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Money cannot buy great ideas - Soziale Kapitalisten: Begriff, Beispiele und gesellschaftliche Bedeutung von Social Entrepreneurship

©2011 Diplomarbeit 38 Seiten

Zusammenfassung

Social Entrepreneurship bzw. Social Entrepreneur bedeutet im Deutschen Sozialunternehmer bzw. sozialer Kapitalist. Ist dieser ein Gutmensch, dem nur das Allgemeinwohl wichtig ist und der den eigenen Profit vernachlässigt? Oder doch ein klassischer Unternehmer, für den auch die soziale Gerechtigkeit zählt? Die in der Literatur bekannten Definitionen für Social Entrepreneurs sind sich weitgehend einig und grenzen diesen Begriff ganz klar vom „homo oeconomicus” ab. Allerdings zeigt ein Blick in angrenzende Wissenschaftsbereiche wie der Unternehmensethik deutlich, dass das Prinzip der Gewinnmaximierung durchaus mit einer sozialen Mission zu vereinbaren ist.
Gemäß der öffentlichen Meinung steht Social Entrepreneurship noch am Anfang seiner Entwicklung und steckt im Vergleich zu der Situation in anderen Ländern noch in den Kinderschuhen. Jedoch belegen Beispiele aus der deutschen Unternehmerwelt, dass der soziale Kapitalismus auch in Deutschland vertreten ist. Aber auch in der heutigen Zeit nehmen der soziale Charakter und die Nachhaltigkeit einen großen Stellenwert bei den Unternehmen ein. Allerdings verfolgen die meisten Organisationen das klassische Business, bei dem noch die Gewinnmaximierung das oberste Ziel ist. Darüber hinaus gibt es auch die Social Entrepreneurs in „Reinform”, die gänzlich auf Spenden und Fördergelder angewiesen sind. Für sie steht die Generierung von Gewinnen gänzlich außer Frage.
Doch es besteht auch die Gefahr oder das Risiko, dass einige Unternehmer ihre Aktivitäten im sozialen Bereich nur als „Beruhigung des schlechten Gewissens” oder als „window dressing” sehen. Aus diesem Grund wird unter anderem ein allgemein anwendbares Messprinzip der sozialen Rendite gefordert. Allerdings ist hier die Anwendbarkeit eines Maßstabes schwer. Ist die Reduzierung von Umweltverschmutzung sozial wertvoller als die Unterstützung der Bildung in Dritte Welt Ländern? Erste Versuche, wie die Einführung von Kennzahlen (Social Return on Investment) oder die Bewertung von Unternehmen über Ranking-Agenturen, erlauben einen Vergleich der sozialen Aktivitäten.
Die Studie beschreibt die heutige Situation von Social Entrepreneurship in Deutschland, unterwirft gängige Definitionen einer kritischen Bewertung und zeigt neue Sichtweisen auf.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Social Entrepreneurship
2.1 Definition
2.2 Social Entrepreneurship vs. klassisches Unternehmertum
2.2.1 Einordnung und Abgrenzung
2.2.2 Gewinnmaximierung und Unternehmensethik
2.3 Erfolgreiche Business-Modelle - Finanzierung
2.3.1 Fremdfinanzierte Non-Profit-Unternehmen
2.3.2 Hybride Non-Profit-Unternehmen
2.3.3 Soziale Unternehmen

3 Social Entrepreneurship in Deutschland
3.1 Historische Entwicklung
3.2 Social Entrepreneurs - Fallbeispiele
3.2.1 Alfred Krupp
3.2.2 Marli Hoppe-Ritter
3.2.3 Gregor Hackmack

4 Bedeutung für die Gesellschaft
4.1 Entwicklung von Social Business
4.2 Erfolgsmessung von Social Entrepreneurship
4.3 Hindernisse und Hürden für soziale Veränderungen

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1 Abgrenzung von Organisationsformen

Abbildung 2.2 Konzepte der Unternehmensethik

Abbildung 3.1 Meilensteine des Social Entrepreneurship in Deutschland von 2006 - 2010

Abbildung 4.1 Szenarien der Entwicklung von Social Entrepreneurship .

Abbildung 4.2 Sustainable Return on Investment

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1 Übersicht Finanzierungsformen

Tabelle 3.1 Mittelherkunft und Mittelverwendung von Parlamentenwatch e.V. 2009

Tabelle 4.1 Hindernisse für die Entwicklung von Social Entrepreneurship in Deutschland

1. Einleitung

„Money cannot buy great ideas” (Oldenburg, 2011).

Mit diesen Worten betitelt Felix Oldenburg, als Hauptgeschäftsführer von Ashoka Deutschland, einer weltweit agierenden sozialen Organisation für Social Entrepreneurship, seine Rede zum Start von Ashoka in Skandinavien. Der Begriff Social Entrepreneur in seiner derzeit gültigen Form lässt sich mit dieser Aussage treffend beschreiben: Ein Social Entrepreneur hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Welt zu verbessern und soziale Ungerechtigkeiten und Missstände auszugleichen. Er verfolgt eine soziale Mission, eine große Idee. Dabei wird, so die allgemein anerkannte Meinung, auf die Generierung von Profit verzichtet. Stattdessen erfolgt die Finanzierung über Spenden, Stiftungen oder auch durch ehrenamtliche Unterstützung. Geld ist zweitrangig und nur Mittel zum Zweck, um das soziale Ziel zu erreichen.

Der Begriff „Social Entrepreneurship” ist erst seit wenigen Jahren in Deutsch­land bekannt und hat sich hier noch nicht vollständig etabliert, gewinnt aber immer mehr an Dynamik und Wichtigkeit. Ins Deutsche übersetzen lässt sich Social Entrepreneurship, bzw. Social Entrepreneur mit Sozialunternehmer bzw. Sozialer Kapitalist, allerdings existiert keine allgemein anerkannte Übersetzung.

Dass diese Personengruppe eine soziale Mission haben und diese konsequent verfolgen ist unumstritten, aber ist der Verzicht auf Gewinn tatsächlich ein notwendiges Charakteristikum für einen Social Entrepreneur? Lässt sich die soziale Mission nicht mit dem klassischem Business vereinbaren? In der vorliegenden Arbeit wird versucht, diese Fragen zu beantworten.

Dazu wird zunächst ein Überblick über die derzeit gültigen Definitionen von Social Entrepreneurship gegeben, um anschließend die Abgrenzung zum klassischen Unternehmen darzustellen. In diesem Zusammenhang werden auch die diversen möglichen Finanzierungsformen für Social Entrepreneurship angesprochen. Ein Exkurs in den Bereich der Wirtschaftsethik, genauer in die Unternehmensethik und die Darstellung, in welcher Form Ethik und Moral mit der Gewinnmaximierung erfolgreich kombiniert werden kann, gibt eine neue Sichtweise auf Social Entrepreneurship.

Im weiteren Verlauf fokussiert sich die Arbeit auf die Situation von Social Entrepreneurship in Deutschland. Nach einem kurzen Beschreibung der Entwicklung in den vergangenen Jahren, werden anschließend die unter­schiedlichen Formen von sozialem Kapitalismus an Hand von drei verschiedenen Persönlichkeiten dargestellt. Alfred Krupp und Marli Hoppe-Ritter zum Beispiel verfolgten bzw. verfolgen soziale Ziele und Missionen, allerdings ist die Gewinnmaximierung oberstes Ziel ihres Unternehmens. Gregor Hackmack als Gründer von abgewordnetenwatch.de dagegen, sieht als Zweck seiner Organisation lediglich seine soziale Vision.

Nach der Beschreibung der historischen Entwicklung und der jetzigen Situation, wird abschließend die Bedeutung von Social Entrepreneurship auf die Gesellschaft thematisiert. Dazu werden verschiedene mögliche Szenarien, wie sich der soziale Kapitalismus in naher Zukunft entwickeln könnte, vorgestellt und kritisch bewertet. Schließlich werden mögliche Hindernisse und notwendige Schritte zur weiteren Entwicklung von Social Entrepreneurship erläutert. In diesem Zusammenhang wird ein Fokus auf die Messbarkeit des Erfolgs von Social Entrepreneurs gelegt.

Insgesamt will die Arbeit die momentane Situation von Social Entrepreneurship in Deutschland beschreiben. Aber zusätzlich auch die derzeitig geltenden Definitionen kritisch bewerten und neue Sichtweisen aufzeigen. Hierbei werden auch angrenzende Wissenschaftsgebiete, wie die Unternehmensethik berück­sichtigt.

2. Social Entrepreneurship

2.1 Definition

Für den Begriff „Social Entrepreneurship” existiert im Deutschen keine allgemein anerkannte Übersetzung, so werden Begriffe wie „gesellschaftliches Unternehmertum” (Hackenberg and Empter, 2011, S. 11) oder „soziales Unternehmertum” Dees, 2002, S. 94 verwendet. Als gleichwertiger Begriff wird häufig auch von „Social Business” gesprochen (vgl. Mauksch et al., 2011; Hackenberg and Empter, 2011). In der Literatur gibt es keine einheitliche Definition von Social Entrepreneurship, bzw. Social Entrepreneurs. Die meisten Definitionen haben aber die Abgrenzung zum klassischen Entrepreneurship gemein. Es steht die Maximierung von sozialem und gesellschaftlichem Nutzen im Vordergrund und nicht der eigene finanzielle Vorteil bzw. Gewinn (vgl. Davie, 2011; Haugh, 2007; Hackenberg and Empter, 2011; Elkington and Hartigan, 2008). Das Erwirtschaften von Gewinn bzw. Profit ist für soziale Unternehmer lediglich ein Mittel zum Verwirklichen ihrer gesellschaftlichen Mission (vgl. Dees, 2002). Im Folgenden werden die gebräuchlichsten und am häufigsten zitierten Definitionen kurz beschrieben.

Eine weit verbreitete Beschreibung von Social Entrepreneurship ist die Definition von Dees (1998; 2002). Diese schreibt einem Social Entrepreneur, als „change agent” (Betreiber des Wandels) im sozialen Sektor mit einer sozialen Mission, folgende Charakteristiken zu:

- Handeln und Verhalten ist auf Erzielung von sozialem Mehrwert ausgerichtet
- auf der steten Suche nach neuen Möglichkeiten diese soziale Aufgabe zu erfüllen
- Beteiligung an Prozessen des ständigen Lernens, Verbesserns und der Anpassung
- Handelt mutig, lässt sich aber nicht durch gerade verfügbare Ressourcen limitieren
- zeigt ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein für die Gesellschaft und die Folgen seines Handelns

Dabei ist sich Dees aber bewusst, dass es sich hierbei um eine „idealisierte” Definition handelt. Soziale Unternehmer entsprechen daher um so mehr dem Idealbild, je mehr der oben beschriebenen Eigenschaften sie aufweisen (vgl. Dees, 2002).

Mair et al. (2006; 2006a) stellen eine weitere Definition von Social Entrepreneurship auf. Diese basiert auf drei verschiedenen Konzepten von Social Entrepreneurship, welche in der Literatur unterschieden werden: (1) gemeinnützige Initiativen, welche auf der Suche nach alternativen Finan­zierungsstrategien einen sozialen Mehrwert erwirtschaften; (2) Unternehmen mit sozialem Verantwortungsbewusstsein, welche sich im „dritten Sektor” engagieren und (3) Unternehmen mit dem Ziel, soziale Probleme zu lindern und soziale Veränderung zu beschleunigen.

Zusammenfassend beschreibt Mair (2006) Social Entrepreneurship als einen Prozess der innovativen Verwendung und Kombination von Ressourcen, mit dem Ziel soziale Veränderungen bzw. soziale Bedürfnisse zu beschleunigen. Dabei beruft sie sich auf Definitionen anderer Wissenschaftler, wie z.B. Stevenson (1989), der Social Entrepreneurship als einen Prozess zur Schaffung neuer Werte, in dem Ressourcen neu bzw. anders kombiniert werden, ansieht. Für Alvord et al. (2004) dienen diese Ressourcen in erster Linie dazu, neue Möglichkeiten zu eröffnen, um einen sozialen Mehrwert zu schaffen, in dem soziale Veränderungen herbeigeführt werden. Diese Prozesse können aber auch dazu genutzt werden, neue Organisationen aufzubauen.

Eine weiter gefasste, eher pragmatische Definition von Social Entrepreneurs führt Achleitner (2007) an. In ihren Augen ist dieser eine Person, welche als primäre Aufgabe die Lösung eines sozialen Problems hat und sich dabei dem Unternehmertum bedient. In diesem Sinne wird Social Entrepreneurship mit dem deutschen Ausdruck Sozialunternehmertum gleichgesetzt.

Das deutsche Netzwerk der weltweit agierenden sozialen Organisation „Ashoka”, hat eine eigene Beschreibung von Sozialen Unternehmern: „Social Entrepreneurs treten mit dem Ziel an, innovative unternehmerische Lösungen für drängende soziale Probleme zu finden und umzusetzen. [...] Sie ändern sozusagen die Programmierung unserer Gesellschaft.” (germany.ashoka.org). Dabei ist ihr Vorgehen langfristig ausgelegt und bedient sich verschiedenster Finanzierungsmöglichkeiten. Zur Erreichung ihrer Ziele und Visionen, motivieren und aktivieren sie andere, sie hierbei zu fördern und zu unterstützen.

2.2 Social Entrepreneurship vs. klassisches Unternehmertum

2.2.1 Einordnung und Abgrenzung

Social Entrepreneurship kann im Wesentlichen dem Dritten Sektor (weder profitorientierter noch staatlicher Sektor) zugeordnet werden. Die meisten Definitionen haben, wie in Kapitel 2.1 beschrieben, die Abgrenzung zum klassischen Entrepreneurship gemein. Hier steht die Maximierung von sozialem bzw. gesellschaftlichem Nutzen im Vordergrund und nicht der eigene finanzielle Vorteil bzw. Gewinn. Das Unternehmen hat dabei überwiegend soziale Ziele.

In Abb. 2.1 ist die allgemein anerkannte Abgrenzung von Organisationsformen nach der sozialen bzw. finanziellen Rendite dargestellt. Als ein Extrem mit einer hohen sozialen Rendite gelten die Wohltätigkeitsorganisationen. Auf der anderen Seite sind die klassischen Unternehmen angesiedelt, welche als ausschließliches Ziel die Gewinnmaximierung verfolgen. Basierend auf dieser Kategorisierung ordnet das Netzwerk „Ashoka” den Social Entrepreneur zwischen Wohltätigkeitsorganisation und Sozialunternehmen ein und sieht dabei nicht das Unternehmen, sondern den Akteur als Mittelpunkt (germany.ashoka.org). Die Organisationsformen „Sozialunternehmen” und die „Wohltätigkeitsorganisationen”, werden dem Begriff des Social Entrepreneur untergeordnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 2.1: Abgrenzung von Organisationsformen (vgl. Achleitner et al., 2007)

Die Einordnung des Social Entrepreneurship und die strikte Abgrenzung der Organisationsformen wirft die Frage auf, ob dieses gerechtfertigt ist? Darf Social Entrepreneurship tatsächlich nur dem Non-Profit-Bereich zugeordnet werden? Wie bereits in Kapitel 2.1 dargestellt, folgen die Definitionen überwiegend der Abgrenzung zum klassischen Unternehmertum. Aber ist diese Definition tatsächlich praxistauglich? Ist eine Kombination aus Gewinnmaximierung und Maximierung des sozialen Mehrwertes nicht möglich? Diese Frage wird im Rahmen der Unternehmensethik ausgiebig diskutiert und im folgenden Abschnitt näher dargestellt.

2.2.2 Gewinnmaximierung und Unternehmensethik

„Unter welchen Voraussetzungen ist eine Unternehmung zum „privaten” Gewinnstreben berechtigt? Wie weit sind die (Neben-)Folgen des unternehmerischen Gewinnstrebens [...] verantwortbar, und wie weit sind umgekehrt deren Ansprüche gegenüber der Unternehmung [...] zumutbar? ” (Ulrich, 2007, S. 431). Mit dieser Frage greift Peter Ulrich als einer der führenden Wissenschaftler im Bereich der Wirtschafts- und Unternehmensethik die oben aufgeführte Fragestellung auf. Die in der heutigen Zeit dominierende (neo)klassische Wirtschaftstheorie sieht den Unternehmer als „homo oeconomicus” und schreibt ihm Gewinn- und Nutzenmaximierung zu, was bedeutet, dass alle Aktivitäten auf die Gewinnmaximierung ausgerichtet werden. Dieses kann nach Ulrich (2007) in verschiedener Weise gerechtfertigt werden, so ist Gewinnorientierung als

1. personales Gewinnstreben von Unternehmern;
2. moralische Pflicht der Unternehmer (kapitalistisches Unternehmensethos);
3. systembedingter Sachzwang (z.B. durch marktwirtschaftliches System);
4. ordnungspolitisches System

anzusehen. Basierend auf diesen Deutungsversuchen kommt Ulrich zu der Auffassung, dass eine strikte Ausrichtung auf Profit keine legitime Orientierung für die Unternehmen ist (vgl. Ulrich, 2007, S.450). Dieses hätte zur Folge, dass sich alle anderen Ansprüche dieser Ausrichtung unterordnen müssten und als zweitrangig gelten. Auf die Frage, ob und in welcher Form sich aber Gewinnmaximierung und moralische bzw. soziale Ansprüche vereinbaren lassen, kann die Unternehmensethik eine Antwort geben. Abbildung 2 gibt eine Übersicht über die verschiedenen unternehmensethischen Konzepte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Konzepte der Unternehmensethik (vgl. Ulrich, 2007, S.452)

DieInstrumentalistische Unternehmensethikfasst Ethik als unternehmerischen Erfolgsfaktor auf, welcher zur Sicherung langfristiger Gewinne notwendig ist. Es kann dazu dienen, die Akzeptanz des Unternehmens in der Gesellschaft zu erhöhen und die Bindung der Arbeitnehmer an die Organisation und deren Motivation zu verbessern.

Bei derKaritativen Unternehmensethiksteht die Gewinnmaximierung weiter im Vordergrund. Allerdings erfolgt eine nachträgliche Legitimierung, indem ein Teil des Gewinns sozialen, karitativen oder gemeinnützigen Zwecken zur Verfügung gestellt wird. Es bleibt dabei unberücksichtigt, wie diese Gewinne, also unter welchen ethischen Gesichtspunkten, erzielt worden sind.

Im Vergleich zu den bislang erläuterten Konzepten wird bei derKorrektiven Unternehmensethikerstmals das Prinzip der Gewinnmaximierung unterbrochen, es wird in Abhängigkeit der Situation auf das Erzielen von Gewinn zu Gunsten der Ethik verzichtet. Deutlich wird diese Art von Unternehmensethik in der Aufstellung von „Moralleitlinien” bzw. eines Ethik-Kodexes für ein Unternehmen.

Während bei allen beschriebenen Ansätzen das Erzielen von Profit im Vordergrund steht und alles andere nachrangig eingeordnet wird, ordnet derintegrative Ansatzdie Gewinnmaximierung unterhalb der Unternehmensethik an. Vielmehr wird die Unternehmensethik als normative Voraussetzung für eine erfolgreiche Strategie gesehen. So wird ein unternehmerischer Erfolg nur durch ethisch legitime und sinnvolle Strategien erzielt. In einem Konfliktfeld zwischen dem Umsetzen moralischer Strategien und dem Erzielen von Profit wird auf das Erwirtschaften von Gewinn verzichtet.

Basierend auf den o.a. Konzepten der Unternehmensethik kommt Ulrich zu dem Schluss, dass zwar die Erstellung von entgeltlichen Leistungen die primäre Aufgabe von Unternehmen ist, die dazu notwendigen Tätigkeiten sollen sich aber an ethischen und moralischen Gesichtspunkten orientieren. Langfristig kann daher aus Sicht von Ulrich nur die integrative Unternehmensethik erfolgreich sein (vgl. Ulrich, 2007).

Um auf die eingangs gestellte Frage: „Ist eine Kombination aus Gewinn­maximierung und Maximierung des sozialen Mehrwertes nicht möglich?” zurückzukommen, ist diese unter Berücksichtigung der Unternehmensethik sicherlich nicht eindeutig zu beantworten. Bei allen beschriebenen Ansätzen der Unternehmensethik tritt bei bestimmten Situationen immer wieder ein Konflikt auf, bei dem Gewinnmaximierung nur auf Kosten des sozialen Gesichtspunktes erreicht werden kann. Aber das bedeutet nicht, dass tatsächlich eine strikte Trennung zwischen dem „homo oeconomicus” und dem Social Entrepreneur erfolgen muss. Vielmehr fordern Boernstein und Davis (2010) eine Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Gruppen. So erkennen klassische Unternehmer, dass die Sozialen Kapitalisten neue Möglichkeiten zur Generierung von Profit aufzeigen, in dem sie neue oder bisher vernachlässigte Märkte eröffnen. Durch Berücksichtigung des sozialen Business, gewinnt der Unternehmer außerdem Akzeptanz und Vertrauen bei Lieferanten, Arbeitnehmern und Kunden und kann sich somit von den Mitbewerbern abheben.

Auf der anderen Seite profitieren Social Entrepreneurs von den Fähigkeiten der klassischen Unternehmer in Hinblick auf die Management- und Finanz­kompetenzen, um die gesetzten Ziele und die soziale Motivation möglichst effizient und zeitnah umzusetzen.

Unter Berücksichtigung des Exkurses in die Unternehmensethik lässt sich sagen, dass es zwischen klassischem Business und Social Entrepreneurship kein „Schwarz oder Weiß” bzw. „Ja oder Nein” gibt, vielmehr ist hier eine Zusammenarbeit gefordert, welche für beide Seiten fruchtbar und gewinnbringend sein soll.

2.3 Erfolgreiche Business-Modelle - Finanzierung

Die oben beschriebende Zusammenarbeit spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Finanzierungsmodellen wieder, welche auf den Erfolg eines Unternehmens, egal ob mit oder ohne sozialem Hintergrund, maßgeblich einwirken. So können auch hier die klassichen und sozialen Unternehmer voneinander lernen und sich gegenseitig positiv beeinflussen. Basierend auf den Ausführungen in Abschnitt 2 stellt die Finanzierung von Sozialunternehmen im Vergleich zu klassischen, profitorientierten Unternehmen einige Besonderheiten dar. So werden bekanntlich zum Teil nicht einmal Einnahmen generiert. Im Wesentlichen kann aber auch hier zwischen der Innen- und Außenfinanzierung unterschieden werden. Von Innenfinanzierung wird gesprochen, wenn die Organisation selbst das Kapital für die Finanzierung erwirtschaftet. Die Außenfinanzierung beinhaltet sowohl Kapital aus externen Quellen wie Spenden oder Fremdkapital, aber auch das Eigenkapital der Organisation. Dabei ist das Spektrum der Finanzierungsmöglichkeiten breit gefächert, so dass im Folgenden nur zwischen drei Formen unterschieden wird (vgl. Achleitner et al., 2007; Elkington and Hartigan, 2008).

Anderson und Dees (2006) diskutieren in diesem Zusammenhang die unterschiedlichen Finanzierungsstrategien an Hand der folgenden Punkte: (1) Wirtschaftliche Unabhängigkeit, (2) Nachhaltigkeit, (3) Finanzielle Freiheit, (4) Skalierbarkeit, (5) Soziale Verantwortung. Tabelle 2.1 gibt eine umfassende Übersicht, inwiefern die verschiedenen Formen der Kapitalgenerierung Einfluss auf diese Eigenschaften haben. In welchem Ausmaß diese die erfolgreiche Arbeit der Social Entrepreneurs beeinflussen, wird bei der Diskussion der einzelnen Finanzierungsformen aufgegriffen und bewertet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.1: Übersicht Finanzierungsformen

2.3.1 Fremdfinanzierte Non-Profit-Unternehmen

Fremdfinanzierte Non-Profit-Unternehmen, in Abbildung 2.1 am rechten Rand (hohe soziale Rendite) angesiedelt, sind dadurch gekennzeichnet, dass ein öffentliches Gut an wirtschaftlich benachteiligte Parteien zur Verfügung gestellt wird (vgl. Elkington and Hartigan, 2008; Bornstein and Davis, 2010). Diese haben keinen Zugang zu diesem oder können sich den Aufwand, das öffentliche Gut zu erreichen, selber nicht leisten. Dabei sind verschiedene externe Partner in die finanzielle und politische Unterstützung des Unternehmens involviert. Non-Profit-Organisationen können sich alternativer Finanzierungsinstrumente bedienen, welche in der klassischen Finanzierung nicht anzutreffen sind: Fonds, ehrenamtliche Mitarbeiter oder Sachspenden. Diese Finanzierung zeichnet sich dadurch aus, dass keine Rückzahlungspflicht an den „Spender” besteht. Diese zunächst als ideal wirkende Form der Finanzierung hat den Nachteil, dass häufig aufwendige Berichte und Anträge über die Verwendung der Gelder erstellt werden müssen (vgl. Achleitner et al., 2007; Anderson and Dees, 2006). Die damit verbundenen Kosten und die Eingrenzung der finanziellen Freiheit erschweren die Arbeit und den Erfolg des Social Entrepreneurs.

Durch die aufwendige Berichterstattung und die damit verbundene Kontrolle der Zielerreichung ist die Messbarkeit des sozialen Erfolges ein wesentlicher Punkt für die langfristige Sicherstellung der Finanzierung. In wie weit es derzeit möglich ist den sozialen Erfolg zu messen und mit anderen Organisationen vergleichbar zu machen, wird später diskutiert (vgl. Abschnitt 4.2).

Des Weiteren verbringt der Unternehmer einen Großteil seiner Zeit mit der Beschaffung von Geldern und setzt seine Zeit nicht für das oberste Ziel des Unternehmens, der sozialen Verantwortung, ein. Insgesamt gilt der Gründer des Non-Profit-Unternehmens, der Social Entrepreneur, nach Außen als Aushängeschild für die weitere soziale Entwicklung, da andere sein Verantwortungsbewusstsein und die Führung annehmen (vgl. Elkington and Hartigan, 2008).

2.3.2 Hybride Non-Profit-Unternehmen

Der Unterschied von hybriden Non-Profit-Unternehmen zu reinen Non-Profit-Unternehmen ist im Wesentlichen, das die Erzielung von Profit bzw. deren Reinvestition nicht gänzlich außer Frage steht. Das Unternehmen kann einen Teil seiner Kosten durch den Verkauf von Produkten zurück gewinnen. Dabei bedient sich das Unternehmen einer Marktstrategie, damit die Benachteiligten das zur Verfügung gestellte Produkt oder Service erreichen können. Zum Erhalt der Aktivitäten mobilisiert der Entrepreneur finanzielle Mittel von öffentlichen, privaten oder philanthropischen Institutionen in Form von Darlehen, Anleihen etc. (vgl. Elkington and Hartigan, 2008). Als Mischform zwischen dem Non-Profit-Organisationen und dem klassischem Unternehmer, vereint das hybride Non-Profit-Unternehmen die Vor- und Nachteile beider Formen. So ist der Unternehmer auch zur Rechenschaft gegenüber seinen Geldgebern bzgl. der Verwendung der finanziellen Mitteln verpflichtet. Allerdings ist durch den Finanzierungsmix eine nachhaltige Form der Unternehmensführung gewährleistet. Investoren bzw. der Markt neigen aber dazu, hybride Unternehmen in Richtung „Social Business” zu bewegen, um einen Zugang zu neuen, bzw. anderen Finanzierungsformen zu ermöglichen (vgl. Elkington and Hartigan, 2008).

2.3.3 Soziale Unternehmen

Wie bei Non-Profit-Unternehmen werden soziale Unternehmen mit der Absicht gegründet, soziale oder umweltrelevante Veränderungen durchzusetzen, allerdings ist die Erzielung von Gewinn beabsichtigt und Teil des Businessplanes. Dabei wird Profit mit dem Ziel generiert, sozial schwache Parteien zu unterstützen und soziale Projekte durch Reinvestitionen zu verstärken und damit eine höhere Wirkung bei mehreren Personen zu erzielen und deren Bedürfnisse zu befriedigen. Die Erzielung von Gewinn dient dabei dem Zweck, die soziale Mission zu erfüllen. Dabei sucht der Entrepreneur Investoren, welche an der Kombination von sozialen und finanziellen Einkünften interessiert sind. Insgesamt sind hier die finanziellen Möglichkeiten größer, da sowohl Darlehen als auch Eigenkapital genutzt werden können (vgl. Elkington and Hartigan, 2008; Bornstein and Davis, 2010).

Anderson und Dees (2006) kommen bei Betrachtung der verschiedenen Finanzierungsformen zu dem Schluss, dass das „verdiente” Einkommen dabei durchaus positive Eigenschaften hat. So bietet es im gewissen Bereich eine finanzielle Stabilität und eine höhere Flexibilität beim Einsatz des vorhandenen Kapitals. Dem Unternehmer erlaubt es die freie Entscheidung, wie die Gelder eingesetzt werden ohne sich mit diversen Geldgebern abstimmen zu müssen. Der Entrepreneur kann sich dabei in größerem Maße seinem Ziel, der Schaffung von sozialem Mehrwert, widmen.

3. Social Entrepreneurship in Deutschland

3.1 Historische Entwicklung

Das Phänomen „Social Entrepreneurship” ist nicht neu in Deutschland, gewinnt aber in der letzten Dekade immer mehr an Dynamik und Wichtigkeit. Verstärkt wird dieses nicht zuletzt durch die Verleihung des Friedensnobelpreises 2006 an Muhammad Yunus für seinen Einsatz bei der Vergabe von Mikrokrediten an die arme Bevölkerung. Aber auch die Gründung verschiedener Stiftungen (Ashoka, Schwab Foundation, etc.), welche sich exklusiv mit der Förderung von Social Entrepreneuren beschäftigen, sowie die Einrichtung diverser Professuren und des ersten Lehrstuhles für Social Business an deutschen Hochschulen haben die Entwicklung dieses Themenfeldes beschleunigt (vgl. Achleitner et al., 2007; Hackenberg and Empter, 2011). Abbildung 3.1 gibt einen Überblick über die wichtigsten Meilensteine seit 2006.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.1: Meilensteine des Social Entrepreneurship in Deutschland von 2006 - 2010 (vgl. Hackenberg and Empter, 2011)

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783863416584
ISBN (Paperback)
9783863411589
Dateigröße
1.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen
Erscheinungsdatum
2013 (Juli)
Note
1,3
Schlagworte
Social Entrepreneurship Sozialunternehmer Unternehmensethik Non-Profit Unternehmen Social Business Soziale Kapitalisten
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