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Anforderungen an Ratingagenturen zur Vermeidung von Interessenkonflikten: unter besonderer Berücksichtigung der EU-Ratingverordnung

©2011 Bachelorarbeit 70 Seiten

Zusammenfassung

‚Das Schlimmste ist überstanden.’ - Diese Beurteilung der Finanzlage gab im April 2008 der ehemalige Vorstandschef der US-Investmentbank Lehman Brothers, Richard Fuld, ab. Nur fünf Monate später war die Bank mit 158-jähriger Tradition insolvent. Die Ausmaße der Wirtschafts- und Finanzkrise, die sich 2007 abzeichnete, konnte zum damaligen Zeitpunkt kaum ein Beteiligter richtig abschätzen. Heute ist klar, dass Fulds Aussage eine drastische Fehleinschätzung war. Begonnen im Jahr 2006 als Immobilienkrise in den USA, hat die Krise seit Mitte 2008 die Realwirtschaft der gesamten Welt erreicht. Kreditausfälle bei Banken und der Wirtschaft in Milliardenhöhe sowie Vertrauenseinbußen und daraus resultierende Liquiditätsengpässe auf dem Interbankenmarkt führten zu starker Kritik am bestehenden Finanzsystem. Immer häufiger wurden in dieser Zeit Rufe nach einer Reform laut, um Banken, Versicherungsinstitute und Ratingagenturen stärker kontrollieren zu können. Letzteren wird durch die mangelhafte Bewertung von Anlageformen eine große Mitverantwortung an der Finanzmarktkrise zugeschrieben, da deren Ratings als Entscheidungsgrundlage von Unternehmen und Investoren dienten. Der Einfluss der Ratingagenturen auf den Finanzmarkt wurde durch die Krise deutlich sichtbar. Umso erstaunlicher erscheint es, dass die Kontrolle über die Agenturen sowie die Konsequenzen bei einem Fehlverhalten nicht ausreichend geregelt waren. Durch die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009, die vom Europäischen Parlament und Rat am 16. September 2009 erlassen wurde, sollen diese Akteure am Markt in Zukunft besser überwacht werden können.
Ziel dieser Arbeit ist es, den Hintergrund der RatingVO in Bezug auf die Vermeidung von Interessenkonflikten zu beleuchten sowie die Lösungsansätze der Verordnung aufzuzeigen, zu analysieren und zu hinterfragen. Es gilt herauszufinden, ob die Verordnung die gewünschten Resultate widerspiegelt und erreicht sowie geeignet ist, künftige Krisen zu vermeiden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Abkürzungsverzeichnis
Abs.
Absatz
Art.
Artikel
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistung
BB
Betriebsberater (Zeitschrift)
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BIS
Bank for International Settlements
bzw.
beziehungsweise
CEBS
The Committee of European Banking Supervisors
CESR
The Committee of European Securities Regulators
Co.
Company
ECAI
External Credit Assessment Institution
ECOFIN
Rat der Wirtschafts- und Finanzminister
EG
Europäische Gemeinschaft
ESMA
European Supervisory Authority (Securities and Markets)
ESME
European Securities Markets Expert Group
ESFS
European System of Financial Supervision
EU
Europäische Union
FAQ
Frequently Asked Questions
FinDAG
Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz
f.
und folgende
ff.
und fortfolgende
FSF
Financial Stability Forum
FTD
Financial Times Deutschland (Zeitung)
Hrsg.
Herausgeber
Inc.
Incorporated (Rechtsform einer Gesellschaft)
IOSCO
International Organization of Securities Commissions
Moody's
Moody's Investors Service
Nr.
Nummer
NRSRO
Nationally Recognized Statistical Rating Organization
NZG
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift)
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
III

RatingVO
Verordnung (EG) Nr. 1060/2009
RIW
Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift)
S.
Seite
S & P
Standard & Poor's
SEC
US Securities and Exchange Commission
SolvVO
Solvabilitätsverordnung
Tab.
Tabelle
u.a.
und andere
US
United States (of America)
USA
United States of America
Var.
Variante
vgl.
vergleiche
VO
Verordnung
WM
Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift)
WpHG
Wertpapierhandelsgesetz
z.B.
zum Beispiel
zfbf
Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche For-
schung (Zeitschrift)
ZGR
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Zeit-
schrift)
Ziff.
Ziffer
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Ratingsymbole und deren Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
Tabelle 2 Risikogewichtung für Eigenkapitalhinterlegung . . . . . . . . . . . . . .
20
IV

1 Einleitung
,,Das Schlimmste ist überstanden."
1
Richard Fuld
Diese Beurteilung der Finanzlage gab im April 2008 der ehemalige Vorstandschef der US-
Investmentbank Lehman Brothers, Richard Fuld, ab. Nur 5 Monate später war die Bank
mit 158-jähriger Tradition insolvent. Die Ausmaße der Wirtschafts- und Finanzkrise, die
sich 2007 abzeichnete, konnte zum damaligen Zeitpunkt kaum ein Beteiligter richtig ab-
schätzen. Heute ist klar, dass Fulds Aussage eine drastische Fehleinschätzung war. Begon-
nen im Jahr 2006 als Immobilienkrise in den USA, hat die Krise seit Mitte 2008 auch die
Realwirtschaft der gesamten Welt erreicht. Kreditausfälle bei Banken und der Wirtschaft
in Milliardenhöhe sowie Vertrauenseinbußen und daraus resultierende Liquiditätsengpäs-
se auf dem Interbankenmarkt
2
führten zu starker Kritik am bestehenden Finanzsystem.
Immer häufiger wurden in dieser Zeit Rufe nach einer Reform laut, um Banken, Versi-
cherungsinstitute und Ratingagenturen stärker kontrollieren zu können.
3
Letzteren wird
durch die mangelhafte Bewertung von Anlageformen eine große Mitverantwortung an
der Finanzmarktkrise zugeschrieben, da deren Ratings als Entscheidungsgrundlage von
Unternehmen und Investoren dienten.
4
Der Einfluss der Ratingagenturen auf den Finanz-
markt wurde durch die Krise deutlich sichtbar. Umso erstaunlicher erscheint es, dass die
Kontrolle über die Agenturen sowie die Konsequenzen bei einem Fehlverhalten nicht aus-
reichend geregelt waren.
5
Durch die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009, im Folgenden Ra-
tingVO genannt, die vom Europäischen Parlament und Rat am 16. September 2009 erlas-
sen wurde, sollen diese Akteure am Markt in Zukunft besser überwacht werden können.
6
Ziel dieser Arbeit ist es, den Hintergrund der RatingVO in Bezug auf die Vermeidung
von Interessenkonflikten zu beleuchten sowie die Lösungsansätze der Verordnung aufzu-
zeigen, zu analysieren und zu hinterfragen. Es gilt herauszufinden, ob die Verordnung die
gewünschten Resultate widerspiegelt und erreicht sowie geeignet ist, künftige Krisen zu
1
Fuld, Diese Banker unterschätzten die Finanzkrise.
2
Der Begriff bezeichnet den Handel der Kreditinstitute untereinander, ausgenommen der Zentralbank.
3
Vgl. Balzli / Hornig, Die Krisen-Verschärfer, Der Spiegel 19/2009, S.64, 65.
4
So Sanio, in: Balzli / Hornig, Die Krisen-Verschärfer, Der Spiegel 19/2009, S.64, 65.
5
Vgl. Sanio, Giftmüll im internationalen Finanzsystem, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 1/2008,
S.16, 16.
6
Vgl. von Baltzer, Rating-Agenturen an die Kandare, Versicherungswirtschaft 24/2009, S.1907, 1907.
1

vermeiden.
Für einen adäquaten Einstieg in die komplexe Fragestellung, werden in Kapitel 2 die
Grundlagen eines Ratings, der Ratingagenturen und mögliche auftretende Interessenkon-
flikte erörtert.
Die bisher bestehenden Regulierungsansätze für Ratingagenturen werden in Kapitel 3
vorgestellt. Hierbei wird sowohl auf internationale als auch auf nationale Regelungen
eingegangen.
Der Schwerpunkt der Arbeit wird auf Kapitel 4 liegen, in dem es um die Entstehung,
den Inhalt und die Neuregelungen in der RatingVO geht. In diesem Zusammenhang wird
auch auf die in der Verordnung festgeschriebenen Anforderungen an Ratingagenturen zur
Vermeidung von Interessenkonflikten eingegangen. Entgegen dem Ausdruck ,,Anforde-
rungen an Ratingagenturen" wird hier nicht ausschließlich auf die Anforderungen an die
Agenturen selbst, sondern auch auf die Anforderungen an Mitarbeiter eingegangen.
Mit einem zusammenfassenden Ausblick wird diese Arbeit abgerundet.
Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen, wird auf die Entstehung, die Ursachen
und die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise an sich nicht tiefer eingegangen. Diese
Themen werden nur in den Bereichen angesprochen, die für die RatingVO von Relevanz
sind. Weiterhin wird bei Ausführungen über Ratingagenturen der Fokus auf die drei größ-
ten Agenturen, namentlich Standard & Poor`s, im Folgenden S & P genannt, Moody's
Investors Service, im Folgenden Moody's genannt, und Fitch Ratings gelegt. Die Ein-
schränkung rührt daher, dass diese drei Agenturen 95% des Marktanteils innehaben, so
dass die restlichen 5% unberücksichtigt bleiben können.
7
7
Vgl. Palan, Wir haben uns verschätzt, Manager Magazin, 3/2008, S.52, 54; Dönch / Körer / Borst, Wie
die untoten Vampire, Focus 27/2010, S.100, 103.
2

2 Ratings, Ratingagenturen und mögliche
Interessenkonflikte
2.1 Ratings
2.1.1 Definition
Der Begriff Rating bezeichnet nach Art. 3 Abs. 1 Ziff. a RatingVO ,,ein Bonitätsurteil in
Bezug auf ein Unternehmen, einen Schuldtitel oder eine finanzielle Verbindlichkeit, ei-
ne Schuldverschreibung, eine Vorzugsaktie oder ein anderes Finanzinstrument oder den
Emittenten derartiger Schuldtitel, finanzieller Verbindlichkeiten, Schuldverschreibungen,
Vorzugsaktien oder anderer Finanzinstrumente, das anhand eines festgelegten und defi-
nierten Einstufungsverfahrens für Ratingkategorien abgegeben wird".
8
Da Kreditinstitute nur über ein beschränktes Volumen an Krediten verfügen, wird das
Unternehmen einen solchen zugewiesen bekommen, dessen Kreditwürdigkeit und Bonität
am günstigsten eingeschätzt wird.
9
Diese Einschätzung erfolgt über sogenannte Ratings.
Dabei hat der Begriff zwei Bedeutungen.
Zum einen sind Ratings Bewertungen unter Zuhilfenahme eines Verfahrens, die Aus-
kunft darüber geben sollen, wie hoch die Fähigkeit eines Kreditnehmers ist, eingegan-
genen Zahlungsverpflichtungen in Zukunft vollständig und rechtzeitig nachzukommen.
10
Kreditnehmer können in diesem Rahmen Personen natürlicher und juristischer Art sein,
jedoch sind Ratings auch auf Gegenstände und Situationen anwendbar.
11
Ein Rating ist
also ein Verfahren, das aufzeigt, wie gut der Kapitalgeber gegen einen möglichen Ausfall
geschützt ist.
Zum anderen handelt es sich bei einem Rating auch um das gefundene Ergebnis des Ver-
fahrens, welches in einem Symbol ausgedrückt wird. Um diese Ergebnisse vergleichbar
zu machen, wurden Ratingsymbole entwickelt, die aus einem oder mehreren Kurzzeichen
8
Art. 3 Abs. 1 Ziff. a RatingVO.
9
Vgl. Füser / Gleißner, Rating-Lexikon, 2005, S.4.
10
Vgl. Füser / Gleißner, Rating-Lexikon, 2005, S.6; Reichling / Bietke / Henne, Praxishandbuch Risiko-
management und Rating, 2007, S.46.
11
Vgl. Oellinger, Die Haftung für Ratings, 2005, S.55-56.
3

bestehen.
12
Aus diesen Zeichen lässt sich die jeweilige Risikokategorie des Kreditneh-
mers ablesen. Die Skala reicht bei S & P und Fitch Ratings von AAA, also höchster
Qualität, bis hin zu D, was für eingetretene Zahlungsunfähigkeit steht bzw. bei Moody's
von Aaa bis hin zu C.
13
Damit sich der Investor schneller für oder gegen eine Investiti-
on entscheiden kann, ist die Skala in zwei Bereiche untergliedert. Die Kategorien AAA /
Aaa bis BBB- / Baa3 stellen den Anlagebereich dar, die übrigen Kategorien den Spekula-
tionsbereich.
14
Dieses System und die jeweilige Bedeutung des Symbols ist in Tabelle 1
grafisch dargestellt.
Ratings
Interpretation
S & P
Fitch
Ratings
Moody's
AAA
AAA
Aaa
Anlage-
Sehr gut: Höchste Bonität; nahezu kein Ausfallrisiko
AA+, AA,
AA-
AA+, AA,
AA-
Aa1, Aa2,
Aa3
bereich
(investment
Sehr gut bis gut: Hohe Zahlungswahrscheinlichkeit;
geringes Ausfallrisiko
A+, A, A-
A+, A, A-
A1, A2, A3
grade)
Gut bis befriedigend: Angemessene Deckung von
Zins und Tilgung; Risikoelemente vorhanden, die
sich bei Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds
negativ auswirken
BBB+, BBB,
BBB-
BBB+, BBB,
BBB-
Baa1, Baa2,
Baa3
Befriedigend: Angemessene Deckung von Zins und
Tilgung; spekulative Elemente oder mangelnder
Schutz gegen Veränderungen des wirtschaftlichen
Umfelds vorhanden
BB+, BB,
BB-
BB+, BB,
BB-
Ba1, Ba2,
Ba3
Spekulations-
bereich
Ausreichend: Mäßige Deckung von Zins und Tilgung
(auch in einem guten wirtschaftlichen Umfeld)
B+, B, B-
B+, B, B-
B1, B2, B3
(speculative
Mangelhaft: Geringe Deckung von Zins und Tilgung
CCC+, CCC,
CCC-, CC, C
CCC+, CCC,
CCC-, CC, C
Caa1, Caa2,
Caa3, Ca
grade)
Ungenügend: Niedrigste Qualität; akute Gefahr des
Zahlungsverzugs
SD, D
DDD, DD, D
C
Zahlungsunfähig: In Zahlungsverzug
Tab. 1: Ratingsymbole und deren Bedeutung
Quelle: eigene Darstellung nach Reichling / Bietke / Henne, Praxishandbuch Risikoma-
nagement und Rating, S.68.
Allerdings können durch ein Rating, im Gegensatz zum Ranking, keine Unterschiede fest-
gestellt werden, wenn sich die beurteilten Objekte in der gleichen Kategorie befinden, was
die Vergleichbarkeit wieder etwas einschränkt.
15
Wichtig ist ferner, dass die Agenturen
12
Vgl. Füser / Gleißner, Rating-Lexikon, 2005, S.388-389.
13
Vgl. Reichling / Bietke / Henne, Praxishandbuch Risikomanagement und Rating, Abbildung S.68.
14
Vgl. Reichling / Bietke / Henne, Praxishandbuch Risikomanagement und Rating, S.67.
15
Vgl. Wagner, Rating mittelständischer Unternehmungen, 1991, S.5-6.
4

selbst ihre Ratings lediglich als Meinungsäußerung sehen, keinesfalls als Empfehlung,
Finanzprodukte zu kaufen, zu verkaufen oder zu halten.
16
2.1.2 Verschiedene Ratingarten
Ratings können in verschiedene Arten unterteilt werden. So differenziert die Praxis zwi-
schen externen und internen, aufgeforderten und unaufgeforderten, kurz- und langfristi-
gen Ratings sowie zwischen Emissions- und Emittentenratings.
Bei der Unterscheidung zwischen externem und internem Rating kommt es auf die In-
stitution an, die das Rating vornimmt. Bei ersterem wird das Rating von einem privaten
Dienstleistungsunternehmen, der Ratingagentur, durchgeführt, bei letzterem durch den
Kreditgeber selbst.
17
Häufig werden die Ergebnisse des internen Ratings dem Kreditneh-
mer nicht kommuniziert, während externe Ratings größtenteils veröffentlicht werden.
18
Weiterhin wird zwischen aufgefordertem und unaufgefordertem Rating unterschieden,
wobei es für die Differenzierung auf den Auftraggeber des Ratings ankommt. Das aufge-
forderte Rating (auch ,,solicited rating") wird von dem zu bewertenden Schuldner selbst
beauftragt, wohingegen dieser beim unaufgeforderten Rating (auch ,,unsolicited rating")
nicht in den Prozess eingebunden wird. Die Informationen des unaufgeforderten Ratings
stammen daher aus öffentlich zugänglichen Quellen des Unternehmens, wie dem Jahres-
abschluss oder Handelsregisterauszügen.
19
Für die Unterscheidung zwischen kurz- und langfristigem Rating ist der betrachtete Zeit-
horizont maßgeblich. Bei dem kurzfristigen Rating (auch ,,short-term ratings") umfasst
der Prognosezeitraum bis zu ein Jahr, bei einem langfristigen Rating (auch ,,long-term
ratings") mindestens ein bis hin zu vier Jahre.
20
16
Vgl. S & P, Code of Conduct, 2008, S.4; Moody's, Code of Professional Conduct, 2008, S.6; Fitch
Ratings, Code of Conduct, 2010, Punkt 4.6, S.18.
17
Vgl. Deipenbrock, Externes Rating, BB 2003, S.1849, 1849.
18
Vgl. Norden / Weber, Möglichkeiten und Grenzen der Bewertung von Ratingsystemen durch Markt und
Staat, in Neupel / Rudolph / Hahnenstein (Hrsg.), zfbf Sonderheft 52, 2005, S.31, 35; Deipenbrock,
Externes Rating, BB 2003, S.1849, 1849.
19
Für den ganzen Absatz vgl. Seidel (Hrsg.), Rating nach Basel II, 2003, S.18; Reichling / Bietke / Henne,
Praxishandbuch Risikomanagement und Rating, 2007, S.45.
20
Vgl. Reichling / Bietke / Henne, Praxishandbuch Risikomanagement und Rating, 2007, S.45.
5

Der Gegenstand der Analyse spielt bei der Unterscheidung von Emissions- und Emitten-
tenratings eine Rolle. Zielt ein Rating auf die Kreditwürdigkeit genau definierter Emis-
sionen
21
bzw. Finanztitel eines Unternehmens ab, spricht man von einem Emissionsrating
(auch ,,issue rating"). Im Gegenzug dazu ist ein Emittentenrating
22
(auch ,,issuer rating")
nicht die Bewertung eines konkreten Finanzprodukts, sondern eine Bewertung des Unter-
nehmens selbst. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei die finanzielle Kraft, monetäre
Verpflichtungen bei Fälligkeit zurückzahlen zu können und auch die Bereitschaft, dies zu
tun.
23
2.1.3 Ratingkriterien
Für die Festlegung eines umfassenden Ratings spielen verschiedene Risikofaktoren eine
Rolle. Dabei kommt es nicht nur auf solche Eigenschaften an, auf die das Unternehmen
direkten Einfluss hat, sondern es fließen auch exogene Faktoren fließen mit ein. Je nach
Ratingobjekt und Philosophie der jeweiligen Agenturen unterscheiden sich die zu unter-
suchenden Ebenen, sie sind also nicht fix.
24
Insgesamt kann man jedoch sagen, dass sich
ein Rating aus vier typischen Ebenen zusammensetzt, nämlich landestypischen, branchen-
typischen, unternehmenstypischen sowie emissionsspezifischen Kriterien.
Ein wichtiger Aspekt bei der Bestimmung eines Ratings ist die Analyse der landesty-
pischen Kriterien. Unter diesen Punkt fallen sowohl soziale bzw. gesellschaftliche, wirt-
schaftliche als auch politische Gegebenheiten. Ebenfalls wird die geschichtliche Entwick-
lung des Landes und der Gesellschaft mit einkalkuliert.
25
Die rechtlichen Rahmenbedin-
gungen variieren von Land zu Land stark, so dass auch dieser Punkt berücksichtigt werden
muss. Am Ende der Analyse steht meist ein sogenanntes Länderrating (auch ,,sovereign
rating"), welches die wichtigsten Gesichtspunkte umfasst und bewertet.
26
Als weiterer Schritt in der Ratingfestlegung folgt die Analyse der branchentypischen Kri-
terien. Dabei wird das zu bewertende Unternehmen in Vergleich zu anderen Unternehmen
21
Der Begriff bezeichnet allgemein die Abgabe bestimmter Produkte an die Umwelt.
22
Der Begriff Emittent bezeichnet den Initiator einer Emission.
23
Für den ganzen Absatz vgl. Seidel (Hrsg.), Rating nach Basel II, 2003, S.18; Reichling / Bietke / Henne,
Praxishandbuch Risikomanagement und Rating, 2007, S.45.
24
Vgl. Claussen, in: Achleitner / Everling (Hrsg.), Handbuch Ratingpraxis, 2004, S.299, 302.
25
Vgl. Moody's, Das revidierte Länder-Obergrenzen-Konzept, 2002, S.3.
26
Für den ganzen Absatz vgl. Fitch Ratings, Corporate Rating Methodology, 2010, S.2; Keiner, Rating für
den Mittelstand, 2001, S.123.
6

derselben Branche gestellt, um so seine Markt- und Wettbewerbsposition zu bestimmen.
Hierzu werden Aussagen über den Markt an sich, die Konjunktur und das Wachstum ge-
troffen. Auch ein anstehender technologischer Wandel und Marktzugangsbeschränkungen
dürfen nicht außer Acht gelassen werden.
27
Den Fokus einer jeden Gesamtanalyse bildet die Untersuchung der unternehmenstypi-
schen Kriterien. Hier wird zwischen der quantitativen und der qualitativen Unternehmens-
analyse unterschieden. Solche Informationen, die in Zahlen ausgedrückt werden können,
sind Teil der quantitativen Analyse. Informationsquellen hierfür sind z.B. Jahresabschlüs-
se oder Geschäftsberichte. Die sogenannten soft facts, also z.B. das Markt- oder Ma-
nagementpotenzial, aber auch Mitarbeiterqualifikation, -zufriedenheit und -motivation
28
,
werden in der qualitativen Analyse verwertet.
29
Nicht zuletzt spielen auch emissionsspezifische Kriterien bei der Analyse eine Rolle. Hier
wird das Risiko des konkret zu bewertenden Finanzprodukts beleuchtet. Informationen
wie bestehende Garantien, Bürgschaften, Versicherungen und Kündigungsrechte sollen
zeigen, ob der Emittent im Zweifel in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten pünktlich und
vollständig zu erfüllen.
30
2.1.4 Ratingfunktionen
Ursprünglich nur als Ausgleich für Informationsasymmetrien
31
gedacht, wurden die Ein-
satzmöglichkeiten von Ratings mit der Zeit immer vielfältiger. So werden diese heute bei-
spielsweise von den Emittenten häufig als Werbemittel genutzt, um ihre Kreditwürdigkeit
gegenüber den Investoren, aber auch den Lieferanten zu unterstreichen. Die Hauptaufga-
be von Ratings besteht jedoch immer noch darin als zuverlässige Informationsquellen zu
dienen. Insbesondere der Emittent selbst sowie die Investoren komplettieren ihren ersten
Eindruck häufig mit diesen Informationen.
27
Vgl. Fitch Ratings, Corporate Rating Methodology, 2010, S.2; Keiner, Rating für den Mittelstand, 2001,
S.123.
28
Vgl. Seidel (Hrsg.), Rating nach Basel II, 2003, S.184-185.
29
Für den ganzen Absatz vgl. Fitch Ratings, Corporate Rating Methodology, 2010, S.1; Keiner, Rating für
den Mittelstand, 2001, S.124-126.
30
Vgl. Everling, Credit Rating durch internationale Agenturen, 1991, S.152; Fitch Ratings, Corporate Ra-
ting Methodology, 2010, S.1.
31
Der Begriff bezeichnet den Zustand, in dem eine Partei über mehr Informationen verfügt als die andere
Partei.
7

Der Emittent erhält fundierte Aussagen darüber, wo sich das Unternehmen finanziell und
erfolgsmäßig am Markt bewegt. Insbesondere in Hinblick auf Kapitalbeschaffungskosten
ist das Rating von immenser Bedeutung. Je besser das Rating des Unternehmens ausfällt,
desto geringer ist der Risikoaufschlag, der auf das zu beschaffende Kapital entfällt. Auch
mögliche Schwachstellen werden so aufgedeckt und können behoben werden. Nicht zu-
letzt kann ein Rating auch dazu dienen, Mitarbeiter zu motivieren, eine möglichst gute
Bewertung zu erzielen.
Potenzielle Investoren nutzen das Rating als Entscheidungsgrundlage und Informations-
quelle, da in einem Rating alle wichtigen Informationen zusammengefasst sind, so für sie
dass selbst kein großer Rechercheaufwand entsteht. Da auch interne Informationen für die
Bewertung verwendet werden, hat der Investor sogar eine breitere Entscheidungsbasis als
nach einer Eigenrecherche. Die Agenturen versprechen unabhängige Bewertungen, wel-
che die Unternehmen direkt nicht liefern wollen oder können.
Durch die hohe Frequentierung und Akzeptanz der Informationsquelle Rating ist diese
mehr denn je als Machtpotenzial anzusehen. Viele Investmententscheidungen hängen ge-
radezu von einem bestehenden Rating ab. Sollte ein solches nicht vorliegen, wird die
Investition garnicht oder aufgrund eines Risikoaufschlags nur zu wesentlich schlechteren
Bedingungen durchgeführt.
32
2.2 Ratingagenturen
2.2.1 Aufgaben
Die RatingVO definiert in Art. 3 Abs. 1 Ziff. b eine Ratingagentur als ,,eine Rechtsper-
sönlichkeit, deren Tätigkeit die gewerbsmäßige Abgabe von Ratings umfasst".
33
Sie ist
also das private Dienstleistungsunternehmen, welches, beauftragt oder nicht, ein Rating
für ein anderes Unternehmen erstellt. Anders ausgedrückt ist sie der ,,Mittler zwischen
Kreditnehmern und Einlegern".
34
32
Für den gesamten Abschnitt vgl. Blaurock, Verantwortlichkeit von Ratingagenturen, ZGR 36/2007,
S.603, 608-609; Hartmann-Wendels / Lieberoth-Leden / Mählmann / Zunder, Entwicklung eines Ra-
tingsystems für mittelständische Unternehmen und dessen Einsatz in der Praxis, in Neupel / Rudolph /
Hahnenstein (Hrsg.), zfbf Sonderheft 52, 2005, S.1, 3-5.
33
Art. 3 Abs. 1 Ziff. b RatingVO.
34
Reichling / Bietke / Henne, Praxishandbuch Risikomanagement und Rating, 2007, S.15.
8

Vereinfacht gesagt, besteht die Aufgabe der Agentur darin, Informationen und Daten zu-
sammenzutragen, aus diesen neue Informationen zu generieren und die gefundenen Er-
gebnisse darzustellen und zu verbreiten.
35
Zur Generierung neuer Informationen werden
die zusammengetragenen Daten anhand festgelegter Ratingkriterien geprüft und bewer-
tet. Die Ergebnisse der jeweiligen Bewertung werden dann gewichtet und verknüpft, bis
sich schließlich das Rating selbst, also die Einschätzung der Bonität, ergibt. Im Anschluss
wird das Rating der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
36
All diese Abläufe müssen selbstverständlich unter Einhaltung der geltenden rechtlichen
Bestimmungen vorgenommen werden was aber gerade nach der Finanz- und Wirtschafts-
krise als gesonderte Aufgabe erscheinen mag.
2.2.2 Die wichtigsten drei Agenturen
Wie eingangs erwähnt, wird der Ratingmarkt weltweit von drei Agenturen dominiert. Es
sind S & P, Moody's und Fitch Ratings.
37
Sie werden heute in der Literatur als die pri-
vaten Wächter der Kreditmärkte
38
und als mächtigste Akteure an den Finanzmärkten
39
bezeichnet.
Standard & Poor's
1941 ging Standard & Poor's aus der Fusion von Standard Statistics Inc. und Poor's Pu-
blishing Co. in den USA hervor. Deren Anfänge gehen zurück bis ins Jahr 1860. Am
Anfang stand die Bewertung der Kreditwürdigkeit von Eisenbahngesellschaften und öf-
fentlicher Anleihen, schnell kamen jedoch immer neue Betätigungsfelder hinzu. So gab
das Unternehmen bereits 1926 erste Ratings ab. S & P ist seit der Übernahme 1966 eine
Tochtergesellschaft der McGraw-Hill Companies Inc. 1984 wurde die erste europäische
Niederlassung in London eröffnet, um auch diesen Markt bedienen zu können. Seitdem
wuchs S & P kontinuierlich weiter und ist heute mit über 8.500 Mitarbeitern in 23 Län-
dern der Welt präsent. Die Agentur mit Sitz in New York informiert den Finanzmarkt
35
Vgl. Holz, Was sind Ratings wert?, Versicherungswirtschaft 21/1998, S.1493, 1493.
36
Für den ganzen Absatz vgl. Dimitrakopoulos / Spahr, in: Achleitner / Everling (Hrsg.), Handbuch Ra-
tingpraxis, 2004, S.211, 213-220.
37
Vgl. Palan, Wir haben uns verschätzt, Manager Magazin, 3/2008, S.52, 54.
38
von Schweinitz, Die Haftung von Ratingagenturen, WM 21/2008, S.953, 953.
39
Krimphove / Kruse, Regulierung und Haftung von Ratingagenturen, Kreditwesen 2005, S.413, 413.
9

darüber hinaus mit mehreren eigenen Aktienindizes.
40
Weltweit beträgt der Marktanteil von S & P rund 40%
41
. Insbesondere bei Versicherern
ist sogar von einer Art Monopolstellung die Rede.
42
Moody's Investors Service
John Moody gründete 1909 in den USA die weltweit erste Agentur, die Informationen
für Investoren suchte und bewertete. Die erste Ratingagentur war geboren. Die Wurzeln
der Firma liegen in der 1900 gegründeten John Moody & Company, die anfangs noch
als Verleger des Werkes ,,Moody's Manual of Industrial and Miscellaneous Securities"
tätig war. In dem Handbuch waren Informationen zu verschiedenen Anleihen, Aktien und
Rentenpapieren gesammelt. Nach Gründung der Agentur bewertete Moody's wie auch
S & P zunächst Eisenbahngesellschaften mit Ratingsymbolen. Die Ergebnisse wurden in
der ,,Moody's Analyses of Railroad Investments" zusammengefasst und der Öffentlich-
keit zugänglich gemacht. 1914 firmierte John Moody & Company in das heute noch beste-
hende Unternehmen Moody's Investors Service um. Nach und nach ergaben sich immer
weitere Tätigkeitsbereiche. 1970 fand, beginnend bei Moody's, ein Umdenken in Bezug
auf Ratings statt. Anfangs noch von potenziellen Investoren finanziert, waren es nunmehr
die zu bewertenden Unternehmen, welche die Ratings zahlten. Durch ständiges Wachs-
tum ist Moody's heute mit 4.300 Mitarbeitern in 26 Ländern vertreten.
43
Insgesamt deckt Moody's rund 39% des Ratingmarktes ab.
44
Fitch Ratings
Die Agentur Fitch Ratings komplettiert als einzige Nicht-US-Agentur die Riege der ,,Big
Three", wie die drei großen Ratingagenturen auch genannt werden. Sie ging aus den Zu-
sammenschlüssen von Fitch Investors Service, IBCA, Duff & Phelps Credit Ratings Co.
und Thomson Bankwatch in den Jahren 1997 und 2000 hervor. Die Ursprünge wurden
jedoch schon im Jahre 1913 mit der Gründung von Fitch Publishing Company in New
York gelegt. Fitch Ratings benutzte als erste Agentur bereits 1922 das bekannte Rating-
symbol AAA.
45
Damals war sie allerdings noch mit der Erstellung und Veröffentlichung
40
Für den ganzen Absatz vgl. S & P, A History of Standard & Poor's.
41
Vgl. Palan, Wir haben uns verschätzt, Manager Magazin, 3/2008, S.52, 54.
42
Vgl. Wiebe / Cünnen, Die graue Macht der Punktrichter, Handelsblatt 161/2003, S.8, 8.
43
Für den ganzen Absatz vgl. Moody's, About the Company; Moody's, Moody's History.
44
Vgl. Palan, Wir haben uns verschätzt, Manager Magazin, 3/2008, S.52, 54.
45
Vgl. Dimitrakopoulos / Spahr, in: Achleitner / Everling (Hrsg.), Handbuch Ratingpraxis, 2004, S.211,
219.
10

von Finanzstatistiken betraut. Wie S & P ist auch Fitch Ratings jedoch kein eigenständi-
ges Unternehmen. Vielmehr ist Fitch Ratings ein Teil des Konzerns der Fimalac-Holding.
Die Agentur hat zwei Firmensitze - einen in New York und einen in London. Sie gilt als
die europäische Ratingagentur. Mittlerweile besteht die Agentur aus 2.100 Mitarbeitern
an 50 Standorten weltweit.
46
Der Marktanteil von Fitch Ratings ist mit 16% im Vergleich zu S & P und Moody's relativ
gering, rundet das Bild jedoch ab.
47
2.3 Denkbare Interessenkonflikte
In den Erwägungsgründen zur RatingVO wird mehrmals darauf eingegangen, dass nach
der Finanz- und Wirtschaftskrise Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten
getroffen werden müssen.
48
Zu klären ist nun, welche konkreten Interessenkonflikte in
einer Ratingagentur auftreten könnten.
Ein Hauptproblem stellt sicherlich die Finanzierung der beauftragten Ratings durch das
zu bewertende Unternehmen selbst dar. Jedem Unternehmen ist daran gelegen, die be-
stehenden Geschäftsbeziehung zu erhalten oder zu vertiefen. Daher besteht das Risiko,
dass die Agentur besser bewertet als tatsächlich angemessen wäre, um den Auftraggeber
auch künftig bewerten zu dürfen. Auch für die Aquise neuer Kunden bietet sich zuerst ein
besseres Rating an.
49
Ein weiteres Problem ist, dass die großen Agenturen sowohl Ratings, aber auch Neben-
geschäfte wie beispielsweise Unternehmensberatung anbieten. Fallen diese nur unzurei-
chend aus, müssten eigentlich Veränderungen im Rating sichtbar werden. Eine solche
Ratingumstufung wird in der Praxis jedoch nur selten geschehen, da sich die Agentur so
selbst Fehler attestieren würde.
50
46
Für den ganzen Absatz vgl. Fitch Ratings, The History of Fitch Ratings; Fitch Ratings, Corporate Bro-
chure, S.2 ff.
47
Vgl. Palan, Wir haben uns verschätzt, Manager Magazin, 3/2008, S.52, 54.
48
So z.B. in Erwägungsgrund 10 RatingVO, in dem den Ratingagenturen eine Mitschuld an der Krise
gegeben wird. Diese hätte durch die Vermeidung von Interessenkonflikten verhindert werden können.
Auch in den Gründen 16, 22, 26, 27 und 30 RatingVO wird die Dringlichkeit einer Neuregelung in
diesem Bereich deutlich.
49
Vgl. Horsch, Rating und Regulierung, 2008, S.380; Balzli / Hornig, Die Krisen-Verschärfer, Der Spiegel
19/2009, S.64, 65; Dönch / Körner / Borst, Wie die untoten Vampire, Focus 27/2010, S.100, 102; CESR,
technical advice, S.17-19.
50
Vgl. Wieben, Credit Rating und Risikomanagement, 2004, S.27; CESR, technical advice, S.15-17.
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Unbeauftragte Ratings können dann einen zu einem Problem werden, wenn der Agentur
nicht ausreichend Informationen vorlagen, um ein angemessenes Rating zu generieren.
Das Resultat könnte der Realität widersprechen, da wichtige interne Informationen über
das Unternehmen fehlten. Dadurch könnte Druck auf das Unternehmen ausgeübt werden,
ein Rating zu beauftragen.
51
Oftmals entscheidet das Rating darüber, ob eine Investition vollzogen werden soll oder
nicht. Wenn es sich bei der Investition um die Gründung eines neuen Unternehmens han-
delt, könnten die Agenturen ein Interesse daran haben, ein möglichst gutes Rating abzu-
geben, damit die Investition getätigt wird und so die Quelle der zu bewertenden Unter-
nehmen nicht versiegt.
52
Problematisch könnte auch die Tatsache sein, dass manche Unternehmen schon jahrelang
vom gleichen Bewertungsteam geratet werden. Allein die Sympathie oder Antipathie für
die andere Partei kann hier zu Ratingverzerrungen führen.
53
Aktuell kristallisiert sich immer mehr ein Konflikt zwischen den Interessen der Rating-
agenturen und den Anlegern heraus. Die Absicht der Anleger ist es, unabhängig informiert
zu werden. Lange wurde mit der Herabstufung Japans gewartet und momentan zögern die
großen Ratingagenturen mit der Herabstufung der USA von dem momentanen AAA, um
wirtschaftliche und politische Dispute zu vermeiden. Eine Warnung zur Herabstufung
wurde von S & P und Moody's allerdings bereits ausgesprochen, falls sich die Zinslast
des Landes nicht verbessern sollte.
54
Viele Privatpersonen verwalten in ihrem Vermögen Anleihen, Aktien oder andere Finanz-
produkte von Unternehmen. Auch Ratinganalysten gehören zu dem genannten Personen-
kreis und besitzen diese Produkte. Probleme können dann auftauchen, wenn ein Rating-
analyst über Aktien eines Unternehmens verfügt, welches von ihm bewertet werden soll.
Da dieser als Privatmann ein Interesse daran hat, die Rendite möglichst hoch zu halten,
51
Vgl. CESR, technical advice, S.19-20.
52
Vgl. Osman / Buchter, Wut auf die Ratingagenturen, FTD.de, 09.08.2007.
53
Vgl. Erwägungsgrund 33 der RatingVO.
54
Vgl. Koch / Zydra, Warnschuss für Amerika, Sueddeutsche.de, 13.01.2011; Bastian, Das warnende Bei-
spiel Japans, Handelsblatt 20/2011, S.8, 8.
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könnte es dazu kommen, dass das Rating nicht objektiv abläuft.
55
Der schwerwiegendste Fall von einem Interessenkonflikt liegt sicherlich vor, wenn die
Ratingagentur Geld von dem zu bewertenden Unternehmen außerhalb der offiziellen Ge-
bühren, also Schmiergeld, erhält, damit das Rating möglichst gut ausfällt.
56
Eine weitere Situation, in welcher Interessenkonflikte auftreten können, ist das Problem
der Führung von Ratingagenturen. Häufig sind die Aufsichtsratsmitglieder der Agenturen
auch noch in anderen Unternehmen als solche tätig. Je nach Erfolg der Firma wird der
Aufsichtsrat in der Konstellation weiterbestehen oder ausgewechselt werden. Auch die
Bonuszahlungen hängen von der Performance des Unternehmens ab. Da ein schlechtes
Rating meist Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens hat, werden sie kein Interesse
daran haben, das andere Unternehmen herabzustufen.
55
Vgl. CESR, technical advice, S.21-22.
56
Vgl. Bauer, Ein Organisationsmodell zur Regulierung der Rating-Agenturen, 2009, S.28.
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783863416157
ISBN (Paperback)
9783863411152
Dateigröße
260 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Pforzheim
Erscheinungsdatum
2012 (März)
Note
1,3
Schlagworte
Ratingagentur Interessenkonflikt EU-Ratingverordnung (EG) Nr. 1060/2009 Wirtschaftskrise

Autor

Anna-Sabina Franke, Jahrgang 1988, schloss im Jahr 2011 ihr Studium des Wirtschaftsrechts an der Hochschule Pforzheim als Bachelor of Laws (LL.B.) erfolgreich ab. Bereits während des Studiums konnte Frau Franke umfassende praktische Erfahrungen in der Steuerberatungsbranche sammeln, in welcher sie derzeit tätig ist.
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Titel: Anforderungen an Ratingagenturen zur Vermeidung von Interessenkonflikten: unter besonderer Berücksichtigung der EU-Ratingverordnung
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