbau des Solarkochers zu vermitteln, sondern auch, die Teilnehmer auf eine so genannte Multiplikatorfunktion vorzubereiten. Gemeint ist hiermit, dass die Kursteilnehmer sich zumindest zutrauen sollten, die Idee des solaren Kochens in ihrem persönlichen Umfeld zu verbreiten und anderen den Bau eines Solarkochers zu vermitteln. Um dieser gesellschaftlichen Rolle gerecht zu werden, ist es notwendig, die Inhalte des Baukurses mit eigenen Gedanken nachzuvollziehen. Dafür reicht es nicht aus, den Bau des Kochers nach Anleitung oder durch Erklärung gelernt zu haben, sondern erfordert die Arbeitsschritte durch Nachdenken und Überlegen weitgehend eigenständig zu entwickeln. Hier ist es ebenfalls sehr nützlich, wenn sich die Kursteilnehmer gegenseitig Hilfestellungen geben und einzelne Arbeitsschritte erklären. Diese Vorgehensweise ist dem Konzept 'Lernen durch Lehren' (LdL) entlehnt.

1.2. Die Umsetzung von Lernzielen des Studiums in der Arbeit

Das Studium im Modellversuch der gestuften Lehrerbildung beinhaltet unter anderem den Bereich 'Bildung und Wissen' (BiWi), zu dessen Lernzielen gemäß (BiWi-Broschüre) der Erwerb der fünf Schlüsselkompetenzen

- Kommunikationsfähigkeit
- Fremdsprachenkompetenz
- Medienkompetenz
- Umgang mit Verschiedenheit
- Beratung und Vermittlung (Praxisphasen)

zählt. Die vorliegende Arbeit beinhaltet zusätzlich zum fachwissenschaftlichen Thema und den fachdidaktischen Fragestellungen sowohl die Anwendung als auch (zumindest in Teilen) die Weitervermittlung dieser Schlüsselkompetenzen.

Die Anwendung der Kompetenzen erfolgt bei der Durchführung der Baukurse, die sich in mehreren Aspekten unterscheiden. Ein Unterschied betrifft die Zielgruppen der Baukurse. Der erste Kurs wurde mit Jugendlichen im Alter von 12 bis 14 Jahren, die verschiedene Schulen besuchen, durchgeführt. Keiner der Jugendlichen hat einen Migrationshintergrund. Einige der Jugendlichen verfügten bereits über Vorkenntnisse im Bereich Solarenergie oder haben sich bereits mit der Thematik des solaren Kochens beschäftigt.

Die Teilnehmer des zweiten Baukurses waren junge Erwachsene aus Deutschland, Ungarn und Weißrussland, die an einem Workcamp teilnahmen. In dieser Gruppe war das Spektrum der Heterogenität entsprechend groß. Die Workcamp-Teilnehmer aus Ungarn und Weißrussland sprachen kein Deutsch, konnten sich jedoch in Englisch gut verständigen. Dieser Sachverhalt erzwang und ermöglichte die Anwendung der Fremdsprachenkompetenz im Sinne der Benutzung der englischen Sprache inklusive Fachterminologie. Darüber hinaus wurde für die Erstellung der Arbeit englischsprachige Fachliteratur herangezogen. Der Umgang mit Verschiedenheit war im ersten Kurs insofern relevant, als dass unterschiedliche Vorkenntnisse zu berücksichtigen waren. Im zweiten Kurs waren als zusätzliche Aspekte die verschiedenen Nationalitäten sowie Unterschiede in der Einstellung gegenüber der Solarenergie und verwandten Themen zu berücksichtigen. Diese Faktoren machen es erforderlich, andere Herangehensweisen an das Thema des solaren Kochens in Betracht zu ziehen.

2. Der Solarkocher

Bisher sind drei Funktionsprinzipien von Solarkochern bekannt, das Reflektorprinzip, das Kistenprinzip und eine Kombination aus beidem. Entgegen dieser Überschaubarkeit ist die Vielfalt der Konstruktionstypen sehr groß. Sowohl das Spektrum der Komplexität von sehr einfach bis extrem kompliziert als auch die Spanne der Materialkosten von Beträgen im Bereich weniger Cent bis hin zu Größenordnungen von 10.000 € werden komplett ausgeschöpft.

2.1. Konstruktionstypen von Solarkochern

Die bisher verfügbare Literatur z. B. [2] beschreibt eine Vielzahl von Solarkocher-Typen. Um über die Vielfalt von Solarkochern einen Überblick zu geben, werden exemplarisch einige Bautypen skizziert.

Bei den Reflektorkochern ist zu unterscheiden zwischen Konzentrator und Sammler (Panel-Typ). Während der Konzentrator die parallel einfallenden Sonnenstrahlen mithilfe von Parabolspiegeln in einem Brennpunkt bündelt, in dem sich der Kochtopf befindet, reflektieren die Spiegelflächen des Sammlers das Sonnenlicht als Parallelstrahlen aus verschiedenen Richtungen auf das Kochgefäß.

Zu den Konzentratorkochern zählt auch der bekannteste Solarkocher, der von der EG SOLAR in Altötting entwickelte und auch in Serie gefertigte SK14 (Abb. 1).

Dieser Kocher besteht aus einem Parabolspiegel mit einem Durchmesser von 1,4 Metern, in dessen Brennpunkt der schwarze Kochtopf platziert ist. Mit 1,5 m² Kollektorfläche lässt sich eine Nutzleistung von bis zu 700 W erreichen. Die Leistung des SK14 reicht aus, um bis zu zehn Personen mit einer warmen Mahlzeit täglich zu versorgen. Dieser Solarkocher wird in vielen Entwicklungsländern sehr erfolgreich eingesetzt. Mit seinem Projekt 'rainsolar – Regenwald für jedes Kind' hat in den 90er Jahren der Entwicklungshelfer Matthias Seul diesen Kocher in Brasilien und auf den Philippinen zahlreich verbreitet.

Ein mit 2 m² Kollektorfläche noch leistungsstärker Parabolspiegelkocher ist der Papillon, dessen Spiegel fächerartig angeordnet sind, so dass der Kochtopf sehr einfach zu erreichen ist (Abb. 2).

Ein Beispiel für den Panel-Typ ist der Trichter-Kocher. Dieser Kocher wurde von dem amerikanischen Physiker Steven Jones konzipiert und durch Michael Bonke von der Solarkochschule Rheinbach weiterentwickelt. Beim Trichter-Kocher bilden 12 bis 15 zu einem Kegel angeordnete Reflektorelemente einen Lichtsammler, der die Sonnenstrahlung zum Zentrum lenkt und verstärkt. Da die Reflektorelemente planar sind und kein Paraboloid bilden, besitzt der Trichter-Kocher nicht die entsprechende Eigenschaft eines Konzentrators (Abb. 3).

Ein weiterer Konstruktionstyp ist der Boxkocher, auch Kochkiste oder Kochbox genannt. Dieser Typ kommt ohne Reflektoren aus und nutzt den Treibhauseffekt zur Gewinnung von Wärme aus Sonnenstrahlung. Die Kochkiste besteht aus einer Außen- und einer Innenwanne, deren Zwischenraum mit einer Isolation ausgekleidet ist. Die Eintrittsfläche für die Strahlung bildet ein Deckel in Gestalt eines doppelt verglasten Fensters. Ein Beispiel für einen Boxkocher ist der von Jo Hasler entwickelte LAZOLA 3, der speziell auf die manuelle Endmontage im Entwicklungsland ausgerichtet ist (Abb. 4).

Beim im Kurs verwendeten Modell handelt es sich um einen Panel-Kocher, der aus vier Reflektoren in der Form eines spitzwinkligen Dreiecks besteht, die zu einer spitzen Pyramide angeordnet sind. Diese Reflektoren leiten das einfallende Sonnenlicht in Richtung der Spitze dieser Pyramide, in deren Nähe das Kochgefäß platziert wird (Abb. 5). Ein erfolgreicher Garprozess setzt besondere Eigenschaften des Kochgefäßes voraus. So ist eine mattschwarze Lackierung erforderlich, um möglichst viel Strahlung zu absorbieren. Die schwarze Farbe darf keine toxischen Stoffe enthalten, da diese sonst in das Kochgut diffundieren könnten. Das Gefäß muss zudem in ein bis zwei Schichten Bratschlauchfolie verpackt werden, die als Wärmedämmung dient (Abb. 6).

Die Materialien, aus denen der Kocher besteht, befinden sich in den Industrienationen im alltäglichen Gebrauch, sind dort einfach zu beschaffen und kosten nur geringe Beträge. Die Industrienationen profitieren in sehr hohem Maß von den Entwicklungsländern, indem sie viele der dort erzeugten Produkte importieren. Als Beispiel seien Kaffee, Bananen und Kakao genannt. Kommen beim Bau von Solarkochern nun Materialien zum Einsatz, die in Entwicklungsländern unbekannt sind, dann hat dies den Effekt, dass die Menschen dort neue Werkstoffe kennen lernen und so auch Güterverkehr in der Gegenrichtung statt findet. Aufgrund der viel zu niedrigen Erzeugerpreise für die meisten Güter aus Entwicklungsländern und der damit verbundenen geringen Löhne ist es notwendig, in der so genannten Dritten Welt bezahlbare Solarkocher anzubieten.

Dem finanziellen Aspekt kommt für die Verbreitung dieses Kochertyps in Entwicklungsländern eine tragende Rolle zu, da ein Solarkocher kein Luxusgut oder Statussymbol für (relativ) wohlhabende Familien sein darf, sondern für alle bedürftigen Menschen in den Zielregionen bezahlbar sein muss.

An die Konstruktion werden ebenfalls gewisse Anforderungen gestellt. Ein Solarkocher sollte leicht, gut zu verstauen und einfach aufzubauen sein.

In Entwicklungsländern liegt häufig die Situation vor, dass große Familien in kleinen Häusern oder Hütten auf engstem Raum zusammen leben, daher steht für die Zubereitung der Mahlzeiten in der Regel sehr wenig Zeit zur Verfügung. Diesem Faktor soll mit dem in der vorliegenden Arbeit behandelten Modell in möglichst großem Umfang Rechnung getragen werden. Ein diesbezüglich besonders hilfreiche Eigenschaft ist, dass der Kochvorgang nicht beaufsichtigt werden muss. Allerdings sollte der Kocher in Abständen von 30 bis 40 Minuten der Sonne nachgeführt werden.

2.2. Die Konstruktion

Für den Bau des Solarkochers werden nur Materialien benutzt, die zumindest in den Industrienationen im alltäglichen Leben zu finden sind und deren Beschaffung dem gemäß unproblematisch ist. Zudem sind die Materialien nicht teuer.

Folgendes Material wird für den Bau des Kochers benötigt:

- 2 Bögen Wellpappe 118cm * 78cm (Maße variabel)
- 1 Rettungsdecke 210cm * 160cm
- Flüssigkleber (alternativ: doppelseitiges Klebeband), besser: Sprühkleber
- Textilklebeband (Panzerband)
- Paketschnur
- 4 Vielzweckklemmen (Papierklemmen)

Zum Kochen wird benötigt:

- Bratschlauchfolie
- Kochtopf (mattschwarz lackiert)

Erforderliches Werkzeug:

- Cutter-Messer
- Bleistift
- Schere
- ggf. Briefbeschwerer oder Kieselsteine
- ggf. Notiz-Klebeband (leicht ablösbar)

Zwar wurden in den Kocher-Baukursen aus organisatorischen Gründen fertige Wellpappbögen benutzt, statt dessen kann auch Wellpappe in Form von ausgedienten Verpackungen für Möbel oder ähnliches benutzt werden. Dies würde auch die Umsetzung der Idee, Verpackungsabfall wieder zu verwenden, fördern.

Der folgende Abschnitt erhebt nicht den Anspruch, eine verbindliche Bauanleitung für den Solarkocher zu sein, sondern dient als Beschreibung der Arbeitsschritte, wie sie bei der Anfertigung der Prototypen im Rahmen der Entwicklung des Kochers ausgeführt wurden.

Zuerst werden die beiden Wellpappbögen so zugeschnitten, dass daraus zwei Wandelemente entstehen, die die Form eines spitzen gleichschenkligen Dreiecks haben (Abb. 10). Gleichzeitig entstehen dabei zwei Reststücke (Abb. 11), die jeweils kongruent sind zu einem halben Wandelement. Diese Reststücke sind kein Abfall, sondern werden zu einem weiteren Wandelement zusammengesetzt (Abb. 13). Dies geschieht mithilfe von kurzen Streifen (ca. 10 bis 15 cm) des Textilklebebandes.

Die Wandelemente werden im nächsten Schritt mit der Rettungsdecke beklebt. Dabei ist darauf zu achten, dass die reflektierende Schicht (silbern) außen liegt (Abb. 7). Dies geschieht mit Flüssig- oder Sprühkleber bzw. mit doppelseitigem Klebeband.

Die ersten zwei Arbeitsschritte können auch vertauscht werden, was sich sehr empfiehlt, da sich die Rettungsdecke dann leichter schneiden lässt und weniger reißt. Die Bögen sollten in diesem Fall idealerweise so platziert werden, dass sie an den kurzen Seiten der Rettungsdecke gleich weit überstehen. Die dadurch frei bleibenden Flächen können später mit zugeschnittenen Bahnen oder Reststücken aus dem Material der Rettungsdecke beklebt werden (Abb. 8).

Der folgende Arbeitsschritt besteht darin, die vier Wandelemente miteinander zu verbinden. Dazu werden die Elemente mit der reflektierenden Fläche nach unten fächerförmig nebeneinander gelegt (Abb. 14). Es ist sehr wichtig, zwischen benachbarten Wandelementen einen Abstand von zwei bis drei Zentimetern zu halten, da sich der fertige Solarkocher sonst nicht zusammenfalten lässt. Die Verbindungen der Wandelemente lässt sich sehr gut mit Panzerband bewerkstelligen, das in vier bis sechs Streifen von zehn bis 15 Zentimetern Länge quer zum Verlauf der Kanten aufgeklebt wird. Das Klebeband muss durch Gegendruck möglichst fest mit der Wellpappe verbunden werden, da sonst die gewünschte Stabilität der Verbindungen nicht gewährleistet ist.

2.3. Die physikalischen Aspekte des Solarkochers

Bei der Nutzung von Sonnenenergie zur Zubereitung von Nahrung wird von drei Effekten Gebrauch gemacht: der Absorption von Wärmestrahlung, der Umwandlung von elektromagnetischer Strahlung geringerer Wellenlängen (und damit höheren Energien) in längerwellige Infrarotstrahlung sowie von der Wärmestauung durch Isolation, wodurch eine Konvektion der erwärmten Luft bewirkt wird.

Absorption wird durch die schwarze Oberfläche des Kochgefäßes erreicht. Gemäß [3] sind zwei Arten von Infrarotstrahlung zu unterscheiden: das ferne Infrarot (wird von der Atmosphäre stark absorbiert), das mittlere (thermische) Infrarot und das nahe (fotografische) Infrarot. Für die Gewinnung von Wärme durch Absorption ist die thermische Infrarotstrahlung im Wellenlängenbereich zwischen 3.000 und 50.000 nm relevant. Die fotografische Infrarotstrahlung dagegen, die im Wellenlängenbereich von 780 bis 1450 nm liegt, ist nur indirekt in Wärme umwandelbar. Sie muss vorher in das thermische Infrarot mit größerer Wellenlänge umgewandelt werden. Dies geschieht bei dem Kocher, auf den sich die vorliegende Arbeit bezieht, im Bereich zwischen der Bratschlauchfolie und dem Kochgefäß. In diesem Bereich tritt auch der Wärmestau ein, der den Wirkungsgrad des Kochers deutlich steigert.

Die Ursache für den Wärmestau ist die geringe Durchlässigkeit der Bratschlauchfolie für die thermische Infrarotstrahlung. Die fotografische Infrarotstrahlung hingegen dringt in das Innere der aus dem Bratschlauch gebildeten Kammer ein und wird an der schwarzen Oberfläche des Kochgefäßes in langwellige thermische Infrarotstrahlung umgewandelt, die die Kammer nicht mehr verlassen kann.

Zum Berechnen des zeitlichen Temperaturverlaufs im Kochtopf wird zunächst die thermodynamische Energiebilanz aufgestellt (siehe [4], S. 44 -47). Sie stellt vereinfacht die genutzte Heizleistung der einfallenden Strahlungsleistung der Sonne und dem Leistungsverlust gegenüber:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hierbei istAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie Wärmeleistung, die einen thermischen Energiefluss darstellt und gemäß

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

definiert ist, wobei m die Masse des erwärmten Körpers (hier des Kochguts einschließlich Gefäß) und cp dessen spezifische Wärmekapazität ist. Die einfallende Strahlungsleistung beträgt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der einfallenden Strahlungsleistung stehen die thermischen Verluste des Kochtopfes entgegen, die durch die Oberfläche des Topfes ATopf und den Wärmedurchgangskoeffizienten U bestimmt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit diesen drei Gleichungen lässt sich die Differentialgleichung für die Temperatur im Kochgefäß aufstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für diese Differentialgleichung lässt sich die Berechnung der Lösung vereinfachen, wenn statt der Temperatur im Topf die Differenz zur Umgebungstemperatur

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

eingesetzt wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit dem Exponentialansatz ergibt sich als Lösung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Lösung lässt sich nun wieder zurückführen auf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die Kochzeit ergibt sich durch Umstellen der Gleichung nach t

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein weiterer wichtiger Parameter eines Solarkochers ist die Stillstandstemperatur, die als die Temperatur definiert ist, bei der die thermischen Verluste mit der einfallenden Strahlungsleistung identisch sind. Dies entspricht dem theoretischen Fall

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

woraus folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Damit wird

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

bzw.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2010
ISBN (PDF)
9783863415884
ISBN (Paperback)
9783863410889
Dateigröße
4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dortmund
Erscheinungsdatum
2012 (März)
Note
1,3
Schlagworte
Solarkocher Solarenergie Baukurs Entwicklungszusammenarbeit Didaktik

Autor

Torsten Schneider, Bachelor of Science, Jahrgang 1975, studierte Physik, Chemie, Erziehungswissenschaften und Philosophie an den Universitäten Koblenz, Bonn und Dortmund. Fragen zu Energie und Umwelt bildeten wesentliche Schwerpunkte seines Studiums. Von 1999 bis 2003 arbeitete der Autor im Verein ÖKOSTADT Koblenz e. V. im Bereich Solarenergie mit und trug über das Thema 'Kochen mit der Sonne' zur Förderung des gesellschaftlichen Bewusstseins bezüglich der erneuerbaren Energien in Koblenz bei. Er entwickelte im Rahmen seiner Mitarbeit an einem generationenübergreifenden Wohnprojekt ein solartechnisches Beleuchtungskonzept. Der Autor sammelte während seines Studiums auch praktische Erfahrungen im Bereich des ökologischen Bauens. Um seine Fachkenntnisse im Bereich des solaren Kochens zu erweitern und zu vertiefen, engagiert sich der Autor bei der LAZOLA-Initiative zur Verbreitung des solaren Kochens in Paderborn und bietet darüber hinaus auch freie Solarkocherbaukurse an.
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