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Der Markt der sozialen Netzwerke: Wie Facebook, Twitter und Co. um User und Marktanteile ringen

©2011 Bachelorarbeit 43 Seiten

Zusammenfassung

Gegenstand dieses Buches ist die ökonomische Analyse der Wechselwirkungen einzelner Akteure in sozialen Netzwerken. Der Untersuchung liegen mikroökonomische Modelle der Netzwerkökonomie und Spieltheorie zugrunde.
Das Buch ist schwerpunktmäßig in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil des Buches befasst sich zunächst nur mit Usern und Plattformen. Es wird auf die Bildung der Nachfrage nach ‚Social Media‘ eingegangen und zudem geklärt, warum sich User auf Plattformen (wie z.B. Facebook) anmelden und welche Voraussetzungen Plattformen erfüllen müssen, um Nutzer zu locken.
Weiterhin wird in dem Abschnitt auf die Auswahlproblematik potentieller User eingegangen. Es werden Kriterien dargelegt, die die Auswahl der Nutzer beeinflussen, und es wird gezeigt, wie sich Größenvorteile der Plattformen und die Erwartungsbildung der User auf die Konzentration der sozialen Netzwerke auswirken. In diesem Abschnitt wird weiterhin auf die Effizienz des Marktes eingegangen. Es wird untersucht, ob es zu einer Ineffizienz des Marktes kommen kann, indem User an ineffiziente Plattformen gebunden und Markteintritte von neuen und effizienteren Plattformen erschwert werden.
Im zweiten Teil des Buches wird die Betrachtung des Marktes erweitert. Es werden Unternehmen eingeführt, welche die Plattformen nutzen, um mit Usern zu interagieren. Der Markt der sozialen Medien wird also als ein "zweiseitiger Markt" betrachtet. Schwerpunkte dieses Abschnittes sind die verschiedenen Finanzierungsarten der sozialen Plattformen. Dieser Abschnitt verdeutlicht, wann sich Plattformen ausschließlich durch Werbung finanzieren werden und wann die Möglichkeit besteht Mitgliedsbeiträge zu erheben. Neben ausführlichen theoretischen Teilen bietet dieses Buch am Ende eines Abschnittes jeweils praktische Beispiele und Strategien, um sich im hart umkämpften Markt der sozialen Netzwerke zu etablieren.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2. Strategien zur Ausnutzung von direkten Netzwerkeffekten

2.1 Direkte Netzwerkeffekte am Beispiel einer „Monopolplattform“

„Social Media“ sind virtuelle Plattformen, die Usern eine wechselseitige Interaktion ermöglichen. Entschließt man sich zur Teilnahme, so besteht nach der Anmeldung die Möglichkeit, ein eigenes Profil zu erstellen und nach Kommunikationspartnern zu suchen. Es handelt sich also (ähnlich zur Telekommunikationsbrache) um ein Netzwerkgut, bei dem der Nutzen maßgeblich von der Größe des Netzwerkes bestimmt wird.

Gegenstand des nachfolgenden Abschnittes ist die Analyse der Nachfrage nach dem Gut „Social Media“ mit Hilfe des Modells von Rohlfs (1974); die Darstellung folgt Shy (2001).

Angenommen auf dem Markt befinden sich N potentielle Teilnehmer, deren Aversion (z) zur Nutzung einer Plattform durch das Intervall [0,1] gegeben ist. Die Aversion kann als Abneigung gegen ein gewisses Charakteristikum (z.B. Plattformpolitik, Funktionen, allgemeiner Bekanntheitsgrad) einer Plattform verstanden werden. Nutzer, deren Aversion nahe 0 liegt, haben eine hohe Präferenz bezüglich der Teilnahme an einer Plattform und sind dementsprechend bereit, mehr zu zahlen. Nutzer deren Aversion nahe 1 liegt, interessieren sich nicht sonderlich für Netzwerke und werden nur dann beitreten, wenn der Preis sehr niedrig ist. Folglich kann () als heterogener Kontaktnutzen bezeichnen werden.

Die Abbildung 2.1 veranschaulicht die mögliche Verteilung von Nutzern. Auf der Abszisse ist die Ausprägung der Aversion und auf der Ordinate die kumulierte Verteilung abgetragen. Diese Abbildung kann so interpretiert werden, dass z.B. die Hälfte aller potentiellen Nutzer eine Aversion bezüglich der Teilnahme an der Plattform von haben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.: 2.1 Verteilung der möglichen Teilnehmer einer Plattform in Abhängigkeit der Aversion. Quelle: Shy (2001)

Angenommen n sei die tatsächliche Mitgliederzahl einer Plattform () und p der Preis, den ein Teilnehmer für die Benutzung einer Plattform zahlen muss. Der Preis kann sowohl als eine monetäre Größe, aber auch als Kosten in dem Sinne verstanden werden, dass der User z.B. mit seiner Werbeaversion oder mit der Freigabe von persönlichen Daten bezahlt. In der Realität wird dies z.B. an den Plattformen „StudiVZ“ und „ElitePartner“ deutlich. Die Partnervermittlung erhebt für spezielle Mitgliedschaften reale Preise, wohingegen das Studentennetzwerk für die Teilnehmer zwar kostenlos angeboten wird, jedoch auch ein sehr hohes Maß an Werbung zeigt.

Der Nutzen eines Teilnehmers vom Typ kann also wie folgt definiert werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Nutzen hängt also von der erwarteten Anzahl der Teilnehmer (), der eigenen Aversion und dem von der Plattform gesetzten Preis ab. Sinken die Preise, ist ein größerer Anteil der potentiellen Nutzer bereit der Plattform beizutreten. Dies wiederum führt zu einer Steigerung des Nutzens. Ein potentieller User mit einem Kontaktnutzen von () wird nur dann der Plattform beitreten, wenn ihm die Teilnahme an der Plattform einen positiven Nutzen stiftet.

Als Nächstes soll die kumulierte Nachfrage der potentiellen Teilnehmer hergeleitet werden. Hierzu wird der Nutzer betrachtet, der bei einem Preis p indifferent zwischen Teilnahme und Nichtteilnahme an dem Netwerk ist (). Löst man diese Gleichung zunächst nach auf, so erhält man: .

Diese Gleichung besagt, dass alle potentiellen Nutzer, deren Aversion größer als ist, der Plattform nicht beitreten und diejenigen, deren Aversion unterhalb von ist, die Plattform nutzen werden. Die Userzahl ist also definiert als: . Steigt die erwartete Anzahl der Nutzer () dann steigt auch ().

Angenommen jeder mögliche Konsument hat eine perfekte Voraussicht und kann die erwartete Nutzerzahl genau bestimmen, dann ist und die Nachfrage ist gegeben durch:. (vgl. Shy 2001).

In Wirklichkeit ist eine perfekte Voraussicht nicht möglich und verschiedene Faktoren beeinflussen die erwartete Nutzerzahl einer Plattform.

Stellt man die Nachfrage in Abhängigkeit des Preises grafisch dar, so ergibt sich folgende Darstellung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.2 Nachfrage nach sozialen Netzwerken in Abhängigkeit von Preisen.

Es ist zu erkennen, dass die Nachfragefunktion konvex ist und bei bzw. bei p=N/4 ihr Maximum hat. Die gestrichelte Nachfragefunktion zeigt die Nachfrage bei einer Verdopplung von N. Eine Erhöhung der potentiellen Teilnehmerzahl hat folglich eine stärkere Wölbung der Nachfragefunktion zur Folge.

Setzt ein Plattformbetreiber einen festen Preis p0 (), so schneidet dieser die Nachfragekurve an den Stellen und . Analytisch lassen sich die Punkte durch auflösen der quadratischen Gleichung bestimmen:

und .

Bis zum Punkt ist die Nachfrage () gering und es werden nur diejenigen der Plattform beitreten, deren Aversion niedrig ist (also deren Präferenz bezüglich der Mitgliedschaft sehr hoch ist). beschreibt eine hohe Nachfrage bezüglich der Plattform, d.h. es werden sich also auch User mit einer höheren Aversion anmelden. Nur im Punkt handelt es sich um stabiles Gleichgewicht, denn wird überschritten, überwiegt der positiv wirkende Netzeffekt den negativen Preiseffekt, was zur Folge hat, dass die Zahlungsbereitschaft und die Mitgliederzahlen steigen (Bandwagon-Effekt). kann also als kritische Masse interpretiert werden. Es handelt sich dabei um die Anzahl an Teilnehmern, die mindestens erreicht werden muss, damit der positive Netzeffekt den negativen Preiseffekt überwiegt (vgl. Oren, Smith, 1981). Grafisch lässt sich dieser Zusammenhang mit Hilfe der Pfeile in Abb. 2.2 erklären. Bei gegebenem Preis () tendieren Nutzer in der Anfangsphase dazu, der Plattform nicht beizutreten bzw. die Plattform zu verlassen, weil sie nicht glauben, dass sie sich auf dem Markt etablieren wird. Wird die kritische Masse an Nutzern () jedoch erreicht, so profitiert jeder User von der Teilnahme und ist bestrebt an der Plattform teilzunehmen. Dieses Streben kann folglich als Bandwagon-Effekt bezeichnet werden. Mit der Anzahl der Nutzer wächst aber auch die Aversion, sodass nach Erreichen einer gewissen Größe () User dazu neigen, die Plattform zu verlassen. Folglich kann die Sättigungsmenge als die Stelle bezeichnet werden, an der die Bestrebung der Plattform beizutreten, gleich der Bestrebung die Plattform zu verlassen ist.

In der Realität, lässt sich ein solches Nachfrageverhalten anhand der Entwicklung der Plattform Twitter illustrieren (Abb. 2.3). Obwohl die Plattform seit 2006 existiert, war die Nachfrage in Deutschland bis Anfang 2009 eher gemäßigt. Nur ca. 100.000 deutsche Unique Visitors – die Anzahl der gezählten IP-Adressen auf einer Homepage – besuchten die Seite täglich. Seit 2009 hat jedoch ein Wachstum eingesetzt, welches erst im Februar 2010 bei einem Stand von ca. 600.000 stagnierte. Diese Entwicklung lässt sich auf der Grundlage der vorangegangenen Analyse dadurch erklären, dass Anfang 2009 die kritische Masse erreicht wurde und zu einem Bandwagon-Effekt führte, welcher der Plattform ein exponentielles Mitgliederwachstum bescherte. Seit Februar hat sich die Anzahl der Unique Visitors jedoch kaum verändert, sodass man davon ausgehen kann, dass nun ein Sättigungspunkt erreicht wurde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.3 Unique Visitor der Plattform Twitter pro Tag. Quelle: google AdPlanner (Oktober 2010).

Ähnliche Verläufe der Userzahl lassen sich auch an anderen Plattformen (z.B. Facebook, StudiVZ, wer-kennt-wenn?) erkennen. Die Intensität unterscheidet sich jedoch sehr deutlich.

Eine starke Nachfrage ist für eine Plattform entscheidend, denn User bilden die Grundlage der Finanzierung einer Plattform. Was kann eine Plattform also zur Gewinnung von Mitgliedern unternehmen? Preisstrategisch kann ein niedriger Preis (z.B. p1 in Abb. 2.1) gesetzt werden. Dadurch wird der negative Preiseffekt gesenkt und User mit einer geringen Präferenz profitieren von einer Teilnahme. Folglich steigt die Zahl der Mitglieder und die kritische Masse wird früher erreicht. Auch der Sättigungspunkt verschiebt sich, sodass die Teilnehmerzahl insgesamt steigt.

Kann eine Plattform den Preis nicht verändern, so kann sie versuchen, die Anzahl der potentiellen Teilnehmer zu erhöhen, indem sie z.B. die Benutzeroberfläche in mehreren Sprachen anbietet und so den Markt vergrößert. In Abb. 2.2 ist eine solche Ausweitung des Marktes durch die gestrichelte Nachfragefunktion dargestellt. User profitieren nun von einem stärkeren Netzwerkeffekt und sind bereit, mehr zu bezahlen. Im Falle einer Verdopplung der potentiellen Nutzer, profitieren Teilnehmer von der doppelten Netzwerkgröße und sind dementsprechend bereit, zweimal so viel zu zahlen. Hat eine Plattform weder die Möglichkeit, die Preise zu senken, noch ins Ausland zu expandieren, so kann sie versuchen, die Aversion bezüglich der Teilnahme zu senken, um einen Anreiz zur Teilnahme zu schaffen. Dies kann u.a. durch zusätzliche Programme oder Funktionen geschehen. Facebook bietet z.B. eine Vielzahl von Spielen und anderen Applikationen an, die größtenteils kostenfrei sind. Gelingt es, die Aversion zu reduzieren, sind mehr User bereit, p zu bezahlen, da sie aus der Teilnahme einen höheren Nutzen beziehen. Die kritische Masse wird folglich schneller und die Sättigungsmenge später erreicht. Die Mitgliederzahl der Plattform steigt.

2.2 Plattformadoption und Strategien im Wettbewerb um Nutzergruppen

Die bisherige Betrachtung befasste sich mit der Nachfrage nach dem Netzwerkgut „Social Media“. Es wurden anhand einer Monopolplattform Strategien aufgezeigt, die das Abschöpfen von potentiellen Nutzern begünstigen.

Im folgenden Abschnitt wird angenommen, dass sich auf einem Markt Plattformen befinden, die untereinander inkompatibel sind und um Mitglieder konkurrieren. Es wird davon ausgegangen, dass Nutzer immer nur eine Plattform verwenden können (User betreiben „singlehoming“). Der Schwerpunkt dieses Abschnittes liegt auf der Auswahlproblematik potentieller User unter der Existenz von Netzwerkeffekten. Diese beeinflussen die Attraktivität der Plattform zum gegenwärtigen Zeitpunkt in hohem Maße. Weiterhin entscheiden Netzwerkeffekte über die zukünftige Größe einer Plattform, denn ein möglicher Teilnehmer wird nur dann beitreten, wenn er erwartet, dass die Plattform auch in Zukunft von vielen Usern benutzt wird.

Als Grundlage für die Diskussion wird auf das Modell von Katz/Shapiro (1986) zurückgegriffen.

Erneut betrachten wir die Nachfrage nach einer Plattform in Abhängigkeit von deren Preis, der mit der Zeit variieren kann. Parallel zum Modell von Katz und Shapiro wird hier angenommen, dass es nur zwei Perioden t=1,2 gibt, dass Nt die Anzahl aller Nutzer in Periode t ist und dass ein Nutzer eine völlig unelastische Nachfrage von eins bezüglich der Teilnahme an einer Plattform in Periode t hat. Weiterhin ist die Anzahl der Plattformen auf Plattform A und Plattform B normiert. Jeder Nutzer, der im Zeitpunkt zu einer Plattform beitritt, muss die Preise und für die Nutzung der jeweiligen Plattform bezahlen. Es wird angenommen, dass die Preise bekannt und exogen gegeben sind. Der Preisvorteil der Plattform B in sei gegeben durch:

Anders als bei Katz/Shapiro (1986), setzen sich die Preise aus dem Beitrittspreis und individuellen Profilverwaltungskosten des Nutzers zusammen. Profilverwaltungskosten stellen einen Disnutzen für den User dar. Beispiele hierfür sind Zeitaufwand, Lernkosten oder persönliche Daten, die man preisgibt, wenn man sich dazu entscheidet an einer Plattform teilzunehmen.

Treten Nutzer den Plattformen bei, so sei xt die Anzahl der A-User und yt die Anzahl der B-User, wobei ist. Der Bruttonutzen sei abhängig von der Anzahl an Nutzern, die der gleichen Plattform beitreten, also und . Dieser steigt aufgrund direkter Netzwerkeffekten mit der Größe der Nutzergruppe, die die gleiche Plattform nutzen. Es wird weiterhin angenommen, dass alle User homogen sind und die Nutzenfunktion steigend und für alle gleich ist. Der Nettogewinn eines Teilnehmers ist folglich definiert durch: für A-User und für B-User.

Aufgrund der Gewinnmaximierung in der zweiten Periode, wird ein rationaler Nutzer in der ersten Periode das Verhalten der User in Periode zwei per Rückwärtsinduktion antizipieren, bevor er eine Entscheidung über die Teilnahme an einer Plattform trifft. Es muss also zuerst die optimale Entscheidung der Nutzer in der zweiten Periode bestimmt werden. Gesucht wird folglich ein Nash-Gleichgewicht in t=2 wobei jeder Teilnehmer seine Teilnahmeentscheidung trifft und die Teilnahmeentscheidung aller übrigen Nutzer als gegeben betrachtet.

Damit ein Netzwerk in der zweiten Periode gewählt wird, darf kein Teilnehmer zur konkurrierenden Plattform wechseln wollen. Im Falle der Plattform A muss also gelten, dass bzw. . Für Plattform B muss analog erfüllt sein, dass: . Weil die Nutzenfunktion eine steigende Funktion darstellt, können beide Bedingungen nicht gleichzeitig erfüllt werden, sodass eine der beiden Plattformen in der zweiten Periode dominieren wird (x2=0 oder x2=N2).

Angenommen, alle User haben in der ersten Periode Plattform A gewählt, dann existieren zwei Nash-Gleichgewichte:

1) Alle User in der Periode t=2 folgen dem Beispiel und wählen Plattform A.
2) Alle User folgen nicht und wählen Plattform B.

User in Periode 2 wählen also die Plattform, die sie besser stellt. Sei der gemeinsame Nutzen und der Einzelnutzen einer Gruppe. Wenn die User in Plattform A wählen, dann folgen die Nutzer in nur wenn:

Wählt die erste Nutzergruppe die Plattform B so wird die Nutzergruppe, analog zu dem Beispiel von eben, nur dann folgen, wenn:

Nutzer in Periode 2 werden also immer folgen, wenn der gemeinsame Nutzen den Preisvorteil der jeweils konkurrierenden Plattform in t=2 übersteigt ().

Ist dies den Usern in Periode 1 bewusst und erwarten sie, dass keine der beiden Plattformen einen Preisvorteil in Periode 2 haben wird, dann vergleichen sie mit und wählen die günstigere der beiden Plattformen. Angenommen die Plattform A ist in der Periode 1 günstiger (), dann wird sich diese auch in der zweiten Periode durchsetzen.

In zwei Fällen ist die Entscheidung der Teilnehmer in der 2. Periode unabhängig von der Entscheidung der Nutzer in Periode 1.

1) Ist erfüllt, aber nicht, so werden User in t=2 immer A wählen. Der Grund für den Alleingang ist, dass der Preisnachteil von B in relativ stark ist, sodass der Netzwerkeffekt diesen nicht kompensieren kann (oder ). Nutzer in der ersten Periode entscheiden nun unabhängig von Usern in t=2. Hat Plattform B auch in t=1 einen Preisnachteil (), so ist die Entscheidung eindeutig: User in t=1 wählen ebenfalls Plattform A und beide profitieren von einer größeren Nutzerzahl. Plattform B scheidet also aus dem Markt aus. Hat Plattform B in der ersten Periode einen signifikanten Preisvorteil (), so kann es dazu führen, dass User in t=1 sich ebenfalls zum Alleingang entschließen und Plattform B wählen.

2) Umgekehrt kann man sagen, wenn erfüllt ist, aber nicht, dies ist der Fall, wenn der Preisvorteil der Plattform B in Periode zwei signifikant ist (), werden User in immer B wählen und sich gegebenenfalls den Netzwerkeffekt entgehen lassen. Folglich stehen Nutzer der ersten Periode wieder vor der Entscheidung, entweder die gleiche Plattform wie Nutzer in zu wählen, oder alleine Plattform A zu nutzen. Wie auch in dem Beispiel zuvor ist diese Entscheidung leicht, wenn Plattform B auch in der ersten Periode einen Preisvorteil hat. Logischerweise wählen dann beide B und profitieren von den gemeinsamen Netzwerkeffekten. Ist die Wahl der Plattform B jedoch mit einem signifikanten Preisnachteil verbunden (), so werden sich Nutzer in für einen Alleingang entscheiden und Plattform A wählen.

Katz/Shapiro (1986) zeigen in ihrer Arbeit eine gute grafische Übersicht über das Entscheidungsverhalten von Konsumenten in Abhängigkeit von Preisen und Netzwerkeffekten (siehe Abb. 2.4). Zwar beziehen sie sich in ihrer Analyse auf reale Güter (Videorekorder), aber durch die oben getroffenen Annahmen lässt sich das Modell auch auf das Wahlverhalten von Internetplattformen übertragen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.4 Plattformwahl der User in abhängigkeit von Preisen. Quelle: Katz/Shapiro (1986)

Die Grafik zeigt die oben beschriebenen Zusammenhänge. Aufgrund der Symmetrieannahme ist folglich auch die Darstellung symmetrisch. Auf der Abszisse ist der Preisvorteil einer Plattform in abgetragen, auf der Ordinate ist der Preisvorteil einer Plattform in t=2 abgetragen. Folglich beschreibt der obere rechte Quadrant den Kostenvorteil von B in beiden Perioden. Somit ist es schlüssig, dass diese in beiden gewählt wird. Der linke untere Quadrant beschreibt einen Preisvorteil der Plattform A in beiden Perioden. Demnach wird hier immer Plattform A gewählt. Interessanter sind die Quadranten oben links und unten rechts. Die Betrachtung des oberen linken Quadranten – welcher einen Preisnachteil der Plattform B in Periode eins und einen Preisvorteil in Periode 2 darstellt - zeigt, dass diese durch zwei Linien - zum einen durch , zum anderen durch - in drei kleinere Flächen unterteilt wird. Die Fläche oberhalb zeigt den Kostenvorteil der Plattform B in , bei dem Nutzer der Periode 2 - unabhängig von der Entscheidung der Gruppe in Periode eins - immer B wählen werden. Umgekehrt zeigt die Fläche unterhalb von den Bereich, bei dem der Preisvorteil nicht ausreicht, um unabhängig von User in zu entscheiden, sodass sich Gruppe 2 der Gruppe 1 anschließen wird. Fläche AA beschreibt demzufolge den Bereich bei dem User in wissen, dass User in folgen werden und deswegen die Plattform wählen, die ihnen einen Preisvorteil verschafft (in diesem Fall Plattform A). Die Fläche BB beschreibt also den Bereich, bei dem User in unabhängig von Usern in entscheiden und bei dem der Preisvorteil von Plattform A, nicht ausreicht um User in zum Beitritt zu bewegen, sodass die Gruppe in Periode eins aufgrund des Netzwerkvorteils ebenfalls B wählen wird. AB ist dann schließlich die Fläche, bei der User in unabhängig von Usern in entscheiden, aber der Preisvorteil der Plattform A bzw. der Preisnachteil der Plattform B so hoch ist, dass es nun für die Nutzer der ersten Periode von Vorteil ist, sich auf verschiedene Plattformen aufzuteilen.

Aufgrund der Symmetrieannahme kann der untere rechte Quadrant auf gleiche Weise interpretiert werden.

Nachdem das Nachfrageverhalten hergeleitet wurde, kann nun auf die Preisstrategien von Unternehmen eingegangen werden. Wie oben beschrieben wird eine Plattform sich immer dann durchsetzen, wenn sie in beiden Perioden einen Preisvorteil hat. Weiterhin wird sich eine Plattform immer durchsetzen, wenn sie in der ersten Periode einen Preisvorteil hat und der Netzwerkeffekt in Periode 2 stärker ist als der Kostenvorteil der konkurrierenden Plattform. Weiß eine Plattform, dass der Kostenvorteil des Konkurrenten in t=2 gering ist, kann sie dementsprechend die Preise in t=1 niedriger setzen und Nutzer für sich gewinnen. Es besteht also in diesem Fall ein „first-mover advantage“. Hat eine Plattform den „first-mover advantage“ ausgespielt, so steht die konkurrierende Plattform nun im Zugzwang. Sie muss jetzt einen deutlich kleineren Preis setzen oder die Profilverwaltungskosten in t=2 stark senken, um von Usern gewählt zu werden. Gelingt ihr dies nicht, scheidet sie aus dem Markt aus. Hat eine Plattform (hier Plattform B) in der ersten Periode einen preislichen Nachteil, der kleiner als ist, und kann sie glaubhaft zeigen, dass sie in Periode 2 deutlich günstiger () ist als ihr Konkurrent, so hat die Plattform einen „second-mover advantage“ und kann den Konkurrenten aus dem Markt verdrängen. Denn Nutzer in t=1 werden, wie oben gezeigt, diesen Preisvorteil antizipieren und die Plattform wählen die in t=2 günstiger ist. Um am Markt zu bleiben, muss die konkurrierende Plattform (hier Plattform A) die Preise in t=1 senken und den Preisvorteil weiter ausbauen. Gelingt es ihr, einen Preis zu setzen, der den Netzwerkeffekt kompensiert, also , so entscheiden sich User in t=1 gegen Plattform B und wählen A.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783863417383
ISBN (Paperback)
9783863412388
Dateigröße
305 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Bandwagon-Effekt Social Media Wettbewerbsstrategie zweiseitige Märkte Plattform Virales Marketing Web 2.0
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