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Rückversicherungen: Die Auswirkung des Aufrechnungsverbots nach § 77 Abs. 2 VAG

©2010 Bachelorarbeit 59 Seiten

Zusammenfassung

Durch das Inkrafttreten des 9. Änderungsgesetzes zum Versicherungsaufsichtsgesetz wurde § 77 Abs. 2 VAG mit Wirkung zum 01.01.2008 um ein Aufrechnungsverbot ergänzt. Diese Neuregelung des § 77 VAG und ein parallel dazu laufendes Gerichtsverfahren mit dem Ergebnis des Aufrechnungsverbots können erhebliches Problempotenzial für die Rückversicherungsunternehmen mit sich bringen.
Die vorliegende Studie befasst sich detailliert mit den Auswirkungen, welche die Neuerungen in der Gesetzgebung auf die Rückversicherungsbranche haben.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2 Wesen der Rückversicherung

„Die Rückversicherung ist ein selbstständiger Versicherungszweig“[1]. „Rück­versicherung setzt begrifflich das Bestehen einer Versicherung voraus, das Bestehen des Erst-, Direkt- oder auch Originalversicherungsvertrages“[2]. Rückversicherungsnehmer sind Versicherungsunternehmen, die auch Erst­versicherer genannt werden. Der Rückversicherer schützt den Erstversicherer gegen Vermögenseinbußen, die dieser aus den von ihm abgeschlossenen Versicherungsverträgen erleiden könnte.[3]

Aus Sicht des Erstversicherers gesehen, dient die Rückversicherung im Wesentlichen dazu, die Zeichnungskapazität (Die Grenze, bis zu der der Erstversicherer Risiken zeichnet) zu erhöhen. Durch Rückversicherungen wird Erstversicherern die Möglichkeit gegeben, Wagnisse zu versichern, die sonst wegen ihrer Höhe oder wegen ihrer Gefährlichkeit deren finanzielle und wirtschaftliche Kraft übersteigen würden.[4]

2.3 Formen und Arten von Rückversicherungen

„Rückversicherungsverträge können grundsätzlich nach den Kriterien Form und Art klassifiziert werden“[5]. Die Rückversicherungsform gibt darüber Aufschluss, wie der Rückversicherungsvertrag gestaltet ist. Die Unterscheidung nach der Rückversicherungsart gibt wiederum darüber Aufschluss, nach welcher Methode die Risiken vom Rückversicherer in Deckung genommen werden.[6]

2.3.1 Formen der Rückversicherung

In der Praxis ist die Zweiteilung nach fakultativer und obligatorischer Rückversicherung gebräuchlich. Deshalb werden an dieser Stelle diese beiden Begriffe erläutert.[7]

2.3.1.1 Fakultative Rückversicherung

„Fakultativ bedeutet im versicherungstechnischen Sinn „Entscheidung von Fall zu Fall“, d. h. der Erstversicherer entscheidet nach eigener Wahl, welchem Rückversicherer er das Risiko anbietet, und der Rückversicherer entscheidet nach Abwägung aller risikorelevanten Details nach eigenem Ermessen und nach seiner Zeichnungsphilosophie, ob er sich überhaupt, und wenn ja, in welcher Höhe, an dem angebotenen Risiko beteiligen will“[8].

2.3.1.2 Obligatorische Rückversicherung

Ein großer Teil der Prämieneinnahmen der Rückversicherer stammen aus obligatorischen Rückversicherungsverträgen.[9] Diese Rückversicherungsform wird auch Vertragsrückversicherung genannt. Hierbei schließen der Erst­versicherer und der Rückversicherer einen Vertrag, nach dem der Erst­versicherer verpflichtet ist, den Rückversicherer an den von ihm über­nommenen Risiken, die in den Bedingungen des Rückversicherungsvertrages näher beschrieben sind, zu beteiligen. Der Rückversicherer ist wiederum verpflichtet, diese Risiken zu übernehmen.[10]

2.3.2 Arten der Rückversicherung

Nach der Unterscheidung der Rückversicherungsformen muss noch zwischen den zwei Rückversicherungsarten, der proportionalen und der nicht-proportionalen, unterschieden werden. Diese Unterscheidung gibt darüber Aufschluss, wie die Risiken durch den Rückversicherer in Deckung genommen werden.[11]

2.3.2.1 Proportionale Rückversicherung

In der proportionalen Rückversicherung übernimmt der Rückversicherer einen bestimmten Anteil am versicherten Risiko des Erstversicherers. „Der Rück­versicherer beteiligt sich also proportional an Haftung und Schäden und wird proportional an den Beiträgen, die der Erstversicherer einnimmt, beteiligt“[12]. Die proportionale Rückversicherung kommt in zwei Hauptformen vor, der Summenexzedentenrückversicherung und der Quotenrückversicherung.[13]

2.3.2.2 Nichtproportionale Rückversicherung

Im Gegensatz zu der proportionalen Rückversicherung versichert der Rück­versicherer bei der nichtproportionalen Rückversicherung den Erstversicherer gegen den wirtschaftlichen Schaden, den dieser durch den Eintritt fest definierter Schadenereignisse erleidet. Die Höhe der Leistung des Rückversicherers richtet sich somit ausschließlich nach der Höhe des Schadens.[14]

Auch bei der nichtproportionalen Rückversicherung lassen sich zwei Hauptformen unterscheiden, die Schadenexzedentenrückversicherung und die Jahresüberschadenrückversicherung.[15]

2.4 Rückversicherungsrecht

In Deutschland enthält das Versicherungsvertragsgesetz gesetzliche Spezial­vorschriften und ein festes Gerüst allgemeiner Versicherungsbedingungen für Erstversicherer. Diese Vorschriften fehlen für Rückversicherungsunternehmen gänzlich. In Deutschland gibt es keinerlei gesetzliche Regelungen zur Rückversicherung.[16]

Die Quellen des Rückversicherungsrechts finden sich daher hauptsächlich in Rückversicherungsverträgen und dem Rückversicherungsbrauch, einem Gewohnheitsrecht der Rückversicherung.[17]

2.4.1 Versicherungsvertragsgesetz

In Deutschland ist in § 209 des Versicherungsvertragsgesetzes geregelt, dass die Vorschriften dieses Gesetzes keine Anwendung auf die Seeversicherung und auf die Rückversicherung finden. Auch die Versicherungsvertragsgesetze anderer Länder, wie zum Beispiel der Schweiz, Österreich, Frankreich und der skandinavischen Länder, finden keine Anwendung auf die Rückversicherung. Andere Länder wiederum erklären die Rückversicherung meist ohne nähere Einzelvorschriften für zulässig.[18]

Fraglich ist, ob das VVG für Rückversicherungen Anwendung findet. Für die Nichtanwendung des VVG auf Rückversicherungen sprechen jedoch verschiedene Gründe.[19] „So passt z. B. der im VVG zum Ausdruck kommende Schutz des Versicherungsnehmers nicht auf das Verhältnis Erstversicherer – Rückversicherer, da es sich bei diesen Parteien, anders als im Verhältnis Versicherungsnehmer – Erstversicherer, um Vollkaufleute handelt, die Erfahrung haben mit dem Abschluss von Verträgen sowie deren Anwendung und Auslegung“[20].

In einigen Ländern wird, beispielsweise durch den California Insurance Code §§ 620-623, die Rückversicherung durch allgemeine Vorschriften geregelt. In anderen Ländern findet das Versicherungsrecht direkte Anwendung auf die Rückversicherung. So sind im englischen Marine Insurance Act 1906 die Vorschriften auf die Seerückversicherung anwendbar. In Deutschland geht die Praxis dahin, dass nicht die Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes analog angewendet werden können, sondern dass der bereits erwähnte Rückversicherungsbrauch maßgebend ist.[21]

Auch wenn die Vorschriften des VVG für Rückversicherungen keine Anwendung finden, können jedoch nach herrschender Meinung die grundlegenden Vorschriften des VVG bei der Auslegung von Versicherungsverträgen herangezogen werden.[22]

2.4.2 Rechtsprechung

Es gibt wenig Rechtsprechung zum Thema Rückversicherung. Denn bei Streitigkeiten zwischen Erstversicherern und Rückversicherungsunternehmen einigen sich die Parteien entweder einvernehmlich oder es werden Schiedsgerichtsverfahren bevorzugt. Die Entscheidungen dieser Gerichte werden jedoch nicht veröffentlicht. Aus diesem Grund ist die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte für die Erkenntnis des Rückversicherungsrechts wenig ergiebig. Durch die Vielzahl ihrer veröffentlichten Entscheidungen in Rückversicherungssachen tragen jedoch die Gerichte der angloamerikanischen Welt in zunehmendem Maße zu der Fortentwicklung des Rückversicherungsrechts bei.[23],[24]

2.4.3 Rückversicherungsvertrag

Die eigentliche Grundlage für die rechtliche Gestaltung der Beziehung zwischen Erstversicherer und Rückversicherer bildet der Rückversicherungsvertrag.[25] Es handelt sich bei diesem Vertrag nach der herrschenden Meinung um einen selbstständigen schuldrechtlich zweiseitig verpflichtenden Vertrag. Der Erstversicherer schuldet die Zahlung der Prämie und der Rückversicherer die Gefahrtragung.[26]

„Die Rückversicherungsverträge beschränken sich in ihren Bestimmungen in aller Regel auf die für die Vertragsdurchführung wesentlichen Punkte“[27]. Diese Rückversicherungsverträge enthalten zumeist nur Regelungen zu beiderseits geschuldeten Leistungen (Risikoübernahme durch den Rückversicherer und von den Parteien versprochene Geldzahlungen), der Form der Rückversicherungsabgabe (z. B. Quote, Summen-, Schadenexzedent), Beginn und Ende der Haftung sowie Aufgabendienst und Abrechnungsverfahren. In diese Verträge werden regelmäßig noch einige typische und für die Geschäfts- wie Rechtsbeziehung der Rückversicherungs-Vertragsparteien wichtige Klauseln aufgenommen.[28]

2.4.3.1 Beginn von Rückversicherungsverträgen

In der Rückversicherung kann zwischen dem technischen, formellen und materiellen Rückversicherungsbeginn unterschieden werden.[29]

Der technische Beginn eines Rückversicherungsvertrages ist der Zeitpunkt, zu dem die Rückversicherungshaftung beginnt. Dieser Zeitpunkt wird im Rückversicherungsvertrag festgelegt. In formeller Hinsicht beginnt die Rückversicherung durch Zustandekommen des Vertrages, d. h. wenn Erst- und Rückversicherer zwei übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben haben. Durch den Beginn der tatsächlichen Haftung des Rückversicherers wird der materielle Beginn definiert.[30]

„Rückversicherungsverträge treten meist zum 1. Januar in Kraft“[31].

2.4.3.2 Beendigung von Rückversicherungsverträgen

Für die Beendigung von Rückversicherungsverträgen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Auch bei Rückversicherungsverträgen kann zwischen ordent­licher und außerordentlicher Beendigung unterschieden werden.[32]

Die ordentliche Beendigung ist durch einvernehmliche Vertragsaufhebung, Ablauf befristeter Verträge und ordentliche Kündigung möglich.[33]

Die außerordentliche Beendigung wiederum ist durch Aufhebung der zugrunde liegenden Erstversicherung, Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung, Rücktritt wegen Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflicht, außerordentlicher Kündigung und Beendigung im Insolvenzverfahren möglich.[34]

Die genannten Beendigungsgründe gelten sowohl für die fakultative als auch für die obligatorische Rückversicherung.[35]

2.4.4 Rückversicherungsbrauch

Der Rückversicherungsbrauch spielt eine besondere Rolle für die Rechtsbe­ziehungen zwischen Erst- und Rückversicherern. Der Rückversicherungsbrauch stellt in der Praxis, nach den vertraglichen Vereinbarungen, die nächst wichtige Quelle des Rückversicherungsrechts dar.[36]

Der Rückversicherungsbrauch ist durch die besondere Eigenart der Rückver­sicherungsbeziehung in besonderem Maße vom Grundsatz der Billigkeit (Treu und Glauben nach § 242 BGB) beeinflusst. In Deutschland ist der Rückversicherungsbrauch aufgrund von Parteivereinbarungen in den Rückversicherungsverträgen und der Regelung des § 346 HGB zu berücksichtigen. Nach § 346 HGB ist unter Kaufleuten in Ansehung der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die im Handelsverkehre geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen. „Die Rückversicherungsverträge enthalten ganz überwiegend Bestimmungen, nach denen Streitigkeiten unten den Vertragsparteien in erster Linie nach Rückversicherungsbrauch („den Gepflogenheiten des praktischen Geschäfts“) entschieden werden sollen“[37]. Diese Regelung dient jedoch nur zur Auslegung des geschriebenen Vertragsrechts und zur Ausfüllung von Lücken.[38]

3. Aufrechnung

3.1 Aufrechnung nach BGB

§ 387 BGB bestimmt, dass wenn zwei Personen einander Leistungen schulden, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen kann, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Aufrechnung ist die wechselseitige Tilgung zweier sich gegenüberstehender Forderungen durch einseitiges Rechtsgeschäft. Die Forderung, gegen die aufgerechnet wird, ist die Hauptforderung (Passivforderung), die Forderung, mit der aufgerechnet wird, die Gegenforderung (Aktivforderung, Aufrechnungs­forderung). Durch die Aufrechnung soll ein unwirtschaftliches Hin und Her vermieden werden.[39]

3.1.1 Gegenseitigkeit der Forderungen

Erste Voraussetzung für die Aufrechnung ist, dass zwei Personen einander Leistungen schulden. Jede Person muss also zugleich Schuldner und Gläubiger der anderen Partei sein. Es muss sich demnach um gegenseitige Forderungen handeln.[40] Der Aufrechnende muss Gläubiger der Gegenforderung und Schuldner der Hauptforderung sein. Bei dem Aufrechnungsgegner muss es sich um den Schuldner der Gegenforderung und Gläubiger der Hauptforderung handeln.[41]

3.1.2 Gleichartigkeit der Forderungen

Zweite Voraussetzung der Aufrechnung nach § 387 BGB ist, dass die beiden einander gegenüberstehenden Forderungen ihrem Gegenstand nach gleichartig sind. Sie müssen somit den gleichen Inhalt haben. Daher kommt eine Aufrechnung nur bei Geld- und Gattungsschulden über vertretbare Sachen nach § 91 BGB in Betracht. Aus der Formulierung „soweit“ in § 389 BGB ergibt sich, dass die Gleichartigkeit nicht durch eine unterschiedliche Höhe der Forderung in Frage gestellt wird.[42]

3.1.3 Durchsetzbarkeit der Gegenforderung

Nach dem Gesetz kann der Schuldner nur eine ihm gebührende Leistung mit der Aufrechnung durchsetzen. Die ihm zustehende Forderung muss in jeder Beziehung begründet, voll wirksam und fällig sein.[43] Eine Forderung die bereits durch Erfüllung erloschen ist, kann nicht mehr zur Aufrechnung verwendet werden, weil der Gläubiger die Leistung sonst doppelt erhielte.[44] Mit einer Forderung, der eine Einrede (z. B. Verjährung) entgegensteht, worunter sämtliche Leistungsverweigerungsrechte zu verstehen sind, kann nach § 390 BGB nicht aufgerechnet werden.[45]

3.1.4 Wirksamkeit und Erfüllbarkeit der Hauptforderung

Ferner ist eine Aufrechnung nur möglich, wenn dem Aufrechnenden eine Leistung obliegt und er diese zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung bewirken kann.[46] Die Hauptforderung gegen den Aufrechnenden, die also durch die Aufrechnung getilgt werden soll, muss erfüllbar sein, braucht jedoch nicht durchsetzbar zu sein.[47] Es ist somit nicht erforderlich, dass sie vollwirksam und fällig ist.[48]

3.1.5 Aufrechnungserklärung

Die Aufrechnungslage führt nicht automatisch zum Erlöschen der Forderung. Es ist erforderlich, dass eine Partei die Aufrechnung nach § 388 BGB erklärt. Dabei handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung im Sinne der §§ 104 ff. BGB. Da durch sie die Rechtslage gestaltet wird, hat der Aufrechnungsgegner ein besonderes Interesse an Rechtssicherheit. Die Aufrechnungserklärung ist somit nach § 388 Satz 2 BGB unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.[49]

3.1.6 Wirkung der Aufrechnung

Soweit Haupt- und Gegenforderung sich decken, bewirkt die Aufrechnung, dass beide Forderungen nach § 389 BGB mit rückwirkender Kraft erlöschen. Das Gesetz stellt nicht auf den Zeitpunkt der Erklärung, sondern auf den der Aufrechnungslage ab.[50] Da zum Zeitpunkt der Aufrechnungslage die Forderungen schon „verrechnet“ werden konnten, folgt diese Rückwirkung auch einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise.[51]

3.1.7 Ausschluss der Aufrechnung

Die Aufrechnung ist in zahlreichen Fällen durch das Gesetz ausgeschlossen oder beschränkt. Ein Beispiel für diesen Ausschluss der Aufrechnung sind die §§ 390 bis 394 BGB. Durch die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts lassen sich derartige Verbote nicht umgehen, da der Gesetzeszweck dadurch vereitelt würde. Die Aufrechnungsverbote gelten nicht für die Anrechnung und Einbehaltung, da diese Rechtsgestaltungen mit der Aufrechnung nicht vergleichbar sind. Ob die Aufrechnung auch durch einen Aufrechnungsvertrag ausgeschlossen werden kann, richtet sich nach den Interessen, die durch den Aufrechnungsausschluss geschützt werden sollen. Es steht dem Aufrechnungs­gegner frei, sofern dieser allein geschützt wird, nach Eintritt der Aufrechnungslage auf den ihm zugedachten Schutz zu verzichten und sich mit einer vertragsmäßigen Aufrechnung einverstanden zu erklären.[52]

3.2 Aufrechnung in der Insolvenz

Ob ein Gläubiger gegenüber seinem insolventen Schuldner aufrechnen kann, bestimmt sich auch in der Insolvenz zunächst nach den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen gemäß §§ 387 ff. BGB. Gleichwohl werden diese allgemeinen Aufrechnungsregeln durch die Insolvenzordnung in den §§ 94 bis 96 InsO zum Schutz der Insolvenzmasse eingeschränkt.

3.2.1 Zulässige Aufrechnung

§ 94 InsO bestimmt, dass ein Insolvenzgläubiger, der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder auf Grund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt war, dieses Recht durch Eröffnung des Insolvenz­verfahrens nicht verliert.

3.2.2 Unzulässige Aufrechnung

Nach § 96 Abs. 1 InsO verdient das Vertrauen des Insolvenzgläubigers in eine Aufrechnungsbefugnis keinen Schutz, wenn die Forderung bei Verfahrenseröffnung nicht einmal in dem durch § 95 InsO geschützten Kern entstanden war oder aber schon bestand, jedoch in anfechtbarer Weise erlangt wurde.[53]

3.2.3 Geltungsbereich

3.2.3.1 Insolvenzgläubiger

Durch die §§ 94 bis 96 InsO werden alle Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO erfasst. Bei der Aufrechnung durch Neugläubiger nach § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO haftet nur das freie Vermögen des Insolvenzschuldners.[54]

3.2.3.2 Massegläubiger

Gläubiger von Masseverbindlichkeiten nach den §§ 54 bis 55 InsO, deren Forderungen vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen sind, werden grundsätzlich nicht von den §§ 94 ff. InsO erfasst.[55]

3.2.3.3 Insolvenzverwalter

Die §§ 94 ff. InsO gelten nicht für die Aufrechnung durch den Insolvenzverwalter. Es gelten die allgemeinen Vorschriften der Aufrechnung (insbesondere die §§ 387 ff. BGB).[56]

3.2.3.4 Eröffnungsverfahren

Die Aufrechnungsverbote gelten in zeitlicher Hinsicht im Insolvenzverfahren. Die §§ 95 bis 96 InsO greifen im Eröffnungsverfahren auch dann nicht ein, wenn das Insolvenzgericht Sicherungsmaßnahmen nach § 21 Abs. 2 InsO getroffen und einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt hat.[57]

[...]


[1] Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 9

[2] Gerathewohl, Rückversicherung, Band I, Seite 1

[3] Vgl. Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 9

[4] Vgl. Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 9

[5] Schwepcke, Rückversicherung, Seite 111

[6] Vgl. Schwepcke, Rückversicherung, Seite 111

[7] Vgl. Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 20

[8] Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 20

[9] Vgl. Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 25

[10] Vgl. Schwepcke, Rückversicherung, Seite 112

[11] Vgl. Schwepcke, Rückversicherung, Seite 115

[12] Schwepcke, Rückversicherung, Seite 115

[13] Vgl. Schwepcke, Rückversicherung, Seite 115

[14] Vgl. Schwepcke, Rückversicherung, Seite 115

[15] Vgl. Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 54

[16] Vgl. Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 13

[17] Vgl. Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 13

[18] Vgl. Schwepcke, Rückversicherung, Seite 58

[19] Vgl. Schwepcke, Rückversicherung, Seite 58

[20] Schwepcke, Rückversicherung, Seite 58

[21] Vgl. Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 14

[22] Vgl. Schwepcke, Rückversicherung, Seite 58

[23] Vgl. Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 14 und 15

[24] Vgl. Schwepcke, Rückversicherung, Seite 58

[25] Vgl. Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 15

[26] Vgl. Schwepcke, Rückversicherung, Seite 65

[27] Gerathewohl, Rückversicherung, Band I, Seite 505

[28] Vgl. Gerathewohl, Rückversicherung, Band I, Seite 50

[29] Vgl. Liebwein, Rückversicherung, Seite 292

[30] Vgl. Liebwein, Rückversicherung, Seite 292

[31] Pfeiffer, Rückversicherung, Seite 28

[32] Vgl. Gerathewohl, Rückversicherung, Band I, Seite 899

[33] Vgl. Gerathewohl, Rückversicherung, Band I, Seite 899

[34] Vgl. Gerathewohl, Rückversicherung, Band I, Seite 909 f.

[35] Vgl. Gerathewohl, Rückversicherung, Band I, Seite 910

[36] Vgl. Gerathewohl, Rückversicherung, Band I, Seite 510 bis 511

[37] Gerathewohl, Rückversicherung, Band I, Seite 511

[38] Vgl. Gerathewohl, Rückversicherung, Band I, Seite 510 f.

[39] Vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, § 387 Rn. 1

[40] Vgl. Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB, § 387 Rn. 6

[41] Vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, § 387 Rn. 4

[42] Vgl. Medicus/Lorenz, Schuldrecht I Allgemeiner Teil, Rn. 307

[43] Vgl. Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB, § 387 Rn. 36

[44] Vgl. Medicus/Lorenz, Schuldrecht I Allgemeiner Teil, Seite 141 Rn. 307

[45] Vgl. Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB, § 387 Rn. 36

[46] Vgl. Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB, § 387 Rn. 38

[47] Vgl. Medicus/Lorenz, Schuldrecht I Allgemeiner Teil, Seite 142 Rn. 310

[48] Vgl. Grüneberg in Palandt, BGB 2010, § 387 Rn. 12

[49] Vgl. Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, Seite 150 Rn. 419

[50] Vgl. Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB, § 389 Rn. 3

[51] Vgl. Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, Seite 148 Rn. 12

[52] Vgl. Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB, § 387 Rn. 56

[53] Vgl. Kayser in Kreft, Insolvenzordnung, § 94 Rn. 4

[54] Vgl. Kayser in Kreft, Insolvenzordnung, § 94 Rn. 6

[55] Vgl. Kayser in Kreft, Insolvenzordnung, § 94 Rn. 10

[56] Vgl. Kroth in Braun, Insolvenzordnung, § 94 Rn. 8

[57] Vgl. Kayser in Kreft, Insolvenzordnung, § 94 Rn. 18

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2010
ISBN (PDF)
9783863417031
ISBN (Paperback)
9783863412036
Dateigröße
232 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinische Fachhochschule Köln
Erscheinungsdatum
2013 (Juli)
Note
1,8
Schlagworte
Rückversicherungsbranche Aufrechnung Sicherungsvermögen Kontokorrent Versicherungsaufsichtsgesetz

Autor

Daniel Kundel absolvierte sein Studium der Rechtswissenschaften an der Rheinischen Fachhochschule in Köln mit dem Abschluss des Bachelor of Laws. Schwerpunkt des Studiums war der Bereich Mergers & Acquisitions. Durch eine zweijährige Tätigkeit als Werkstudent bei der General Reinsurance AG fand der Autor das Thema zu seiner Bachelor-Thesis.
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