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Sportsucht - Erstellung eines Betreuungskonzeptes

©2012 Bachelorarbeit 75 Seiten

Zusammenfassung

Sport treiben ist gesund und macht Spaß. Was ist aber, wenn aus Spaß eine Sucht wird. Die Medien signalisieren uns, dass heutzutage jeder einen perfekten Körper haben muss. Dazu begeben sich viele Sportbegeisterte in ein Fitnessstudio und versuchen dieses Ziel mit allen Mitteln zu erreichen. Sie definieren sich nur noch über ihren Körper. Es fängt harmlos mit regelmäßigen Kraft- und Ausdauertrainings an und endet manchmal bei der Sportsucht in ein tägliches Sportpensum, welches absolviert werden muss. Sowohl Männer als auch Frauen können von der Sportsucht betroffen sein.
Für die Mitarbeiter eines Fitnessstudios ist es schwer, solche Sportbegeisterten zu betreuen. In ihrer Ausbildung lernen sie nur die grundlegenden Dinge über die Trainingslehre und den Umgang Menschen, um diese für den Sport zu begeistern. Jetzt ist aber genau der umgedrehte Fall Tatsache. Sie müssen den Sportsüchtigen von ihrem Sporttreiben wegbringen und müssen ihnen verdeutlichen, dass es noch andere Lebensinhalte als den Sport gibt.
Um dies zu realisieren muss es einige Veränderungen im Fitnessstudio geben. Es muss das Personal umgestellt werden und die Mitarbeiter müssen Weiterbildungen besuchen. Auch die Kurstrainer müssen mit einbezogen werden. Sie können unter anderem versuchen den Sportsüchtigen in die Gruppe zu integrieren.
Um so etwas zu koordinieren benötigt das Studio ein spezielles Betreuungskonzept. Das Betreuungskonzept beinhaltet die wesentlichen Merkmale der Trainingswissenschaften und des sportpsychologischen Trainings. Der Schwerpunkt liegt speziell auf dem Erlernen von Stressmanagement-Techniken, sowie dem mentalen Training und der damit verbunden inneren Sprache. Nicht nur die Behandlung von Sportsucht ist wichtig, sondern auch die Präventionsarbeit.
Zur Primärprävention treten die Trainer in den direkten Kontakt mit den Mitgliedern und informieren sie über das Thema der Sportsucht. Weiteres Infomaterial wird im Studio ausgelegt. Bei der Sekundärprävention achten die Trainer speziell auf die Symptome der Sportsucht und vergleichen diese mit den Verhaltensweisen der einzelnen Mitglieder. In der Tertiäreprävention setzt dann das Betreuungskonzept im Fitnessstudio an, welches zur Aufgabe hat den Sportsüchtigen zurück zu einem gesundheitsorientierten Training zu führen.
Die Sportsucht wird in den nächsten Jahren ein weit verbreitetes Phänomen in den Fitnessstudio sein, auch bedingt durch die steigende Teilnehmerzahl an Marathonläufen. Es wird dazu führen, dass […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1
Einleitung und Problemstellung
Der gesundheitliche Effekt von Sport wird uns Tag täglich durch die Medien und
die Literatur vermittelt. Es geht hervor, dass Sport auf den Körper und die Seele
hat einen positiven Effekt hat: das Risiko an koronare Herzkrankheiten zu er-
kranken vermindert sich, Sport trägt zum Körpergewichtsmanagement bei, ver-
bessert die Muskelaktivität und die Beweglichkeit eines Menschens. Dies hat zur
Folge, dass der Mensch leistungsfähiger wird und sich das Risiko, an Rückenlei-
den zu erkranken, verringert (ADAMS et. al, 2003, S. 93). Ein weiteres Thema in
den Medien ist das Streben nach dem perfekten Körper. Der perfekte Körper wird
in den Medien als ein Muss für jeden dargestellt. Dazu sagte MEYER (o. J.):
,,Der perfekte Körper erfährt in den Medien immer größere Aufmerksam-
keit, alle erdenklichen Schönheitsoperationen füllen das Nachmittagspro-
gramm im Fernsehen, Fitnesstraining, Aerobic und Diäten haben eine Be-
deutung erlangt, die nur noch damit erklärbar ist, dass der perfekte Körper
ein Statussymbol geworden ist, das viele andere konventionelle Status-
symbole in den Schatten stellt." (siehe Anhang 1)
Die Menschen versuchen alles, um diesen Idealen zu entsprechen und fangen an
in ein Fitnessstudio zu gehen, um sich dort den perfekten Körper anzutrainieren.
Was passiert aber, wenn Sport zur Sucht wird? Wenn der Athlet 200 km in der
Woche zurücklegt oder mehrere Stunden im Fitnessstudio verbringt? Die Sportler
steigern täglich ihr Pensum und missachten dabei körperliche Warnsignale. Um
der Sucht nachzugehen, um die Warnsignale zu ignorieren, werden sogar die
Schuhe aufgeschnitten, damit sie nicht so drücken (SCHACK, T., WDR-
Interview, 11.05.2007). Bei einem solchen intensiven Sporttreiben klingt das
ganze nicht mehr nach gesundem Sportverhalten, sondern nach purer Quälerei
und beschreibt auch eine Krankheit, bei der die Betroffenen jegliches Maß für
gesunde Bewegung verloren haben. Dieses Phänomen wird als Sportsucht be-
zeichnet. Laut Expertenschätzungen leiden in Deutschland etwa 1% der Freizeit-
sportler unter dem Phänomen der Sportsucht. Die Dunkelziffer dürfte, wie bei
den meisten Zahlen zu Suchtabhängigen, weitaus höher liegen. Viele davon trai-
1

nieren in einem Fitnessstudio. In amerikanischen Fitnessstudios haben solche
Mitglieder schon längst einen Namen. Dort werden sie als ,,permanent residents"
bezeichnet, deren Zuhause das Trainingscenter ist. Die Experten sind sich einig,
dass die Zahl der Betroffenen steigen wird (JORDEN, 2011, S.68). Diese Arbeit
soll verdeutlichen, was Mitarbeiter tun können, damit das Phänomen der Sport-
sucht sich nicht weiter ausbreitet und wie einem Sportsüchtigen geholfen werden
kann. Bei so viel Zeit, wie die süchtigen Menschen mit Sport verbringen, kommt
es auf die richtige Betreuung an. MEIER sagt dazu: ,,Eine gute Betreuung scheint
damit ein entscheidender Faktor für die Erfolgssicherung zu sein." (MEIER,
2006, S. 278). Da es zu einer wachsenden Anzahl an Sportsüchtigen in einem
Fitnessstudio kommen wird, sollte ein hoher Stellenwert auf die Präventions-
arbeit in einem Fitnessstudio gelegt werden.
2
Zielsetzung
Der größte Teil der Sportsüchtigen trainiert in einem Fitnessstudio. Sie absolvie-
ren mehrere Stunden auf den Trainingsgeräten ihre Trainingseinheiten und ver-
langen ihrem Körper alles ab. Sie ignorieren dabei Schmerzsymptome und trai-
nieren bis sie ihrer Sucht nachkommen. Diese vorliegende Arbeit hat zum Ziel
ein Betreuungskonzept für diese Personen zu erstellen, sodass die Trainer solche
Sportbegeisterten optimal betreuen können. Welche Aufgaben kommen auf den
Trainer zu und was können die Mitarbeiter tun, um den Sportsüchtigen wieder
zurück zum normalen Sporttreiben zu begleiten. Dabei wird auch herausgearbei-
tet, welche Präventionsmaßnahmen von Trainern und Studiomitarbeitern durch-
geführt werden können, um Sportsüchtige zu identifizieren und sie anschließend
zu betreuen. Bevor ein Betreuungskonzept mit Präventionsmaßnahmen entwickelt
werden kann, ist es erst einmal wichtig zu untersuchen, was ,,Sportsucht" ist, wer
davon betroffen ist, welche Merkmale und Entzugserscheinungen diese hat und
wie sich die Sportsucht entwickelt.
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3
Gegenwärtiger Kenntnisstand
Die Sportsucht wurde 1970 von Baekeland zufällig in einem Experiment festge-
stellt. Er wollte herausfinden, welche Auswirkungen ein Sportentzug von einem
Monat, auf das Schlafverhalten und die Psychische eines Menschen, hat (HAUS-
ENBLAS/DOWNS, 2002, S. 110). Dabei fand er heraus, dass viele Sportler
selbst durch finanzielle Entschädigung nicht an seiner Studie über Sport und
Schlafen teilnehmen wollten, da sie nicht auf ihren Sport verzichten konnten. Das
war der Grund, weshalb Baekeland annahm, dass es sich im Experiment um eine
Art Sportabhängigkeit handeln würde und dass dieses exzessive Sporttreiben die
Kriterien einer Abhängigkeit erfüllt (KLEINERT/BREUER, 2009, S. 191). Mitte
der 90er Jahre wurde die Sportsucht in der Öffentlichkeit und Wissenschaft pu-
blik (JORDEN, 2011, S. 56).
3.1
Definition Sportsucht
BUCHNER (2010, S. 54) spricht von Sportsucht ,,wenn das Betreiben des Spor-
tes das zentrale Motiv im Leben des Betroffenen geworden ist und man nach 24-
36 Stunden ohne sportliche Betätigung Entzugserscheinungen zeigt. Die Teil-
nahme am Sport beeinflusst und kontrolliert dabei jeden Aspekt des Lebens".
WEINBERG/GOULD (1995, S. 370) definieren Sportsucht als ,,addiction, of a
psychological and / or physiological nature, upon a regular regimen of physical
activity which is characterized by withdrawal symptoms after 24 to 36 hours
without exercise".
BRANDHOFF (2011, S. 35) definiert Sportsucht wie folgt: ,,Das Streben nach
Sport bekommt Suchtcharakter, übernimmt die Kontrolle der eigenen Verhaltens-
steuerung und wird dominant. Alle anderen Interessen werden zur Seite gescho-
ben."
Die Sportsucht gehört zu den stoffungebundenen Süchten und fällt unter die Ka-
tegorie der Verhaltenssüchte. Sie kann in ihrer Form in sämtlichen Sportarten
auftreten. Menschen die von der Sportsucht betroffen sind, leiden unter dem
zwanghaften Drang sich sportlich betätigen zu wollen (HAUSENBLAS/DOWNS,
3

2002, S. 89, zitiert nach MORGAN, 1979, S. 61). Sie steigern das Pensum von
Mal zu Mal und ignorieren körperliche Warnsignale (Schmerzen, Erschöpfungs-
erscheinungen). Da die Sportsucht zur Verhaltenssucht zählt und diese Form der
Sucht kein eigenständiges Störungsbild besitzt, wurde diese Form bisher noch
nicht im International Statistical Classification of Diseases and Related Health
Problems (ICD-10) und auch noch nicht im Diagnostic and Statistical Manual of
Mental Disorders (DSM- IV-TR) gelistet. So ist es schwer Diagnosekriterien für
solche eine Sucht zu entwickeln. Dies hat zur Folge, dass die Sportsucht keine
international anerkannte psychische Störung ist. Eine Ausnahme stellt dabei das
,,pathologische (Glücks-)spiel" dar, welches unter die Kategorie der Persönlich-
keits- und Verhaltenstörung fällt. Laut ICD-10 wird das Pathologische Glücks-
spiel als ,,abnorme Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle klassifiziert,
sowie durch DSM-IV- TR als ,,nicht nähere Störung der Impulskontrolle" klassi-
fiziert (GRÜßER-SINOPOLI, 2005, S. 4 ff.).
Männer und Frauen sind unterschiedlich von der Sportsucht betroffen. Bei den
Männern dreht es sich eher um die Muskelsucht (Adonis Komplex) und bei den
Frauen ist es wichtig dem gängigen Schönheitsideal zu entsprechen (Anorexia
Athletica). Dabei sind beide Geschlechter in unterschiedlichen Lebensphasen
vermehrt empfänglicher für die Sportsucht. Bei den Frauen liegt das Einstiegs-
alter zwischen 15 und 25 Jahren und bei Männern zwischen dem 30. und 50. Le-
bensjahr. HEIM (2007, S. 168) sagt dazu ,,Beim ,starken' Geschlecht ist der
Sport oft Kompensation für andere Probleme, etwa einer nachlassenden Potenz
oder einen Karrieresprung".
Um die Sportsucht näher zu analysieren, müssen zunächst einmal die Ursachen
betrachtet werden.
3.2
Ursachen der Sportsucht
Als das Thema um die Sportsucht bekannt wurde, haben sich einige Veröffentli-
chungen und Studien mit dem Thema der Sportsucht beschäftigt. Durch die stän-
dige steigende Anzahl an Marathonläufen, sowie die wachsende Anzahl an Teil-
nehmern wurde zuerst das Suchtverhalten im Zusammenhang mit der Laufbewe-
gung untersucht. Im Jahre 2003 gab es rund 110 Marathonläufe in Deutschland
(siehe Tabelle 1). Im Jahre 2011 waren es hingegen schon an die 200 Marathon-
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läufe in Deutschland.
Tabelle 1: Marathonläufe in Deutschland (SCHROETER-JANßEN, 2011)
Seit 1983 gab es eine ständig wachsende Zahl an Marathonteilnehmern.
Tabelle 2: Berlin Marathon Teilnehmer
Auf diesen rasanten Anstieg folgten Triathlonwettbewerbe und inzwischen immer
härtere Wettkämpfe mit extremeren Herausforderungen an die Ausdauerleis-
tungsfähigkeit der Teilnehmer (ALFERMANN/STOLL, 2010, S. 341). Inzwi-
schen gibt es schon den Iron-man oder den Ultratriathlon, welcher sich aus 3,8
km Schwimmen, 180 km Radfahren und anschließend ein Marathon zusammen-
setzt. Es gibt sogar gesteigerte Varianten, welche von der Drei- bis zur Zehnfa-
chen Distanz, die sich über mehrere Tage hinziehen, überboten werden. Im Zu-
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sammenhang mit dieser Entwicklung der Marathonläufe haben sich Sportmedizi-
ner und Sportpsychologen die Frage gestellt ,,Was bewegt die Menschen dazu,
solch eine Distanz zurückzulegen und täglich Strecken zu laufen von 20 bis hin
zu 100 km. Eine weitere Frage dabei ist, was den Personen dabei hilft, diese Dis-
tanzen zu überwinden. Mitte der 70er Jahre wurde der Begriff Laufsucht oder
running Addiction von Dr. Willim Glasser als Erklärungsansatz herangezogen.
1976 schrieb Dr. Glasser auch ein Buch mit dem Titel "Positiv Addicition"
(SCHACK, 2000, S. 2). Dieser positive Begriff wurde relativiert als man in der
Forschung feststellte, dass einige Sportler während gezwungener Pausen (z. B.
Verletzungen und Krankheiten) spezifische Deprivationssymptome ( Schlafman-
gel, Unwohlsein etc.) entwickelten und entgegen ärztlicher Anordnungen weiter-
trainierten (ALFERMANN/STOLL, 2010, S. 342). Von rauschartigen Erlebnissen
berichten die Sportler nach einer Ausdauerbelastung. Sie beschrieben ihre Gefüh-
le wie Schwerelosigkeit, ungebrochener Glaube an die eigene Kraft usw. Dieses
Phänomen ist auch bekannt als Runners High, welcher von Pargman und Baker
1980 geprägt wurde (DIETRICH/MCDANIEL, 2004, S. 537 zitiert nach PARG-
MAN/BAKER, 1980, S. 342). Ein weiteres Phänomen ist der "Second Wind"
oder auch "Runner hit the wall-Phänomen" genannt. Solche Stimmungs-
schwankungen sind mit einem Flash oder High bei stoffgebundenen Süchten ver-
gleichbar. Als Erklärung solcher Zustände wurde die Theorie angenommen, dass
der Körper in der Lage sei, Substanzen auszuschütten, die es dem Sportler erlau-
ben, Belastungen und Schmerzen besser zu ertragen. 1973 entdeckten drei For-
scher-Teams verschiedener Nationen unabhängig voneinander endogene Opioide.
Besonders die körpereigenen Opiate, wie das ß-Endorphin. Das ß-Endorphin trägt
zur Regulierung von Schmerzen, Belastungsempfinden und der Entstehung von
rauschähnlichen Bewusstseinwahrnehmungen bei. Dadurch wurde das ß-
Endorphin als Ursache von einem Runners High deklariert (ALFER-
MANN/STOLL, 2010, S. 342).
In dem nächsten Abschnitt wird herausgearbeitet, inwiefern das ß-Endorphin zu
einer Sucht beiträgt. In Abgrenzung zu dem Erklärungsmodell werden weitere
Begründungsfaktoren zur Entstehung von Süchten herangezogen werden.
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3.2.1
ß-Endorphin Hypothese
Verschiedene Untersysteme des Zentralnervensystems des Menschen kommuni-
zieren mit Hilfe von chemischen Substanzen. Opiode, z. B. Endorphine sind da-
bei eine spezifische Gruppe solcher Neurotransmitter. Ein Endorphin, welches
berühmt wurde für seine schmerzlindernde Wirkung ist das ß-Endorphin (XIE et
al., 1990, S. 3180 ff. und GOLDSTEIN/COX, 1977, S. 11 ff.).
In den Studien stellte sich heraus, dass eine Belastungsintensität für die vermehr-
te Ausschüttung von ß-Endorphinen oberhalb von 4 mmol Laktat/Liter Blut lie-
gen muss oder eine Belastungsdauer von etwa einer Stunde. Solche intensiven
Belastungen können nur von sehr trainierten Sportlern durchgeführt und durch-
gehalten werden. Die vermehrte Ausschüttung von ß-Endorphinen konnte in ver-
schiedenen Studien nicht belegt werden (vgl. KREAMER et al., 1989, S. 146 ff.
und HARBACH et al., 2006, S. 73ff.). Somit muss der Erklärungsversuch über
die ß-Endorphin-Hypothese eingeschränkt werden. WELSCH (1993, S. 40) fand
in einer Studie heraus, dass es während eines Triathlons zu einer Reduktion der
Ausschüttung von ß- Endorphinen kam.
Ein Problem an der Hypothese ist, dass ß-Endorphine auch in der Körperperiphe-
rie vorhanden sind und dort ausgeschüttet werden. In allen Studien zum Nach-
weis von ß-Endorphinen wurde Blut aus der Körperperipherie entnommen. Des-
halb kann von der euphorisierenden und lindernden Wirkung von ß-Endorphinen
im Gehirn nicht gesprochen werden. Zunächst müsste geklärt werden, inwieweit
Endorphine überhaupt die Blut-Hirn-Schranke während aerober Belastungen
überwinden (ALFERMANN/STOLL, 2010, S. 342). Die meisten Studien über die
Wechselbeziehungen zwischen Ausdauerbelastungen, Endorphinausstoß und
Stimmungsveränderungen sind mit methodischen Fehlern behaftet (SCHLICHT
1995, S. 72 und ZIEMEINZ et al.2000, S. 22).
Da die ß-Endorphin-Hypothese nicht greifen konnte, gab es die Annahme, dass
eine spezifische Persönlichkeitsstörung zu einer Abhängigkeit führen würde.
3.2.2
Suchtpersönlichkeit
Viele empirische Arbeiten zeigten aber auf, dass sich spezifische Persönlich-
keitsmerkmale von Ausdauersportlern (auch im Ultralangstreckenbereich) zu-
mindest auf der Ebene globaler Persönlichkeitseigenschaften nicht finden lassen
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(ALFERMANN/STOLL, 2010, S. 343). In einer Arbeitsgruppe um Heather Hau-
senblas konnten im Rahmen einer Befragungsstudie zur Persönlichkeit und Sport-
sucht in Bezugnahme von Persönlichkeitsdimensionen Sportsuchtsymptome pro-
gnostiziert werden (HAUSENBLAS / GIACOBBI, 2004, S. 1265 ff.). In der sel-
ben Arbeitsgruppe entsprang auch die EDS (Exercise Dependence Scale). Weite-
re Untersuchungen von Hausenblas von insgesamt 77 Studien zur Sportsucht in
Verbindung mit der Persönlichkeit ergaben, dass aufgrund inadäquater Diagnos-
tik sowie der Nutzung von Querschnittsuntersuchungen auch nur eingeschränkt
Schlussfolgerungen gemacht werden können (ALFERMANN/STOLL, 2010, S.
344).
3.2.3
Dopamin- und Katecholamin-Hypothese
LESHNER (2003, S. 192) kommt zu dem Fazit, dass eine Abhängigkeit, egal
welcher Art, eine Hirnkrankheit ist. In Tierversuchen wurde festgestellt, dass
unser Verhalten auf ein hochkomplexes Belohnungssystem zurückzuführen ist.
Dies beruht auf dem Botenstoff Dopamin, der auch bei Stimulationen durch Ge-
schlechtsverkehr, durch Nahrungsaufnahme und auch bei Erfolgserlebnissen eine
wichtige Rolle spielt. Es entwickelt sich ein Wiederholungseffekt und das Indivi-
duum suchte ständig nach dieser positiven Stimulierung. Für diese Wirkung ist
das zyklische Adenosinmonophosphat-System verantwortlich, welches dadurch
eine zentrale Rolle einnimmt. ,,Unser Gehirn passt sich also dem Konsumverhal-
ten biologisch an" (ALFERMANN/STOLL, 2010, S. 347). Ebenfalls passt sich
auch die Anzahl der Rezeptoren, die im Laufe der Zeit zunehmen und welche auf
die Droge reagieren, mit an. Daraus resultiert, dass Abhängige eine immer stärke-
re Dosis der Droge benötigen, bis die gewünschte Wirkung einsetzt und Dopamin
ausgeschüttet wird. Bleibt die Stimulation aus, kann es unter anderem zu schlech-
ter Laune, Depressionen und Gereiztheit führen, bis die Anzahl der Rezeptoren
auf die ursprüngliche Anzahl zurückgekehrt ist (LESHNER, 2003, S. 190ff.).
Diese Dopaminhyptohese passt eher zu der Annahme, Auslöser einer Sportsucht
zu sein. Sportsüchtige versuchen immer wieder einen wünschenswerten Zustand
zu erfahren und diesen immer wieder aufzusuchen (ALFERMANN/STOLL,
2010, S. 348).
Die Katecholamin-Hypothese besagt, dass beim Sport Adrenalin und andere Neu-
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rotransmitter im Körper ausgeschüttet werden, die für eine Regulierung der Auf-
merksamkeit, Stimmung, Bewegung und Stressreaktion im Körper verantwortlich
sind. Sie sollen damit eine euphorisierende Wirkung auf den Sportler haben
(CASTILLON, 2007, S. 14).
3.3
Formen der Sportsucht
3.3.1
Anorexia Athletica
Die Anorexia Athletica wurde erstmals von SMITH (1980, S. 139 ff.) geprägt.
Diese Form der Essstörung ist ausschließlich sportinduziert. Sie tritt häufig in
den Sportarten wie Ballett, Skispringen oder Bodenturnen auf. Nach CLASING
(1996, S. 19) gehört die Anorexia Athletica medizinisch gesehen nicht zu den
psychischen Erkrankungen, jedoch besteht die Gefahr in eine Anorexia Nervosa
abzugleiten. Hauptmerkmal bei dieser Form der Sportsucht ist eine kopfgesteuer-
te Gewichtsabnahme, bei der die täglich aufgenommene Energiemenge nicht dem
täglich erforderlichen physischen Bedarf im Sport entspricht (HOFFMANN,
2009, S.6). Dieses gezielte Abnehmen dient der Optimierung der sportlichen
Leistungsfähigkeit. Ein bekannter Fall aus dem Skispringen ist Martin Schmidt,
der unter der Form Anorexia Athletica litt.
Die Beurteilung des eigenen Körpers bei dieser Form der Sportsucht erfolgt
durch den Vergleich mit anderen Konkurrenten oder Konkurrentinnen oder Idea-
len (LEBENSTEDT et al., 2004, S. 35). Die sportliche Leistung dauerhaft auf-
recht zu erhalten und nicht das Dünn sein an sich, ist das Ziel der Athleten. Der
Erfolg suggeriert, dass ihr verändertes Essverhalten richtig ist, also ziehen die
Betroffenen mit einem starken Willen diese Umstellung durch. Wenn das Ver-
hältnis von Körpergewicht und sportlicher Leistungsfähigkeit vom Sportler miss-
achtet wird, kann dies zu gesundheitlichen Störungen und zu einer Leistungsab-
nahme führen (WANKE et al., 2007, S. 374).
3.3.2
Adonis Komplex
Unter Muskeldysmorphie (Adonis Komplex) versteht man die Sucht nach dem
perfekten und makellosen Körper. Es geht dabei um den ständigen Zwang sich
Muskeln anzutrainieren. Das Ziel ist es dabei die perfekte Körperform zu errei-
chen. Immer mehr Männer wollen einen durchtrainierten Körper und leiden unter
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einer verzerrten Köperwahrnehmung(STEINS, 2007, S.83). Die Lösung in ihrem
Problem ist Sport, proteinreiche Kost und sogar verbotene Substanzen wie Ste-
roide. Steroide haben psychische Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen
und Aggressionen. Es wird berichtet, dass Männer im Testosteronrausch Gewalt-
taten verübt haben. Es kann aber auch zu Einschränkungen im Wahrnehmungs-
und Urteilsvermögen kommen. Durch die Einnahme von Steroiden kann sich eine
Person in ihrer Persönlichkeit im Laufe der Zeit verändern (STEINS, 2007, S.
83).
3.3.3
Ausdauersucht
Die Lauf-/Ausdauersucht ist die am längsten erforschte Form der Sportsucht. In
diesem Bereich liegen bereits zahlreiche medizinische und/oder psychologische
Studien vor. Hintergrund ist der, in den USA in den 1970er Jahre entstanden und
in Europa fortgeführte, Lauftrend. Die Laufbewegung erfreut sich einer immer
steigenden Teilnehmerzahl, mit immer längeren Strecken und einer rasanten Ent-
wicklung. Früher wurde ein Marathon noch als passable Herausforderung ange-
sehen, heutzutage nehmen Personen z. B. 100 km Herausforderungen an und sind
mehr als 10 Stunden unterwegs. Von sportmedizinischer und sportpsychologi-
scher Seite wurde hinterfragt, was Menschen dazu bewegt, solche Strecken zu
laufen und was ihnen dabei hilft, solche Distanzen zu überwinden. Ende der
1970er- Jahre wurde dann von MORGAN (1979) der Begriff ,,Exercise Addic-
tion" oder auch Laufsucht geprägt. Dieser Begriff wurde verstärkt, als in Studien
festgestellt wurde, dass einige Sportler während erzwungener Trainings- und
Wettkampfpausen (durch Verletzungen oder Krankheit) weitertrainierten und
spezielle Deprivationssymptome entwickelten. Das Ziel dabei ist es den "Runners
High"-Punkt oder den "Second Wind" zu erreichen. Der ,,Second Wind" tritt zum
Beispiel in einem Marathon nach etwa 32 km Laufstrecke auf (KNOBLOCH et
al., 2000, S. 189 f.).
3.4
Symptome/Merkmale
3.4.1
Toleranzentwicklung
Die Toleranzentwicklung zeigt sich bei Sportsüchtigen in der Art und Weise und
dem Umfang, wie sie Sport treiben. Zum Beispiel muss der Risikofaktor bei der
Sportart steigen oder der Körper muss an seine/neue Leistungsgrenzen gehen.
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Leider ist ein höheres Belastungswachstum auch als Trainingsreiz anzusehen,
sodass die Person versucht ihren Körper einem neuen überschwelligen Belas-
tungsreiz zu geben und unterliegt somit den sportlichen Trainingsreizen. Erst
wenn der Sportler selbst bei Verletzungen oder Erschöpfung, zu einer Art über-
mäßigen Training neigt, kann so etwas als ,,kleines" Anzeichen einer Sportsucht
gewertet werden. Die Toleranzentwicklung sollte trotzdem bei der Diagnose zur
Sportsucht mit berücksichtigt werden und anschließend ins Verhältnis zum Ge-
samteindruck über den Patienten gewichtet werden (BREUER/KLEINERT, 2009,
S. 195).
3.4.2
Entzugssymptome
Wichtige Anzeichen einer Sportsucht sind die Entzugssymptome. Es ist aber sehr
schwer die Entzugssymptome nachzuweisen, da Sportsüchtige kaum auf ihren
Sport verzichten können und damit die Entzugssymptome sehr selten oder gar
nicht in Erscheinung treten können. Die Symptome äußern sich besonders in
Emotionen wie Gereiztheit, Depressionen, Nervosität, Ängstlichkeit und Unruhe.
Die Symptome können sich auch körperlich äußern, wie erhöhter Hautwider-
stand, muskuläre Erschöpfung und Magen-Darm-Störungen. Auch Schlafstörun-
gen lassen sich bei Sportsüchtigen nachweisen (BREUER/KLEINERT, 2009, S.
196).
3.4.3
Intentionalität
Die Intentionalität ist die Wahrnehmung des Zwanges und ein Hauptsymptom der
Sportsucht (BREUER/KLEINERT, 2009, S. 196). Sie bedeutet mehr die wahrge-
nommene fehlende Kontrolle und Hilflosigkeit, als weniger den Höhepunkt, den
Sportsüchtige erleben (z. B. Runners-High). Wenn Sport benötigt wird, um den
Alltag zu bewältigen, ist das ein Anzeichen für die Intentionalität. Der Sport wird
zu einem zentralen Lebensinhalt (TERRY/SZABO/GRIFFITHS, 2003, S. 490).
3.4.4
Kontrollverlust
Der Kontrollverlust lässt sich erst nachweisen, wenn Bewältigungsversuche des
Sportsüchtigen ohne Erfolg bleiben. Dies ist zu erwarten, wenn der Sportler
selbst unter einem hohen individuellen Leidensdruck steht, dass bedeutet, das
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starke negative Konsequenzen wahrgenommen werden (BREUER/KLEINERT,
2009, S. 197).
3.4.5
Aufwand
Ein hoher Aufwand spiegelt sich bei Sportsüchtigen in der Planung und Organi-
sation des Trainings und dessen Umsetzung wider. Der Sportsüchtige beschäftigt
sich auch in trainingsfreien Zeiten mit dem Thema Sport. Er ist auf der suche
nach neuen Ausrüstungsgegenständen für den Sport oder sucht nach neuen wis-
senschaftlichen Errungenschaften. Die Vernachlässigung der anderen Lebensbe-
reiche ist ein wichtiger Beleg für die Sportsucht. Auch die Beschaffung von leis-
tungsfördernden Substanzen (z.B. Hormonpräparate oder Analgetika) fällt mit in
das Kriterium des Aufwandes (BREUER/KLEINERT, 2009, S. 197).
3.4.6
Konflikte
Bei dem Kriterium Konflikte wird zwischen geschlossenen (intrapsychische) und
offenen Konflikten unterschieden. Innere Konflikte trägt der Sportsüchtige mit
sich selbst aus. Es geht meist darum, dass suchtgebundene Motive in den Vorder-
grund rücken und, dass soziale Motive in den Hintergrund (BREU-
ER/KLEINERT, 2009, S. 197). Bei offenen Konflikten kann es zu Streitigkeiten
mit Bekannten, Freunden oder Familienangehörigen kommen. Meist kommt es zu
einem Streit bei Themen über Konkurrenzverhalten oder soziale Motive, die auch
das Thema der Sportsucht beinhalten.
Dabei müssen die Konflikte, die zum Beispiel im Beruf anfallen, abgegrenzt wer-
den. Im Beruf kann es durch die Sportsucht zu einem Leistungsabfall kom-
men(TERRY/SZABO/GRIFFITHS, 2003, S. 491).
3.4.7
Kontinuität
Die Kontinuität ist sehr gut zu erkennen an der Ignoranz von Belastungserschei-
nungen, Regenerationsphasen und der Bagatellisierung von Verletzungen. Das
Training muss immer wieder wiederholt werden (TERRY/SZABO/GRIFFITHS,
2003, S. 490). Es werden auch internistische Beschwerden ignoriert, was zu
schwerwiegenden gesundheitlichen Konsequenzen führen kann (BREU-
ER/KLEINERT, 2009, S. 198).
12

3.4.8
Weitere Symptome
Der Athlet besitzt mehrere Mitgliedschaften in unterschiedlichen Fitnessstudios.
Andere Freizeitsportarten, wie Radfahren, Inlineskaten oder längere Fußmärsche
werden nicht mehr als sportliche Tätigkeit angesehen. Es kommt zu Stimmungs-
schwankungen. Die Stimmung schwankt zwischen euphorisch bis hin zur Teil-
nahmslosigkeit. Der Lebensrhythmus wird dem Sport angepasst. Der Wecker
wird früher gestellt, um vor der Arbeit noch trainieren zu gehen oder es wird in
der Mittagspause auf das Essen verzichtet, um dem Drang nach der sportlichen
Tätigkeit nachzugehen (JORDEN, 2011, S. 70).
3.5
Integratives Phasenmodell der Entstehung von Sportsucht
Man muss sich bewusst machen, dass die Entstehung von Sportsucht nicht auf
rein physiologischen Erklärungsansätzen beruht, sondern Sportsucht muss dabei
als biopsychosoziales Phänomen betrachtet werden. Es beinhaltet einen ganzen
Komplex von Bedingungen und Ursachen für die Entstehung von Sportsucht
(SCHACK, 2000, S. 5). Der Sportler/die Sportlerin muss Informationen aus drei
Ebenen integrieren:
1. Ebene: Beschreibt die psychophysiologischen Zustände, die direkt mit dem
Laufen entstehen (z. B. körperliches Befinden, Veränderung im Herz-Kreislauf-
System, hormonelle Veränderungen).
2. Ebene: Selbstwahrnehmung und Selbstbewertung der Aktivität, aktuelle Gene-
se des Selbst, etwa Streben nach Selbstwertstabilisierung und/oder Selbstwerter-
höhung, Bewertung der eigenen Handlungskontrolle.
3. Ebene: Beschreibt das soziale Umfeld und die Randbedingungen (z. B. Lauf-
boom in der Gesellschaft, Freunde, Wettkampfgegner, aber auch Stressfaktoren z.
B. aus der Sozial- und Arbeitswelt).
Mit dieser Sichtweise soll verhindert werden, dass eine Reduktion des Ursprungs
der Sportsucht nur auf einer Ebene kommt (ALFERMANN/PEFFER/STOLL,
2010, S. 351 ff.).
Die Entstehung von Sportsucht verläuft dabei über mindestens drei Phasen (Bin-
dung an den Sport, Übergangsphase, Sucht (z. B. Ausdauersucht)) ab, welche
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eine gewisse Zeit benötigt (POLIVY, 1994, S. 884 ff.).
Die erste Phase der Entstehung der Sportsucht ist zeitlich mit der Bindungsphase
gleichzusetzen. Diese Phase kann oberflächlich viele Gemeinsamkeiten mit ande-
ren Sportlern besitzen (etwa moderates Trainingspensum, keine bemerkenswerten
Entzugssymptome etc.). Es kann aber hier schon bei einigen Person erste Abwei-
chungen zum normalen Sportreiben geben. Es stellte sich in Studien heraus, dass
nicht der Sport an sich der Hauptgrund ist, sondern der Wunsch nach Stim-
mungsverbesserung oder Gewichtsreduktion, weshalb Sport betrieben wird.
Wenn sich ab hier psychisch Prädisposition (geringes Selbstvertrauen, Ein-
gangsmotiv, Verringerung negativer Affekte) bilden, ist die erste Phase gleichzu-
setzen mit der Bildungsphase.
In der zweiten Phase ist die Zielsetzung von hoher Bedeutung. Die Zielsetzung
innerhalb des Trainings bekommt für den Sportler ein immer wichtigeres Fixie-
rungsgewicht. Gerade die Qualität und die Zielveränderung bekommen in dieser
Phase hohe Aufmerksamkeit. Das eigene Streben nach Selbstwerterhöhung ver-
bunden mit sozialem Druck führt zu einer schrittweisen Eskalation der Ziele und
einer Fixierung des Zielbereiches. Hier könnten handlungspsycholgische Ansätze
mit differenzierten Einsichten in Betracht gezogen werden. Die Ziele dienen da-
bei nicht nur der organisation des eigenen Handels, sondern auch dem Eindru-
cksmanagments (Bekanntmachen der eigenen Ziele) und der Selbstverpflichtung.
Bei dem Übergang in die Suchtentstehung spielen Eindrucksmanagment (durch
sozialen Druck) und Selbstverpflichtung (durch das Ziel nach Selbstwerterhö-
hung und durch die Durchsetzungsstrategien) eine zentrale und wichtige Rolle.
In der dritten Phase und letzten Stadium der Suchtentstehung sind die Symptome
von wesentlicher Entscheidung und ein dazukommender Kontrollverlust kenn-
zeichnend. In dieser Phase treten die Symptome der Suchtentstehung auf. Kör-
perliche Entzugserscheinungen und psychische Symptome des Unwohlseins tre-
ten verstärkt auf (ALFERMANN/STOLL, 2010, S. 351 ff.).
14

Abb.1:Prozeßmodell der Entstehung von Lauf- und Ausdauersucht (SCHACK, 2000, S. 16)
3.6
Folgen der Sportsucht
3.6.1
Körperliche Folgen
Es treten durch das ständige Bewegen Ermüdungserscheinungen auf. Wenn der
Sportler diese nicht beachtet, kann es zum Verschleiß und Schädigung von Kno-
chen, Bänder und Sehnen kommen. Bei einer nicht ,,planmäßigen vorhergesehen-
den Form" (SCHULTZ, 1988, S. 49) kann es zu Störungen der biomechanischen
Idealfunktion führen. Weiterhin kann es zu unphysiologischen Bewegungsabläu-
fen kommen und zu veränderten Bewegungsverhältnissen. Durch die Ermüdungs-
erscheinungen kann bewirkt werden, dass die vertikale Kraftbelastung des Stütz-
apparates eine veränderte Beanspruchungsgröße und Qualität mit sich bringt.
Was zur Folge hat, dass sich einzelne Beschwerdebilder ausprägen (SCHULTZ,
1988, S. 49).
Bei der Anorexia Athletica kann es dazu kommen, dass die Athletinnen oder Ath-
leten wichtiges Körperfett verlieren und sich bei ihnen eine Anorexia Nervosa
entwickelt. Der Grundumsatz wird auf ein Minimum reduziert und der Körper
gewinnt seine Energie aus den Energiespeichern. Der größte Teil der Energie
15

wird für die Muskeln, Herz und Nieren benötigt. Wenn nun auch noch der Körper
anfängt Muskelmasse abzubauen und in Glucose umwandelt, um so das Gehirn
noch ausreichend zu versorgen, kommt es zu einem Leistungsabfall, auch im
mentalen Bereich. Es entsteht eine vermehrte Synthese von Ketonkörpern. Bald
kann auch das Gehirn nicht mehr versorgt werden, es kommt zum Hirntod.(siehe
Abbildung 1)
Abbildung 1: Das Gehirn braucht Zucker (LOCHS, 2003, S. 18)
Aufgrund der Störung der Konzentration und Koordination besitzt der Sportler
eine höhere Verletzungsanfälligkeit (PLATEN, 2000, S. 106).
3.6.2
soziales Umfeld und psychische Folgen
Als Folge der Sportsucht kann der Sportler körperlich und psychisch nicht mehr
weiter machen. Unter anderem resultieren daraus meist depressive Störungen,
Antriebsarmut oder Unruhe, Leistungsverlust und Schlafstörungen. Sportler mit
Anorexia Athletica verlieren immer mehr die Lebensfreude, ihr Selbstbewusst-
sein und das Interesse am Umfeld sinken immer weiter. Sie widmen ihr Leben
nur noch dem Sport, was zur Folge hat, dass der Süchtige nach und nach verein-
samt. Der permanente Stress, den die Sportler erleben, und das sich selbst Einge-
stehen, dass sie sportsüchtig sind führt dazu, dass die Personen immer mehr ge-
stresst sind. Gleichzeitig nimmt die Konzentration am Arbeitsplatz ab wodurch
die Karriere gefährdet ist. Die sportliche Leistungsfähigkeit ist auch nicht mehr
vorhanden und das Interesse an Sexualität nimmt ab (LEBENSTEDT et al, 2004,
S. 45 f.). Während die Konzentration auf seinen Körper und sein Sportverhalten
16

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2012
ISBN (PDF)
9783863418687
ISBN (Paperback)
9783863413682
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement GmbH
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2,8
Schlagworte
Sportsucht ß-Endorphin Hypothese Dopamin- und Katecholamin-Hypothese Verhaltenssucht
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Titel: Sportsucht - Erstellung eines Betreuungskonzeptes
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