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Managementgehälter in börsennotierten Unternehmen: Ein kritische Analyse

©2010 Bachelorarbeit 50 Seiten

Zusammenfassung

Spätestens seit der Finanzkrise stehen die Gehaltsbezüge der Topmanager von börsennotierten Unternehmen unter starker Kritik. Trotz der schlechten Geschäftsergebnisse werden die obersten Manager überdurchschnittlich honoriert. Das Vergütungssystem dieser Manager besteht hauptsächlich aus variablen Vergütungsbestandteilen wie z.B. Jahresbonus und Aktienoptionen. Diese sind vorwiegend auf kurzfristige Erfolgsziele des Unternehmens ausgerichtet. Die Erfolgsmessgrößen bei diesen Vergütungsbestandteilen basieren zum größten Teil auf buchhalterischen Kennzahlen. Durch das bewusste Eingehen hoher Risiken kann der Manager den kurzfristigen Erfolg wie z.B. den Umsatz des Unternehmens steigern. Durch die positive Bilanzdarstellung kann dieser sich eine hohe Bonusabfindung sichern, was letztendlich dazu führt, dass die heutigen Vorstandsgehälter in den DAX 30-Unternehmen auf das 6,19fache angestiegen sind. Während die Vorstandsgehälter auch im Zuge der Finanzkrise immer weiter steigen, bleibt das Gehaltsniveau der einfachen Angestellten konstant. In der folgenden Ausarbeitung soll dargestellt werden, dass variable Vergütungssysteme in Form von Boni und Aktienoptionen die Lohnschere zwischen den Topmanagern und den Mitarbeitern immer weiter spreizen. Durch kurzfristige, am Unternehmenserfolg ausgerichtete Vergütungsinstrumente wird das außerordentliche Wachstum der Vorstandsbezüge in den großen börsennotierten Unternehmen verstärkt. Letztendlich findet diese exzessive Entwicklung der Gehaltsbezüge ihren Höhepunkt in der Finanzkrise.
Des Weiteren wird im Rahmen dieser vorliegenden Arbeit gezeigt, dass eine anreizeffizientere Ausgestaltung der variablen Vergütungssysteme dieses Problem behebt. Durch den Einsatz von Performance- und Risikokenngrößen in den Vergütungssystemen lassen sich steigende Rekordhöhen bei den Gehältern und den Bonuszahlungen der Topmanager vermeiden. In diesem Zusammenhang wird der Manager durch eine optimale Ausgestaltung der Vergütungsinstrumente dazu veranlasst, sich am langfristigen Unternehmenserfolg zu orientieren. Dadurch erfolgt eine langfristige Steigerung des Shareholder Value und dieses entspricht der Zielsetzung der Aktionäre.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2 Prinzipal-Agent-Theorie

„The directors of such [joint stock] companies, however, being the managers rather of other people’s money than of their own, it cannot well be expected, that they should watch over it with the same anxious vigilance with which the partners in a private copartnery frequently watch over their own“ ( JENSEN/MECKLING 1976: 305).

Um Managementvergütungen vor dem Hintergrund der derzeitigen öffentlichen Debat­te beurteilen zu können, ist es notwendig Ansätze zur Erklärung der Vergütung heran­zuziehen. In der Literatur werden hauptsächlich zwei konkurrierende Betrachtungs-ansätze diskutiert. Dabei werden die Prinzipal-Agent-Theorie (Optimal Contracting Approaches) und der Managerialismus (Managerial Power Approaches) gegenüberge­stellt. Bei der Prinzipal-Agent-Theorie geht man davon aus, dass effiziente Verträge vorliegen. Die Vergütung stellt für die Führungskraft ein Anreizinstrument zur Maxi­mierung des Unternehmenswertes dar (Vgl. CORE/GUAY/LARCKER 2003: 27ff.). Der Managerial Power Approach Ansatz (MPO) geht davon aus, dass der Manager seine Vergütung selbst beeinflussen kann und somit keine effizienten Verträge vorliegen. Die Führungskraft kann somit aufgrund von bedingten Machtfaktoren seine Vergütung durchsetzen (Vgl. BEBCHUK/FRIED 2003: 71f.). Trotz der hohen Relevanz des MPO-Ansatzes und den unterschiedlichen Zusammen­hängen der beiden Hypo-thesen, wird dieser Erklärungs­ansatz nicht in die Diskussion mit einbezogen.

Die Prinzipal-Agent-Theorie befasst sich mit der Analyse und der optimalen Vertrags-gestaltung zwischen einem Prinzipal (Eigentümer) und dem Agenten (Manager), wobei der Prinzipal Entscheidungen an den Agenten delegiert.[1] Der Agent und der Prinzipal sind bestrebt ihren Nettonutzen aus ihrer vertraglichen Verpflichtung zu maximieren, denn die Theorie geht von einem Konzept des rationalen und opportunistischen Individualverhaltens aus (Vgl. BECKER/KRAMARSCH 2006: 17).[2] Die Aktionäre (Prinzipal) sind mit ihrer Kapitalbeteiligung die Inhaber der Residualansprüche und tragen das finanzielle Risiko. Sie sind nicht an der Unternehmensführung beteiligt und verfügen demnach über Diversifikationsmöglichkeiten ihrer Investitionen, um das unsystematische Risiko[3] zu eliminieren (Vgl. KRAMARSCH 2004: 15). Durch die Streuung der Kapitalbeteiligung eröffnet sich für die Aktionäre eine risikoeffiziente Portefeuillebildung (Vgl. FERSTL 2000: 20). Dem Manager obliegt die komplette Unternehmensführung und er hat keine Diversifikationsmöglichkeit, da er i.d.R. sein Einkommen aus der Tätigkeit im Unternehmen bezieht und somit mit seiner eigenen Arbeitskraft ausschließlich an die Gesellschaft gebunden ist (Vgl. FERSTL 2000: 24). Der Vorteil der Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt ist, dass die Aktionäre nicht die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Unternehmensleitung aufbringen müssen. Der Manager ist für die Position besser qualifiziert, da er einen Informationsvorsprung besitzt. Umgekehrt besteht für den Manager der Vorteil darin, dass er das finanzielle Risiko nicht übernehmen muss (Vgl. FAMA 1980: 289ff., FAMA/JENSEN 1983: 301ff.) Neben diesen zahlreichen Vorteilen durch die Spezialisierung bestehen zwischen den Aktionären und dem Manager erhebliche Nachteile. Durch die Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt, entstehen zwischen den beiden Vertragsparteien Interessenskonflikte. Der Manager könnte opportunistisch handeln und versuchen seinen Nutzen zu maximieren, während die Aktionäre nach der Unternehmenswertmaximierung streben. Um das Ansehen des Managements zu steigern, könnte der Manager nicht monetäre Anreize besitzen, etwa zum „Empire Building“. Besitzt das Unternehmen über einen hohen Finanzmittel-überschuss (Free Cash Flow[4] ) ist die Gefahr groß, dass das Management das Kapital akkumuliert und für wertvernichtende Projekte verwendet (Vgl. JENSEN 1986: 323).[5] Wie zuvor erläutert steht im Zentrum der Betrachtung der Prinzipal-Agent-Theorie das opportunistische Verhalten des Managers. Dieser kann durch eine asymmetrische Informationsverteilung die Informationsvorsprünge zu Lasten des Prinzipals ausnutzen. Es werden grundlegend vier Arten von Zielkonflikten unterschieden. Hidden action, Hidden information, Hidden characteristics und Hidden intention (Vgl. BECKER/ KRAMARSCH 2006: 18). Hidden action beschreibt nicht beobachtbare Aktivitäten des Managers. Er besitzt somit Handlungsalternativen, die die Aktionäre nur schwer beobachten können. Da bestimmte Ergebnisse auch durch Umwelteinflüsse zustande kommen können (Windfall Profit[6] ), besteht für den Manger die Möglichkeit den diskretionären Spielraum für sich zu nutzen. Der Manager könnte sich vor der Arbeit drücken (shirking) oder Konsum am Arbeitsplatz tätigen. Er könnte sich einen luxuriösen Dienstwagen anschaffen und diese Kosten würden auf die Aktionäre zurück fallen, so dass der Unternehmenswert abnehmen würde. Bei Hidden Information kann der Prinzipal die Handlungen des Agenten aufgrund mangelnder Fachkenntnisse nicht beurteilen. Dieses kann zum Nachteil des Prinzipals ausgenutzt werden. Bei beiden Formen kennt der Prinzipal das Ergebnis, weiß aber nicht welcher Anteil daran dem Agenten zuzuschreiben ist. Aufgrund dessen resultiert die Gefahr, die bei beiden als „Moral Hazard“ bezeichnet wird. Es besteht somit das Risiko, dass sich der Agent unmoralisch verhält. Der Zielkonflikt Hidden characteristics beschreibt die Eigen-schaften eines Agenten, die dem Prinzipal vor Vertragsabschluss (ex ante) verborgen bleiben. Es liegt eine Qualitätsunsicherheit vor. Es besteht somit das Risiko in der Adverse selection d.h. die Gefahr in der Auswahl eines unerwünschten Vertrags-partners. Bei Hidden intention weiß der Principal ex ante nicht welche Motive der Agent im Laufe seiner Vertragsbeziehung verfolgt. Somit besteht die Gefahr darin, dass er in ein Abhängigkeitsverhältnis gerät, wenn er den Agenten ex post nicht zu einem interessenkonformen Verhalten bewegen kann. Hieraus resultiert die Gefahr des „Hold up“. Das Management kann sich durch „Manager Specific Investments“ im Unter-nehmen festsetzen (Vgl. SHLEIFER/VISHNY 1989: 123). Der Manager führt gezielt spezifische Investitionen durch, was den Austausch des Managers mit hohen Kosten verbindet (Vgl. SHLEIFER/VISHNY 1989: 124). Es entsteht somit eine Abhängigkeits-situation. Vergleicht man die hier vorliegende asymmetrische Informationsverteilung mit einer optimalen symmetrischen Informationsverteilung d.h. dem Prinzipal und dem Agenten stehen die gleichen Informationen zur Verfügung, so besteht eine gewisse Differenz (Vgl. DAHLHAUS 2009: 81). Diese Differenz (Verlust) wird in der Prinzipal -Agent-Theorie als Agenturkosten (Agency Costs) beschrieben. Die Agenturkosten bestehen aus drei Kostengrößen. Diese setzen sich aus den Überwachungs- und Kontrollkosten des Prinzipals gegenüber dem Agenten zusammen. Desweiteren ent-stehen auch Garantiekosten, denn der Agent muss durch Selbstkontrolle und Garantieversprechen versuchen den Erwartungen des Prinzipal gerecht zu werden. Die letzte Kostengröße sind die Residualkosten, die aus dem Wohlfahrtsverlust resultieren, da der Agent die Erwartungen des Prinzipals nicht erfüllen kann (Vgl. JENSEN 1976: 308).

Um die Agenturkosten zu reduzieren und den Interessenskonflikt zwischen den beiden Vertragsparteien zu lindern, bedarf es verschiedener Maßnahmen. Der Agent kann dem Prinzipal seine Zuverlässigkeit und sein nicht eigennütziges Verhalten durch „Reputa-tion“ auf dem Arbeitsmarkt signalisieren (Signalling). „Reputation“ ist eine Prädiktion für seine zukünftige Leistung im Unternehmen. Desweiteren kann der Prinzipal den zukünftigen Agenten vor Vertragsabschluss analysieren und somit seine Risikoneigung feststellen (Screening). Eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Interessen des Managers mit denen der Aktionäre nach Vertragsabschluss in Einklang zu bringen, sind die Anreizmechanismen. Um den Interessenskonflikt zwischen den beiden Parteien aufzulösen, bedarf es anreizkompatibler Entlohnungsverträge (Vgl. KRAMARSCH 2004: 14). Wie zuvor erläutert, ist die Beurteilung der Managerleistung durch die gegebene Informationsasymmetrie nicht möglich, so dass eine Entlohnung schwierig sein wird. Daher sind erfolgsorientierter Anreizsysteme von großer Bedeutung. Diese ermöglichen bei richtiger Ausgestaltung einen vielversprechenden Weg aus dem Prinzipal-Agent-Dilemma (Vgl. KRAMARSCH 2004: 14). Erfolgsorientierte Manage-mentvergütung muss sich an den langfristigen Zielsetzungen der Aktionäre orientieren. Dementsprechend muss die Incentivierung am erreichten Unternehmenserfolg anknüpfen und die langfristigen Zielsetzungen der Aktionäre berücksichtigen. Wie das Vergütungsmodell eines Managers aufgebaut ist, soll im Folgenden beschrieben werden.

3 Vergütungsmodell

„Without incentives, employees will slack off, providing the minimal effort necessary to retain their jobs “(BALSAM 2002: 4).

Die außertarifliche Vergütung der Führungskräfte setzt sich aus drei Hauptkomponenten (Grundvergütung, variable Bezüge, Nebenleistungen) zusammen. Diese werden in den folgenden Unterkapiteln erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an KRAMARSCH 2004: 9

3.1 Grundvergütung

Das Fixgehalt stellt das leistungsunabhängige Gehalt der Manager dar. Es wird eine anforderungsbezogene und qualitätsorientierte Grundvergütung (inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld) gezahlt (Vgl. BECKER/KRAMARSCH 2006: 24). Die Höhe wird individuell vereinbart und hängt u.a. von der Risikoeinstellung der Manager ab. Je höher die Risikoaversion des Managers ist, desto höher bevorzugt er eine sichere Zahlung gegenüber unsicheren Komponenten (Vgl. LAZAR 2007: 37). Das Fixgehalt wird alle 12 Monate ausbezahlt und häufig über Wettbewerbsvergleiche auf Basis von industrieübergreifenden Gehaltsumfragen und Statistiken ermittelt (Vgl. MURPHY 1999: 2497).

3.2 Variable Bezüge

Die Grundvergütung wird um den variablen Vergütungsanteil ergänzt (siehe Abbildung 1). Die variable Vergütung richtet sich an der erbrachten Leistung bzw. vereinbarten Zielen und hängt von dem Grad der Zielerreichung ab. Die variablen Bezüge sind das klassische Beispiel zur Lösung des zuvor beschriebenen Prinzipal-Agent-Dilemmas und zur Steigerung des Shareholder Value[7]. Der variable Vergütungsanteil besteht aus kurzfristig variablen Bezügen (STI), die auf der Beurteilung individueller Leistung basieren und auf langfristigen Bezügen (LTI), die sich am nachhaltigen Unternehmens-erfolg orientieren. Die kurzfristige variable Vergütung hängt insbesondere vom Er-reichen der vereinbarten Ziele ab. Es handelt sich um auf Jahresbasis gezahlte Vergütungsbestandteile, die in Form von Tantieme und Boni ausgezahlt werden. Diese sind kein Bestandteil des Grundgehaltes und variieren dem entsprechend von Periode zur Periode. LTI zielt auf den nachhaltigen Unternehmenserfolg ab und dient zur Steigerung des Shareholder Value. Langfristige Vergütungsbestandteile (LTIs) sind ein wichtiger Aspekt, um den Interessenskonflikt zwischen dem Prinzipal und dem Agenten zu harmonisieren und langfristig das Vermögen der Aktionäre zu maximieren (Vgl. BECKER/KRAMARSCH 2006: 25).

3.3 Zusatz- und Nebenleistungen

Neben der Grundvergütung und den variablen Vergütungsbestandteilen, werden den Managern in der Regel verschiedene Zusatz- und Nebenleistungen gewährt. Diese beinhalten meistens die Altersversorgung, Dienstwagen, Personalentwicklungsangebote und individuelle Urlaubsregelungen (Vgl. KRAMARSCH 2004: 11). Zusammen im Packet werden alle Leistungskomponenten oft auch als „Total Compensation“ ver-standen. Den wichtigsten Teil in diesem Vergütungspaket macht die variable Vergütung aus. Auf diese wird nun im Folgenden eingegangen.

4 Variable Vergütung

“ Ein internationaler Spitzenbanker hat die Verantwortung für Tausende von Menschen und Milliarden von Euro. Wenn er der absolute Top-Mann ist, dann müssen wir das auch nach den internationalen Maßstäben vergüten, sonst wird er sehr schnell von der Konkurrenz abgeworben“(Ackermann 2006).

Deutsche Unternehmen sind von den amerikanischen Gehaltspaketen immer noch weit entfernt. Vergütungen in Höhe von 83,1 Millionen US$[8] sind zwar in den USA auch eine Seltenheit, in Deutschland jedoch nicht vorstellbar. Gleichwohl steigt jedoch der Druck das Gehaltspacket den international agierenden Unternehmen anzupassen, um die Abwanderung des Topmanagements zur Konkurrenz zu verhindern und somit auf dem Markt für Führungskräfte wettbewerbsfähig zu bleiben. Um die Attraktivität für die besten Talente aufgrund des internationalen Wettstreits um die Führungskräfte zu erhöhen, eignen sich vorwiegend variable Vergütungssysteme. In der Vergangenheit war die Höhe des variablen Anteils gerade in Deutschland im Verhältnis zu dem internationalen Vergleich eher gering und orientierte sich an kurzfristigen Zielen und Bezugsgrößen, wie z.B. Umsatz und Gewinn (Vgl. BECKER/KRAMARSCH 2006: 26). In einer Studie der Hay Group über Top Executive Pay in Europa (2003) wurde festgestellt, dass deutsche Unternehmen im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, 2/3 ihrer variablen Bezüge auf Jahresbasis und somit auf kurzfristiger Erfolgs-basis vergüten. Demnach wurde die Vergütung kurzfristiger Erfolge stärker gewichtet als die Realisierung der langfristigen Ziele. Derzeit wird in der Praxis jedoch ein höheres variables Vergütungssystem gefordert. Dieses setzt sich aus STI und LTI zusammen. Im Folgenden werden die 2 Vergütungsbestandteile des STI (Bonusmodell und Tantieme) näher erläutert und kritisch hinterfragt.

4.1 Short- Term Incentives

4.1.1 Bonus-Modell

Kurzfristige variable Vergütungsbestandteile werden meistens auf Jahresbasis ausgezahlt. Die Vergütungshöhe hängt vom Zielerreichungsgrad ab, der zuvor indivi-duell mit der Führungskraft vereinbart wird. Dem Manager wird neben dem Fixgehalt eine Bonuszahlung gewährt. Beim Bonusmodell wird eine Zielperformance festgelegt, bei dessen Erreichen eine Bonuszahlung in Höhe von 100% erfolgt (Abbildung 2) (Vgl. KRAMARSC 2004: 37). Bei dieser Bonusausschüttung spielt der Bonusverlauf eine entscheidende Rolle. Durch den Bonusverlauf werden die Zielerreichung und die Bonusauszahlung zueinander in Beziehung gesetzt (Vgl. BECKER/KRAMARSCH 2006: 39). Anhand des Bonusverlaufs kann man feststellen, ab welchem Ziel-erreichungsgrad welche variable Vergütung ausgeschüttet wird. Zusätzlich definiert der Bonusverlauf, wann der Bonus gezahlt wird und ab welcher Performance eine maximale Zielerreichung und damit eine maximale Bonusausschüttung erreicht wird (Vgl. EBENDA).

Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Performance und Bonusverlauf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an BECKER/KRAMARSCH 2006: 39

Grundsätzlich erfolgt bei einer hundertprozentigen Zielerreichung die komplette Bonusausschüttung. Laut der Towers Perrin Studie liegt die Mindestperformance- Erwartung der einzelnen Unternehmen im Median bei 50% des Zielwertes (Vgl. Abbildung).[9] Wird die Mindestperformance nicht erfüllt oder unterschritten, beträgt die Bonusauszahlung im Median 0%. Bei einer hohen Performance und damit der Er-reichung von 150% des Zielwertes, werden im Median auch 150% des Bonus aus-gezahlt. Die einzelnen Spreizungen bei den Bonusauszahlungen sind teilweise noch deutlich höher und steigen auch auf maximale Auszahlungshöhen von 300% des Zielbonus (Vgl. BECKER/KRAMARSCH 2006: 40). Diese hohe Bonusspreizung von 0 bis 150% verdeutlicht, dass die variable kurzfristige Vergütung eine Vergütungs-differenzierung vorsieht und somit eine außerordentlich hervorragende Performance auch dementsprechend honoriert wird. Vielleicht lässt sich jetzt erklären, weshalb Ralf Sjuts (Chef der deutschen BKK) im Jahr 2008 eine kurzfristige Bonuszahlung in Höhe von 142.000 EUR erhielt.[10]

4.1.2 Tantieme

Ein weiterer kurzfristiger Vergütungsbestandteil ist die Beteiligung des Managers am Unternehmenserfolg. Die Erfolgsbeteiligung bzw. Tantieme knüpft nicht an der in-dividuellen Leistung des Managers an, sondern am Gesamterfolg des Unternehmens (Vgl. FISSENEWERT 2009: 117). Die Erfolgsbeteiligung ist somit an bestimmte Kennzahlen des Unternehmens gebunden. Tantiemen sind in deutschen Aktiengesell-schaften ein üblicher Bestandteil bei der Managementvergütung. In einem Unternehmen mit über 50.000 Beschäftigten erhalten in der Periode 2004/2005 die Vorstands-vorsitzenden 65 Prozent ihrer Vergütung in Form von Tantiemen (Vgl. KIENBAUM 2004/2005: 30). Die Vergütung über die Erfolgsbeteiligung knüpft an der wirt-schaftlichen Entwicklung des jeweiligen Unternehmens an. Die Bewertung erfolgt auf einem Plan-Ist-Vergleich. Der Grad der Erreichung des Planergebnisses bestimmt somit die Höhe über die Auszahlung der Tantieme. Zweck der Tantieme ist es den Manager zu motivieren sich an langfristigen Zielen des Unternehmens zu orientieren und somit den Unternehmenswert zu steigern. In der Praxis werden dazu variable Tantieme- Formen eingesetzt wie z.B. in Form von Gewinnbeteiligung, Erfolgsbeteiligung und Umsatzbeteiligung.[11]

4.2 Kritische Anmerkung

Auf den ersten Blick erscheint die Vergütung in Form von Boni und Tantieme recht einfach und praktikabel zu sein. Doch betrachtet man dieses Vergütungssystem genauer, so ergeben sich viele Schwierigkeiten. Die Erfolgsmessgrößen bei der kurzfristigen variablen Vergütung fallen immer noch recht konventionell aus. Zum Beispiel wird der für den Zielbonus ausschlaggebende Zielerreichungsgrad immer noch am Cash Flow und am Gewinn vor Steuern gemessen. Dieses kann gravierende Probleme hervorrufen. Die Basis dieser Indikatoren sind meistens vergangenheitsbezogene buchhalterische Größen. Der Manager erhält somit den Anreiz vorteilhafte Investitionen zu unterlassen, damit der Gewinn in der jeweiligen Periode nicht niedrig ausfällt, um somit seine tatsächliche Bonuszahlung zu erreichen. Investitionen in Forschung und Entwicklung, die sich in zukünftigen Perioden als positiv erweisen, werden nicht durchgeführt. Es kann empirisch nachgewiesen werden, dass Manager die Forschungs- und Ent-wicklungsaufwendungen bewusst verringern, um ihre kurzfristige variable Vergütung zu erhöhen (Vgl. DECHOW/SLOAN 1991: 51ff.). Ein weit größeres Problem ist, dass die Manager einen Anreiz zur Bilanzmanipulation haben. Sie haben erhebliche Ermessenspielräume und können somit den Jahresabschluss manipulieren. Eine durch den Manager bewusst positive Darstellung der Unternehmenslage, kann ihm dazu dienen seine Fehlinvestitionen bzw. Fehlentscheidungen zu verschleiern, um durch die positive Bilanzdarstellung seine volle Bonuszahlung in der Periode zu erhalten. Eine weitere Bereicherungsabsicht könnte in der negativen (schlechten) Darstellung der Unternehmenslage liegen. Bei einem sowieso schlechten Jahresergebnis kann der Manager die zukünftigen Aufwendungen in dieser Periode vorziehen. Im darauf folgenden Jahr, kann er durch das im Verhältnis zum vorherigen Geschäftsjahr schlechte Ergebnis, eine positive Bilanzdarstellung verzeichnen. Dadurch kann er sich Bonusauszahlungen und Tantieme sichern. Das Vorverlagern dieser Aufwendungen in ein schlechtes Geschäftsjahr, wird anhand zahlreicher Studien in den USA empirisch nachgewiesen (Vgl. HOLTHAUSEN 1981: 106).

Towers Perrin hat seit 2005 zwanzig der führenden Banken Europas auf die Kennzahlen zur Bemessung von kurzfristigen variablen Vergütungskomponenten (STI) untersucht.[12] Dabei hat sich gezeigt, dass die Banken zur Bemessung von kurzfristigen variablen Vergütungskomponenten hauptsächlich Gewinn vor Steuern, Gewinn je Aktie und die Eigenkapitalrendite heranziehen. Die Untersuchung hat ergeben, dass in ungenügendem Maße Risiko-Kenngrößen in dem Vergütungspaket berücksichtigt werden. Nur jede vierte, der im Rahmen der Towers Perrin Analyse untersuchten Banken, gibt an risiko-orientierte Key Performance Indikatoren (wie z.B. RAROC[13], VaR[14], EP[15] ) für die Bemessung der variablen Vergütung verwendet zu haben (Vgl. TOWERS PERRIN 2008: 4). Eine nachvollziehbare Erklärung für den mangelnden Einsatz dieser Kenn-zahlen bei der Towers Perrin Analyse ist, dass die risikoorientierten Kennzahlen weit komplexer sind als die Orientierung an buchhalterischen Kennzahlen. Somit ist bei vielen Banken nicht das notwendige Verständnis zum Einsatz der Kennzahlen für die Bemessung der kurzfristigen variablen Vergütung vorhanden. Das Wachstum der traditionellen Kennzahlen in den Jahren 2005 und 2006 führt letztendlich dazu, dass in diesem Zeitraum Rekordhöhen bei den Bonuszahlungen für das Topmanagement, der zu untersuchten Banken, zu verzeichnen sind. Man konnte teilweise zweistellige Zuwächse bei den CEO Gehälter feststellen (Vgl. TOWERS PERRIN 2008: 5).

In der Praxis werden neben dem Bonusmodell und Tantieme auch LTIs eingesetzt. Diese orientieren sich am Shareholder Value und sind geeignet das opportunistische Verhalten des Managers zu unterbinden.

[...]


[1] In dieser Ausarbeitung wird auf die nähere Unterscheidung zwischen normativer und positiver Agency-Theorie verzichtet (Vgl. jedoch JENSEN 1983: 319).

[2] Die Annahme, dass sich alle Akteure rein individuell rational verhalten ist zu Recht umstritten. Dem entgegen zu halten ist, dass sich die Prinzipal-Agent-Theorie nur auf problematische Fälle bezieht. Ist ein Akteur am Wohlergehen des Anderen interessiert, so ist der Interessenkonflikt zwischen den einzelnen Akteuren abgeschwächt bzw. nicht vorhanden.

[3] Wird in der Kapitalmarkttheorie als unternehmensspezifisches Risiko bezeichnet. Bildet die spezielle Risikostruktur des jeweiligen Unternehmens ab. Ist bedingt durch Unternehmensstrategie, Kapital-struktur, Branche u.a.

[4] Das sind die Finanzmittel, die nach Begleichung ausstehender Verbindlichkeiten und nach der Durchführung von Investitionsprojekten, mit positivem Nettonutzen zur Verfügung stehen (Vgl. LAZAR 2007: 9).

[5] Diese Cash Flow-Hypothese wird in empirischen Arbeiten bestätigt (Vgl. HARFORD 1999: 1969ff., MORCK/SHLEIFER/VISHNY 1990: 31ff.).

[6] Windfall Profits sind Gewinne von Unternehmen, die durch unternehmensexogene Faktoren zustande kommen z.B. Wechselkurse, steigende Ölpreise.

[7] Wörtlich übersetzt: „Wert für die Anteilseigner/Aktionäre“. Der Shareholder Value Ansatz zielt darauf ab langfristig den Unternehmenswert zu maximieren.

[8] John Thain, Chef der Investmentbank Merrill Lynch, bekam 83,1 Millionen Dollar im Jahr 2007 von seinem Arbeitgeber ausgezahlt.

[9] Vgl.TOWERS PERRIN 2004: European Annual Incentive Plan Design Survey(www.towersperrin.com)

[10] Vgl. o.V. 2009: Beiträge steigen, Chefs kassieren (www.manager-magazin.de)

[11] Vollständigkeitshalber sollte erwähnt werden, dass in der Praxis zum Teil auch Mindesttantieme, Garantietantieme und Festbetragstantieme eingesetzt werden. Diese stellen eine Art Bonuszahlung dar, die auf die Umsatz- und Gewinntantieme anzurechnen sind.

[12] Vgl. TOWERS PERRIN 2008: Vergütungen in Banken- Zu Recht kritisiert (www.towersperrin.com)

[13] RAROC misst die risikoangepasste, finanzielle Performance. Diese Kennzahl ist geeignet, um die Aus-wirkungen von Risiken auf der Unternehmensebene widerzuspiegeln. RAROC berücksichtigt die Kredit-risiken und Aspekte des Kapitaleinsatzes.

[14] VaR wird von Banken genutzt. Es ist ein Risikomaß, das die Wahrscheinlichkeit eines Marktrisikos z.B. (Portfoliohandel) beschreibt.

[15] EP ist der ökonomische Gewinn, der oberhalb eines spezifischen Kapitalkostenniveaus für das ein-gesetzte Kapital liegt. Es ist eine Methode zur Unternehmensbewertung.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2010
ISBN (PDF)
9783863417482
ISBN (Paperback)
9783863412487
Dateigröße
1.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Paderborn
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2
Schlagworte
Finanzkrise DAX 30-Unternehmen DAX Principal-Agent-Theorie Long-term-Incentives Short-term-Incentives

Autor

Alex Reimer wurde 1985 in Ust-Ischim (Russland) geboren. Sein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Paderborn schloss er im Jahre 2010 mit dem akademischen Grad Bachelor of Science ab. Sein Interesse für die Managementvergütungssysteme wurde durch die damalige Debatte in der Finanzkrise geweckt. Trotz der vorherrschenden Wirtschafts- und Finanzkrise erhielten die Spitzenmanager in börsennotierten Unternehmen hohe Gehaltsabfindungen. Im Hinblick auf die exzessiven Vergütungen entwickelte der Autor eine Lösungsoption, um die Managergehälter zu regulieren. Momentan studiert der Autor im Masterstudiengang Management Information System an der Universität Paderborn.
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Titel: Managementgehälter in börsennotierten Unternehmen: Ein kritische Analyse
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