Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich und die Krankenkasse: Beeinflussbar über die Krankenhausabrechnungsprüfung?
Zusammenfassung
Welche Chancen und Risiken ergeben sich durch die Einführung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches für die einzelnen Krankenkassen, beziehungsweise für die Kassenarten? Welche notwendigen Maßnahmen ergeben sich für die einzelne Krankenkasse, um am Markt bestehen zu können? Genauer genommen, wie kann die Erhebung eines Zusatzbeitrages vermieden, beziehungsweise so lange wie möglich herausgezögert werden? Welche Rolle übernimmt die Krankenhausabrechnungsprüfung unter den geänderten Rahmenbedingungen? Gibt es Möglichkeiten, die Zuweisungen durch die Krankenhausabrechnungsprüfung zu beeinflussen, ohne ein Rightcoding zu betreiben?
Im ersten Kapitel werden die historischen Bedingungen, die zur Entwicklung des Risikostrukturausgleiches führten, dargelegt. Gleichzeitig begründet dies, warum ein solcher Ausgleich überhaupt notwendig ist und welche Folgen daraus resultieren. Zusätzlich wird dargelegt, wie der Risikostrukturausgleich bis einschließlich 2008 funktionierte.
Das zweite Kapitel legt die Situation von dem 01.01.2009 an, unter den Bedingungen des neuen morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches dar und diskutiert außerdem dessen Vor- und Nachteile. Zusätzlich wird in diesem Kapitel darauf eingegangen, wie groß die Anteile der Zuweisungen aus dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich, auf der Grundlage von stationären, beziehungsweise ambulanten Diagnosen sind und welche gemeinsamen Schnittmengen zwischen diesen existieren. Dies bildet die Grundlage zu der Frage, ob und in welcher Höhe die Zuweisungen aus dem morbiditätsorientieren Risikostrukturausgleich potenziell durch die Krankenhausabrechnungsprüfung beeinflusst werden können.
Im dritten Kapitel wird die Krankenhausabrechnungsprüfung unter Morbi-RSA-Gesichtspunkten untersucht. Des Weiteren wird geprüft, inwieweit die Krankenhausabrechnungsprüfung ein steuerungsrelevantes Instrument unter Morbi-RSA-Bedingungen sein kann. Dies wird zusätzlich unter dem Aspekt der Substitution mit ambulanten Diagnosen betrachtet. Der letzte Teil dieses Kapitels befasst sich damit, ob offizielle Kodierrichtlinien, Kodierempfehlungen der SEG 4, […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Fragestellungen der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
2. Notwendigkeit der Entwicklung des RSA
2.1 Historische Wurzeln
2.2 Situation bis zur Einführung des Risikostrukturausgleiches
2.3 Gesetzgebung bis zur Einführung des Morbi-RSA
2.3.1 Gesetze zum Leistungsausschluss und zur Kostendämpfung
2.3.2 Gesetze zur Schaffung und Förderung des Wettbewerbs und Erweiterung der Solidarität
2.4 Risikostrukturausgleich von 1994 bis 2008
3. Morbi-RSA ab 01.01.2009
3.1 Funktionsweise
3.2 Chancen
3.3 Risiken
3.4 Wie groß ist der Einfluss von ambulanten und stationären Diagnosen auf die Zuweisungen aus dem Morbi-RSA?
4. Krankenhausabrechnungsprüfung
4.1 Warum überhaupt eine Krankenhausabrechnungsprüfung?
4.2 Grundlagen des DRG-Systems
4.3 Wirkung unter RSA bis 2008
4.4 Wirkung unter Morbi-RSA-Bedingungen
4.5 Kann die Krankenhausabrechnungsprüfung ein steuerungsrelevantes Instrument sein?
4.5.1 Wechselwirkungen mit anderen Indikatoren für Zuschläge aus dem Morbi-RSA
4.5.2 Einsatzchancen durch das Instrument der Kodierrichtlinien und –Empfehlungen
4.5.3 Ist die Krankenhausabrechnungsprüfung steuerungsrelevant?
4.6 Vorschlag zum Einsatz in der Praxis durch Optimierung der Krankenhausabrechnungsprüfung
5. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Allgemeine Beitragssätze je Kassenart 1992
Abb. 2: Regionale Unterschiede des BIP je Einwohner 2006
Abb. 3: Einordnung der Reformgesetze für die GKV
Abb. 4: Leistungsausgaben in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht und Erwerbsminderung
Abb. 5: Beitragssatzunterschiede mit und ohne RSA je Kassenart 2007
Abb. 6: Funktionsweise des Morbi-RSA
Abb. 7: Diagnosenursprung der Zuweisungsgruppen und finanziellen Zuweisungen
Abb. 8: Aufbau einer DRG
Abb. 9: Funktion des Groupers
Abb. 10: Beispiel für einen Ablaufplan gemäß Definitionshandbuch
Abb. 11: Abhängigkeit zwischen Verweildauer und Erlös bei der DRG G17Z
Abb. 12: Ablaufschema für die Feststellung einer Wiederaufnahme
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Landesbasisfallwert und BIP je Einwohner je Bundesland
Tab. 2: Risikenverteilung zwischen den Kassenarten
Tab. 3: Zuordnung DxGs zur HMG 49
Tab. 4: Zuordnung DxGs zu den Endokrinen- und Stoffwechselerkrankungen
Tab. 5: Auszug möglicher MDCs
1. Einleitung
Diese Bachelorarbeit soll einen Einblick in die Situation der gesetzlichen Krankenversicherung vor der Einführung des morbiditätsorientieren Risikostrukturausgleichs geben und aufzeigen, welche Veränderungen aus der Einführung resultierten. Zusätzlich wird die Krankenhausabrechnungsprüfung der Krankenkassen unter den Aspekten der Veränderungen untersucht.
1.1 Fragestellungen der Arbeit
Welche Chancen und Risiken ergeben sich durch die Einführung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches für die einzelnen Krankenkassen beziehungsweise für Kassenarten? Welche notwendigen Maßnahmen ergeben sich für die einzelne Krankenkasse um am Markt bestehen zu können? Genauer genommen, wie kann die Erhebung eines Zusatzbeitrages vermieden, beziehungsweise so lange wie möglich heraus gezögert werden? Welche Rolle übernimmt die Krankenhausabrechnungsprüfung unter den geänderten Rahmenbedingungen? Gibt es Möglichkeiten die Zuweisungen durch die Krankenhausabrechnungsprüfung zu beeinflussen, ohne ein Rightcoding[1] zu betreiben? Mit der vorliegenden Arbeit sollen diese Fragen beantwortet werden.
1.2 Aufbau der Arbeit
Zum besseren Verständnis der Fragestellungen wird es einleitend Informationen zur Situation vor der Einführung des morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) geben und auch welche Problemfelder bekannt sind.
Im ersten Kapitel werden die historischen Bedingungen, die zur Entwicklung des Risikostrukturausgleiches führten dargelegt. Gleichzeitig begründet dies, warum ein solcher Ausgleich überhaupt notwendig ist und welche Folgen daraus resultieren. Zusätzlich wird dargelegt, wie der Risikostrukturausgleich bis einschließlich 2008 funktionierte.
Das zweite Kapitel wird die Situation unter den Bedingungen des neuen morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches ab dem 01.01.2009 darlegen, sowie dessen Vor- und Nachteile diskutieren.
Zusätzlich wird in diesem Kapitel darauf eingegangen, wie groß die Anteile der Zuweisungen aus dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich auf Grundlage von stationären, beziehungsweise ambulanten Diagnosen sind und welche gemeinsamen Schnittmengen zwischen diesen existieren. Dies wird die Grundlage bilden, ob und in welcher Höhe die Zuweisungen aus dem morbiditätsorientieren Risikostrukturausgleich potenziell durch die Krankenhausabrechnungsprüfung beeinflusst werden kann.
Im dritten Kapitel wird die Krankenhausabrechnungsprüfung unter Morbi-RSA-Gesichtspunkten untersucht. Vorab wird das deutsche DRG-System erklärt, um ein Verständnis über die Wirkungsweise der Krankenhausabrechnungsprüfung auf die Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Krankenkasse zu geben. Dabei werden die Wirkungen unter den Bedingungen bis zum 31.12.2008 im Vergleich zu den Bedingungen ab 01.01.2009 betrachtet.
Des Weiteren wird geprüft, in wieweit die Krankenhausabrechnungsprüfung ein steuerungsrelevantes Instrument unter Morbi-RSA-Bedingungen sein kann. Dies wird zusätzlich betrachtet unter dem Aspekt der Substitution mit ambulanten Diagnosen.
Der letzte Teil dieses Kapitels wird sich damit befassen, ob offizielle Kodierrichtlinien, Kodierempfehlungen der SEG 4, beziehungsweise Kommentierungen der FoKA unter Morbi-RSA-Bedingungen genutzt werden können, um eine positive Wirkung auf die Einnahmen- und Ausgabensituation der einzelnen Krankenkasse zu erreichen.
Das letzte Kapitel wird die Erkenntnisse dieser Arbeit zusammenfassen und einen Ausblick auf potentielle Entwicklungen geben.
2. Notwendigkeit der Entwicklung des RSA
In diesem Kapitel wird zum einen dargestellt warum ein RSA notwendig ist und zum anderen begründet, wie es zu einer heterogenen Verteilung der Risiken kam.
2.1 Historische Wurzeln
In der Zeit vor der reformatorischen Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung durch Otto von Bismarck existierten in Deutschland freiwillige Sozialversicherungen der Gewerkschaft und der kirchlichen Arbeiterverbände. Es gab Versicherungsvereine, die auf dem Grundgedanken der Reziprozität beruhten. Der Einzelne erhielt somit Schutz in persönlichen Krisenzeiten. Weiterhin übernahmen einige Unternehmen soziale Verantwortung und richteten Hilfseinrichtungen für die Arbeiterschaft ein. Mit der von Ferdinand Lassalle bezeichneten „Nachtwächterrolle“ des Staates wurde die Forderung eines sozialen Vorsorgesystems lauter. Die Arbeiterbewegung forderte einen ausgleichenden Staat. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Hilfskassen eingeführt, bei denen die Möglichkeit der Versicherungspflicht auf Kommunalebene bestand.[2]
Durch die Kaiserliche Botschaft vom 17.11.1881 wurde der Grundstein für die Sozialversicherung in Deutschland gelegt. Die gesetzliche Krankenversicherung wurde durch das „Gesetz, betreffend der Krankenversicherung der Arbeiter“ vom 15.06.1883 ins Leben gerufen.
Darin die Finanzierung so festgelegt, dass der Arbeitgeber ein Drittel und der Arbeitnehmer zwei Drittel des Gesamtbeitrages leisten[3].
In Folge dieser Botschaft wurden 1884 die Unfallversicherung, 1889 die Alters- und Invalidenversicherung eingeführt.[4]
Mit dem zuvor genannten Gesetz und der Reichsversicherungsordnung vom 19.07.1911 wurde die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland nach einem betriebs- und berufsorientierten System untergliedert in[5]:
-Die Allgemeinen Ortskrankenkassen, welche eine „so genannte Basiskassenfunktion“[6] hatten und alle Personen einer Region versicherten, welche von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht erfasst wurden und für die keine andere gesetzlich geregelte Kassenzuständigkeit bestand.
- An die Stelle der AOK trat eine Betriebskrankenkasse, sofern diese im Betrieb des Versicherungspflichtigen existierte. Für Handwerksbetriebe, welche einer Innung angehörten, gab es das Gegenstück als Innungskrankenkasse.
- Hinzu kamen Anfang des 20. Jahrhunderts Sonderformen der Pflichtkassen: für Bergarbeiter als Bundesknappschaft, für Landwirte die Landwirtschaftliche Krankenkasse und für Seeleute die See-Krankenkasse. Später fusionierten die BKN, SeeKK und Bahnversicherungsanstalt zur Knappschaft-Bahn-See.
- Den Ersatzkassen wurden keine Versicherten gesetzlich zugewiesen. Dennoch konnten sich diese Krankenkassen bestimmten Versichertengruppen öffnen. Für alle Angestellten bestand die Möglichkeit Mitglied in der Angestellten-Krankenkasse beziehungsweise der Barmer Ersatzkasse zu werden. Für technische Angestellte bestand zusätzlich die Wahlmöglichkeit der Techniker-Krankenkasse und für bestimmte Metallfacharbeiter war die Gmünder Ersatzkasse zuständig.
2.2 Situation bis zur Einführung des Risikostrukturausgleiches
Diese Aufteilung ist ein Relikt aus den „Bismarckschen Sozialreformen“[7] und sollte „einerseits die Arbeiterklasse in den Kaiserstaat integrieren, aber andererseits die Schichtung der Gesellschaft nach dem „Stand“ konservieren.“[8] Bis zum 31.12.1996 wurden die Mitglieder gesetzlich entsprechend Beruf und Status den einzelnen Krankenkassenarten zugewiesen.
Dies hatte zur Folge, dass sich Mitglieder mit unterschiedlichen Morbiditätsrisiken und verschieden hohen Grundlohnniveaus in den Kassenarten versicherten. Es kann gesagt werden, dass die Allgemeine Ortskrankenkasse die ungünstigsten Risiken zugewiesen bekam[9], was einen bedeutenden Nachteil dieser Zuweisung darstellte.
Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 wurde zum 01.01.1996 das freie Kassenwahlrecht eingeführt. Dies sollte zur besseren Verteilung und zum Ausgleich der Risiken unter den einzelnen Krankenkassenarten beitragen.
Gleichzeitig stellte diese Maßnahme die Einführung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Nun war es den Mitgliedern möglich, sich eine andere Krankenkasse zu suchen, falls sie mit ihrer nicht mehr zufrieden waren. Diese Schaffung von Wettbewerb zwischen den einzelnen Krankenkassenarten war nicht über Nacht möglich. Hintergrund waren die erheblichen Unterschiede in der Risikostruktur und Einnahmensituation. Als vorbereitende Maßnahme wurde zusätzlich ein Risikostrukturausgleich zwischen allen Krankenkassen ab dem 01.01.1994 festgelegt.
Mit diesen Maßnahmen sollten die Nachteile der bisher festgeschriebenen Zuweisung der Mitglieder zu den Krankenkassenarten bezüglich der Erkrankungen und der daraus entstehenden Kosten homogener verteilt und damit ausgeglichen werden.
Der oben genannte Nachteil, der heterogenen Risikenverteilung, ist in verschiedenen Formen aufgetreten. In der Bundesknappschaft sind vorrangig nur Bergarbeiter versichert, welche ein höheres Risiko tragen an einer Kohlenbergarbeiter-Pneumokoniose (auch Staublunge genannt, ICD-10-Code: J60[10] ) oder schweren Schädigungen des Bewegungsapparates zu erkranken als zum Beispiel Angestellte, welche sich in der DAK beziehungsweise BEK versichern können. Derartige Erkrankungen sind behandlungsintensiver und verursachen folglich höhere Kosten als zum Beispiel Rückenschmerzen infolge der täglichen Büroarbeit. Liegen bei einem Menschen, wie einem Bergarbeiter, schwere Schädigungen des Bewegungsapparates vor, wird dieser mit einer hohen Wahrscheinlichkeit seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können und gegebenenfalls auf Operationen, zum Beispiel infolge eines Bandscheibenvorfalls angewiesen sein. Im Vergleich dazu wird der Angestellte in den meisten Fällen „nur“ durch Verspannungen, welche durch das lange Sitzen bedingt sind, behandlungsbedürftig. Diese Symptome können oft mit einfachen und kostengünstigen Maßnahmen bekämpft werden. Hierzu zählen zum Beispiel Gymnastikkurse für den Rücken und Massagen. Zusätzlich kann durch den Arbeitgeber ein ergonomischer Arbeitsplatz bereitgestellt werden, welcher solche Maßnahmen bekämpfen kann. Zusätzlich ist in den meisten Fällen auch nicht damit zu rechnen, dass es zu einer Berufsunfähigkeit kommt.
Somit ist das wirtschaftliche Risiko für die Bundesknappschaft höher als für die DAK beziehungsweise die BEK (in der Abb. 1 als EKAn dargestellt). Das spiegelte sich auch in den Beitragssätzen von 1992 widerspiegelte (vgl. Abb. 1). Die Ersatzkassen für Angestellte konnten 1992 mit einem durchschnittlichen Beitragssatz von 12,41 Prozent agieren, wohingegen die KBS 13,27 Prozent von ihren Mitgliedern erheben musste[11].
Abb. 1: Allgemeine Beitragssätze je Kassenart 1992
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: BMG: Allgemeiner Beitragssatz 1991 – März 2008 (Ergebnisse der GKV-Statistik KM1), eigene Darstellung
Bis 1993 war es die Aufgabe jeder Krankenkasse gemäß § 220 Absatz 1 Satz 2 SGB V[12] den Beitragssatz so zu bemessen, dass die im Haushaltsplan vorgesehenen Ausgaben von den Einnahmen gedeckt werden und dies ohne einen Risikostrukturausgleich[13]. Nach dieser Regelung konnten die notwendigen Mittel, vereinfacht gesagt, ausschließlich aus den Beitragseinnahmen von den Mitgliedern der jeweiligen Krankenkassen gewonnen werden.
Unter der Annahme, dass die Leistungsausgaben bundesweit annähernd auf einem gleichen Niveau sind und nur geringfügige Unterschiede aufweisen, ergibt sich ein Problem durch die sehr inhomogene Verteilung des BIP je Einwohner innerhalb der Länder und Regionen. Dies kann als Indikator für die Grundlohnsumme für die Sozialversicherung angesehen werden und der Verteilung der Risiken, welche sich durch die Krankenkassenart ergeben.
Die Grundlohnsumme ist die „Summe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder einer Sozialversicherung.“[14] Diese beitragspflichtigen Einnahmen ergeben sich aus dem anteiligen Einkommen des Mitgliedes, bemessen nach dem Beitragssatz der einzelnen Krankenkasse.
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass in Regionen mit einem geringen BIP je Einwohner auch eine geringe Grundlohnsumme für die Beitragserhebung zur Verfügung steht. Hingegen steht in Regionen mit einem hohen BIP je Einwohner eine höhere Grundlohnsumme für die Sozialversicherung zur Verfügung. Dabei darf aber nicht vernachlässigt werden, dass bei der Berechnung des BIP je Einwohnung auch privat krankenversicherte Personen enthalten sind, welche zum größeren Teil ein höheres Einkommen haben als gesetzlich versicherte Personen. Mit steigendem Einkommen, steigt auch die finanzielle Belastung durch die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Diese ist der Höchstsatz zur Bemessung der Beiträge, welcher 2009 für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung jährlich 45.000,00 Euro betrug. Die Jahresentgeltgrenze 2009 betrug 48.600,00 Euro, welche als Grenze für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung gesehen werden kann. Sobald das Einkommen eines Arbeitnehmers diesen Wert übersteigt, kann er die gesetzliche Krankenversicherung verlassen und sich einer privaten Krankenversicherung zuwenden. Somit ist ein Teil der höher verdienenden Personen nicht gesetzlich krankenversichert, sodass sich diese nicht mit ihrem Einkommen am Solidaritätsprinzip beteiligen.
In den neuen Bundesländern und zum Beispiel im Saarland ist das BIP je Einwohner erheblich niedriger als der Bundesdurchschnitt (vgl. Abb. 2).
Aufgrund dieser heterogenen Verteilung stehen den Krankenkassen in den neuen Bundesländern einschließlich des Saarlands, bei einem angenommen gleichen Beitragssatz, weniger Mittel zur Verfügung, als in den anderen Bundesländern pro Mitglied.
Abb. 2: Regionale Unterschiede des BIP je Einwohner 2006
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland: Regionalatlas der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder - Nominales BIP je Einwohner in Euro 2006, Darstellung nachbearbeitet
Zum Teil existieren in den neuen Bundesländern noch Preisvorteile (vgl. Tab. 1), welche aber mittlerweile geringer sind als die Differenzen beim BIP.
Da die Krankenhausleistungsausgaben im Jahr 2008 mit rund 53 Milliarden Euro etwa ein Drittel der Gesamtausgaben von 161 Milliarden Euro ausmachten und der Landesbasisfallwert den durchschnittlichen Fallerlös eines stationären Krankenhausaufenthaltes innerhalb eines Bundeslandes wiedergibt, kann dieser als Indikator für die Preissituation innerhalb eines Bundeslandes herangezogen werden[15]. Die Funktionsweise und Wirkung eines Landesbasisfallwertes wird im Kapital 4.2 erklärt.
Tab. 1: Landesbasisfallwert und BIP je Einwohner je Bundesland
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland: Regionalatlas der Statistischen Ämter des Bundes
und der Länder, Nominales BIP je Einwohner in Euro 2006 und AOK-Bundesverband:
Landesbasisfallwerte 2006, eigene Darstellung
Aus Tab. 1 kann entnommen werden, dass es Bundesländer gibt, welche einen Landesbasisfallwert oberhalb des Bundesdurchschnittes von 2774 Euro und dabei gleichzeitig mit dem BIP je Einwohner unterhalb des Bundesdurchschnittes von 28.194 Euro liegen. Unter dieser Betrachtung fallen Berlin und das Saarland auf. In diesen Bundesländern werden die Krankenkassen besonders mit einem Ungleichgewicht zwischen den Einnahmen belastet. Diese werden durch das BIP je Einwohner beeinflusst, sowie den Ausgaben, welche beispielhaft an dem Landesbasisfallwert dargestellt werden. Die Bundesländer Hamburg und Bremen wurden bei dieser Betrachtung vernachlässigt, da hier eine erhebliche Verfälschung des BIP je Einwohner vorliegt. Hintergrund ist hier, dass enorme Teile des BIP über den Frachtverkehr der zwei Häfen generiert werden, welche nicht direkt den einzelnen Einwohnern in diesem Umfang zugute kommen.
Des Weiteren gibt es Bundesländer, welche mit ihrem Landesbasisfallwert unterhalb des Mittelwertes liegen, aber viel erheblicher den Mittelwert beim BIP je Einwohner unterschreiten. Für diese Fallkonstellation sind die Neuen Bundesländer zeichnend, da sie durch die schrittweise Angleichung der Löhne an das Niveau der Alten Bundesländer noch einen preislichen Vorteil bei den Kosten im Gesundheitssystem gegenüber dem restlichen Bundesgebiet besitzen, aber dennoch das Einkommen der Bevölkerung erheblich geringer ist als der Bundesdurchschnitt. Besonders deutlich wird diese Konstellation an dem Bundesland Sachsen-Anhalt, da hier noch ein Landesbasisfallwert verhandelt[16] wurde, welcher 1,6 Prozent geringer als der Durchschnitt aber dennoch das BIP je Einwohner um 29,5 Prozent geringer ist.
Zu diesen strukturellen Problemen müssen auch noch besonders kostenintensive Einzelfälle hinzugezogen werden. Als Beispiele können hier Patienten mit Hämophilie, der sogenannten Bluterkrankheit, oder Frühgeburten dienen. Bei der Gruppe der Patienten mit Hämophilie ist durch die Erkrankung mit hohen Kosten zu rechnen, da hier eine kostenintensive Dauermedikation erfolgen muss und bei Verletzungen oder Operationen besondere Maßnahmen erforderlich werden. Dieser Kostenfaktor wird aus der monatlichen Zuweisung aus dem Gesundheitsfond (ab dem 01.01.2009) gemäß Bekanntmachung vom 14.11.2008 in der Hierarchisierten Morbiditätsgruppe 43 deutlich, welcher eine Höhe von 5.064,7053 Euro besitzt. Auf das Jahr hochgerechnet ergibt sich eine Gesamtzuweisung von 60.776,4636 Euro, welche auf die enormen Kosten eines derartigen Patienten für die einzelne Krankenkasse schließen lässt[17]. Für die Gruppe der Frühgeburten gibt es keine derartige direkte Zuweisung aus dem Gesundheitsfond, welche auf die Kosten schließen lässt. Dennoch kann hier grundsätzlich die Zuweisung für ein Neugeborenes herangezogen werden, wobei Erkrankungen beziehungsweise eine zu frühe Geburt nicht betrachtet werden. Für ein männliches Neugeborenes erhält die Krankenkasse eine jährliche Zuweisung in Höhe von 5.437,0200 Euro und für ein weibliches Neugeborenes 4.512,1008 Euro[18]. Die unterschiedlichen Zuweisungen sind vom Bundesversicherungsamt festgelegt, auf Grundlage von bisherigen durchschnittlichen Leistungsausgaben für Neugeborene.
Mittlerweile ist die Medizin schon soweit, dass Frühchen aus der 23. Schwangerschaftswoche mit einem Gewicht unterhalb von 1.000 Gramm überleben, aber hierfür ist eine intensivmedizinische Versorgung notwendig und es kann dennoch zu erheblichen Komplikationen kommen. Um die hierbei von der einzelnen Krankenkasse zu tragenden Kosten darzustellen, wird es mit Hilfe der in Deutschland üblichen DRGs verdeutlicht. Wird ein Kind geboren mit einem Gewicht unterhalb von 600 Gramm kostet der stationäre Aufenthalt im Regelfall ohne sogenannte OR-Prozeduren[19], welche signifikante Eingriffe darstellen, bei einem Basisfallwert von 2.774 Euro insgesamt 82.346,19 Euro[20]. Sollten aufgrund des geringen Gewichts OR-Prozeduren notwendig sein, erhöhen sich die Kosten auf 125.079,66 Euro[21]. Solche derartig hohen Kosten können nicht ohne eine erhebliche Anhebung des Beitragssatzes oder ein Angreifen der Rücklagen, sofern in entsprechender Höhe vorhanden, durch eine einzelne kleinere Krankenkasse beziehungsweise bei mehreren Fällen eine größere Krankenkasse getragen werden[22].
Diese erheblichen Probleme mussten bis zum 31.12.1993 fast vollständig durch jede einzelne Krankenkasse gelöst werden, welches zu erheblichen Beitragssatzunterschieden führte. Kleinere Krankenkassen beziehungsweise Krankenkassen mit mehreren kostenintensiven Versicherten müssen einen eindeutig höheren Beitragssatz wählen, damit die Ausgaben die Einnahmen nicht übersteigen. Diese Gegebenheiten, welche offensichtlich einen solidarischen Ausgleich erfordern, werden im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich berücksichtig.
2.3 Gesetzgebung bis zur Einführung des Morbi-RSA
Einleitend zu diesem Teil ist es notwendig zu erwähnen, dass für die Recherche der Gesetzestexte auf Bundesgesetzblätter zurückgegriffen werden musste. Hintergrund ist, dass die Gesetze durch Änderungen nicht mehr als ursprüngliche Fassung zur Verfügung stehen und nur über diesen Weg der ursprüngliche Wortlaut ermittelt werden kann.
Bis zu diesem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich war es ein langer Weg, welchem einige Gesetze zur Verbesserung der Situation in der gesetzlichen Krankenversicherung vorausgingen. Diese sind und waren nicht die einzigen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Gesetzgebung verfolgte primär vier Zielstellungen, welche in der Erweiterung der Solidarität, Schaffung und Erweiterung eines Wettbewerbs zwischen den einzelnen Krankenkassen, dem Leistungsausschluss und der Kostendämpfung bestand. Die folgenden Gesetze beinhalteten teilweise mehrere Zielstellungen, welche in der Abb. 3 dargestellt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Einordnung der Reformgesetze für die GKV
Quelle: eigene Darstellung auf Basis der jeweiligen Gesetze
2.3.1 Gesetze zum Leistungsausschluss und zur Kostendämpfung
Als erhebliches Problem bleibt der Anstieg der Leistungsausgaben bestehen, welchem mit Kostendämpfungsgesetzen begegnet werden sollte. Bereits in den Jahren von 1977 bis 1983 wurden solche juristischen Regelungen verabschiedet, wie zum Beispiel das Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz vom 27.06.1977.
Dieses Gesetz beinhaltete die Erhöhung von Eigenanteilen, zum Beispiel für Arzneimittel von 2,50 DM auf 3,50 DM, sowie den Ausschluss von Leistungen. Ein Beispiel hierfür ist die vollständige Kostenübernahme für Kopfschmerztabletten vom Versicherten selbst[23].
Das Gesundheits-Reformgesetz vom 20.12.1988 beinhaltete auch neue Ansätze, welche zum Beispiel Leistungen zur Förderung der Gesundheit und die Erweiterung für Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten umfasste. Diese Maßnahme kann auf den ersten Blick keine Kostendämpfung erzeugen, aber sie wirkt präventiv auf die Kosten, welche entstehen, wenn es zur Krankheit kommt. Diese Vorsorge erfordert Investitionen im Vorfeld, kann aber grundlegend dazu beitragen, dass die Kosten im Krankheitsfall geringer ausfallen, beziehungsweise der Krankheitsfall als solcher vermieden werden kann. Jedoch hat diese Investition keinen kurzfristigen Effekt auf die Leistungsausgaben, sondern bei konsequenter Ausgestaltung einen Einspareffekt über einen längeren Zeitraum.
Zur kurzfristigen Senkung der Leistungsausgaben wurden Festbetragsregelungen für Arznei-, Verbands- und Hilfsmittel eingeführt. Zusätzlich wurden die Eigenanteile, welche auch Zuzahlungen genannt werden, erhöht. Diese Maßnahmen führten nur zu einer kurzzeitigen Stabilisierung der Ausgaben, welche ab der Mitte des Jahres 1990 wieder stärker stiegen, als die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung[24].
Mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999 wurden erhebliche Änderungen im Gesundheitssystem eingeleitet. Hier wäre die Einführung von Fallpauschalen im Krankenhaus zu nennen, welche die Tagespflegesätze ablösen sollten. Zusätzlich wurde die primäre Prävention gestärkt[25]. Dieses Gesetz war die Vorstufe für das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003.
Mit diesem Gesetz wurde die gesetzliche Krankenversicherung erheblich verändert. Als Beispiel kann hier die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen gesehen werden, welche auch als integrierte Versorgung bekannt ist. Zuzahlungen wurden komplett umgestellt auf zehn Prozent der in Anspruch genommen Leistung für alle Versicherten ab dem 18. Lebensjahr. Zusätzlich zu dieser Zehn-Prozentregelung gibt es die Zusatzbedingung, dass diese Zuzahlungen mindestens 5,00 Euro und maximal 10,00 Euro betragen müssen. Weiterhin wurde die „Praxisgebühr“ eingeführt, welche quartalsweise für den Besuch beim Arzt erhoben wird, wenn es sich nicht um eine Konsultation aufgrund einer Überweisung oder zur Vorsorge handelt. Das Sterbegeld wurde vollständig abgeschafft und auch die vollständige Zuzahlungsbefreiung für Härtefälle[26].
2.3.2 Gesetze zur Schaffung und Förderung des Wettbewerbs und Erweiterung der Solidarität
Das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 setzte auf Grund der Erfahrungen aus den vorhergegangenen Gesetzen auf Maßnahmen, welche einen längerfristigen Erfolg sicherstellen sollten. Hierzu zählen wie bereits erwähnt der Risikostrukturausgleich zwischen allen Krankenkassen ab dem 01.01.1994 und das freie Kassenwahlrecht ab 01.01.1996. Weitere wichtige Neuerungen waren zum Beispiel das ambulante Operieren, welches einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus verhindern sollte und die ambulanten vor- und nachstationären Behandlungen im Krankenhaus, welche die Verweildauer für eine stationäre Behandlung verkürzen sollten. Diese Maßnahmen haben sich mittlerweile zu einem wichtigen Bestandteil in der Versorgung entwickelt[27].
In der Zeit von 1991 bis 1996 erhöhte sich der Allgemeine Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung von 12,36 Prozent auf 13,48 Prozent[28]. Um dieser Entwicklung entgegen zutreten erkannte der Gesetzgeber, dass eine reine Kostendämpfungsgesetzgebung nicht ausreichend ist. Infolge dieser Erkenntnis wurde das Beitragsentlastungsgesetz am 01.11.1996 verabschiedet. Dieses Gesetz umfasste drei Stufen, welche wie folgt in Kraft traten. Die erste Stufe wurde rückwirkend für 1996 beschlossen und beinhaltete das Verbot einer Beitragssatzerhöhung für 1996. Zudem wurden Zuzahlungen für Arzneimittel und Kuren erhöht und die Zuschüsse für Brillengestelle abgeschafft. Die zweite Stufe trat zum 01.01.1997 in Kraft und beinhaltete eine verpflichtende Beitragssatzsenkung um 0,4 Prozent. Zusätzlich wurde das Krankengeld von 80 Prozent des regelmäßigen Bruttoentgelts auf 70 Prozent reduziert. Für Versicherte ab dem Geburtsjahr 1979 wurden die Zahnersatzzuschüsse gestrichen. Bei Kuren wurde die Regeldauer auf drei Wochen gesenkt und festgelegt, dass der nächste Kuraufenthalt frühestens nach vier Jahren erfolgen kann[29].
Die dritte Stufe wurde durch das Inkrafttreten der ersten und zweiten GKV-Neuordnungsgesetze zum 01.07.1997 eingeleitet.
Wesentliche Bestandteile waren Erhöhung von Zuzahlungen und Sanktionen für Beitragssatzanhebungen. Diese Sanktionen beinhalteten zum einen das außerordentliche Kündigungsrecht bei Beitragssatzanhebung, und zum anderen die Erhöhung der Zuzahlung durch die Versicherten der beitragssatzerhöhenden Krankenkasse um 1,00 DM je 0,1 Prozentpunkte Beitragssatzanhebung[30].
Mit der Bundestagswahl 1998 wurde die bestehende Regierung, welche sich durch die CDU und FDP bildete, abgewählt und durch eine neue Koalition zwischen SPD und Bündnis 90 Die Grünen ersetzt. Diese Wahl führte zu einer Änderung in der Gesundheitspolitik.
Mit dem GKV- Solidaritätsstärkungsgesetz vom 19.12.1998 wurden Änderungen aus den GKV-Neuordnungsgesetzen teilweise zurückgenommen, ohne dabei den Blick auf die Beitragsstabilität zu verlieren. Wichtige Punkte von diesem Gesetz waren Begrenzungsregeln für die Ausgaben der wichtigsten Leistungsbereiche. Für chronisch Kranke wurde bei einer Härtefallregelung eine niedrigere Belastungsgrenze eingeführt. Die Streichung der Zahnersatzleistungen für Jahrgänge ab 1979 wurde zurückgenommen und der gesamtdeutsche Risikostrukturausgleich wurde um die zeitliche Befristung befreit[31].
Mit diesen Gesetzen konnte aber keine Stabilisierung des Beitragssatzes erreicht werden. Dieser erreichte 2004 das Niveau von 14,22 Prozent und im Jahr 2007 13,90 Prozent[32]. Für 2007 ist zu beachten, dass das Mitglied zusätzlich noch 0,9 Prozent Zusatzbeitrag gemäß § 241a SGB V zu tragen hatte. Somit ist der Versichertenanteil von 7,11 Prozent für 2004 auf 7,85 Prozent gestiegen. Im Jahr 1991 betrug der Versichertenanteil 6,18 Prozent, was eine Steigerung von 27 Prozent entspricht. Dennoch wurde die Solidarität innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung erweitert, jedoch ist eine weitere Verbesserung dieser nötig.
2.4 Risikostrukturausgleich von 1994 bis 2008
Ab 1994 sollte der Risikostrukturausgleich die erheblichen Beitragssatzunterschiede gerechter gestalten und einen Wettbewerb zwischen den einzelnen Krankenkassen ermöglichen. Die Beitragssatzunterschiede sollten nach dem Willen des Gesetzgebers der Ausdruck von Effizienz und nicht der Versichertenstruktur sein. Zusätzlich sollten die Krankenkassen nicht dazu ermuntert werden, sich möglichst gute Risiken zu selektieren und ihre Ressourcen auf die Suche zu fokussieren[33]. Die guten Risiken stellen in diesem Fall, gesunde, einkommensstarke und somit beitragsstarke Mitglieder dar. Bis zur Einführung des freien Krankenkassenwahlrechts wurden zum großen Teil die Versicherten den Krankenkassen zugewiesen[34]. Daraus resultieren auch sehr heterogene Risikostrukturen zwischen den einzelnen Krankenkassenarten, was in Tab. 2 anhand der Versichertenstrukturen aus dem Jahr 2003 verdeutlicht wird. Die Kassenarten Bundesknappschaft, Seekasse und die Allgemeine Ortskrankenkasse zeichnen sich durch einen überdurchschnittlichen Anteil von Erwerbsminderungsrentnern aus. Zusätzlich ist die Versichertenstruktur für diese drei Krankenkassenarten deutlich älter als der Durchschnitt. Wohingegen die Betriebskrankenkassen und die Arbeiterersatzkassen mit jungen Versicherten und einem geringen Anteil von Erwerbsminderungsrentnern gekennzeichnet sind.
[...]
[1] Rightcoding ist der Versuch, die zur Kodierung verpflichteten Vertragspartner zu einem auf den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich optimierten Kodierverhalten zu bewegen.
[2] Vgl. Eichenhofer, E. (2007): Sozialrecht, Tübingen, Mohr Siebeck Verlag, S. 18
[3] Vgl. Gesetz, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15.06.1883, § 52
[4] Vgl. Eichenhofer, E. (2007): Sozialrecht. Tübingen, Mohr Siebeck Verlag, S. 20
[5] Vgl. Deutscher Bundestag (2001): Bericht der Bundesregierung über die Untersuchung zu den Wirkungen des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 3, Z. 25-53
[6] Deutscher Bundestag (2001): Bericht der Bundesregierung über die Untersuchung zu den Wirkungen des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 3, Z. 29-30
[7] Hajen, L. / Paetow, H. / Schumacher, H. (2008): Gesundheitsökonomie, Stuttgart, Verlag W. Kohlhammer, S. 112, Z. 7
[8] Hajen, L. / Paetow, H. / Schumacher, H. (2008): Gesundheitsökonomie, Stuttgart Verlag W. Kohlhammer, S. 112, Z. 8-9
[9] Vgl. Hajen, L. / Paetow, H. / Schumacher, H. (2008): Gesundheitsökonomie, Stuttgart Verlag W. Kohlhammer, S. 112, Z. 11-12
[10] Vgl. DIMDI (2009): ICD-10-GM, Version 2010, Systematisches Verzeichnis, S. 347
[11] Vgl. BMG: Allgemeiner Beitragssatz 1991-2007, März 2008 (Ergebnisse der GKV-Statistik KM1), S. 3
[12] in der Fassung bis 31.12.2008
[13] Vgl. Sozialgesetzbuch: § 220 Absatz 1 Satz 2 SGB V
[14] Bundeszentrale für politische Bildung: Grundlohnsumme in: http://www.bpb.de/sosi/popup/lexikon.php?id=31, abgerufen 11.08.2010
[15] Vgl. BMG (2009): Gesetzliche Krankenversicherung Endgültige Rechungsergebnisse 2008 S. 27 und 33
[16] Der Landesbasisfallwert wird in der Regel jährlich zwischen den verhandlungsberechtigten
Krankenkassen und der Krankenhausgesellschaft des entsprechenden Bundeslandes verhandelt.
[17] Vgl. BVA (2008): Anlage zur Bekanntmachung Nr. 1 bezüglich der Berechnungswerte gemäß §36 Absatz 3 Satz 1, §37 Absatz 5 RSAV und §40 Absatz 2 in der Fassung vom 01.01.2009
[18] Vgl. BVA (2008): Anlage zur Bekanntmachung Nr. 1 bezüglich der Berechnungswerte gemäß §36 Absatz 3 Satz 1, §37 Absatz 5 RSAV und §40 Absatz 2 in der Fassung vom 01.01.2009
[19] OR-Prozedur stellt eine operative Maßnahme im Krankenhaus dar
[20] Vgl. INEK (2008): Fallpauschalen-Katalog 2009, DRG P61B, Bewertungsrelation 45,090
[21] Vgl. INEK (2008): Fallpauschalen-Katalog 2009, DRG P61B, Bewertungsrelation 29,685
[22] Als kleinere Krankenkasse kann ein Versichertenbestand bis 100.000 und als größere
Krankenkasse ab 300.000 gewertet werden.
[23] Vgl. Bundesgesetzblatt, Teil I, Jahrgang 1977, Nr. 39, S. 1069-1085
[24] Vgl. Bundesgesetzblatt, Teil I, Jahrgang 1988, Nr. 62, S. 2477-2597
[25] Vgl. Bundesgesetzblatt, Teil I, Jahrgang 1999, Nr. 59, S. 2626-2656
[26] Vgl. Bundesgesetzblatt, Teil I, Jahrgang 2003, Nr. 55, S. 2190-2258
[27] Vgl. Bundesgesetzblatt, Teil I, Jahrgang 1992, Nr. 59, S. 2266-2334
[28] Vgl. BMG (2008): Allgemeiner Beitragssatz 1991-2007, März 2008 (Ergebnisse der GKV-Statistik KM1), S. 3
[29] Vgl. Bundesgesetzblatt, Teil I, Jahrgang 1996, Nr. 55, S. 1631-1633
[30] Vgl. Bundesgesetzblatt, Teil I, Jahrgang 1997, Nr. 42, S. 1518-1536
[31] Vgl. Bundesgesetzblatt, Teil I, Jahrgang 1998, Nr. 85, S. 3853-3863
[32] Vgl. BMG (2008): Allgemeiner Beitragssatz 1991-2007, März 2008 (Ergebnisse der GKV-Statistik KM1), S. 3
[33] Vgl. Vieragge, D. (2003): Rückversicherung als Instrument zur Verbesserung der Risikoallokation in der gesetzlichen Krankenversicherung, Karlsruhe Verlag Versicherungswirtschaft GmbH, S. 32-33
[34] Vgl. Vieragge, D. (2003): Rückversicherung als Instrument zur Verbesserung der Risikoallokation in der gesetzlichen Krankenversicherung, Karlsruhe, Verlag Versicherungswirtschaft GmbH, S. 31-32
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2010
- ISBN (PDF)
- 9783955495572
- ISBN (Paperback)
- 9783955490577
- Dateigröße
- 1 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule Magdeburg-Stendal; Standort Magdeburg
- Erscheinungsdatum
- 2014 (März)
- Note
- 1,4
- Schlagworte
- Manipulation gesetzliche Krankenversicherung Krankenversicherung mRSA Krankenhausrechnungsprüfung
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing