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Der Vorgesetzte als zentraler Faktor zur Vermeidung und Reduktion von Motivationsbarrieren in kleinen und mittleren Unternehmen

©2011 Bachelorarbeit 52 Seiten

Zusammenfassung

In der Literatur ist vermehrt die Forderung anzutreffen, dass der Mitarbeiter als wichtigste Ressource den Mittelpunkt eines Unternehmens bilden soll (vgl. Frey/Osterloh 2002, S. 7). Dies trifft gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu, da die Belegschaft im Vergleich zu Großunternehmen deutlich kleiner ist. Findet beispielsweise eine zeitgleiche Kündigung bei mehreren Mitarbeitern, von der Arbeitnehmerseite ausgehend, in einem Großunternehmen statt, so kann das Großunternehmen dies möglicherweise problemlos verkraften, da die Größe der Belegschaft eine ausgleichende Funktion bieten kann. Bei einem KMU besteht hier jedoch eine erhöhte Gefahr, sodass das Unternehmen unter Umständen wichtige Bereiche schließen muss und somit nicht überleben kann.
Folglich sollte bei einem KMU ein besonderes Augenmerk auf die Bindung von Mitarbeitern an ihr Unternehmen und auf die Motivation der Mitarbeiter gerichtet werden. In der Praxis stellt sich dies jedoch häufig anders dar, denn oft wird der Mitarbeiter des KMU, wie auch in Großunternehmen, nur als Kostenfaktor angesehen.
Des Weiteren stellt die mit der Internationalisierung der Märkte einhergehende Wettbewerbsverschärfung ein Unternehmen bzw. dessen Management vor bedeutende Probleme, da einerseits die Mitarbeiter an das Unternehmen gebunden werden sollen und andererseits dem Wettbewerbsdruck standgehalten werden muss. Dies traf in den vergangenen Jahren auch verstärkt auf die KMU zu, die vermehrt international agieren. Um die Motivation der Mitarbeiter zu beeinflussen, sind effektive Anreizsysteme notwendig, die sich mit den Erwartungen und Bedürfnissen der einzelnen Mitarbeiter des KMU vereinen lassen.
Es ergibt sich folglich die Problematik, dass die oben angesprochenen Anreizsysteme selbst ebenfalls Probleme mit sich bringen und sogar eigene Motivationsbarrieren erzeugen können.
Eine weitere Betrachtung wird der Verdrängungseffekt von intrinsischer Motivation durch extrinsische Motivation finden, der unter Umständen das Interesse an der Arbeit durch das Interesse an der Belohnung verdrängt (vgl. Sprenger 2002, S. 109). Damit sich die Mitarbeiter jedoch voll im Sinne des Unternehmens entfalten können, müssen zunächst die Ursachen für etwaige Motivationsbarrieren genauer analysiert werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Zielsetzung

2 Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
2.1 Begriffsbildung und Abgrenzungen der kleinen und mittleren Unternehmen
2.1.1 Quantitative Merkmale
2.1.2 Qualitative Merkmale
2.2 Besonderheiten der Personalarbeit in kleinen und mittleren Unternehmen
2.3 Motivation
2.3.1 Begriffsdefinitionen und Erläuterungen
2.3.2 Inhaltstheorien der Motivationsforschung
2.3.3 Prozesstheorien der Motivationsforschung
2.4 Anreizsysteme
2.4.1 Materielle Anreizsysteme
2.4.2 Immaterielle Anreizsysteme

3 Motivationsbarrieren in kleinen und mittleren Unternehmen und ihre Folgen
3.1 Überblick der Ursachen von Motivationsbarrieren
3.2 Hauptmotivationsbarrieren
3.2.1 Mobbing
3.2.2 Unternehmensklima
3.2.3 Vorgesetzter
3.2.4 Verdrängungseffekte extrinsischer Anreizinstrumente
3.3 Hauptfolgen von Motivationsbarrieren
3.3.1 Innere Kündigung
3.3.2 Sinkende Produktivitätseffekte
3.3.3 Negative Außendarstellung des kleinen und mittleren Unternehmens durch die Mitarbeiter

4 Gestaltungsempfehlungen zur Vermeidung und Reduktion von Motivationsbarrieren in kleinen und mittleren Unternehmen
4.1 Einsatz und Wirkung der Anreizsysteme
4.2 Vorgesetzter als zentraler Faktor
4.3 Generelle Grenzen von Anreizsystemen in kleinen und mittleren Unternehmen

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Definition der EU-Kommission von kleinen und mittleren Unternehmen 2005 (in Anlehnung an: Die neue KMU-Definition, Musterhandbuch und Benutzererklärung 2006, S. 3)

Abb. 2: Definition des Institutes für Mittelstandsforschung Bonn von kleinen und mittleren Unternehmen 2002 (in Anlehnung an: IfM Bonn 2004)

Abb. 3: Unternehmenspopulation nach qualitativen Kriterien (in Anlehnung an: Wolter/Hauser 2001, S. 1)

Abb. 4: Typologie der Motivationsforschung (in Anlehnung an: Ridder 2009, S. 42)

Abb. 5: Bedürfnispyramide nach Maslow (in Anlehnung an: Comell/von Rosenstiel 1995, S. 12)

Abb. 6: Typologie der Motivationsforschung (Quelle: Ridder 2009, S. 43)

Abb. 7: Bestandteile eines materiellen Anreizsystems (Quelle: Przygodda 2004, S. 8, in Anlehnung an Becker 2002, S. 17)

Abb. 8: Ursachen des Verdrängungseffektes (in Anlehnung an: Osterloh 2004, S. 81)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Ausgangssituation und Problemstellung

In der Literatur ist vermehrt die Forderung anzutreffen, dass der Mitarbeiter als wichtigste Ressource den Mittelpunkt eines Unternehmens bilden soll (vgl. Frey/Osterloh 2002, S. 7). Dies trifft gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu, da die Größe der Belegschaft im Vergleich zu Großunternehmen deutlich geringer ist. Findet beispielsweise eine zeitgleiche Kündigung bei mehreren Mitarbeitern, von der Arbeitnehmerseite ausgehend, in einem Großunternehmen statt, so kann das Großunternehmen dies möglicherweise problemlos verkraften, da die Größe der Belegschaft eine ausgleichende Funktion bieten kann. Bei einem KMU ist hier jedoch eine erhöhte Gefahr gegeben, sodass das Unternehmen unter Umständen wichtige Bereiche schließen muss und somit nicht überleben kann.

Folglich sollte bei KMU ein besonderes Augenmerk auf die Bindung von Mitarbeitern an ihr Unternehmen und die Motivation der Mitarbeiter gerichtet werden. In der Praxis stellt sich dies jedoch häufig anders dar, denn oft wird der Mitarbeiter in KMU, wie auch in Großunternehmen, nur als Kostenfaktor angesehen.

Des Weiteren stellt die mit der Internationalisierung der Märkte einhergehende Wettbewerbsverschärfung ein Unternehmen bzw. dessen Management vor bedeutende Probleme, da einerseits die Mitarbeiter an das Unternehmen gebunden werden sollen und andererseits dem Wettbewerbsdruck standgehalten werden muss. Dies traf in den vergangenen Jahren auch verstärkt auf die KMU zu, die vermehrt international agieren. Um die Motivation der Mitarbeiter zu beeinflussen, sind effektive Anreizsysteme notwendig, die sich mit den Erwartungen und Bedürfnissen der einzelnen Mitarbeiter in KMU vereinen lassen und gleichzeitig den Besonderheiten von KMU gerecht werden. Damit sich die Mitarbeiter jedoch voll im Sinne des Unternehmens entfalten können, müssen zunächst die Ursachen für etwaige Motivationsbarrieren genauer analysiert werden.

Ob die Ursache dieser Barrieren nun auf der Mitarbeiterseite (z.B. Kollegen) liegt, wie beispielswiese das Mobbing, oder der Vorgesetzte selbst eine Ursache für eine Motivationsbarriere darstellt, wird in Kapitel 3.2 einer genaueren Betrachtung unterzogen.

Es ergibt sich folglich die Problematik, dass die oben angesprochenen Anreizsysteme selbst ebenfalls Probleme mit sich bringen und sogar eigene Motivationsbarrieren erzeugen können.

Eine weitere Betrachtung wird der Verdrängungseffekt von intrinsischer Motivation durch extrinsische Motivation finden, der unter Umständen das Interesse an der Arbeit durch das Interesse an der Belohnung verdrängt (vgl. Sprenger 2002, S. 109).

1.2 Zielsetzung

Kleine Unternehmen, Familienbetriebe sowie mittelständische Firmen stellen die Mehrzahl in Deutschland und auch in den übrigen europäischen Staaten dar:

„Kleinstunternehmen sowie KMU sind der Motor der europäischen Wirtschaft. Sie tragen wesentlich zur Entstehung von Arbeitsplätzen bei, fördern den Unternehmergeist und die Innovationstätigkeit in der EU und spielen deshalb eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung.“ (Günter Verheugen, Europäische Kommission, 2006).

Die Zielsetzung dieser Arbeit ist es, darzustellen, welche Anreizsysteme speziell von KMU ergriffen werden können, um Motivationsbarrieren zu verhindern und einer Demotivation der Mitarbeiter entgegenzuwirken. Dabei soll eine Abgrenzung zu Großunternehmen stattfinden und die Frage Beachtung finden, ob überhaupt Motivationsbarrieren in KMU eine erhöhte Berücksichtigung in der Personalarbeit finden.

Im letzten Kapitel der Arbeit wird schlussfolgernd eine Gestaltungsempfehlung zur Vermeidung und Reduktion von Motivationsbarrieren in kleinen und mittleren Unternehmen ausgesprochen werden. Die vorliegende Ausarbeitung soll aufgrund literaturbasierter Vorgehensweise zur Identifizierung und Verhinderung von Motivationsbarrieren beitragen.

2 Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen

Um die Bedeutsamkeit der in Kapitel 3 und 4 dargestellten Motivationsbarrieren und Gestaltungsempfehlungen herauszustellen, ist es notwendig, zunächst begriffliche Abgrenzungen und konzeptionelle Grundlagen zu erörtern. Die aufgezeigten Motivationstheorien sollen neben den Begriffsdefinitionen und Erläuterungen im Folgenden dazu beitragen, das Verständnis für das „Wie und Warum“ des menschlichen Handelns zu erhalten.

Unter Berücksichtigung des Fokus dieser Abschlussarbeit, der bekanntlich auf KMU gerichtet ist, wird ein besonderes Augenmerk auf die immateriellen Anreizsysteme gelegt, wobei die materiellen Anreizsysteme eher eine geringfügige Berücksichtigung finden. Dies hat didaktische Hintergründe, da im Vergleich zu Großunternehmen in KMU die Anreizsetzungen eher immaterieller Art sind und komplexe Gehaltsstrukturen, wie auch erhöhte Verdienstmöglichkeiten, i.d.R. in Großunternehmen anzutreffen sind als in KMU.

2.1 Begriffsbildung und Abgrenzungen der kleinen und mittleren Unternehmen

Zunächst sei erwähnt, dass es bislang keine allgemein anerkannte Definition des Begriffes „Mittelstand“ bzw. „KMU“ gibt. Im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Mittelstandes, gerade in der Bundesrepublik Deutschland, ist dies schwer nachvollziehbar. Denn der Mittelstand wird immer wieder als treibende Kraft einer dynamischen, kompetitiven und marktorientierten Wirtschaft bezeichnet (vgl. Günterberg/Kayser 2004, o. S.). Im deutschen Sprachraum ist der Begriff „Mittelstand“ gebräuchlich, der auch gesellschaftliche Aspekte erfasst, während im angloamerikanischen Sprachraum der Begriff „small and medium-sized enterprises“ (SME) rein den in Kennzahlen greifbaren Teil der Gesamtwirtschaft abdeckt (vgl. Günterberg/Wolter 2002, o. S.).

Da gesellschaftliche und soziale Aspekte im Folgenden eine zentrale Rolle spielen, werden eine quantitative und eine qualitative Abgrenzung vorgenommen. Dies ist unerlässlich, da gerade für das Verständnis von Besonderheiten und Bedingungen wie auch der Auswirkungen im Hinblick auf KMU eine solche Arbeitsdefinition notwendig ist. Für die Status-quo-Analyse des mittelständischen Personalmanagements wird in Kapitel 3.1 eine empirische Untersuchung von Kollmann, Kuckertz und Lomberg aus dem Jahre 2007 die Grundlage bilden. Diese Untersuchung beschäftigt sich mit Anreizsystemen im Mittelstand, welche wissenschaftlich bis dato eine geringe Beachtung gefunden haben.

2.1.1 Quantitative Merkmale

Zunächst erfolgt eine Annäherung an die Definition kleiner und mittlerer Unternehmen aus quantitativer Sichtweise. Dazu bietet sich die Mitarbeiteranzahl an. Sie besitzt den Vorteil, dass sie leicht ermittelt werden kann. Andere quantitative Merkmale wie etwa der Umsatz oder der Gewinn bieten sich ebenso an, sind aber in der Regel schwieriger zu ermitteln.

Gemäß der EU-Kommission ergibt sich eine Definition für KMU mit einer Beschäftigungszahl von maximal 250 Personen und einem Umsatz von maximal 50 Millionen Euro bzw. einer Bilanzsumme von maximal 43 Millionen Euro pro Jahr. Kleinunternehmen fallen in die Kategorie von 10 bis 50 Mitarbeitern und einem Umsatz von 10 Millionen Euro bzw. einer Bilanzsumme von 10 Millionen Euro pro Jahr. Kleinstunternehmen hingegen weisen lediglich eine Beschäftigungszahl von bis zu 10 Personen auf, einen Umsatz von maximal 2 Millionen Euro bzw. eine Bilanzsumme von maximal 2 Millionen Euro.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Definition der EU-Kommission von kleinen und mittleren Unternehmen 2005 (in Anlehnung an: Die neue KMU-Definition, Musterhandbuch und Benutzererklärung 2006, S. 3)

Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) aus Bonn hingegen bildet eine weiter gefasste Definition für KMU, nämlich bis hin zu 500 Mitarbeitern und einem Umsatz von bis zu 50 Mio. Euro pro Jahr.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Definition des Institutes für Mittelstandsforschung Bonn von kleinen und mittleren Unternehmen 2002 (in Anlehnung an: IfM Bonn 2004)

Die heutigen Definitionen mit ihren quantitativen Werten stehen im Kontrast zu den früher verwendeten qualitativ gewichteten Merkmalskatalogen, mit denen die kleinen und mittleren Unternehmen von Großunternehmen abgegrenzt wurden (vgl. Mugler 1995, S. 20).

Bei einer rein quantitativen Abgrenzung würden jedoch die Eigenarten einzelner Branchen vernachlässigt werden. Genauer gesagt, es würden junge Start-up-Unternehmen, die sehr technologieorientiert sind, in die gleiche Kategorie fallen wie langjährig etablierte Familienunternehmen mit starkem regionalem Bezug (vgl. Kollmann/Kuckertz/Lomberg 2007, S. 3) oder ausgeprägter handwerklicher Orientierung.

Ebenso findet eine Vernachlässigung von outgesourcten Abteilungen im Zuge des Business-Reengineering statt. Als Begriffserklärung steht das Business-Reengineering für einen radikalen und fundamentalen Unternehmenswandel gelten (vgl. Berndt 1997, S. 4).

Rechtlich gesehen ist folglich eine Tochtergesellschaft eines Großkonzernes mit z.B. 50 Personen ein KMU, tätigt aber Geschäfte allein im organisatorischen Rahmen des Mutterkonzerns. Gerade im Hinblick auf Motivationsbarrieren, bezüglich Motivation und Demotivation, deren Ursachen sich eher in den sozialen Aspekten widerspiegeln, ist hier eine reine quantitative Abgrenzung nach Maßstäben der EU-Kommission oder des IfM-Bonn unzureichend. Folglich bedarf es zur Definition von KMU neben quantitativen auch qualitativer Merkmale.

2.1.2 Qualitative Merkmale

Qualitative Merkmale der kleinen KMU bestehen laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2007) in der Einheit von Eigentum und Leitung, sowie in der alleinigen, verantwortlichen Mitwirkung an unternehmenspolitischen Entscheidungen (vgl. Kollmann/Kuckertz/Lom­berg 2007, S. 4).

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Abb. 3: Unternehmenspopulation nach qualitativen Kriterien (in Anlehnung an: Wolter/Hauser 2001, S. 1)

Wie in Abbildung 3 ersichtlich, sind KMU in der Regel eher eigentümergeführte Unternehmen bzw. Familienunternehmen im engeren Sinne. Hauptziel dieser Unternehmen ist neben der wirtschaftlichen Gewinnerzielung auch die Erhaltung der Selbstständigkeit. Bezüglich der genauen Abgrenzung eines kleinen KMU stellen die Definitionen der EU-Kommission und des IfM Bonn Kompromisslösungen dar, die zumindest eine grobe Zuordnung zulassen.

In Anlehnung an die Definition der EU-Kommission soll im Folgenden aber unter KMU ein eher eigentümergeführtes Familienunternehmen mit maximal 250 Mitarbeitern verstanden werden. Je geringer die Beschäftigtenzahl, desto deutlicher lässt sich eine Abgrenzung zu Großkonzernen vornehmen bezogen auf Anreizsysteme zur Vermeidung von Motivationsbarrieren.

2.2 Besonderheiten der Personalarbeit in kleinen und mittleren Unternehmen

Eine der wesentlichen Barrieren in der Personalarbeit von kleinen und mittleren Unternehmen stellt die unzureichende kontinuierliche und systematische Personalentwicklung dar. Während große Unternehmen hier eine eher professionelle Herangehensweise praktizieren, ist die Personalentwicklung in KMU eher intuitiv als systematisch geplant (vgl. Hoffmann/ Jülicher/ Merten/Selbeck 2004, S. 4). Diese Besonderheit steht in enger Verbindung mit den finanziellen und personellen Beschränkungen, die eine weitere Besonderheit in KMU ausmachen. Die Personalarbeit ist oftmals umfangreich und damit kostenintensiv. Wenn die finanziellen Möglichkeiten nicht ausreichen und zu wenig Mitarbeiter für die Personalarbeit bereitstehen (vgl. Cachelin/Oswald 2009, S. 1), kann diese auch nicht systematisch und nachhaltig durchgeführt werden.

Wenn die Personalarbeit respektive die Personalentwicklung nicht langfristig bedacht und geplant wird, stehen die Betriebe vor dem Problem der Rekrutierung von Fachkräften. Problemfelder wie der demografische Wandel und die Überalterung des Personals werden nicht rechtzeitig erkannt, sodass notwendige Maßnahmen wie Weiterbildung, Rekrutierung etc. zu spät oder gar nicht ergriffen werden. Die positiven oder negativen Folgen für das Unternehmen liegen zum erheblichen Teil ursächlich in der strategischen Personalarbeit, die in den kleinen Unternehmen vielfach vernachlässigt wird (vgl. Schlick/Mütze-Niewöhner/Köttendorf 2009, S. 46).

Weiterhin zeichnet sich die Personalarbeit kleiner und mittlerer Betriebe durch eine größere Nähe von Mitarbeitern und Unternehmensführung aus als es in Großunternehmen und Konzernen der Fall ist. Während bei großen Unternehmen mehrere Hierarchieebenen gewisse Barrieren darstellen, besteht in vielen kleinen Betrieben der direkte Kontakt zwischen Unternehmensführung und Mitarbeiter. Oftmals ist in diesen Fällen der Unternehmer auch die verantwortliche Person für die Personalarbeit, d.h. er plant die personelle Struktur, führt entsprechend die Einstellungen neuer Mitarbeiter durch und kümmert sich um die Belange des Stammpersonals, z.B. durch Personalentwicklung wie Weiterbildungsmaßnahmen, Schulungen, etc.. Die Führung ist individuell und oftmals familiär geprägt.

Ähnlich gestaltet sich die Nähe zwischen Kunden und Mitarbeitern in den kleinen Betrieben und mittleren Betrieben, die ebenso Auswirkungen auf die Personalarbeit hat. Gerade im Bereich der Dienstleistungen werden die Wünsche der Kunden berücksichtigt und fließen in die Personalentwicklung ein. Die Kunden nehmen Einfluss auf die Inhalte der Produktentwicklung sowie auf die Qualitätsentwicklung und somit indirekt auf die Gestaltung und Planung der Aus- und Weiterbildung und anderer kundenorientierter Maßnahmen (vgl. Cachelin/Oswald 2009, S. 1).

Die Personalarbeit von KMU ist stärkeren finanziellen, fachlichen und personellen Beschränkungen unterworfen als in den großen Betrieben. Anders als in Großunternehmen verteilt sie sich nicht auf viele Schultern, sondern ist vielfach personenzentriert, d. h., ein Verantwortlicher kümmert sich unter anderem auch um die Aufgaben der Personalarbeit. Da dieser Mitarbeiter, in einigen Fällen ist er der Unternehmer selbst, sich jedoch nicht nur um die Personalarbeit kümmern kann, kommt es zu einer hohen Belastung, die sich dann in den genannten schlechteren Bedingungen – fachlicher, zeitlicher und finanzieller Art – ausdrückt (vgl. Hirsch-Kreinsen 2002, S. 8).

Die Personalarbeit in KMU beschränkt sich weitestgehend auf die gesetzlich vorgeschriebenen Gebote, z. B. Abführung von Steuern, Krankenkassenbeiträgen, Meldungen an die verschiedensten Organisationen etc. Eine weitblickende bzw. umfassende Personalarbeit findet hier folglich eher im geringen Umfang statt.

2.3 Motivation

Was immer ein Mensch tut, ob er zu einem Buch greift, Sport treibt oder seine Aufgaben als Arbeitnehmer erledigt: Stets hat er Gründe für dieses Verhalten, er ist „motiviert“. Nicht selten steht der Begriff daher auch in einem engen Zusammenhang mit Leistung, sowohl im Privaten als auch im Beruflichen (vgl. Rheinberg 2000, S. 11).

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht hat der Begriff „Motivation“ eine erhebliche Bedeutung für die Personalarbeit und letztlich sogar für den Erfolg eines Unternehmens. Im Folgenden soll der Begriff daher näher definiert werden.

2.3.1 Begriffsdefinitionen und Erläuterungen

Aus Sicht des Personalmanagements zeichnen sich die Mitarbeiter eines Unternehmens durch die Eigenschaften wie Werte und Persönlichkeit sowie Fähigkeiten als auch durch bestimmte Kompetenzen aus. Leistungsbereitschaft – das Wollen und Leistungspotenziale – und das Können machen das Leistungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb aus. Die Leistungsbereitschaft bzw. das Wollen des Individuums als Teilnehmer im Arbeitsprozess umfasst die Thematik der Motivation (vgl. Hentze/Graf/Kammel/Lindert 2005, S. 101):

„Die Motivation zur Leistungserbringung ist untrennbar mit dem Führungsprozess verbunden.“ (Hentze/Graf/Kammel/Lindert 2005, S. 102)

Im modernen Betriebsalltag ist die Fragestellung von Bedeutung, was die Arbeitnehmer motiviert, Energie für eine Leistung bzw. einen Arbeitseinsatz aufzubringen. Diese Bereitschaft zur Leistung und zu einem bestimmten Arbeitsverhalten wird als Arbeitsmotivation bezeichnet. Von der Unternehmensführung wird erwartet, dass jedes Unternehmensmitglied sich für die festgelegten Ziele einsetzt (vgl. Hentze/Graf/Kammel/Lindert 2005, S. 103, und Oechsler 2006, S. 381). Allgemein kann der Begriff Motivation auch wie folgt definiert werden:

„Motivation kann allgemein als aktivierte Verhaltensbereitschaft eines Individuums im Hinblick auf die Erreichung bestimmter Ziele verstanden werden.“ (Hentze/Graf/Kammel/Lindert 2005, S. 104)

Verschiedene Faktoren wie z. B. Arbeitsbedingungen oder Selbstverwirklichung können zur Motivation beitragen. Zur Unterscheidung kann bei der Motivation zwischen

- intrinsischen Faktoren und
- extrinsischen Faktoren

differenziert werden. Bei der intrinsischen Motivation handelt es sich um innere Faktoren, die Mitarbeiter befähigen, aus sich selbst heraus eine Erweiterung ihrer Arbeitsleistung zu bewirken. Diese inneren Einflüsse fördern die Eigenmotivation des Personals. Zu diesen Einflüssen gehören (vgl. Werner o. J., S. 2) hauptsächlich:

- Weiterentwicklung der Persönlichkeit / Selbstverwirklichung
- Übertragung von mehr Verantwortung
- Selbstständiges, selbstbestimmtes Arbeiten
- Abwechslung bei den Aufgaben im Unternehmen
- Mitbestimmung / Treffen eigener Entscheidungen
- Freude an der beruflichen Ausübung
- Einbringen individueller Kompetenzen, Fähigkeiten und Bedürfnisse

Im Unterschied dazu handelt es sich bei den extrinsischen Faktoren, die von außen eingesetzt werden, um solche, die das Verhalten des Arbeitnehmers steuern und das Ziel der Motivation durchsetzen sollen. Ein Vorteil kann darin bestehen, dass die Motivation gerade anfänglich sehr ausgeprägt ist. Ein Nachteil hingegen ist der eher kurz- bis mittelfristige Charakter dieser Art von Motivation. Zu den externen Faktoren, die die Motivation beeinflussen können, zählen (vgl. Werner o. J., S. 3, und Hentze/Graf/Kammel/ Lindert 2005, S. 11):

- Monetäre Belohnungen in Form von Geldzahlungen (z. B. Boni, Prä­mien, Provisionen, Sonderzahlungen)
- Nicht monetäre Anreize: Beförderungen, gute Weiterbildungsmöglich­keiten, familiäre Atmosphäre im Unterneh­men etc.
- Qualität der Unternehmenskultur, Unternehmenspolitik und Personalführung
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Sicherheit am Arbeitsplatz
- Formale Anerkennungen (Zeugnisse, Beurteilungen)

Die inneren Faktoren sind eher langfristiger Natur und wirken daher stabilisierend. Sie sind aber im Unterschied zur extrinsischen Motivation schwerer zu beeinflussen (vgl. Werner o. J., S. 5).

Jedoch können auch Faktoren zum Tragen kommen, die der Motivation zur Leistungserbringung des Mitarbeiters entgegenwirken. Sie sind nicht erwünscht, da sie erhebliche Nachteile mit sich bringen, treten aber ungewollt in Unternehmen auf. Zu den Faktoren, die eine Demotivation (= Demotivatoren) beeinflussen können, gehören (vgl. Werner o. J., S. 4) im Wesentlichen:

- Unterforderung bzw. Überforderung des Beschäftigten
- Ausübung von Kontrolle am Arbeitsplatz (z. B. Kameras)
- Beschränkungen des Handlungsspielraumes
- Unfaire Behandlung, Mobbing etc.
- Keine Mitsprache bei Entscheidungen
- Fortlaufende (abwertende) Kritik durch Vorgesetzte und Kollegen
- Schlechtes Arbeitsklima
- Geringe oder keine Bestätigung der Arbeitsleistung
- Geringe oder keine Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten
- Schlechte Arbeitsplatzbedingungen (z. B. Staub, Lärm etc.)

2.3.2 Inhaltstheorien der Motivationsforschung

In der Theorie der Personalwirtschaft ist nach Ridder die Klassifizierung der Motivationsforschung in die Inhaltstheorien und die Prozesstheorien weit verbreitet. Zu den bekannten Inhaltstheorien gehören zum Beispiel die Motivationstheorien nach Maslow (1987) und nach Herzberg (1959). Die Inhaltstheorien befassen sich mit der Frage, welche Ursachen das Verhalten von Menschen beeinflussen. Hingegen stellt die Prozesstheorie auf den Ablauf des Motivationsverhaltens ab (vgl. Ridder 2009, S. 43).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Typologie der Motivationsforschung (in Anlehnung an: Ridder 2009, S. 42)

Zu den inhaltstheoretischen Ansätzen der Motivationsforschung zählt Maslows Bedürfnistheorie. Sie stellte ursprünglich keine Motivationstheorie dar, sondern beruhte auf Beobachtungen der klinischen Psychologie. Die Erkenntnisse und Beobachtungen sollten die Wachstumsmöglichkeiten von Individuen aufzeigen. Nach diesem Ansatz entsteht Motivation durch das Streben nach Bedürfnisbefriedigung (vgl. Oechsler 2006, S. 340).

Aus der Sicht der Forschung ist dabei das Interesse auf die Ziele und Anreize ausgerichtet, die beim Einzelnen eine bestimmte Handlungsweise bewirken (vgl. Hentze/Graf/Kammel/Lindert 2005, S. 111). Nach Maslow lassen sich die Bedürfnisse des Menschen in fünf Kategorien strukturieren. Diese Bedürfnisgruppen sind „psychologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse, Bedürfnisse nach Wertschätzung und Selbstverwirklichung“ (Ridder 2009, S. 42). Die Bedürfnisgruppen sind hierarchisch geordnet, sodass im Modell niedrige und höhere Stufen vorhanden sind. Maslow ordnet den Stufen unterschiedliche Motivationspotenziale zu, je nachdem, auf welcher Stufe sich ein Individuum befindet.

Die höheren Stufen werden folglich erst dann wirksam für das Verhalten, wenn die unteren Stufen erfüllt bzw. befriedigt sind (vgl. Ridder 2009, S. 42). Durch Erreichen der höheren Stufen treten die unteren Stufen in den Hintergrund, können dennoch aber zu jeder Zeit aktiviert werden.

Die unteren Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken und Schlafen etc. sind existenziell und verlieren daher ihre Verhaltenswirksamkeit (vgl. Oechsler 2006, S. 340).

Wie das nachstehende Modell von Maslow zeigt, gehören zu den physiologischen Bedürfnissen oder auch Grundbedürfnissen die lebenslotwendigen Bedürfnisse wie Nahrung, Ruhe, Schlaf, Sexualität etc. Es handelt sich um Defizitbedürfnisse, die bei einem Fehlen eine existenzielle Unsicherheit auslösen. Ihnen folgt die Stufe des Sicherheitsbedürfnisses. Hier spielen Motive wie sicheres Einkommen, Altersversorgung etc. eine wesentliche Rolle. In der betrieblichen Praxis gehören dazu weiter die Sicherheit des Arbeitsplatzes oder auch die Sicherheit am Arbeitsplatz (vgl. Hentze/Graf/Kammel/Lindert 2005, S. 112).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Bedürfnispyramide nach Maslow (in Anlehnung an: Comell/von Rosenstiel 1995, S. 12)

Die nächste Ebene umfasst das Bedürfnis nach Bindungen zu anderen Gruppen und Individuen. Im Privatleben ist dies der Wunsch nach Freunden, nach Familie und allgemein nach anderen Gruppen, während im Berufsleben der Wunsch nach Betriebszugehörigkeit, nach guten kollegialen Beziehungen und einem positiven Arbeitsklima im Vordergrund steht. Daraufhin folgen die sogenannten Wachstumsstufen, zunächst die Stufe der individuellen Bedürfnisse, der Wertschätzung und der Selbstachtung. Hier stehen die Motive der Anerkennung durch andere (soziales Ansehen etc.) im Fokus. Im betrieblichen Umfeld bedeutet dies beispielsweise die Anerkennung der Leistungen durch den Vorgesetzten und Kollegen oder auch Motive wie Prestige und Ansehen.

Die letzte Stufe in Maslows Modell betrifft die Selbstverwirklichung. Sie stellt die Erfüllung besonderer Bedürfnisse dar, wie zum Beispiel die Verwirklichung eigener Ideen. Auch das Gestaltungsbedürfnis einzelner Personen kann hier eine Rolle spielen. Im beruflichen Umfeld können dies die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten sein oder auch Verbesserungen am Arbeitsplatz und das weitgehend selbstbestimmte Arbeiten (vgl. Hentze/Graf/Kammel/Lindert 2005, S. 112).

Während die drei unteren Bedürfnisgruppen Defizitbedürfnisse darstellen, handelt es sich bei den beiden oberen Stufen um die o. g. Wachstumsbedürfnisse. Aus empirischer Sicht steht dem Modell auch eine kritische Sichtweise gegenüber. So stellt Oechsler beispielsweise fest, dass die Motivstufung teilweise willkürlich erfolgte, die Gültigkeit durch empirische Erhebung nicht nachgewiesen wurde und dass sie nicht zwingend auf jedes Individuum zutrifft, da es durchaus Menschen gibt, die sich auf der unteren und oberen Stufe befinden (vgl. Oechsler 2006, S. 341) und unter Umständen nicht auf einer Zwischenstufe, wie „das Beispiel eines hungernden Künstlers“ (Oechsler 2006, S. 341) zeigt.

„Handlungsrelevant lässt sich aus dieser Theorie ableiten, dass Bedürfnisse höherer Ordnung erst dann ausgelöst werden können, wenn die Grundbedürfnisse physiologischer Art und in gewissem Maße die Sicherheitsbedürfnisse befriedigt wurden.“ (Oechsler 2006, S. 341)

Bezogen auf die Personalarbeit muss das Unternehmen folglich erkennen, auf welcher Stufe sich ein Arbeitnehmer befindet, um daraus abgeleitet adäquate Anreizsysteme anzubieten (vgl. Ridder 2009, S. 42).

2.3.3 Prozesstheorien der Motivationsforschung

Mit der Prozesstheorie der Motivationsforschung werden einzelne Phasen der Motivationshandlung wissenschaftlich reflektiert. Die grundlegende Struktur eines solchen Prozesses setzt die Phase „Wert“ als Ausgangspunkt fest, die über das Mittel der „Instrumentalität“ zum Endpunkt, der „Erwartung“, führt, wie die folgende Abbildung nach Ridder zeigt (vgl. Ridder 2009 S. 43):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Typologie der Motivationsforschung (Quelle: Ridder 2009, S. 43)

Bevor ein Individuum eine Handlung durchzuführen gedenkt, wird es sich immer fragen, ob diese attraktiv ist, ob die vorgesehene Handlung einen Wert besitzt, ob sie schließlich ausgeführt werden soll oder nicht. Das Individuum prüft zunächst, ob damit ein Bedürfnis befriedigt werden kann. In einem weiteren Schritt prüft es, ob zwischen der vorzunehmenden Handlung und dem erwarteten Anreiz eine Beziehung besteht, ob eine Instrumentalität vorhanden ist. Dann schätzt es ein, ob die Handlung als Erwartung durchzuführen ist. Im Arbeitsprozess kann der Ablauf beispielweise wie folgt aussehen:

Ein Angestellter wird vom Arbeitgeber zu einer höheren Arbeitsleistung aufgefordert. Der Arbeitnehmer wird wissen wollen, wie die höhere Leistung belohnt wird, und prüft, ob diese Mehranstrengung für ihn einen Wert darstellt. Die in Aussicht gestellte Belohnung, eine Beförderung oder eine Gehaltserhöhung, prüft der Arbeitnehmer im zweiten Schritt. Er kann zu dem Schluss kommen, über die benötigte Instrumentalität zu verfügen oder auch nicht. Ist die Instrumentalität gegeben wird er die höheren Leistungen erbringen. Besteht jedoch ein Mangel über die notwendigen Fähigkeiten kann der Arbeitnehmer unter Umständen mit einer Verweigerung reagieren (vgl. Ridder 2009, S. 43).

2.4 Anreizsysteme

Anreizsysteme stellen einen wesentlichen Bestandteil in der vertraglichen Beziehung von Unternehmen und Beschäftigten dar. Arbeitgeber verfolgen mit der Einstellung von Arbeitnehmern ihre unternehmerischen Ziele und üben in diesem Zusammenhang Kontrolle und Weisungen aus. Da die Beschäftigten als Individuen aber auch ihre eigenen Motive verfolgen, können die Anreize als Ausgleich für Weisung und Kontrolle dienen (vgl. Oechsler 2006, S. 24).

„Als Anreizsystem wird das Angebot mehrerer aufeinander abgestimmter Anreize mit belohnender Funktion bezeichnet, die im Wirkungsverbund erwünschte Verhaltensweisen auslösen und unerwünschte zurückdrängen.“ (Hentze/Graf/Kammel/Lindert 2005, S. 166, nach Drumm 2000, S. 525)

Welches Verhalten dann vom Mitarbeiter gefordert wird, hängt jeweils vom Einzelfall ab. Hier sind es die Unternehmensziele, die einen Einfluss auf die Gestaltungsmöglichkeiten der Motivation ausüben. Anreizsysteme dienen darüber hinaus nicht nur den betrieblichen Zielen, sondern sie sollen auch Entscheidungen beeinflussen (Hentze/Graf/Kammel/Lindert 2005, S. 166).

Im Hinblick auf KMU wird im Folgenden ein besonderes Augenmerk auf die immateriellen Anreizsysteme gelegt wobei die materiellen Anreizsysteme eher eine knappe Berücksichtigung finden.

2.4.1 Materielle Anreizsysteme

In Unternehmen dienen materielle Anreizsysteme der Motivation und Belohnung des Personals. Die materiellen Anreize, meist in Form von Geld, besitzen den Vorteil der Messbarkeit und der Belegbarkeit. Diese spezielle Art des Anreizes ist breit gefächert und reicht vom Dienstwagen bis zum Mitarbeiterdarlehen (vgl. Przygodda 2004, S. 7). Nach Przygodda ist unter einem materiellen Anreizsystem Folgendes zu verstehen:

„Unter materiellen Anreizsystemen (synonym: finanzielle oder monetäre Anreizsysteme) wird die Gesamtheit aller von einem Unternehmen angebotenen materiellen Belohnungen verstanden, die den Mitarbeiten für ihre erbrachte Leistung zugestanden werden.“ (Przygodda 2004, S. 7)

Materielle Anreizsysteme gliedern sich in einen obligatorischen und einen fakulativen Teil (vgl. Abb. 7). Zu dem obligatorischen Anteil im materiellen Anreizsystem gehören unter anderem das Grundgehalt, Zusatzleistungen und Zulagen. Die fakulativen Leistungen umfassen Erfolgsentgelte oder Beteiligungen. Gerade bei dem fakulativen Teil der Anreize werden die Mitarbeiter am Unternehmen beteiligt, sodass z. B. die Motivation der Mitarbeiter nochmals gesteigert werden kann (vgl. Przygodda 2004, S. 7).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Bestandteile eines materiellen Anreizsystems (Quelle: Przygodda 2004, S. 8, in Anlehnung an Becker 2002, S. 17)

2.4.2 Immaterielle Anreizsysteme

Immaterielle Anreize sind anders als materielle Anreize nicht empirisch messbar und zum Teil gar nicht greifbar. Der Anreiz dieser Kategorie kann in inhaltlichen Motiven begründet sein, wie z. B. den Arbeitsinhalten oder den Führungsinhalten. In diesem Bereich sind eher die „weichen Faktoren“ des Anreizes entscheidend. Dazu gehören auch das Zugehörigkeitsgefühl zur Gruppe oder die Aufstiegs- und Qualifikationsmöglichkeiten (vgl. Weber/Wangler 2007, S. 27):

„Unter einem immateriellen Anreizsystem ist die Gesamtheit aller bewusst gestalteten und aufeinander abgestimmten nichtgeldlichen Anreize (Stimuli), die ein Unternehmen seinen Mitarbeitern gewähren kann, zu verstehen.“ (Przygodda 2004a, S. 2)

Diese Art der Anreizsysteme ist sehr individuell, da sie von den Betroffenen unterschiedlich bewertet wird. Immaterielle Anreizsysteme müssen daher immer die spezifische Situation des Unternehmens als auch seine individuellen Ziele einbeziehen. Zu den Elementen der immateriellen Anreize gehören unter anderem Anerkennung, Sicherheit, Information, Freiräume, sowie die oben genannten Elemente der Gruppenzugehörigkeit und der Qualifikationsmöglichkeiten (vgl. Przygodda 2004a, S. 2).

Bei immateriellen Motivationsanreizen müssen stets die spezifische Situation des Unternehmens, seine ökonomischen Ziele, die Struktur des Personals und nicht selten die Eigenheiten der Region beachtet werden. Zu den wichtigsten Elementen der immateriellen Anreize gehören die nachfolgenden Einflussfaktoren:

- Führungsverhalten

Gerade in KMU ist die Bandbreite im Führungsverhalten der Vorgesetzen als autoritär bis teamfähig/kooperativ zu bezeichnen Der Freiraum der Mitarbeiter von „wenig“ bis „viel“ bei Entscheidungen nimmt dann zu (vgl. Berthel/Becker 2003, S. 68). Bei mehr und viel Freiraum für eigene Entscheidungen sind die Mitarbeiter besonders motiviert (vgl. Rosenstil, 2001, S. 136).

Ein autoritärer Führungsstil bewirkt keine Identifikation der Mitarbeiter mit der Aufgabenstellung während es bei einer kooperativen Führung zu einer starken Aufgabenidentifikation kommt. Durch einen größeren Entscheidungsspielraum steigt die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Ebenso wird langfristig auch die Leistung erhöht (vgl. Rosenstil 2001, S. 136).

- Motivation durch Delegation

Aufgabenstellungen bei klar abgegrenzten Kompetenzen und eigenständiger Bearbeitung erfüllen beim Mitarbeiter das Bedürfnis nach Anerkennung und Selbstverwirklichung. Daraus ergibt sich eine größere Motivation und Arbeitszufriedenheit (vgl. Oppermann-Weber 2001, S. 133).

Ferner steigt die Identifikation des Mitarbeiters mit dem Ziel seiner Arbeit, und das Erreichen dieses Zieles führt bei ihm zu Erfolgserlebnissen.

- Motivation durch gutes Betriebsklima

Wenn im Unternehmen eine vertrauensvolle Atmosphäre herrscht, kann die Arbeit Spaß machen. Dies bedingt aber auch einen wechselseitigen Informationsaustausch. Information und Kommunikation dienen neben der Aufgabenerledigung besonders dem Bedürfnis des Mitarbeiters nach Aufmerksamkeit und sozialen Kontakten (vgl. Kilian 1993, S. 15).

Wenn der Mitarbeiter umfassend informiert ist, z. B. auch über Firmenziele, Wettbewerber, etc., begründet er den Stellenwert und Sinn seiner Arbeit unmittelbarer; er fühlt sich eingebunden in eine Gemeinschaft und auch akzeptiert. Durch das Wissen um die Organisation und Zusammenhänge im Betrieb wird die Identifikation mit dem Unternehmen gefördert, ebenso die Motivation der Mitarbeiter.

Ein gutes Betriebsklima kann auch über die Pflege sozialer Kontakte herbeigeführt bzw. erhalten werden, sei es durch Weihnachtsfeiern, Betriebsausflüge, etc.

Das Betriebsklima spiegelt die Stimmung, die in einem Betrieb herrscht, wider und nimmt starken Einfluss auf die Motivation und damit auf das Leistungsvermögen der Mitarbeiter (vgl. Jung 2003, S. 399). Innerhalb des Unternehmens entwickelt sich so ein „Wir-Gefühl“, das die Identifikation mit dem Unternehmen fördert und Motivationspotenzial freisetzt.

- Motivation durch Lob und Anerkennung

Positive Äußerungen des Vorgesetzten über die Gesamtleistung oder das einzelne Arbeitsergebnis eines Mitarbeiters erhöhen das Selbstwertgefühl und die Zufriedenheit des Mitarbeiters, was fast automatisch eine Steigerung der intrinsischen Motivation und der Leistungsbereitschaft mit sich bringt. Lob und Anerkennung als Motivationsinstrument sollten in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783863418021
ISBN (Paperback)
9783863413026
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Erscheinungsdatum
2013 (Juli)
Note
3
Schlagworte
Motivationsbarriere Mitarbeitermotivation Anreizsystem Mobbing Unternehmensklima KMU Innere Kündigung

Autor

Mirko Kittler, Jahrgang 1986, schloss das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf im Jahre 2011 mit dem akademischen Grad Bachelor of Science erfolgreich ab. Bereits während seines Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der Finanzbranche.
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Titel: Der Vorgesetzte als zentraler Faktor zur Vermeidung und Reduktion von Motivationsbarrieren in kleinen und mittleren Unternehmen
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