Die wirtschaftlichen Folgen des Atomausstiegs in Deutschland: Eine Kostenanalyse unter Einbeziehung historischer Ereignisse
Zusammenfassung
Die Arbeit beginnt mit der historischen Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie sowie der steigenden Bedeutung für die modernen Industrienationen nach dem 2. Weltkrieg. Es wird somit auf das erste tragische Ereignis im modernen Atomkraftzeitalter, welches sich im April 1986 in Tschernobyl in der heutigen Ukraine vollzog, informativ hingeführt.
Anschließend wird detailliert auf die Beschlüsse und Regelungen des Atomkonsens der rot-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder im Jahre 2000 und dessen Wiederaufhebung durch die schwarz-gelben Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel eingegangen. In diesem Themenkomplex wird ebenfalls das neue bzw. heutzutage schon wieder veraltete Energiekonzept von 2010 besprochen.
Ausgangspunkt für die derzeitige Energiewende war jedoch das Reaktorunglück von Fukushima, welches durch seine weitreichenden Folgen für die Bundesrepublik Deutschland ausführlich dargestellt wird. Dazu gehören unter anderem das Moratorium der ältesten Kernkraftwerke sowie die Ethikkommission, welche im Zuge der Ereignisse ins Leben gerufen wurde.
Der Hauptteil der wissenschaftlichen Arbeit befasst sich jedoch mit den wirtschaftlichen Folgen der beschlossenen Energiewende. Es wird umfassend auf das Konzept und die in Kraft getretenen Regelungen bzw. Gesetze anschaulich dargestellt. Durch die getroffenen Feststellungen der Kostenanalyse wird somit verständlich auf ein allgemein aussagekräftiges Fazit hingearbeitet, welches die Chancen und Risiken einer solch einschneidenden Thematik deutlich hervorhebt.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
2 Die Historie und Bedeutung der Kernenergie
Nach Jahren des Krieges war es für die europäischen Staaten durchaus nicht leicht einander zu vertrauen. Umso wichtiger war es daher neue Bündnisse und Verträge miteinander einzugehen, um so einen wichtigen Schritt in Richtung eines gemeinsamen Europas zu machen. Vor allem im Hinblick auf die Nutzung der Kernenergie, welche in Zeiten des Kalten Krieges nicht für, sondern gegen die Menschen und ihre Nationen eingesetzt wurde. Daher war es ein Ansporn für die europäischen Staaten den Nutzen der Kernenergie auf friedlicher Basis zu gewährleisten.
Dieses Kapitel beinhaltet die rechtlichen und politischen Grundlagen die geschaffen werden mussten, um die geplanten Vorhaben umzusetzen. Zudem werden die ersten Umsetzungen der Pläne, d.h. die Errichtungen von Kernkraftwerken, dargestellt und wie sich folglich Mitte der 1970er Jahre die Atomkraftgegner organisierten und herauskristallisierten. Anschließend wird ein Vergleich zwischen atomkraftabhängigen und atomkraftunabhängigen Staaten gezogen, um so Gemeinsamkeiten und Unterschiede darzulegen. Gegen Ende des Kapitels wird auf das wohl schlimmste Reaktorunglück der Geschichte eingegangen - die Kernschmelze im Kernkraftwerk Tschernobyl.
2.1 Die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom)
Nach dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen zwischen Frankreich, Italien, Deutschland und den Benelux-Staaten am 25. März 1957 wurde einer der ersten großen Verträge in einem wiedervereinigten Europa unterzeichnet. Die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) wurde gegründet. Dies war eine wichtige Errungenschaft in der europäischen Gemeinschaft, welche schon im Juli 1952 durch die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) wieder zusammengefunden hat, um in wichtigen Fragen der Energiewirtschaft bzw. der Energiepolitik zusammen zu arbeiten[1].
Der Schritt in eine gemeinsame Zukunft im Hinblick auf die Atomwirtschaft war dagegen ein überaus bedeutender Schritt, da der Umgang mit der Kernenergie viele Risiken birgt, nicht nur im Hinblick auf ausstehende Reaktorkatastrophen, sondern auch auf die militärische Verwendung nuklearer Waffen. Deshalb war auch eines der obersten Ziele und Punkte die friedliche Nutzung der Kernenergie, wie es auch schon 1953 der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Dwight Eisenhower in seinem „Atoms for Peace“-Programm festgesetzt hat[2] und zugleich als Fortschrittstechnik zur sicheren und flächendeckenden Produktion von Energie. Heutzutage geht es im (immer noch bestehenden) Euratom-Vertrag eher um die gemeinschaftliche Nutzung von Wissen, Nutzung von Infrastrukturen und um die gemeinsame Finanzierung der Projekte[3].
Wie oben schon erwähnt wurden die sogenannten „Römischen Verträge“ am 25. März 1957 von den sechs europäischen Staaten: Frankreich, Italien, Deutschland, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden in Rom unterzeichnet. Sie beinhalten zwei getrennte Verträge: Den Vertrag zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-Vertrag, heute EG-Vertrag) und den Vertrag zur Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom bzw. EAG), welche beide am 01. Januar 1958 in Kraft traten[4]. Diese Arbeit befasst sich jedoch hauptsächlich mit dem zweiten Römischen Vertrag zur Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom).
Die Ziele der Europäischen Atomgemeinschaft
Die Ziele dieses Vertrags waren bzw. sind auf die oben genannten Oberziele zurückzuführen. Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts war die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Elektrizität aus herkömmlichen Energieträgern, wie Braun- und Steinkohle, nicht gut abgedeckt, so entschieden die sechs Gründungsstaaten sich der Kernenergie zu widmen, um die Unabhängigkeit der Energieversorgung sicherzustellen. Da dieses Vorhaben große Mengen an monetären Mitteln benötigte, schlossen sich die Staaten zusammen und konnten so mit Hilfe der Co-Finanzierung dieses Atomprogramm finanzieren. Man wollte sich durch dieses gemeinschaftliche Projekt zusätzlich von Erdölimporten unabhängig machen und sich unter den führenden „Atomgroßmächten“ USA und der UdSSR behaupten[5]. Das wichtigste an diesem Vertrag war jedoch, nach den verheerenden Kriegsjahren, dass die Kernenergie nur zur friedlichen Nutzung und nicht für militärische Zwecke genutzt bzw. entwendet werden darf. Dies wurde schon in der Präambel des Euratom-Vertrages als Leitziel festgesetzt[6].
Die Aufgaben der Europäischen Atomgemeinschaft
Durch die festgesteckten Ziele der Gründerväter definierten sich auch die Aufgaben, welche gleichermaßen für alle Nationen gelten, die im Laufe der Zeit der EU beigetreten sind (aktuell: 27 Staaten). Die Aufgaben gliedern sich wie folgt[7]:
- Die Entwicklung der Forschung und die Sicherstellung, dass die Kenntnisse der technischen Anlagen verbreitet werden:
Die Unternehmen der Atomindustrie sind daran gebunden, dass sie ihre Kernforschungsprogramme der EU-Kommission mitteilen. Außerdem besteht die Möglichkeit durch die Gemeinsame Kernforschungsstelle (GFS) bestimmte Bereiche, wie z.B. die Lebensmittelsicherheit, gemeinsam detaillierter zu erforschen.
- Die Einführung einheitlicher Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte:
Hierbei geht es darum die zulässigen Höchstwerte an Radioaktivität in Nahrungsmitteln zu definieren und die zu treffenden Schutzmaßnahmen bei Notstandssituationen, wie etwa einem Reaktorunglück zu bestimmen und rechtlich zu fixieren.
- Die Erleichterung der Investitionen und Förderung der Errichtung von Kernkraftwerken:
Diese Aufgabe findet heutzutage, vor allem bei vielen Atomkraftgegnern, kein Gehör mehr, doch Ende der 1950er Jahre, als die flächendeckende Versorgung mit Elektrizität nicht vollends gedeckt war, war dies ein wichtiger Anstoßpunkt um der zivilen Bevölkerung den bundesweiten bzw. europaweiten Zugang zu Elektrizität zu erleichtern.
· Die regelmäßige und gerechte Versorgung der Gemeinschaft mit Erzen und Kernbrennstoffen:
Durch diesen Beschluss dürfen einzelne Verbraucher nicht bevorzugt werden, alle in der Gemeinschaft stehenden Verbraucher werden gleich behandelt. Dadurch wurde eine Euratom-Versorgungsagentur ins Leben gerufen. Sie regelt den Import und Export von spaltbaren Stoffen innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft. Dadurch steht die Versorgungsagentur auch unter finanzieller Autonomie, wird jedoch von der EU-Kommission beaufsichtigt (Einspruchsrecht inbegriffen).
- Ziviles Kernmaterial darf nicht für andere Zwecke fremdentwendet werden:
Durch die nahe zurückliegende Kriegsvergangenheit Europas, wollte man hiermit sicherstellen, dass Kernmaterial nicht für militärische Zwecke abgezweigt wird, sondern ausschließlich der kommerziellen und flächendeckenden Erzeugung von Elektrizität zusteht. Dazu kann die EU-Kommission bis zu 300 Inspektoren einsetzen, sodass die gegenwärtigen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten und zur Zufriedenheit aller erfüllt werden. Dadurch kann die Kommission natürlich auch Sanktionen gegen Unternehmen oder Personen verhängen, welche gegen die Sicherheitsmaßnahmen verstoßen.
- Die Ausübung des Eigentumsrechts an besonders spaltbaren Stoffen
- Die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Drittländern und zwischenstaatlichen Einrichtungen:
Bei Abschluss von Verträgen zwischen Drittländern und zwischenstaatlichen Unternehmen, welche die Kommission aushandelt, hat der Europäische Rat sich vorweg genommen die Themenaspekte zu analysieren und folglich zuzustimmen oder gegebenenfalls abzulehnen.
- Gründung gemeinsamer Unternehmen
Kritik
Die grundlegende Voraussetzung Ende der 1950er Jahre war das Bestreben flächendeckend und möglichst allen zivilen Personen und Unternehmen die Verfügung von Elektrizität zu Nutze zu machen. Dies hat der Euratom-Vertrag durch seine Aufgaben und Ziele stetig erfüllt. Doch heutzutage werfen Kritiker dem Vertrag vor, er wirke „ wie ein Relikt aus vergangenen Tagen “[8]. Dafür sprechen beispielsweise die Tatsachen, dass Länder wie Italien und Österreich, welche den Ausstieg aus der Kernkraft gemeistert haben, weiter an die Vereinbarungen des Euratom-Vertrags gebunden sind, inklusive der gemeinsamen Finanzierung zur Förderung von Kernenergie. Außerdem wird kritisiert, dass die Aufgaben, die die Europäische Atomgemeinschaft früher vollzogen hat, heutzutage längst von anderen Organisationen, wie z.B. der Internationale Atomenergiebehörde (IAEO), mit ausgeführt werden. Hauptbestandteil der Kritik ist jedoch, dass man zeitgemäß vorgehen sollte und sich auf Basis der heutigen Situation zu einem Vertrag entschließen könnte, der genau die gleichen Themenaspekte wie damals auffasst (flächendeckende Nutzung von Energie bzw. Elektrizität), jedoch auf der Grundlage von erneuerbaren Energien.[9]
Daraus folgend hat sich das Europäische Parlament einer Debatte angenommen, ob man die Europäische Atomgemeinschaft abschaffen solle. Der Großteil stimmte jedoch nicht für eine Abschaffung der Gemeinschaft, sondern für eine Revision und Demokratisierung des Vertrages[10].
2.2 Die ersten Kernreaktoren Deutschlands
Durch die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft im März 1957 begann auch in Deutschland die Zeit der Kernenergie. Als erster Reaktor überhaupt in Deutschland wurde der Reaktor der TU München am 31. Oktober 1957 in Betrieb genommen, welcher jedoch nur der Forschung und nicht der Stromeinspeisung dienen sollte und liebevoll „ Atomei “ genannt wurde[11]. Zur Sicherstellung von Sicherheitsmaßnahmen und allgemeinen Vorschriften musste eine Grundlage geschaffen werden. Diese Basis trat am 01. Januar 1960 als „ Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren“ [12] (kurz: Atomkraftgesetz) in Kraft. Schon kurz davor bildete sich das „ Deutsche Atomforum e. V.“, welches sich ebenfalls um die friedliche Nutzung der Kernenergie sorgt und dies bis heute hin thematisiert[13]. Es schafft außerdem eine außerparlamentarische Plattform für die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Somit war Deutschland nach dem Beschluss der Euratom auf allen Ebenen gewappnet, um die zukünftigen Beschlüsse wirtschaftlich und vor allem auch rechtlich durchzusetzen.
Der Kernreaktor VAK Kahl war im Juni 1961 der erste Kernreaktor der Bundesrepublik Deutschland, welcher Strom in das Verbundnetzwerk mit einer Leistung von 16 MW (brutto) einspeiste[14]. Er war noch nach amerikanischem Vorbild gebaut worden und wurde 1985 endgültig, mit einer kumulierten Stromerzeugung von ca. 2,1 TWh[15], außer Betrieb genommen.
Der erste Kernreaktor der DDR wurde 1966 in Rheinsberg mit einer Leistung von 70 MW in Betrieb genommen. Dieser Reaktor wurde durch die Teilung Deutschlands nicht nach amerikanischen sondern nach sowjetischem Vorbild errichtet und hatte eine kumulierte Stromproduktion von ca. 9 TWh bis er 1990 außer Betrieb genommen wurde[16].
Zum Vergleich, heutzutage produzierte die Bundesrepublik Deutschland 140,5 Mrd. KWh (2010) Strom durch 15 (noch aktive) Kernkraftwerke. Dies entspricht einem Anteil von 22,6% der gesamten produzierten Energie Deutschlands[17].
2.3 Die politischen Gegner
Die Proteste einzelner Bevölkerungsschichten gegen den Ausbau und die Nutzung der Kernkraft haben in Deutschland, wie auch in anderen Ländern, wie Frankreich, eine lange und weitreichende Geschichte. Durch die sich entwickelnde Ölkrise der 1970er Jahre fingen die deutschen Energiebetreiber an, verstärkt sich auf den Einsatz der, damals noch als sauber und ungefährlich geltenden, Kernenergie zu setzen. Eine der ersten nennenswerten Demonstrationen bzw. Proteste entwickelte sich im Frühjahr 1975, als im badischen Wyhl ein neues Kernkraftwerk gebaut werden sollte. Dies rief die anliegende Bevölkerung, welche zu großen Teilen aus Bauern, Studenten und einfachen Bürgern bestand, zusammen um sich gegen das Vorhaben zu wehren. Trotz starkem Polizeiaufgebot, welche mit Wasserwerfern vorgingen, führten die Kernkraftgegner ihren Protest fort. Dieser erste Großprotest setzte ein starkes Zeichen, da das Vorhaben bzw. der Protest der Kernkraftgegner von Erfolg gekrönt war. Das Kernkraftwerk Wyhl wurde nie errichtet[18].
Die Atommüllendlagerung
Ein überaus wichtiger Streitpunkt war schon immer die saubere Endlagerung des Atommülls. Nachdem in Deutschland für 90% der radioaktiven Abfälle dieser entscheidende Punkt geklärt ist, gilt dies für die restlichen 10% immer noch nicht[19]. Schon Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre beschäftigten sich die Kernkraftgegner mit diesem Streitpunkt. Nachdem der Bund 1977, in Kooperation mit dem Bundesland Niedersachsen, den Salzstock Gorleben als Atommüll-Endlager beschlossen hatte[20], gab es eine der wohl bekanntesten Demonstrationen bzw. Protestaktionen der letzten Jahrzehnte: Ca. 5000 Demonstranten hatten sich auf der Bohrstelle für das geplante Atommüll-Endlager vereint und eine Gemeinschaft gegründet. Die Einwohner des „ Anti-Atom-Dorfs “[21] nannten es „Freie Republik Wendlan d“. Sie demonstrierten friedlich gegen die Endlagerung des Atommülls in dem Salzstock nahe Gorleben. Das bemerkenswerte daran ist, dass sie sich durch Anbau von Gemüse und der Haltung von Tieren fast selbst versorgten und so wie in einer kleinen Gemeinde lebten. Im Juni 1980 wurde das „ Anti-Atom-Dorf “ jedoch von Polizeikräften gestürmt und geräumt. Der Salzstock Gorleben ist seit je her ein offener Streitpunkt zwischen Atomkraftgegnern und den Beschlüssen der jeweiligen Bundesregierungen. Bis heute gibt es unterschiedliche Ansichten zum Standort Gorleben. Dies wird im weiteren Verlauf deutlich.
Der Zuwachs der Atomkraftgegner
Durch die vielen Publikationen, vor allem auch im Fernsehen, erreichten die Proteste und die Anliegen der Atomkraftgegner immer mehr Menschen, sodass die Zahl der Demonstranten bzw. der Kernkraftgegner stetig zunahm. Anfang der 1980er Jahre gab es dadurch schließlich Protestaktionen mit mehr als 100.000 Demonstranten, welche an die Studentenbewegung von 1968 erinnerte[22]. Aus dieser Bewegung entstand schließlich am 12./13. Januar 1980 die heutige Bundestagspartei „ Die Grünen “, darunter auch der spätere Außenminister Joschka Fischer, welcher in Hessen zum ersten „grünen“ Minister Deutschlands ernannt wurde[23]. Der 26. April 1986 ließ die Zahl der Atomkraftgegner schließlich erneut in die Höhe schnellen. An diesem Tag ereignete sich in Tschernobyl das bis dahin schwerste Reaktorunglück durch das, nach Angaben eines russischen Biologie-Professors mehr als 1,4 Mio. Menschen tödlich erkrankten[24]. Auf dieses Ereignis wird später noch näher eingegangen. Nun fanden sich nicht mehr nur revolvierende Studenten, oder die umliegenden Landwirte der Regionen zu Demonstrationen ein, sondern auch Lehrer, Ingenieure und der ganz normale Mittelstand. Die Menschen erkannten was alles bei einem Reaktorunglück geschehen kann und demonstrierten für die Sicherheit der Bevölkerung und ihrer Umwelt.
Vor allem auch Castor-Transporte, d.h. die Beförderung von Atommüll von einem Kernkraftwerk zu einem Zwischen- oder Endlager oder von einem Zwischenlager in ein Endlager, bringen heutzutage noch viele Kernkraftgegner dazu sich an den Bahngleisen zu versammeln und vereint zu demonstrieren und zu protestieren, indem sie zu Hauf Sitzstreiks auf den Bahnschienen organisieren oder sich sogar an diese festketten. Dies war schon Mitte 1995 der Fall, als der erste Castor-Transport Richtung Gorleben, in das bekannte Zwischenlager, unterwegs war[25].
Reaktorunglück Fukushima
Nach dem verheerenden Reaktorunglück in Fukushima im Frühjahr 2011 meldeten sich die Kernkraftgegner wieder verstärkt zu Wort. Sie forderten den sofortigen Atomausstieg der Bundesrepublik Deutschland. Angeheizt wurden die Debatten zusätzlich nach dem Beschluss
der Bundesregierung zur Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke im September 2010. Die Regierung stand aufgrund der Beschlüsse nun stark in der Kritik, da nun immer weitere Teile der Bevölkerung den Atomausstieg forderten. Schon anhand der letzten Landtagswahlen war zu sehen, dass die Stimmung der Bevölkerung zum Thema Atomkraft stark gekippt ist. Wenn man beispielsweise die Landtagswahlen in Baden-Württemberg von 2006 mit der von 2011 vergleicht, ist zu erkennen wie sich das Bewusstsein der Bevölkerung zum Thema Kernkraft geändert hat, vor allem gekennzeichnet durch einen Stimmenzuwachs von über 100% bei den Grünen[26].
Vor allem die Demonstrationen und Proteste nach dem Reaktorunglück in Japan vom März 2011, haben die ursprünglichen Beschlüsse der Bundesregierung zur Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke stark in Verzug gebracht und folglich beschloss der Bundestag im Juni 2011 den Atomausstieg bis 2022. Da der Atomausstieg bis 2022 einer der Kernpunkte dieser Arbeit ist, wird im späteren auch noch konkreter auf das Energiekonzept des Bundes eingegangen.
2.5 Die unterschiedliche Bedeutung der Kernenergie
Um die unterschiedliche Bedeutung der Atomkraft vergleichbar darzustellen, wird speziell auf Frankreich und Japan als sehr abhängige Staaten und Österreich, welches seit Jahrzehnten ohne ein einziges Kernkraftwerk auskommt, eingegangen um den Unterschied besser aufzeigen zu können.
Atompolitik Österreichs
Das Thema der friedlichen Nutzung der Atomkraft wurde in Österreich Anfang bzw. Mitte der 1970er Jahre immer mehr thematisiert. Österreich setzte bis dahin weitgehend, durch ihre geschickte geographische Lage, auf Wasserkraft und viele thermische Kraftwerke. Diese sollten dann jedoch unter der Nutzung bzw. den Ausbau atomarer Anlagen zurückgeschraubt werden. Somit beschloss man bereits im März 1971 den Bau eines Siedewasserreaktors in der Nähe von Zwentendorf[27]. Das Kraftwerk wurde bis zur Vollendung gebaut, bis es am 5. November 1978 zu einem Volksentscheid kam, welcher mit einem knappen „Nein“ der österreichischen Bevölkerung einherging. Ca. 50,5% der Stimmen entfielen auf „Nein“ und somit wurde das einzige österreichische Kernkraftwerk zwar zu Ende gebaut, jedoch nie in Betrieb genommen[28].
Als Folge davon wurde einen Monat später, d.h. im Dezember 1978 das Atomsperrgesetz beschlossen, welches sogar später in das Bundesverfassungsgesetz Österreichs übertragen wurde[29]. Somit war es in Österreich verboten ein Atomkraftwerk zu bauen bzw. in Betrieb zu nehmen. Zusätzlich sind atomare Transporte, sowie die Lagerung von spaltbaren Stoffen nicht erlaubt.
Doch seit Juni 2009 produziert das ehemalige Kernkraftwerk Zwentendorf doch Strom. Hierbei handelt es sich jedoch um sauberen Strom aus einer der größten Photovoltaik-Anlagen Österreichs[30]. „Somit ist Zwentendorf das einzige Atomkraftwerk der Welt, das ökologische Energie erzeugt“[31]
Atompolitik Japans und Frankreichs
Das genaue Gegenteil zu Österreich bilden Frankreich und Japan. Beide Staaten sind stark von ihrer Energiegewinnung aus spaltbaren Materialien abhängig. Frankreichs Abhängigkeit spiegelt sich in wenigen Zahlen wider. Ca. 75% der Gesamtstromerzeugung, also ca. 408 TWh (netto), kommen in Frankreich aus 58 Kernkraftreaktoren. Damit ist Frankreich zurzeit das Land, welches am abhängigsten von der nuklearen Energiequelle ist. Nur die USA stellen mit 807 TWh mehr Energie durch Kernreaktoren her als Frankreich[32]. Doch nach dem gewaltigen Tsunami und dem atomaren Super-GAU von Fukushima regen sich nun auch in Frankreich die Gemüter und es werden öffentliche Debatten gefordert. Nicht einmal nach zwei partiellen Kernschmelzen 1969 und 1980 im Kernkraftwerk Saint-Laurent hatte es in Frankreich Debatten darüber gegeben auf andere Energiezweige umzusteigen[33]. Da man nun aber weiß, dass Frankreich auch veraltete Anlagen in Gebieten mit Überschwemmungs- und Erdstoßgefahr hat, regt sich ein leises Tuscheln in der Bevölkerung. Die französische Umweltministerin beteure jedoch immer wieder, dass Frankreich die sichersten Kernkraftwerke der Welt besäße[34]. In einem Gipfeltreffen der französischen Minister und Ministerinnen nach den Vorfällen in Japan wurde jedoch nur verlautet, dass man aus den japanischen Ereignissen nützliche Lehren ziehen werde[35]. Zusätzlich erklärte man, dass es unmöglich sei, die Energieversorgung Frankreichs vom einen auf den anderen Tag umzuwerfen[36]. Ob Frankreich, genauso wie Deutschland, in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren aus der Atomkraft aussteigen werde, ist wohl stark zu bezweifeln.
Durch das starke Erdbeben vor der Küste Japans und dem damit zusammenhängenden Super-GAU in dem Kernkraftwerk Fukushima 1, wurde man täglich mit den Statistiken und Informationen zu dem Atomprogramm Japans versorgt. Japan bezieht ca. 280 TWh (netto) Energie aus 55 Kernkraftanlagen, welche ca. 30% der Stromversorgung des Landes decken. Japan hat nach den USA und Frankreich damit die drittmeisten Reaktoren aller Staaten weltweit. Zusätzlich sind weitere zwei Anlagen zurzeit im Bau und sogar elf weitere Reaktoren waren bis dato in Planung[37]. Doch nach den Ereignissen vom 11. März 2011 wurde der öffentliche Druck erstmals so groß, dass vorsorglich ein Kernkraftwerk abgeschaltet wurde. Es handelt sich hierbei um das Atomkraftwerk Hamaoka, welches in einem erdbebengefährdeten Gebiet in Zentral-Japan liegt[38]. Sogar in Tokio wurde zeitweise der Strom zweimal täglich für 3,5 Stunden unterbrochen, um so Strom einzusparen, damit man Energieengpässe vorbeugen kann[39]. So gab auch der, im Juli noch amtierenden, japanische Ministerpräsident Naoto Kan zu verstehen, dass Japan weg von der Atomkraft und hin zu den erneuerbaren Energiequellen möchte[40]. Da Japan nicht allzu stark von seinen Atommeilern abhängig ist, im Vergleich zu Frankreich, ist der Energiewechsel, ähnlich wie in Deutschland bestreitet, sehr gut vorstellbar. Weitere Details zu den Ereignissen von Fukushima sind im laufenden Text im Kapitel 4.1 zu finden.
2.6 Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl
Um einen aktuellen Bezug zu den Ereignissen aus Japan herzustellen wird hier auf das vergleichbare Atomunglück von Tschernobyl eingegangen, da dies der einzig, bekannte, Zwischenfall ist, bei dem ebenfalls eine komplette Kernschmelze geschehen ist. Die ausführliche Darstellung der Ereignisse von Fukushima ist dann im Kapitel 4.1 detailliert dargestellt.
Der Unfallhergang
Das Kernkraftwerk von Tschernobyl, welches zwischen den Kleinstädten Pripjat und Tschernobyl im weißrussisch-ukrainischen Waldgebiet liegt, bestand aus vier RBMK-1000-Blöcken, einer sowjetischen Bauart, welche einem Siededruckreaktor nahe kommt. Im Jahr 1986 und 1988 wären zwei, sich schon im fortgeschrittenen Bau befindliche Blöcke, hinzugekommen Es war laut sowjetischer Propaganda eine Musteranlage[41].
Die Katastrophe geschah während eines Tests zur Überprüfung der Energieüberbrückung zwischen einer Reaktorabschaltung, z.B. durch einen Stromausfall, und dem Einsetzen der Notstromaggregate. Diese Zeitspanne durfte für das Kraftwerk Tschernobyl zwischen 40 und 50 Sekunden liegen. Solange würde die Energie des Rotors ausreichen, um die Kühlung zu stabilisieren. Dieser Test wurde bereits im Jahr 1985 im Block 3 vollzogen, doch dieser Test war nicht erfolgreich. Also entschied man sich den Versuch in der Nacht vom 25. auf den 26. April 1986 erneut zu starten. Dieses Mal jedoch im Block 4 des Kraftwerks. Um aus den Erfahrungen des fehlgeschlagenen Versuchs zu lernen, wollte man den Test wiederholen während der Reaktor eingeschaltet war, um bei einem Fehlschlag den Versuch sofort wiederholen zu können[42].
Der Unfallhergang begann am 25. April 1986 um 1:00Uhr (Ortszeit) als der Reaktor kontrolliert von voller Leistung heruntergefahren wurde. Ziel war es den Reaktor auf ca. 25% Leistung zu reduzieren. Als der Reaktor um ca. 14:00Uhr bei 50% Leistung angekommen war, wurde das Notkühlsystem isoliert, jedoch wurde vergessen es wieder einzuschalten[43]. Nun fällt die Leistung des Reaktors aber auf unter 1% ab. Da man jedoch den Versuch abbrechen müsste, wenn die Leistung auf unter 20% absinkt, versuchte man den Reaktor soweit wie möglich wieder hochzufahren, um den Versuch fortzusetzen. Den Arbeitern gelang es die Nennleistung des Reaktors wieder auf ca. 7% hochzufahren und zu stabilisieren. Zur weiteren Stabilisierung wurden die Regelstäbe, welche wie Bremsen wirken, weiter eingefahren, um ein Absinken der Leistung zu verhindern. Durch die starken Variationen von Druck und Wasserspiegel in den wichtigen Reaktorkomponenten befand sich das Kraftwerk nun in einen sehr instabilen Zustand[44]. Sogar Warnsignale von Wasserspiegel und Druck gegen 1:20Uhr wurden von den Arbeitern ignoriert, welche sonst eine Abschaltung zur Folge hätten. Die Fachkräfte schafften es jedoch Wasserspiegel und Druck zu stabilisieren, doch schon zu diesem Zeitpunkt hätte der Reaktor abgeschaltet werden müssen, da bereits zu viele Regelstäbe ausgefahren waren[45]. Kurz vor 1:30 Uhr am 26. April 1986 begann dann schließlich der geplante Test. Es wurden zuerst die Turbinenschnellschlussventile geschlossen. Dadurch stieg der Druck im Reaktor und die Regelstäbe wurden ausgefahren. Anschließend geschah eine positive Reaktivitätszufuhr aufgrund von sich erwärmenden Wassers. Man versuchte dies zu unterbinden, in dem man die zuvor ausgefahrenen Regelstäbe bzw. zwei von dreien, wieder einholte. Die Leistung stieg jedoch immer weiter an, sodass 36 Sekunden nach Testbeginn der Reaktor per Notschalter ausgeschaltet wurde. Doch das Unheil nahm seinen Lauf. Schon vier Sekunden nach der Betätigung des Notschalters nahm die Energieabgabe um ungefähr das 100-fache zu. Im gleichen Moment wurden außerhalb des Kraftwerks zwei Explosionen beobachtet, die das Kraftwerk sehr stark beschädigten. Seit diesem Zeitpunkt trat radioaktives Material aus dem Reaktor aus[46].
Durch die extreme Leistungssteigerung erhitzten sich die Brennelemente sehr stark und es entstand durch die Reaktion mit Wasser Dampf. Der Reaktor konnte dem gewaltigen Druck nicht mehr standhalten. Als Folge wurde die 3.000 Tonnen schwere Reaktordeckplatte angehoben und Teile des Reaktorgebäudes zerstört. Zusätzlich wurden weitere Kühlkanäle zerstört. Man schätzt, dass durch die Explosionen mindestens 13 Tonnen radioaktives Material aus dem Reaktorkern ausgetreten sind, welche dann von den ca. 5000 Bergungsarbeitern weggeräumt werden mussten[47]. Jedes Team durfte dabei nur einmalig 90 Sekunden arbeiten, da sonst die Strahlenbelastung für die Männer viel zu hoch gewesen wäre, was sie sowieso schon war. Der zerstörte Reaktorkern von Block 4 brannte nach den Explosionen zehn Tage weiter und setzte dadurch immer mehr radioaktives Material frei. Nach diesem Zeitraum konnte man sich relativ sicher sein, dass sich der Brand nicht auf den gegenüberliegenden Block 3 ausgeweitet hat. Es wurden 17.000 Tonnen Sand, Blei und Chemikalien aus der Luft in den Reaktorkern abgeladen, um das Feuer einzudämmen und zu löschen[48]. Man fand heraus, dass der Reaktorkern immer noch gekühlt werden musste, da sonst das zu einer Art Lava zerlaufene radioaktive Material der Kernschmelze sich ins Grundwasser brennen könnte. Das hätte zu noch viel schlimmeren Explosionen führen können, wenn die heiße, radioaktive Lava mit dem Grundwasser reagiert hätte. Nun musste man sich Gedanken machen wie man die Ruine am besten sichert. Die Lösung war, dass man die Lüftungsschächte mit Beton füllte umso genügend Stabilität für ein neues Dach zu haben. Man konnte den Reaktor nicht einfach zuschütten, da er immer noch eine sehr starke Hitze produzierte, welche entweichen musste[49]. Schließlich war man im November 1986 nach über 200 Tagen mit dem Bau des Sarkophags fertig. Doch heutzutage wird nach einer neuen Lösung gesucht, welche mindestens 100 Jahre Bestand haben soll. Bis zum heutigen Tage sollen nach jüngsten Analysen eines russischen Biologie-Professors mehr als 1,4 Mio. Menschen an den Folgen der ausgetretenen Radioaktivität des Kernkraftwerkes Tschernobyl gestorben sein[50]. Zusammenfassend kann man sagen, dass Tschernobyl der größte atomare Unfall unserer Geschichte war. Es wurde mehr Radioaktivität freigesetzt als in Nagasaki und Hiroshima zusammen und stellt so ein immer noch gewaltiges Erbe kommender Generationen dar.
3 Der Atomkonsens der Bundesregierung unter Gerhard Schröder und die spätere Wiederaufhebung durch die Bundesregierung unter Angela Merkel
Nachdem die SPD die Bundestagswahlen am 27. September 1998 für sich entscheiden konnte und eine Koalition mit den Grünen eingegangen war, stand ein umfangreiches Reformpaket in den Startlöchern[51]. In Sachen Wirtschaft, Ausbildung, Steuern, Arbeitsmarkt und Rente beschloss die Koalition die sogenannte „ Agenda 2010 “, welche umfangreiche Neuerungen in den bereits genannten Bereichen in sich vereinte. Bekannte Neuerungen waren z.B. die Hartz-Gesetze zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Einführung der „ Riester-Rente “, welche Arbeitnehmer jedoch in eigenem Antrieb abschließen müssen, um sich im Rentenalter vernünftig und nicht unterhalb der Armutsgrenzen versorgen zu können. Da sich die Arbeit jedoch mit dem Atomausstiegs Deutschland befasst, werden die Reformen der „ Agenda 2010 “ hier nicht näher erläutert, sondern es wird intensiv auf den „ Atomkonsens “ der Bundesregierung mit den Energieversorgungsunternehmen (kurz: EVU) E.ON, EnBW, RWE und HEW (heute: Vattenfall Europe) vom 14. Juni 2000 eingegangen, welcher als Grundlage für eine Novellierung des Atomgesetzes gedacht war[52]. Schließlich wurde am 14.Dezember 2001 im Bundestag das neue Atomgesetzt verabschiedet und trat als „Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Energie “ am 26.April 2002 in Kraft[53]
3.1 Beschlüsse des Atomkonsens
Die Beschlüsse der Bundesregierung mit den Energieversorgungsunternehmen sollten die langwierigen Diskussionen um die Nutzung und Verwendung der Kernenergie ein für alle Mal beenden. Deshalb setzte man sich intensiv mit Thema Kernkraft und Atompolitik auseinander, um für alle, d.h. für die Verbraucher, für die Versorger und für den Staat, die bestmögliche Lösung zu finden. Oberstes Ziel war es mit zukunftsorientierten Technologien in Sachen umweltfreundliche Stromerzeugung den Standort Deutschland weiterhin wettbewerbsfähig und attraktiv zu halten. Gleichzeitig musste man Arbeitsplätze, welche durch die Abschaltung von Kernkraftwerken verloren gingen, neu schaffen und zusätzlich neue Stellen kreieren, um die damals hohe Arbeitslosigkeit zusätzlich in den Griff zu bekommen[54].
Beschränkung des Betriebs der bestehenden Anlagen
Bei diesem Konsens ging man bei der Abschaltung der einzelnen Kraftwerke nicht direkt von temporären Aspekten aus, d.h. man stellte kein genaues Datum fest wann jedes Kernkraftwerk vom Netz gehen sollte, sondern man ging von sogenannten „ Reststrommengen “ aus[55]. Jedes Kernkraftwerk, individuell, dürfe dann nur noch so viel Energie ab dem 01. Januar 2000 produzieren wie es in dem Beschluss der Regierung verankert war. Dazu geht man zur Berechnung der Reststrommengen wie folgt vor[56]:
- Feststellung der Restlaufzeit:
Jedes Kernkraftwerk obliegt einer Regellaufzeit von 32 Jahren seit seiner Stromeinspeisung in das Verbundnetz. Daraus wird ab dem 01. Januar 2000 die Restlaufzeit jedes Kraftwerks bestimmt. Für das Kernkraftwerk Obrigheim wird eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2002 vereinbart. Da 1989 Neckarwestheim II als letztes bzw. jüngstes Kernkraftwerk ans Netz ging, schließt sich daraus ein errechnetes Ausstiegsdatum bis 2021 für den vollständigen Atomausstieg.
- Bestimmung einer jahresbezogenen Referenzmenge:
Die fünf höchsten Jahresproduktionen zwischen 1990 und 1999 wurden für jedes Kernkraftwerk gemittelt. Daraus ergibt sich die jährliche Referenzmenge für jeden Reaktor. Jedoch wird durch den technischen Fortschritt eine erhöhte Jahresproduktion von 5,5% unterstellt. Durch die Multiplikation der um 5,5% erhöhten Referenzmenge mit der Restlaufzeit wird die Reststrommenge bestimmt. Insgesamt beträgt die Referenzmenge für alle Anlagen (ausgenommen Mülheim-Kärlich) 160,99 TWh/Jahr.
Dies entspricht einer gesamten Reststrommenge von 2623 TWh. Danach sollten alle Kernkraftwerke vom Netz gegangen und abgeschaltet sein[57].
Die Referenzmengen der einzelnen Anlagen hätten auch auf andere Anlagen übertragen werden können, d.h. Strommengen von kleineren oder alten Kernkraftwerken, könnten auf z.B. auf Größere, Neuere oder Effizientere umgeschichtet werden. Dies müsste jedoch dem Bundesamt für Strahlenschutz mitgeteilt werden, sowie auch die monatlichen erzeugten Strommengen jedes einzelnen Atomkraftwerks. Die Details zu den genauen Reststrommengen sind im Anhang unter Anlage A vorhanden.
Betrieb der Anlagen während der Restlaufzeit[58]
- Sicherheitsstandard / Staatliche Aufsicht:
Die Sicherheitsmechanismen, sowie der technische Zustand der Anlagen bleiben weiterhin auf sehr hohem Niveau, um die hohen internationalen Standards und Richtlinien zu gewährleisten, sodass die Sicherheit aller höchsten Rang genießt. Damit vorzugsweise die rechtliche Form gewahrt bleibt, werden alle zehn Jahre Sicherheitsüberprüfungen in den einzelnen Anlagen stattfinden wobei die Ergebnisse der Prüfungen anschließend an die Aufsichtsbehörden übergeben werden.
- Wirtschaftliche Rahmenbedingungen:
Der Bund wird das Steuerrecht bezüglich der Kernenergie und ihren Betreibern nicht ändern und verfährt auch in Sachen der Bevorzugung von anderen Stromträgern nicht anders wie zuvor, damit keinerlei Benachteiligung zu Stande kommt. Jedoch musste die „ Deckungsvorsorge “, welche eine Art Fonds für Schadensersatzverpflichtungen darstellt[59], auf 5 Mrd. DM (ca. 2,55 Mrd. €) aufgestockt werden.
Entsorgung
Wie schon im Kapitel 2.3 kurz dargestellt, war und ist auch heute noch die Entsorgung von atomaren Abfällen eine heikle Angelegenheit und ist stets mit starken Protesten der Bevölkerung verbunden. Im Atomkonsens zwischen der damaligen Bundesregierung und den EVU war dieses Thema sehr bedeutsam für eine einheitliche Regelung des Atomausstiegs und wurde wie folgt festgelegt[60]:
Es wurde festgeschrieben, dass die Energieversorgungsunternehmen so schnell wie möglich Zwischenlager an den Standorten des Kernkraftwerkes oder in der Nähe der jeweiligen Anlange errichten mussten, um den Transport des Atommülls so zügig wie möglich voranzutreiben. Wenn dies nicht möglich war, musste ein geeignetes Zwischenlager so schnell wie möglich gesucht werden, wenn nötig auch im Ausland. Dies musste geregelt werden, da ab dem 01. Juli 2005 die Wiederaufbereitung von spaltbaren Materialien nicht mehr zulässig war, d.h. CASTOR-Transporte die wiederaufbereitbare nukleare Stoffe beinhalteten, waren ab diesem Zeitpunkt verboten. Somit waren nur noch Transporte zu direkten Endlagerstätten gestattet. Ein weiterer wichtiger Eckpfeiler der Konsensgespräche war der Standort Gorleben, welcher früher schon für Aufsehen gesorgt hat. Man beschloss der Erkundung des Salzstockes ein Moratorium von mindestens drei und maximal zehn Jahren (bis 30. September 2010) aufzuerlegen[61]. Man vereinbarte zudem die Kosten für Gorleben und den Schacht Konrad bei Salzgitter aufzuteilen, sodass beide Parteien sich gegenseitig Garantieren gewährleisten konnten.
Novellierung des Atomkraftgesetzes
Durch die Aufteilung der Energierestmengen, welche noch zulässig zu produzieren waren, war es natürlich der Wille der damaligen Bundesregierung, dass keine weiteren Kernkraftwerke gebaut werden dürfen[62]. Die Novelle des Atomgesetztes sollte auf den Grundlagen dieses Konsens entstehen. Die endgültige Verabschiedung des „Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Energie “[63] wurde am 15. Dezember 2001 im Bundestag mit den Stimmen der Bundesregierung verabschiedet, wobei CDU/CSU und die FDP sich gegen die Novellierung des Atomgesetztes aussprachen. In Kraft trat die Novellierung des Atomgkraftesetzes schließlich am 26.April 2002. Um die Vereinbarungen ständig überprüfen zu können bzw. zu überwachen wurde eine sechs-köpfige Expertengruppe gebildet, welche aus je drei Vertretern der Energieversorgungsunternehmen und aus drei Vertretern der Bundesregierung sich zusammensetzte[64].
Auswirkungen des novellierten Atomgesetztes
Seit der Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft 1958 war es das grundlegende Ziel die Energieerzeugung mittels Kernkraftwerken zu fördern. Dies wurde auch im ersten Atomkraftgesetz der Bundesrepublik Deutschlands so verankert und so gefordert. Mit der Novellierung des Atomkraftgesetztes von 2002 wollte man die Stromerzeugung aus Kernenergie nicht mehr vorantreiben, sondern stoppen und zurückfahren. Seit den Beschlüssen sind anschließend die Kernkraftwerke Stade (2003) und Obrigheim (2005) vom Netz gegangen, da die Meiler die vorgeschriebene Betriebsdauer von 32 Jahren überschritten hatten. Somit war der damals beschlossene Atomausstieg zum 1.1.2006 zu etwa einem Drittel abgeschlossen[65].
Kritik
CDU/CSU wie auch die FDP weigerten sich dem Atomausstieg zuzustimmen und gaben zu bedenken, dass sie ihn im Falle eines Regierungswechsels wieder rückgängig machen würden. Sie bezogen sich darauf, dass die Kernkraft eine notwendige Übergangstechnik auf dem Weg zu regenerativen Energiequellen darstelle und nicht so schnell wie es sich die Rot-Grüne-Bundesregierung abzuschaffen sei. Die Opposition sah Deutschland damals noch nicht im Stande die zu benötigende Energie aus erneuerbaren Ressourcen zu decken, sodass es zu Stromlücken und Stromausfällen hätte kommen können. Außerdem produzieren Kernkraftwerke keine Treibhausgase, wie z.B. CO2 und würden so auch der wachsenden Klimaproblematik entgegenstehen. Hinzu kommt, dass der Sicherheitsstandard von deutschen Kernkraftwerken sich auf einem sehr hohen internationalen Niveau befindet. Eine Abschaltung der deutschen Atomanlagen würde dementsprechend wenig Sinn machen, wenn sich die umliegenden Staaten nicht ebenfalls dazu bereit erklären würden ihre Energiepolitik, in Richtung der Standards des neuen Atomkraftgesetztes der Bundesrepublik Deutschland, anzupassen[66].
Auch Umweltverbände, wie Greenpeace, kritisierten die Vereinbarungen des neuen Atomgesetztes, da man bei einer derart langen Restlaufzeit nicht von einem Atomausstieg sprechen könne. Ihrer Meinung nach hatte das Umweltministerium nicht die notwendigen Schritte unternommen, um einen schnelleren Atomausstieg zu bewältigen[67].
3.2 Die Wiederaufhebung des Atomkonsens
Nach der großen Koalition von SPD und CDU/CSU (2005-2009) gewann erneut die CDU/CSU die Bundestagswahl 2009, ging jedoch dieses Mal eine Koalition mit der FDP ein, da es zu einer Mehrheit im Bundestag reichte[68]. Nach der Novellierung des Atomkraftgesetzes von 2002 hagelte es, wie zuvor erwähnt, Kritik der beiden Parteien zu dem beschlossenen Energiekonzept der Rot-Grünen Bundesregierung. Die CDU/CSU kündigte an, im Falle eines Machtwechsels, das „Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Energie“ wieder stürzen bzw. im Großen Maße abändern zu wollen. Im September 2010 lag dann der Gesetzesentwurf zur Änderung des Atomkraftgesetzes vor und wurde am 28.Oktober 2010 vom Bundestag verabschiedet. Darüber hinaus stellte die Bundesregierung ein Energiekonzept vor, welches einen groben Plan bis 2050 vorgeben sollte.
3.2.1 Beschlüsse des Energiekonzeptes von 2010
Der größte Streitpunkt zwischen den Regierungen Rot/Grün und Schwarz/Gelb war schon seit langem die wiederkehrende Frage der Atompolitik. Der Atomkonsens von 2000 war, wie oben beschrieben, ein großer Meilenstein in der deutschen Energiepolitik, war jedoch mit den Interessen und Gedanken von CDU/CSU und der FDP nicht vereinbar und somit änderten sie im September 2010 mit dem Elften und Zwölften Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes [69] erneut das Atomgesetz Deutschlands. Vorrangig wollte die jetzige Regierung die Versorgungssicherheit der deutschen Haushalte mit Energie sicherstellen, die Preise für Energie in einem angemessenen Rahmen halten sowie die Komponente Klimaschutz, nach ihren Maßstäben, sicherstellen und ausbauen. Das vorgestellte Energiekonzept sollte bis 2050 eine akzeptable und nachhaltige Grundlage für die deutsche Energiepolitik bieten und Deutschland zu einer der energieeffizientesten und umweltschonendsten Volkswirtschaften der Welt[70] machen. Der beschlossene Atomkonsens der Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder und dessen Regelungen wurden komplett gestrichen und durch die Aspekte des neuen Energiekonzeptes ersetzt.
Erneuerbare Energien
Durch die Steigerung der Effizienzraten und des Prozentsatzes der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbauch muss die Bundesrepublik das Energienetzwerk erneuern, verbessern und optimieren. Dabei gestalten sich die Ausbauziele der verschiedenen erneuerbaren Energien, wie z.B. große Windparks, große und leistungsfähige Photovoltaikanlagen als größte Herausforderungen. Man möchte das gesamte Energienetz bedarfsgerechter einrichten und vor allem, dass auch schon der derzeitig produzierte „grüne“ Strom in großen Mengen ins deutsche Stromnetz eingespeist wird. Spätestens ab 2050 sollen dann die erneuerbaren Energien die fossilen Energieträger als größten Part des Energieverbrauchs ersetzen. Bis dahin soll die Energie aus Steinkohle und Atomkraft eine Brückenfunktion hinzu einem Zeitalter der sauberen Stromproduktion darstellen. Dies soll natürlich alles so kosteneffizient wie möglich geschehen. Man möchte durch gewisse Reize neue Innovationen fördern, sodass auch deutsche Anbieter weiterhin weltweit konkurrenzfähig bleiben. Ein schwer zu schätzender, aber sehr wichtiger Faktor werden die Offshore-Windanlagen. Es gilt ihre Zahl deutlich zu erhöhen, um 2030 eine Leistung von ca. 25 GW zu erhalten. Bei jetzigen Kalkulationen würde dieses Programm in etwa 75 Mrd. € kosten. Genauso wie auf See sollen auch die Windparks an Land deutlich leistungsfähiger und größer werden. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Energiekonzeptes ist die weitere großzügige Verwendung von Biomasse und so gut wie allen Bereichen. Sei es Strom, Wärme oder Kraftstoffe. Kaum eine Form von Energie ist so vielseitig einsetzbar wie Biomasse. Auch als Speicher eignen sich Biomasse und Biogas. Sie könnten die späteren Schwankungen der Solar- und Windenergie in einem effektiven Verbundnetz gut ausgleichen[71].
Energieeffizienz
Die Bundesregierung setzte in ihrem Energiekonzept bei dem Thema der Energieeffizienz weitgehend auf die Eigeninitiative von Unternehmen und Privatpersonen. Die steigenden Energiepreise sollten den Bürgern und Unternehmen verdeutlichen, dass es zunehmend rentabler wird, selbst Strom mit ins Netz, z.B. per Photovoltaik, einzuspeisen oder die eigenen vier Wände zu modernisieren, um so Energie einzusparen. Dies wollte die Bundesregierung jedoch durch die verbesserte Beratung und Informationsversorgung, auch durch die eingerichtete Bundesstelle für Energieeffizienz, sicherstellen. Um dies bezahlen zu können, wollte man einen Energieeffizienzfonds einrichten, der Privatpersonen mit Informationen versorgen sollte, der Industrie die Optimierung vor allem der energieintensiven Produktionsschritte aufzeigen sollte und den Gemeinden insgesamt bei der Förderung energieeinsparender Maßnahmen helfen sollte. Zusätzlich wird der Punkt der Energieeffizienz rechtlich fixiert und vor allem bei Aufträgen der öffentlichen Haushalte soll er eine wichtige Rolle bei der Auftragsvergabe spielen[72].
Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke
Nun zu dem wahrscheinlich bekanntesten und aufsehenerregendsten Abschnitt des Energiekonzepts. Die derzeitige Bundesregierung sah, Ende 2010, die Atomkraft und ihre Wirtschaft als eine Brückentechnologie, da sie relativ stabil, durchgehend, billig und dazu noch CO2-frei Energie produzieren kann. Doch durch die massiven Ausdehnungspläne der Bundesregierung die Kernenergie bis ca. 2050 weiter laufen zu lassen, mussten den Kernkraftwerkbetreibern zusätzliche Energiemengen zur Stromproduktion zugestanden werden, welche im Anhang unter Anlage B zu finden sind. Durchschnittlich sollten die deutschen Kernkraftwerke zwölf Jahre länger am Netz bleiben. Als Referenzdatum sollte der 01. Januar 1981 dienen. Kraftwerke welche zuvor schon Energie ins Stromnetz einspeisten, sollten acht Jahre länger, als im Atomkonsens von 2000 vorgeschrieben, laufen und Kraftwerke welche nach 1980 ans Netz gingen, sollten zusätzliche vierzehn Jahre ihre Dienste leisten. Das bedeutet, dass sieben der siebzehn Kernkraftwerke acht Jahre lang länger am Netz bleiben sollten und die restlichen zehn um weitere vierzehn Jahre Strom liefern sollten. Gerade durch diese Verlängerung der Laufzeiten sollten die Projekte zum Ausbau der erneuerbaren Energien und deren Stromnetze finanziert werden und weiterhin die Energieeffizienz der Anlagen verbessert werden. Auch durch die neue Kernbrennstoffsteuer sollen zusätzliche Beträge in die Kassen des Staates und somit auch der Allgemeinheit fließen. Neben der Finanzierung der anstehenden Projekte für den Ausbau der erneuerbaren Energien, sollte auch weiterhin der Wettbewerb zwischen den einzelnen Energieanbietern aufrecht erhalten bleiben um so die Preise bezahlbar und stabil zu halten. Von Zeit zu Zeit sollten nun ältere weniger effektive Kraftwerke ihre Pforten schließen und dafür innovative, energieeffizientere Kraftwerke die Energieförderung übernehmen. Das Ziel war es einen flexiblen Kraftwerkspark, welcher zuverlässig und zu jeder Tageszeit Energie liefern konnte, am deutschen Verbundnetz zu manifestieren und trotzdem die Klimaschutzziele verfolgen zu können[73].
Ausbau der Infrastruktur des deutschen Energienetzes
Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Dezentralisierung der Energiewirtschaft muss das deutsche Verbundnetz zunehmend erneuert und auf die neuen Bedingungen angepasst werden. Photovoltaik, Windparks und Biomasse ist es zuzuschreiben, dass sich die Netzinfrastruktur deutlich ändern muss. Immer mehr Kommunen und Privatpersonen speisen selbst Strom ins Netz ein und die neu entstehenden Windparks verlagern die Energieproduktion von den Industriezentren des Westens und Südens mehr und mehr auf die offenen Flächen des Nordens. Deswegen benötigt man ein deutsches Overlay-Netz („ Stromautobahnen “[74] ), welches die erforderlichen Mengen Energie, mit so wenig wie möglich Verlust, an ihren Bestimmungsort transportiert. Zusätzlich muss das deutsche Netz in das europäische Gesamtnetz integriert werden, um auch den Gefahren eines Blackouts entgegenzuwirken. Die Energiekonzerne werden verpflichtet, in einem zehnjährigen Netzausbauplan, jährlich Berichte zu liefern. Der Plan sollte auch die Geschwindigkeit der notwendigen Genehmigungen beschleunigen können, sodass Investoren sowie auch die Energieversorgungsunternehmen die benötigten Gelder bereitstellen, sodass ein rascher Ausbau überhaupt ermöglicht wird. Neben der physischen Einspeisung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen, muss auch der dazugehörige Markt und somit auch die Preise bzw. eventuelle Subventionen für diesen Strom festgelegt und geschaffen werden. Da viele der erneuerbaren Energien nicht beständig, d.h. ohne Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, produziert werden können, muss der Ausbau von Speichermedien vorangetrieben werden um die schwankenden Produktionsmengen einzudämmen. Dazu sollen vor allem Biomasse, Pumpspeicherkraftwerke sowohl aus Deutschland als auch aus anderen europäischen Staaten, ihren Beitrag leisten[75].
Forschung
Im Hinblick auf die erneuerbaren Energien wollte die Bundesregierung vor allem in die Verbesserung der Effizienz der Anlagen, sowie auf anwendungsorientierte Forschungsförderung investieren. Dies waren die Hauptpfeiler auf die man sich verlassen wollte, um auch in Zukunft eines der innovativsten Länder der Welt zu bleiben. Man plante bis 2020 ein Energieforschungsprogramm, welches sich intensiv mit den hier vorgestellten Themengebiete beschäftigen sollte. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Förderung und Forschung auf dem Gebiet der CO2-Absorbtion bzw. die direkte Einlagerung von CO2 in tiefliegende Gesteinsschichten (CCS-fähige Kraftwerke) bei energieintensiven Verbrennungsvorgängen. Um dies zu realisieren hat die Steigerung der Zahl der Ingenieure in Deutschland hohen Stellenwert, da nur durch genügend Ingenieure die Innovationsfähigkeit Deutschlands auf lange Sicht gewahrt bleiben könne[76].
Entsorgung bzw. Endlagerung des radioaktiven Mülls
Durch die Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke sollten zusätzlich ca. 10.000 Kubikmeter radioaktiver Abfall entstehen. Der Schacht Konrad in der Nähe von Salzgitter sollte für ca. 90% der Abfälle genügend Platz und Sicherheit bieten, um ihn dort zu lagern. Das Energiekonzept betrifft auch den bis Ende September 2010 unter einem Moratorium stehende Salzstock Gorleben. Man wollte unverzüglich die Erforschungen, nach dem Ende des Moratoriums wieder aufnehmen und womöglich zusätzliche, potenzielle Endlager, wenn nötig, durch Enteignungen schaffen. Zu den Beschlüssen des Europäischen Rates vom Juni 2009 hat sich die Bundesregierung entschlossen, dass die Energieversorgungsunternehmen bzw. die Betreiber der Kernkraftwerke zusätzliche Leistungen und Gelder in die Verringerung der Risiken und die Erhöhung der Sicherheit der Anlagen stecken[77].
[...]
[1] Vgl. Europäische Atomgemeinschaft vom 19.10.2007 A
[2] Vgl. Atomforum von 2009 S.4
[3] Vgl. Europäische Atomgemeinschaft vom 19.10.2007 A
[4] Vgl. Europäische Atomgemeinschaft vom 19.10.2007 A
[5] Vgl. Bundestag vom 15.03.2007 S.1
[6] Vgl. Europäische Atomgemeinschaft vom 19.10.2007 A
[7] Vgl. Europäische Atomgemeinschaft vom 19.10.2007 A
[8] Vgl. Bundestag vom 15.03.2007 S.3
[9] Vgl. Bundestag vom 15.03.2007 S.3 - 4
[10] Vgl. Bundestag vom 15.03.2007 S.3
[11] Vgl. Kernenergie in Deutschland (2011) A
[12] Vgl. Atomgesetz vom 23.12.1959
[13] Vgl. Kernenergie in Deutschland (2011) A
[14] Vgl. Kernenergie in Deutschland (2011) A
[15] 1 TWh = 1 Mrd. KWh
[16] Vgl. Kernkraftstatistik vom Mai 2011 S.4
[17] Vgl. Kernkraftstatistik vom Mai 2011 S.3 u. 5
[18] Vgl. Tagesspiegel vom 18.03.2011 A
[19] Vgl. Kernenergie in Deutschland (2010)
[20] Vgl. Kernenergie in Deutschland (2010)
[21] Vgl. Tagesspiegel vom 18.03.2011 B
[22] Vgl. Tagesspiegel vom 18.03.2011 C
[23] Vgl. Bündnis90/Die Grünen (2009)
[24] Vgl. Schweizer Fernsehen vom 26.04.2011
[25] Vgl. Tagesspiegel vom 18.03.2011 D
[26] Vgl. Landtagswahl (2011)
[27] Vgl. KKW Zwentendorf Geschichte A
[28] Vgl. KKW Zwentendorf Geschichte A
[29] Vgl. KKW Zwentendorf Geschichte A
[30] Vgl. KKW Zwentendorf Sonne
[31] Vgl. KKW Zwentendorf Geschichte B
[32] Vgl. Kernkraftstatistik vom Mai 2011 S.9
[33] Vgl. Die Welt vom 14.03.2011
[34] Vgl. FAZ vom 14.03.2011
[35] Vgl. Die Welt vom 14.03.2011
[36] Vgl. Die Welt vom 14.03.2011
[37] Vgl. Kernkraftstatistik vom Mai 2011 S.9
[38] Vgl. Handelszeitung vom 09.05.2011
[39] Vgl. Weltspiegel vom 13.03.2011
[40] Vgl. Süddeutsche vom 13.07.2011
[41] Vgl. Reaktorunglück Tschernobyl vom Mai 2011 S.8 u. 11
[42] Vgl. Reaktorunglück Tschernobyl vom Mai2011 S.11
[43] Vgl. Reaktorunglück Tschernobyl vom Mai 2011 S.11
[44] Vgl. Reaktorunglück Tschernobyl vom Mai 2011 S.12
[45] Vgl. Reaktorunglück Tschernobyl vom Mai 2011 S.12
[46] Vgl. Reaktorunglück Tschernobyl vom Mai 2011 S.12
[47] Vgl. Reaktorunglück Tschernobyl vom Mai 2011 S.13
[48] Vgl. Quarks & Co vom 26.04.2011
[49] Vgl. Quarks & Co vom 26.04.2011
[50] Vgl. Schweizer Fernsehen vom 26.04.2011
[51] Vgl. Bundestagswahl 1998
[52] Vgl. Atomkonsens (2000) B
[53] Vgl. Atomkonsens (2000) A
[54] Vgl. Bundesministerium für Umwelt vom 14.06.2000 S.3
[55] Vgl. Bundesministerium für Umwelt vom 14.06.2000 S.4
[56] Vgl. Bundesministerium für Umwelt vom 14.06.2000 S.4
[57] Vgl. Atomkonsens (2000) A
[58] Vgl. Bundesministerium für Umwelt vom 14.06.2000 S.6
[59] Vgl. Deckungsvorsorge (2011)
[60] Vgl. Bundesministerium für Umwelt vom 14.06.2000 S.8-11
[61] Vgl. Atomkonsens (2000) A
[62] Vgl. Bundesministerium für Umwelt vom 14.06.2000 S.11
[63] Vgl. Atomgesetz vom 22.04.2002
[64] Vgl. Bundesministerium für Umwelt vom 14.06.2000 S.12
[65] Vgl. Atomkonsens (2000) B
[66] Vgl. Atomkonsens (2000) A
[67] Vgl. Atomkonsens (2000) A
[68] Vgl. Bundestagswahl (2009)
[69] Vgl. Änderung Atomgesetz vom 28.09.2010 A S.1 und Änderung Atomgesetz vom 28.09.2010 B S.1
[70] Vgl. Änderung Atomgesetz vom 28.09.2010 A S.1
[71] Vgl. Energiekonzept vom 28.10.2010 S.7-11
[72] Vgl. Energiekonzept vom 28.10.2010 S.11-13
[73] Vgl. Energiekonzept vom 28.10.2010 S.14-17
[74] Vgl. Energiekonzept vom 28.10.2010 S.18
[75] Vgl. Energiekonzept vom 28.10.2010 S.18-21
[76] Vgl. Energiekonzept vom 28.10.2010 S.26-27
[77] Vgl. Änderung Atomgesetz vom 28.09.2010 C S.1-2
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2011
- ISBN (PDF)
- 9783863418168
- ISBN (Paperback)
- 9783863413163
- Dateigröße
- 386 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Ulm
- Erscheinungsdatum
- 2013 (Juli)
- Note
- 2,3
- Schlagworte
- Tschernobyl Energiewende Fukushima Atomkraft Atomausstieg
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing