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Führung durch Veränderung, Veränderung durch Führung: Grundlagen und Tools für betriebliches Change Management

©2011 Bachelorarbeit 73 Seiten

Zusammenfassung

Veränderungen in Organisationen bedeuten für die Mitglieder vor allem Eines: Emotionen!
Zurück in die Vergangenheit oder auf zu neuen Ufern? Im Gepäck Trauer und Wut oder Neugier und Enthusiasmus? Lassen wir uns treiben oder geben wir selbst die Richtung vor?
Die variierenden Gefühlszustände der Betroffenen stellen höchste Anforderungen an die Empathie und Führungsstärke ihrer Vorgesetzen.
Das vorliegende Buch richtet sich in erster Linie an Studierende, Praktiker, Mitarbeiter, Führungskräfte und persönlich Interessierte. Es soll dazu beitragen, ein Verständnis für Emotionen und Verhaltensweisen der Menschen im Rahmen von Veränderungen aufbauen. Dadurch macht es die Herausforderungen für Change Manager nachvollziehbar und unterstützt sie bei der Führung der Mannschaft durch den Veränderungsprozess. Es vermittelt nicht nur die theoretischen Hintergründe, denen die Emotionen der Menschen im Verlauf von Veränderungsprozessen zugrunde liegen.
Es betrachtet vor allem die Ansprüche an die Führungsmannschaft in sich verändernden Organisationen und stellt Konzepte, Wirkungen sowie Möglichkeiten der Mitarbeiterführung im Rahmen betrieblicher Veränderungen vor. Erfolgreiche Kommunikation gehört dabei zu den wesentlichen Schlüsselfaktoren des Change Managements.
Das Buch beleuchtet die Bedeutung erfolgreicher Mitarbeiterkommunikation in den jeweiligen Phasen eines Change-Prozesses. Durch Handlungsempfehlungen und Tools für Führungskräfte erarbeitet es den Bezug zur praktischen Personalarbeit, um die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem zunehmenden Veränderungsdruck zukünftig besser lösen zu können.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


II. Überblick über die Change Management Diskussion

Um die Rolle von Führungskräften in Change-Prozessen genauer untersuchen zu können, muss sich zunächst damit befasst werden, was unter dem Begriff „Change Management“ zu verstehen ist. Es soll untersucht werden, welche Kriterien für den Erfolg bzw. Misserfolg von Veränderungen in Unternehmen entscheidend sind.

Anschließend wird der Change-Prozess mit Hilfe ausgewählter Modelle dargestellt. Auf diese Weise soll zunächst dessen Ablauf beschrieben werden, um sich im weiteren Verlauf dieser Arbeit mit den damit verbundenen Anforderungen an Führungskräfte näher befassen zu können.

1. Begriffsklärung: Was ist Change Management?

Wörtlich ins Deutsche übersetzt, ist unter Change Management die Führung von Veränderungen / Veränderungsprozessen zu verstehen.

Die einfache Übersetzung reicht jedoch nicht aus, um die Bedeutung des Begriffes erklären zu können, zumal die Bezeichnung „Change Management“ in der deutschsprachigen Literatur weit verbreitet ist und deshalb auch im Rahmen dieser Arbeit in seiner angloamerikanischen Form verwendet werden soll.

Eine einheitliche Definition gibt es nicht, jedoch eine hohe Zahl an Abgrenzungsversuchen:

Laker, M., 1995 [1]

„Change Management bedeutet also, die das eigene Unternehmen beeinflussenden Umweltveränderungen als Grundtatbestand positiv aufzunehmen; diese nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu begreifen. […] Change Management ist die prozessorientierte, strategische Führung des Unternehmens nach innen und außen, die Notwendigkeiten und Möglichkeiten von Veränderungen identifiziert und kommuniziert, alternative Problemlösungen vorschlägt sowie die zur Problemlösung benötigten Ressourcen koordiniert und integriert.“

Gouillart, F. / Kelly, J., 1995 [2]

„Veränderungsmanagement ist die bewusste Gestaltung von Veränderungsobjekten, die mit einem hohen Grad an Zielorientierung und Akzeptanz durch die Betroffenen einhergeht. Veränderungsmanagement fokussiert eher auf den Weg als auf den konkreten Inhalt.“

Reiß, M., 1997 [3]

„Wandel repräsentiert nur eine Spielart in der Gesamtpalette von ‚Veränderungen‛, die durch das Management gemeistert werden müssen. Nur die ‚tiefgreifenden Veränderungen‛ definieren nach herrschender Auffassung das Betätigungsfeld von Change Managern. […] Alle Ansätze des Veränderungsmanagements verfolgen ein gemeinsames Anliegen: Sie sollen ‚Infrastrukturen‛ für Veränderungen schaffen. Nicht die Erfindung einer Veränderungsidee selbst bildet den Dreh- und Angelpunkt des Change Managements, sondern die Bereitstellung einer positiven Umgebung für diese neuen Ideen.“

Gattermeyer, W. / Al-Ani, A., 2000 [4]

„Unter Change Management werden alle Maßnahmen subsumiert, die zur Initiierung und Umsetzung von neuen Strategien, Strukturen, Systemen und Verhaltensweisen notwendig sind. Vordergründiges Thema sind also weniger die Techniken zur Planung neuer Strategien – wie etwa Portfolioanalysen – oder das Design neuer Geschäftsprozesse als vielmehr Maßnahmen, die sicherstellen, dass neue Strategien und Strukturen überhaupt initiiert und in weiterer Folge umgesetzt werden können.“

Gabler Wirtschaftslexikon, 2004 [5]

„Change Management ist die Strategie des geplanten uns systematischen Wandels, der durch die Beeinflussung der Organisationsstruktur, Unternehmenskultur und individueller Verhalten zustande kommt, und zwar unter größtmöglicher Beteiligung der betroffenen Arbeitnehmer.“

Kundinger, P., 2007 [6]

„Change Management unterstützt Veränderungsprozesse in Unternehmen, indem es diese systematisch, phasenorientiert sowie mithilfe geeigneter Methoden begleitet und deren nachhaltige Umsetzung sicherstellt. Dabei orientiert es sich problemlösend sowohl an den Unternehmenszielen als auch den Bezugsgruppen der Veränderung.“

Vahs, D. / Weiand, A., 2010 [7]

„Change Management ist die Vorbereitung, Analyse, Planung, Realisierung, Evaluierung und laufende Weiterentwicklung von ganzheitlichen Veränderungsmaßnahmen mit dem Ziel, ein Unternehmen von einem bestimmten Ist-Zustand zu einem erwünschten Soll-Zustand weiterzuentwickeln und so die Effizienz und Effektivität aller Unternehmensaktivitäten nachhaltig zu steigern.

Das Management des Wandels bewertet damit die aktuellen Potenziale und Fähigkeiten einer Organisation und plant systematisch die notwendigen Veränderungsschritte.“

Aus der Vielzahl der Definitionen und deren teilweise relativ starken inhaltlichen Abweichungen kann man ableiten, dass für Change Management verschiedenste Faktoren von Bedeutung sind. Doppler (2003) entwickelte daher nur eine auf der Wortherkunft beruhende Definition, die er anschließend zunehmend konkretisiert, indem er die für ihn relevanten Aspekte Rahmenbedingungen, Organisation und Führung näher untersucht.[8]

Capgemini & Ernst & Young (2003 / 2008) unterscheidet bei der Begriffsabgrenzung jeweils zwischen planungsgesteuerter, prozessorientierter, ergebnisorientierter, ursachenorientierter, systemorientierter und stakeholderorientierter Definition.[9]

Trotz der zum Teil signifikanten Unterschiede existieren jedoch auch viele Gemeinsamkeiten unter den verschiedenen Abgrenzungsversuchen.

Sie sollten deshalb als sich gegenseitig ergänzend angesehen werden.

2. Die Veränderungsdimensionen

In Change-Prozessen müssen immer die drei Segmente Strategie, Kultur und Struktur beachtet werden. Das Drehen dieser „Stellschrauben“ ist ein wichtiger Erfolgsfaktor im Rahmen von Veränderungsprozessen.[10]

Vahs / Weiand (2010) ergänzen diese Handlungsfelder noch um den Bereich Technologie und beschreiben Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Bereichen, die im Rahmen jeder unternehmerischen Veränderung entstünden.[11]

An dieser Stelle ist jedoch zu beachten, dass die Relevanz technologischer Entwicklungen für Unternehmen sehr gering sein kann, insbesondere für solche aus dem Dienstleistungssektor.

Deshalb sollen nachfolgend nur die drei übrigen Dimensionen kurz vorgestellt werden:

Strategie

Vor dem Hintergrund der ständigen Veränderung, ist es für Führungskräfte von Unternehmen von entscheidender Bedeutung, strategisch zu denken, zu planen und zu handeln. Strategien bieten den Mitarbeitern einen Anhaltspunkt für ihre Aktivitäten und geben die Ziele des Unternehmens vor. Durch die Bündelung von Strategien kann das Verhalten der Mitarbeiter beeinflusst und somit ein Zusammenhalt erzeugt werden.[12]

Kultur

Die Unternehmenskultur sind die gelebten Werte, Normen und Verhaltensweisen in einer Organisation. Sie beeinflusst das Denken, Fühlen und Handeln der Organisationsmitglieder. Auch die Einbindung der Mitarbeiter in den Prozess ist Teil der Unternehmenskultur. Deshalb hat sie maßgeblichen Einfluss auf deren Verhalten und letztendlich auch auf die Veränderungsbereitschaft.[13]

Struktur

Sie ist das Grundgerüst einer Organisation. Die Unternehmensstruktur erzeugt Schnittstellen, ordnet Aufgaben zu und beschreibt Prozessabläufe. In der Praxis kann sie z.B. funktional oder (mehr-)dimensional aufgebaut sein.[14]

3. Die Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren von Change-Prozessen

Da nun die Bedeutung des Begriffs Change Management bekannt ist und auf welchen Ebenen Veränderungen in Unternehmen stattfinden können, soll an dieser Stelle untersucht werden, was zum erfolgreichen Verlauf von Change-Prozessen beiträgt und an welchen Stellen sie häufig scheitern.

Die Ursachen für Veränderungen können vielschichtig sein, ihr Verlauf ist auch deshalb nicht immer planbar, vielmehr erfordert er oftmals Anpassungen. Zudem sind letztlich vor allem die Organisationsmitglieder von den Maßnahmen betroffen und reagieren ganz unterschiedlich auf sich ändernde Bedingungen bzw. Anforderungen.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass es keine Patentlösung für das erfolgreiche Durchlaufen von Change-Prozessen gibt.

Neben den Veränderungszielen, sowie den unternehmensin- und externen Rahmenbedingungen, ist besonders das Verhalten der Führungskräfte ein wichtiger Erfolgsbaustein.

Obwohl Change Management also grundsätzlich situativ vollzogen werden sollte, gibt es dennoch diverse Faktoren, die auf den Erfolg aller Change-Prozesse maßgeblichen Einfluss haben. Dazu gehören unter anderem:

- Eine klare Veränderungsvision

Auf ihrer Grundlage können für die Mitarbeiter konkrete Zielvorgaben gemacht werden, die ihrerseits unterschiedliche Zeithorizonte aufweisen. Das Erreichen kurzfristiger Ziele ist ein wichtiger Motivationsfaktor für die Betroffenen, er schafft Selbstvertrauen und unterstützt somit die langfristigen Bestrebungen.

- Transparente und authentische Kommunikationspolitik

Den Betroffenen muss das Verständnis für die Notwendigkeit des Wandels vermittelt werden. Ihnen müssen die relevanten Hintergründe offen kommuniziert werden. Dabei ist es wichtig, dass die Führungskräfte ehrlich mit den Mitarbeitern umgehen, also sagen, was sie denken, und nach dem Handeln, was sie sagen. Andernfalls liefen sie Gefahr, an Glaubwürdigkeit zu verlieren.

- Die Beteiligung der Betroffenen

Durch eine Kultur des Miteinschließens der Mitarbeiter in den Veränderungsprozess, können Offenheit und Vertrauen gefördert werden, was für den Wandel von großer Bedeutung ist. Für Führungskräfte gilt es, sich bereichs- und hierarchieübergreifend gemeinsam mit den Betroffenen mit dem Veränderungsvorhaben auseinanderzusetzen.

Auf diese Weise entwickeln die Mitarbeiter nicht nur die notwendige Akzeptanz für die bevorstehenden Schritte, sondern können sich mithilfe ihrer Erfahrungen auch aktiv in den Prozess einbringen, um ihn zu optimieren.

- Ein integrativer Ansatz

Dies bedeutet, dass der Change-Prozess nicht mittels Teiloptimierungsversuchen vollzogen wird, sondern die Veränderungssysteme als sich beeinflussendes System verstanden und entsprechend behandelt werden.

- Top-Management-Commitment

Von Führungsseite muss der Veränderungsprozess uneingeschränkt unterstützt und gelebt werden. Eine glaubwürdige Unternehmensführung, die sich mit den Zielen und der postulierten Vorgehensweise identifiziert, ist Studien zufolge einer der Haupterfolgsfaktoren wirksamen Change Managements.

- Eine konsequente Umsetzung der geplanten Maßnahmen

Hierbei geht es zunächst einmal um den Schritt von der Planung und Analyse hin zur Durchführung. Sollte der Prozess wider Erwarten gar nicht erst in Gang gesetzt werden, kann dies Unverständnis und Frustration bei den Mitarbeitern im Hinblick auf die verlorene Zeit und Mühe hervorrufen.

Im Verlauf des Prozesses ist aber auch Konsequenz im Umgang mit den zu erwartenden Widerständen gefragt. Diese Widerstände können den Prozess verlangsamen oder sogar verhindern. Entscheidungen nötigenfalls auch gegen Widerstände durchzusetzen hat dabei eine Signalwirkung für den aktuellen und für zukünftige Veränderungsprozesse.[15]

Ein weiterer Erfolgsfaktor kann beispielsweise die Arbeit in kleineren Projektteams sein, um somit möglichst auch die Mitarbeiter für die Unterstützung zu gewinnen, bei denen dies bis dahin weniger gelang.

Außerdem ist auf die klare Verteilung von Aufgaben und Rollen zu achten, um den Betroffenen auf diesem Wege Orientierung zu geben.

Grundsätzlich gilt ganz allgemein, eine Betrachtungsweise an den Tag zu legen, die nicht rein auf Inhalte bzw. Ergebnisse beschränkt ist, sondern auch die Art und Weise wie der Prozess abläuft, miteinschließt.[16]

Aus den aufgezeigten Erfolgskriterien ergeben sich umgekehrt aber auch verschiedene Misserfolgsfaktoren, die den Change-Prozess gefährden können.

Hierzu gehören zum Beispiel:

- Kaltstart

Damit ist gemeint, dass die Veränderungen nur von einem kleinen Personenkreis vorgeplant und die Betroffenen ohne jede Vorbereitung vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Gründe hierfür können beispielsweise Zeitdruck aufgrund mangelnder Planung, aber auch das Bedürfnis nach Selbstdarstellung oder die Angst vor Diskussionen von Seiten der Führungskräfte sein.

Die Konsequenzen in einem solchen Fall sind Abwehr und Angst, da die Mitarbeiter keine Möglichkeit hatten, sich auf die neue Situation einzustellen, sie nicht beeinflussen können und ggf. auch gar keine Akzeptanz für die Notwendigkeit einer Veränderung entwickeln konnten.[17]

- Die Betroffenen werden nicht beteiligt

Haben die Mitarbeiter keine Möglichkeit, sich über Hintergründe, Anlässe, Ziele etc. zu informieren, so werden sie praktisch gezwungen, die ihnen vorgegebene Lösung nach ihren Vorstellungen zu modifizieren.

Dies wird auch als „Not-invented-here-Syndrom“ bezeichnet und beschreibt die Ansicht der Betroffenen, dass etwas nicht gut sein kann, was sie nicht selbst erfunden haben.

Die Konsequenz daraus ist, dass sie das Vorhaben entweder scheitern lassen, indem sie durch bewusstes Verhalten beweisen, dass es nicht funktionieren kann oder aber, dass sie es deutlich nach ihren Vorstellungen anpassen, was letztlich Zeit und Energie kostet.[18]

- Es wird der Weg des geringsten Widerstandes gegangen

Sofern Führungskräfte besonders anfangs versuchen, nur teilweise mit Wahrheiten, Notwendigkeiten und Strategien an die Mitarbeiter heranzutreten, ist dies letztlich nichts anderes als ein Vertrauensmangel. Auch ist es nicht ratsam, den Mitarbeitern Maßnahmen in jedem Fall als „mitarbeiterorientiert“ verkaufen zu wollen, so zum Beispiel Programme zur Kostensenkung.

Was eigentlich dazu dienen sollte, Konfliktsituationen aus dem Weg gehen zu können, kann dann bei den Betroffenen Frustration und Ärger auslösen.

Dies kann sich in verdeckten Strategien der Mitarbeiter äußern, die auf diese Weise die Prozesse unterlaufen wollen. Für alle Beteiligten bedeutet dies einen hohen Verlust an Energie und vor allem Vertrauen. Vertrauen, das sich die Führungskräfte nicht ohne weiteres kurzfristig zurückholen können, wenn sie es zukünftig brauchen.[19]

Ein weiterer Misserfolgsfaktor ist im Gegensatz zum Weg des geringsten Widerstandes auch das Schlechtreden von Situationen. Insbesondere von Seiten bestimmter Schlüsselpersonen kann dies eine unmittelbare Wirkung auf die Betroffenen ausüben und ein großes Motivationshemmnis darstellen. Fehlende Mitarbeit ist in diesem Fall sehr wahrscheinlich, insbesondere dann, wenn Befürchtungen sich bewahrheiten, Probleme auftreten oder Erfolge lange auf sich warten lassen. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass sich fehlende Erfolgserwartungen in der Regel wesentlich leichter revidieren lassen als nicht eingetretene Misserfolgsbefürchtungen, welche oftmals auch ein Zeichen von Änderungswiderständen sein können.[20]

Führungskräfte antworteten auf die Frage, wie sie den Prozessablauf in ihrem Unternehmen erlebt hätten, fast ausnahmslos, man hätte schneller sein können und müssen. Für diesen Zeitverlust machten sie verschiedene Ursachen aus, die Robert H. Miles, der viele Change-Prozess als Berater begleitete, zu sechs „Bremsklötzen“ zusammenfasste. Dazu zählt eine zu vorsichtige Managementkultur, die eher auf Fehlervermeidung und die Durchführung allenfalls kleiner Veränderungen abzielt. Die Manager ergänzen sich nicht mehr durch gemeinsames Arbeiten, sie verfolgen lediglich ihr Alltagsgeschäft. Diese eingefahrenen Prozesse sind ein weiterer Grund für den verlangsamten Verlauf von Veränderungen. Außerdem können die gleichzeitige Durchführung zu vieler Initiativen und einer damit verbundenen Überlastung der Mitarbeiter sowie als nächsten Punkt der bereits beschriebene Aspekt, dass manche Führungskräfte Widerständen aus dem Weg gehen oder das Veränderungsvorhaben nicht offen vertreten, den Prozess hemmen.

Auch unmotivierte Mitarbeiter können ein Problem darstellen, weshalb möglichst auf allen Hierarchieebenen Verständnis und Unterstützung für den Veränderungsprozess erzeugt werden sollte. Schließlich können beispielsweise Servicemitarbeiter im direkten Kundenkontakt den Prozess verlangsamen oder gar ganz zum Scheitern bringen.

Den letzten Bremsklotz stellt ein Fokusverlust bei der Umsetzung dar, in der Form, dass beispielsweise Besprochenes nicht eingehalten wird, man zu schnell in Routine verfällt oder man nach der erfolgreichen Implementierung irrtümlicherweise annimmt, der Rest des Weges würde sich nun ohne größere Anstrengungen beschreiten lassen. Die Unternehmensführung muss dafür sorgen, dass durch das Bearbeiten von Teilprojekten nicht das Gesamtziel aus den Augen verloren wird und dies den Mitarbeitern auch vorleben.[21]

Es zeigt sich, welch hohen Stellenwert die vorgestellten Misserfolgsfaktoren in der Praxis einnehmen. Dabei gilt auch hier, dass ihre Bedeutung von den Umständen abhängig ist, in denen sich das Unternehmen befindet.

Jedoch verdeutlichen sie auch, wie wichtig die Beziehung der Beteiligten untereinander für den Erfolg von Change-Prozessen ist. Führungskräfte müssen in der Lage sein, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter zu kennen, um auf dieser Grundlage ihr eigenes Verhalten auszurichten und entsprechende Anforderungen bzw. Erwartungen an die Betroffenen stellen zu können.

4. Change Management Modelle und ihre Bedeutung für die Führungsarbeit in Change-Prozessen

In der Literatur existieren verschiedene Modelle und Konzepte, die den Ablauf von Change-Prozessen zu beschreiben versuchen. Sie sollen Aufschluss darüber geben, was die Betroffenen im Verlauf bewegt, worauf bestimmte Verhaltensweisen zurückzuführen sind und welche Maßnahmen vor diesem Hintergrund von Führungskräften zu treffen sind.

Der Schwerpunkt wird dabei auf dem „Haus der Veränderung“ liegen, bevor anschließend eines der bekanntesten Modelle, die Veränderungskurve, ergänzend betrachtet werden soll. Aufgrund ihrer hohen Verbreitung wird abschließend noch auf die acht Phasen für erfolgreiches Change Management nach Kotter Bezug genommen, wobei dieses Modell weniger beschreibend, sondern vielmehr als direkte Handlungsempfehlung für Führungskräfte zu verstehen ist.

4.1 Das Haus der Veränderung

Mit Hilfe seines Modells „The Four Rooms Of Change“ wollte der schwedische Psychologe und Therapeut Claes F. Janssen beschreiben, warum es schwierig ist, Gewohntes aufzugeben und es gegen Neues einzutauschen.

Er ordnet Entwicklungsprozessen vier Stufen zu, die immer durchlaufen werden und deren Übergang jeweils mit Konflikten verbunden ist. Ohne die Bewältigung dieser Stufen ist keine Entwicklung möglich. In seinen Büchern beschreibt Janssen bereits im Jahre 1975, dass der Weg von der Selbstzufriedenheit hin zur Erneuerung immer über die Räume, sprich Zustände, Ablehnung und Verwirrung vollzogen wird.[22]

Die Wissenschaftler Nick Fry und Peter Killing griffen dieses Modell auf und ergänzten es zum „Haus der Veränderung“ indem sie den vier Räumen noch einige Fallgruben mit hemmenden Wirkungen hinzufügten (siehe Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Das Haus der Veränderung[23]

Das Überspringen einzelner Phasen ist nicht möglich. Jedoch können sie bei den Betroffenen unterschiedlich lange Zeiträume in Anspruch nehmen, weshalb sich dementsprechend nicht alle gleichzeitig in einem Raum aufhalten müssen. Außerdem kann es passieren, dass Mitarbeiter in einzelne Phasen zurückfallen oder sich dauerhaft in einem der Räume befinden.

Die Bedeutung der Bestandteile des „Haus der Veränderung“ soll an dieser Stelle veranschaulicht werden:

Raum der Selbstzufriedenheit

Das Verhalten der Mitarbeiter in diesem Raum ist von Komfort und einem übersteigerten Sicherheitsempfinden geprägt. Die zu hohe Selbstzufriedenheit spiegelt sich in einer ineffizienten Arbeitsweise- und dem getrübten kritischen Blick auf sich und die Umwelt wider.

Das Verhalten ist teilweise schon arrogant, man ist überwiegend mit sich selbst beschäftigt und verliert den Blick für die Bedürfnisse der Kunden und Mitarbeiter.

Für Führungskräfte ist es an dieser Stelle entscheidend, die Betroffenen von der Notwendigkeit einer Veränderung zu überzeugen. Ihnen muss der Nutzen und Dringlichkeit dessen bewusst werden. Dafür gilt es, die Mitarbeiter selbst zum Nachdenken anzuregen, da Solche, die im sich im Raum der Selbstzufriedenheit befinden, nicht ohne weiteres überzeugt sein werden, dass Veränderungen nötig sind. Auch die Information mit Hilfe von Zahlen und Fakten kann dabei helfen, Akzeptanz zu wecken. Auf diese Weise kann das Problem mit seinen negativen Konsequenzen herausgestellt werden, um im nächsten Schritt auf dieser Grundlage Maßnahmen einleiten zu können.[24]

Raum der Ablehnung

An dieser Stelle empfinden die Betroffenen Verärgerung, Angst und Wut, sie lehnen die geplante Veränderung vehement ab. An Vergangenheit und Gegenwart wird möglicherweise schon aggressiv festgehalten, relevante Themen werden schlichtweg nicht angesprochen und Ratschläge von außen einfach ignoriert.

Die Vergangenheit wird hier übertrieben positiv dargestellt, man verweist auf alte Erfolge und bestreitet das Problem entweder völlig oder tut es als kurzfristig bzw. irrelevant ab.

Führungskräfte müssen nun fortsetzen, was sie bereits durch ihr Verhalten in Bezug auf den Raum der Selbstzufriedenheit initiiert haben: Den Mitarbeitern sollte der geplante Veränderungsprozess vorgestellt werden, um auf diese Weise die Akzeptanz für die Notwendigkeit zu erhöhen. Jedoch ist hier auch Verständnis für die Betroffenen gefordert, sofern sie den Umfang der Veränderung nicht auf Anhieb verstehen und die folgenden Handlungsaktivitäten sowie ihre eigene Rolle in diesem Prozesse noch nicht zuordnen können.

Es empfiehlt sich, den Mitarbeitern zuzuhören, mit ihnen über ihre Ängste, Befürchtungen und Erwartungen zu sprechen. Nun ist vor allem wichtig, sie aktiv in den Veränderungsprozess miteinzubeziehen, indem sie beispielsweise helfen, den Soll-Zustand zu definieren und eigene Problemlösungen, Vorschläge und Strategien zu entwickeln. Ihnen müssen Zeit und Freiräume hierfür gewährt werden.[25]

Raum der Verwirrung

Die Empfindungen und Verhaltensweisen der Betroffenen können in dieser Phase des Veränderungsprozesses besonders stark variieren. Zum einen können Unsicherheit und Planungslosigkeit- zum anderen aber auch Neugier und Engagement beobachtet werden. Diese Personen geben sich Mühe, die gesteckten Ziele zu erreichen und dabei auch eigene Interessen zu verfolgen indem sie neue Verhaltensweisen an den Tag legen.

Andere hingegen setzen sich mit ihrer eigenen Unsicherheit auseinander, sie wissen nicht wie sie weiter vorgehen sollen und wie sie die Veränderung unterstützen können. Dies hat häufig Frust, Niedergeschlagenheit und Wut zur Folge.

Unter mangelnder Orientierung leidet auch die Selbstachtung, was häufig in einer Art Rückzug der Betroffenen endet.

In Organisationen kennzeichnet sich dieser Zustand beispielsweise durch unstrukturierten Aktionismus, die Bildung unzähliger Arbeitsgruppen und dem Suchen nach Schuldigen, meistens in Form des Managements. Die Performance lässt an dieser Stelle deutlich nach, Begonnenes wird häufig nicht zu Ende geführt.

Der Verlauf des Veränderungsprozesses ist zu diesem Zeitpunkt ständig zu überprüfen. Unter Berücksichtigung der Einwände, Ideen und Verbesserungsvorschläge von Seiten der veränderungsbereiten Mitarbeiter sowie vor dem Hintergrund der sich ständig ändernden Rahmenbedingungen, sind ggf. Anpassungsmaßnahmen zu vollziehen.

Den Mitarbeitern soll an dieser Stelle verdeutlicht werden, welche Aufgaben und Rollen sie im Rahmen des Veränderungsprozesses einnehmen. Sie müssen dabei Dinge ausprobieren dürfen und für ihr neues Verhalten Anerkennung erfahren. Ihnen ist nahe zu legen, dass Fehler als Chance zu begreifen sind und entsprechend akzeptiert und kommuniziert werden sollten. Auch Unterstützungs- und Trainingsangebote können ein wirksames Instrument sein. Generell sollte den Betroffenen in dieser Phase nicht nur ein gewisser Freiraum ermöglicht werden, sondern sie sollten auch die Gelegenheit haben, die Vergangenheit würdigen zu dürfen und Abschied von Erreichtem zu nehmen.[26]

Raum der Erneuerung

Diese Phase des Prozesses ist gekennzeichnet durch Erschöpfung aber auch Freude über das Erreichte. Man ist glücklich, etwas geschafft zu haben und blickt optimistisch in die Zukunft. Gemeinsam arbeitet man weiter an der Umsetzung der neuen Strategien und Ziele, es entwickelt sich ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Mitarbeitern. Die Performance steigt, neue Energien rufen u.a. Motivation, Kreativität und Begeisterung hervor.

Es entsteht eine Form von Euphorie, die sich darin äußert, dass sich neue, herausfordernde Ziele gesteckt werden, man sich in der täglichen Arbeit unterstützt und auch eine gewisse Risikobereitschaft an den Tag legt.

Führungskräfte sollten in dieser Phase die durchgeführten Veränderungen stabilisieren und das neue Denken und Verhalten der Betroffenen unterstützen.

Auf diese Weise soll ihnen vermittelt werden, dass Veränderungen als etwas heutzutage Selbstverständliches und Notwendiges anzusehen sind.

Erfolge sind deshalb zu würdigen und durch die Kommunikation von Zahlen, Daten und Fakten zu untermauern. Es bietet sich außerdem an, die Mitarbeiter an dieser Stelle bereits für weitere Veränderungen zu begeistern, bevor sie weiter in den Raum der Selbstzufriedenheit wandern.

An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass es durchaus vorkommen kann, dass Mitarbeiter teilweise wieder in den Raum der Verwirrung zurückfallen bzw. gar nicht erst aus dem Raum der Ablehnung herausgekommen sind. Häufig ist es dann in beiderseitigem Interesse das Beste, sich vom Unternehmen trennen und einer neuen Organisation anzuschließen.

Auch ist es möglich, dass sich Mitarbeiter, die an mehreren Veränderungsprojekten gleichzeitig beteiligt sind, in jeweils unterschiedlichen Räumen befinden. Führungskräfte sollten deshalb darauf achten, nicht zu viele solcher Projekte gleichzeitig durchzuführen. Die negativen Emotionen, die ein Veränderungsprozess beim Mitarbeiter während des Aufenthalts im Raum der Ablehnung bzw. Verwirrung hervorruft, können häufig nicht ausgeglichen werden, was die Gefahr mit sich bringt, den Mitarbeiter beim Voranschreiten durch das Haus der Veränderung zu bremsen.

Es empfiehlt sich deshalb, Veränderungsprozesse, die den gleichen Mitarbeiterkreis betreffen, zeitlich versetzt einzuleiten.[27]

Der Sonnenbalkon

Dieser stellt quasi eine verstärkte Form des Raumes der Selbstzufriedenheit dar. Die Betroffenen befinden sich in einer Scheinwelt, in der ihrer Ansicht nach alles absolut in Ordnung sei. Dieser Zustand soll keinesfalls aufgegeben werden. Veränderungsimpulse werden deshalb schlichtweg nicht beachtet, Probleme werden nicht behoben sondern einfach ausgesessen.

Der Kerker der Ablehnung

Als Falltür aus dem Raum der Ablehnung ist hiermit eine besonders ablehnende Haltung der Betroffenen gegenüber Veränderungen gemeint. Diese geht soweit, dass die Menschen schon selbst vom Grat ihrer Ablehnung überrascht sind. Sogar Tataschen können ihre Vorurteile nicht beheben, da das Wissen über die Ursachen und Personen, die Schuld an diesem Zustand haben, einen unverzichtbaren Halt für die Betroffenen bietet, den sie auf gar keinen Fall aufgeben wollen.

Sie lassen deshalb gar keine anderen Sichtweisen zu und werden damit Gefangene ihrer eigenen Überzeugungen.

Die Tür in die falsche Richtung

Dieses ist eine der zwei Fallgruben aus dem Raum der Verwirrung.

Sie durchschreiten diejenigen, die die beschriebene vorübergehende Unsicherheit nicht aushalten. Sie verlassen damit den Raum der Verwirrung, nehmen sich selbst gleichzeitig aber auch jede Chance zur Entwicklung.

Der Kerker der Paralyse

Als zweite Fallgrube aus dem Raum der Verwirrung, beschreibt der Kerker der Paralyse einen Ohnmachtszustand der Betroffenen. In diesem Fall quälen sie eine extreme Angst vor Unbekanntem. Sie malen sich Schreckensszenarien und sind letztlich handlungsunfähig. Bewegung findet allenfalls auf der Stelle oder im Kreis statt.[28]

Für Führungskräfte ist es also nicht nur wichtig zu wissen, dass Menschen im Rahmen von Veränderungsprozessen verschiedene Phasen durchlaufen, sondern auch zu erkennen, in welchem Raum sich die Betroffenen jeweils befinden und wie sie darauf reagieren können.

Insbesondere gilt es zu vermeiden, dass Mitarbeiter in den beschriebenen Falltüren gefangen werden, da dann unter Umständen nur noch die professionelle Unterstützung durch Psychologen Hilfe leisten kann.

Das Haus der Veränderung veranschaulicht für Führungskräfte jedoch nicht nur einen Ansatz zur Vermeidung von Zuständen, sondern zeigt auch, dass sie beispielsweise die Situation im Raum der Erneuerung nutzen sollten, um den Mitarbeitern Wertschätzung entgegen zu bringen, ihnen positives Feedback zu geben und bereits die Grundlagen für weitere Veränderungsprozesse zu schaffen.

4.2 Die Veränderungskurve

Die Veränderungskurve wurde von der Schweizer Psychologin Elisabeth Kübler-Ross entwickelt. Als Instrument der Trauerforschung, sollte auf diese Weise Angehörigen im Umgang mit dem Verlust einer geliebten Person geholfen werden. Sie veranschaulicht die emotionalen Zustände der Betroffenen im Verlauf von Veränderungsprozessen. Für Führungskräfte dient sie damit als Erklärungs- und Handlungsgrundlage im Umgang mit ihren Mitarbeitern, insbesondere für die besonders kritischen Phasen im frühen Verlauf des Prozesses.[29]

Dieses Modell stellt das Auf und Ab in Form der unterschiedlichen Gefühlzustände, die während Veränderungsprozessen auftreten, dar. Dazu gehört zum Beispiel der Wechsel zwischen Niedergeschlagenheit, Trauer, Wut etc. auf der einen und Selbstvertrauen, Neugier und Enthusiasmus auf der anderen Seite.

Die Kurve verdeutlicht, dass Emotionen ein wesentlicher Teil von Veränderungsprozessen sind.

So gilt für Führungskräfte, anfangs Verständnis für ihre Mitarbeiter zu zeigen und deren Sorgen ernst zu nehmen. Kommunikation und Einbindung in die Prozessgestaltung sind an dieser Stelle wichtige Erfolgsfaktoren. Im weiteren Verlauf muss mit Widerständen und auch der Trauer umgegangen werden. Dabei zählt, nicht nur Wut auszuhalten und sie nicht persönlich zu nehmen, sondern auch Verständnis zu zeigen und den Betroffenen das Abschiednehmen zu ermöglichen. Das Trauern sollte jedoch nicht zu lange anhalten.

In der Phase des Abschieds ist es Aufgabe der Unternehmensführung, Orientierung zu geben und die Mitarbeiter zu unterstützen. Ihnen muss das Vertrauen für die erfolgreiche Bewältigung der Zukunft vermittelt werden, da schließlich sie es sind, die als Verantwortliche den Prozess vorantreiben. Dazu gehört es auch, Fehler zuzulassen und sie als Chance für Verbesserungen zu begreifen.

Sofern sich während des Ausprobierens erfolgreiche Verhaltensweisen herauskristallisieren, müssen diese gefestigt bzw. ausgebaut werden und die Mitarbeiter für ihr Engagement Anerkennung erfahren.

Der Change-Prozess kann dann als erfolgreich angesehen werden, wenn an seinem Ende ein deutlicher Produktivitätsgewinn zu verzeichnen ist.[30]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Die Veränderungskurve[31]

Die Kenntnis und die richtige Zuordnung der verschiedenen Phasen ist für Führungskräfte ein maßgeblicher Kompetenzfaktor bei Veränderungsprozessen. Darüber hinaus müssen sie sich bewusst sein, dass sie den Mitarbeitern gegenüber oftmals einen gewissen Vorsprung besitzen, d.h. der Veränderungsprozess ist für das Unternehmen möglicherweise schon abgeschlossen, während sich die Mitarbeiter aber noch im Tal der Tränen befinden. Hier ist ein hohes Maß an Empathie erforderlich.

Für Führungskräfte ist es deshalb wichtig zu wissen, dass in Phasen emotionaler Verunsicherung die Unterstützung von Seiten des Teams und der Führungskräfte für die Betroffenen von besonderer Bedeutung ist. An dieser Stelle kann beispielsweise auch das Privatleben in Form von familiärer Unterstützung und dem eigenen Heim einen hohen Stellenwert einnehmen.[32]

4.3 Die acht Phasen einer Veränderung nach Kotter

John P. Kotter, Professor an der Havard Business School, entwickelte ein Acht-Phasen-Modell für die Durchführung organisationaler Veränderungen. In der Literatur trifft man auch häufig auf ein Modell des Psychologen Kurt Lewin, welches er Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte und das Veränderungsprozessen drei Phasen zuordnet: (Altes) Auftauen, Bewegen, (Neues) Einfrieren.[33]

Kotter begründet sein Modell damit, dass Veränderungen mit einer solchen Vielzahl von Schwierigkeiten verbunden seien, Zeit benötigen und ein so hohes Maß an Führungsarbeit erfordern, dass man sie nicht in so wenigen Schritten erklären könne.[34]

Folgendes ist demnach zur Erneuerung einer Organisation erforderlich:

1. Die Dringlichkeit des Wandels bewusst machen

Durch eine Markt- und Wettbewerbsanalyse sollen Krisenbereiche aufgedeckt, sowie Chancen erkannt und diskutiert werden.

2. Eine Führungskoalition bilden

Die Treiber der Veränderung sollen diese mittels Teamarbeit vorantreiben.

Sie müssen dafür mit den erforderlichen Kompetenzen ausgestattet sein.

3. Eine Unternehmensvision schaffen

Sie gibt die Richtung für das Unternehmen vor und ist Grundlage für die Strategieentwicklung

4. Die Vision kommunizieren

Den Mitarbeitern soll hier verdeutlicht werden, wo das Unternehmen hin möchte. Die Führungskoalition soll dabei als Beispiel für die neuen Verhaltensweisen fungieren.

5. Änderungen vor dem Hintergrund der Vision ermöglichen

Hindernisse wie Strukturen und Systeme müssen nötigenfalls beseitigt werden können, um die Vision durchzusetzen. Neue Wege und Handlungen sollen erprobt- und die Mitarbeiter dazu ausdrücklich ermutigt werden.

6. Die Planung und Kommunikation kurzfristiger Erfolge

Leistungsverbesserungen sollen geplant und realisiert werden, um bereits frühzeitig erste Erfolge feiern zu können. Die verantwortlichen Mitarbeiter sollen dafür belohnt werden.

7. Verbesserungen weiter vorantreiben

Die erhöhte Glaubwürdigkeit soll dazu verwendet werden, Störfaktoren weiter zu verringern, die Mitarbeiter zusätzlich zu fördern und den Erneuerungsprozess mit zusätzlichen Projekten etc. anzutreiben.

8. Verankerung der neuen Lösungswege

Der Zusammenhang zwischen den getroffenen Maßnahmen und dem Unternehmenserfolg muss klar kommuniziert werden. Darüber hinaus sollten Wege gefunden werden, um Entwicklungen auf Führungsebene zu sichern.[35]

Das Acht-Phasen-Modell befasst sich also eher direkt mit den Handlungen der Führungskräfte, wohingegen beim Haus der Veränderung und der Veränderungskurve der Fokus deutlich mehr auf die Mitarbeiter gelegt ist. Aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen lassen sich dann jeweils Handlungsempfehlungen für die Unternehmensführung ableiten.

Die Modelle können Führungskräften helfen, Verhalten nachzuvollziehen und entsprechend zu reagieren, sie sind jedoch nicht als Ablaufplan zu verstehen, der in jedem Fall zu erwarten ist.

5. Zusammenfassung

Der Begriff „Change Management“ ist in der Literatur nicht einheitlich definiert, kann jedoch grundsätzlich in Zusammenhang mit der Gestaltung unternehmerischen Wandels gesetzt werden. Dieser Wandel kann vielschichtige Ursachen haben und gleichzeitig verschiedene Bereiche einer Organisation betreffen.

Auch deshalb ist er in der Regel zunächst mit Unsicherheiten und Widerständen der Betroffenen verbunden. Diese erleben im Verlauf von Veränderungsprozessen nicht selten ein emotionales Auf und Ab. Phasen des Schocks, der Trauer und Angst, der Wut, aber auch der Neugier und Zufriedenheit sind typisch für Change-Prozesse.

Sie beeinflussen das Verhalten und die Leistung der Mitarbeiter.

Unternehmerische Veränderungen laufen immer unterschiedlich ab. Sie in vorgeplante Ablaufschablonen zwängen zu wollen, würde der Individualität in Bezug auf die Gefühlszustände und Reaktionen der Mitarbeiter nicht gerecht werden. Dennoch bedürfen die Prozesse möglichst einer sorgfältigen Vorbereitung, blinder Aktionismus ist nicht zielführend.

Für Führungskräfte ist es vor allem wichtig, das Verhalten und die Empfindungen ihrer Mitarbeiter nachvollziehen zu können. Sie müssen den Betroffenen Orientierung und Sicherheit vermitteln, die Notwendigkeit des Wandels muss ihnen bewusst werden, um eine Akzeptanz für die neue Situation herstellen zu können. Dies umfasst auch eine klare Vorstellung der Veränderungsvision sowie das Vorleben und Unterstützen des Veränderungsvorhabens von Seiten der Unternehmensführung.

Den Mitarbeitern muss jedoch auch die Möglichkeit gegeben werden, von Gewohntem Abschied zu nehmen.

Die Unternehmensführung muss sich bewusst sein, dass Widerstände zu erwarten sind und ihnen mit Verständnis für die Betroffenen- aber auch Konsequenz in ihrer Handlungsweise begegnen. An dieser Stelle ist es besonders wichtig, sie in den Planungs- und Umsetzungsprozess miteinzubeziehen. Dies ist nicht nur ein Ausdruck der Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern, sondern hilft auch, ihre Unterstützung bei Veränderungsprozessen zu gewinnen.

Ihnen muss bewusst werden, dass sie die Träger des Wandels sind, was auch einen großen Vertrauensbeweis darstellt.

Nicht zuletzt stellen Veränderungen auch immer eine Chance zur Verbesserung dar. Vor diesem Hintergrund sollte der Prozess kommuniziert und gelebt werden.

[...]


[1] LAKER, (1995) zitiert aus: CACACI, 2006, S.40.

[2] GOUILLART / KELLY (1995), zitiert aus: MOSER / LOCKSTRÖM, 2007, S. 4.

[3] REIß, erschienen in: REIß, M. / ROSENSTIEL, L. v. / LANZ, A. (Hrsg.), 1997, S. 5 – 29.

[4] GATTERMEYER / AL-ANI, 2000, S. 14.

[5] LIPPMANN, 2006, S. 159.

[6] KUNDINGER, 2007, S. 61.

[7] VAHS / WEIAND, 2010, S.7.

[8] DOPPLER, 2003, S. 9 – 16.

[9] CAPGEMINI & ERNST & YOUNG, 2003 / 2008, S. 15 f.

[10] Vgl. KRAUS / BECKER-KOLLE / FISCHER, 2010, S. 16 – 17.

[11] Vgl. VAHS / WEIAND, 2010, S. 7.

[12] Vgl. BARTSCHER / STÖCKL, 2011. S. 35.

[13] Vgl. RANK / SCHEINPFLUG, 2008, S. 5.

[14] Vgl. BARTSCHER / STÖCKL, 2011, S. 36.

[15] Vgl. VAHS / WEINAND, 2010, S. 7 – 11.

[16] Vgl. ÖZDEMIR, 2010, S.81 – 82.

[17] Vgl. DOPPLER, 2003, S. 17.

[18] Vgl. DOPPLER, 2003, S. 17 – 18.

[19] Vgl. Ebd., 2003, S. 18 – 20.

[20] Vgl. GREIF / RUNDE / SEEBERG, 2004, S. 46 – 48.

[21] Vgl. MILES, R. in: Havard Business Manager, 03/2010, S. 52 – 61.

[22] Vgl. http://www.claesjanssen.com/four-rooms/about-the-four-rooms-of-change/index.shtml

[23] Vgl. BARTSCHER / STÖCKL, 2011, S. 187.

[24] Vgl. BARTSCHER / STÖCKL, 2011, S. 190 – 191.

[25] Vgl. Ebd., S. 191 – 192.

[26] Vgl. BARTSCHER / STÖCKL, 2011, S. 192 - 193

[27] Vgl. BARTSCHER / STÖCKL, 2011, S. 193 – 194.

[28] Vgl. KREUSER / ROBRECHT, 2010, S. 104 – 105.

[29] Vgl. KEUPER / GROTEN, 2007, S. 347.

[30] Vgl. BARTSCHER / STÖCKL, 2011, S. 198 – 200.

[31] Vgl. BARTSCHER / STÖCKL, 2011, S. 196.

[32] Vgl. SATTLER / FÖRSTER / SALLER / STUDER / MEIFERT, 2011, S. 226.

[33] Vgl. SCHREYÖGG / CONRAD, 2000, S. 36.

[34] Vgl. KOTTER, 1996, S.158.

[35] Vgl. KOTTER, 1999, S. 85.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783863419455
ISBN (Paperback)
9783863414450
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Deggendorf
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Veränderungskommunikation Organisationsentwicklung Human Resources Personalführung Führungsarbeit Change-Prozess
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Titel: Führung durch Veränderung, Veränderung durch Führung: Grundlagen und Tools für betriebliches Change Management
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