Neutestamentliche Hoheitstitel: Eine kritische Analyse des Einflusses der jüdischen Tradition
					
	
		©2011
		Examensarbeit
		
			
				58 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				'Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.' (Mt 28,18 - 20).
Mit diesen Worten nimmt Jesus von Nazaret am Ende des Matthäus-Evangeliums Abschied von seinen Jüngern. Nach all dem, was diese mit ihm erlebt und von ihm erwartet haben, wie u. a. der Emmaus-Erzählung aus dem Lukas-Evangelium entnommen werden kann, ist davon auszugehen, dass der Tod Jesu sie in einen regelrechten Schockzustand versetzt haben muss.
Von diesem Thema ging lange Zeit eine Faszination für die Autorin aus, ehe sie das Thema in dieser Zulassungsarbeit untersuchen konnte. Sie legte dabei den Schwerpunkt auf die Hoheitstitel, mit denen die Jünger gewissermaßen Trauerarbeit leisteten, und untersuchte den jüdischen Einfluss auf die Hoheitstitel.
Um den Rahmen der vorgegebenen wissenschaftlichen Arbeiten einzuhalten, beschränkt sich dieses Werk dabei auf die Evangelien nach Markus, Lukas und Matthäus.
	Mit diesen Worten nimmt Jesus von Nazaret am Ende des Matthäus-Evangeliums Abschied von seinen Jüngern. Nach all dem, was diese mit ihm erlebt und von ihm erwartet haben, wie u. a. der Emmaus-Erzählung aus dem Lukas-Evangelium entnommen werden kann, ist davon auszugehen, dass der Tod Jesu sie in einen regelrechten Schockzustand versetzt haben muss.
Von diesem Thema ging lange Zeit eine Faszination für die Autorin aus, ehe sie das Thema in dieser Zulassungsarbeit untersuchen konnte. Sie legte dabei den Schwerpunkt auf die Hoheitstitel, mit denen die Jünger gewissermaßen Trauerarbeit leisteten, und untersuchte den jüdischen Einfluss auf die Hoheitstitel.
Um den Rahmen der vorgegebenen wissenschaftlichen Arbeiten einzuhalten, beschränkt sich dieses Werk dabei auf die Evangelien nach Markus, Lukas und Matthäus.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
6 
1.  Die Entwicklung der neutestamentlichen Hoheitstitel 
,,Während sie auf dem Weg hinauf nach Jerusalem waren, ging Jesus voraus. Die Leute wunderten sich über 
ihn, die Jünger aber hatten Angst. Da versammelte er die Zwölf wieder um sich und kündigte ihnen an, was 
ihm bevorstand. Er sagte: ,Wir gehen jetzt nach Jerusalem hinauf; dort wird der Menschensohn den Ho-
henpriestern und den Schriftgelehrten ausgeliefert; sie werden ihn zum Tod verurteilen und den Heiden ü-
bergeben; sie werden ihn verspotten, anspucken, geißeln und töten. Aber nach drei Tagen wird er auferste-
hen.'" (Mk 10,32  34) 
Durch diese und andere Reden bereitet Jesus seine Jünger auf sein Leiden vor. Den Schock 
des Todes Jesu überwindet die junge Gemeinde im Osterglauben, wie Edwin Larson fest-
stellt.
1
 Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Christologie. Doch nicht nur den Tod Jesu an sich 
gilt es für die Jünger zu verkraften. Die Tatsache, dass er den Kreuzestod stirbt und dass, ge-
mäß dem alttestamentlichen Buch Deuteronomium, ein Gekreuzigter von Gott verflucht war, 
wiegt weitaus schwerer.
2
 Larry Hurtado stellt fest, dass dies der Anstoß für die Entstehung der 
Hoheitstitel war, eine Interpretation, der ich mich anschließe.
3
 Die Verfasser der Evangelien 
versuchten auf diese Weise die Besonderheit Jesu und seine Beziehung zu Gott auszudrü-
cken.
4
 Diese These unterstützt Ferdinand Hahn, der den Begriff der Christologie wie folgt 
definiert:  
,,Christologie steht als Explikation des Auftrags Jesu und der Bedeutung seiner Person in unlösbarer Re-
lation zum Glauben an den einen Gott und die anbrechende Herrschaft Gottes."
5
Auch Larry Hurtado vertritt die Ansicht, dass die Überzeugung von der besonderen Bezie-
hung zwischen dem gekreuzigten Jesus und Gott die Basis für die Christologie darstellt.
6
 Die 
frühen Christen waren überzeugt, dass Jesus, wie er es sie gelehrt hat, nach seinem Tod zur 
Rechten seines Vaters sitzen wird. Dort regiert er ihres Erachtens in Einklang mit Gott, ge-
meinsam mit ihm auf dessen Thron sitzend, über den ganzen Kosmos.
7
 Larry Hurtado führt in 
diesem Zusammenhang aus, dass zumindest einige der Jünger überzeugt waren, dass Gott 
Jesus vom Tod befreit hatte und das leere Grab so zu erklären sei.
8
 Aus diesem Glauben her-
aus entsteht die neutestamentliche Christologie.  
1
 Vgl. Larson, 632. 
2
 Vgl. ebd. 
3
 Vgl. Hurtado, 13. 
4
 Vgl. Hahn (2005), 194. 
5
 Ebd. 
6
 Vgl. Hurtado, 93. 
7
 Vgl. Bauckham, 28. 
8
 Vgl. Hurtado, 117. 
7 
Die Frage, ob eine Kontinuität im Übergang von Jesus von Nazaret zur Christologie der alten 
Kirche besteht, ist Gegenstand einer kontrovers geführten fachwissenschaftlichen Diskussion. 
Die traditionelle Sichtweise bejaht diese Frage, sieht sich jedoch vielfältiger Kritik gegenüber, 
wie z. B. der Leben-Jesu-Forschung und der Religionsgeschichtlichen Schule, die beide einen 
sekundären Charakter der Christologie sehen.
9
 Ich vertrete hierbei die These, dass die Christo-
logie der alten Kirche zwar mit dem historischen Jesus in enger Verbindung steht, es sich je-
doch um eine sekundäre Bildung handelt, weshalb ich mich der Sichtweise der Religionsge-
schichtlichen Schule anschließe. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Hoheitstitel erst 
einige Zeit nach dem Osterereignis nach und nach auf Jesus von Nazaret angewandt worden 
sind. Hahn deutet in seiner Definition des Christologiebegriffs den Spannungsbogen zwischen 
historischem Jesus und verkündigtem Christus an, der das Fundament des christlichen Glau-
bens bildet. Martin Luther King ignoriert diesen gänzlich, wenn er Jesus als großen Mensch-
heitslehrer bezeichnet. Ausdruck dieses Spannungsbogens sind die Hoheitstitel des Neuen 
Testaments
10
.  
Es ist davon auszugehen, dass das soziale Umfeld der Autoren der Evangelien nach Markus, 
Lukas und Matthäus deren Glauben und damit auch ihre Christologie in vielerlei Hinsicht 
geprägt hat.
11
 Unter Fachwissenschaftlern hat sich seit einiger Zeit eine Differenzierung der 
Evangelien in synoptisch und nicht-synoptisch eingebürgert. Diese Einteilung bezieht sich auf 
die Quellenlage. Das Markusevangelium basiert v. a. auf bis dahin mündlich überlieferter 
Jesustradition. Die Evangelien nach Matthäus und Lukas greifen beide auf bereits schriflich 
fixierte Zeugnisse zurück, nämlich das Markusevangelium und die Spruchquelle Q. Der E-
vangelist Johannes hingegen nutzt eigene Quellen. Der Begriff Synopse, von dem sich wie-
derum die Bezeichnung synoptisch ableitet, steht für eine Zusammenschau, weshalb die E-
vangelien nach Markus, Matthäus und Lukas, die gleiche Quellen nutzen, als synoptisch be-
zeichnet werden.
12
 Das Johannesevangelium, das für diese Zulassungsarbeit jedoch nach reif-
licher Überlegung ausgeklammert wurde, ist das nicht-synoptische Evangelium, benutzt also 
andere Quellen als die Evangelien nach Markus, Lukas und Matthäus.
13
 Die folgende Zulas-
sungsarbeit wird untersuchen, inwiefern Einfluss die jüdische Tradition die neutestamentli-
chen Hoheitstitel in den synoptischen Evangelien beeinflusst hat. 
9
 Vgl. Larson, 623 f.
10
 Die neuere Forschung spricht nicht von Altem und Neuen, sondern von 1. und 2. Testament. Da dies jedoch in 
der in dieser Zulassungsarbeit verwendeten Forschungsliteratur noch nicht der Fall ist, soll auch in der Arbeit die 
alte Bezeichnung verwendet werden. 
11
 Vgl. Hurtado, 10.
12
 Vgl. Hoppe, 1196. 
13
 Vgl. ebd. 
8 
2
7
6
5
14
6
4
14
2
1
0
2
4
6
8
10
12
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2.  Der Einfluss der jüdischen Tradition auf die Hoheitstitel der synopti-
schen Evangelien 
2.1.  Die Hoheitstitel im Markusevangelium 
Abb.2 
2.1.1. Hellenistisch beeinflusste Hoheitstitel 
Zunächst soll das Hauptaugenmerk auf das Markusevangelium und damit das vermutlich äl-
teste Evangelium gerichtet werden. Hierbei werden zunächst die hellenistisch beeinflussten 
Hoheitstitel im Mittelpunkt stehen.  
Bereits in den ersten Sätzen bezeichnet Markus Jesus mit dem Hoheitstitel Christus  
(vgl. Mk 1,1). Hierbei könnte es sich jedoch um eine Apposition, also keinen Titel, sondern 
einen Namenszusatz, handeln. Gegen diese These spricht jedoch die Verwendung des Ho-
heitstitels an der zweiten überlieferten Stelle im Markusevangelium, wo es heißt:  
,,Wer euch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört  amen, ich sage euch: 
er wird nicht um seinen Lohn kommen." (Mk 9,41)  
Durch diese Belegstelle wird deutlich, dass es sich beim Christustitel mit hoher Wahrschein-
lichkeit nicht um eine Apposition handeln kann. Christus wird als Anführer dargestellt. Wür-
de Christus als Apposition fungieren, so würde es meines Erachtens nicht alleine stehen, ähn-
lich es bei einem Nachnamen oder oftmals bei Titeln von Kaiser und Königen, wie z. B. bei 
Alexander dem Großen, der Fall ist. Aus der Tatsache, dass der Christustitel bereits im Früh-
9 
judentum belegt ist, folgert Schreiber, dass dieser Titel jüdischen Ursprungs ist.
14
 Martin Kar-
rer hingegen argumentiert, dass der Titel aus dem griechischen Sprachraum stammt. Er be-
gründet dies damit, dass die ältesten überlieferten Inschriften, die den Titel Jesus Christus 
belegen, diesen nicht auf eine hebräische, sondern auf eine altgriechische Wurzel zurückfüh-
ren.
15
 Die bereits in der alten Kirche gebräuchliche Inversion ist hingegen im hellenistischen 
Raum nicht üblich, was Karrer wiederum zu dem Schluss kommen lässt, dass der Christustitel 
jüdischen Ursprungs sein könnte.
16
 Hiergegen spricht jedoch, dass das Wort Christos, von 
dem sich der Hoheitstitel ableitet, griechischen Ursprungs ist.
17
 Nach meinem Dafürhalten ist 
der Ursprung des Christustitels nicht eindeutig geklärt ist. Da jedoch das Argument Karrers, 
der Christustitel stamme aus dem hellenistischen Raum, da das Wort Christos, von dem sich 
der Titel ableitet, griechischen Ursprungs ist, auf mich sehr überzeugend wirkt, schließe ich 
mich dieser These an.  
Der Christustitel scheint jedoch für Markus von eher geringer Bedeutung zu sein, da er ihn 
nur zweimal erwähnt (vgl. Mk 1,1; 9,41). An sechs Stellen im Evangelium findet sich der 
jüdische Paralleltitel Messias (vgl. Abb. 2).
18
 Ferdinand Hahn bemerkt diesbezüglich, dass 
diese Begriffe ,,für jede Art einer Rettergestalt"
19
 verwendet wurden. Zum ersten Mal tritt der 
Titel direkt am Beginn des Evangeliums auf: ,,Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, 
dem Sohn Gottes" (Mk 1,1) Wenn man davon ausgeht, dass es sich um einen Titel und nicht 
um eine Apposition handelt, liegt der Schluss nahe, dass der Evangelist Markus den histori-
schen Jesus bewusst am Anfang als Christus bezeichnet, um seine besondere Sendung zu be-
tonen. Die zweite Belegstelle findet sich im neunten Kapitel des Evangeliums. Auffallend ist 
hierbei, dass Jesus den Titel selbst verwendet:  
,,Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört  amen, ich sage 
euch: er wird nicht um seinen Lohn kommen." (Mk 9,41)  
Auch wenn fraglich ist, ob dieser Vers authentisch ist und ob Jesus mit Christus sich selbst 
bezeichnet hat, wird in diesen Zeilen dennoch deutlich, dass sich eine Gemeinschaft um den 
historischen Jesus gründet, aus der die junge Kirche hervorgeht.  
Ebenfalls hellenistischen Ursprungs ist der Titel Sohn Gottes, wie im nun folgenden Abschnitt 
zu beweisen sein wird. Trotz des geringen Vorkommens (vgl. Abb. 2) ist es allgemeiner Kon-
14
 Vgl. Schreiber, 431. 
15
 Vgl. Karrer, 52. 
16
 Vgl. ebd., 48. 
17
 Vgl. ebd., 52. 
18
 Vgl. Vermès, 115. 
19
 Hahn (2005), 208. 
10 
sens unter Fachwissenschaftlern, dass der Titel für den Evangelisten Markus von immenser 
Bedeutung ist, da die Überzeugung, dass Jesus von Nazaret eine ganz besondere Beziehung 
zu Gott hat, den Kern der Christologie des Evangelisten bildet.
20
,,Jesus, the New Testament writers are saying, belongs inherently to who God is."
21
Richard Bauckham beschreibt hier nicht nur die besondere Beziehung Jesu zu Gott, sondern 
bezeichnet ihn explizit als dessen Sohn. Dies drückt auch der Hoheitstitel Gottessohn bzw. 
Sohn Gottes aus. Hierbei kann nahezu ausgeschlossen werden, dass die junge Kirche Jesus als 
göttliches Wesen ansah.
22
 Lange Zeit ging man davon aus, dass Jesus von den Synoptikern als 
präexistent dargestellt wird. Simon J. Gathercole gelang es diese These in seinem Werk ,,The 
Preexistent Son: Recovering the Christologies of Matthew, Mark, and Luke" zu widerlegen. 
Hierbei analysierte er die Teile der Evangelien, die Jesu Auftrag ausdrückten, und fand auf 
diese Weise folgende Argumente gegen Jesu Präexistenz: 
1. 
Die sog. ,,Ich bin gekommen, um"-Sprüche handeln von der Ankunft aus einem 
bestimmten Grund, es handelt sich also um einen unfreiwilligen Akt. 
2. 
Ein unfreiwilliger Akt benötigt ein Vor- und ein Nachher. 
3. 
Wenn die Person seine gesamte Tätigkeit auf der Erde als Ziel seines Erschei-
nens ansieht, muss sein Ursprung zwangsweise außerhalb der Erde liegen.
23
Die Frage nach dem Ursprung des Gottessohntitels ist vielfach diskutiert worden. Adela Y-
arbro Collins nimmt in ihrem Aufsatz ,,Mark and His Readers: The Son of God among Greeks 
and Romans" Bezug auf eine These von Wilhelm Bousset, der argumentiert, dass der Titel 
Sohn Gottes griechischen Ursprungs sein muss, da in der jüdischen Literatur der vor-
christlichen Zeit ein solcher Titel nicht belegt ist.
24
 Martin Hengel sieht Mitte der 1970er Jah-
re den Gottessohntitel als jüdischen Ursprungs, da er in der hellenistischen Literatur kaum 
belegt ist.
25
 Dies ist jedoch nicht weiter verwunderlich, da griechische Götter in der Regel 
nicht mit dem Titel, sondern mit ihrem Namen angesprochen werden.
26
 Von immenser Be-
deutung ist hierbei auch, dass nicht eindeutig geklärt ist, ob der Gottessohntitel mit dem Ter-
minus ,,der Sohn Gottes" korrekt übersetzt ist.
27
 Zusammenfassend kann an dieser Stelle fest-
gestellt werden, dass die ersten Christen in einer hellenistisch geprägten Welt lebten, in der z. 
20
 Vgl. de Jonge, 42. 
21
 Bauckham, 45. 
22
 Vgl. Hahn (2005), 208. 
23
 Vgl. Gathercole, 86 f. 
24
 Vgl. Collins (2002), 97. 
25
 Vgl. ebd., 86. 
26
 Vgl. ebd. 
27
 Vgl. ebd., 93. 
11 
B. Könige als Söhne eines Gottes angesehen wurden.
28
 So komme ich zu dem Ergebnis, dass 
der Titel mit hoher Wahrscheinlichkeit hellenistisch beeinflusst ist.  
Wie wichtig der Gottessohntitel dem Evangelisten ist, wird bereits im ersten Vers des Evan-
geliums deutlich, in dem Jesus von Nazaret als Sohn Gottes bezeichnet wird (vgl. Mk 1,1). 
Bei der Taufe Jesu tritt der Titel zum zweiten Mal auf (vgl. Mk 1,11). Ähnlich wie beim fünf-
ten Beleg im neunten Kapitel des Evangeliums (vgl. Mk 9,7) erscheint hier eine unsichtbare 
Stimme aus dem Himmel bzw. einer Wolke und bezeichnet Jesus als Sohn Gottes. Ein wenig 
merkwürdig erscheint die dritte Stelle, in der Jesus von Kranken, die sich Heilung von ihm 
erhoffen, als Sohn Gottes angesprochen wird (vgl. Mk 3,11). Gleiches gilt auch für den vier-
ten Beleg (vgl. Mk 5,7 b). Der sechste Beleg findet sich im Verlauf der Vernehmung Jesu vor 
dem Hohen Rat (vgl. Mk 14,61 b), während der letzte Nachweis des Titels erst nach dem Tod 
Jesu, in Form einer Reaktion des römischen Hauptmanns auftritt (vgl. Mk 15,39). Bemer-
kenswert ist, dass der Titel nie durch die Jünger Jesu, sondern nur durch seinen Vater selbst, 
diejenigen, die sich Hilfe von ihm erhoffen, und seine Gegner, also den Hohen Rat und den 
römischen Hauptmann verwendet wird. Zu einer exemplarischen Interpretation soll nun die 
letzte Belegstelle herangezogen werden:  
,,Als die sechste Stunde kam, brach über das ganze Land eine Finsternis herein. Sie dauerte bis zur 
neunten Stunde. Und in der neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: ,Eloï, Eloï, lema sabachtani?', 
das heißt übersetzt: ,Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?' Einige von denen, die da-
beistanden und es hörten, sagten: ,Hört, er ruft nach Elija!' Einer lief hin, tauchte einen Schwamm in 
Essig, steckte ihn auf einen Stock und gab Jesus zu trinken. Dabei sagte er: ,Lasst uns doch sehen, ob 
Elija kommt und ihn herabnimmt.' Jesus aber schrie laut auf. Dann hauchte er den Geist aus. Da riss der 
Vorhang im Tempel von oben bis unten entzwei. Als der Hauptmann, der Jesus gegenüberstand, ihn auf 
diese Weise sterben sah, sagte er: ,Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.'" (Mk 15,33  39) 
Der römische Hauptmann war, als Mitglied der römischen Besatzungsmacht, ein Nichtjude, 
ein Heide. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass er Jesus nicht zugewandt 
war, sondern zu seinen Gegnern zählte. Dennoch kannte er wohl die Predigten und die Lehre 
Jesu, da dieser zum einen im ganzen Gebiet bekannt war und es zum anderen zu den Aufga-
ben des Hauptmanns zählte, Jesus anzuklagen bzw. nach Anklagegründen, die beispielsweise 
in der Lehre Jesu lagen, zu suchen. So war ihm möglicherweise auch die Rede Jesu von der 
Zerstörung des Tempels (vgl. Mk 13,3) geläufig. Als er sieht, wie der Vorhang des Tempels 
entzwei reißt, deutet er dies als Ankündigung der kommenden Zerstörung. Die Rede Jesu wird 
somit real, was der Hauptmann wiederum als Beweis für die Gottessohnschaft Jesu ansieht. 
28
 Vgl. de Jonge, 159. 
12 
Auch der Titel Herr, dessen Ursprung Gegenstand eines späteren Abschnitts dieser Arbeit 
sein soll, entstammt einer hellenistischen Tradition. Bezüglich dieses Hoheitstitels ist auffal-
lend, dass er im Markusevangelium nur an vier Stellen auftritt, während ihn die Evangelisten 
Matthäus und Lukas deutlich häufiger erwähnen (vgl. Abb. 1). Der augenfälligste Beleg da-
für, dass er für Markus dennoch von Bedeutung ist ist, dass dieser ihn in den Schlussversen 
des Evangeliums einsetzt (vgl. Mk 16,19 f.). Dem Stellenkommentar kann jedoch entnommen 
werden, dass die Schilderungen über die Erscheinungen des Auferstandenen (vgl. Mk 16,9  
20) erst im 2. Jahrhundert hinzugefügt wurden, also nicht auf den Evangelisten Markus zu-
rückgehen.  
,,Jesus brach auf und zog von dort in das Gebiet von Tyrus. Er ging in ein Haus, wollte aber, dass nie-
mand davon erfuhr; doch es konnte nicht verborgen bleiben. Eine Frau, deren Tochter von einem unrei-
nen Geist besessen war, hörte von ihm; sie kam sogleich herbei und fiel ihm zu Füßen. Die Frau, von 
Geburt Syrophönizierin, war eine Heidin. Sie bat ihn, aus ihrer Tochter den Dämon auszutreiben. Da 
sagte er zu ihr: ,Lasst zuerst die Kinder satt werden; denn es ist nicht recht, das Brot den Kindern weg-
zunehmen und den Hunden vorzuwerfen.' Sie erwiderte ihm: ,Ja, du hast recht, Herr! Aber auch für die 
Hunde unter dem Tisch fällt etwas von dem Brot ab, das die Kinder essen.' Er antwortete ihr: ,Weil du 
das gesagt hast, sage ich dir: Geh nach Hause, der Dämon hat deine Tochter verlassen.' Und als sie nach 
Hause kam, fand sie das Kind auf dem Bett liegen und sah, dass der Dämon es verlassen hatte."  
(Mk 9,24  30) 
Wie in der oben zitierten Stelle ist die Verwendung des Herrentitels im Markusevangelium 
den Menschen vorbehalten, die sich Hilfe von Jesus erwarten. Fraglich ist bei der zu interpre-
tierenden Stelle, ob Herr eine höfliche Anrede oder eine Ehrerbietung, und damit einen chris-
tologischen Hoheitstitel darstellt. Nach meinem Dafürhalten wird Herr hier als Titel verwen-
det, da die Syophönizierin Jesus bittet, ihre Tochter zu heilen und ihn somit als einen Men-
schen mit der Vollmacht, andere Menschen zu heilen, also als eine Art Arzt ansieht. Auffal-
lend ist, dass die Frau Heidin ist. Möglicherweise wollte der Evangelist dadurch ausdrücken, 
dass Jesus zwischen den Menschen keine Unterschiede macht, sondern denen hilft, die sich 
ihm zuwenden.  
Ähnlich wie beim Titel Meister ist der Grund dafür, dass nicht immer klar ist, ob es sich bei 
Herr um einen Titel oder eine höfliche Anrede handelt, auf den ersten Blick darin zu suchen, 
dass Jesus sich nicht als Herrn sieht. Hierbei muss man jedoch in den Blick nehmen, dass er 
ihn an einer der vier Belegstellen selbst verwendet, wobei hier relativ deutlich wird, dass sich 
der Titel Herr nicht auf ihn bezieht (vgl. Mk 11,3).  
13 
2.1.2. Jüdisch beeinflusste Hoheitstitel 
Nachdem ich nun die hellenistisch beeinflussten Hoheitstitel dargestellt habe, sollen im fol-
genden Abschnitt die Hoheitstitel im Mittelpunkt stehen, die mit großer Wahrscheinlichkeit 
jüdischen Ursprungs sind.  
Hierbei ist auffallend, dass der Titel König von Israel selten auftritt (vgl. Abb. 2). Da Israel 
jüdisch geprägt ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Titel jüdischen Ursprungs ist. 
Als König von Israel bezeichnet der Evangelist Jesus nur in der Kreuzigungsszene: 
,,Die Leute, die vorbeikamen, verhöhnten ihn, schüttelten  den Kopf  und riefen: ,Ach, du willst den 
Tempel niederreißen und in drei Tagen wieder aufbauen? Hilf dir doch selbst und steig herab vom 
Kreuz!' Auch die Hohenpriester und die Schriftgelehrten verhöhnten ihn und sagten zueinander: ,Ande-
ren hat er geholfen, sich selbst kann er nicht helfen. Der Messias, der König von Israel! Er soll doch 
jetzt vom Kreuz herabsteigen, damit wir sehen und glauben.' Auch die beiden Männer, die mit ihm zu-
sammen gekreuzigt wurden, beschimpften ihn." (vgl. Mk 15,29  32) 
Betrachtet man sich diese Stelle genauer, so fällt ins Auge, dass es sich um einen sehr mar-
kanten Kontext handelt. Jesus Christus wird verspottet! Er wird beschimpft und nahezu zy-
nisch aufgefordert, vom Kreuz hinabzusteigen und sich selbst zu helfen, wenn er doch der 
Messias, der König von Israel sei (vgl. Mk 15,31 f.). Die Tatsache, dass dieser Hoheitstitel 
nur in der Verspottungsszene verwendet wird, kann zum einen als Kritik an den Schriftgelehr-
ten, zum anderen jedoch auch als Indiz für die Zugewandtheit des Evangelisten zu den helle-
nistischen Gemeinden gewertet werden. Hierbei schließe ich mich der zweiten Interpretation 
an, da sich das Markusevangelium an eine heidenchristliche und damit griechisch sprechende 
Gemeinde richtet. Dies erklärt meines Erachtens sowohl die geringe Verwendung des Titels 
König von Israel als auch die bewusste Platzierung in der Verspottungsszene.  
Der ebenfalls eindeutig jüdische Hoheitstitel Rabbi tritt nur zweimal im Evangelium in Er-
scheinung (vgl. Abb. 2). Dies kann als Hinweis auf das Selbstverständnis Jesu gedeutet wer-
den. Er sah sich nicht als großartigen Lehrer, zu dem die Jünger aufschauen sollten, sondern 
eher als Arzt, der zu den Kranken gesandt wurde, um sie zu heilen. Auffallend ist, dass Jesus 
nur von einem der Jünger, Petrus, mit Rabbi angesprochen wird (vgl. Mk 9,5; 11,21). Der 
Grund hierfür ist wohl darin zu sehen, dass Markus Petrus aus der Jüngergemeinschaft he-
raushebt, da er in ihr eine besondere Vorbildstellung einnimmt.  
,,Petrus sagte zu Jesus: ,Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für 
dich, eine für Mose und eine für Elija.'" (Mk 9,5)  
14 
Petrus spricht Jesus nur zweimal mit Rabbi an. Meines Erachtens dient dies der Hervorhebung 
besonderer Stellen im Evangelium, nämlich dem gemeinsamen Gebet von Petrus, Jakobus, 
Johannes und Jesus auf dem Berg (vgl. Mk 9,5), das mit der Aussage, dass Jesus der Sohn 
Gottes ist, endet (vgl. Mk 9,7 b), und der von Jesus prophezeiten Verdörrung des Feigen-
baums (vgl. Mk 11,21). 
Darüber hinaus fällt eine Häufung des Hoheitstitels Meister, der sich insgesamt dreizehnmal 
findet, wie der obigen Statistik (vgl. Abb. 2) zu entnehmen ist, ins Auge. Die Tatsache, dass 
in einem Fall das jüdische Wort ,,Rabbuni" für Meister verwendet wird (vgl. Mk 12,14), lässt 
mich zum Schluss kommen, dass der Titel jüdischen Ursprungs ist. Der Evangelist Markus 
stellt Jesus Christus, der den Meistertitel nicht für sich beansprucht und nur an einer Stelle 
ohne Bezug auf sich selbst verwendet (vgl. Mk 14,14), als einzigartigen Lehrer dar.
29
 Bereits 
zu Beginn des Evangeliums wird dies deutlich.
30
 Die zahlreiche Verwendung des Titels Meis-
ter zeigt auf, wie die Jünger den historischen Jesus wahrnahmen. Als einen großartigen Leh-
rer, Prediger und Heiler mit einzigartiger Vollmacht.
31
 Bewusst baut der Evangelist diesen 
Hoheitstitel besonders häufig ein, um zu verdeutlichen, wie viel Respekt die Jünger Jesus ent-
gegenbrachten. In der Situation, in der das Markusevangelium entsteht, ist dies notwendig, 
um die Gemeinde an die entscheidenden Punkte der Überzeugungen über Jesus Christus zu 
erinnern und ihr in Erinnerung zu rufen, was für ein großartiger Mensch Jesus von Nazaret 
war.
32
Exemplarisch möchte ich an dieser Stelle drei der vierzehn Verse, in denen der Titel auftritt, 
interpretieren. Zum ersten Mal findet sich der Titel im vierten Kapitel des Evangeliums: 
,,Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?" (Mk 4,38 b) 
Die Anrede Meister ist nahezu ausschließlich den Jüngern Jesu vorbehalten, wie sich an wei-
teren Belegstellen zeigt (vgl. u. a. Mk 5,35; 9,38). Möglicherweise handelt es sich bei dieser 
Verwendung des Hoheitstitels um eine ehrerbietende Anrede, wie sie gegenüber einer Re-
spektsperson, wie z. B. einem Lehrer oder Priester, üblich ist.  
Außerdem sprechen Personen, die sich Hilfe von Jesus erhoffen (vgl. u. a. Mk 9,17) sowie die 
Phärisäer, die ihn auf die Probe stellen wollen (vgl. Mk 12,14), Jesus mit Meister an. In der 
29
 Vgl. de Jonge, 144. 
30
 Vgl. ebd., 50 f. 
31
 Vgl. ebd., 54. 
32
 Vgl. ebd., 55. 
15 
ersten Belegstelle im Rahmen der Erzählung über den Sturm auf dem See (vgl. Mk 4,35  41) 
interpretiere ich nicht nur die Anrede als ein Zeichen der Ehrerbietung, sondern auch Jesu 
Handeln als Beweis für seine Vollmacht. Die zweite zu interpretierende Stelle ist im vierzehn-
ten Kapitel des Evangeliums angesiedelt (vgl. Mk 14,14 b). Jesus verwendet den Titel an die-
ser Stelle selbst, wie es sonst nur beim Menschensohntitel der Fall ist. Er fordert die Jünger 
auf, den Mann im Auftrag ihres Meisters zu fragen, wo der Raum für das Paschamahl sei. 
Jesus rechnet zu diesem Zeitpunkt wohl bereits mit seinem baldigen Tod, den er den Jüngern 
auch schon angekündigt hat. Das Paschamahl soll eine Art Abschiedsmahl im Kreise seiner 
Jünger werden. Den Auftrag an die Jünger interpretiere ich zum einen als eine Art ,,Flucht 
nach vorn", Jesus verhüllt und schützt sein Geheimnis, indem er es preisgibt. Zum anderen 
kann er nach meinem Dafürhalten als Legitimation gegenüber dem Hauseigentümer gedeutet 
werden. 
Da die jüdisch beeinflussten Titel Messias, König der Juden und Sohn Davids für den Evan-
gelisten weder von besonders großer, noch von besonders geringer Bedeutung sind, soll ihr 
Ursprung hier nicht thematisiert werden, weil dies anderen Abschnitten dieser Arbeit vorbe-
halten ist. An dieser Stelle soll nur eine kurze exemplarische Interpretation jeweils eines Be-
legs vorgenommen werden. Der Hoheitstitel Messias findet sich zum ersten Mal beim Messi-
asbekenntnis des Petrus (vgl. Mk 8,27 - 30). Petrus antwortet auf die Frage Jesu, für wen ihn 
die Jünger hielten, mit dem Satz ,,Du bist der Messias!" (vgl. Mk 8,29 b). Petrus sieht in Jesus 
die erwartete Rettergestalt. Hierdurch wird nach meiner Interpretation zum ersten Mal deut-
lich, welch große Erwartungen die Jünger an Jesus richten.  
Interessant ist eine Betrachtung des Titels König der Juden. Er wird ausschließlich durch 
Nichtjuden, nämlich während der Verhandlung vor Pilatus (vgl. Mk 15,2; 15,9; 15,12) und als 
spöttischer Gruß durch die römischen Soldaten (vgl. Mk 15,19) verwendet. Da davon auszu-
gehen ist, dass diese Platzierung nicht zufällig ist, kann man sie einerseits als Haltung des 
Evangelisten gegenüber dem Judentum, andererseits jedoch auch als Sozialkritik an der römi-
schen Besatzungsmacht interpretieren. Gleiches gilt für den nahezu synonym zu sehenden 
Titel König von Israel, der jedoch nur an einer Stelle des Evangeliums überliefert ist, weshalb 
ich von einer genaueren Behandlung absehe. Auch der Hoheitstitel Sohn Davids findet sich 
im Verlauf des Evangeliums nur an vier Stellen (vgl. Abb. 2). Als Erster spricht ein Blinder, 
der sich Heilung von Jesus erwartet, diesen mit Sohn Davids an (vgl. Mk 10,47 b; 10,48 b). 
Auffallend ist, dass Jesus den Titel in den beiden anderen Belegstellen selbst verwendet (vgl. 
Mk 12,35 b; 12, 37 a). Jesus richtet sich in seiner Rede gegen die Schriftgelehrten und übt 
16 
Kritik daran, dass diese den Messias als Sohn Davids bezeichnen, obwohl David von ihm als 
Herrn spricht. Der Messias kann, nach Jesu Argumentation, nicht gleichzeitig Sohn Davids 
und Herr sein. 
Der Menschensohntitel, dessen Ursprung Gegenstand eines späteren Abschnitts dieser Zulas-
sungsarbeit sein soll, tritt mit einer auffallenden Häufung auf (vgl. Abb. 2). Es ist daher davon 
auszugehen, dass er für den Evangelisten von immenser Bedeutung ist.
33
 Abgesehen von zwei 
Stellen im zweiten Kapitel (vgl. Mk 2,10; 2,28) finden sich die Menschensohnlogien aus-
schließlich in der zweiten Hälfte des Evangeliums.
34
 Volker Hampel teilt die sechsundsechzig 
Menschensohnworte in den synoptischen Evangelien in vier Gruppen ein. Diese Einteilung 
wird zu einem späteren Zeitpunkt dieser Arbeit genauer thematisiert werden, an dieser Stelle 
soll nur eine Einteilung der vierzehn Logien des Markusevangeliums und eine exemplarische 
Interpretation von jeweils einem Logion pro Gruppe vorgenommen werden. 
Die erste Gruppe nach Hampels Definition bilden die Logien von der gegenwärtigen Hoheit 
des Menschensohnes. Dieser Gruppe sind meines Erachtens nur zwei der Belegstellen des 
Markusevangeliums zuzuordnen, die sich beide im zweiten Kapitel des Evangeliums finden. 
Das erste Logion ist Teil der Erzählung von der Heilung des Gelähmten (vgl. Mk 2,1  12). 
Da es sich um das erste Menschensohnwort des Evangeliums handelt, soll es nun exempla-
risch interpretiert werden: 
,,Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: ,Mein Sohn, deine Sünden sind dir verge-
ben!' Einige Schriftgelehrte aber, die dort saßen, dachten im Stillen: ,Wie kann dieser Mensch so re-
den? Er lästert Gott. Wer kann Sünden vergeben außer dem einen Gott?' Jesus erkannte sofort, was sie 
dachten, und sagte zu ihnen: ,Was für Gedanken habt ihr im Herzen? Ist es leichter, zu dem Gelähmten 
zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben!, oder zu sagen: Steh auf , nimm deine Tragbahre und geh 
umher? Ihr sollt aber erkennen, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu 
vergeben.'" (Mk 2,5  10a) 
Der Gelähmte ist aufgrund seiner Krankheit, die damals als eine Strafe Gottes angesehen 
wurde, von der Gesellschaft ausgeschlossen. Meines Erachtens wird in diesem Logion deut-
lich, dass Jesus die Macht hat, Menschen zu heilen und somit wieder gesellschaftsfähig zu 
machen. Die Einteilung in die erste Logiengruppe liegt aufgrund des Hinweises Jesu auf sei-
nen Auftrag und darauf, dass er die Macht hat, auf der Erde Sünden zu vergeben, nahe. Das 
zweite Logion dieser Gruppe setzt sich damit auseinander, dass der Menschensohn Herr über 
den Sabbat ist. (vgl. Mk 2,28). Er hat das Recht, sich über den Sabbat hinwegzusetzen. Dies 
33
 Vgl. Tuckett, 112. 
34
 Vgl. ebd. 
17 
ist als Zeichen für seine Vollmacht und damit als Indiz für die Einordnung in die erste Gruppe 
der Menschensohnworte zu werten. 
Die zweite Gruppe der Menschensohnworte nach Hampel bilden die Logien von der gegen-
wärtigen Niedrigkeit des Menschensohnes. Nach meinem Dafürhalten finden sich hierfür 
zwei Belegstellen im Markusevangelium. Im ersten Logion, das dieser Gruppe zuzuordnen 
ist, erläutert Jesus seinen Jüngern seinen Auftrag: 
,,Da rief Jesus sie zu sich und sagte: ,Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrü-
cken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch aber soll es nicht so 
sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, 
soll der Sklave aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, 
sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.'" (Mk 10,41  45)^ 
Jesus stellt den Menschensohn in diesem Logion als Vorbild dar. Er ermuntert seine Jünger, 
ihm nachzueifern und sich nicht zu erhöhen, sondern zu erniedrigen. Da sich diese Stelle in 
erster Linie mit der Niedrigkeit des Menschensohnes beschäftigt, ist eine Einordnung in die 
zweite Gruppe vorzunehmen. Etwas schwieriger ist die Einordnung der zweiten Belegstelle:  
,,Und er kam zum dritten Mal und sagte zu ihnen: ,Schlaf ihr immer noch und ruht euch aus? Es ist ge-
nug. Die Stunde ist gekommen; jetzt wird der Menschensohn den Sündern ausgeliefert.'" (Mk 14,41) 
Auf den ersten Blick kann dieses Logion in zwei Gruppen, nämlich in die der Menschen-
sohnworte von der gegenwärtigen Niedrigkeit des Menschensohnes und in die vom Leiden 
und der Auferstehung des Menschensohnes eingeordnet werden. Da meines Erachtens jedoch 
mit Jesu Auslieferung nicht sein Leiden, sondern eher seine Niedrigkeit im Mittelpunkt steht, 
da Jesus von einem seiner Jünger verraten wird, entscheide ich mich dafür, es in die zweite 
Gruppe einzuordnen. 
Die dritte Gruppe der Menschensohnworte nach Hampels Definition bilden die Logien vom 
Leiden und der Auferstehung des Menschensohnes, der sieben der insgesamt vierzehn Beleg-
stellen zuzuordnen sind. Hierbei sind zunächst die drei Ankündigungen von Leiden und Auf-
stehung zu nennen (vgl. Mk 8,31; 9,31; 10,33). Das erste Logion dieser Gruppe findet sich im 
Rahmen der Verklärung Jesu (vgl. Mk 9,9). Hierin ist ein Hinweis auf die Auferstehung Jesu 
enthalten, weshalb das Logion der dritten Gruppe zuzuordnen ist. Auch die Erzählung von der 
Wiederkunft des Elija (vgl. Mk 9,11  13) setzt sich teilweise mit dem Leiden und der Aufer-
stehung des Menschensohnes auseinander (vgl. Mk 9,12), weshalb eine Einordnung in die 
dritte Gruppe naheliegt. Die beiden letzten Logien dieser Gruppe finden sich innerhalb eines 
Verses, der nun zu einer Deutung herangezogen werden soll: 
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2011
- ISBN (Paperback)
- 9783863413521
- ISBN (PDF)
- 9783863418526
- Dateigröße
- 316 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Otto-Friedrich-Universität Bamberg
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Schlagworte
- synoptische Evangelien Markus Lukas Matthäus Jesus hellenistisch jüdisch
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing
 
					