Lade Inhalt...

Friede, Freude, Migration? Senegalesische Rücküberweisungen - Länderspezifische Analyse eines transnationalen Phänomens

©2008 Bachelorarbeit 55 Seiten

Zusammenfassung

Fred Sy (fiktiver Name) studierte im Senegal Informatik. Dann kam er nach Deutschland an die Universität Düsseldorf und schrieb sich für Romanistik und Informationswissenschaft ein. Nach dem Studium eröffnete er zahlreiche Internetcafés und Computergeschäfte, heiratete und bekam zwei Kinder. Seit seiner Ankunft in Deutschland hat er nicht aufgehört, regelmäßig nach Senegal zu reisen. Jedes Mal nimmt er Geschenke, Geld, Elektrogeräte und Computer mit. Nach seinem Studium kaufte er Ländereien und Häuser im Senegal, doch denkt er nicht an seine endgültige Rückkehr, da sein Wohlstand in seiner ursprünglichen Heimat von seiner Arbeit in Deutschland abhängt. Er hat mittlerweile auch die deutsche Staatsbürgerschaft und trotzdem kann er kein Land wirklich als sein Zuhause bezeichnen.

Dieses Fallbeispiel steht für das Leben von Millionen Menschen. Migranten leben zwischen zwei Welten und pflegen kontinuierlich ihre Kontakte in zwei, meist auch in mehreren Ländern. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Geschenken und monetären Mitteln, die jemand wie Fred Sy regelmäßig in seine Heimat bringt oder schickt. Als Länderbeispiel dient hierfür Senegal, das westafrikanische Land, welches kontinuierlich eine dynamische Migrationsbewegung aufweist.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung - die Welt in Bewegung

2. Rücküberweisungsflüsse: das „soziale Gesicht“ der Migration
2.1 Rücküberweisungen
2.2 Globale Daten und Trends - Fokus Afrika südlich der Sahara
2.3 Rücküberweisungstendenzen in den Senegal

3. Migrantentransfers in den Senegal: Wieso, wie und für was?
3.1 Was motiviert zum Transfer?
3.2 Rücküberweisungen sind
3.3 Das Geld ist im Senegal - Wie geht es weiter?

4. Überhaupt ergeht es uns im Leben wie dem Wanderer
4.1 Exkurs Historie: Migrationsdynamiken des Senegal
4.2 Die Gesichter hinter den Prozessen

5. Fazit und ein Blick in die Zukunft

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

7.1 Tabellen und Abbildungen

1. Einleitung - die Welt in Bewegung

Was haben der hoch qualifizierte Informatiker aus Indien, die polnische Pflegerin, der südafrikanische Doktor oder die Flüchtlinge aus aller Welt gemeinsam? Warum begegnen uns fast täglich junge Menschen in den Medien, die sich in Scharen auf den Weg machen, um in lebensgefährlichen Küstenbooten die über 1.000 Kilometer lange Strecke bis hin zu den Kanaren zu bewältigen? Sie alle gehören zu den über 200 Millionen[1] Menschen der Weltbevölkerung, die als Flüchtlings- oder Arbeitsmigranten bezeichnet werden. Zwei vielschichtige Begriffe, hinter denen sich neben komplexen Definitionen auch Lebensziele und Träume von Individuen verbergen.

Der US-amerikanische Soziologe Douglas S. Massey sagte einst: „Menschen sind eine migrierende Spezie“ (Massey/Arango 1998: 1). Migration ist ein zentraler Bereich der condition humana und aufgrund dessen kann dieser Aussage nur zugestimmt werden. Migrationsprozesse sind Teil der Menschheitsgeschichte, da sie ebenso sehr in der Steinzeit wie in der Antike oder der Neuzeit zu beobachten sind. Es ist unumstritten, dass sich die Welt ständig in Bewegung befindet und Migration keine Randerscheinung, sondern ein zentrales Phänomen und ein Bestandteil unserer Lebenswelten ist. Allerdings machen Wanderungsprozesse epochale Metamorphosen durch, die dazu führen, dass sich historisch angepasste Dynamiken formieren, welche ein Spiegelbild der jeweiligen Migrationsmotive und -konzepte sind. In der frühen Forschung waren es vor allem klassische Push - und Pull -Faktoren, die innerhalb der Wissenschaft als Erklärungsansätze für Migration dienten. Gewaltsam ausgetragene Konflikte, Verfolgung, Hungersnot, Naturkatastrophen und Perspektivlosigkeit waren hierbei typische Druckfaktoren und Grund für Emigration, wobei beispielsweise ökonomische Prosperität, politische Stabilität, demokratisch gefestigte Regierungen sowie Glaubensfreiheit als Sogfaktoren fungierten und Menschen zur Immigration motivierten. Im Mittelpunkt dieser Migrationsforschung standen lediglich der ein- (Emigration/Immigration) oder zweimalige (Rückkehrwanderung) Wohnortswechsel. Zudem floss zwischen Herkunfts- und Einwanderungsland relativ wenig Kommunikation, so dass der Herkunftskontext sehr schnell eine marginale Rolle im Leben der Migranten einnahm.[2]

Doch wie verlief die Migration während der letzten Jahrzehnte? Einhergehend mit zunehmender Auflösung traditioneller Lebens- und Arbeitsweisen sowie Sozialmilieus änderte sich die Migrationswirklichkeit unserer Zeit. Nationalstaatlich fixierte, bilaterale sowie einfache Wanderungsprozesse verloren im Bereich der sozialen Lebenswelten von Menschen zunehmend an Bedeutung. Nichtsdestotrotz werden Nationalstaaten, mangels Alternativen, weiterhin ein fundamentaler Bestandteil unseres Raumdenkens sein und uns in Zukunft als die sozialräumliche Einheit erhalten bleiben, die beispielsweise die Wirtschaft oder das Politische formiert. Der neue Typ der Migrationserscheinung betrifft – wie bereits erwähnt – vor allem die soziokulturellen Lebenswelten der Menschen. Diese bewegen sich demzufolge nicht mehr in geschlossenen Behältern oder homogenen Gesellschaftscontainern, deren nationalstaatliche Grenzen geographisch-territorial und politisch gesetzt sind und durch einen Nationalstaat bewacht werden. Anstelle dessen treten transstaatlich organisierte Migrationsströme, die als oszillierend und zirkulär charakterisiert werden können. Der Fortschritt moderner Informations- und Kommunikationstechnologien sowie der Repression von Zeit und Raum ist es zu verdanken, dass Menschen über weite Distanzen hinweg ihre Beziehungen in ihre Heimatländer pflegen und aufrecht erhalten. Zu einem günstigen Preis und mit einer hohen Geschwindigkeit ist es möglich, von Düsseldorf nach New York oder Dakar zu fliegen. Im ugandischen Fernsehen werden täglich Filme und Nachrichten aus der Ferne gezeigt. Hierdurch werden Lebensträume geweckt, die viele im Nachhinein auf ihre eigenen Lebensbedingungen projizieren und anschließend dazu nutzen, Migrationswünsche zu entwickeln. Sie können letztendlich entweder ihre Wünsche verwirklichen oder lediglich ihr Leben lang in dem Glauben leben, dass diese eines Tages in Erfüllung gehen werden. Ein weiterer Faktor, der die soziale Welt im Rahmen der transstaatlichen Migration stark beeinflusst, sind Rücküberweisungen, die im Laufe der Zeit von Migranten getätigt und immerzu preiswerter und schneller geworden sind. Fest steht, dass Wanderungserscheinungen und die daraus resultierenden Prozesse heutzutage vielschichtiger sind als noch vor 50 Jahren (vgl. Pries 2008a: 47ff.; Pries 2006; Bürkner 2005). Mit dem hier zuletzt genannten Aspekt, der vor allem soziale Lebensräume von Menschen maßgeblich bestimmt, beschäftigt sich diese Arbeit im weiteren Verlauf. Hierbei wird ein spezieller Fokus auf senegalesische Rücküberweisungen liegen. Ziel ist es, besondere Merkmale und gewisse Probleme im Rahmen von senegalesischen Migrantentransfers herauszuarbeiten, da alle Länder ihre Eigenheiten bezüglich dieses Phänomens haben. Dies betrifft die Taktiken der Rücküberweisenden und die Probleme, die sie im Rahmen ihrer eigenen Migrationsgeschichte haben.

Eine soziologische Untersuchung sollte versuchen, ihre Fragestellung im Feld vorliegender Theoriebildung zu lokalisieren und im Bezugsrahmen dieser Theorie zu behandeln. Daher wird Migration im Rahmen dieser Arbeit als transnationale Migration verstanden. Dieser Migrationstyp erhöht durch die Etablierung von transnationalen Sozialräumen – die dazu dienen, dass Migranten ihr Herkunftsland und das Land, in das sie auswandern, miteinander verbinden – die Wahrscheinlichkeit, dass Rücküberweisungen getätigt werden. Nach Portes und Guanzio. bestehen Aktivitäten von transnationalen Migranten nämlich aus:

[…] einer ganzen Skala von ökonomischen, politischen und sozialen Initiativen, die von informellen Import-Exportgeschäften, über den Aufstieg einer Klasse bi-nationaler höherer Berufsgruppen bis hin zu Kampagnen von Heimatpolitikern unter ihren ausgewanderten Mitbürgern reichen (Portes/Guanizo 1999: 217f.).

Transmigranten entwickeln eine Migrationsstrategie, die sie von herkömmlichen Migranten unterscheiden. Sie haben keinen klaren Lebensmittelpunkt mehr und entwickeln im Laufe der Zeit „[…] hybride, kulturelle Identitäten und Praxisformen […]“ (Bürkner 2005: 115), welche sie befähigen gleichzeitig in zwei unterschiedlichen Gesellschaften und Ländern zu agieren und zu existieren. Ludger Pries bringt dies auf dem Punkt, indem er Transmigration definiert als:

[…] eine moderne Variante der nomadischen Lebensform […]. Sie steht im Zusammenhang mit transnationalen Sozialräumen, die sich pluri-lokal zwischen und oberhalb von verschiedenen Wohn- und Lebensorten aufspannen. In dem Typus der Transmigration ist Wanderung also nicht mehr vorwiegend der - einmalige, zeitlich eng begrenzte - Übergang zwischen verschiedenen, örtlich eindeutig fixierten Lebenszusammenhängen. Vielmehr wird Wanderung selbst zu einer Daseinsform (Pries 2001: 9; [Hervorhebungen aus dem Original).

Es ändern sich demnach nicht nur die Motive der Migranten, die sie dazu verleiten, aus einem Land auszuwandern, sondern auch die Qualität der Migration. Der Migrationsprozess bewirkt – wie bei einem Domino-Spiel – dass diverse Folgeerscheinungen auftreten. Ein Beispiel wäre die kumulative Verursachung von Migration, wobei ab einer bestimmten Zeit und Größenordnung weitere Migrationsprozesse hervorgerufen werden, die unabhängig von den ursprünglichen Gründen der Auswanderung stattfinden (vgl. Niederberger/Wichmann 2003: 9f.). Ein Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Wunsch von Migranten nach heimischer Musik, Sport oder Essen. Diese Nachfrage nach länderspezifischen Dienstleistungsprodukten im Ausland könnte eine weitere Migrationswelle aus dem Heimatland hervorrufen, die zugleich als Netzwerkerweiterung dient. Die Entstehung der Migrantennetzwerke und des transnationalen Raumes beginnt allerdings bereits mit dem Entscheidungsprozess des Migrierens. Der Entschluss zur Auswanderung wird in einem kollektiven Prozess im Rahmen von Familienverhältnissen oder Dorfgemeinschaften gefasst. Im Laufe der Zeit werden somit Netzwerke gebildet, die nicht nur als Vermittler für Nachfolgegenerationen fungieren, sondern auch bestimmte Wanderungsströme vorgeben. Transnationale Migranten können somit sowohl im Herkunfts- als auch im Aufnahmeland auf Unterstützung zurückgreifen. Im Migrationsprozess entstehen infolgedessen sogenannte transnational communities, die sich über verschiedene Staaten hinweg definieren. Es ist eine neue Form einer kollektiven und ethnischen Netzwerkstruktur, die durch bestimmte soziale Praktiken, Artefakten und Symboliken charakterisiert ist und sich über Ländergrenzen hinweg aufspannt (vgl. Pries 2008a).

Kasten 1: Transmigration und Rücküberweisungen - Fallbeispiel

Fred Sy studierte im Senegal Informatik. Dann kam er nach Deutschland an die Universität Düsseldorf und schrieb sich für Romanistik und Informationswissenschaft ein. Nach dem Studium eröffnete er zahlreiche Internetcafés und Computergeschäfte, heiratete und bekam zwei Kinder. Seit seiner Ankunft in Deutschland, hat er nicht aufgehört, regelmäßig nach Senegal zu reisen. Jedes Mal nimmt er Geschenke, Geld, Elektrogeräte und Computer mit. Nach seinem Studium kaufte er Ländereien und Häuser im Senegal, doch denkt er nicht an seine endgültige Rückkehr, da sein Wohlstand in seiner ursprünglichen Heimat von seiner Arbeit in Deutschland abhängt. Er hat mittlerweile auch die deutsche Staatsbürgerschaft und trotzdem kann er kein Land wirklich als sein Zuhause bezeichnen (fiktiver Name).

Dieses Fallbeispiel steht für das Leben von Millionen Menschen. Sie leben zwischen zwei Welten und pflegen kontinuierlich ihre Kontakte in beiden, meist auch in mehreren Ländern. Die vorliegende Arbeit wird sich mit den Geschenken und monetären Mitteln beschäftigen, die jemand wie Fred Sy regelmäßig in seine Heimat bringt oder schickt. Es wird deutlich, dass das Thema Rücküberweisungen in den Rahmen des Transnationalismusansatzes passt, da diese meistens innerhalb eines transnationalen Familienverbundes getätigt werden. Die transnationale Familie bedeutet hierbei „[…] living in and contributing to two cultures, two countries, and two economies at the same time” (Terry/Wilson 2005: 7).

In den folgenden Kapiteln werden vor allem die Unterschiede und Besonderheiten der Rücküberweisungen nach Senegal im Kontext afrikanischer Länder hervorgehoben. Kapitel zwei beschäftigt sich ausführlicher mit den Grundlagen des Phänomens der Rücküberweisungen und gibt einen Überblick über weltweite Trends der Rücküberweisungsflüsse mit einem speziellen Fokus auf Subsahara-Afrika und dem Senegal. Daraufhin folgt ein Kapitel, welches sich mit den Gründen und Motiven auseinandersetzt, die zu Geldüberweisungen führen. Anschließend wird der eigentliche Prozess des Transfers näher betrachtet und letztendlich der Endverbrauch dieser Gelder fokussiert. Obwohl diese Arbeit eine länderspezifische Analyse darstellt, muss in diesem Kapitel aufgrund mangelnder Studien über den Senegal, zusätzlich auf diverse Fallstudien zurückgegriffen werden. Zu bestimmten Teilaspekten dieses Themas liegen keine senegalspezifischen Daten und Fakten vor, weswegen gewisse Prozesse unter anderem aus afrikanischen Ländern dazu dienen werden, einige Lücken zu schließen. Das letzte Kapitel beschäftigt sich ausschließlich mit der senegalesischen Migrationsbewegung. Zudem werden – sofern das vorhandene Datenset es ermöglicht – sowohl Sender- als auch Empfängerhaushalte näher betrachtet und charakterisiert, um anschließend im Fazit die Vorarbeiten zusammenzufassen und bestimmte Eigenheiten und Probleme im Rahmen senegalesischer Rücküberweisungen herauszuarbeiten und zu klären, warum der Transnationalismusansatz gerade für den Senegal so fruchtbar ist. Die vorliegende Arbeit konnte dankenswerterweise neben der wissenschaftlichen Literatur mit einer Expertenmeinung zu diesem Thema bereichert werden: Dr. Laurence Marfaing, die am German Institute of Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt ist, beantwortete einige Fragen zu senegalesischen Migrantentransfers.

2. Rücküberweisungsflüsse: das soziale Gesicht der Migration

Es ist nicht verwunderlich, dass das Thema Rücküberweisungen das Hauptthema des jährlichen Berichts Global Economic Prospects 2006 der Weltbank war. Die Zahlen der weltweiten Rücküberweisungen sprechen für sich und mit eben dieser Datenlage wird sich das folgende Kapitel beschäftigen. Doch zuvor wird der erste Teil des Kapitels darauf eingehen, was unter dem Begriff Rücküberweisung zu fassen ist. Anschließend folgen globale Daten und Trends mit dem Fokus auf Subsahara-Afrika und Senegal. Diese Daten sind jedoch lediglich Schätzwerte und besitzen keinerlei Absolutheitsansprüche, da es keine einheitlichen Messmethoden und Definitionen von Migrantentransfers gibt. Hinzu kommt, dass inoffiziell getätigte Transfers in diesen Statistiken nicht erwähnt werden.

2.1 Rücküberweisungen

Das Phänomen der Rücküberweisungen in all seinen Facetten darzustellen, wäre ein komplexer Akt. Nicht nur, dass Migrantentransfers in monetäres sowie kulturelles und soziales Kapital gegliedert werden können, allein Begriffsdefinitionen und Erhebungsmethoden unterscheiden sich von Land zu Land. Eine allgemeine Definition liefert Cerstin Sander von der KfW Entwicklungsbank:

Remittances are monies sent from one individual or household to another. International remittances are those sent by migrant workers who left their home country. Domestic remittances are those sent by migrant workers who left their home village or town to work elsewhere in their home country (e.g. rural-urban migration; sometimes also referred to as national remittances). Typically remittances are in cash rather than goods. Imports or goods purchased on location are, however, also common (Sander 2003: 3).

Diese Arbeit wird sich ausschließlich auf den monetären Fluss von Rücküberweisungen beschränken, die separat betrachtet bereits sehr schwer zu handhaben sind. Wie in Kapitel 2.2 festzustellen sein wird, existieren in diesem Bereich immense Schwierigkeiten, den Fluss von Geldüberweisungen weltweit einheitlich zu kontrollieren – geschweige denn zu messen. Die jeweiligen Zahlen der Länder können nur mit großem Vorbehalt verglichen werden, da beispielsweise einige Staaten die Volumina von Rücküberweisungen auf Bankdaten, andere wiederum auf Haushaltsbefragungen oder auf die Arbeitsmarktsituation zurückführen. Darüber hinaus konnte man sich weltweit bisher nicht darauf einigen, auf welche Posten die Rücküberweisungen in den nationalen Zahlungsbilanzen gebucht werden sollen. Tabelle 1 bietet einen Überblick über die drei Bilanzierungsposten. Demnach umfasst der allgemeine Begriff der Rücküberweisungen drei Komponenten: Compensation of employees sind die Bruttoeinkünfte, die ein Migrant binnen weniger als ein Jahr im Ausland erwirbt. Als workers’ remittances hingegen werden die Transfers bezeichnet, die in die Herkunftsländer geschickt werden. Unter den sogenannten migrants’ transfers sind beispielsweise Kapitalanlagen oder Nettovermögen zu verstehen, die Migranten auf ihren Reisen von einem Land ins andere mitnehmen. Da die meisten Länder uneins sind, wie sie die jeweiligen Posten bilanzieren, werden diese drei Komponenten meist addiert, um die Höhe der Gesamtsumme zu ermitteln beziehungsweise zu schätzen. Falls ein Land die drei Posten nicht addiert, wird normalerweise die Kategorie workers’ remittances genutzt, um eine länderspezifische Aussage bezüglich Rücküberweisungen zu tätigen (vgl. Carling 2005: 7ff.).

Tabelle 1: Migrationsspezifische Komponenten der nationalen Zahlungsbilanzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Nach Carling 2005: 7.

Zu diesen Bilanzierungsschwierigkeiten kommt hinzu, dass in den offiziellen Statistiken die Transfers, welche über informelle Kanäle oder persönlich übergeben werden, außer Acht gelassen sind.

In der Einleitung wurde bereits deutlich, aus welcher Disposition heraus Menschen beschließen zu wandern. Es ist meistens eine Entscheidung, die im Familienhaus oder näheren sozialen Umfeld getroffen wird. Eine Hauptmotivation besteht darin, dass Familieneinkünfte gesichert werden sollen. Kommt es schließlich zu einer Wanderung, entstehen hierdurch neue soziale Netzwerke, die unterstützend wirken und den Nachfolgemigranten wiederum neue Wege und Möglichkeiten aufzeigen. Die ursprüngliche Motivation garantiert jedoch nicht, dass Rücküberweisungsflüsse kontinuierlich fließen.

Die zur Verfügung stehenden Ressourcen der Migranten hängen zum einen von der Zahl der Migranten, zum anderen von dem Einkommen und der Höhe der Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Einwanderungsländern ab. Ein weiterer herausragender Punkt ist die Möglichkeit zur Integration in der Aufnahmegesellschaft. Die Höhe der überwiesenen Summen variiert letztendlich jedoch von dem Willen und dem Interesse des Migranten, Rücküberweisungen zu tätigen. In Anbetracht der vermehrten Transfers im Falle einer Naturkatastrophe oder eines Krieges, besteht Grund genug zur Annahme, dass monetäre Zuwendungen in derartigen Fällen steigen. Ferner wird ein Migrant, der eventuell Rückkehrabsichten für die Zukunft hegt, natürlich mehr in sein Land investieren. Er wird in einem solchen Fall nicht nur seiner Familie helfen, sondern auch für sich selber beispielsweise Häuser oder Ländereien kaufen und sich somit seinen Platz in der Gesellschaft sichern. Auf Motivation und Disposition wird jedoch noch separat in Kapitel 3.1 eingegangen.

Wie wir bisher gesehen haben, beeinflussen derartige Migrantentransfers Gesellschaften auf drei Ebenen: Die familiäre-, die kollektive- und die Investitionsebene. Die Nutzungsebenen der Gelder reichen demnach von der familiären Unterstützung bis hin zu Dorffesten, Kirchenalmosen oder aber auch volkswirtschaftlich sehr wichtigen Investitionen in unternehmerischen Bereichen. Wissenschaftler sind sich einig, dass diese Geldtransfers vor allem auf der Mikroebene positive Multiplikatoreffekte hervorrufen. Sie tragen dazu bei, dass das Pro-Kopf-Einkommen steigt, dass Jugendlichen die Möglichkeit geboten wird, zur Schule zu gehen und Familien ihre alltäglichen Besorgungen tätigen können. Auf der anderen Seite kritisieren viele Ökonomen, dass diese Rücküberweisungen weniger dazu genutzt werden, um in die Volkswirtschaft eines Landes zu investieren. Es besteht sogar die Annahme, dass diejenigen, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland bekommen, aufhören produktiv zu arbeiten und somit von den Zuwendungen aus dem Ausland abhängig werden (vgl. Hertlein/Vadean 2006; Schönhärl 2005: 30). Fest steht, dass Rücküberweisungen in einigen Ländern mittlerweile höher sind als ausländische Devisen oder offizielle Entwicklungshilfen. Sie bleiben zudem über Jahre hinweg stabil und könnten bei einer effizienteren Datenlage und Nutzung nicht nur auf der Mikroebene, sondern auch volkswirtschaftlich betrachtet sehr nützlich sein (vgl. Kapur 2004: 9ff.). Auf die eben angesprochene Datenlage werden die folgenden zwei Abschnitte dieses Kapitels (2.2 und 2.3) näher eingehen und dabei Stück für Stück den Blickwinkel auf unser Länderbeispiel Senegal richten.

2.2 Globale Daten und Trends - Fokus Afrika südlich der Sahara

Rücküberweisungen sind in vielen Entwicklungsländern zu einer wichtigen Einkommensquelle geworden. Nach einem 73-prozentigen Anstieg zwischen 2001 bis 2005, flossen im Jahr 2005 167 Milliarden USD an Rücküberweisungen in über 73 Entwicklungsländer. Laut Aussagen der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) machten sie 2002 2,4 Prozent des kumulierten Bruttoinlandsproduktes der Entwicklungsländer, 10,4 Prozent des Gesamtexportes sowie 10,4 Prozent der Investitionen aus (vgl. Straubhaar/Vadean 2005: 15). Wie in Kapitel 2.1 beschrieben, sind diese Zahlen jedoch aus diversen Gründen mit Vorsicht zu betrachten. Tabelle 2 gibt noch einmal einen näheren Überblick über die Datenerhebungen in einzelnen Weltregionen.

Tabelle 2: Rücküberweisungen der Entwicklungsländer zwischen 2002-2007, gegliedert nach Regionen (US-Milliarden)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieser Tabelle ist deutlich zu entnehmen, dass die Zahlen jährlich nicht nur konstant steigen, sondern auch, dass Ostasien, Pazifik, Lateinamerika sowie die Karibik die Hauptempfängerregionen von Rücküberweisungen sind. Die Hauptempfängerländer waren im Jahr 2005 China (21,4 Milliarden USD), Indien (20,1 Milliarden USD) und Mexiko (15,2 Mrd. USD). Das Ranking variiert jedoch zwischen den verschiedenen Studien in Abhängigkeit von der zu Grunde liegenden Definition und den verwendeten Daten. Auffällig ist, dass es sich bei all diesen Ländern um diejenigen mit den höchsten Bevölkerungszahlen handelt. Betrachtet man die Rücküberweisungen gemessen am jährlichen Bruttoinlandsprodukt, fallen jedoch kleinere Länder wie zum Beispiel Moldau, Tonga und Lesotho stärker ins Gewicht. USA, Saudi Arabien und Italien zählen auf der anderen Seite zu den Entsendeländern, aus denen die meisten Migrantentransfers getätigt werden. Wie in Tabelle 2 auf Seite 11 deutlich wird, sind die Gelder, die nach Subsahara-Afrika fließen – verglichen zu anderen Regionen der Welt – mit lediglich fünf Prozent sehr niedrig. Hierfür könnte es mehrere Gründe geben. Zum einen sind es die unzuverlässigen statistischen Methoden Afrikas südlich der Sahara. Es existieren sehr viele Länder, die keine funktionierenden Evaluationsmechanismen haben und somit weder Aussagen über ihre nationalen Zahlungsbilanzen machen, noch Haushaltsbefragungen durchführen können. Abbildung 1 gibt eine weltweite Übersicht über diejenigen Länder, die zwischen 1992 und 2001 Angaben über die sogenannten workers’ remittances machen konnten.

Abbildung 1: Länder mit verfügbaren Datensätzen über Rücküberweisungen (1992-2002)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Carling 2005: 9.

Durch diese Abbildung wird deutlich, dass den meisten Ländern in Subsahara-Afrika Datensätze fehlen, mit denen Aussagen über mögliche Rücküberweisungen und deren Beitrag für eine eventuelle Weiterentwicklung im jeweiligen Land gemacht werden könnten. Hinzu kommen auch hier die hohen Summen der inoffiziell getätigten Rücküberweisungen und vor allem die Transfers, die im Rahmen intrakontinentaler Migration getätigt werden, da es für diesen Bereich aufgrund der Unkontrollierbarkeit fast unmöglich ist, Statistiken zu führen. Zusätzliche Gründe, wie Konflikte in einigen Ländern, mangelnde Finanzinfrastruktur in überwiegend ländlichen Gebieten Subsahara-Afrikas sowie die Unzuverlässigkeit von Postüberweisungen sprechen dafür, dass die offizielle Summe in den Statistiken somit lediglich der Untergrenze der realen Überweisungen nach Afrika südlich der Sahara entsprechen. Hier ist dringlich eine stabilere Datenlage notwendig – vor allem, wenn man betrachtet, dass Lateinamerika und Afrika eigentlich die höchsten Emigrationsraten aufweisen. 14 von weltweit 30 Ländern mit höchsten Emigrationsraten an Fachkräften zählen nach aktuellen Angaben zu Afrika (siehe Tabelle 8 im Anhang). Die zur Verfügung stehenden Datensets sagen aus, dass Nordafrika 72 Prozent, Ostafrika 13 Prozent und Süd- sowie Westafrika lediglich 7 Prozent der Rücküberweisungen erhalten. Zentralafrika weist nahezu keinerlei Rücktransfers auf. Frankreich, Italien, Saudi Arabien sowie die USA sind die Regionen, aus denen hingegen die Gelder nach Afrika gesendet werden. Abbildung 2 bildet die Top Ten der südafrikanischen Empfängerländer im Jahre 2006 ab. Die Position der jeweiligen Länder variiert je nach Vergleichsgröße. Nominal betrachtet sind Nigeria, Kenya und Senegal die Hauptempfängerländer von Rücküberweisungen – gemessen am Bruttoinlandsprodukt jedoch – unter anderem Lesotho, Cape Verde sowie Guinea-Bissau. Obwohl wenige Daten bezüglich Afrika südlich der Sahara vorliegen, ist es schon erstaunlich, dass Rücküberweisungen sogar bis zu 30 Prozent des Bruttoinlandsproduktes eines Landes ausmachen können. Eine weitere Vergleichsgröße, um die Höhe der Rücküberweisungen zu ermitteln, ist der Export von Gütern und Dienstleistungen, was ebenfalls auf Abbildung 2 illustriert ist (vgl. Sander/Maimbo 2003: 4ff.). Wie an diesen Zahlen zu sehen ist, sind die fehlenden statistischen Erhebungsinstrumente in Afrika eine wichtige Baustelle, um den tatsächlichen Fluss von Geldern sowie deren Auswirkungen zu ermitteln. Auf Daten, Fakten und Trends eines der Hauptempfängerländer wird der folgende Abschnitt eingehen.

Abbildung 2: Rücküberweisungen in Sub-Sahara Afrika

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Gupta/Pattillo 2007: 5.

2.3 Rücküberweisungstendenzen in den Senegal

Dieses Kapitel stellt einen Umriss der senegalesischen Rücküberweisungen im Rahmen des Weltgeschehens dar. Auf genauere Daten und Fakten sowie das Profil der Migranten und ihrer Familien werden die anschließenden Kapitel eingehen. Kapitel 2.3 dient lediglich als einführende Skizze der Zahlen im weltweiten Vergleich.

Wie in Kapitel 2.2 zu sehen ist, zählt Senegal zu den drei Hauptempfängerländern von Migrantentransfers in Subsahara-Afrika. Die Tendenz ist steigend, denn die wirtschaftliche Krise, die sich in den 1990er Jahren zuspitzte sowie die demographische Lage des Landes (circa die Hälfte der Bevölkerung ist unter 18 Jahre alt) führten dazu, dass immer mehr Senegalesen auswandern. Die folgende Tabelle illustriert den Anstieg von Migranten und Rücküberweisungen zwischen 1970, das Jahrzehnt, in dem die wirtschaftliche Krise begann, und dem Jahr 2005.

Tabelle 3: Migration und Rücküberweisungen über Jahrzehnte hinweg

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Shaw 2007: 44.

Einhergehend mit der seit 1980 kontinuierlich ansteigenden Migrantenzahl stiegen auch die Rücküberweisungen im Jahr 2005 bis auf 511 Millionen USD. Laut dem Migration and Remittances Factbook 2008 fallen die Zahlen jedoch um einiges höher aus. Hiernach migrierten 463.403 Senegalesen im Jahr 2005 und circa 874 Millionen USD flossen in Form von Rücküberweisungen im Jahr 2007 in das Land zurück. Dies sind etwa 7,6 Prozent des Bruttoinlandproduktes und circa 82 Prozent der offiziellen Entwicklungshilfen (vgl. Ratha/Xu 2008). Laut einer Befragung von 6.600 Haushalten im Auftrag des senegalesischen Wirtschafts- und Finanzministeriums, ist mindestens ein Angehöriger von 76 Prozent der urbanen und 70 Prozent der landesweiten Haushalte im Ausland und überweist Gelder in die Heimat (vgl. République du Sénégal 2004: 208ff.). Eine weitere Haushaltsbefragung von 650 Haushalten, durchgeführt von dem Department for International Development (DFID) in London, ergab, dass lediglich 18 Prozent der befragten Haushalte Rücküberweisungen erhielten. Die Mehrheit der gesamten Haushalte (71 Prozent) lebt zudem in städtischen Gebieten (vgl. Batchelor/Scott 2007: 16). Die Tendenz dieser Zahlen ist steigend, da die erhöhte Zahl der Auswanderer nun auch auf der politischen Ebene Anklang gefunden hat. 2006 unterzeichneten beispielsweise Spanien und Senegal ein bilaterales Abkommen, welches 4.000 Senegalesen in den Jahren 2007/08 Arbeitserlaubnisse in Spanien gewähren soll. Frankreich und Senegal hingegen einigten sich im Oktober 2006 auf eine erleichterte Einreise von Fachkräften sowie Wissenschaftlern. Hinzu kommen die inoffiziell getätigten Transfers. Eine Studie der Weltbank aus dem Jahre 2005, in der afrikanische Migranten in Belgien untersucht wurden, ergab, dass 42 Prozent der senegalesischen Rücküberweisungen aus Belgien über informelle Kanäle geflossen sind (vgl. Ratha/Xu 2008: 111). Wie die Tendenzen, welche in Abbildung 3 deutlich werden, in den nächsten Jahren verlaufen mögen, ist in dem senegalesischen Kontext zu erahnen. Zumal die in diesem Kapitel genannten Zahlen lediglich die offizielle Seite der Migration und Rücküberweisungsflüsse darstellen und inoffizielle nicht abbilden.

Abbildung 3: Entwicklung der Rücküberweisungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Gerdes 2007: 4.

3. Migrantentransfers in den Senegal: Wieso, wie und für was?

Nachdem im letzten Kapitel geklärt wurde, was Rücküberweisungen sind und welche Tendenzen sie aufweisen, wird es Aufgabe dieses Kapitels sein, die großen W-Fragen zu klären. Sehr viele der hier genannten Punkte sind bereits in Kapitel 2 angestoßen worden. Ziel dieses Kapitels ist es jedoch, etwas spezifischer auf unser Länderbeispiel einzugehen und in kompakter Fasson die jeweiligen W-Fragen zu beantworten. Dabei muss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es zu einigen Aspekten keine senegalspezifische Literatur gibt und diese Arbeit aufgrund dessen in einem gewissen Maß die Adaptierbarkeit anderer Länderbeispiele voraussetzt. So wird der erste Schritt des Kapitels sein, der Frage nach dem Warum nachzugehen. Der jeweilige Abschnitt beschäftigt sich demnach mit der ursprünglichen Motivation der Migranten, Rücküberweisungen zu tätigen. Ferner wird der Frage nach dem Wie, der Frage nach dem Transfer und seinen Kosten, nachgegangen. Abschnitt 3 dieses Kapitels betrachtet abschließend die Nutzung der Rücküberweisungen.

3.1 Was motiviert zum Transfer?

„Geld ist ein großer Schatz, der nur wächst, indem man ihn weggibt“.

(wird Sir Francis Bacon zugeschrieben englischer Philosoph und Staatsmann, 1561-1626)

So oder so ähnlich könnte ein Großteil der Auswanderer denken, wenn sie bestimmte Teile ihres Einkommens an ihre im Herkunftsland zurückgebliebene Verwandtschaft, Freunde oder Bekannte schicken. Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Migrant Gelder in seine Heimat transferiert und das obige Zitat zählt zu einem von ihnen. Die drei am häufigsten genannten Antriebskräfte sind Altruismus, Eigeninteresse sowie ein impliziertes Abkommen zwischen dem Migranten und Familienmitgliedern, Freunden oder Bekannten. Bei altruistischen Motivationsgründen steht die Sorge um zurückgebliebene Familienmitglieder, Freunde oder Bekannte im Vordergrund. Dieser Anreiz spielt vor allem dann eine Rolle, wenn Heimatländer in Naturkatastrophen oder Kriegen verwickelt sind. In Somalia wurden bereits diesbezüglich empirische Studien durchgeführt, die beweisen, dass Rücktransfers einen kontrazyklischen Charakter besitzen und gerade in Krisenzeiten deutlichen Zuwachs verzeichnen (vgl. Maimbo 2006). Altruismus ist jedoch keine ausreichende Begründung und wird deswegen durch den Punkt Eigeninteresse ergänzt. In diesem Zusammenhang stehen die eigene Kapitalakkumulation sowie die Beaufsichtigung der heimischen Besitztümer im Vordergrund des Interesses. Die Rücküberweisungen werden mit der Erwartung getätigt, dass Freunde oder Familie als Gegenleistung das zurückgelassene Eigentum bewachen und es pflegen. Dieses Konzept spielt vor allem bei den Migranten eine Rolle, die Rückkehrabsichten hegen. Durch zusätzliche Investitionen in Immobilien oder Land sichern sie sich zudem nicht nur einen Platz in der Gesellschaft, sondern auch automatisch einen besseren Sozialstatus im Falle einer Rückkehr. Die Migranten der Volksgruppe der Soninké beispielsweise, die in weiten Gebieten Westafrikas (Mauretanien, Elfenbeinküste, Mali, und in Burkina Faso) leben und das Ufer des Senegalflusses im Süden von Mauretanien besetzen, überweisen regelmäßig Gelder an einen Mittelsmann, der für sie anschließend Häuser und Land in großen Gebieten aufkauft. Nouakchott ist einer dieser Orte, in dessen Immobilienmärkte die Soninké-Migranten dermaßen investiert haben, so dass ein Großteil dieser Ortschaft mittlerweile in ihrem Besitz steht (vgl. Expertengespräch mit Dr. Marfaing, die die Arbeit von Ba/Choplin 2005 zitierte). Der dritte Punkt, welcher die implizierten Familienverträge in den Mittelpunkt stellt, wird in der Forschung als „[…] co-insurance model […]“ (Straubhaar/Vadean 2005: 17) oder als „[…] loan agreement model […]“ (Straubhaar/Vadean 2005: 18) bezeichnet und wechselt je nach eingenommener Perspektive des Migranten und seiner Angehörigen die Bezeichnung. Als Versicherung werden die Rücküberweisungen in diesem Zusammenhang angesehen, da die finanzielle Zuwendung des Migranten nicht nur als Unterstützung wahrgenommen wird, sondern auch als eine Art Risikostreuung des Haushaltseinkommens. Auf der anderen Seite werden die Rücküberweisungen als Kreditrückzahlungen aufgefasst (loan agreement model), da dem Migranten die Verpflichtung obliegt, das von seinem Verwandten geliehene Geld in Raten zurückzuzahlen (vgl. Lucas 2005: 152ff.). Für den Senegal sind zudem die religiös motivierten Überweisungen von herausragender Bedeutung, welche vor allem durch sogenannte Mourid-Bruderschaften getätigt werden. Die Überweisungen innerhalb dieser Sufi-Bruderschaften, die als adiya (Geschenke) bezeichnet werden, sind „[…] Bestandteil des spirituellen Verhältnisses zwischen [den] geistlichen Führern und ihren Anhängern“ (Faye 2007: 7). Sie dienen der Versorgung des geistlichen Führers (Marabouts genannt), der mit diesen Geldern nicht nur seine Familie, sondern auch die Bruderschaft vor Ort versorgen kann. Derartige Überweisungen an Vereine oder in die Stadt Touba, das Zentrum der Mouriden im Senegal, spielen in unserem Länderbeispiel eine wichtige Rolle, da diese Gruppe eine der sicheren Einkommensquellen für das Land darstellt (vgl. Riccio, 2005: 104ff.). Jean-Luc Demonsant führt in seiner Studie über die Volksgruppe der Haalpularen, die am Ufer des Senegalflusses leben, zusätzlich an, dass Migranten dieser Ethnie die Gelder in der Überzeugung und Hoffnung überweisen, Danksagungen und Gebete von Seiten der Familie zu erhalten. Unter Muslimen wird diese Art von Danksagung Baraka genannt, was mit Gottes Segen übersetzt werden kann. Das Interesse an dieser Art von Danksagung variiert je nach Religiosität. Da jedoch die Haalpularen zu den Volksgruppen zählen, die für die Verbreitung des Islam in Westafrika verantwortlich sind, spielt dieses sogenannte Baraka-Motiv eine sehr wichtige Rolle (vgl. Demonsant 2007: 12ff.).

Derartige Antriebskräfte werden jedoch der Komplexität im Hinblick auf die Motivlage der Migranten nicht gerecht, da sie in der Realität nicht separat betrachtet werden können. Neben der Überlappung der oben genannten Motive spielen auch andere Aspekte wie die Aufenthaltsdauer und der Aufenthaltsstatus des Migranten oder aber die Bindungen zur Heimat und Familie wichtige Rollen während der Entscheidungsfindung. Diese Aspekte sind zudem ein sehr wichtiger Bestandteil bezüglich der Höhe der überwiesenen Gelder. Lucas geht davon aus, dass Migranten, die lediglich vorübergehend auswandern, die meisten Gelder transferieren. Die Rücküberweisungen derjenigen, die jedoch dauerhaft emigrieren, nehmen sukzessive ab, da sie meistens ihre Angehörigen mitnehmen oder nachholen und den Kontakt zur Herkunftsregion minimal halten. Dieser Punkt spiegelt auch folgende Annahme wider: Umso niedriger die emotionale Verbindung und die Identifikationsmöglichkeit mit dem Heimatland, desto niedriger fallen die Summen der überwiesenen Gelder aus. Ein weiterer Sachverhalt, dem nachzugehen ist, ist die Korrelation zwischen Bildung und Migrantentransfers. Eine These lautet: „Presumably, skilled migrants earn relatively more and therefore are ceteris paribus, likely to remit more“ (Faini 2006: 12). Ein klares Rücküberweisungsmuster nach diesem Schema ist allerdings nicht in allen Studien aufzufinden. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass vor allem Hochqualifizierte aufgrund der kostspieligen Ausbildung dazu verpflichtet sind, ihren Verwandten in der Herkunftsregion die hohen Summen ihrer Ausbildungskosten zurückzuzahlen. Auf der anderen Seite jedoch sind es vor allem die besser Qualifizierten, die dauerhaft auswandern und ihre Familienmitglieder mitnehmen. Dies würde wiederum mit dem Aspekt übereinstimmen, dass die dauerhaften Migranten nach einiger Zeit den Bezug zu ihrem Herkunftsland verlieren und somit weniger überweisen. Aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse der vielfältigen Studien kann diesbezüglich keine eindeutige Aussage getroffen werden. Einen Aspekt, den vor allem Lucas deutlich hervorhebt, ist der Unterschied bezüglich der Motivationslage von beispielsweise Kriegsflüchtlingen und der freiwillig migrierende Menschen[3]. Hier betont er, dass bei den Ersteren die Motivation, Rücküberweisungen zu tätigen, am höchsten ist, diese jedoch gezwungenermaßen ohne Mittel und vor allem meist ohne Aufenthaltsstatus davon abgehalten werden, ihrem Wunsch nachzugehen (vgl. Lucas 2005: 153). Migranten werden jedoch nicht nur aus diesem Grund daran gehindert, Gelder in ihre Herkunftsregionen zu schicken, sondern auch durch die hohen Transferkosten, denen sie gegenüberstehen. Auf die Möglichkeiten des Transfers und die Kosten wird der folgende Abschnitt näher eingehen.

3.2 Rücküberweisungen sind…

…teuer! Zu dieser Erkenntnis kommen die meisten Migranten, sobald sie das erste Mal Geld in ihre Herkunftsländer überweisen wollen. Eine weitere Erkenntnis ist, dass sich der Markt für Transferdienstleistungen kontinuierlich weiterentwickelt und es mittlerweile eine Fülle an formellen sowie informellen Mechanismen gibt. Die Entscheidung, welche der Transferkanäle genutzt werden, hängt von mehreren Kriterien wie beispielsweise Bekanntheitsgrad, Kosten, Servicequalität und der Weltregion ab:

The global marketplace for remittances is significantly diffuse; market shares differ in each region and among the sending countries. In some regions, such as Southern Europe the most important players are banking institutions. In other places, like the Philippines and El Salvador, the main competitors are banks that operate as money transfer agencies […] (Orozco 2003: 8).

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die formalen und informellen Wege von Banken, Mikrokrediteinrichtungen über große Geldtransfer-Serviceunternehmen bis hin zur persönlichen Übergabe oder Nutzung von Mittelsmännern reichen. Die zwei in Senegal am häufigsten genutzten Kanäle sind der informelle Weg durch einen Heimaturlaub und die postalische Zahlungsanweisung zur Verrechnung. Bei letzterem Vorgang wird der jeweilige Betrag bei einem Postamt eingezahlt, welches die Daten dann zur Post im Lande des Zahlungsempfängers übermittelt, wobei hier wiederum ein Verrechnungsscheck für den Empfänger ausgestellt wird. Die postalischen Überweisungen werden jedoch meist bei eher kleineren Geldmengen genutzt, da hier weniger Gebühren anfallen, sie jedoch im Vergleich zu Banküberweisungen von der Zuverlässigkeit des Postnetzwerkes abhängen. Dies kann vor allem in Krisenregionen eine bedeutende Rolle spielen, da hier die meisten Poststellen unter Liquiditätsproblemen zu leiden haben und somit die Auszahlungen verspätet oder gar überhaupt nicht ausgeführt werden. Bei höheren Summen hingegen tätigen die meisten eine Banküberweisung. In diesem Falle ist es jedoch von großer Bedeutung, ob der Empfänger ein eigenes Bankkonto besitzt und eine gute Verbindung zur Bankinfrastruktur hat. Hinzu kommt, dass Banküberweisungen erheblich teurer sind als die zuvor genannten Methoden der Überweisung (vgl. Gubert 2005: 45ff.). Im Senegal sind zudem die bereits erwähnten Transferunternehmen, auch Money Transmitter Operators (MTO) genannt, sehr gefragt. Die größten Transferunternehmen in unserem Länderbeispiel sind Western Union (WU), MoneyGram (MG), Télégiros (TG) oder Money Express (ME). WU hat hierbei mit über 141 Kontaktmöglichkeiten das am weitesten verbreitete Netzwerk in Senegal. Die Servicepunkte befinden sich vor allem in den Hauptemigrationszentren, wie den Vororten oder der heiligen Stadt Touba. Seitdem die WU im Jahr 1995 im Senegal gegründet wurde, ist sie Kooperationspartner der Compagnie Bancaire de l’Afrique de l’Ouest (CBAO). Diese verarbeitet circa 31 Prozent des Transaktionsvolumens des WU-Netzwerkes. Die Post ist der zweite Hauptkooperationspartner der WU und verwaltet ebenfalls etwa 30 Prozent der Rücküberweisungen des WU-Netzwerkes. Ein großer Vorteil dieser Methode ist vor allem die Schnelligkeit – denn binnen fünfzehn Minuten ist die Transaktion zwischen Italien und Senegal vollzogen und der Zahlungsempfänger kann über das Geld verfügen. MG, TG sowie ME sind Nachfolgegesellschaften der WU und ähneln diesem Netzwerk. Ihre Infrastruktur ist jedoch nicht sehr gut ausgebaut, was vor allem am Beispiel der Gesellschaft Télégiros zu sehen ist. Diese Gesellschaft operiert von Spanien aus und besitzt im Senegal lediglich sieben Kassierstellen in fünf Städten (Dakar, Louga, Thiès, St. Louis und Touba). Somit ist die Versorgung der Gesamtbevölkerung nicht gewährleistet. Um ein besseres Versorgungsnetzwerk aufzubauen, geht MG mittlerweile Kopperationen und Partnerschaften mit Mikrofinanzinstituten ein. Beispiel hierfür wäre die Partnerschaft mit Alliance du Crédit et d’Épargne pour la Production (ACEP), mit dessen Hilfe MG mittlerweile 20 Servicepunkte im Senegal einrichten konnte. Diese Kooperation ist nicht zuletzt aufgrund der Nähe und der Vertrautheit zu Menschen sehr bedeutend (vgl. Sander/Barro o. J.: 20ff.).

Neben diesen Akteuren, die schätzungsweise lediglich 27,2 Prozent der monetären Masse des Landes kontrollieren, existieren es informelle Kanäle, durch die Gelder fließen. Diese Methode wird in sehr vielen afrikanischen Ländern angewendet, da die Finanzinfrastruktur vor allem in ländlichen Gebieten sehr schwach ausgebaut ist und aufgrund dessen nicht jeder Zugang zu formellen Kanälen hat. Die informelle Praxis variiert ebenfalls je nach Weltregion und Kulturraum. In Süd- und Südostasien wird beispielsweise das Hawala -System betrieben. Hier überbringen Mittelsmänner, sogenannte Hawaladers, das Geld zu den Angehörigen des Migranten. Die Entschädigung erfolgt nicht durch eine Geldzahlung, sondern durch eine anderweitige Kompensation. Dieser Vorgang hat den Vorteil, dass Migranten nicht offiziell angemeldet sein müssen, um Gelder zu versenden oder zu empfangen. Hinzu kommt, dass die Transferkosten (1-2 Prozent der Übertragungssumme) sehr gering sind oder gar komplett wegfallen. In Subsahara-Afrika überwiegen ebenfalls informelle Kanäle. Gelder werden hier mithilfe von Freunden und Verwandten mitgeschickt. Es gibt aber auch sogenannte virtuelle Transfers, die mittels Handelsmänner getätigt werden und ebenfalls informell verlaufen. In diesem Fall erhält ein Händler das Geld von einem Migranten in Form eines Kredites und investiert diesen Kredit in Güter und Ausstattung. Mit den Verkaufserlösen dieser Gegenstände wiederum, die höher liegen als das von ihm geliehene Geld, kann er sowohl die ihm überreichten Rücküberweisungen an die dafür gedachten Leute weitergeben und profitiert zudem persönlich von dieser Art von Kredit, da er weder bei einer Bank offiziell Kredit aufnehmen muss, noch Zinsen zu zahlen hat. Weiterhin gibt es eine Form von Geldüberweisung, in der kein physisches Kapital über Ländergrenzen hinweg fließt. In diesem Fall handelt es sich um die Gründung von sogenannten Magasin im Herkunftsland, indem sich mehrere Migranten im Ausland zu einem Netzwerk zusammenschließen. Hier wird ein Händler im Senegal über Telefon beauftragt, die Familie des Migranten mit bestimmten Produkten zu versorgen. Die Kosten, die für den Händler bei diesem Prozess entstehen, werden durch die Migranten gedeckt. Dies geschieht dann, wenn einer der Migranten des Netzwerkes in den Senegal fliegt und die Gelder der anderen Netzwerkmitglieder eingesammelt dem Händler übergibt. Der Migrant kann auf diese Weise sicher sein, dass sein Geld auch wirklich für den von ihm vorgesehenen Zweck verwendet seitens der Familie ausgegeben wird (vgl. Expertengespräch mit Dr. Marfaing September 2008). Die überwiegend interregionale und intrakontinentale Wanderung von Afrikanern führt ferner dazu, dass die Geldtransfers in die Verantwortung von bekannten Bus- oder Taxifahrern gelegt werden. In diesem Zusammenhang spielt die subjektive Wahrnehmung ebenfalls eine immanente Rolle. Verschiedene Studien haben ergeben, dass informelle Kanäle in Subsahara-Afrika mittlerweile unter Vertrauensverlust leiden und somit das Interesse an diesen abnimmt. Dieser subjektive Faktor ist einer von vielen Aspekten, die entscheiden, welche Wege für die Migrantentransfers genutzt werden. Die Vertrauensbasis spielt auch bei den vielen Shops der Migranten im Ausland eine Rolle, die im Auftrag anderer Migranten auf informellem Wege Gelder in die Herkunftsregion überweisen. Ein Beispiel ist das im Jahr 1991 gegründete Kara International Exchange Institute, das von senegalesischen Händlern aus New York und Dakar gegründet wurde und seinen Sitz in beiden Städten hat. Der Name ist auf den Marabout -Mentor des Geschäftsführers zurückzuführen, der den Namen Serigne Modou Kara M’Backé trägt. Diese Form von Geldtransfer kombiniert Modernes (Telefon, Fax, E-Mail) mit Traditionellem (Vertrauen, traditionelle Netzwerke). Da die Zahl der Senegalesen in New York stetig zuzunehmen scheint[4], entschied der Gründer dieses Instituts, das auch als Wechselstube fungiert, ein senegalesisches Händlernetzwerk vor Ort aufzubauen. Nachdem das Netzwerk größer wurde, fand er seine Aufgabe darin, die Gelder der Händler in die Herkunftsregion zu überweisen, so, dass die Adressaten das Geld in einem der Hauptmarktplätze Dakars (in diesem Fall Sandaga) abholen können. Bevor die Gelder jedoch im Senegal entgegengenommen werden können, muss der jeweilige Händler oder senegalesische Migrant zum Institut und die Überweisung anordnen. Hierbei übergibt er das Geld Kara New York, deren Angestellte den Korrespondenten in Dakar anweisen, das Geld dem Adressaten auszuzahlen, sobald er sich bei ihm meldet. Der Migrant selber muss allerdings seine Familie oder die Empfänger per Telefon benachrichtigen, dass er das Geld überwiesen hat und wann sie es auf dem Sandaga Markt abholen können. Die Kommission beträgt fix 20 USD und variiert nicht mit der Summe der überwiesenen Gelder. Kara Dakar hingegen bekommt das von ihm ausgezahlte Geld von senegalesischen Händlern, die beabsichtigen nach New York zu fliegen und keine großen Summen mit sich tragen wollen. Wie zu sehen ist, basiert dieses System komplett auf Vertrauen, denn der Transfer geschieht weitestgehend informell und ohne Bürokratie und verläuft sehr einfach: „It is only the strong integration in Sandaga’s commercial milieu (thanks to family, sectarian and work-related networks) that allows the mechanism based on trust to function“ (Tall 2002: 24). Zwar ist das System vergleichsweise teuer, jedoch aufgrund der Vorzüge und vor allem der Einfachheit sehr beliebt. Mittlerweile etablieren sich auch weitere sogenannte ethnic stores, die explizit für eine bestimmte Zielgruppe gegründet werden und genauso funktionieren, wie das Kara New York. Ein Beispiel hierfür ist die al pular Gruppe in Brooklyn. Diese Gruppe nutzt vor allem die ethnische Komponente, um Kunden anzulocken und Gelder in die Gegend des HLM Marktes in Dakar zu überweisen, in der eine Konzentration von Händlern aufzufinden ist, die der Pular-Ethnie angehören. Neben dieser Gruppe existieren noch weitere ethnic stores, die sich etabliert haben. Somit wurde im Laufe der Zeit die Monopolstellung von Kara New York aufgehoben und die Geschäftsidee dem Wettbewerb ausgesetzt. Dieser Wettbewerb existiert auch in europäischen Ländern. In Frankreich beispielsweise übernahm als erstes The Groupement d’Intérêt Économique (GIE) mit Sitz in Lyon diese Aufgabe und stand später im Wettbewerb mit weiteren derartigen Wechselstuben. Auch in Spanien oder Italien wurden ähnliche Shops gegründet, um den Migranten die Geldtransfers so einfach wie möglich zu machen. Deren Existenz wird zudem durch andere Dienstleistungen gesichert. Mittlerweile stellen sie nicht nur eine Wechselstube oder ein Transferkanal der Migranten dar, sondern fungieren beispielsweise auch als Kreditgeber der Migranten oder dienen als Telefon- sowie Internetshops. Doch die Existenz dieser Läden hängt im großen Maße von dem Vertrauen ab, das in sie gesetzt wird, da dieser Aspekt eine große Rolle im Entscheidungsprozess bezüglich des Transferkanals spielt (vgl. Jettinger 2005: 6ff.; Tall 2002: 21ff.).

[...]


[1] Die Schätzung der United Nations (UN) basiert auf Zensusdaten aus 228 Ländern aus dem Jahr 2005, wobei u. a. die Begriffsdefinitionen weltweit variieren und aufgrund dessen die Gesamtzahl der Migranten starken Schwankungen unterworfen sind (vgl. UN 2005).

[2] Für nähere Informationen über klassische Migrationstheorien und Erklärungsansätze siehe Han 2000: 6f. oder Pries 2008: 6. Aus Platzgründen wird auf eine nähere Ausführung hierzu verzichtet.

[3] Unter „freiwillig migrierenden Menschen“ versteht der Autor in diesem Zusammenhang diejenige Art von Migration, die nicht aufgrund von Kriegen oder Konflikten vollzogen wird, sondern hauptsächlich auf die Arbeitsplatzlage im Herkunftsland und dem Wunsch zu migrieren zurückzuführen ist.

[4] Im Jahr 2000 waren es 11.000 Senegalesen, die in New York gelebt haben.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2008
ISBN (PDF)
9783863416003
ISBN (Paperback)
9783863411008
Dateigröße
480 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Erscheinungsdatum
2012 (März)
Note
1,3
Schlagworte
Migration Senegal Transnationalismus Rücküberweisung

Autor

Hülya Dagli schloss ihr B.A.-Studium der Soziologie und Erziehungswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum ab und absolvierte im Anschluss das Masterprogramm Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik an der Universität Duisburg-Essen. Sie arbeitete u.a. 2007 als Fremdsprachenassistentin am Deutschen Institut der Makerere University in Uganda und wirkte im internationalen Projektverbund International Civil Society Forum on Conflicts mit, welcher Handlungsempfehlungen für die politische Praxis im Bereich Migration und Konfliktbewältigung entwickelte.
Zurück

Titel: Friede, Freude, Migration? Senegalesische Rücküberweisungen - Länderspezifische Analyse eines transnationalen Phänomens
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
55 Seiten
Cookie-Einstellungen