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Herausforderung "Ehrenamt" in Non-Profit-Organisationen: Die NPOs im Gefüge von Gewinnwirtschaft und Gemeinnützigkeit

©2011 Bachelorarbeit 47 Seiten

Zusammenfassung

Eine Frage stellt sich wieder und wieder: Wie kann die Überlebensfähigkeit einer Unternehmung trotz der sich heute immer schwieriger darstellenden Rahmenbedingungen gesichert werden? Die stete Kürzung staatlicher Gelder und der vermehrte Rückzug des Staates aus der sozialen Verantwortung sind nur ein kleiner Teil der Herausforderungen von Non-Profit-Organisationen. Doch nicht nur dieser Aspekt lädt zum Mitdenken ein: Für die Unternehmen wird es heutzutage immer schwerer ehrenamtliche Mitarbeiter an das eigene Unternehmen zu binden. Als Gründe werden zum Beispiel der stark beanspruchende Job, die Familie oder aber der nichtvorhandene Anlass Verantwortung zu übernehmen genannt. Doch gerade die NPOs kommen nicht ohne die ehrenamtliche Mitarbeit aus und müssen sich mit dieser Thematik genauestens befassen.
Dieses Buch zeigt die Auswirkungen durch den gleichzeitigen Einsatz von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern auf die Unternehmenskultur, insbesondere in NPOs, und beantwortet die oben aufgeführte Frage hinsichtlich des Einsatzes weicher Erfolgsfaktoren, wie z.B. der Unternehmenskultur mit einer Vision, einer Mission und einem Leitbild. Darüber hinaus wird das Führungsverhalten als Determinante der Unternehmenskultur betrachtet und unter anderem aufgezeigt, welche Rolle Führungskräfte im Prozess der Bildung einer Unternehmenskultur übernehmen können bzw. sollten.
Um einen aktuellen Praxisbezug herzustellen, wird das Technische Hilfswerk (THW) in die konkrete Betrachtung mit einbezogen und ein Lösungsansatz entwickelt, ob eine auf den Menschen ausgerichtete Unternehmenskultur und Führung wirklich eine langfristige Grundlage für den unternehmerischen Erfolg bilden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Teil 1: Die Non-Profit-Organisation

Obwohl gewisse Basiskenntnisse in diesem Themenbereich vorausgesetzt werden, findet sich hier an erster Stelle eine Einführung bezüglich des wichtigsten Parameters, der speziellen Organisationsform, wieder. Ein Fokus, der immer wieder in den Betrachtungen auftauchen wird, bildet die nur in diesem Bereich auftretende Schwierigkeit des gleichzeitigen Einsatzes von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Um nicht nur in diesem Abschnitt als Beispielunternehmen zu dienen, wird ferner das THW vorgestellt und im Hinblick auf die erwähnte Problemstellung näher betrachtet.

1.1 Zum Begriff der NPO

Non-Profit-Organisationen, oder auch wie allgemein in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur anerkannt der „dritte Sektor“, umfassen den Teil der Volkswirtschaft, der sich nicht dem öffentlichen oder dem privaten gewinnorientierten Sektor zu ordnen lässt, aber ebenfalls am Marktgeschehen teilnimmt.

Die spezifischen Ziele werden hauptsächlich mit gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen in einem Handlungsbereich verfolgt, der sich, so Badelt (2007, S. 158), irgendwo zwischen Markt und Staat befindet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.1: Dreipoliger Aktionsraum von NPO

Quelle: Badelt 2007, S. 159.

Trotz der Abgrenzung dieser speziellen Organisationsform gibt es keine allgemein akzeptierte Definition, so dass jeder Autor, der sich mit dieser Materie auseinandersetzt, im Allgemeinen seine eigene Begriffserklärung formuliert und verwendet. Ausführlich beschäftigt haben sich speziell mit diesem Bereich der Thematik Peter Schwarz (2001), Uwe Hanf (2011) oder Anette Zimmer (2007), um nur wenige Autoren aktueller Untersuchungen zu nennen. Diese Problematik wird unter anderem auch dadurch unterstützt, dass es nicht nur unterschiedliche Definitionen gibt, sondern bereits die Bezeichnung an sich mehrere Synonyme besitzt, die verschiedene Abgrenzungsmerkmale aufweisen und so nicht als grundsätzlich übereinstimmend angesehen werden dürfen. So wird teils der Dritte Sektor in seinen Feinheiten anders erklärt als die typische NPO. Weitere Begriffe in diesem Zusammenhang wären Nongovernmental Organisations (NGO) oder gemeinnützige Organisationen. Jedoch haben alle erwähnten Organisationsformen gemeinsame Eigenschaften, die in dieser Konstellation nur hier auftauchen. Laut Schwarz (2001, S. 13 ff.) zählen dazu:

1. Zweckorientierte (Dienst-)Leistungsproduktion
2. Mitgliedschaftliche Struktur (Milizsystem)
3. Profis als Ergänzung des Milizsystems
4. Komplexität der Strukturen und
5. Das Fehlen von Märkten.

Diese Strukturmerkmale führen dazu, dass in NPO ein besonderes Management von Nöten ist; besonders im Personalbereich (auf diesen Punkt wird weiter unten vertieft eingegangen).

Gemäß Badelt (2007, S. 158) bieten Non-Profit-Organisationen so genannte gesellschaftliche Funktionsleistungen an, die weder vom Staat noch von dem verbleibenden privaten gewinnorientierten Sektor bereitgestellt werden. Von Wohlfahrtsverbänden bis hin zum Sportverein ist somit fast jede Branche (im sozialen Bereich) vertreten und uns allen bekannt. Nur um ein paar wenige Beispiele zu nennen: UNICEF, Amnesty International, DRK oder Das Alsterdorf Hamburg. Nur ist nicht grundsätzlich jedem klar, dass es sich bei diesen Unternehmen um solche handelt, die sich nicht an erster Stelle am Gewinn orientieren.

Dieses Merkmal, fachspezifisch nonprofit constraint genannt, sei noch einmal ganz deutlich beleuchtet: Es werden bewusst Gewinne erwirtschaftet und nicht, wie oft fehlerhaft angenommen, ein „Kostendeckungs-System“ angewendet. Die Überschüsse jedoch dürfen nicht, wie in For-Profit-Unternehmen, an Mitglieder und Mitarbeiter ausgeschüttet werden, sondern müssen in Form von Investitionen, die auch für NPO überlebensnotwendig sind, in die Organisation reinvestiert werden (vgl. Zimmer 2007, S. 180).

Bei diesen zweckorientierten Systemen, die grundsätzlich gemeinnützige Ziele verfolgen, ist jedoch die Verwendung der erwirtschafteten Gewinne nicht das einzige elementare Unterscheidungsmerkmal. So kann ebenfalls der Personalbereich von NPO als Beispiel angeführt werden, da der gleichzeitige Einsatz von fest angestellten Mitarbeitern und freiwilligen Helfern in kaum einem anderen Bereich in dieser Art praktiziert wird. Gerade dieser Schnittstelle, zwischen ehrenamtlichen unbezahlten und den festangestellten bezahlten Mitarbeitern, muss besondere Beachtung geschenkt werden, damit das Einsetzen von diesen unterschiedlichen Personalarten nicht zu Konflikten bezüglich der Führungsform führt (vgl. Sander 2006, S. 46). Womit wir nun genau bei der Kernproblematik von NPO angelangt wären:

1.2 Eine spezifische Problemstellung: Der Einsatz von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern

„Das Zusammenwirken von Ehrenamt und Vollamt ist eines der zentralen Charakteristika von Non-Profit-Organisationen, aber auch eines der grundlegendsten Managementprobleme“ (Schwarz 1992, S. 23).

Nicht nur die verschiedenen Einstellungen, Werte und Normen, die zu den jeweiligen Motiven führen, stellen einen möglichen Konflikt zwischen Haupt- und Ehrenamt dar, sondern auch die vorhandenen abweichenden Qualifikationen und Einsatzmöglichkeiten.

Um dieses Spannungsfeld bestmöglich untersuchen zu können, werden im Vorfeld die beiden Gruppen voneinander abgegrenzt, verglichen und anschließend bezüglich der konfliktträchtigen Bereiche wieder in den zu untersuchenden Zusammenhang gebracht.

1.2.1 Hauptamtlichkeit

Mitarbeitern dieser Kategorie wird grundsätzlich eine extrinsische Motivation unterstellt – die Notwendigkeit der Existenzsicherung. Nach Pradel (1993, S. 1) geben sie Zeit, Wissen und Arbeitskraft und erhalten als Gegenleistung die (finanziellen) Mittel zur Befriedigung der individuellen Bedürfnisse. Dem gegenüber stehen die Tatsachen der verhältnismäßig geringen Vergütung und den außergewöhnlichen Arbeitszeiten in vielen Einsatzbereichen der NPO. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass es neben dem Anteil der extrinsischen Motivation ebenfalls einen intrinsischen geben muss. Ganz treffend zitiert Pradel Rauschenbach (1988, S. 225, Hervorhebung hinzugefügt): „Unbezahlt für andere arbeiten kann nur, wer erstens materiell gesichert ist und wer zweitens über Zeit verfügt. […] Basis der unentgeltlichen Arbeit für andere ist die individuelle, familiäre oder sozialstaatliche Absicherung der eigenen Existenz.“

1.2.2 Ehrenamtlichkeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ehrenamtliche Mitarbeiter sind auf einer freiwilligen Basis und ohne Bezahlung tätig. Es wird überwiegend von einer intrinsischen Motivation ausgegangen, die in weiten Teilen so stark ausgeprägt ist, dass die „Betroffenen“ ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit bei Bezahlung nicht mehr nachgehen würden (vgl. Wehner 2006, S. 27). Das handlungsmotivierende Merkmal findet sich in der Grundidee des Gebens und Nehmens bezogen auf das Gemeinwohl der Menschen wieder. „Ich helfe den Menschen während einer Hochwasserkatastrophe ihr Hab und Gut zu retten und erhalte dafür Dankbarkeit, Kontakt mit verschiedensten Menschen, erfahre Selbstbefriedigung bzw. ich sehe einen Sinn in meiner Hilfstätigkeit“ – um nur ein paar Beispiele zu nennen (vgl. unten stehende Tabelle). Hier spiegelt sich eine normative Einstellung wider, was bemerkenswerter Weise im Gegensatz zum sonst in der BWL unterstellten Homo oeconomicus steht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.2: Warum man sich freiwillig engagiert (2009), Quelle: Freiwilligensurvey 2009 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, S. 111.

Eine Eigenschaft, die gerade in der betrachteten Konfliktsituation bedacht werden muss, beschreibt Schwarz (2001, S. 28) folgendermaßen: Da sich der Ehrenamtliche nur neben-beruflich mit den Geschäften der NPO, welcher er angehört, beschäftigt, wird er gegenüber den hauptamtlichen Mitarbeitern immer einen Rückstand bezogen auf Informationen, Sachverstand und Erfahrungen haben – er gilt als Amateur.

1.2.3 Mögliche Konflikte

Das Zusammentreffen der beiden vorgestellten Gruppen verursacht Probleme in verschiedenen Bereichen, kann sogar so weit führen, dass potenzielle Mitarbeiter vom freiwilligen Mitwirken abgehalten werden.

Zum einen können hier konfliktträchtige Kooperationen mit den hauptberuflichen Mitarbeitern genannt werden, die immer wieder zu Unzufriedenheit auf beiden Seiten führen können; ausgelöst durch den Umstand, dass es häufig gegenüber den Tätigkeiten der ehrenamtlichen Mitarbeiter an Respekt mangelt. Die Folge dessen ist meist eine Unzufriedenheit auf der Gefühlsebene, die durch nichtbefriedigte Erwartungen und nicht-erfahrene Anerkennung ausgelöst wird, so Pradel (1999, S.3). Graeff (1999, S. 120) beschreibt es als Unterbewertung der ehrenamtlichen Arbeit, obwohl vermutlich allen Mitgliedern der Organisation bewusst ist, dass auf die Hilfe oder Mitarbeiter der freiwillig Engagierten nicht verzichtet werden kann.

Dies wird unterstützt durch die Tatsache, dass es durch unterschiedliches Empfinden und Abschätzen von Krisensituationen und den dadurch entstehenden Hilfebedürftigen durch die beiden Gruppen zu Komplikationen kommen kann.

Graeff (1999, S.121) beschreibt ein weiteres Spannungsfeld als Verantwortungsdiffusion, welches durch ein nicht eindeutiges Vorgesetzten-Mitarbeiter-Verhältnis entstehen kann. Das Einsetzen eines ehrenamtlichen Vorstands in Verbindung mit hauptamtlichen Fachkräften führt häufig zu Problemen, da eine unterstellte fehlende fachliche Kompetenz auf ehrenamtlicher Seite zu fehlerhaften strategischen Überlegungen und Entscheidungen führen kann. Folge dessen ist eine vermehrte Kontrolle durch den hauptamtlichen Teil, welche wiederum ein Gefühl der Gelähmtheit auslösen kann. Die Ursache liegt zum Teil in den Unklarheiten bezüglich der Abgrenzung der Aufgabenfelder und Verantwortlichkeiten.

Ein weiterer kritischer Punkt, der bereits vom THW sehr ernst genommen wird (siehe Kapitel 2.3.2) betrifft die Ebene der Gesetzgebung. Die Organisation geht einem gesetzlichen Auftrag nach, so dass bestimmte Vorschriften und Regeln eingehalten werden müssen, zum Beispiel in verwaltungstechnischen Bereichen oder bezüglich des Einsatzes der ehrenamtlichen Mitglieder. Ebenso sollten die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für gemeinnütziges Engagement, z.B. durch Komplikationen im Umgang mit dem Arbeitgeber, verbessert beziehungsweise erleichtert werden (vgl. Bock 1999, S. 31).

1.3 Das Technische Hilfswerk (THW)

Die folgenden Informationen sind hauptsächlich der Eigendarstellung der Organisation auf ihrem Internetauftritt (www.thw.de) entnommen. Da es sich hier ausschließlich um sachliche Informationszwecke handelt, stellt die Zitierfähigkeit kein Problem dar.

International bekannt unter der Bezeichnung „German Federal Agency For Technical Relief“ ist diese Organisation bezüglich ihres Aufgabenfeldes weltweit einzigartig. 1950 als Zivil- und Katastrophenschutzorganisation des Bundes gegründet, wurde sie drei Jahre später in eine nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ohne eigene Dienstherrenfähigkeit umgewandelt und untersteht heute dem Bundesministerium des Inneren. Sie unterscheidet sich in der Form einer Bundesbehörde somit rechtlich, wie auch wirtschaftlich von vergleichbaren Hilfsorganisationen, die im gleichen Aufgabenfeld tätig sind, sich aber hauptsächlich über Spenden oder kommunale Gelder finanzieren. Das THW entgegen wird hauptsächlich durch Steuergelder finanziert, dessen Verwendung in einem Haushaltsplan genauestens festgelegt wird. So hat der Deutsche Bundestag dem THW für das Jahr 2010 circa 178 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Spendengelder stellen eine zusätzliche Einnahmequelle dar und sind zu der eigenen Mitarbeit eine weitere mögliche Option, das Hilfswerk zu unterstützen.

Die hierarische Ordnung begründet sich in der Tatsache, dass das THW ursprünglich den nicht-militärischen Schutz der Zivilbevölkerung vor Kriegseinwirkungen übernehmen sollte. Wären die Organisationsmitglieder dem Bundesministerium der Verteidigung unterstellt, wären sie keine Nichtkombattanten und hätten keinen rechtlichen Schutz vor Angriffen, so wie ihn zum Beispiel die Sanitätstruppen (militärische Nichtkombattanten) inne haben.

Zum THW zählen aktuell etwa 82.000 ehrenamtlich engagierte Helfer und 860 hauptamtliche Mitarbeiter (Anteil von ca. einem Prozent), welche sich auf 66 Geschäftsstellen mit insgesamt 668 Ortsverbänden, verstreut über die ganze Bundesrepublik, verteilen. So gibt es für jeden Landkreis bzw. jede kreisfreie Stadt mindestens einen Ortsverband, welchem ein ehrenamtlicher Behördenleiter als Ortsbeauftragter vorsteht. Die genannten Geschäfts­stellen und die damit verbundenen Verwaltungsaufgaben werden von hauptamtlichem Personal geführt.

Der per Gesetz (THW-Gesetz vom 22.01.1990) definierte Aufgabenkatalog der modernen Einsatzorganisation, die heute als unverzichtbare Säule der Gefahrenabwehr angesehen werden kann, umfasst alltägliche Einsätze auf Anforderung von Polizei und Feuerwehr in Deutschland, Wiederaufbauhilfe in Afghanistan im Auftrag der Bundesregierung oder als ein weiteres Beispiel die Unterstützung der Vereinten Nationen in z.B. Sierra Leone. Um den Tätigkeitsbereich im In- wie auch im Ausland näher zu beschreiben, könnten

- Orten bzw. Retten von Verschütteten und Bergen von Sachwerten
- Elektroversorgung und Beleuchtung von Einsatzstellen
- Beräumen von Einsatzstellen
- Sprengungen
- Bekämpfung von Hochwasser und Beseitigen von Wasserschäden
- Wiederherstellung von Infrastruktur
- Internationale Vernetzung des Zivil- und Katastrophenschutzes

als einige Exempel genannt werden.

Um dieses vielfältige Aufgabenfeld mit Personal bzw. ehrenamtlichen Helfern bedienen zu können, wendet das THW zwar kein spezielles Auswahlverfahren an, doch unterliegt jede Personalentscheidung der Richtlinie über die Mitwirkung der Helfer im Technischen Hilfswerk vom 01.04.1999, der sogenannten Helferrichtlinie.

Der theoretische Ausgangspunkt, dass grundsätzlich jeder Interessierte ein Mitglied dieser Organisation werden kann, unabhängig von seiner fachlichen Kompetenz, stellt allein aus dem Grund keine Problematik dar, weil jeder Angehörige des THW eine spezielle 3-stufige Ausbildung absolvieren muss:

1. Ausbildungsstufe „Einsatzbefähigung“ (anschließend erfolgt die Zuordnung zur jeweiligen fachlichen Verwendung im heimatnahen Ortsverband)
2. Ausbildungsstufe „Fachbefähigung“ (Vorbereitung auf die fachspez. Aufgabe)
3. Ausbildungsstufe „Weiterbefähigung“ (Wissensstand halten und Neuerungen weitergeben).

Zu Ausbildungszwecken werden THW-Bundesschulen unterhalten, die alle Bildungseinheiten durchführen, zu denen die Ortsverbände nicht fähig sind. Egal, ob sich die Mitglieder an der Schule befinden, im Einsatz oder auf einer Übung sind, werden die Arbeitgeber (Ausnahme: öffentlicher Dienst) für den Freistellungszeitraum ihrer Mitarbeiter entschädigt.

Für jede Organisation, die von der Unterstützung ehrenamtlicher Mitarbeiter abhängig sind, ist es unter anderem von wirtschaftlicher Bedeutung, dass es sich bei der Mitgliedschaft möglichst um ein langfristiges Verbleiben handelt. Obwohl die ehrenamtliche Tätigkeit unentgeltlich verrichtet wird, kostet die hochspezialisierte Ausbildung, wie sie zum Beispiel im THW von Nöten ist, für jedes Mitglied viel Geld und Zeit, weswegen das kumulierte Wissen und die Erfahrungen zum Nutzen des Organisationszweckes möglichst lange zur Verfügung stehen sollten. Hinzu kommt die Planungsunsicherheit, da durch jeden einzelnen Mitarbeiterzu- und -abgang die Entwicklung der verschiedenen Einheiten verändert beziehungsweise gestört wird.

Zwischenfazit: Auswirkungen bzw. Lösungsansätze bezüglich der Mitgliederstruktur von NPO im THW

„No organization can do better than the people it has.” (Drucker 1990, S. 145)

Einer der theoretischen Ansätze Druckers (vgl. Drucker 1990, S. 145) besagt, dass sich ein Personalmanager bei der Auswahl der Mitarbeiter nicht einzig auf das Gesamtkonzept des Einzelnen konzentrieren soll, sondern die vorhandenen Stärken und Fähigkeiten zu bewerten hat. Es sollen durch die vorgesehenen Ausbildungen nicht grundsätzlich die Schwächen verbessert, sondern die Stärken der einzelnen Mitglieder ausgebaut und gefördert werden. Das heißt, man sollte die Menschen bezüglich ihrer besonderen Fähigkeiten einsetzen, so wie es das THW nach der „Grundausbildung“ macht, wenn die Mitglieder ihren spezifischen Fachbereichen zugeordnet werden.

Die Rekrutierung der ehrenamtlichen Mitarbeiter im Technischen Hilfswerk kann nicht mit den Methoden in einer For-Profit-Organisation verglichen werden. Sobald die Aufnahme-voraussetzungen gemäß der Helferrichtlinie § 1 erfüllt sind, wird der Bewerber im Allgemeinen als Mitglied aufgenommen und muss sich in einer sechsmonatigen Probezeit bewähren. Die Auswahl der Mitglieder erfolgt demnach nicht aufgrund bestimmter Fähigkeiten, doch die Organisation hofft auf vorhandene Kenntnisse, die dann auch ausschlaggebend für den Einsatzbereich des Einzelnen sind. Damit die zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen erhalten bleiben, muss sich das THW in gewissem Maß an die Bedürfnisse ihrer Mitglieder anpassen. (vgl. Oesterling 2008, S. 22)

Dies geschieht zum Beispiel durch das Einsetzen gewählter ehrenamtlicher Vertreter, die als Sprecher des Ehrenamtes in alle wichtigen Entscheidungen und Entwicklungen des THW einbezogen werden und so die Interessen und Bedürfnisse der freiwillig Engagierten vertreten.

Eine hinzu gekommene Problematik mit Auswirkungen auf den Bereich des ehrenamtlichen Personalwesens des THW stellt die Verkürzung beziehungsweise die Aussetzung der Wehrpflicht ab dem 1. Juli diesen Jahres dar, da rund 80 Prozent der Mitglieder ihre Tätigkeit mit der Freistellung vom Wehrdienst begonnen haben. Fallen die Wehrdienstverweigerer weg, die ihren Ersatzdienst bei der Hilfsorganisation tätigen möchten, kommt es vermutlich zu Rekrutierungsschwierigkeiten, die nur durch ein überdurchschnittliches Unternehmensimage oder durch kostenintensive Attraktivitätsprogramme behoben werden können.

Unabhängig von den verschiedenen Rahmenbedingungen, die das Personalwesen beeinflussen, ist es von größter Bedeutung, dass beide Mitarbeitergruppen das gleiche Maß an Aufmerksamkeit erhalten – so dass nicht nur den ehrenamtlichen Mitarbeitern Interesse entgegengebracht wird. Zwar stehen die hauptamtlich Angestellten in einem „richtigen“ Dienstverhältnis und sind somit dem THW als Arbeitgeber gegenüber zu einer dementsprechenden Verhaltensweise und Leistung verpflichtet, jedoch sinkt trotz dessen die Leistungsbereitschaft auf das notwendige Minimum, wenn das Empfinden einer Unrechtbehandlung für längere Zeit andauert. Trotz der Tatsache, dass die hauptamtlichen Mitglieder im Regelfall nicht an den Einsätzen, das heißt an der praktischen Arbeit, beteiligt sind, funktioniert die Organisation nur bei guter Zusammenarbeit beider Gruppen.

Um der möglichen Unzufriedenheit entgegenzuwirken, setzt das THW die gleichen modernen Instrumente ein, wie jeder andere Dienstleister auch, damit nicht nur der ehrenamtliche Sektor Vorzüge genießt. Als Beispiele können flexible Arbeitszeiten, ein breites Fortbildungsangebot oder Leistungsprämien genannt werden (www.thw.de, zugegriffen am 12.01.2011). Jedoch richten sich diese Leistungen nur an die extrinsisch Motivierten, wobei wir im Vorfeld festgestellt haben, dass aufgrund der hohen und intensiven Arbeitsbelastung vermutlich jeder hauptamtliche Mitarbeiter ex- wie auch intrinsische Motive besitzt.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783863417116
ISBN (Paperback)
9783863412111
Dateigröße
661 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Erscheinungsdatum
2013 (Juli)
Note
1
Schlagworte
Technisches Hilfswerk THW Führungsverhalten Ehrenamtlichkeit ehrenamtlich soft skills

Autor

Maylin Fröhlich, Jahrgang 1985, studierte BWL an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg und schloss 2011 mit dem akademischen Grad Bachelor of Sience das Grundlagenstudium ab. Derzeit beendet die Autorin ihr Masterstudium mit dem Schwerpunkt 'Management of Innovation and Networks'.
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