Going Public: Das Investitionsverhalten und die Entwicklung junger Unternehmen nach dem Börsengang
Zusammenfassung
Inwieweit das Ereignis des ‚Going Public’ Auswirkungen auf das bisherige Investitionsverhalten und die Entwicklung junger Unternehmen hat, steht im Fokus dieser Betrachtung.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
B. Theoretische Grundlagen
I. Der Börsengang
1. Definition eines Initial Public Offering
Das sogenannte IPO ist die Abkürzung für Initial Public Offering welches die englische Bezeichnung für Börsenersteinführung oder Börsengang ist. Allerdings existiert weder in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur noch in der Praxis eine einheitliche Definition. In der Literatur findet man neben dem Begriff „Initial Public Offering“ auch die synonym verwendeten Bezeichnungen „Erst- bzw. Neuemission“, „Going Public“, „Börsenersteinführung“ oder „Börsengang“.
Der ebenfalls gebräuchliche Begriff „Primärmarkt“ ist dem des IPOs am nächsten. Dieser ist grundlegend von dem Begriff des „Sekundärmarktes“ zu unterscheiden, da auf diesem Finanzmarkt der Handel von schon emittierten Wertpapieren, vor allem Aktien und Anleihen, vollzogen wird.
Das IPO bezeichnet die erstmalige Platzierung von Eigenkapitalanteilen eines Unternehmens als öffentliches Angebot einer bislang nicht börsennotierten Aktiengesellschaft (AG) oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Ein IPO ist mit der Zulassung dieser Wertpapiere zum Handel an einer oder mehreren Wertpapierbörsen verbunden (vgl. Börgmann (2001), S.5).
Aufgrund der hohen Komplexität eines IPO ist es in der Praxis gebräuchlich, eine Begleitung durch ein Kreditinstitut in Anspruch zu nehmen. Die Abwicklung des Börsengangs wird daher in der Regel vom sogenannten Konsortium, welches aus einer oder mehreren Investmentbanken besteht, vorgenommen.
Die Aufgabe des Emissionskonsortiums besteht darin, den Ausgleich zwischen den Interessen des Emittenten und der Investoren zu schaffen und so den Erfolg des Börsengangs zu ermöglichen. Die Konsortialbanken übernehmen zusammen mit dem Emittenten die Haftung für den Emissionsprospekt (vgl. Pape(2011), S.97).
Generell ist es für ein IPO gegenstandslos, ob es sich bei den dargebotenen Aktien um die sogenannten „primary shares“ handelt welche die zusätzlichen, neuen Aktien bezeichnen, die bei einer Kapitalerhöhung von einer Aktiengesellschaft emittiert werden, oder um die „secondary shares“ –also die Wertpapiere, welche sich schon vor der Kapitalerhöhung im Umlauf befunden haben.
In der Praxis ist zu beobachten, dass sich das zu platzierende Aktienkapital häufig aus einer Kombination dieser beiden Arten zusammensetzt. Allerdings sollte der Teil der vom Unternehmen selbst emittierten neuen Aktien dominieren. Üblicherweise werden diejenigen Börsengänge von den Kapitalmärkten bevorzugt, bei welchen der überwiegende Teil der Emissionserlöse den Unternehmen zur weiteren Finanzierung des Wachstums zufließt und welche nicht primär einem gewinnmaximierenden Ausstieg von Altaktionären dienlich sind. Diese Beobachtung erweist sich vor allem für die IPOs junger Wachstumsunternehmen als äußerst relevant, da in deren Gesellschafterkreis oftmalig uneingeschränkt renditeorientierte Finanzinvestoren vorhanden sind, welche einen Börsengang als dominante Exit-Option verfolgen.
Allgemein kann behauptet werden, dass ein Börsengang für alle Unternehmen eine besondere Bedeutung und einen wichtigen Stellenwert in der bisherigen Historie abgibt. Der Börsengang kreiert bei bewusst gefällter und gut vorbereiteter Wahl für das sogenannte „Going Public“ sowie vor allem auch für das „Being Public“ selbst im momentan schwierigeren Kapitalmarktumfeld für befähigte Unternehmen eine nachhaltig tragfähige und attraktive Basis für weiteres Wachstum (vgl. Wirtz(2001), S.65).
2. Motive für ein IPO
Die Fragestellungen zu welchen Zeitpunkten und vor allem aus welchen Gründen sich Unternehmen zu einem Going Public entscheiden, werden in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur äußerst ausführlich behandelt.
Sie stellen eines der wichtigsten Forschungsgebiete der Unternehmens-finanzierung dar (vgl. Pagano, Panetta und Zingales (1998)S.60).
Fragt man nach den konkreten Gründen für einen Börsengang, so findet man an erster Stelle am häufigsten die finanziellen Motive.
Durch regelmäßige Befragungen des Deutschen Aktieninstitutes DAI bei Neuemittenten konnte ermittelt werden, dass in über 86 Prozent der befragten Unternehmen als Hauptmotiv für ein IPO, die Beschaffung der finanziellen Mittel für zukünftiges Unternehmenswachstum, genannt worden ist (vgl. Schieber und Müller (1999), S.11).
Junge Unternehmen begeben sich in einer sehr frühen Phase des Unternehmens-Lebens Zyklus an die Börse und verfolgen damit das Ziel die Emissionserlöse gezielt zur Finanzierung der Wachstumsinvestitionen zu nutzen (vgl. Pagano, Panetta und Zingales (1998) S.62).
Das durch den Börsengang gewonnene Kapital soll vorhandene Wachstumsschwellen durch zusätzliche Investitionen überwinden. Für die Finanzierung risikoreicher Investitionen wie zum Beispiel die Entwicklung neuer Produkte oder der Akquisition von Unternehmen kann bei einer bereits bestehenden hohen Verschuldung auch nur in Maßen mit Fremdkapital gerechnet werden.
Das benötigte Kapital für die Finanzierung der geplanten Wachstumsstrategien ist in der Regel ziemlich hoch und daher genügen die üblichen Instrumente der Innen- und Außenfinanzierung, wie die Einlage von Fremd- und Eigenkapital durch bisherige Eigentümer und die klassische Fremdfinanzierung über Kreditinstitute, nicht. Diese Instrumente sind alleine nicht in der Lage das zur Realisierung der geplanten Investitionsprogramme notwendige Kapital bereitzustellen (vgl. Wirtz(2001), S.65).
Durch den Eintritt in den organisierten Kapitalmarkt hat ein Unternehmen die Möglichkeit, eine enorme Anzahl institutioneller und privater Investoren zur Einwerbung von zusätzlichem Risikokapital anzusprechen. Allerdings tritt der erhoffte Liquiditätseffekt bei einem IPO nur dann ein, wenn die platzierten Aktien aus einer Erhöhung des Kapitals gegen Bareinlagen stammen. Diejenigen IPOs, welche einzig über den Verkauf bereits vorhandener Aktien aus Altgesellschafter-besitz bestritten werden, führen nur zu einem aus Sicht des Unternehmens, liquiditätsneutralen Gesellschafterwechsel. Dies liegt daran, dass die Verkaufserlöse den Altaktionären und nicht dem Unternehmen zukommen (vgl. Börgmann(2011) S.94).
Als ein weiteres Hauptmotiv für einen Börsengang wird, bevorzugt die Stärkung der Eigenkapitalbasis genannt. Dieses Argument scheint zunächst deutliche Überschneidungen mit dem vorangegangenen Wachstumsmotiv aufzuweisen, da eine adäquate Eigenkapitalbasis eine wichtige Grundvoraussetzung für die künftige Wachstumsfinanzierung darstellt.
Bei genauerer Betrachtung stellt man allerdings fest, dass die Effekte, welche durch eine Erhöhung der Eigenkapitalquote entstehen, durchaus differenzierter Natur sind (vgl. Schmidt-Reintjes(2003)S. 20).
Durch den Börsengang erhalten die Unternehmen unbefristet den Zugang zu Eigenkapital. Dies stellt das Rating und die Bonität des betroffenen Unternehmens besser, was wiederum einen positiven Einfluss auf den geforderten Risikoaufschlag am Kapitalmarkt hat.
Gerade für junge Firmen ist die Verbesserung der Eigenkapitalbasis erfolgskritisch. Junge Unternehmen besitzen meist nicht die nötige Bonität, um traditionelle Fremdfinanzierungen über die Kreditinstitute zu erhalten. Eine gute Eigenkapitalausstattung und die damit einhergehende hohe Eigenkapitalquote spielen eine besondere Rolle bei der Sicherstellung der finanziellen Flexibilität. In diesem Kontext kann es für ein Unternehmen durchaus interessant sein, mit dem aus einem Going Public erzieltem Kapital bereits bestehende Verbindlichkeiten zurückzuzahlen. Dieses Verhalten ist vorwiegend bei den Unternehmen zu beobachten, welche sich erst im Anschluss an eine häufig fremdfinanzierte Wachstumsperiode, zu einem IPO entscheiden.
Während die Anteilseigner und die Gläubiger die Kontrollfunktion von Fremdkapital sicherlich begrüßen, ist aus Sicht der Firma eine Eigenkapitalstärkung mit einer viel größeren Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit verbunden. Insbesondere Unternehmen aus dynamischen Branchen, welche kurze Innovationszyklen aufweisen, gewinnen durch eine gestärkte Eigenkapitalbasis die nötige Elastizität, um auf unvorhersehbare Änderungen des Umfeldes reagieren zu können.
Ein weiterer Vorteil ist, dass risikoreiche und kapitalintensive Investitionen einfacher getätigt werden können, ohne dass ein Scheitern dieser Investitionen gleich das unternehmerische Ende bedeutet.
Durch den Gang an die Börse steht den Unternehmen neben den neuen Barmitteln auch eine wichtige Akquisitions-und Beteiligungswährung in Gestalt von Unternehmensanteilen zur Verfügung. Die Akquisitionen, als unternehmerische Investitions- und Wachstumsstrategie, sind seit Beginn der 90er Jahre zunehmend bedeutender geworden (vgl. Rummer (2006)S.45).
Celikyurt, Sevilir und Shivdasani nennen als wichtigsten Grund für die Entscheidung zu einem IPO, die dadurch entstehende Möglichkeit Akquisitionen zu tätigen. Es wurde in diesem Zusammenhang eine Umfrage bei Geschäftsführer durchgeführt welche die Beweggründe zum IPO erläutern soll. Es wurde in einem Zeitraum von zwanzig Jahren eine umfassende Studie von US- IPOs durchgeführt. Der Untersuchungsgegenstand waren die Unternehmensübernahmen vor und bis zu fünf Jahren nach dem Börsengang. Untersucht wurden IPOs mit einem Gesamterlös von größer gleich 100 Millionen US-Dollar im Jahre 2004 und in Höhe von größer gleich 57 Millionen US- Dollar im Jahr 1985.
Die Analyse zeigt, dass die jungen Börsengänger die meisten Akquisitionen tätigen. An erster Stelle der IPO Beweggründe wurden positive Auswirkungen auf künftige Geschäftsübernahmen genannt (vgl. Celikyurt, Sevilir und Shivdasani(2010)S.345-363).
Diese Art der Unternehmensfinanzierung hat die Überlegenheit, dass sich die Eigenkapitalquote nicht mindert, wie es bei einer Kreditfinanzierung der Fall wäre. Im Falle einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen, kann sich diese sogar verbessern (vgl. Jakob (1998), S.32).
Als letztes bedeutendes finanzielles Motiv ist die Erweiterung der Finanzierungsalternativen zu nennen. Börsennotierten Unternehmen ist es möglich auf ein breiteres Spektrum möglicher Finanzierungsmittel zuzugreifen, da sie über einen direkten Zugang zum organisierten Kapitalmarkt verfügen (vgl. Jakob (1998), S.23).
Es gibt neben den klassischen Mitteln der Wandel- und Optionsanleihen, Unternehmensanleihen und Genussscheinen auch modernere Varianten wie die Verwendung von Finanzderivaten. Zwar stehen diese Finanzierungsalternativen theoretisch auch nicht börsennotierten Unternehmen zur Verfügung doch werden sie in der Praxis kaum genutzt, da sie nicht effizient eingesetzt werden können.
Zusammenfassend kann zu den finanziellen Motiven behauptet werden, dass im Unterschied zu IPOs bereits etablierter Firmen die Beweggründe für einen Börsengang bei jungen Unternehmen deutlich stärker auf die Finanzierung von künftigem Wachstum, als die Konsolidierung der Kapitalstruktur ausgerichtet sind (vgl. Schmidt-Reintjes(2003)S. 23).
Obwohl die finanziellen Beweggründe bei einem IPO deutlich im Vordergrund stehen, sollten die strategischen Motive allerdings nicht außer Acht gelassen werden. So kann unter anderem die Problematik der Nachfolgeregelung durch einen Börsengang entschärft werden. Ein hoher Liquiditätsabfluss an die Erben kann durch die Aufnahme von neuen Gesellschaftern umgangen werden und gleichzeitig kann der Fortbestand des Unternehmens durch ein externes Management gesichert werden.
Jährlich stehen in Deutschland, neuen Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn zu Folge, etwa 22.000 Unternehmen zur Übergabe an einen Nachfolger an. Einer Befragung von mittelständischen Unternehmen konnte entnommen werden, dass lediglich 37 Prozent eine Nachfolgeregelung für Ihren Betrieb getroffen hatten. Die Sicherung vieler Arbeitsplätze ist mit der Lösung des Nachfolgeproblems verbunden. Der Börsengang ist ein adäquates Instrument zur Lösung der Nachfolgeproblematik.
Laut der Studie über den amerikanischen Aktienmarkt von Loughran/Ritter nutzen Unternehmen das so genannte „Window of Opportunity“ für ihren Börsengang. Das „Window of Opportunity“ zeichnet sich durch eine positive Stimmung der Investoren und einer vorteilhaft hohen Bewertung von bereits notierten Unternehmen aus. Die Überbewertung der Kapitalmärkte im Hinblick auf die Wachstumschancen von Börsenkandidaten kreieren Anreize für andere Firmen, ebenfalls ein IPO durchzuführen (vgl. Loughran und Ritter (1995) S.23-28).
Die Unternehmer nutzen also ein kurzfristig positives Kapitalmarktumfeld für die Beschaffung eines strategischen Eigenkapitalvorrates.
Als letztes strategisches Motiv für einen Börsengang können die damit verbundenen Imageeffekte und die Erhöhung des Bekanntheitsgrades genannt werden. Dies kann vor allem damit begründet werden, dass IPOs in der Öffentlichkeit starke Beachtung erfahren. Unternehmen können durch Werbemaßnahmen und aktiv betriebene Informationspolitik, bereits im Vorfeld der Börseneinführung, diesen Effekt intensivieren.
Das positive Image in der Öffentlichkeit kann den Zugang zu potentiellen neuen Kunden oder Lieferanten ebnen (vgl. Jakob (1998)S.25).
Durch die kurze wirtschaftliche Existenz von jungen Unternehmen, besitzen diese auch einen äußerst geringen Bekanntheitsgrad auf den Kapitalmärkten. Aus diesem Grund ist es insbesondere für junge Unternehmen sinnvoll, die mit einer Börsennotierung verbundenen Bekanntheitseffekte, für sich zu nutzen.
Neben den bereits erläuterten finanziellen und strategischen Motiven für die Entscheidung zu einem Börsengang, gibt es auch eine Vielzahl sonstiger Motive, von welchen die wichtigsten im Folgenden kurz erläutert werden. So kann ein Beweggrund für ein IPO auch die Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen sein.
Ein weiterer stetig an Bedeutung zunehmender Grund ist auch die Privatisierung von staatlichem Vermögen, wie es zum Beispiel bei der Deutschen Post oder auch der Deutschen Telekom der Fall ist. Die wachsende Deregulierung von ehemals staatlich geschützten Märkten macht eine Börseneinführung als Privatisierungsinstrument unabdingbar.
Als weiteren Anreiz für ein IPO kann man die Attraktivitätssteigerung des Arbeitsplatzes für die Arbeitnehmer aufführen. So wird zum einen die Einstellung neuer Mitarbeiter durch einen größeren Bekanntheitsgrad eines Unternehmens erleichtert, zum anderen wird eine Entlohnung mit Hilfe von optionsbasierten Aktienprogrammen ermöglicht. Derartige Unternehmensbeteiligungen bewirken eine höhere Leistungsbereitschaft und eine intensivere Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen.
Dies kann unter anderem dadurch erklärt werden, dass die Mitarbeiter zu Miteigentümern des Unternehmens werden, welche über Zahlungen von Dividenden und eventuellen Kurssteigerungen direkt am Erfolg mitbeteiligt sind (vgl. Rummer (2006) S.49).
Die nachfolgende Tabelle fasst die genannten Motive nochmals übersichtlich zusammen.
Tab.1: Auflistung der Motive für einen Börsengang
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung
3. Kosten und mögliche Nachteile einer Börsennotierung
Der Gang an die Börse ist für viele Firmen ein begehrenswertes Ziel, das es zu erreichen gilt. Doch sind mit dem IPO auch einige nachteilige Aspekte verbunden.
So kann auch der freiwillige Börsenrückzug, welcher in den letzten Jahren stärkere Beachtung findet, erklärt werden.
Vor diesem Hintergrund sollen die Nachteile einer Börsennotierung für Unternehmen betrachtet werden.
Einen bedeutenden Nachteil stellen die hohen fixen und variablen Kosten dar. Zum einen entstehen einmalig zu entrichtende Kosten wie zum Beispiel die Gebühren für die Konsortialbanken oder Gebühren für die Erstellung des Emissionsprospekts. Diese Beträge erreichen zwischen fünf und sieben Prozent des Emissionsvolumens, was eine beträchtliche Summe abgibt.
Hierzu kommen noch die variablen Kosten, welche zur Erfüllung der gesetzlichen und börsenaufsichtsrechtlichen Verpflichtungen aufgebracht werden müssen. Zu diesen direkt quantifizierbaren finanziellen Belastungen kommen noch Transaktions- beziehungsweise Opportunitätskosten, in ebenfalls beträchtlicher Höhe, hinzu (vgl. Brettel, Rudolf und Witt (2005) S.232).
Der Weg an die Börse ist für eine Firma häufig mit einem Wechsel der Rechtsform in eine AG oder KGaA verbunden.
Zusätzlich ist zu beachten, dass die Vorbereitung eines IPO neben den Emissions- und Beratungskosten eine extreme zeitliche Belastung für das Management darstellt. Diese Zusatzbelastung entsteht vor allem durch Investor- und Public Relations. Der vielleicht wichtigste Nachteil ist, dass jedes Börsensegment auch spezifische Anforderungen bezüglich der Publikationspflichten aufweist, welche mit einem hohen Aufwand verbunden sein können und ein hohes Maß an Transparenz vom Unternehmen erfordern. Börsennotierte Unternehmen stehen in einem viel größeren Maße als vor der Notierung im Lichte der Öffentlichkeit.
Einen weiteren wesentlichen Nachteil stellt der Kontrollverlust über den Aktionärskreis dar. An der Börse ist jeder in der Lage eine Aktie eines bestimmten Unternehmens zu erwerben und erlangt durch den Kauf die Möglichkeit der Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung seiner Aktionärsrechte.
So werden börsennotierte Gesellschaften in Deutschland wesentlich häufiger von Minderheitsaktionären verklagt als nicht börsennotierte Unternehmen.
Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass Aktiengesellschaften mit einem hohen Anteil frei gehandelter Aktien auch zum Ziel feindlicher Übernahmeversuche werden können. Denn solange einzelne interne Gesellschafter nicht im Besitz der Mehrheit der Anteile sind, ist es möglich, dass ein Übernahmeangebot mit genügend hoher Prämie gelingt (vgl. Brettel, Rudolf und Witt (2005) S.232).
Im Laufe der Unternehmensentwicklung kann sich die Situation für ein IPO Unternehmen erheblich verändert haben. Dieses zeigt sich vor allem in stagnierenden oder schrumpfenden Branchen wie der Textilindustrie oder dem Bergbau. Der Bedarf an finanziellen Mitteln kann zurückgegangen sein oder mittlerweile aus dem eigenen Cash Flow gedeckt werden. Meist stehen solche Gesellschaften wegen ihrer Branchenzugehörigkeit nicht im Analysten- oder
Anlegerinteresse, was wiederum eine Unterbewertung des Unternehmens zur Folge haben kann.
Die Vor- und Nachteile einer Börsennotierung sollten gründlich gegeneinander abgewogen werden (vgl. Weitnauer (2007) S.405).
Die folgende Tabelle fasst die Nachteile einer Börsennotierung zusammen.
Tab.2: Auflistung der Nachteile eines IPO
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung
II. Wachstum
1. Das Unternehmenswachstum
Für das Wachstum von Unternehmen gibt es in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur keine allgemeingültige Definition.
Unter Wachstum versteht man grundsätzlich ein Größerwerden von bestimmten Maßzahlen innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Die erwähnten Wachstumsfaktoren sind Kennzahlen des Unternehmens mit deren Hilfe Wachstum gemessen werden kann, wie zum Beispiel der Unternehmenswert, der Umsatz, die Beschäftigtenanzahl oder die Gewinne des Unternehmens (vgl.Funkhouser und Rothberg(1989), S.54-68).
Das Unternehmenswachstum kann als Zunahme der Unternehmensgröße verstanden werden. Ein Unternehmenswachstum liegt vor, wenn im Vergleich zu einem vorherigen, längerfristig gewählten Zeitpunkt der Unternehmensumsatz ein höheres Niveau annimmt.
In der Literatur findet man eine Diskussion über die verschiedensten Ausprägungen des Wachstumsbegriffs. Eine ausführliche Übersicht über die verschiedenen Definitionsansätze wird ebenfalls häufig angeführt (vgl. Jünger (2008), S.29 ff).
Es wird häufig zwischen qualitativem und quantitativem Wachstum unterschieden. Ein quantitatives Wachstum beschreibt die Zunahme einer messbaren Variablen, welche zu einer Quantifizierung der Unternehmensgröße benutzt wird. Ein qualitatives Wachstum beschreibt hingegen die Verbesserung des Unternehmens hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit und weiteren Kriterien, welche nicht problemlos quantifiziert werden können (vgl. Hutzschenreuter (2001) S.34).
Empirische Studien nutzen dagegen oft den Umsatz oder die Beschäftigtenanzahl als Grundlage für das Wachstumsindiz.
Das Unternehmenswachstum sollte allerdings nicht auf eine Größe begrenzt werden, sondern verschiedene Kennzahlen mit einkalkulieren. Dies erweist sich allerdings häufig als kompliziert, da sich die eine Größe positiv, die andere hingegen negativ entwickeln kann. Hierzu ergeben sich auch Komplikationen bei unterschiedlicher Gewichtung der Kennzahlen.
III. Die Unternehmensentwicklung
Für das bessere Verständnis der nachfolgenden Themen ist es wichtig die verschiedenen Phasen einer Unternehmensentwicklung zu verstehen.
Der Erfolg einiger Wachstumsstrategien ist nämlich unter anderem auch von der Phase der Unternehmensentwicklung abhängig.
Daher ist es sinnvoll die einzelnen Phasen eines Unternehmens genauer zu betrachten.
Die Unternehmensentwicklung wird in der Literatur oft synonym mit den Begriffen „Phasen eines Unternehmens“, „Unternehmenslebensphase“ sowie „Entwicklungsphase“ verwendet. Die hier dargestellten Phasen sind allerdings nichtüberschneidungsfrei und haben zum Teil einen fließenden Übergang.
Daher gibt es zum Teil Wiederholungen von einigen Merkmalen.
Es besteht neben der Vielzahl an Namen eine ebenso große Vielfalt an verschiedenen Modellen, welche aber den gleichen Kern beinhalten.
Alle Modelle haben gemein, dass sie von einer Art Lebenslauf eines Unternehmens ausgehen.
Man kann folgende Unternehmensphasen unterscheiden:
- Vorgründungsphase
- Gründungsdurchführung
- Etablierungsphase
- Wachstumsphase
- Expansionsphase
- Desinvestitionsphase
Die erste Phase ist die sogenannte Vorgründungsphase. Hier wird zunächst die Geschäftsidee entwickelt und am Ende der Vorgründungsphase wird der eigentliche Entschluss zur Gründung gefasst.
Teilweise wird auch bereits in dieser Phase ein kompletter Businessplan erstellt. In diesem wird dann genauer auf die Markteintrittsstrategie und die Finanzierungsmöglichkeiten eingegangen.
Dieser Phase folgt die Gründungsphase in deren Mittelpunkt die detaillierte Planung des Unternehmens steht.
Meist erfolgt erst in dieser Phase die Aufstellung des auf Marktdaten beruhenden Businessplans und die Auseinandersetzung mit potenziellen Finanzierungsquellen. In der Gründungsphase muss auch die Wahl der Rechtsform und des Standortes bestimmt werden. Auch sollte eine endgültige Aufstellung des Gründerteams erfolgen.
In der Etablierungsphase entstehen die ersten geschäftlichen Abschlüsse und ein zunehmender Kundenkontakt. In dieser Phase ist es wichtig, das für das eigene Unternehmen nützliche Wissen zu erkennen und sinnvoll einzusetzen. Die Werte und Grundanschauungen sollten kritisch hinterfragt werden. Die neuen Erfahrungen mit Transaktionen und der Umgang mit Geschäftspartnern schafft Wissen, welches verankert werden muss. Das Hauptziel der Unternehmung besteht in der Existenzbewahrung (vgl. Freiling(2006) S.169).
Als Nächstes kommt die Wachstumsphase, in welcher zumindest am Ende der sogenannte Break-Even-Point erreicht werden sollte. Das bedeutet, dass das Unternehmen Gewinne erzielen sollte. Die Kooperationsnetzwerke werden einem Ausbau unterzogen und die Unternehmensstruktur wird gefestigt. Des Weiteren gibt es eine Optimierung der Fertigungskapazitäten (vgl. Hofbauer und Sangl(2011) S.529).
In der hierauf folgenden Expansionsphase wird das in der Wachstumsphase entstandene Kapital dazu verwendet, auch international tätig zu werden. Eine weitere Möglichkeit stellt die Unternehmensakquisition dar.
Teilweise wird das benötigte Kapital auch durch einen Börsengang erreicht.
Die letzte der sechs Unternehmensphasen ist die sogenannte Desinvestitionsphase.
Das Unternehmen verfügt hier über ausreichende finanzielle Mittel und hat einen festen Marktanteil vorzuweisen. Die Unternehmensinnovationen werden geringer und die wesentliche Strategie besteht darin Kapitalrenditen zu erzielen.
C. Wachstumsstrategien
Wachstumsstrategien sollen die Frage nach den Zielen eines Unternehmens und den dafür notwendigen Zeitfenstern beantworten. Sie sollen beantworten auf welchen Feldern ein Unternehmen wachsen soll und auf welchen Wachstumsplattformen es aufbauen kann. Des Weiteren sollen Wachstumsstrategien feststellen wie weit beziehungsweise eng das angezielte Geschäftsportfolio sein soll.
Es ist notwendig, dass zunächst die allgemeine Stoßrichtung festgelegt ist und die differenzierten Möglichkeiten ausführlich erforscht und ausgewertet sind. Erst danach kann sinnvoll entschieden werden ob das Wachstum durch Zukäufe von außen oder durch systematischen Aufbau von innen gefördert werden soll.
Denn Wachstumsstrategien von Unternehmen lassen sich in zwei Kategorien aufteilen. Diese Kategorien sind das sogenannte interne und das externe Wachstum. In dem Fall, dass sich das Wachstum durch systematischen Aufbau von innen vollzieht, spricht man von internem Wachstum. Externes Wachstum dagegen ist durch Unternehmensaufkäufe, Fusionen oder Sachvermögensübertragungen gekennzeichnet (vgl. Glaum, Hommel und Thomaschewski(2002) S.9).
Ein weiterer Weg Wachstumsstrategien zu klassifizieren, ist die Aufteilung in vertikal und horizontal. Bei der horizontalen Aufteilung handelt es sich um eine Erweiterung des Leistungsprogramms der Firma, die vertikale Aufteilung beinhaltet dagegen zum Beispiel den Ausbau der bereits vorhandenen Vertriebswege.
Die Wahl zwischen hauptsächlich internem und hauptsächlich externem Wachstumsweg muss in jedem noch so kleinen Teil des Wachstums und in jeder einzelnen Wachstumsstrategie getroffen werden.
Die zwei Varianten schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich oft zu einer erfolgreichen Kombinationsstrategie. Die konkrete Entscheidung erfolgt nicht willkürlich, sondern berücksichtigt verschiedene industrie- und unternehmensspezifische Zustände und insbesondere die verschiedenartigen Präferenzen der Firmenführung, welche die Vorteile der unterschiedlichen Strategien heterogen gewichten (vgl. Glaum, Hommel und Thomaschewski (2002) S.16 -18).
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Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2012
- ISBN (PDF)
- 9783863417789
- ISBN (Paperback)
- 9783863412784
- Dateigröße
- 348 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Justus-Liebig-Universität Gießen
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Schlagworte
- IPO Unternehmensübernahme Investition Fallstudie Wachstumsstrategie