Leiharbeit als Sprungbrett zur Festanstellung: Eine ökonomische Analyse
Zusammenfassung
Zeitarbeit wird in Unternehmen mittlerweile nicht nur zur Erzielung kurzfristiger Flexibilisierungsvorteile genutzt, sondern dient darüber hinaus als Instrument der Personalrekrutierung. Neueste Untersuchungen zeigen, dass knapp 25% aller Leiharbeitnehmer im letzten Entleihbetrieb verbleiben. Dieser Klebeeffekt der Zeitarbeit wird in der vorliegenden Studie unter Einbeziehung der Tournament-Theorie diskutiert. Außerdem sollen auf dieser Grundlage die weiteren Effekte von Leiharbeitnehmerturnieren um eine Festanstellung betrachtet werden. Bei solchen Turniere zwischen zwei Leiharbeitnehmern in einem Entleihbetrieb soll derjenige Arbeitnehmer ermittelt werden, der das beste Arbeitsplatz-Matching garantiert.
Hintergrund dieser Überlegungen ist die Fragestellung, welche Bedeutung die Zeitarbeit für die Entleihbetriebe hat, wenn es darum geht, wie viele Arbeitnehmerüberlassungsverträge nach Beendigung in einer Festanstellung münden. Ziel dabei ist es, die Bedeutung der Zeitarbeit als alternatives Rekrutierungsinstrument für Entleihbetriebe hervorzuheben sowie die Chancen, die sich durch Leiharbeitnehmerturniere speziell für die Zeitarbeiter ergeben können, zu erörtern.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
2 Arbeitnehmerüberlassung im Überblick
Dieser Abschnitt dient dazu, den rechtlichen Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung zu skizzieren und das Dreiecksverhältnis in der Zeitarbeit darzustellen. Darüber hinaus soll die Nutzung der Zeitarbeit als Instrument der flexiblen Personalplanung beleuchtet werden.
„Arbeitnehmerüberlassung (Zeitarbeit, Leiharbeit, Personalleasing) liegt vor, wenn ein Arbeitgeber (Verleiher) einem Dritten (Entleiher) aufgrund einer Vereinbarung bei ihm angestellte Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) vorübergehend zur Verfügung stellt, die der Dritte (Entleiher) nach seinen Vorstellungen in seinem Betrieb wie seine eigenen Arbeitnehmer eingliedert und sie dort zur Förderung des Betriebszwecks nach seinen Weisungen einsetzt (Trenk-Hinterberger 2004: 130).“ Dieser vertraglich fixierten Vereinbarung liegt ein Dreiecksverhältnis zwischen Verleiher, Entleiher und Leiharbeitnehmer zugrunde. Diese Dreiecksbeziehung ist charakteristisch für die Arbeitnehmerüberlassung und unterscheidet die Zeitarbeit von anderen flexiblen Beschäftigungsformen (Burda/Kvasnicka 2006: 195). Leiharbeitnehmer und Verleiher treten in eine rechtliche Beziehung durch den Abschluss eines Leiharbeitsvertrages, der in der Regel als unbefristetes Vollzeitbeschäftigungsverhältnis geschlossen wird. Einziger Unterschied zu allgemein üblichen Arbeitsverträgen ist dabei nur, dass der Leiharbeitnehmer nicht direkt beim Verleiher, sondern in einem Entleihbetrieb eingesetzt wird, dem gegenüber er auch weisungsgebunden ist. Der Verleiher wiederum übernimmt alle üblichen Arbeitgeberpflichten[1], zu denen auch die Entlohnung des Leiharbeitnehmers zählt (Friedrich/Martin 2003: 6f.). Durch die Verabschiedung des ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen im Arbeitsmarkt (eGmDA) wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zum 1.1.2004 erheblich gelockert.[2] Im Gegenzug legte die Bundesregierung jedoch fest, dass fortan der Gleichbehandlungsgrundsatz für die Arbeitnehmerüberlassung Gültigkeit besitze. Unter der Voraussetzung, dass keine Tarifverträge für die jeweiligen Zeitarbeitsfirmen gelten[3], sichert dieser Grundsatz den Leiharbeitnehmern gleiche Arbeitsbedingungen („equal treatment“) und gleiche Bezahlung („equal pay“) wie den im Entleihbetrieb beschäftigten Stammarbeitnehmern zu (Burda/Kvasnicka 2006: 195f.).
Die Beziehung zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher ist nicht arbeitsvertraglich geregelt. Allerdings entstehen mit der Eingliederung in den Entleihbetrieb beidseitige Rechte und Pflichten. So hat der Entleiher neben dem Weisungsrecht gegenüber dem Zeitarbeitnehmer auch die Pflicht zur Fürsorge und Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften, während der Leiharbeitnehmer etwa das Recht zur Mitbestimmung im Entleihbetrieb wahrnehmen kann (Friedrich/Martin 2003: 7). Rechtliche Grundlage für das Verhältnis zwischen Verleiher und Entleiher ist der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (AÜV).[4] Demnach besteht die Hauptleistungspflicht des Verleihers in der fristgerechten Überlassung geeigneter Arbeitskräfte[5], die bei Ausfall oder Nichteignung von diesem ersetzt werden müssen. Zudem überträgt der Verleiher das Recht auf die Arbeitsleistung des Leiharbeitnehmers (das Weisungsrecht) auf den Entleiher. Dieser muss im Gegenzug die vereinbarte Vergütung an den Verleiher zahlen. Diese Vergütung beinhaltet neben dem Nettoarbeitsentgelt und den Lohnnebenkosten für den Leiharbeitnehmer auch einen Aufschlag für die Dienstleistung des Verleihers, der daraus seinen Umsatz generiert (Friedrich/Martin 2003: 6).
Nachdem der rechtliche Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung dargestellt wurde, soll nun der Frage nachgegangen werden, inwieweit und zu welchem Zweck Unternehmen die Zeitarbeit nutzen. Wie lässt sich also das konstante Wachstum der Zeitarbeitsbranche erklären und warum werden Leiharbeitnehmer überhaupt eingesetzt?
Der Boom in der Arbeitnehmerüberlassung ist sicherlich zum Großteil dadurch bedingt, dass die Wirtschaft immer dynamischer wird und damit hohen Risiken und Nachfrageschwankungen unterliegt. Auf Grund dessen besteht für viele Unternehmen das Erfordernis auf verschiedene Marktentwicklungen flexibel reagieren zu können.[6] Der Leiharbeitssektor liefert nun genau dieses Maß an Flexibilität, indem das Personal kurzfristig an die sich ändernden Umstände angepasst werden kann.[7] Der Produktionsfaktor Arbeit wandelt sich so vom quasi-fixen zum variablen Kostenfaktor für die entleihenden Unternehmen, der dazu dient, Personalengpässen entgegenzutreten und gleichzeitig Kündigungsschutzkosten zu umgehen bzw. abzumildern (Burda/Kvasnicka 2006: 196f.). Die Arbeitnehmerüberlassung wird also überwiegend als Instrument der kurzfristigen Personalanpassung eingesetzt[8], um auf Produktionsspitzen, den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und Ausfällen, etwa durch Urlaub, Mutterschaft oder Krankheit, reagieren zu können (Friedrich/Martin 2004b: 208).
Allerdings entwickelt sich die Zeitarbeit auch verstärkt als Instrument zur Gründung eines neuen, langfristigen Arbeitsverhältnisses. Unternehmen sehen nicht nur den rein kurzfristigen Nutzen, sondern schätzen vielmehr den Einsatz von Leiharbeitnehmern als Möglichkeit Arbeitskräfte zu proben und diese gegebenenfalls in die Stammbelegschaft zu übernehmen, zumal der Verleih geeigneter Arbeitskräfte von der Zeitarbeitsfirma garantiert wird. Auf diesen Übernahmeprozess und die empirische Evidenz geht der folgende Abschnitt näher ein.
3 Leiharbeitnehmerübernahme in Stammbelegschaften
„Durch die Aufhebung des Vermittlungsmonopols der Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 1994 verstehen sich auch die Zeitarbeitsunternehmen zunehmend als Personalvermittler statt als bloße Verleiher (Pietrzyk 2003: 114).“ Belegt wird diese Tatsache durch eine Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln unter 210 Zeitarbeitsunternehmen mit insgesamt 53.000 Beschäftigten. Demnach verbleiben 24,3% der Leiharbeitnehmer im letzten Entleihunternehmen, in dem sie eingesetzt wurden, und 21,9% verlassen das Zeitarbeitsunternehmen, um für einen anderen Arbeitgeber tätig zu werden (http://www.iwkoeln.de/default.aspx?p =pub&i=2191&pn=2&n=n2191&m=pub&f=4&ber=Informationen&a=21107). Diese Zahlen belegen, dass die Zeitarbeit auch eine Sprungbrettfunktion für Leiharbeitnehmer in eine Normalbeschäftigung haben kann und unterstreichen die Notwendigkeit einer genaueren Untersuchung darüber, inwieweit Turniere, in denen Leiharbeitnehmer um eine Festanstellung konkurrieren, für die Auswahl des Entleihers dienlich sind und welche Effekte sie nach sich ziehen.
Will das Entleihunternehmen einen Leiharbeitnehmer in die Stammbelegschaft aufnehmen und muss dieser somit seinen Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma auflösen, entfällt für den übernehmenden Betrieb eine Vermittlungsprämie, die dieser an die Verleihfirma zahlen muss.
Diese Gebühr beläuft sich üblicherweise auf zwei bis drei Bruttomonatsgehälter, die der Leiharbeitnehmer fortan als Festangestellter verdient.[9] Daten über die Übernahmechancen von Leiharbeitnehmern verschiedener Berufsgruppen[10] und Qualifikationsniveaus liegen diesbezüglich noch nicht vor, jedoch ist anzunehmen, dass beide Faktoren die Übernahmewahrscheinlichkeit in die Stammbelegschaft eines Entleihbetriebes beeinflussen.
Im Rahmen dieser Arbeit soll von den Einsatzfeldern der Leiharbeitnehmer und somit auch von unterschiedlichen Arbeitsmarktsituationen und Übernahmewahrscheinlichkeiten[11] abgesehen werden. Die Analyse konzentriert sich demnach auf das Turnier beliebig gewählter Leiharbeitnehmer. Das nächste Kapitel beschreibt nun zunächst kurz die Tournament-Theorie im Allgemeinen und geht gleichzeitig auf Voraussetzungen und Annahmen von Leiharbeitnehmerturnieren ein, bevor im Weiteren der Nutzen eines solchen Leiharbeitnehmerturniers und die Rolle der Stammbelegschaft analysiert werden.
4 Die Turniertheorie in Leiharbeitnehmerturnieren
Grundvoraussetzung für die Einführung von Leiharbeitnehmerturnieren um eine Festanstellung ist der Bedarf zusätzlicher Arbeitnehmer im Entleihbetrieb. Mit anderen Worten, muss der Entleiher vakante Stellen in seinem Unternehmen haben, für die kurzfristig zwar Leiharbeitnehmer eingesetzt werden, die langfristig aber mit Festangestellten besetzt werden sollen.
Zur Ausgestaltung eines Turniers hat der Arbeitgeber verschiedene Designoptionen, die den Turnierverlauf und das Verhalten der Turnierteilnehmer beeinflussen können (Harbing/Irlenbusch 2003: 20). Im vorliegenden Fall übernimmt nicht der eigentliche Arbeitgeber des Leiharbeiters, nämlich die Zeitarbeitsfirma, diese Aufgabe, sondern das Entleihunternehmen tritt an deren Stelle. Dies ist auch insofern plausibel, da es nach Beendigung des Turniers alle sich daraus ergebenden Konsequenzen, wie etwa den Abschluss eines Arbeitsvertrags mit dem Leiharbeitnehmer oder die Zahlung der Vermittlungsprämie an den Verleiher, trägt.
Zum einen kann der Entleiher den Gewinnerpreis bestimmen, der hier als Übernahme in die Stammbelegschaft definiert ist. Zum anderen kann er die Turniergröße, also die Anzahl der Turnierteilnehmer festlegen. Zur Vereinfachung soll sich das Leiharbeitnehmerturnier im Folgenden auf lediglich zwei Arbeitnehmer beschränken. Turniere mit mehr als zwei Teilnehmern werden nur am Rande erwähnt. Des Weiteren spielen der Abstand zwischen Gewinner- und Verliererpreis eine wichtige Rolle. Wurde eben festgesetzt, dass der Gewinner eine Festanstellung im Entleihbetrieb erhält, so scheidet der Verlierer aus dem Wettbewerb aus und wird entweder vom Entleiher als Zeitarbeiter weiterbeschäftigt, oder aber er wird vom Verleiher in einem anderen Betrieb eingesetzt (Harbing/Irlenbusch 2003: 20). Die Turnierpreisdifferenz (Spreizung) kann an dieser Stelle nicht ausschließlich monetär gemessen werden, da neben einem Gehaltssprung durch die Festanstellung[12], auch andere Faktoren wie Beschäftigungssicherheit und Aufstiegschancen (Chance auf weitere Beförderungsturniere) diese Differenz beeinflussen (Backes-Gellner/Lazear/Wolff 2001: 160, 186-188).
Beförderungsturniere können als absolute oder relative Leistungsturniere, so genannte Rank-Order-Tournaments, konzipiert werden (Kräkel 1997: 262). In absoluten Leistungsturnieren werden alle Akteure befördert, die ein vom Arbeitgeber vorgegebenes Leistungsniveau erreichen. Dabei können im Extremfall alle oder kein Turnierteilnehmer als Gewinner hervorgehen. Neben der Bestimmung der Leistungsvorgabe, erfordern absolute Leistungsturniere auch die genaue Messbarkeit der Arbeitsleistung, zum Beispiel in Form von produzierten Stückzahlen oder erzielten Verkaufserlösen (Sadowski 2002: 146-149). Beim Einsatz relativer Leistungsturniere wiederum genügt es, beurteilen zu können, welcher Turnierteilnehmer die beste Leistung abgeliefert hat (Kräkel 1997: 262).
In Hinblick auf das hier diskutierte Modell eines Leiharbeitnehmerturniers empfiehlt sich der Einsatz eines relativen Leistungsturniers. Zum einen sind dadurch geringere Messkosten der Leistungsbeobachtung zu erwarten, zum anderen spielen Zufallseinflüsse eine untergeordnete Rolle, da beide Turnierteilnehmer zeitgleich für dieselben Aufgaben eingesetzt werden (Backes-Gellner/Lazear/Wolff 2001: 191-194). Außerdem zielt das beschriebene Leiharbeitnehmerturnier darauf ab, lediglich einen Gewinner für eine Festanstellung zu ermitteln, wodurch die Austragung eines absoluten Leistungsturniers ausgeschlossen werden kann.
Nach Backes-Gellner/Lazear/Wolff (2001: 190) zeichnet sich ein typisches Up-or-Out-Beförderungsturnier dadurch aus, dass nur eine bestimmte Anzahl der Turnierteilnehmer befördert werden und die Turnierverlierer aus dem Unternehmen ausscheiden.[13] Ähnlich sind Leiharbeitnehmerturniere gestaltet. Jedoch handelt es sich im diskutierten Fall nicht um eine Winner-takes-all-Situation (Backes-Gellner/Lazear/Wolff 2001: 161), da der Turnierverlierer nicht komplett „leer“ ausgeht, sondern weiterhin einen festen Lohn vom Verleiher bekommt und bei diesem beschäftigt bleibt (wenn auch nicht mehr in gleicher Position).[14]
Um den Gewinner eines relativen Leistungsturniers ermitteln zu können, bedarf es bestimmter Beförderungskriterien und der Berücksichtigung externer Einflüsse auf die Performance der einzelnen Turnierteilnehmer. In der Literatur werden zwei Arten von Auswahlkriterien diskutiert. Üblicherweise wird zwischen dem Senioritäts- und Leistungsprinzip unterschieden.[15] Ersteres Beförderungskriterium ist vom Arbeitnehmer unbeeinflussbar, zweit genanntes kann hingegen von diesem beeinflusst werden (Kräkel 1997: 245f.). Im Rahmen der Analyse von Leiharbeitnehmerturnieren wird sich ausschließlich auf die vom Leiharbeitnehmer beeinflussbaren Faktoren und deren Wirkung als Selektions- und Anreizinstrument konzentriert. Darüber hinaus werden in Abschnitt 4.3 verschiedene subjektive Bewertungskriterien diskutiert. Beförderungskriterien auf Basis der Seniorität machen schon aufgrund der oftmals kurzzeitigen Verweildauern von Leiharbeitnehmern in Entleihbetreiben keinen Sinn, da sie auf der Betriebszugehörigkeitsdauer beruhen.[16]
Auch der Einfluss von Zufällen kann bei Beförderungsentscheidungen und der Anreizwirkung von Arbeitnehmerturnieren eine wichtige Rolle spielen. Zufälle beschreiben unvorhersehbare und von den Turnierteilnehmern unbeeinflussbare Umstände, die sich in Form von Unsicherheiten im Produktionsprozess oder Messfehlern in der Leistungsbewertung bemerkbar machen können. Der Vorteil relativer Leistungsturniere ist, dass die Bedeutung dieser Einflüsse minimiert wird, wenn beide Konkurrenten diesen gleichermaßen ausgesetzt sind. (Backes-Gellner/Lazear/Wolff 2001: 172-174). Aus diesem Grund hat der Zufallseinfluss als Störfaktor der Turnierbewertung auch keine Auswirkung auf den Anreizeffekt (Kräkel 1997: 281f.). In Leiharbeitnehmerturnieren ist seine Bedeutung ebenso gering, da davon ausgegangen wird, dass Leiharbeitnehmer gleiche Arbeitsbedingungen vorfinden und gleichen Marktrisiken ausgesetzt sind.[17]
Leiharbeitnehmerturniere bestehen also aus zwei Parteien:[18] Der Arbeitgeberpartei, also dem Entleihbetrieb, und der Arbeitnehmerseite, die in diesem Modell durch zwei Leiharbeiter vertreten wird. Die Arbeitgeberseite definiert zwei Ziele, die mit der Erzeugung eines Arbeitnehmerwettbewerbs erreicht werden sollen: Zum einen ein Anreiz- und zum anderen ein Allokations- und Matchingziel. Von beiden Kollektivzielen steht letzteres im Vordergrund, da es über die Auswahl des für das Unternehmen am besten geeigneten Turnierteilnehmers entscheidet. Gesucht wird also der Arbeitnehmer, der die höchste Qualität bezüglich des Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Matches aufweist. Allerdings kann sich aus Sicht des Arbeitgebers (als Prinzipal) das aus der Prinzipal-Agenten-Theorie bekannte Problem der adversen Selektion durch versteckte Informationen der Turnierteilnehmer ergeben (Kräkel 1997: 166f.).[19] Vertiefend wird darauf in Abschnitt 4.1 eingegangen.
Für die Arbeitnehmerseite genießt der Einstieg in den internen Arbeitsmarkt der Unternehmung oberste Priorität.[20] Trotz der Einführung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für die Zeitarbeitsbranche seit dem 1.1.2004 unterscheidet sich die Stellung eines Leiharbeitnehmers gegenüber der eines Stammarbeitnehmers. „[Beide Seiten] … unterscheiden sich … unter anderem durch ihre hohe Fluktuationsrate, durch ihre Qualifikation, Fähigkeiten und Kompetenzen, ihr Qualitätsbewusstsein, ihre soziale Integration in die gewachsenen Unternehmens- und Organisationskulturen sowie ihre Produktivität (Brehmer 2008: 46).“
Dieser Abschnitt diente zunächst zur Vorstellung des Leiharbeitnehmerturniermodells und zur Erläuterung dessen Konzeption. Darüber hinaus wurden die Ziele des Entleihbetriebs und der Leiharbeitnehmer in einem solchen Turnier dargestellt. Nachdem der Bezugsrahmen nun hergestellt wurde, werden im Folgenden die produktivitätssteigernden und kontraproduktiven Effekte eines solchen Leiharbeitnehmerturniers als Selektions- und Anreizinstrument behandelt.
4.1 Der Einsatz von Leiharbeitnehmerturnieren als Selektionsinstrument
Wie bereits erwähnt steht für die Arbeitgeberseite in Leiharbeitnehmerturnieren das Allokations- und Matchingziel im Vordergrund. Der Selektionseffekt von Leiharbeitnehmerturnieren trägt zur Erreichung dieses Primärziels in zweierlei Hinsicht bei: Durch die Vorauswahl auf Grundlage der vom Entleihbetrieb gestellten Anforderungen, gewährleistet die Zeitarbeitsfirma einen gewissen Grad an Homogenität unter den entsandten Leiharbeitnehmern. Das bedeutet, dass die Turnierteilnehmer bezüglich ihres allgemeinen Qualifikationsniveaus keine wesentlichen Unterschiede aufweisen. Somit entscheiden die individuellen Qualitäten der Arbeitnehmer und der erbrachte Arbeitseinsatz darüber, welcher Teilnehmer als Turniergewinner hervorgeht (Kräkel 1997: 278f.).
Neben der Vorauswahl werden während der Leiharbeitnehmerturniere weitere Qualitätsunsicherheiten zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite abgebaut. Dabei erhält der Entleihbetrieb nicht nur Informationen über das Arbeitsverhalten der Zeitarbeitnehmer, sondern auch die Turnierteilnehmer erlangen intensive Einblicke in die Arbeit im Entleihbetrieb.[21] Dadurch wird ihnen die Möglichkeit gegeben, sich ein eigenes Bild über den Entleihbetrieb zu verschaffen, was wiederum eine beeinflussende Wirkung auf den Arbeitseinsatz hat. Demnach würde es für den Arbeitgeber negative Auswirkungen haben, wenn die Leiharbeitnehmer unter schlechten Bedingungen in einem sie ablehnenden Arbeitsumfeld tätig werden müssten. Hier wäre mit Leistungszurückhaltung und einem sinkenden Übernahmeninteresse der Arbeitnehmer zu rechnen.
Kräkel (1997: 279 f.) betrachtet den Fall streng asymmetrischer Informationsverteilung, bei dem die individuellen Qualitäten eines Arbeitnehmers nur von diesem selbst, nicht aber von seinem Kontrahenten oder dem Arbeitgeber eingeschätzt werden können. So würden beide Arbeitnehmer einen hohen Einsatz wählen, sodass sich tatsächlich derjenige mit der höchsten Qualität durchsetzt. Kontraproduktiv kann in diesem Fall allerdings eine Überbeanspruchung der Ressourcen wirken, die sich daraus ergibt, dass die Turnierteilnehmer einen ineffizient hohen Einsatz wählen und somit sehr schnell überlastet werden.[22] Dieser Effekt wird in der Literatur auch als Rattenrennen bezeichnet. Dabei wird induziert, dass unverhältnismäßig hohe Anstrengungen, die zur Zielerreichung nötig sind, sich auch in der Höhe des Turnierpreises niederschlagen müssen (Backes-Gellner/Lazear/Wolff 2001: 169 f.; 180).
Leiharbeitnehmer in Turnieren würden also als Siegerpreis, neben der Beschäftigungssicherheit durch die Übernahme in die Stammbelegschaft, auch einen deutlichen Gehaltssprung erwarten, um ein hohes Leistungsniveau zu wählen. Diese Aufstockung der Bezüge lässt sich in der Tat beobachten[23], sodass Leiharbeitnehmer dadurch einen zusätzlichen Anreiz erfahren. Weitere Einflüsse, die von der Turnierpreisdifferenz ausgehen, werden im nächsten Unterabschnitt diskutiert.
Die eben beschriebene Annahme streng asymmetrisch verteilter Informationen muss jedoch besonders in Leiharbeitnehmerturnieren relativiert werden. Schon durch die Vorselektion der Zeitarbeitsfirma, die aufgrund einheitlicher Qualifikationsanforderungen des Arbeitsplatzes homogenes Personal zur Verfügung stellt, besitzen die Teilnehmer zu Turnierbeginn bereits Informationen über ihren Konkurrenten. Die ausgewählten Zeitarbeiter können nämlich von ihren eigenen Qualifikationen und den Anforderungen der Entleihfirma auf die Fähigkeiten ihres Turnierkonkurrenten schließen. Diese Informationsbasis wird häufig noch dadurch erweitert, dass beide Zeitarbeiter schon in Vorbeschäftigungen zusammengearbeitet haben und die Arbeitsweise des Gegenübers somit einschätzen können. Kommt es zu solch einem Abbau der Informationsasymmetrie zwischen beiden Leiharbeitern, entsteht ein Trade-Off zwischen der Anreiz und Allokationswirkung eines Arbeitnehmerturniers. Dies hat zur Folge, dass während die Wirkung zur Erreichung des einen Turnierziels zunimmt, die Wirkung auf das andere Turnierziel abnimmt. Die Leiharbeiter können frühzeitig einschätzen, wer besser ist, sodass der unterlegene Zeitarbeiter seinen Arbeitseinsatz minimieren wird. So hat der ex-ante Informationsaustausch der beiden Arbeitnehmer für den Entleihbetrieb negative Konsequenzen: Einerseits wäre es aus Sicht des Arbeitgebers sinnvoll, bei frühzeitiger Erkennung der Qualitätsunterschiede das Turnier sofort zu beenden, andrerseits würde dadurch die Anreizwirkung des gesamten Leiharbeitnehmerturniers verloren gehen. Bei Aufrechterhaltung der Turniersituation entstünde das Problem, dass auch der überlegene Leiharbeiter seinen Einsatz auf ein Minimum reduzieren würde. Die sofortige Selektion nimmt, wie schon erwähnt, die Anreizwirkung des Turniermodells, sodass der Grundgedanke neben der Selektions- auch eine Anreizwirkung zu erzielen, hinfällig ist (Kräkel 1997: 125).
Die kontraproduktive Wirkung durch den ex-ante Informationsaustausch der Turnierteilnehmer wird allerdings mit zunehmender Anzahl der Turnierteilnehmer reduziert, da ein möglicher Austausch relevanter Informationen unter den Leiharbeitnehmern schwieriger wird. Außerdem kommt es gerade durch die Vorselektion der Zeitarbeitsfirma zu einem sehr homogenen Leistungsniveau der Turnierteilnehmer, sodass eine Einschätzung hinsichtlich der Qualitätsunterschiede kaum möglich ist. Zudem hat der Einfluss subjektiver Beurteilungskriterien auf den Turnierausgang, und hier insbesondere die Leistungsbeurteilung durch die Stammarbeitnehmer, die in 4.3 diskutiert wird, eine positive Auswirkung auf das Arbeitsverhalten der Leiharbeiter. Vorleistungen in anderen Unternehmen spielen dadurch nur eine untergeordnete Rolle, sodass sowohl derjenige, der seine Qualitäten höher einschätzt, als auch derjenige, der sich als unterlegen einstuft, eine hohe Leistungsbereitschaft zeigt.
Einen weiteren Konflikt bei der Realisierung des Anreiz- und Allokationsziels beschreibt Kräkel (1997:125) als das Problem der Zeitinkonsistenz. Der Kompromiss zwischen Selektions- und Anreizwirkung vor Beginn eines Turniers, verschiebt sich ex-post, also unmittelbar vor einer konkreten Personalentscheidung, dahingehend, dass nur noch das Matchingziel für den Arbeitgeber von Interesse ist. Zur Besetzung der vakanten Stelle wählt der Arbeitgeber den Turnierteilnehmer mit dem besten Leistungsergebnis. Dies stellt aber insbesondere bei schwer messbaren Leistungen und der Einbeziehung subjektiver Bewertungskriterien ein Problem dar. Legt der Arbeitgeber jedoch überprüfbare Beurteilungsmaßstäbe ex-ante fest, verringert sich die Anreizwirkung eines solchen Turniers. Im Fall des skizzierten Leiharbeitnehmerturniers könnte genau diese Situation eintreten. Die Selektionswirkung genießt bei der Auswahl des geeigneten Zeitarbeiters oberste Priorität, wodurch die Gefahr sinkender Anreize besteht. Allerdings wirkt sich das Zeitinkonsistenzproblem insbesondere dann negativ auf die Leistungsbereitschaft aus, wenn der Turnierverlierer weiterhin im Betrieb bleibt und dort weitere Beförderungsturniere bestreitet. In dem hier beschriebenen Up-or-out-Beförderungsturnier ist dieser Effekt hingegen zu vernachlässigen.
Neben einer Erhöhung der Teilnehmeranzahl verbessert sich die Selektionswirkung von Arbeitnehmerturnieren durch das Austragen mehrerer aufeinander folgender Turniere. Somit erhöhen sich die Homogenität und damit auch die Leistungsdichte der Turnierteilnehmer (Kräkel 1997: 280). In Leiharbeitnehmerturnieren kann es durchaus zu mehreren Turnieren kommen, etwa dann, wenn der Entleihbetrieb zur abschließenden Bewertung der Turnierleistung die Arbeit in verschiedenen Abteilungen mit unterschiedlichen Aufgabengebieten zugrunde legt und separat betrachtet.
Auch die Zeitspanne eines Turniers beeinflusst die Güte der Selektion. Je länger der Zeitraum einer Turnierentscheidung ist, desto eher wird auch der tatsächlich beste Turnierteilnehmer den Wettbewerb gewinnen. Allerdings erhöht eine Verlängerung der Beobachtungsperiode auch die Kosten eines Beförderungsturniers[24], sodass die Durchführung ab einem bestimmten Zeitpunkt irrational wird. Backes-Gellner/Lazear/Wolff (2001: 199, 210) vergleichen hierzu die Dauer der Besetzung von Vorstandspositionen zwischen deutschen und amerikanischen Top-Managern und diagnostizieren einen Trade-Off zwischen einer schnellen Besetzung mit höherem Risiko und einer langsamen Beförderung einhergehend mit einer größeren Ressourcenverschwendung. Wenn die Selektionsfunktion des Turniers an erster Stelle steht, sollen demnach die Beförderungsentscheidungen tendenziell früher ausgesprochen werden. Im Rahmen von Leiharbeitnehmerturnieren die vorrangig darauf beruhen, das beste Arbeitnehmer-Arbeitsplatz-Matching zu erreichen, sollte sich der Entleihbetrieb also nicht zu lange auf die Beförderungsentscheidung warten, wobei hier wiederum das Risiko einer Fehlbesetzung höher einzustufen ist. Allein die Tatsache, dass Zeitarbeiter nicht länger als 24 Monate in demselben Entleihbetrieb eingesetzt werden dürfen und der Bedarf mehrerer überlassener Arbeitskräfte in einem bestimmten Bereich langfristig eher als gering einzustufen ist, beschränkt hier allerdings schon den Rahmen der Beurteilungsperiode.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Selektionswirkung in Leiharbeitnehmerturnieren zunächst im Unternehmen des Verleihers und anschließend im Unternehmen des Entleihers auftritt. Eine erste Positivauslese findet demnach statt, wenn sich eine Arbeitskraft für die Beschäftigung in der Zeitarbeit entscheidet, eine zweite Selektion wird im Entleihbetrieb selbst, durch den Einsatz von Turnieren mit sehr homogenen Arbeitnehmern, vollzogen. Aus Entleihersicht wird somit eine doppelte Fähigkeitsprüfung der Leiharbeiter durchgeführt, die das Risiko der adversen Selektion stark reduziert (Friedrich/ Martin 2003: 20f.).[25] Ein Trade-Off zwischen dem Allokations- und Anreizziel entsteht vor allem durch den Informationsaustausch der Turnierteilnehmer. Diesbezüglich versucht der Entleihbetrieb neben der Erreichung einer optimalen Selektionswirkung, Leistungsanreize zu schaffen. Im Folgenden soll der Einsatz von Leiharbeitnehmerturnieren als Anreizinstrument analysiert werden, indem die Wirkung produktiver und kontraproduktiver Effekte auf die Leistungsbereitschaft der Leiharbeiter betrachtet wird.
4.2 Der Einsatz von Leiharbeitnehmerturnieren als Anreizinstrument
Im diskutierten Fall von Leiharbeitnehmerturnieren um eine Festanstellung handelt es sich um Up-or-out-Turniere, bei denen die bereits behandelte Selektionswirkung im Vordergrund steht. Allerdings genießt auch die Anreizwirkung solcher Turniere einen hohen Stellenwert, da der Entleihbetrieb als Arbeitgeber den Arbeitseinsatz der Turnierteilnehmer maximieren will. Kräkel (1997: 263) unterscheidet dabei zwischen expliziten und impliziten Anreizkomponenten. Unter ersteren werden monetäre Anreize zusammengefasst, die sich in einem unmittelbaren Einkommenszuwachs ausdrücken, letztere stellen sich in Form von Optionen auf weitere Beförderungsturniere dar. Beide Anreizbestandteile finden sich auch im Turniermodell von Leiharbeitnehmern wieder. In Anlehnung an Kräkel (1997) sollen nun im weiteren Verlauf verschiedene, die Anreizwirkung beeinflussende Faktoren untersucht werden, wobei ein direkter Bezug zu Leiharbeitnehmerturnieren hergestellt werden soll.
Mit zunehmender Turnierpreisdifferenz erhöht sich auch die Leistungsintensität der Turnierteilnehmer. Legt der Arbeitgeber neben dem Gewinner- und Verliererpreis noch einen dritten Turnierpreis fest, wird eine zusätzliche Anreizwirkung erzielt. Der erste Preis wird in diesem Fall nur vergeben, wenn der Gewinner dem Verlierer in Höhe eines vorgegebenen Mindestabstandes überlegen ist (Kräkel 1997: 264f.). Dieses Ergebnis lässt sich allerdings nicht auf das untersuchte Modell übertragen, da es hier nur einen Gewinnerpreis in Form der Festanstellung und einen Verliererpreis in Form der Weiterbeschäftigung als Zeitarbeiter gibt. Wie im vorangegangenen Abschnitt erwähnt, geht jedoch ein Anreiz vom Gehaltssprung aus, den der Turniergewinner durch die Übernahme in die Stammbelegschaft erwarten kann. Trotz der Einführung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes in der Arbeitnehmerüberlassung, der gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit vorschreibt, verdienen Leiharbeiter durchschnittlich weniger als ihre fest angestellten Kollegen.[26] Somit lässt sich die Erhöhung des Arbeitseinsatzes begründen.
Auch Homogenitätsgrad und Informationsverteilung haben einen entscheidenden Einfluss auf die Anreizwirkung in Turnieren. Zum einen wählen die Turnierteilnehmer eine hohe Arbeitsintensität, wenn ihre Qualitäten bekanntermaßen ausgeglichen, d.h. homogen sind, zum anderen, wenn sie die Qualität des anderen nicht einschätzen können, also Informationen asymmetrisch verteilt sind (Kräkel 1997: 265). In Leiharbeitnehmerturnieren wird vor allem erstere Situation die Regel sein, da durch die Vorauswahl der Zeitarbeitsfirma ein hoher Homogenitätsgrad gewährleistet wird.
Problematisch sind hingegen Turniere, in denen die Qualität der Konkurrenz vorher bekannt ist oder aber durch alle beteiligten Akteure im Laufe des Turniers genau beobachtet werden kann. Dieses Problem des Informationsaustausches bzw. der Informationsgewinnung hat einen umso stärkeren Negativeinfluss auf die Anreizwirkung, desto heterogener die Fähigkeiten der Turnierteilnehmer ausgeprägt sind. Noch prekärer wird die Situation, wenn zwar beide Arbeitnehmer die gegenseitigen Qualitäten beurteilen können, der Arbeitgeber aber nicht. So kann letzterer keine Maßnahmen einführen, die der Minimierung des Arbeitseinsatzes beider Akteure entgegensteuern. Dadurch hat dieser Effekt sowohl eine negative Wirkung auf den Selektions-, als auch auf den Anreizmechanismus des Turniers. Allerdings kann auch an dieser Stelle das Problem mit Hilfe einer Vorselektion durch den Arbeitgeber entschärft werden (Kräkel 1997: 265ff.). Leiharbeitnehmerturniere, in denen der Verleiher diese Vorauswahl durchführt, sind aufgrund der dadurch bedingten Homogenität nur am Rande von diesem Problem betroffen, zumal die vorherige Zusammenarbeit mit Turnierkonkurrenten als Informationsbasis zu vernachlässigen ist, da die hohe Fluktuationsrate der Branche[27] eine Informationsgewinnung kaum zulässt.
Weitere negative Anreizeffekte ergeben sich durch den Austausch von Zwischeninformationen im Turnierverlauf. Mit der Turnierdauer erhöht sich dabei auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Arbeitnehmer Informationen über den Zwischenstand austauschen. Dies impliziert die Gefahr, dass offenbar unterlegene Turnierteilnehmer, ihre Arbeitsanstrengung zurückschrauben, um zumindest ihr Arbeitsleid zu senken. Erfährt wiederum der andere Turnierteilnehmer davon, hält dieser selbst einen Teil seiner Arbeitsleistung zurück. Ein genauso kontraproduktiver Einfluss ergibt sich, wenn Turnierteilnehmer ihre Stärke durch einen anfangs sehr hohen Arbeitseinsatz signalisieren. Zum einen werden dadurch Mitbewerber abgeschreckt, zum anderen kann eine ineffizient hohe Anstrengung zu Beginn[28], möglicherweise dazu führen, dass nicht der fähigste Arbeitnehmer befördert wird (Kräkel 1997: 268f.). Beim Einsatz von Zeitarbeitskräften kann dieses Problem des Austausches von Zwischeninformationen gleichermaßen auftreten, wie es auch beim Informationsaustausch vor Turnierbeginn der Fall ist. Allerdings wird auch hier aufgrund des Einsatzes homogener Zeitarbeiter die negative Wirkung auf den Anreiz abgeschwächt. So wird wohl weder die Abschreckungsstrategie eines Turnierteilnehmers ihre erhoffte Wirkung entfachen, noch wird ein Turnierteilnehmer dem anderen derart untelegen sein, dass dieser seine Anstrengungen minimiert.
Durchaus weiterreichende Folgen haben Beeinflussungsaktivitäten und Eskalationseffekte. Die Turnierteilnehmer verfolgen dabei das Ziel, durch die Verringerung des Arbeitsergebnisses des Konkurrenten, die eigene Position zu verbessern. Zu solchen Sabotageaktivitäten zählt nicht nur die mutwillige Verschlechterung des Arbeitsergebnisses des Gegenübers, sondern schon allein das Vorenthalten leistungsrelevanter Informationen. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Wahrscheinlichkeit solcher beeinflussenden Aktivitäten erhöht, wenn Sanktionsmechanismen fehlen oder nicht im geforderten Maße greifen und die Sabotagekosten, im Vergleich zur Erhöhung des Arbeitsleids bei eigener Leistungssteigerung, geringer ausfallen. Darüber hinaus verstärkt sich der Einsatz von Sabotageaktivitäten mit der Differenz zwischen Gewinner- und Verliererpreis, den die Turnierteilnehmer erhalten können (Kräkel 1997: 269-271). Je größer also hier die Differenz zwischen dem Lohn der Zeitarbeit und dem erwarteten Entgelt der Festanstellung ist, desto stärker neigen beide Leiharbeiter zu Sabotageaktivitäten. Dem kann man entgegnen, indem verschiedene Bewertungsmechanismen eingesetzt werden und die Kontakthäufigkeit der Leiharbeitnehmer reduziert wird. Da das diskutierte Leiharbeitnehmerturniermodell allerdings von Arbeitsverhältnis und Branche absieht, sollen an dieser Stelle spezifische Maßnahmen zur Reduzierung der Kontakthäufigkeit nicht weiter vertieft werden. So könnte das Zusammentreffen zweier Arbeitnehmer in Mehrschichtbetrieben etwa vermieden werden, wenn beide Turnierteilnehmer in unterschiedlichen Schichten beschäftigt wären.
Auch haben die Turnierteilnehmer nicht die Möglichkeit mitzubestimmen, wer ihr Konkurrent ist. Die Deckung des Leiharbeitnehmerbedarfs wird vom Verleiher organisiert, der dementsprechend verfügbares und qualifiziertes Personal in den Entleihbetrieb entsendet. So kann es nicht dazu kommen, dass Arbeitnehmer möglichst schwache Turniergegner aussuchen, um ihre Gewinnchancen zu erhöhen. Dieses Problem verdeutlicht Kräkel (1997: 270) anhand des Beispiels eines Arbeitnehmers, der durch den Wechsel zu einer Abteilung mit vermutlich schwächeren Kontrahenten, seine Aufstiegschancen verbessern will.
Eine andere Form von Eskalationseffekt tritt auf, wenn Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistungen gegenseitig gut beobachten können. Auch hier äußert sich der Informationsaustausch in einer Überbeanspruchung der Ressourcen, was zu ineffizienten Handlungsweisen der Akteure führt. Um die Chancen auf einen Turniersieg zu erhalten, muss jeder Teilnehmer auf die Leistungserhöhung des anderen reagieren und auch die eigene Leistung erhöhen (Kräkel 1997: 270f.). Die Übertragung dieses Problem auf Turniere mit Leiharbeitnehmern wurde weiter oben bereits diskutiert.
Neben dem Austausch von Leistungsinformationen, sorgen Kollusionen der Turnierteilnehmer für eine noch erheblichere Störung der Anreizwirkung. Gelingt es den Arbeitnehmern eine stabile Absprache zu treffen, wirkt sich dies negativ für den Arbeitgeber aus. Beide Kontrahenten würden ihren Arbeitseinsatz um das gleiche Niveau senken, sodass die Position im relativen Wettbewerb bestehen bleibt und beide ihr Arbeitsleid verringern. Allerdings wird die Attraktivität dieser Absprachen dadurch gemindert, dass der Arbeitgeber drastische Sanktionsmaßnahmen ergreifen kann. Außerdem wird die Interaktionsbeziehung der Turnierteilnehmer gestört, da nur ein Gewinner aus dem Turnier hervorgeht und somit jeder Akteur die Situation opportunistisch ausnutzen kann (Kräkel 1997: 271f.). In Leiharbeitnehmerturnieren kann das Problem der horizontalen Kollusion in der Tat schwerwiegende Folgen haben. Diese treten vor allem dann auf, wenn ein Leiharbeiter nicht das ursprünglich angenommene Ziel einer Festanstellung im Entleihbetrieb verfolgt, sondern die Zeitarbeit aufgrund eines anderen Motivs nutzt (z.B. Berufsorientierung) oder frühzeitig feststellt, nicht auf Dauer für den Entleihbetrieb arbeiten zu wollen. Tritt eines dieser Szenarien ein und sind die Erträge durch Absprachen größer als die zu erwartenden Sanktionen, verringern beide Turnierteilnehmer ihren Arbeitseinsatz auf ein Minimum. Wird aber weiterhin der Übergang in die Stammbelegschaft für beide Leiharbeiter angenommen, ist die Interaktionsdauer solcher Absprachen von vornherein stark begrenzt.
In Bezug auf die eben diskutierte Abweichung des Primärziels in Leiharbeitnehmerturnieren, sind an dieser Stelle besonders externe Karrierealternativen zu nennen. So kann es zu Fehlanreizen kommen, wenn den Arbeitnehmern vergleichbare Karrierechancen am Arbeitsmarkt geboten werden. In diesem Fall kann die Turnierpreisdifferenz nicht mehr direkt vom Arbeitgeber festgelegt werden, da der Verliererpreis durch die best mögliche Alternativbeschäftigung bestimmt wird (Kräkel 1997: 272). Leiharbeitnehmer, die per se einen Arbeitsvertrag mit der Zeitarbeitsfirma geschlossen haben, können daher auch externe Karrierealternativen vorweisen. Durch den bestehenden Arbeitsvertrag mit dem Verleiher wird garantiert, dass auch bei einer Turnierniederlage einer neuen Beschäftigung nachgegangen werden kann und das Gehalt unvermindert weitergezahlt wird. Dieser Aspekt könnte vor allem dann zu Anreizminderungen führen, wenn die Turnierteilnehmer mit der Beschäftigung im Entleihbetrieb unzufrieden sind oder schon ein anderes Beschäftigungsverhältnis, im Rahmen der Zeitarbeit oder einer Festanstellung, im Blick haben. Somit würden sie sich wiederum mit dem Verliererpreis begnügen.
Weiterhin kann der Arbeitgeber in Turnieren besondere Anreize für innovative Ideen schaffen. So wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben, durch Verbesserungsvorschläge die Betriebsabläufe zu modifizieren, was sich wiederum positiv auf dessen Gewinnchancen auswirkt. Bei sehr heterogenen Kontrahenten haben diese Innovationsanreize jedoch sehr differenzierte Folgen. Fähige Arbeitnehmer vermeiden es riskante Strategien zu wählen, um ihren vermeintlichen Sieg nicht zu gefährden. Weniger fähige Arbeitnehmer hingegen haben kaum etwas zu verlieren, sodass sie zur Erzeugung neuer Ideen angereizt werden. Da in diesem Zusammenhang aber davon ausgegangen werden kann, dass besser qualifizierte Turnierteilnehmer effizientere Innovationen erarbeiten, ist die Wirkung solcher Innovationsanreize anzuzweifeln, weil lediglich die weniger befähigten Leiharbeitnehmer um Innovationen bemüht sind (Kräkel 1997: 272-274). Durch die Homogenität der ausgewählten Leiharbeitnehmer kann ein solches Vorschlagswesen jedoch durchaus positive Effekte generieren. Beide Kontrahenten befinden sich bezüglich ihres Qualifikationsniveaus nahezu auf einem Level, wodurch zusätzliche Anreize, die die Gewinnchancen erhöhen, eine wesentlich bedeutendere Auswirkung auf die Leistungsintensität haben. In diesem Fall wären beide Turnierteilnehmer darum bemüht, neue Innovationen zu schaffen, um sich positiv hervorzuheben. Hierdurch könnte etwa das Problem der Betriebsblindheit abgemildert werden. Zudem bedarf es für Verbesserungsvorschläge umfangreicher Einblicke in die Betriebsabläufe, wodurch beide Turnierteilnehmer einen Anreiz zur schnellen Einarbeitung und Integration in den Entleihbetrieb erhalten würden.
Parallel zum Innovationsanreiz, ist der Arbeitgeber auch bestrebt, Qualifikationsanreize für die Turnierteilnehmer zu schaffen. Kräkel (1997: 289f.) konzipiert beispielsweise separate Qualifikationsturniere, die derjenige Arbeitnehmer gewinnt, der im Betrachtungszeitraum die meisten Qualifikationen erworben hat. So lassen sich Allokations- und Anreizziel gleichermaßen realisieren. Im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung ist zu beobachten, dass vor allem die Zeitarbeitsunternehmen selbst durch ein vielfältiges Angebot und verschiedene Finanzierungsmaßnahmen versuchen, ihre Angestellten zu Weiterqualifizierungsmaßnahmen zu bewegen.[29] Nicht nur verbessern sich dadurch die Siegchancen der Leiharbeiter in Turnieren, auch erhöht sich das Ansehen des Verleihers, was nachfolgend erörtert wird.
Im Rahmen der Career-concerns-Debatte geht es um die Reputation der Turnierteilnehmer am Arbeitsmarkt. Dabei wird der Blickwinkel von unternehmensinternen Turnieren auf die gesamte Karriere umfassende Turniere ausgeweitet. Die Leistung der Arbeitnehmer wirkt sich nicht nur auf ein einzelnes Turnier aus, sondern die Arbeitgeberentscheidung wird auch vom Arbeitsmarkt wahrgenommen. So werden die Qualitäten eines Arbeitnehmers nach jeder Turnierentscheidung neu eingestuft. Dies führt wiederum dazu, dass die Turnierteilnehmer solche Handlungsalternativen ergreifen, die ihre Gewinnchancen erhöhen und die daher auch dem Arbeitgeber zugute kommen. Handlungsweisen, die dem Ansehen schaden, werden indes verborgen. Hier lässt sich auch ein möglicher Zusammenhang zu kontraproduktiven Beeinflussungsaktivitäten der Turnierteilnehmer herstellen, die gezielte Falschinformationen ausstreuen, um ihre Leistung zu beschönigen (Kräkel 1997: 274-277).[30] Übertragen auf das Leiharbeitnehmermodell schaffen Career-concerns positive Leistungsanreize, da ein Leiharbeitnehmer durch gute Leistungen im Entleihbetrieb nicht nur die Chance auf eine Festanstellung vergrößert, sondern auch seinen Stellenwert innerhalb der Zeitarbeitsfirma erhöht. Das Auftreten der überlassenen Arbeitskräfte hat gar eine entscheidende Bedeutung, weil die Verleihfirmen auf die gute Reputation ihres Personals angewiesen sind, um das Kundenansehen zu steigern. Außerdem können die Turnierteilnehmer auch zu einem späteren Zeitpunkt von ihrer Reputation profitieren, indem sie von einem anderen Unternehmen abgeworben werden.[31] Für die Turnierverlierer besteht allerdings die Gefahr, dass eine Niederlage als „verschmutztes“ Signal[32] auf dem Arbeitsmarkt und beim Verleiher wahrgenommen wird, was die Chancen in weiteren Turnieren sinken lässt. Detailliert werden die unterschiedlichen Effekte auf Turniergewinner und –verlierer in Kapitel 5 analysiert.
Negativ wird die Anreizwirkung von Beförderungsturnieren schlussendlich auch beeinflusst, wenn der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Turnierergebnisses unsicher ist (Kräkel 1997: 277). Dieses Problem fällt in Leiharbeitnehmerturnieren besonders ins Gewicht. Je länger ein Turnier andauert, desto größer werden die Unsicherheiten der Leiharbeiter, ob der vom Arbeitgeber in Aussicht gestellte Gewinnerpreis, also in diesem Fall die Übernahme in die Stammbelegschaft, tatsächlich ausgesprochen wird. Ist das in dieser Überlegung vorausgesetzte Vorhandensein oder Entstehen einer vakanten Stelle nicht gewährleistet oder absehbar, verliert das Leiharbeitnehmerturniermodell als Anreizinstrument seine Wirkung. Jedoch soll im Folgenden weiterhin davon ausgegangen werden, dass diese Vakanz im Entleihbetrieb besteht und die Besetzung dieser Stelle das primäre Ziel des Entleihbetriebes darstellt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Anreizwirkung von Leiharbeitnehmerturnieren gleichen Effekten, wie die herkömmlicher Beförderungsturniere ausgesetzt ist. Allerdings sind hier einige Einschränkungen zu betonen, die sich durch die besondere Konstellation in der Arbeitnehmerüberlassung ergeben. So wird durch die Vorselektion des Verleihers ein hoher Homogenitätsgrad der Turnierteilnehmer garantiert, der die Probleme durch asymmetrisch verteilte Informationen und den Austausch relevanter Daten abschwächt. Zudem genießen Innovationsanreize und Career-concerns im Vergleich zu den Beförderungsturnieren nach Kräkel (1997) einen besonderen Stellenwert in Leiharbeitnehmerturnieren. Aufgrund der Ausgeglichenheit hinsichtlich des Qualifikationsniveaus der Turnierteilnehmer, können beispielsweise produktive Verbesserungsvorschläge Turnier entscheidende Konsequenzen mit sich führen und somit einen zusätzlichen Anreiz liefern.
Dennoch bedarf es zur Vermeidung kontraproduktiver Effekte und zur Erreichung des optimalen Effizienzgrades von Leiharbeitnehmerturnieren als Anreiz- und Selektionsinstrument einer genauen Bewertung der Turnierleistungen. Wurden in Abschnitt 4.1 und 4.2 leistungsbeeinflussende Faktoren diskutiert, geht der nun folgende Teil auf die Bewertungskriterien sowie ihre Stärken und Schwächen vertiefend ein. Dabei soll den Stammarbeitskräften des Entleihbetriebes als subjektive Beurteiler eine besondere Rolle zukommen.
4.3 Subjektive Leistungsbeurteilungen in Leiharbeitnehmerturnieren
Zur Bestimmung eines Turniergewinners ist eine Leistungsbeurteilung der teilnehmenden Arbeitnehmer vonnöten. Dabei wird zwischen subjektiven und objektiven Bewertungskriterien unterschieden. Subjektive Bewertungsmechanismen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht verifizierbar sind und daher auch nicht Bestandteil arbeitsvertraglicher Vereinbarungen sein können. Sie treten in Form von qualitativen Merkmalen auf und beziehen sich auf den Arbeitnehmerinput (Arbeitseinsatz). Objektive Beurteilungen hingegen beruhen oftmals auf quantitativen Maßen zur Messung des individuellen Leistungsergebnisses; bilden somit also den Output ab. Obwohl subjektive Bewertungskriterien mit einer Vielzahl von Problemen behaftet sind, werden sie häufig verwendet, weil sie für zusätzliche Informationen sorgen. So ist ein rein objektives Bewertungssystem beispielsweise nicht im Stande, Informationen über die Kooperationsbereitschaft oder das erworbene, betriebsspezifische Humankapital der Arbeitnehmer zu liefern (Kräkel 1997: 301f.). Auch das in dieser Arbeit diskutierte Turnier mit Leiharbeitskräften greift auf den Einsatz subjektiver Bewertungskriterien zurück. Da das Modell sich nicht nur auf Zeitarbeiter beschränkt, deren Output eindeutig messbar ist (z.B. bei Arbeiten am Fließband), sondern auch Leiharbeitnehmer erfasst, deren Leistungspotential nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand quantitativ nachgewiesen werden kann (z.B. bei Verwaltungsaufgaben), ist der Einsatz subjektiver Leistungsindikatoren unumgänglich.
Kräkel (1997: 303) stellt fest, dass sich subjektive und objektive Bewertungskriterien, je nach Einsatzgebiet und Messbarkeit der Arbeitsleistung, gegenseitig ersetzen (Substitutionalität) oder ergänzen (Komplementarität).[33] Dabei beruht eine explizite Anreizgestaltung auf objektiven Leistungsmaßstäben, wohingegen implizite Anreize auf Grundlage subjektiver Leistungsmaße erzeugt werden.
Im Rahmen der Analyse von Leiharbeitnehmerturnieren spielt die implizite Anreizwirkung[34] in Form der Festanstellung im Entleihbetrieb eine entscheidende Rolle. Daher liegt das Hauptaugenmerk auf der Turnierbewertung nach subjektiven Kriterien. Nachfolgend sollen zunächst die damit verbundenen Probleme theoretisch begründet und anschließend für das Leiharbeitnehmermodell spezifische Lösungen angeboten werden.
Aufgrund der Nicht-Verifizierbarkeit subjektiver Leistungsindikatoren sind aus Arbeitgebersicht nicht unerhebliche Akzeptanzprobleme zu erwarten. Hinter dem Zeitinkonsistenzproblem steckt die Befürchtung der Arbeitnehmer, dass kurz vor der Turnierentscheidung ausschließlich dem Allokationsziel Rechnung getragen wird und somit der aus Arbeitgebersicht geeignetste Teilnehmer[35] als Turniergewinner hervorgeht (Kräkel 1997: 306f.). Dieser Sachverhalt wurde bereits unter dem Trade-Off zwischen Allokations- und Anreizziel in Abschnitt 4.1 diskutiert. Zu besonderen Schwierigkeiten kann es kommen, wenn Vorgesetzte vom Arbeitgeber mit der Durchführung von Personalbeurteilungen beauftragt werden. Fällt der Beurteiler seine Entscheidung nach persönlichen Präferenzen und bevorteilt einen Turnierteilnehmer gegenüber dem anderen, spricht man von einer Favorisierung. Außerdem würden Vorgesetzte, insofern sie nicht die Konsequenzen ihrer Entscheidung tragen müssten und keine Arbeitnehmerpräferenzen hätten, einen minimalen Aufwand für die Beurteilung einsetzen, sodass es folglich zu einer willkürlichen Zufallsbewertung kommen würde (Kräkel 1997: 307).
Neben der Beurteilung nach persönlichen Präferenzen, stellen verzerrte Beurteilungen, die durch kontraproduktive Beeinflussungsaktivitäten verursacht werden, ein weiteres Problem dar. Dadurch, dass Turnierteilnehmer versuchen, die subjektiven Vorgesetztenbeurteilungen zu ihren Gunsten zu manipulieren, fallen für den Arbeitgeber Kosten an. Diese setzen sich einerseits aus Opportunitätskosten zusammen, die entstehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Beeinflussungsaktivitäten unproduktiv ist, andrerseits äußern sie sich als Kosten der Fehlentscheidung, indem nicht der fähigste Arbeitnehmer zum Gewinner ernannt wird. Darüber hinaus haben solche Influence activities auch einen negativen Anreizeffekt, weil andere Turnierteilnehmer ihrem Arbeitseinsatz keine besondere Wirkung mehr auf das Vorgesetztenurteil beimessen und deshalb ihre Leistung zurückhalten (Kräkel 307f.).
Eine ähnliche Negativwirkung kann sich aufgrund des Yes-men-Effekts ergeben. Dabei versuchen die Arbeitnehmer Informationen über den beurteilenden Vorgesetzten zu erlangen und diese so einzusetzen, dass die eigene Meinung stets konform mit der Vorgesetztenmeinung ist. Somit werden dem Beurteilenden Gemeinsamkeiten suggeriert, die das Bewertungsergebnis verfälschen (Kräkel 308-310).
Des Weiteren lassen sich auch Absprachen zwischen einem Arbeitnehmer und dem beurteilenden Vorgesetzten kontraproduktiven Beeinflussungsaktivitäten zuordnen. Ist es für den Arbeitgeber nicht möglich, eine solche Kollusion zu beobachten, entsteht für beide Akteure ein lohnenswertes Abkommen. Der Arbeitnehmer wird befördert und der Vorgesetzte erhält als Ausgleich eine vorher festgelegte Gegenleistung. Benachteiligte Turnierteilnehmer reagieren darauf wiederum mit Leistungszurückhaltung und der Arbeitnehmer von geringerer Qualität wird unter Umständen befördert (Kräkel 1997: 310).
Neben der bewussten Verfälschung subjektiver Personalbeurteilungen, unterscheiden Klimecki/Gmür (2001: 267-269) fünf weitere Fehlerquellen, die aufgrund unbewusster Handlungen entstehen. Beziehungsbedingte Beurteilungsfehler ergeben sich demnach aus der emotionalen Nähe zwischen Beurteiler und Beurteiltem. Je enger eine solche Beziehung ist, desto positiver fällt die Bewertung aus. Unter bezugsgruppenbedingten Fehlern werden Wahrnehmungsverzerrungen gezählt, die durch Stereotype entstehen. Serienfehler treten auf, wenn nur die Entwicklung in der Vergangenheit zur Beurteilung des aktuellen Leistungsstandes herangezogen wird. So führt der Kleber-Effekt zu einer systematischen Unterschätzung des Arbeitnehmers aufgrund der bisherigen, schlechten Erfahrungswerte. Wahrnehmungsfehler resultieren aus der Überbewertung eines bestimmten Merkmals, dessen Ausprägung sich negativ auf alle anderen, unabhängigen Eigenschaften auswirkt. Maßstabsfehler lassen sich schlussendlich in zweierlei Hinsicht interpretieren. Zum einen können sie unbewusst dazu führen, dass bei dem beurteilenden Vorgesetzten eine Tendenz zur Härte, Mitte oder Milde vorherrscht, zum anderen können sie nach Kräkel (1997: 310) bewusst zu einer positiven Verzerrung der Bewertung führen. Da von der Leistung eines Arbeitnehmers oft auch auf die Leistung des Vorgesetzten bzw. der gesamten Abteilung geschlossen wird, neigen subjektive Vorgesetztenbeurteilungen daher eher zur Milde.[36]
Nach der theoretischen Diskussion bewusster und unbewusster Fehler der subjektiven Leistungsbeurteilungen sollen im Folgenden nun verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt werden, die zur Lösung dieser Probleme beitragen. Beispielsweise könnte der Arbeitgeber auf Job rotation zurückgreifen. Die Turnierteilnehmer rotieren dabei zwischen verschiedenen Abteilungen und werden somit auch von verschiedenen Vorgesetzten beurteilt. Diese Maßnahme hat gleich mehrere positive Auswirkungen. Zum einen sinkt die Gefahr einer vertikalen Kollusion zwischen Vorgesetztem und Arbeitnehmer[37], zum anderen werden auch horizontale Absprachen zwischen den Arbeitnehmern sowie kontraproduktive Beeinflussungsaktivitäten erschwert. Darüber hinaus reduziert sich das Ja-Sager-Problem. Insgesamt trägt Job rotation auch zur Lösung des Akzeptanzproblems subjektiver Beurteilungen bei, da die persönlichen Präferenzen einzelner Vorgesetzter nicht mehr so stark ins Gewicht fallen (Kräkel 1997: 314f.).[38] Inwieweit Leiharbeitnehmer im Rahmen von Turnieren verschiedene Abteilungen durchlaufen und damit auch von verschiedenen Vorgesetzten bewertet werden, ist fraglich. Hier bedarf es sicherlich weiterer Untersuchungen hinsichtlich des Arbeitsplatzwechsels innerhalb eines Entleihbetriebes. An dieser Stelle soll deshalb davon ausgegangen werden, dass Job rotation in Leiharbeitnehmerturnieren eine eher untergeordnete Lösungsmaßnahme darstellt.
Ein alternativer Lösungsweg zu Job rotation ist der Einsatz von Mehrfachbeurteilungen an einem Arbeitsplatz. So könnte eine Selbsteinschätzung des zu beurteilenden Arbeitnehmers die subjektive Leistungsbewertung des direkten Vorgesetzten ergänzen.[39] Eine weitere Variante könnte darin bestehen, die subjektive Leistungsbeurteilung durch die Kollegen in die Arbeitnehmerbewertung mit einzubeziehen. Diese verfügen zumeist über genauere Informationen als der direkte Vorgesetzte und können somit die Leistung des zu Beurteilenden besser einschätzen (Kräkel 1997: 316).[40]
Kollegenbeurteilungen eignen sich im diskutierten Turniermodell besonders gut, um kontraproduktive Effekte abzumildern. Hier würden die Stammarbeitnehmer einen Beitrag zur subjektiven Leistungsbeurteilung der untereinander konkurrierenden Leiharbeiter leisten. Sie würden demnach also als Monitoring-Instrument des Arbeitgebers fungieren, indem sie die Arbeitsleistung der Turnierteilnehmer beobachten. Den Stammarbeitnehmern wird somit nicht der Eindruck vermittelt, dass sie durch den Faktor Zeitarbeit ersetzt werden sollen, sondern dass sie zur Auswahl eines zukünftigen Kollegen beitragen. Dies erhöht die Kooperationsbereitschaft[41] der Stammbelegschaft (Kräkel 1997: 316) bei der Einarbeitung der überlassenen Arbeitnehmer und verbessert darüber hinaus die Arbeitsbedingungen für die Zeitarbeiter durch eine stärkere soziale Unterstützung.[42] Isolations- und Desintegrationseffekte wie sie nach Mogge (1982: 47) durch den Zielkonflikt zwischen Stamm- und Leiharbeitnehmern auftreten, werden weitestgehend vermieden.
Des Weiteren nehmen negative Einflüsse auf die Anreizwirkung von Leiharbeitnehmerturnieren ab, da eine Beurteilung mehrerer Instanzen, unterschiedliche Beurteilungsmaßstäbe einzelner Akteure ausgleicht. Daher ist es von untergeordnetem Interesse, ob der Arbeitnehmer von einem wohlwollenden (Tendenz zur Milde) oder strengen (Tendenz zur Härte) Vorgesetzten beurteilt wird (Backes-Gellner/Lazear/Wolff 2001: 195). Zufallseinflüsse auf die Leistungsbeurteilung nehmen also genauso ab, wie die Gefahr vertikaler Absprachen aufgrund einer Erhöhung der Kollusionskosten. Darüber hinaus wird die Selektionswirkung des Leiharbeitnehmerturniers verbessert, was zur Optimierung des Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Matches beiträgt. Durch den Einfluss der Stammarbeitnehmer auf die Leistungsbeurteilung wird nämlich gewährleistet, dass derjenige Turnierteilnehmer als Sieger hervorgeht, der am besten in den Entleihbetrieb und dessen Belegschaft passt und nicht zwangsläufig derjenige, der die besten Arbeitsergebnisse erzielt hat (Kräkel 1997: 125). Dadurch wird Faktoren wie der Kooperationsbereitschaft und der sozialen Passung[43] viel stärker Rechnung getragen.
Antizipieren die Turnierteilnehmer jedoch, dass das Leistungsergebnis nicht alleinige Relevanz besitzt, sorgt dies wiederum für eine Reduzierung der Anreizwirkung. Zudem entstehen Anreiz senkende Effekte, wenn bestimmte Leiharbeiter von den Stammarbeitnehmern individuell bevorzugt werden (Favorisierung) oder sie durch kontraproduktive Aktivitäten die subjektive Beurteilung beeinflussen wollen.[44] Auch steigt die Gefahr horizontaler Kollusionen, wobei diese wiederum negativ mit der Anzahl der urteilenden Stammarbeitnehmer korreliert. Daneben können auch hier unbewusste Verzerrungseffekte die Kollegenbewertungen stören. Dennoch ist insgesamt festzuhalten, dass der Einfluss von Stammarbeitnehmern auf subjektive Beurteilungsmechanismen in Leiharbeitnehmerturnieren eine effektive Lösung vorhandener Probleme darstellt.
Als „… wohl leistungsfähigstes personalpolitisches Instrument gegen Probleme subjektiver Beförderungsturniere… “ geht Kräkel (1997: 323f.) auf die Idee von Pendergast/Topel (1993) ein, eine Art Erfolgsbeteiligung auf Basis der Beförderungsempfehlungen einzuführen. Der Vorgesetzte müsste seine Entscheidung somit auch nachträglich verantworten und die Konsequenzen dafür tragen. Bei quantifizierbaren Arbeitsergebnissen könnte er dann einen bestimmten Prämiensatz bekommen, der Teil seiner Entlohnung wird. Nicht quantifizierbare Ergebnisse könnten in Form einer entsprechenden Bonuszahlung entgolten werden. Im diskutierten Modell findet eine Erfolgsbeteiligung in ähnlicher, wenn auch nicht zwangsläufig monetärer Form statt. Durch die Selektionsfunktion von Leiharbeitnehmerturnieren müssen die beurteilenden Akteure ebenfalls die Konsequenzen ihrer Bewertungsentscheidung tragen. In diesem Fall steht allerdings nicht die monetäre Beteiligung im Vordergrund, sondern der Einfluss auf die Auswahl einer neuen Stammarbeitskraft. Der Erfolg drückt sich nun vielmehr dahingehend aus, wie positiv die zukünftige Zusammenarbeit mit dem neuen Kollege bzw. Mitarbeiter verläuft.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Einsatz subjektiver Leistungsbeurteilungen vor dem Hintergrund des Allokations- und Anreizziels des Arbeitgebers unumgänglich ist. Zwar entstehen dadurch zusätzliche, nicht ganz unproblematische Konstellationen, diese können jedoch durch verschiedene personalpolitische Maßnahmen überwunden werden (Kräkel 1997: 324f.). Besonders ungenaue, zeit- und kostenminimale subjektive Beurteilungen führen zu adversen Selektionseffekten. Daher lohnt sich aus Entleihersicht, neben der Bewertung durch Vorgesetzte, das Stammpersonal für subjektive Personalbeurteilungen einzusetzen, auch wenn darunter die Produktivität leidet.[45] Im Gegenzug steigt nämlich die Kooperationsbereitschaft der Stammbelegschaft, was wiederum positive Produktivitätseffekte auf die Leiharbeitnehmer hat. Darüber hinaus wird durch die Mitbestimmung über die Auswahl zukünftiger Kollegen und Mitarbeiter eine Art Erfolgsbeteilung induziert, durch die das Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Match optimiert wird.
[...]
[1] Weitere gesetzliche Bestimmungen, insbesondere zu arbeitgeber- und arbeitnehmerseitigen Pflichten sind im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), im Besonderen in § 11 AÜG geregelt.
[2] Für die weiteren Ausführungen sind ausschließlich die aktuellen gesetzlichen Regelungen zur Arbeitnehmerüberlassung relevant. Näheres zur Entwicklung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes seit Einführung im Jahre 1972 zeigen Burda/Kvasnicka (2006: 200) in einer tabellarischen Übersicht.
[3] Siehe beispielhaft den flächendeckenden Tarifvertrag zwischen dem BZA und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB (http://www.randstad.de/rde/download/RAND023-11-Tarifvertrag%20RZ_2% 5B2 %5D.pdf).
[4] Für den AÜV gilt im Wesentlichen Vertragsfreiheit. Vereinzelt werden gewisse Pflichten jedoch nach § 12 Abs. 1 AÜG bestimmt (Friedrich/Martin 2003: 6).
[5] Geeignete Arbeitskräfte müssen sowohl den Qualifikations- als auch Belastungsanforderungen des Entleihers entsprechen.
[6] Neben den aktuellen Zahlen des BZA, liefern Martin/Nienhüser (2002: 70-72) eine detailliertere Entwicklung über die Beschäftigung und durchschnittliche Überlassungsdauer in der Zeitarbeitsbranche bis zum Jahr 2000. Zu einem europaweiten Überblick über die Nutzung und den Stellenwert der Arbeitnehmerüberlassung vgl. Nienhüser/Matiaske (2003: 466f.).
[7] Andere Instrumente des kurzfristigen, flexiblen Personaleinsatzes sind Überstunden und befristete Arbeitsverträge (Friedrich/Martin 2004: 207).
[8] Im Jahr 2000 etwa wurden 64% der Arbeitsverhältnisse vor Ablauf von 3 Monaten wieder beendet (Martin/Nienhüser 2002: 70).
[9] Diese Information stammt aus dem Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Firma Randstad.
[10] Zum Einsatz von Leiharbeit in verschiedenen Berufsfeldern vgl. u.a. Bellmann/Promberger (2002: 485 f.).
[11] Es wird vermutet, dass höher qualifizierte Leiharbeitnehmer aus Bereichen, in denen ein Arbeitskräftemangel besteht, einer höheren Übernahmewahrscheinlichkeit unterliegen als geringer Qualifizierte aus Bereichen mit einem Überangebot an Personal.
[12] Hier wird davon ausgegangen, dass Leiharbeitnehmer weniger verdienen als das Stammpersonal im Entleihbetrieb (vgl. Martin/Nienhüser 2002: 80-84).
[13] Betrachtet wird dieses Up-or-Out-Beförderungsturnier am Beispiel einer Anwaltskanzlei. Nur eine bestimmte Anzahl der Turnierteilnehmer schafft den Sprung vom Angestellten zum Partner, den Verlierern wird nahe gelegt, die Kanzlei zu verlassen.
[14] „Alles-oder-Nichts-Turniere“ stellen Backes-Gellner/Lazear/Wolff (2001: 183) am Beispiel von Architektur-Entwürfen dar, von denen nur ein Vorschlag in die Praxis umgesetzt wird und alle anderen verworfen werden.
[15] Laut Kräkel (1997) ist das Senioritätsprinzip im Sinne von Dauer der Betriebszugehörigkeit zu verstehen. Unter dem Leistungsprinzip werden u.a. Arbeitsleistung, Kooperations- und Hilfsbereitschaft zusammengefasst.
[16] Von der Möglichkeit, dass ein Leiharbeitnehmer schon mehrfach in ein und demselben Entleihbetrieb eingesetzt wurde, soll in diesem Zusammenhang abgesehen werden.
[17] Individuelle Zufallseinflüsse, wie z.B. die Krankheit eines Teilnehmers, werden hier nicht berücksichtigt.
[18] Das Verleihunternehmen spielt in dieser Diskussion eine zu vernachlässigende Rolle.
[19] Zum Abbau der Informationsasymmetrie zwischen Bewerber und Arbeitgeber bei herkömmlichen Neueinstellungen vgl. Kräkel (1997: 167-169).
[20] Nach einer Untersuchung von Pietrzyk (2003: 123) äußerten knapp 70% der Zeitarbeitnehmer den Wunsch nach einer Festanstellung.
[21] Dabei erfahren die Arbeitnehmer nicht nur etwas über die Arbeitsbedingungen, sondern lernen auch die Unternehmenskultur und Arbeitsatmosphäre kennen.
[22] Zu Belastungen und Problemen durch Zeitarbeit vgl. Mogge (1982: 24 f.).
[23] Rudolph/Schröder (1997: 117) stellen eine Vergrößerung der Lohndifferenzen zwischen Leih- und Stammarbeitsverhältnissen fest.
[24] Subjektive Beurteilungen erfordern beispielsweise Zeit des Beurteilenden, der währenddessen nicht produktiv sein kann.
[25] Neben einer Positivauslese profitiert der Entleihbetrieb auch von der Selbstselektion der Zeitarbeitsfirmen. Diese signalisieren nämlich durch die Lohnofferten für potentielle Zeitarbeiter und die Gebühren der Arbeitnehmerüberlassung ihre Produktivität (Friedrich/ Martin 2003: 21f.).
[26] Empirische Untersuchungen, die dies bestätigen stammen ausschließlich aus der Zeit vor der Ausweitung des AGG auf die Zeitarbeitsbranche seit 1.1.2004. Jedoch legen die Tarifverträge der Zeitarbeitsfirmen größtenteils Gehälter unter dem Niveau der Stammarbeitnehmer in den Kundenbetrieben fest. So kann auch der AGG umgangen werden. Auch Nienhüser/ Matiaske (2003: 162-165) belegen diese Gehaltsdifferenzen.
[27] Zur durchschnittlichen Dauer von Leiharbeitsverhältnissen vgl. u.a. Rudolph/ Schröder (1997: 118).
[28] Auch hier kann es also, wie in Abschnitt 4.1 bereits diskutiert, zu einem Rattenrennen kommen.
[29] Exemplarisch sei hier die Firma Randstad angeführt, die für ihre Mitarbeiter e-Learning-Kurse zur Verbesserung der IT-Kompetenzen anbietet (https://www.randstad-elearning.de/static/randstad/de/startpage.ihtml).
[30] Kräkel (1997: 275-277) liefert Argumentationen, die sowohl positive Leistungsanreize, als auch Fehlanreize der Karriereorientiertheit induzieren.
[31] Dieser, auch als Integrationseffekt der Zeitarbeit bekannte Prozess, bestätigt sich nach neuesten Untersuchungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (Stand: 2. Quartal 2008), die eingangs schon Erwähnung gefunden haben (http://www.iwkoeln.de/tabid/2232/ItemID/22098/Default.aspx).
[32] Zur Bedeutung von „verschmutzen“ Signalen aus Sicht der betrieblichen Karrierepolitik vgl. Kräkel (1997: 347ff.).
[33] Kräkel (1997: 304ff.) tätigt dazu eine situationsabhängige Analyse zum Einsatz subjektiver und objektiver Leistungsmaßstäbe als Substitute bzw. Komplemente aus Arbeitgebersicht.
[34] Der damit verbundene explizite Anreiz in Form einer Einkommenserhöhung ist hier nur von untergeordneter Relevanz.
[35] Anzumerken ist hier, dass der geeignetste Bewerber auf eine Stelle nicht immer der Beste im Sinne der erbrachten Leistung sein muss. Gerade bei der Bevorzugung des Selektionseffekts wie im vorliegenden Turniermodell lässt sich dieses Phänomen beobachten.
[36] Zur genauen Ursachenanalyse von Positivverzerrungen vgl. Kräkel (1997: 310-312). Unter anderem werden nach oben verzerrte Beurteilungen dazu genutzt, das Arbeitsklima zu verbessern oder schlechte Mitarbeiter „wegzuloben“.
[37] Kräkel (1997: 314) begründet dies mit steigenden Kosten der Absprache, einer höheren Aufdeckungswahrscheinlichkeit und verkürzter Interaktionsdauer zwischen Beurteiler und Arbeitnehmer.
[38] Nachteilig wirkt sich die hohe Bewegungsgeschwindigkeit aus, die zu Fehlanreizen aufgrund lediglich kurzfristig orientierter Mitarbeiter führen kann. Vgl. Kräkel (1997: 315).
[39] Dabei ergibt sich das Problem, dass sich Arbeitnehmer tatsächlich schlechte Leistungen bei der Selbstbeurteilung nicht eingestehen. Vgl. Kräkel (1997: 316).
[40] Den Kollegen könnte bei der Beurteilung zum Bespiel eine unterstützende Funktion zukommen, indem ihnen die Möglichkeit eines Vorschlags- oder Vetorechts eingeräumt wird. Vgl. Kräkel (1997: 316).
[41] Nienhüser/Baumhus (2002: 102f.) weisen nach, dass für Leiharbeiter, die mit einer Übernahme in die Stammbelegschaft rechnen können, das Nicht-Kooperationsproblem (Wissenstransfer-Problem) am geringsten ist, wenn die Stammarbeiter ihren Arbeitsplatz nicht durch die Zeitarbeit bedroht sehen.
[42] Empirische Befunde, wonach das soziale Verhältnis zwischen Leiharbeitnehmern und den Kollegen aus dem Entleihbetrieb schlecht sei und die eine mangelnde Unterstützung bei der Integration nachweisen, bestätigen auch hier das Problem eines hohen Nichtkooperationsrisikos der Stammarbeitnehmer, wenn diese sich durch die Zeitarbeit bedroht fühlen. Vgl. Friedrich/Martin (2004b: 218f.).
[43] Friedrich/Martin (2003: 11) sehen in der Nutzung der Zeitarbeit als „verlängerte Probezeit“ den Test der sozialen Passung für den Entleihbetrieb.
[44] Denkbar wäre hier, dass die Turnierteilnehmer zu übertriebenem Konformismus neigen und versuchen sich bei ihren fest angestellten Kollegen „einzuschleimen“.
[45] Die Offenlegung subjektiver Bewertungsergebnisse durch den Vorgesetzten und die Einführung eines fixen Notenschemas zur subjektiven Arbeitnehmerbewertung wurden in diesen Überlegungen als mögliche Lösungen außer Acht gelassen. Zu einer ausführlichen Diskussion darüber vgl. Kräkel (1997: 318-320).
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2008
- ISBN (PDF)
- 9783863419172
- ISBN (Paperback)
- 9783863414177
- Dateigröße
- 255 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Paderborn
- Erscheinungsdatum
- 2013 (Juli)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- Klebeeffekt Zeitarbeit Arbeitnehmerüberlassung Turniertheorie Stammbelegschaft Festanstellung
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing