Lade Inhalt...

Projektmanagement und interkulturelle Kommunikation: Die Funktion der Kultur und ihr Einfluss auf den Projekterfolg

©2012 Bachelorarbeit 60 Seiten

Zusammenfassung

Diese hermeneutische Arbeit verfolgt das Ziel, die Bedeutung der Kulturen und der kulturellen Unterschiede in internationalen Projekten zu untersuchen. Des Weiteren hat sie zum Ziel die Erklärung zu liefern, wie kulturelle Differenzen den Projekterfolg beeinflussen, und somit das Bedürfnis nach kulturellen Kompetenzen international tätiger Projektmanager zu betonen.
Neben den technischen, fachlichen und allgemein kommunikativen Kompetenzen ermöglichen es die kulturellen Kompetenzen den Projektleitern ihre Teams, bestehend aus diversen kulturellen Hintergründen, nicht nur zu managen, sondern vielmehr effizient zu den gemeinsamen Projektzielen zu führen. Dies beseitigt die Kooperationshindernisse und schöpft das Leistungspotenzial der kulturellen Diversität voll aus.
Die Arbeit zeigt, dass die Kultur mit ihren Formen und Differenzen das Verhalten eines jeden Individuums in seinem Umgang mit der Umwelt stark bewusst und unbewusst beeinflusst bzw. kontrolliert. Das bezieht sich auch auf die Herangehensweise an eine Arbeit, auf die Kommunikation, die Ideenentwicklung und deren Umsetzung, die Problemlösung(-sfindung) etc. Während der Recherchen hat sich die Annahme bestätigt, dass die Kultur stark den Projekterfolg beeinflusst.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1 Einleitung

Im heutigen Zeitalter ist durch den Fortschritt der Technologie die Welt als ein großes Dorf zu bezeichnen – es ist möglich sehr schnell in alle Teile der Welt zu reisen, rund um die Uhr mit Menschen aus allen Ländern in Echtzeit zu kommunizieren. Es verwundert also nicht, dass auch die Unternehmen vermehrt mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten, dorthin gehen wo die Ressourcen (kostengünstiger) verfügbar sind, neue Märkte erobern und neue Zielgruppen ansprechen. Das globale Wirtschaften hat viele Vorteile für alle Beteiligten, jedoch genau alle Beteiligten müssen miteinander arbeiten und kooperieren, um in den Genuss des globalen Wirtschaftens zu kommen. Dies setzt das Kennenlernen und die Kommunikation voraus. Gerade in diesen zwei Bereichen, Kommunikation und Zusammenarbeit, spielen die kulturellen Differenzen der Beteiligten eine wichtige Rolle.

1.1 Ausgangssituation und Problemstellung

Die Geschichte der Menschheit ist voll von großartigen Leistungen in verschieden Bereichen. Seien es die großen Bauten wie die Pyramiden von Gizeh, die Chinesische Mauer, der Panama Kanal oder der Turm Burj Khalifa in Dubai, das derzeit höchste Bauwerk der Welt. Oder seien es die großen Völkermigrationen und -expansionen, große Forschungsexpeditionen am Land, im Meer und im Weltall. Die Beispiele sind zahlreich, haben aber alle etwas gemeinsam: Sie alle waren Projekte, nationale und internationale. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde z.B. die Bauvorgehensweise der Chinesischen Mauer im damaligen Zeitalter nicht mit heutigen Begriffsdefinitionen, wie z.B. Projektstrukturplan oder Projektrisiko und Projektdiskontinuitäten Management, kommuniziert und geführt. Jedoch ist klar, dass so ein einmaliges Vorhaben sicherlich einer Planung, Vorbereitung, Realisierung und Steuerung in einem Zeit- und Ressourcenrahmen unterlag.

In der heutigen Weltwirtschaft, im Zeichen der Globalisierung, sind der Handel und die Verwaltung von Ressourcen, vor allem aber deren Verfügbarkeit, als kardinaler Überlebens- und Wachstumsfaktor für einen jeden Teilnehmer umfangreicher geworden. Die Unternehmen emigrieren vom lokalen hin zum globalen Netzwerk bzw. entwickeln sich hin zu einem globalen Kontext, um sich so z.B. die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern; durch Kooperationen, Fusionen, Etablierung neuer Zweigstellen in neuen Märkten etc. (Giesche, 2010, S. 17). Der Tausch und Fluss von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen ermöglicht es Unternehmen breitere oder mehrere Zielgruppen anzusprechen. Als Beispiel lässt sich die zur Verfügungsstellung des Knowhows für die Errichtung einer Brücke oder eines Staudammes im Ausland nennen, welches bisher nur ein im Inland agierendes Unternehmen aufgrund der Kundenanfrage als Kontrakt übernahm.

Die internationale Zusammenarbeit ist die Antriebskraft der Weltwirtschaft und der Globalisierung und findet meist in Form von Projekten statt (Meier, 2004, S. 5) bzw. (Cronebroeck, 2004, S. 98). Solche Zusammenarbeit wird immer intensiver, ermöglicht und vorangetrieben durch den Technologievorsprung und seinen Wandel. Durch den Einsatz von z.B. Informations- und Kommunikationstechnologien ist die Kommunikation mit Kunden und Geschäftspartnern unabhängig von Ort und Zeit möglich. Die rasante Entwicklung der Verkehrstechnik seit der industriellen Revolution hat es ermöglicht immer größere Distanzen in immer kürzerer Zeit zurückzulegen, was auch den Handel auf dem Weltmarkt gefördert hat. Das am schnellsten und am meistens gehandelte Tauschobjekt mögen vielleicht nicht die konkreten Produkte bzw. die Waren sein, sondern eher die Ideen und das Wissen.

Als unvermeidliche Konsequenz der oben geschilderten Situationslage, ergibt sich das Zusammentreffen und Zusammenkommen unterschiedlicher Länder und Kulturen, oder präziser formuliert, von Menschen mit unterschiedlichen Sitten, Wertesystemen, Denk- und Verhaltensweißen etc. Bei der gemeinsamen Zielverfolgung, wie z.B. in einem Projekt, kommen diese Unterschiede zum Ausdruck und können so das Projektergebnis maßgeblich beeinflussen, wovon die bisherige Forschung ausgeht (Schneider, 2009, S. 5-6). Diese Kulturvielfalt mag auf einer Seite mehr Ressourcen und Sichtweisen mit sich bringen, genauso aber erhöht sie die Komplexität der Zusammenarbeit wesentlich (Schneider, 2009, S. 5). Das Medium durch welches sich die erwähnte Komplexität und die Kulturvielfalt widerspiegeln ist die Kommunikation, welche bekanntlich nicht nur auf der verbalen sondern auch auf der nonverbalen Ebene stattfindet.

Ein Projekt startet in der Regel dann, wenn neue Potenziale und Chancen erkannt wurden. Hingegen wenn sie nicht oder noch nicht bekannt sind ist die Rede von Evaluierungs- und Pilotprojekten. Wird das betrachtete Projekt um internationale Komponenten reicher, so ist automatisch auch die Liste seiner erfolgs- und realisierungskritischen Faktoren länger (Giesche, 2010, S. 6). Von internationalen Projekten ist die Rede, wenn entweder die Projektauftraggeber international sind, die Projektleitung bzw. Projektgruppe (Organisation) international besetzt ist oder aber die Projektleistungen im Ausland erbracht werden (Meier, 2004, S. 56). Unabhängig davon ob das Projekt nationaler oder internationaler Natur ist, sind es immer die Menschen die dahinter stehen, die es tragen und seine Realisierung ermöglichen. Dinsmore sagt dazu folgendes: „… projects are delivered by groups of people working together, not simply through the use of techniques, tools, methods, or processes.” (Dinsmore & Cooke-Davies, 2006, S. 245). Letztendlich, hängt auch die gesamte Performance der Weltwirtschaft von der Summe der Erfolge und Misserfolge einzelner grenzübergreifender Kooperationen und Zusammenarbeiten ab. Das Vorhandensein der Diversität in Bereichen von Kultur bis technischen Standards ist erstaunlich und macht daher das internationale Projektmanagement sowohl herausfordernd als auch lohnenswert (Grisham, 2010, S. 9).

1.2 Ziele der Arbeit

Diese Arbeit untersucht und beschreibt die Bedeutung der kulturellen Unterschiede im Rahmen des Projektmanagements internationaler Projekte. Des Weiteren wird dem Einfluss dieser Differenzen in Bezug auf den Erfolg und die Zielerreichung der Projektorganisation Aufmerksamkeit geschenkt. Der Autor grenzt die Arbeit, aufgrund des vorgegebenen Rahmens, auf die Einführung in die Grundlagen des internationalen Projektmanagements und grundlegenden Aspekte internationaler Arbeit ein und konzentriert sich dabei auf ihre Problematik bzw. Vorteile und Nachteile. Anschließend werden die Erfolgsfaktoren und ihre Instrumente im Kontext internationaler Projekte dargestellt und Empfehlungen zur weiteren Forschung und Handlung angeführt.

Dadurch soll eine klar strukturierte, leicht nachvollziehbare und verständliche Einführung in das Thema gegeben werden. Diese soll die Aufmerksamkeit insbesondere jener selbständigen Personen auf sich ziehen, welche z.B. als Freelancer Consultants im Projektmanagement tätig sind, aber auch auf jene Führungskräfte und Unternehmen, welche grenzübergreifend tätig sind oder diversity management in eigenem Personalstab betreiben oder implementieren möchten. Des Weiteren richtet sich die Arbeit an all jene, welche mit der Materie nicht vertraut sind, jedoch aufgrund des eigenen Interesses mehr über das Thema erfahren wollen.

Daraus ergibt sich folgende Forschungsfrage:

Welche Bedeutung haben interkulturelle Differenzen für das Management internationaler Projekte und welchen Einfluss haben sie auf den Projekterfolg?

1.3 Methodische Vorgehensweise

Um das Ziel dieser Arbeit zu realisieren und die oben angeführten Punkte darstellen und erläutern zu können, bedient sich der Autor der Methoden der hermeneutischen und deduktiven Vorgehensweise (Berger, 2010, S. 11; Rössl, 2008, S. 51). Es wird auf wissenschaftliche und branchenkompetente Literaturquellen zurückgegriffen, wie Fachbücher und Journals, aber auch auf zahlreiche Fachartikel und Videovorträge aus elektronischen Quellen und Medien. Dies um eine literaturgestützte kritische Reflexion und Schlussfolgerungen darlegen zu können. Die Objektivität der Aussagen wird durch die Angabe vertrauenswürdiger und überprüfbarer Quellenangaben gewährleistet.

1.4 Aufbau der Arbeit

In Kapitel zwei wird auf die Grundlagen der internationalen Projekte und Unternehmen eingegangen und die ersten, für die Beantwortung der Forschungsfragen relevanten, Begriffe erläutert (Köster, 2010, S. 12-14). Des Weiteren werden die Typen, Vor- und Nachteile internationaler Projekte diskutiert.

In Kapitel drei werden der Begriff „Kultur“ und seine Merkmale definiert und dargestellt sowie über seine Dimensionen (Steers et al., 2010, S. 411 ff) gesprochen. Des Weiteren wird auf ausgewählte Kulturtheorien und allgemeine länderspezifische Merkmale eingegangen. Abschließend wird der Fokus auf die Projekt- und Unternehmenskultur gerichtet.

Das Kapitel vier fokussiert sich auf den Projekterfolg, seine Definition(en) und Kriterien. Aufbauend auf die im Kapitel drei diskutierten Kulturtheorien wird die Zusammenarbeit in internationalen Teams gemeinsam mit wichtigen Handlungskompetenzen der Projektbeteiligten und weiteren kritischen Erfolgsfaktoren behandelt. Somit werden die letzten Fundamentbausteine gelegt, um die Beantwortung der Forschungsfrage zu ermöglichen.

Im letzten Kapitel wird die Arbeit anschließend reflektiert, die wichtigsten Eckpunkte zusammengefasst und das Fazit des Autors sowie eine Empfehlung zur weiterführenden Forschung präsentiert.

2 Internationales Projektmanagement

In diesem Kapitel wird auf die Grundlagen der grenzübergreifenden Projekte und Unternehmen eingegangen. Dies zieht u.a. die Erläuterung der wesentlichen Begriffe nach sich, welche in Verbindung mit dem behandelnden Thema stehen. Dazu werden auch die Typen, sowie Vor- und Nachteile internationaler Projekte diskutiert.

2.1 Besonderheiten und grundlegende Aspekte internationaler Projekte

Mit dem Voranschreiten der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ist es immer einfacher geworden mit Menschen aus aller Welt in Echtzeit zu kommunizieren. Telefon- und Videokonferenzen prägen den Arbeitsalltag, besonderes bei international ausgerichteten Unternehmen und Organisationen. Die Überwindung der geografischen Distanz allein bedeutet nicht auch die Überwindung der menschlichen Differenzen – das bleibt weiterhin eine Herausforderung, welche stärker bei internationalen Projekten zum Ausdruck kommt. Es sind Menschen unterschiedlicher (nicht nur kultureller) Hintergründe, welche durch das Zusammenarbeiten und die Akzeptanz der gegenseitigen Differenzen, den Erfolg des Projektes sichern sollen (Cronenbroeck, 2004, S. 100). Eine solche Gruppe gehört entsprechend geführt, und zwar von, für das internationale Umfeld, kompetenten Projektleitern.

Obwohl internationale Projekte in puncto Managementmethoden und Managementprozesse jenen im Inland ähneln, ist die Annahme, dass Projektmanager mit ausschließlich in Inlandsprojekten gesammelten Erfahrungen, auch als geeignete Manager internationaler Projekte anzusehen sind, falsch (Grisham, 2010, S. 2). Die Realisierung der Projekte allgemein hat in einem im Vorhinein definierten Rahmen zu erfolgen und bleibt im Idealfall innerhalb der jeweiligen Grenzen, wie z.B. hinsichtlich der zur Verfügung gestellten Mittel und Ressourcen, wobei aber alle qualitativen und quantitativen Projektziele erreicht werden sollen.

Im internationalen Projektmanagement kommen zusätzliche Anforderungskriterien hinzu, welche der Projektleiter zu berücksichtigen hat. Diese ergeben sich aus dem Umgang mit fremden Ländern, deren Kulturen und Wirtschafts- und Sozialsystemen (Cronenbroeck, 2004, S. 98-99). Des Weiteren sind noch das Rechtsystem und seine Gesetze und Richtlinien, das politische System, lokale Geschäftsabwicklungspraktiken, die Sprache und Zeitzone etc., zu erwähnen. Köster stellt die Behauptung auf, welcher sich der Autor anschließt, dass internationale Projekte sich auch in Größen- und Dimensionsordnungen unterscheiden, da einfach „mehr“ erforderlich ist. Das bedeutet mehr an allgemeiner Komplexität u.a. auch der Projektumwelt, an Risiken Intensität, an Haupt Stakeholder, an Umfang und an Zweckwidmung etc. Dem interessierten Leser sei empfohlen Köster (2010, S. 12) und Meier (2004, S. 59) zu vergleichen.

Grundlegende Aspekte

Die Globalisierung und daraus resultierende Welthandelsströme üben Druck auf die internationalen Märkte aus, die vorhandenen Geschäftsprozesse und Strategien der beteiligten Unternehmen ständig zu adjustieren. Somit soll erreicht werden, die Ressourcen (umweltschonend/er) günstiger einzusetzen und dabei den Output zu erhöhen, die Qualität zu steigern und die Preise zu senken.

In der folgenden Abbildung ist der Transfer der Globalisierung auf Objekte und Objektbereiche veranschaulicht dargestellt:

Abbildung 1 - Objekte der Globalisierung

Modifiziert nach (Kutschker, & Schmid, 2008, S. 171)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Objekte der Globalisierung sind:

- Unternehmen (Organisation, Finanzen, Beschaffung, Produktion, Marketing, Vertrieb, Strategie, Personal etc.)
- Märkte (Geld- und Kapitalmärkte, Technologie-, Waren-, Arbeits- und Dienstleistungsmärkte etc.)
- Weitere Lebensbereiche (Wissenschaft, Technologie, Ethik, Medien, Natur, Recht, Politik etc.)

Besonderheiten

Die Besonderheiten internationaler Projekte inkludieren folgende Punkte, schränken sich aber nicht auf diese ein:

- Kultur, Tradition und Wertesystem

Faktoren, welche auch das Verhalten und den Umgang mit anderen Menschen beeinflussen; Organisation und Einteilung der Arbeits- und der Freizeit, gesetzliche und religiöse Feiertage

- Rechtliches, Soziales und das Wirtschaftssystem

Diverse Genehmigungen und Vorschriften, Sicherheits- und Qualitätsmaßnahmen für den Output, Erfüllung der nationalen und internationalen Standards, gesetzlich reglementierte, pflichtige Zertifizierungen und Audits, Versicherungen etc.

- Verfügbarkeit und Kosten der Ressourcen Rohstoffe, fertige und halbfertige Erzeugnisse, Personal etc.
- Infrastruktur, Technologie, Wissen inklusive Logistik und Transport, das Know-How etc.
- Zeitzonen und Kommunikationsbarrieren (verbale und non-verbale)

2.2 Internationale Unternehmen und deren Strategie

Kutschker und Schmid zitieren Linienthal (1960) hinsichtlich der Definition von internationalen Unternehmen, welche United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) als „Transnational Companies“ oder TNCs bezeichnet,“…als Unternehmen welche in einem Land ihre Zentrale haben, aber auch in anderen Ländern und unter anderen Gesetzen und Sitten betrieblich und operativ bestehen“ (Kutschker, & Schmid, 2008, S. 242)[1]. Dem UNCTAD Bericht für das Jahr 2007 zu Folge, gab es weltweit 78.411 TNCs welche über 777.000 Eigenfilialen hatten (UNCTAD, 2007, S. 247). Im Vergleich dazu für das Jahr 2010 ist die Zahl der TNCs auf 103.786 bzw. der Eigenfilialen auf über 892.000 gestiegen (UNCTAD, 2011, S. 2).[2]

Dies sind beeindruckende Zahlen, welche ein klarer Hinweis dafür sind, dass sich die internationale Zusammenarbeit intensiviert hat, was auch die Bedeutung der internationalen Projekte untermauert und somit auch die Bedeutung der kulturellen Differenzen und den Umgang mit ihnen bekräftigt.

Dabei spielen auch die Strategien internationaler Unternehmen eine wichtige Rolle, wobei sich deren Unternehmenspolitik auf das von Perlmutter vorgestellte EPGR-Schema beziehen (Giesche, 2010, S. 29). Die Abkürzung EPGR steht für die vier Sichtweisen des Konzepts: ethnozentrisch, polyzentrisch, geozentrisch und regiozentrisch, und werden im Folgenden in Anlehnung an Meier (2004, S. 32-33), Giesche (2010, S. 29) und Kutschker und Schmid (2008, S. 285 ff) in Kürze beschrieben.

Bei der ethnozentrischen Sichtweise wird versucht die im Herkunftsland (Home Country) bisher erfolgreiche Unternehmensstrategie und Unternehmenspolitik auf die Aktivitäten im Gastland zu übertragen.

Im Gegenteil dazu wird bei der polyzentrischen Orientierung auf die Akzeptanz und die Implementierung der im Gastland herrschenden und üblichen Sichtweise bzw. Ansatzes geachtet. Die Differenzen werden soweit wie möglich akzeptiert und vom Unternehmen umgesetzt.

Die geozentrische Betrachtungsweise wird häufiger in multinationalen Unternehmen gefunden, welche von der Integration der Mutter- und Tochtergesellschaft(en) ausgeht. Hier handelt es sich um einen Kulturmix und eine stärkere Kulturverflechtung, bei der sich das Unternehmen in seiner weltweiten Präsenz und Tätigkeit von den jeweiligen Länder distanziert und eine eigene einheitliche und spezifische, in jeder Unternehmenseinheit implementierte, Unternehmenskultur zu entwickeln und zu etablieren versucht.

Als eine Weiterentwicklung der polyzentrischen Orientierung findet man auch weniger vorkommende regiozentrische Sichtweisen der Unternehmenspolitik. Diese Perspektive geht einen Schritt weiter als die polyzentrische, in dem sie in einzelnen Ländern sogar die regionalen Unterschiede in Kauf nimmt und sie soweit wie möglich zu berücksichtigen und zu implementieren versucht.

2.3 Typen internationaler Projekte

Allgemein lassen sich internationale Projekte in zwei Gruppen aufteilen, und zwar in Eigennutzungsprojekte und Fremdauftragsprojekte (Gutmann, & Kabst, 2000). Dieser Aufteilung schließt sich auch Cronenbroeck an, interpretiert jedoch die Begriffe „Eigennutzung“ als intern bezogene bzw. „Fremdauftrag“ als extern bezogene und betont gleichzeitig die Aussagekraft solcher Typenaufteilungen (Cronenbroeck, 2004, S. 100). Es sind jedoch mehrere Unterscheidungen und Typisierungen internationaler Projekte möglich, wie dies auch Dülfer darstellt. Er konkludiert jedoch anschließend selbst mit der formalen Unterscheidung, nämlich jener in unternehmensinterne und unternehmensexterne (Dülfer, 2001, S. 10).

Die typischen internen Projekte nach Dülfer (2001, S. 11 ff.) sind der Aufbau einer Niederlassung oder eines Produktions- und Montagebetriebs für die eigene Organisation. Als typische externe Projekte auf internationaler Ebene lassen sich die Errichtung und der Bau der Betriebsanlagen (schlüsselfertige Varianten) bzw. die Lieferung von diversen Dienstleistungen nennen (Cronenbroeck, 2004, S. 104). Meier betrachtet solch eine eingeschränkte Betrachtungsweise hinsichtlich der Aufteilung internationaler Projekte als kritisch, da diese in der einschlägigen Fachliteratur rund um das Thema „Internationales Projektmanagement“ den Schwerpunkt meistens auf den Anlagenbau bzw. Großbau legt und die anderen Bereiche kaum Erwähnung finden (Meier, 2004, S. 57).

Dieser Kritikbetrachtung von Meier schließt sich auch der Autor dieser Arbeit an – sie hat sich während der Recherchearbeiten für das vorliegende Werk fundiert bestätigt. Internationale Projekte weisen nicht nur eine höhere Größenordnung auf, um es auch als solch eines bezeichnen zu dürfen; sie stehen vielmehr für grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Menschen unterschiedlicher Kultur- und Herkunftshintergründe, welche die Realisierung eines Vorhabens als gemeinsames Ziel haben. Hier wird vom Autor dieser Arbeit der Unterschied zwischen den Ausbildungsniveaus der Beteiligten an einem solchen Vorhaben bewusst nicht priorisiert, da die Ausbildung zum Großteil diversen weltweit sehr ähnlichen Mindeststandards unterliegt. So bleibt der Vorrang dem Kulturunterschied vorbehalten, welcher sich, auch ohne jeden Unterschied in der Ausbildung, in den verschiedenen Arbeits- und Ansatzweisen der Projektbeteiligten widerspiegelt.

Im Gegensatz zu den oben angeführten Autoren hinsichtlich der Typen internationaler Projekte, führt Turner eine detailliertere Aufteilung aus (Turner, 2009, S. 391 ff.):

- Projekte im Heimatland mit ausländischen Vertragspartnern

Bei diesen Projekten ist z.B. der Zugang zum (kostengünstigeren) erforderlichen Know-How oder Arbeitskraft gegeben, oder aufgrund der Vertragsbedingungen eine verpflichtende Kooperation mit, vom Auftraggeber nominierten, Subunternehmer als Vertragspartner

- Projekte im Heimatland für ausländische Auftraggeber

Die ausländischen Projektauftraggeber haben z.B. das Ziel in den heimischen Markt einzudringen, heimische Arbeitskraft und das Know-How zu akquirieren bzw. zu nutzen, sich Zugang zu heimischen Rohstoffen zu verschaffen etc. In solchen Fällen lässt sich als Vorteil ansehen, dass die Projektumgebung, sozialgesellschaftlich und rechtswirtschaftlich bekannt ist. Als Herausforderung können sich die kulturbedingte Erwartungshaltung des Projektauftraggebers oder seine mangelnde Businesserfahrung im Zielland erweisen

- Projekte im Ausland mit heimischen Auftraggebern

Die Projektdurchführung findet in einer fremden Umgebung statt. Als Kunde für lokale Lieferanten kann man sich den Respekt eigener Kulturwerte erwarten, sollte aber auch die lokale Tradition verstehen und achten

- Projekte bei welchen heimische Vertragspartner für einen ausländischen Auftraggeber in seinem Land tätig sind

In diesen Projekten gibt es neben rein kulturellen auch zahlreiche zusätzliche Risikofaktoren und potenzielle Problembereiche wie z.B. zu hohe finanzielle Risiken, die abgängige Glaubwürdigkeit und mangelnde Kenntnis über den Projektumfang seitens des Auftraggebers, die Projektkommunikation findet nur in einer anderen Sprache statt etc.

- Projekte welche für Projektbeteiligte inkl. Auftraggeber in Ausland stattfinden

Als Beispiel solcher Projekte ist der Bau einer Ölraffinerie oder einer Wasserkläranlage im Drittland zu nennen. Solche Projekte sind meistens gut vorbereitet und analysiert (mittel Machbarkeitsstudien) und werden von einer Transnational Company (TNC) mit viel Erfahrung in internationalen Projekten und Teams koordiniert

- Multinationale Joint Ventures

Hier geht es um Projekte welche auch am schwierigsten durchzuführen sind, da sie eine sehr hohe Interessenskomplexität der Parteien aufweisen und zahlreichen anderen (politischen) Risiken ausgesetzt sind.

2.4 Ziele und Vorteile internationaler Projekte

Obwohl einige Vorteile der internationalen Projekte bereits genannt wurden, wird hier der Fokus auch auf zusätzliche Punkte gelegt, nämlich die Ziele solcher Projekte. Denn, bei der gegebenen Komplexität der Projektorganisation, ihren Risiken und oft nicht vorsehbaren Projektdiskontinuitäten, ist die Erwartung der überwiegenden quantitativen, qualitativen und nachhaltigen Vorteile eine Selbstverständlichkeit.

Die folgende Grafik veranschaulicht die Hauptziele der internationalen Projekte nach Köster (2010, S. 14):

Abbildung 2 - Hauptziele internationaler Projekte

Modifiziert nach (Köster, 2010, S. 14)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die internationalen Projekte haben für die Projektauftraggeber und die direkt und indirekt Projektbeteiligten folgende Haupt-Einsatzzwe>· Suche nach neuer geografischen Präsenz oder neuen internationalen Stakeholder

- Die Erhöhung

- des Anteils am globalen Markt,
- der Marktmacht und des Markteinflusses,
- der globalen politischen Macht,
- der globalen Effektivität,

- Realisierung der Effizienzsteigerung
- Zugang zu seltenen Ressourcen(-quellen)
- Risikominimierung

Das Projektmanagement allgemein bringt viele Vorteile mit sich, sowohl für Projektbeteiligten als auch für Projektrealisierung. Es lassen sich jedoch folgende besonders hervorheben (Giesche, 2010, S. 23):

- Synergieeffekte
- qualitativ hohe Sachergebnisse
- vernetztes, bereichsübergreifendes Denken
- hohe Flexibilität der Projektgruppen

Der Vorteil, der im Mittelpunkt der grenzübergreifenden Kooperation steht, ist die Durchführungsmöglichkeit des Vorhabens selbst – wenn es z.B. eine Organisation alleine nicht hätte realisieren können. Ohne den redundanten Anführungen hier einen Platz zu geben, sei nur noch erwähnt, dass die bisher genannten Autoren mit großer Übereinstimmung die wichtigsten Vorteile kulturübergreifender Zusammenarbeit promovieren. Es hängt jedoch immer davon ab, welche Haupt-, Neben- oder Nichtziele ein bestimmtes Projekt verfolgt. Somit lässt sich feststellen, dass gewisse Ziele ebenso Vorteile sind, während gewisse Vorteile nicht unbedingt auch Ziele sind.

Zweck Vergleichs, seien hier einige Vorteile angeführt, welche Cronenbroeck etwas detaillierter betrachtet (Cronenbroeck, 2004, S. 106-108):

- Verteilung der Risiken auf die Kooperationsbeteiligten
- Nutzung weltweit verfügbarer Finanzierungsquellen
- Kosteneinsparungen durch internationale Arbeitsteilung

Die Vorteile gehen weit über jene des individuellen Unternehmens- oder Kundennutzens der Projektauftraggeber hinaus: Durch den grenz- und kulturüberschreitenden Wissenstransfer und Erfahrungs- und Technologieaustausch werden den internationalen Projekten auch gesellschaftspolitische und volkswirtschaftliche Bedeutungen beigemessen (Meier, 2004, S. 57).

Somit konkludiert der Autor, dass jenseits der (erwähnten) Vorteile und Ziele der Projektauftraggeber, all jene, die an der Projektrealisation, direkt und indirekt, beteiligt sind fast unvermeidlich und kollateral davon profitieren bzw. dadurch verlieren, wenn aber auch marginal. Der Verlust kann sich z.B. auf die Konkurrenz oder auf kleinere Betriebe auswirken, welche im Rahmen des Markteintritts des Projektauftraggebers Umsatzeinbrüche einfahren. Die letzte Aussage lässt sich auch auf die Endabnehmer (die Kunden) anwenden, welche möglicherweise eingeschränkte oder erweiterte Produkt- und Dienstleistungsauswahl erhalten.

[...]


[1] nach freier Übersetzung des Autors

[2] Annex Table No. 34 for the Year 2010

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2012
ISBN (PDF)
9783863418045
ISBN (Paperback)
9783863413040
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FH Krems
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2
Schlagworte
multikulturell multikulturelles Projektteam kulturelle Kompetenz kulturelle Differenz internationaler Manager international
Zurück

Titel: Projektmanagement und interkulturelle Kommunikation: Die Funktion der Kultur und ihr Einfluss auf den Projekterfolg
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
60 Seiten
Cookie-Einstellungen