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Bitcoin: Geld ohne Banken - ist das möglich?

©2012 Diplomarbeit 71 Seiten

Zusammenfassung

Was ist an Bitcoin so außergewöhnlich, dass Jason Calacanis es 'das gefährlichste Projekt aller Zeiten' nannte, der BVDW Verbraucher und Händler vor der Nutzung von Bitcoin warnte und sogar der Spiegel einen Artikel darüber veröffentlichte? Der Grund dafür ist, dass Bitcoin einige Eigenschaften hat, die Staaten die Hoheit über Teile der Geldpolitik entzieht.
Dieses Buch erklärt das System Bitcoin, ordnet es in das bestehende Geldsystem ein und versucht einen Blick in die Zukunft. Dazu wird die Geschichte des Geldes skizziert, um die historisch gewachsene Art des heutigen Geldes und warum es immer wieder zu einem Kollaps der Geldsysteme kam, zu verstehen. Der Autor gibt außerdem einen Einblick in die Theorie des Geldes, soweit es zum Verständnis von Bitcoin notwendig ist. Dazu werden die Formen und Funktionen von Geld erläutert, wie die Geldmenge definiert ist und wie sie sich erhöht.
Bitcoin wird außerdem inhaltlich und technisch dargestellt. Der Autor erläutert die Eigenschaften, technische Zusammenhänge wie Verschlüsselungen und die Netzwerkstruktur und erklärt außerdem praktisch, wie man als Verbraucher Bitcoin benutzen kann.
In einem Schlusskapitel gibt der Autor Zukunftsaussichten für das System Bitcoin und zeigt Verbesserungsmöglichkeiten auf. So bietet das Buch einen umfassenden Überblick über das System Bitcoin.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Abbildungsverzeichnis
1.
Lydische M¨
unze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.
Banknote der Lawschen Banque Royale . . . . . . . . . . . . . . .
13
3.
Formen von Geld nach Mankiw . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
4.
Formen von Geld nach Samuelsen und Nordhaus . . . . . . . . . .
16
5.
Funktionen von Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
6.
Motive der Geldhaltung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
7.
Der Genisisblock in Hexadezimalform . . . . . . . . . . . . . . . .
21
8.
Der Genisisblock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
9.
Bitcoinlogo
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
10.
Erzeugungrate der Bitcoin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
11.
Transaktionsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
12.
Bitcoinadresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
13.
Peer-to-Peer-Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
14.
Beispiel einer Blockchain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
15.
Transaktionswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
16.
Beispiel einer doppelten SHA-256 Berechnung . . . . . . . . . . .
35
17.
AMD Radeon 7900 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
18.
BitForce SHA256 Single . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
19.
BitForce SHA256 Mini Rig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
20.
Network Hashrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
21.
Bitcoinclient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
22.
¨
Uberweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
23.
Bitcoin empfangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
24.
Solo Mining . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
25.
Miningpools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
26.
deepbit.net
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
27.
Golden accepted here Bitcoin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
28.
Bitcoin Chart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
29.
Einzahlungsmen¨
u . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
30.
Der Regio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
A.1. Block 181622 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
3/68

Formelverzeichnis
1.
Geldsch¨
opfungsmultiplikator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
2.
Doppelte SHA256 Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
3.
Hashwerte in Sekunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
4.
Ertrag Solomining . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
5.
Ertrag Poolmining . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
4/68

Tabellenverzeichnis
1.
Inflation im alten ¨
Agypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.
Definition der Geldmengenaggregate in der Eurozone . . . . . . .
19
3.
Blockbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
4.
Transaktionsheader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
5.
Werte f¨
ur den Block-Hash . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
6.
Miningvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
7.
Parameter f¨
ur bitcoin.conf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
8.
Startparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
9.
Startparameter f¨
ur cgminer
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
5/68

Listings
1.
MAX MONEY . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
2.
MIN TX FEE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
6/68

Abk¨
urzungsverzeichnis
ASIC . . . . . . . . . . . . . . . Application Specific Integrated Circuit
CPU . . . . . . . . . . . . . . . . Central Processing Unit
DNS . . . . . . . . . . . . . . . . Domain Name System
FPGA . . . . . . . . . . . . . . Field Programmable Gate Array
KB . . . . . . . . . . . . . . . . . Kilo Byte
MMOFPS . . . . . . . . . . Massively Multiplayer Online First Person Shooter
MMORPG . . . . . . . . . Massively Multiplayer Online Role Playing Game
UPnP . . . . . . . . . . . . . . Universal Plug and Play
7/68

1. Einleitung
Am 01.11.2008 ver¨
offentlichte ein Mitglied der Cryptography Mailingliste unter
dem Pseudonym Satoshi Nakamoto ein White-Paper mit dem Titel
"
Bitcoin:
A Peer-to-Peer Electronic Cash System". In diesem White-Paper wird ein de-
zentrales, elektronisches Geldsystem beschrieben, das ohne Banken auskommt.
(Nakamoto 2008)
Bereits am 09.01.2009 stellte Satoshi Nakamoto den ersten Bitcoin-Client vor.
Mit diesem Programm konnten Bitcoin erzeugt, empfangen und versendet werden.
Der Startschuss war gefallen. Anfangs war es nur eine kleine, eingeschworene
Gemeinschaft von Cyberpunks, die ihre CPU mit Hilfe des Bitcoin-Clients zum
Gl¨
uhen brachten, um Bitcoins zu erzeugen. Ein Algorithmus sorgt daf¨
ur, dass ca.
alle 10 Minuten durch das L¨
osen einer mathematischen Aufgabe ein Block und
damit z.Z. gleichzeitig 50 Bitcoins erzeugt werden.(Bitcoin.org 2012a)
Es dauerte nicht lange, bis Programmierer auf die Idee kamen, anstatt der
CPU, die um ein vielfaches leistungsf¨
ahigeren Shaddereinheiten ihrer Grafikkar-
ten zur Erzeugung von Bitcoins zu nutzen. Hochleitungs-Grafikkarten wurden so
zusammengeschaltet, dass ¨
uber Erweiterungen mehrere Grafikkarten gleichzeitig
auf einem Mainboard am Bitcoin sch¨
urfen sind. Nun waren es nicht nur Wenige,
die am Bitcoinsystem teilhaben wollten. Ein wahrer Goldrausch entstand, der
seinen H¨
ohepunkt Mitte 2011 erreichte.
Der Wert der Bitcoins, der noch im Dezember 2010 bei ca. 0,20 Dollar lag,
¨
uberschritt im Juni 2011 die 28-Dollar-Marke. Die Early-Adapters, die ihre er-
zeugten Bitcoins nun verkauften, machten ein Verm¨
ogen. Die Blase platzte und
der Kurs brach ein. Im Juni 2012 lag der Wert bei 5,44 Dollar.(Bitcoin Charts
2012b)
Die in dem Bitcoincode eingebaute Anpassung der Schwierigkeit zur L¨
osung
der mathematischen Aufgabe bedingt, dass sich bei Erh¨
ohung der Bitcoin-Netz-
Rechenleistung auch der Rechenaufwand zur Erzeugung von Bitcoins vergr¨
oßert,
so dass das Erzeugen von Bitcoins mit einer CPU fast nicht mehr m¨
oglich ist. Mit
Hilfe einer Grafikkarte lohnt es sich nur noch in Regionen, in denen der Strompreis
recht niedrig ist. Um der Strompreisfalle zu entgehen, wird z.Z. verst¨
arkt auf
FPGA-Mining umgeschwenkt.
Was ist an Bitcoin so außergew¨
ohnlich, dass Jason Calacanis es
"
Das gef¨
ahr-
lichste Projekt aller Zeiten (Calacani 2011)" nannte, der BVDW Verbraucher
und H¨
andler vor der Nutzung von Bitcoin warnte (BVDW 2011)und sogar der
8/68

Spiegel einen Artikel dar¨
uber ver¨
offentlichte?(St¨
ocker
2011)
Der Grund daf¨
ur ist, dass Bitcoin einige Eigenschaften hat, das Staaten die
Hoheit ¨
uber Teile der Geldpolitik entzieht.
Die Ausgabe neuer Bitcoins wird durch eine mathematische Formel defi-
niert.
Die Geldmenge ist auf eine fixe Menge festgelegt.
F¨ur die Transaktion von Bitcoin bedarf es keiner zwischengeschalteter Bank.
Transaktionen im Bitcoin-Netz kennen keine Landesgrenzen und k¨onnen
daher von staatlicher Seite nicht kontrolliert oder unterbunden werden.
Jede Transaktion wird in der Bitcoin-Chain gespeichert und ist f¨ur jeden
einsehbar.
Solange sich die Transaktionen nur innerhalb des Bitcoin-Netzes abspielen,
kann eine hohe Anonymit¨
at erreicht werden.
Dieses Buch erkl¨
art das System Bitcoin, ordnet es in das bestehende Geldsys-
tem ein und versucht einen Blick in die Zukunft.
Im ersten Kapitel des Buches wird die Problemstellung er¨
ortert, Ziele defi-
niert und der inhaltliche Rahmen abgesteckt.
Im zweiten Kapitel wird die Geschichte des Geldes skizziert, um die historisch
gewachsene Art des heutigen Geldes und warum es immer wieder zu einem Kollaps
der Geldsysteme kam, zu verstehen.
Im Kapitel drei werden die Formen und Funktionen von Geld er¨
ortert, wie
die Geldmenge definiert ist und wie sie sich erh¨
oht. Die Theorie des Geldes wird
insoweit angeschnitten, wie es im Zusammenhang mit der Einordnung von Bitcoin
notwendig ist, insbesondere der Zusammenhang der unkontrollierbaren Giralgeld-
vermehrung der Banken.
Wer hat Bitcoin erfunden? Welche Eigenschaften hat Bitcoin? Ist Bitcoin si-
cher? Diese Fragen beantwortet Kapitel vier.
Kapitel f¨
unf
erkl¨
art die technische Seite von Bitcoin. Welche Verschl¨
usselungen
werden verwendet? Wie ist das Netzwerk strukturiert? Wie entstehen die Bit-
coins?
9/68

Das sechste Kapitel beantwortet praktische Fragen. Wo bekomme ich Bitcoin
her und was kann ich damit anfangen? Hierbei werden unterschiedliche Plattfor-
men genannt, mit deren Hilfe Bitcoins gekauft werden k¨
onnen. Es wird erkl¨
art,
wie das Bitcoinmining praktisch vonstatten geht.
Das siebte Kapitel schl¨
agt die Br¨
ucke zwischen dem derzeitigen Geldsystem
und Bitcoin. Wie l¨
asst sich Bitcoin einordnen? Wie ist die derzeitige Situation
und sind die Zukunftsaussichten von Bitcoin? Was sollte verbessert werden?
2. Historie des Geldes
Die ersten Gesellschaftsformen der J¨
ager und Sammler lebten nur von dem,
was sie tagt¨
aglich jagten oder sammelten. Sie legten keine Vorr¨
ate an und be-
trieben keinen Handel. Sie ben¨
otigten kein Geld und k¨
onnen, wie an heutigen
St¨
ammen, die noch als J¨
ager und Sammler leben zu sehen ist, mit dem Be-
griff Geld ¨
uberhaupt nichts anfangen. (vgl. Ferguson 2011: 21) Erst mit dem
¨
Ubergang der J¨
ager und Sammler-Gesellschaften zu Ackerbau und Viehzucht ent-
wickelten sich mit der Zunahme der Bev¨
olkerung durch das erh¨
ohte Nahrungs-
angebot D¨
orfer und St¨
adte. Dies wird auch als Neolitische Revolution bezeichnet
und begann vor ca. 10.000 Jahren. Die Gesellschaft strukturierte sich zunehmend
und entwickelte die Arbeitsteilung. (vgl. Reichholf 2010: 223 ff.)
"
Arbeitstei-
lung erforderte indessen den Austausch von Leistungen, im fortgeschrittenen Sta-
dium einen entwickelten Handel(Walker 2009: 9)."
2.1. Die Suche nach dem passenden Tauschpartner
Der Handel entwickelte sich aus dem Schenken heraus, wobei es dabei schon kla-
re Gesetzm¨
aßigkeiten gab, wie ein Beispiel aus der Antike durch einen Text von
Herodot zeigt. Herodot berichtet von einem Volk jenseits der S¨
aulen des Hera-
kles, die von den Carthager besucht wurden und ihnen Geschenke darreichten.
"
...wenn sie zu diesen gekommen w¨
aren und ihre Waren ausgeladen und in einer
Reihe am Strande hingelegt h¨
atten, so beg¨
aben sie sich darauf in ihre Schiffe und
machten einen Rauch sowie die Eingeborenen den Rauch s¨
ahen, eilten sie an das
Meer, legten dann statt der Waren Gold hin und entfernten sich danach von den
Waren. Die Carthager k¨
amen dann aus den Schiffen heraus und s¨
ahen sich die
Sachen an; erscheint ihnen das Gold an Wert den Waren gleich, so nehmen sie
es weg und entfernten sich; erscheint es ihnen aber nicht angemessen, so kehrten
sie in ihre Schiffe wieder zur¨
uck und bleiben liegen; dann treten die anderen her-
10/68

zu und legen noch weiteres Gold bei; bis dass es jenen recht[sic!] ist (Herodot
2011: 401)." Diese Schilderung zeigt schon alle Merkmale modernen Handels, ein
Preis wird festgelegt und erst dann geht das Eigentum an den jeweils Anderen
¨
uber. Ob hier das Gold schon als Vorstufe zu Geld angesehen werden kann, kann
nicht gesagt werden, es wird nicht berichtet, ob das Gold als allgemeiner Ersatz
ur Waren angesehen wurde. Das Tauschen von Waren, man musste den richti-
gen Tauschpartner am richtigen Ort zur richtigen Zeit finden, ist eine m¨
uhselige
Angelegenheit und im gr¨
oßeren Stil fast unm¨
oglich.(Walker 2009: 10)
2.2. Von der Muschel zur M¨
unze
Um der M¨
uhsal, den richtigen Tauschpartner zu finden zu umgehen, einigten sich
die Menschen auf Ersatzwaren, die allgemein als Tauschmittel anerkannt wurden.
Kleidung wurde nicht mehr gegen Nahrungsmittel getauscht, Vieh nicht mehr ge-
gen Futtermittel usw. Die G¨
uter wurden gegen ein Ersatzgut getauscht.(North
2009: 7) Es wurden z.B.
"
...Vieh, Muscheln, H¨
aute, Sklaven und Metalle aller
Art(Walker 2009: 10)."als Geld oder allgemein g¨
ultiges Tauschobjekt benutzt.
North bezeichnet es auch als Monetarisierungsgrad der Gesellschaft.(North 2009:
8)
Eisler beschreibt eine ganze Reihe von Gegenst¨
anden, die als Geld verwendet
wurden, z.B.:
Zeuggeld von Yola in Niegeria
Mattengeld von den neuen Hebriden
Federgeld der Kahrokindianer von Kalifornien
Eberhaerringe von Neu-Guinea und den Baksinseln
Sch¨adelgeld der Dajaks von Borneo
Kaurinmuschel
Buntperlen und Glasflußgeld der Palu-Inseln
M¨uhlsteingeld von Yap
(Walker 2009: 10)
Es wurden auch alle Arten von Metall als Tauschgut benutzt. Schon die Assyrer
und ¨
Agypter benutzten Silber als Tauschgut. Der Weg f¨
uhrte ¨
uber Stangen, Bar-
ren, gestempelte Barren zu gepr¨
agten M¨
unzen, die erstmalig im 7. Jahrhundert
11/68

v. Chr. von den Lydier erstellt wurden.(Walker 2009: 10) Abbildung 1 zeigt
eine Lydische M¨
unze.
Abbildung 1:
Lydische M¨
unze
Die M¨
unzen hatten den Vorteil, dass sie nicht wie Metall-Barren erst ge-
pr¨
uft und gewogen werden musste. Mit den fertig gepr¨
agten M¨
unzen konnte
man z¨
ahlen und rechnen. Die Erfindung des Geldes erm¨
oglichte eine Erleich-
terung des Handels und f¨
uhrte zu einem Aufbl¨
uhen der Wirtschaft. Mit der Zu-
nahme des Handels und der damit verbundenen Expansion musste die Menge
der im Umlauf befindlichen M¨
unzen erh¨
oht werden. Kriege und die damit ver-
bundenen Kosten taten ihr ¨
Ubriges. Die Metalle zur Herstellung der M¨
unzen
wurden knapp. M¨
unzen, deren Nennbetrag dem des Metallgehaltes entsprechen,
werden Kurantm¨
unzen genannt.(vgl. Heuss 1998: 132) Als Ausweg aus diesem
Mangel wurden das h¨
oherwertige Metall mit minderwertigen gemischt. Diese
Art von M¨
unzen werden Scheidem¨
unzen genannt.(Herder/Herder 1857: 68)
Eine M¨
unzverschlechterung entstand und die Zunahme der Menge an M¨
unzen
uhrte zur Inflation. Eine ¨
Ubersicht in Tabelle 1 aus ¨
agyptischen Papyrusfun-
den zeigt, dass das Problem der Inflation auch im alten ¨
Agypten schon gel¨
aufig
war.(Walker 2009: 11)
Tabelle 1:
Inflation im alten ¨
Agypten (nach Eis-
ler
1924: 173)
Art der Ware
Jahr
Preis
1
Jahr
Preis
1
1 Metze Weizen
255
16
314
10.000
1 Haus
267
2.000
307
3.840.000
1 Preise in Drachmen
2.3. Das Zahlungsversprechen: Das Erste Papiergeld
Das erste Papiergeld stammt aus China,
"
Geschichtlich gesichertes Anweisungs-
Papiergeld zuerst zur Zeit der Tang-Dynastie (618-907); unverzinsliche Staats-
schatzscheine (pien-tsien), ausgegeben durch staatliche Geldstelle auf 65 Jahre,
aber alle drei Jahre einl¨
osbar und zu 3/7 metallisch gedeckt (Eisler 1924: 219)."
Dieses Papiergeld war noch keine Geld nach unserem Verst¨
andnis, es war kein
Zahlungsmittel f¨
ur die Allgemeinheit.
12/68

Abbildung 2:
Banknote der Lawschen Banque Royale (Eisler 1924: 240)
Das erste Mal in Europa wurden Banknoten nach heutiger Art in Schweden im
Jahr 1658 ausgegeben. (vgl. Eisler 1924: 216) Papiergeld nach den Ideen von
John Law wurde in der Zeit von 1718 bis 1720 in Frankreich unter Ludwig XV. ein-
gef¨
uhrt, um den hoch verschuldeten Staat zu retten. Mit diesem neuen Papiergeld
konnte der Staat wieder handlungsf¨
ahig gemacht werden und der Handel florier-
te, bis die Gier die Politiker dazu trieb, die Notenpressen Unmengen zu drucken.
Dadurch kam es zur Inflation und das Experiment war gescheitert. (vgl. Wal-
ker
2009: 163 ff.) Abbildung 2 zeigt eine Note der Banque Royal ¨
uber 100 Livres
Tournois vom 01.07.1720. 1873 wurde im Deutschen Reich die Reichsgoldw¨
ahrung
eingef¨
uhrt. Die Banknoten konnten jederzeit in Gold eingetauscht werden. (vgl
North
2009: 151 ff.) Nach dem ersten Weltkrieg und der Hyperinflation und der
damit verbundenen Abkehr vom Goldstandard wurde die Reichsmark eingef¨
uhrt.
ur Banknoten bestand eine Deckungsvorschrift von 40% Gold oder Devisen und
ur 60% mit erstklassigen Handelswechseln. (vgl. North 2009: 191)
Der Goldstandard bezeichnet die Deckung einer W¨
ahrung mit Gold, das heißt,
dass jederzeit Banknoten und M¨
unzen bei den Zentralbanken in Gold umge-
tauscht werden k¨
onnen. Es gibt damit eine Verpflichtung zur Konvertibilit¨
at.
Dieser Idealzustand wird als Goldparit¨
at bezeichnet, die von 1873 bis 1914 im
Deutschen Reich gegeben war. Wenn in einem Staat mit Goldstandard unge-
decktes Papiergeld und Scheidem¨
unzen in Umlauf gebracht wird, also das Geld
nicht mehr mit dem Gold gedeckt ist, entsteht Inflation. Umgekehrt, wenn das
Verh¨
altnis, der im Umlauf befindlichen Geldmenge geringer als die Goldmenge
ist, entsteht Deflation.
Die Vorteile des Goldstandards sind bei strikter Einhaltung der Goldparit¨
at,
dass es zu keiner Inflation kommen kann. Der Nachteil kann sein, dass bei Ver-
gr¨
oßerung der gesamtwirtschaftlichen G¨
utermenge nicht mit einer Ausweitung
der Geldmenge reagiert werden kann. Dies f¨
uhrt zwangsl¨
aufig zur Deflation. Die
13/68

Geldmenge kann nur durch eine Erh¨
ohung der Goldmenge erreicht werden. In der
Literatur herrschen zwei gegenteilige Meinungen vor. Keynes vertritt die Ansicht,
dass ein Goldstandard Wirtschaftskrisen beg¨
unstigt, durch die unzureichenden
Interventionsm¨
oglichkeiten des Staates.(vgl. Keynes 2009: 193 f.) Friedmann
alt dagegen, dass Interventionen durch den Staat erst die Krisen erzeugen.(vgl.
Friedman
2011: 46)
Durch die beiden Weltkriege wurde es nicht mehr m¨
oglich, den Goldstandard zu
halten. Der Versuch durch das Bretton-Woods-System, einen quasi Goldstandard
¨
uber die Bindung der Wechselkurse mit dem Dollar zu erreichen, wurde sp¨
atestens
1973 aufgegeben.
2.4. Buchgeld
"
Buchgeld sind Kontoguthaben auf Girokonten, die wiederum den Zahlungsver-
kehr erm¨
oglichen. Elektronisches Geld ist eine Abwandlung des Buchgeldes und
stellt vorausbezahlte Zahlungsmittel dar (Tolkmitt 2007: 106)." Bereits im Jah-
re 1609 wurde von der Bank von Amsterdam Buchgeld eingef¨
uhrt. Dieses fr¨
uhe
Buchgeld wurde noch in B¨
ucher eingetragen, daher der Name Buchgeld. Heut-
zutage wird der Anspruch von Buchgeld elektronisch gespeichert. Die Bank von
Amsterdam garantierte eine sofortige Auszahlung in M¨
unzen. Kontost¨
ande sind
sogenannte Sichtguthaben . Der Begriff besagt, dass die Guthaben auf Sicht je-
derzeit in Bargeld umgetauscht werden m¨
ussen.(vgl. North 2009: 112)
Buchgeld kann auf drei unterschiedliche Arten entstehen:
Durch Einzahlung von Bargeld auf das Konto
Durch ¨Uberweisung von einem anderen Konto
Durch Aufnahme eines Kredites
Verwendet werden kann Buchgeld f¨
ur folgendes:
¨Uberweisung auf ein anderes Konto
Auszahlung in Bargeld
Tilgung eines Kredites
Ausstellen von Schecks und Wechseln
14/68

Durch Buchgeld kann die Geldmenge, wie in Kapitel 3.5 erl¨
autert, um ein
Vielfaches des von der Zentralbank geschaffenen Geldes wachsen. Nach der Geld-
mengendefinition der Europ¨
aischen Zentralbank geh¨
ort Buchgeld wie das Bargeld
zu der Geldmenge M1 (s. Kapitel 3.4). Die Bargeldreservehaltung w¨
urde bei Wei-
tem nicht ausreichen, um alle Buchgeldguthaben auszuzahlen. In der Geschichte
ist es schon des ¨
Ofteren vorgekommen, dass Banken oder W¨
ahrungen in Schief-
lage gerieten und ein sogenannter Bankenrun entstand. Viele Kunden der Bank
wollten ihre Guthaben retten, indem sie sie von Konten abhoben und in Bargeld
tauschten.
3. Theorie des Geldes
Wir sprechen immer davon, dass wir Geld haben, Geld ausgeben, Geld sparen,
Geld verdienen. Was ist aber Geld? Fragen wir jemanden, bekommen wir Ant-
worten wie, der Geldschein in meinem Portmonee ist Geld, die Zahl auf meinem
Kontoauszug, die M¨
unze, die ich in den Zigarettenautomat einwerfe. An diesen
Antworten sehen wir schon, dass Geld verschiedene Formen haben kann.
3.1. Formen von Geld
Nach Mankiw kann Geld folgende Formen haben: (vgl. Mankiw 2000: 179-180)
Warengeld: Waren mit einem inneren Wert, z.B. Gold
Nominalgeld: hat keinen inneren Wert, der Wert bestimmt sich aus dem
aufgedruckten Betrag
Abbildung 3 zeigt die Formen des Geldes nach Mankiw
Abbildung 3:
Formen von Geld nach Mankiw
Wie in Abbildung 4 ersichtlich, differenzieren Samuelson und Nordhaus nach
folgenden Kriterien:(vgl. Samuelson/Nordhaus 1998: 179-180)
15/68

Warengeld: Tauschmittel Geld in Form von Waren, z.B. Rinder, Oliven¨ol,
Kupfer, Gold
Papiergeld: Es bezieht seinen Wert aus dem begrenzten Angebot und der
allgemeinen Akzeptanz
Buchgeld: Einlagen bei der Bank
Die Definition von Samuelson und Nordhaus zeigt die Entwicklung des Geldes
vom Warengeld ¨
uber das Papiergeld zum Buchgeld.
Abbildung 4:
Formen von Geld nach Samuelsen und Nordhaus
3.2. Funktionen von Geld
Geld muss gewisse Funktionen erf¨
ullen, um als Geld betitelt zu werden.
"
Unter
den Geldfunktionen versteht man diejenigen Anforderungen, bei deren Wirksam-
keit man einem Zahlungsmittel den Charakter von Geld zuschreibt(Borchert
2003: 27).
"
Es haben sich drei Kriterien herauskristallisiert, die erf¨
ullt sein m¨
ussen, damit
ein Zahlungsmittel den Charakter von Geld hat:
Wertaufbewahrungsfunktion: Erlaubt den Transfer von Kaufkraft aus
der Gegenwart in die Zukunft. (vgl. Mankiw 2000: 179)
"
Dies ist aller-
dings nur bei ausreichender Stabilit¨
at des Geldes m¨
oglich, wenn die Umsatz-
und Zahlungstermine ohne Risiko einer zwischenzeitlichen Wertungleichheit
gew¨
ahlt werden k¨
onnen(Borchert 2003: 29)."
Recheneinheitsfunktion:
"
Tauschrelationen sind realwirtschaftliche Men-
genverh¨
altnisse, in denen Waren gegeneinander getauscht werden. Prei-
se sind damit Tauschrelationen, die auf eine Recheneinheit bezogen wer-
den(Borchert 2003: 28)."
16/68

Tauschmittelfunktion:
"
Es ist viel bequemer mit Geld zu bezahlen, als
mit Naturalien, die schlecht zu transportieren sind, schlecht zu portionie-
ren und deren Wert f¨
ur Außenstehende manchmal schwierig abzusch¨
atzen
ist(Gischer/Herz/Menkhoff 2012: 4)".
In der Abbildung 5 sind die Funktionen von Geld ¨
ubersichtlich dargestellt.
Abbildung 5:
Funktionen von Geld
Aus den Ausf¨
uhrungen l¨
asst sich schon erahnen, dass Geld in allen wesentli-
chen Teilen einer Volkswirtschaft eine große Rolle spielt.(vgl. Gischer/Herz/
Menkhoff
2012: 4) Durch die Wertaufbewahrungsfunktion muss das Tauschmit-
tel nicht sofort verbraucht oder weiter getauscht werden. Der Wert bleibt stabil
und kann f¨
ur zuk¨
unftige Tauschvorg¨
ange aufbewahrt werden. Durch diese Sta-
bilit¨
at und einheitliche Rechengr¨
oße k¨
onnen Werte f¨
ur G¨
uter bestimmt und mit
anderen vergleichbar werden.
"
Geld tritt gleichsam als "dritte Partei" zwischen
uteranbieter und -nachfrager und entlastet letzteren von der Aufgabe, seine
Solidit¨
at als potentieller Schuldner unter Beweis zu stellen(Spahn 2009: 4)."
3.3. Motive der Geldhaltung
"
Die moderne Theorie der Geldnachfrage nahm ihren Ausgang mit John May-
nard Keynes. Von Keynes sind im Gegensatz zur ¨
alteren Quantit¨
atstheorie rein
gedanklich mehrere verschiedene Motive, die in Abbildung 6 ersichtlich sind, f¨
ur
die Geldnachfrage scharf voneinander unterschieden worden (Borchert 2003:
116)."
Abbildung 6:
Motive der Geldhaltung
17/68

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2012
ISBN (PDF)
9783863419257
ISBN (Paperback)
9783863414252
Dateigröße
2.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
( Europäische Fernhochschule Hamburg )
Erscheinungsdatum
2013 (Juli)
Note
1,7
Schlagworte
Geldystem Bitcoinmining freies Geld elektronisches Geld Finanzkrise

Autor

Dirk Mölleken wurde 1960 in einem kleinen Dorf in der Nähe von Herford geboren. Schon früh kam der Autor mit der Informatik als Autodidakt in Berührung. Über den 2. Bildungsweg konnte er dieses Wissen in ein FH-Studium, mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik, einfließen lassen. Durch die Kombination aus dem beruflichen Umfeld, in dem er mit Geld zu tun hat, und der Kenntnisse über die Cyberpunkbewegung im Internet, entstand das Interesse an Bitcoin. Das vorliegende Buch wurde im Rahmen einer Diplomarbeit im Jahre 2012 geschrieben und fasst dass Wissen des Autors über Bitcoin zusammen.
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Titel: Bitcoin: Geld ohne Banken - ist das möglich?
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