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Täuschungshandeln im Sportspiel

©2011 Bachelorarbeit 46 Seiten

Zusammenfassung

Aus der großen Anzahl von Täuschungshandlungen habe ich die Körpertäuschung ausgewählt, da ich selber Körpertäuschungen in mehreren Variationen im Handballsport erfahren habe. In der vorliegenden Bachelorarbeit „Täuschungshandeln im Sportspiel“ stelle ich die Relevanz der leistungsbestimmenden Faktoren während einer Körpertäuschung dar und arbeite heraus, welche Eigenschaften verbessert werden können, um die Täuschung zu perfektionieren.
Mein Auswertungsschwerpunkt wird innerhalb der Sportart Handball liegen, jedoch werde ich sportübergreifende Vergleiche mit den Sportspielen (Basketball und Fußball) herstellen.
Eine grundsätzliche Frage zum Thema Täuschungshandeln im Sportspiel lautet: Wie gelingt es im Sportspiel, ständig wechselnde Spielsituationen wahrzunehmen, sich auf diese anzupassen und immer im richtigen Augenblick, das Richtige zu tun?

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Die konditionellen Fähigkeiten werden vor allem über energetische Prozesse
beeinflusst, wohingegen die koordinativen Fähigkeiten durch Abläufe der
Bewegungssteuerung und Bewegungsregelung determiniert werden (vgl. M
EINEL
,
S
CHNABEL
, 2007, S. 212).
Die koordinativen Fähigkeiten können als allgemeine, bewegungs- und
sportübergreifende Leistungsvoraussetzungen angesehen werden, die das Niveau
der Abläufe bei Steuerung und Regelung menschlicher Willkürbewegungen
charakterisieren. Sportler mit ausgeprägten koordinativen Fähigkeiten können
motorische Abläufe schneller und effizienter lernen, da sie auf zuvor erlernten und
verfestigten Bewegungen sowie auf automatisierte Verlaufsqualitäten zurückgreifen
können (vgl. E
NGELKE
,
H
LATKY
, 2007, S. 73). Hinzu kommt, dass sich der
Anpassungsgrad bei erlernten sporttechnischen Fähigkeiten erhöht, was die
Vervollkommnung, Stabilisierung und situationsadäquate Anwendung, Umstellung
und Anpassung fördert (vgl. Z
IMMERMANN
,
S
CHNABEL
,
B
LUME
, 2002, S. 31).
Die koordinativen Fähigkeiten lassen sich weiter in die Kopplungsfähigkeit,
Rhythmisierungsfähigkeit, Differenzierungsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit,
Umstellungsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit und Orientierungsfähigkeit
untergliedern (vgl. K
EMPF
, 2009, S. 33). Die drei zuletzt genannten koordinativen
Fähigkeiten haben eine besondere Relevanz für Täuschungshandlungen im
Sportspiel, was ich noch im weiteren Verlauf der Ausarbeitung erläutern und
begründen werde.
3 Täuschungshandlungen
bei
Sportspielen
Im folgenden Abschnitt werde ich die Täuschungshandlungen in den Sportspielen
darlegen sowie die Charakteristika einer Körpertäuschung aufzeigen und kurz den
Handlungsablauf erklären. Im Anschluss daran werde ich die
Informationsanforderung und die Druckbedingungen im koordinativen
Anforderungsprofil darstellen.
5

3.1 Begriffserklärung für Täuschungshandlung
Das Handlungsspektrum einer Täuschung ist vielseitig, denn jede
Täuschungshandlung verfügt über ihren eigens bestimmten Bewegungsablauf. Die
Bewegungsausführungen der Körpertäuschungen sind meistens mit einer
Extremitätenbewegung verbunden, so dass die Täuschung von einer Arm- oder
Fußbewegung eingeleitet wird.
Täuschungshandlungen umfassen eine große Bandbreite von Techniken, so dass
ein Spieler durch Wurf-, Schuss- oder Bewegungstäuschungen oder zum Beispiel mit
Hilfe seiner Blickrichtung (Augen) einen Abwehrspieler täuschen kann.
Ein typisches Beispiel für diese Blicktäuschung ist der ,,No-look-Pass"
1
.
An diesem
Beispiel erkennt man sehr gut, dass ein Angriffsspieler den Verteidiger im Glauben
lässt, den Pass in die Blickrichtung zu spielen. Dies ist jedoch schon der Beginn
einer Täuschung, um dann den blinden Pass in eine andere Richtung zum Mitspieler
zu vollziehen. Dieses ist nur eine von vielen Täuschungshandlungen, die bei den
Sportspielen angewendet werden kann.
Wie eingangs schon erwähnt, werde ich mich auf die Handlung der Körpertäuschung
in den großen Sportspielen beziehen.
In einem Sportspiel genügt es nicht, über ein Repertoire von Bewegungsfähigkeiten
und Bewegungsfertigkeiten zu verfügen, vielmehr muss die planende Anwendung in
Kooperation mit den Mitspielern und unter Berücksichtigung der Gegenspieler
vollzogen werden können. Diese Fähigkeit ist von elementarer Bedeutung für
erfolgreiches Handeln im Sportspiel.
Vollzieht der Angreifer seine Täuschung, bewirkt er, dass seine wahre
Handlungsabsicht gegenüber dem Gegenspieler verborgen bleibt. Dadurch gelingt
es dem Angreifer, einen Zeitvorsprung und einen Vorteil für die angreifende
Mannschaft zu bekommen. Mit Hilfe der durchgeführten Täuschung versucht der
Angreifer, den Gegenspieler zu einer frühzeitigen (oft falschen) Handlung zu
verleiten, damit dieser nicht mehr situationsadäquat reagieren kann (vgl. W
ILKE
,
U
HRMEISTER
,
2009, S. 70; S
CHNABEL
,
T
HIEß
, 1993, S. 834). Daraus resultiert, dass der
Angreifer einen wichtigen Handlungsvorsprung besitzt und im Anschluss daran eine
zielgerichtete Folgehandlung (Abspiel, Durchbruch, Torwurf bzw. Torschuss)
ausführen kann (s. Abbildung 2: Täuschungshandlungen, S. 7).
1
,,No-look-Pässe" bedeutet, dass die Spieler den Ball blind, d.h. ohne hinzugucken, ihren Mitspieler zupassen
6

Abb. 2. Täuschungshandlungen (Wilke, Uhrmeister, 2009, S. 70)
Eine Täuschung besteht daher immer aus der Bewegungskombination Täuschung
mit Folgehandlung (vgl. DHB,
1999, S. 182). Dieses wird vom argentinischen
Fußballprofi, Jorge Luis Valdano, folgendermaßen beschrieben: ,,Ein guter Spieler
lässt seine(n) Gegenspieler bis zum letzten Moment darüber im Unklaren, was er mit
dem Ball tun wird." Ein vergleichbares Zitat aus dem Handballsport stammt vom
ehemalige Bundestrainer des Handballbundes Heiner Brand
2
(2008, S. 15): ,, [...] die
Angreifer gezielt zu täuschen, mit ihnen zu <<spielen>>."
Täuschungen können zum Beispiel sein: Lauftäuschungen, Passtäuschungen, Wurf-
oder Schusstäuschungen sowie Körpertäuschungen. Wie eingangs schon erwähnt,
werde ich mich vor allem auf die Körpertäuschung in Sportspielen beziehen.
3.2 Handlungsvollzug einer Körpertäuschung
Nachdem der Begriff der Täuschung bei den Sportspielen erläutert wurde, werde ich
kurz den Handlungsvollzug einer Körpertäuschung darlegen.
Eine erfolgreiche Körpertäuschung setzt eine realistisch ausgeführte Finte
3
voraus.
Diese wird meistens durch die Extremitätenbewegung eingeleitet, dabei ist es
wichtig, dass die Täuschung glaubwürdig erscheint und nicht nur durch ein kurzes
,,Zucken" dargestellt wird. Durch einen Ausfallschritt und gleichzeitiger, seitlicher
Neigung des Oberkörpers wird dieser Eindruck unterstützt (vgl. M
AHÉ
,
K
AHN
, 2007, S.
9; Brüggemann, Albrecht, 1982, S. 68). Die Bewegung soll nicht flüchtig und
2
Bundestrainer der deutschen Handball Nationalmannschaft von 1997-2011
3
Synonyme für Täuschungen sind Finte, Wackler, ,,Verladen", Täuschungsbewegung, Körpertäuschung
7

überhastet wirken, sondern deutlich und in einer adäquaten Geschwindigkeit
ausgeführt werden, denn nur dann nimmt der Gegner die Täuschung erfolgreich an
4
.
Der Vorteil bei einer Täuschung ist, dass man weiß, was man machen will und der
Gegner dadurch in eine falsche Richtung getäuscht wird, so dass dieser erst
zeitverzögert auf die eigentliche Bewegung des Angreifers reagieren kann (vgl.
B
AUER
, 2000, S. 18). Wichtig bei jeder Täuschung ist, dass man dem Abwehrspieler
Zeit einräumt, damit er auf die Täuschung eingehen kann, sei es in aktiver oder
passiver Form. Aflred Gislason
5
unterstützt diese Aussage, indem er beschreibt,
dass man der Abwehr die Zeit und die Möglichkeit einräumen sollte, Fehler zu
begehen (S
PÄTE
, 2010, S. 12).
Ziel dieser Täuschungsbewegung ist, dass ein Durchbruchraum für sich selbst, für
einen Mitspieler oder für eine Wurf- bzw. Schusssituation geschaffen wird. Nach der
Täuschung sollte dann ein schneller Antritt zur Raumgewinnung durch eine
Richtungsänderung erfolgen (s. Anhang 1: Körpertäuschung Daniel Narcisse, S. 44;
s. Anhang 2: Dribbeln mit Oberkörper-Drehfinte beim Fußball, S. 44).
3.3 Koordinatives Anforderungsprofil einer Körpertäuschung
In diesem Abschnitt werde ich die Informationsanforderungen und
Druckbedingungen einer Körpertäuschung mit dem Koordinations-Anforderungs-
Regler (KAR) beschreiben, um dann im nächsten Abschnitt die relevanten
koordinativen Fähigkeiten der Körpertäuschung darzulegen.
Informationsanforderungen der Körpertäuschung (vgl. W
ILKE
,
U
HRMEISTER
, 2009, S.
72):
Abb. 3. Koordinations-Anforderungs-Regler der Informationsanforderung zur Körpertäuschung (Wilke,
Uhrmeister, 2009, S. 72)
4
Im Fachjargon des Handballsports bedeutet es, auf die Täuschung eingehen.
5
Trainer des Rekordmeisters THW Kiel
8

Im KAR der Informationsanforderung ist die optische Ausprägung (o) besonders
hoch. Das periphere Sehen und das entwickeln geeigneter Sehstrategien sind
erforderlich, um Gegner-, Anspieler- und Ballbeobachtung kontrollieren und
Folgehandlungen situationsgerecht anschließen zu können.
Der akustische Bereich (a) hat in der Regel keine große Relevanz, da die Eigen-,
Zuspiel-, Gegner- und Zuschauergeräusche nur selten, zum Beispiel: Wenn ein
Spieler von den Zuschauern ausgepfiffen wird, die Körpertäuschung beeinflussen.
Solange eine Körpertäuschung ohne bzw. passiven Gegenspieler vollzogen wird, ist
die taktile Informationsanforderung (t) niedrig. Allerdings steigt diese Anforderung mit
der Aktivität eines Gegenspielers, da ein Körperkontakt unvermeidbar ist.
Der kinästhetische Bereich (k) ist entsprechend dem optischen Bereich hoch, da die
optimalen Krafteinsätze für schnelle, explosive Durchbrüche aufgebracht und im
Anschluss mit präzisen Folgehandlungen verknüpft werden müssen.
Bei der Informationsanforderung einer Körpertäuschung ist auch ein hoher
vestibuläre Faktor (v) gefordert. Hohe translatorische Beschleunigungen, die bei
erhöhter Dynamik sowie Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen vorkommen
können, treten bei Drehbewegungen am Gegner während einer Täuschung auf.
Das Gleichgewicht (G) hat eine hohe bis maximale Bedeutung und wird beeinflusst
von den Faktoren der Informationsanforderungen (o-, t-, k- und v-Info).
Herauszustellen ist, dass das Gleichgewicht vor, während und nach einer Täuschung
stabil sein muss, um eine Finte und anschließende Folgehandlung effektiv vollziehen
zu können.
Ein weiterer Anforderungsbereich einer Körpertäuschung bezieht sich auf die
Druckbedingungen während des Handlungsvollzugs (vgl. ebd. S. 74):
Abb. 4. Koordinations-Anforderungs-Regler der Druckbedingungen zur Körpertäuschung (Wilke, Uhrmeister,
2009, S. 74)
9

Der Präzisionsdruck (P) einer Körpertäuschung ist hoch bis sehr hoch (maximal). Die
räumlich-zeitliche Feinabstimmung muss zur Zielsetzung einer Folgehandlung
passen.
Der Zeitdruck (Z) besitzt eine sehr hohe bis maximale Gewichtung, weil bei einer
Täuschung eine schnelle, explosivartige Handlung vollzogen werden muss.
Der Komplexitätsdruck der Simultankoordination (K
1
) ist eher gering, da selten zwei
Bewegungen gleichzeitig vorkommen.
Dahingegen ist der Komplexitätsdruck einer Sukzessivkoordination (K
2
) hoch, da die
aufeinanderfolgenden Bewegungen (Bewegungskopplung: Täuschung und direkt
anschließende Folgehandlung) eine harmonische Bewegungshandlung ergeben
müssen.
Der Komplexitätsdruck der Muskelauswahl (K
3
) liegt bei einer Körpertäuschung eher
im Mittelwert, da große Muskelgruppen beansprucht werden. Allerdings ist der K
3
-
Regler nach einer Finte nach oben zu schieben, weil die Abstimmung bei der
feinmotorischen Hand-Modulation (beim Fußball wäre es die Fuß-Modulation) bei der
Folgehandlung adäquat abgestimmt werden muss.
Die Situationsvariabilität (S
1
) ist ebenfalls hoch, da eine situationsadäquate Handlung
vollzogen und zudem noch auf die aktive Bewegungsausführung des Gegenspieler,
der Mitspieler und des Torwarts reagiert werden muss.
Die Situationskomplexität (S
2
) einer Körpertäuschung entspricht dem Mittelwert, da
meistens nur ein Gegenspieler durch eine Finte getäuscht werden soll. Jedoch kann
es in Situationen vorkommen, dass mehrere Gegenspieler dem Angreifer
gegenüberstehen, die durch eine Körpertäuschung ausgespielt werden müssen. Ein
Beispiel ist, wenn eine Fußballmannschaft einen guten Spieler doppelt oder eine
Handball- bzw. Basketballmannschaft in Überzahlsituationen einen Angreifer mit
zwei Gegenspielern besetzt.
Die physisch-konditionelle Belastung (B
1
) einer Körpertäuschung liegt im oberen
Drittel. Eine Körpertäuschung sollte auch nach längerer Spielzeit mit der maximalen
Kraft umgesetzt und zudem mit gleicher Schnelligkeit zu einer effektiven
Täuschungshandlung, wie zu Beginn des Spiels, ausgeführt werden.
Vergleichend mit der physisch-konditionellen Belastung muss auch die psychische
Belastung (B
2
) bei einer Körpertäuschung zu jeder Spielzeit, besonders bei dem
Vollzug einer Finte, hoch sein. Dadurch kann dem Misslingen einer Täuschung
10

entgegengewirkt werden. Hierbei ist anzumerken, dass eine Körpertäuschung stets
eine individualtaktische Verantwortung in sich trägt.
4
Leistungsbestimmende Faktoren einer Körpertäuschung
Die Täuschungen im modernen Handball haben eine besondere Relevanz. Der
Handballsport hat sich in den letzten Jahren durch die Regeländerungen erheblich
verändert und ist daher in der Spielweise immer schneller geworden. Ein Beispiel
hierfür bietet das Bundesligaspiel im Jahre 2006 des THW Kiel gegen den SC
Magdeburg, in dem zusammen 88 Tore geworfen wurden (vgl. S
PÄTE
, 2006, S. 26ff.;
DHB, 2009, S. 11). Dieses wurde unter anderem nur möglich, weil
Täuschungshandlungen effektiv eingesetzt wurden.
Der Spielstil einer Mannschaft wird vor allem von den individuellen Fähigkeiten der
Einzelspieler geprägt. ,,Je besser die individuellen Fähigkeiten der Spieler, umso
kreativer und für den Gegner weniger ausrechenbar kann gespielt werden!" (DHB,
2009, S. 14). Ein Ausnahmespieler, der hier zu erwähnen ist, ist Ivano Bali, der
diese Anforderungen für die Verwirklichung eines effektiven Angriffsspiels mitbringt
(vgl. S
PÄTE
, 2005, S. 14). Jedoch besitzen wenige Angriffsspieler ein umfangreiches
Repertoire an alternativen Täuschungshandlungen. Diese und andere
leistungsbestimmenden Faktoren einer Körpertäuschung sollen im folgenden
Abschnitt aufgeführt werden.
4.1 Koordinative
Fähigkeiten
Wie eingangs schon erwähnt sind die koordinativen Fähigkeiten wie Gleichgewicht,
Orientierung und Umstellung bei einem Vollzug einer Körpertäuschung von
besonderer Bedeutung.
Im zuvor dargestellten Anforderungsprofil lässt sich erkennen, dass die
Informationsanforderung der Gleichgewichtskomponente hoch bis maximal ist.
Dieses resultiert daraus, dass man bei der Durchführung einer Körpertäuschung nie
das dynamische Gleichgewicht verlieren sollte. Vielmehr muss man bei
umfangreichen und oft schnellen Lageveränderungen des Körpers das dynamische
11

Gleichgewicht beibehalten und dieses bei Verlust schnell wieder herstellen (vgl.
N
EUMAIER
, 2006, S. 49).
Ein Beispiel soll dieses verdeutlichen: Versucht der Gegenspieler den Angreifer
daran zu hindern, den Weg zum Ziel einzuschlagen (Fußball und Handball das Tor;
Basketball den Korb), indem er sich passiv in den Weg stellt oder aktiv durch Druck-
und Stoßbewegungen versucht, den Gegner zu stoppen, ist es wichtig, dass der
Angreifer sich gewandt durch die Abwehr bewegt und dabei nicht das Gleichgewicht
verliert.
,,Auf der Basis einer guten Körperstabilität ist besonders die Entwicklung der spezifischen
Zweikampfkraft wichtig, da der Rückraum-Mitte auch noch bei intensivem Körperkontakt
in der Lage sein muss, präzise Pässe zu spielen" (DHB, 2009, S. 57).
Dabei sollte der Angreifer mit hoher Aufmerksamkeit in die Täuschungshandlung
hineingehen, damit er auf mögliche Gleichgewichtsstörungen adäquat reagieren
kann.
Desweiteren sollte die Muskulatur in einem erregten Zustand sein, damit eine
Dysbalance des Gleichgewichts durch gezielte Muskelaktivität (intermuskuläre
Koordination) in einem kontrollierbaren Rahmen gehalten werden kann (vgl. ebd. S.
30).
Im Bereich der Gleichgewichtsfähigkeit zeigt sich der Einfluss des taktilen Faktors
des KAR-Modells, denn ein Angreifer kann oftmals nur dann aus dem
Gleichgeweicht gebracht werden, wenn ein Körperkontakt mit einem anderen Spieler
zustande kommt.
Der DHB betont die Bedeutung des Gleichgewichts und sagt, dass man ohne ein
ausreichendes Gleichgewicht auf dem Spielfeld aus- oder wegrutschen kann, bei
Situationen den entscheidenden kleinen Moment zu spät kommt und der Sportler
eine verminderte Bewegungskontrolle besitzt (vgl. A
NRICH
, 2008, S. 20).
Ein weiterer wichtiger Faktor bei einem Vollzug der Körpertäuschung ist die
Orientierungsfähigkeit. Schnelle Situationsänderungen und eine große Anzahl zu
beobachtender Merkmale sind für Sportspiele typisch und bewirken, dass die Spieler
eine sensomotorische Wahrnehmung besitzen müssen. Der Angreifer muss bei einer
Körpertäuschung, den Ball, die Mit- und Gegenspieler und das Spielfeld beachten
und diese Vielzahl von Informationen miteinander verknüpfen (vgl. W
ILKE
,
12

U
HRMEISTER
, 2009, S. 23; F
ELDMANN
, 2006, S. 25). Nagel spricht bei dieser
Wahrnehmung von einem Raumblick (peripheres Sehen), der durch bestimmte
Wahrnehmungsstrategien in den Spielsportarten ermöglicht, den Überblick zu
behalten (vgl. N
AGEL
,
S
PRECKELS
, 2010, S. 32).
Neben den motorischen Fertigkeiten wirkt ebenfalls die kognitive Komponente in das
Konzept der Handlungsschnelligkeit stark mit ein. So erfordern
Spielsituationswechsel, die ein wesentlicher Bestandteil der Spielsportarten sind,
eine schnelle Wahrnehmung, Antizipation (gedankliche Vorwegnahme der
Spielentwicklung), Entscheidungsfindung und Reaktion auf die komplexen Signale im
Spiel.
Die nachfolgende Abbildung 5 zeigt die Vielfältigkeit der visuellen Wahrnehmung im
Bereich der Raumwahrnehmung und der Bewegungswahrnehmung in den
Sportspielen.
Abb. 5. Formen der optischen Wahrnehmung in den Sportspielen (Wilke, Uhrmeister, 2009, S. 23)
13

Mit der Fülle von Informationen kann es leicht zu einer Reizüberflutung kommen,
daher sollte der Spieler selektiv relevante Informationen herausfiltern und unwichtige
Informationen ausblenden (vgl. N
AGEL
,
S
PRECKELS
, 2010, S. 45). Bei Anfängern im
Sportspiel ist häufig zu erkennen, dass diese langsamer spielen als Erfahrene. Dies
resultiert daraus, dass sie mehr Zeit benötigen, die relevanten Informationen auf dem
Spielfeld zu erkennen und dann im Spielgeschehen umzusetzen (vgl. F
ELDMANN
,
2006, S. 25).
Lösungsansätze zur Orientierung werden überwiegend durch taktisches Wissen
kompensiert. Dadurch wird der Spieler befähigt typische auftretende Spielsituationen
zu erkennen und vorrangig auf die Schlüsselsignale einzugehen.
Damit ein Spieler sich auf die Spielsituation einlassen und effektiv darauf reagieren
kann, ist die Umstellungsfähigkeit von elementarer Bedeutung. Die
Umstellungsfähigkeit fordert von dem Angreifer, dass er auf neue Situationen
adäquate und effektive Lösungen findet, um trotz der wechselnden
Ausgangssituation, sein Ziel zu erreichen. Neumeier (2006, S. 47) unterstützt diese
Forderung durch folgende Aussage:
,,Es gibt grundsätzlich keine identischen Situationen im sportlichen Alltag, sondern nur
mehr oder weniger gleiche bzw. ähnliche (Ausgangstellungen und Körperhaltung,
Blickrichtung, Entfernung zu Objekten, Umweltbedingungen, Eigenbewegungen in der
Umwelt)."
Die selbstinszenierte Umstellungsfähigkeit hat bei einer Täuschungshandlung einen
hohen Anteil und basiert zum Teil auf einem psychologischen Prozess. Der
Angriffsspieler geht mit einer Handlungsvorstellung in eine Zweikampfsituation hinein
und muss auf Impulse des Gegners während seines Täuschungsversuch adäquat
reagieren können, d.h. er muss sein geplantes Täuschungsmanöver während des
Ablaufs umstellen, damit er sein Ziel dennoch erreichen kann. Somit muss der
Angreifer zu jeder Zeit bereit sein, eine gewollte Handlung gemäß den veränderten
Spielsituationen umzustellen.
In den Sportspielen verlangt die Umstellungsfähigkeit Flexibilität und Variabilität, so
dass schnelles Umschalten von der Abwehr in den Angriff möglich wird. Hinzu
kommt, die ständige Mitspiel- und Laufbereitschaft sowie sicheres Kombinationsspiel,
Passgenauigkeit auch unter Bedrängnis, Durchsetzungsvermögen und vor allem ein
14

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783863418694
ISBN (Paperback)
9783863413699
Dateigröße
5.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hamburg
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Sportspiele Körpertäuschung Täuschungstechnik Ballspielart
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