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Der Umgang mit unterschiedlichen Lerntypen an einer Wirtschaftsschule: Empfehlungen für den Mathematikunterricht

©2011 Bachelorarbeit 53 Seiten

Zusammenfassung

Verstehen, auswendig lernen, wiederholen, querlesen, nachschlagen, nachfragen, erklären, vortragen, begreifen. Lernen kann herausfordernd, bereichernd, aufregend und enttäuschend sein. Lernen ist das A und O in der Schule.
Schüler gehen in die Schule, um etwas zu lernen. Die Lehrpläne enthalten allerdings fast nur die Vermittlung von Faktenwissen. Nicht beigebracht wird, wie man dieses Wissen nachhaltig im Gehirn unterbringt, so dass es jederzeit wieder abrufbar ist. Zwar sind schon seit Jahren Methoden bekannt, die das Lernen vereinfachen, diese tauchen aber kaum im Lehrplan auf. Dadurch müssen viele Schüler die Erfahrung machen, lernen sei mühsam und anstrengend. Früher galt die Regel: Stillsitzen, lesen und wiederholen. Es wurde davon ausgegangen, dass jeder Schüler auf die gleiche Art und Weise lernen müsse. Heute wissen wir jedoch, dass dieser Ansatz zu eng gefasst war. Die Theorie der Lerntypen soll den Schülern helfen, ihre eigene Lernstrategie zu finden. Denn nur wer weiß, wo seine Stärken und Schwächen liegen, kann diese miteinander ausgleichen und ein erfolgreiches Lernen wird sichergestellt. Lernen muss nicht schwer sein, es will nur gelernt sein.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3. Differenzierung der verschiedenen Lerntypen, Merkmale und Besonderheiten

3.1. Die Lerntypentheorie – ein Weg Schüler zu erreichen?

„Wir können Schüler nur gut unterrichten, wenn wir sie auch erreichen. (Breaux, 2010, S. 47) „Wir mögen zahlreiche akademische Grade erreicht haben, jahrelange Erfahrung besitzen und über einen hohen IQ verfügen. Wir können in hochmodernen Einrichtungen mit hervorragender technischer Ausstattung die besten Unterrichts­konzepte anwenden. Doch all das ist wertlos, wenn wir die Schüler nicht erreichen“, betont Breaux. (2010, S. 47) Gute Lehrer versuchen auf die Lerntypen ihrer Schüler einzugehen und ihnen so zu einer bestmöglichen Lernstrategie zu verhelfen.

Denn so verschieden Schüler sind, so unterschiedlich ist auch ihre Art zu lernen. Niemand ist gleich und alle unterscheiden sich voneinander - im Aussehen, in der Art der Kleidung, den Vorlieben und Abneigungen. Jeder hat einen individuellen persön­lichen Hintergrund und gehört unterschiedlichen religiösen und ethnischen Gruppen an. Der eine kann gehörte Dinge besser behalten, der andere gesehene und der Dritte lernt am besten, wenn er die Dinge anfassen und begreifen kann. Einige Schüler lernen alleine für sich besser, andere brauchen die Auseinandersetzung im Gespräch. Zusammenfassend kann man sagen, dass es fast ebenso viele Lerntypen wie Lerner gibt.

Der individuelle Lerntyp hängt mit der „Ausbildung des Grundmusters unseres Gehirns in der ersten Zeit nach der Geburt zusammen. In diesen Monaten werden je nach Umwelteinflüssen bestimmte Gehirnzellen mehr oder weniger miteinander «verdrahtet». Es entsteht ein Netz.“ (Oppolzer, 2008, S. 138–139) Dieses Grund­muster entscheidet auch darüber, welcher Eingangskanal beim Lernen bevorzugt wird, ob es sich um einen Seh-, Hör-, Fühl- Gesprächs- oder verbalen Typ handelt. Die Einordnung in Lerntypen ist jedoch differenzierter zu betrachten und hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. (vgl. Mortimore, 2008, S. 37)

Somit kann man sagen: jeder Mensch ist grundverschieden und jeder lernt auf seine individuelle Art und Weise, hat sein eigenes Tempo und Potential sowie gewisse Vorlieben. (vgl. Breaux, 2010, S. 141) Doch auf der anderen Seite finden sich auch viele Parallelen, denn ohne diese wäre ein gemeinsames Lernen kaum möglich. Da der Mensch über verschiedene "Kanäle" lernt, hat auch jeder einen solchen "Kanal", den er bevorzugt. So gesehen könnte man entsprechend unserer fünf Sinne Sehen, Hören, Reichen, Schmecken und Tasten von fünf Lerntypen ausgehen. (vgl. Koppelin & Schirrmacher, 2005, S. 18)

Jedoch sind die menschlichen Sinneskanäle in Aufnahme und Verarbeitung von Informationen sehr unterschiedlich. So sind die beiden Sinneskanäle Sehen und Hören die Kanäle, die die meisten Informationen innerhalb der kürzesten Zeit auf­nehmen und verarbeiten können. Unsere Augen sind in der Lage, 10Mbit/s zu verarbeiten, die Ohren schaffen immerhin noch ein Zehntel dessen. (vgl. Koppelin & Schirrmacher, 2005, S. 18) Wird eine Information nur gehört, behält man davon 20%, wird diese nur gesehen, merkt man sich 30%. Kommen Sehen und Hören zusammen, bleiben sogar 50% der neuen Information im Gedächtnis haften. Wird die neue Information zusätzlich diskutiert, behält man 70% davon und wenn noch Be­wegung und Ausprobieren hinzu kommt, wird man sogar 90% der Information wiedergeben können. (vgl. Sylvia Behrmann, 2007, p. 10)

Die Lernleistung liegt nun in der Kombination aller Sinne und ist ein Zusammenwirken aller Sinneseindrücke, die beim Lernvorgang ablaufen. Doch grundsätzlich gilt, dass fast immer auf verschiedenen Kanälen wahrgenommen wird und es vielmehr "Mischtypen" gibt, als dass eine völlige Wahrnehmung auf nur einem einzigen Kanal stattfindet. (vgl. Koppelin & Schirrmacher, 2005, S. 18)

Das lässt sich auch auf den Schulbereich übertragen. Ein Teil der Schüler hat einen Gehirnbereich, mit dem Lernstoff besonders gut aufgenommen, verarbeitet oder abgerufen werden kann. Sie werden Hör- Lese-, Seh- oder Handlungstypen genannt. Bei den anderen Schülern arbeiten wiederum mehrere Gehirnbereiche gleichmäßig, diese stellen die Mischtypen dar. (vgl. Keller, 2005, S. 89)

Wenn ein Lehrer also nur auf eine bestimmte Art und Weise unterrichtet und dabei immer die gleichen Methoden anwendet, schließt er sämtliche Schüler aus, die nicht genauso lernen wie der Lehrer es vorgibt. Wer sich das bewusst macht, erkennt, dass auf die verschiedenen Lerntypen eingegangen und der Unterricht entsprechend strukturiert werden muss. Nur durch eine gewisse Differenzierung kann man allen Schülern gerecht werden. Hier kommt natürlich die Frage auf: Wie soll dies in der Praxis bei einer Klassengröße von durchschnittlich 30 Schülern funktionieren? In keiner Einrichtung ist es machbar, dass für jeden Schüler eine individuelle Unterrichtsstunde vorbereitet wird. Jedoch kann eine Lernumgebung ge­schaffen werden, in der sich viele verschiedene Methoden vermischen, denn nur mit Abwechslung und Vielfalt kann jeder Schüler erreicht werden. Somit muss sich von dem Gedanken, dass es eine Universallösung für Unterricht gibt, gelöst werden. Denn wenn Stunden nur nach einem einzigen Schema geplant werden, können nur die Schüler erreicht werden, die genau in dieses Schema passen. (vgl. Breaux, 2010, S. 141–142) Somit stellt sich beim Lernen also die Frage, welchem Lerntypen man angehört.

Wie bereits schon in der Einleitung erwähnt, existieren viele verschiedene Theorien über Lerntypen und Lernstile. Die theoretischen Modelle, mit deren Hilfe Lernverhalten klassifiziert und Lerntypen beschrieben werden können, sind höchst unterschiedlich. Eine Einigkeit darüber, welche Handlungsweisen oder Merkmale als charakteristisch in eine mögliche Lernerklassifikation einbezogenen werden, bestehen nicht. (vgl. Mandl, 2006, S. 365)

Schwerpunkt in meiner Arbeit stellt die Lerntyptheorien nach Vester dar, jedoch werde ich Gagné und Arnold nicht außer Acht lassen und zum Vergleich auch deren Klassifikationen kurz beleuchten.

3.2. Die Lerntypentheorie nach Frederic Vester

3.2.1. Frederic Vester

Der bekannteste Ansatz der Lerntypenklassifikation stammt von Frederic Vester (* 23. November 1925 in Saarbrücken; † 2. November 2003 in München). Mit seinem literarischen Werk und der gleichnamigem Fernsehserie «Denken, Lernen, Vergessen» hat Vester der Gesellschaft nahe gebracht, dass Menschen auf unter­schiedliche Art und Weise lernen. Dabei geht er besonders auf die neurobiologischen Grundlagen der Gehirntätigkeit ein und kritisiert die mangelnde Berücksichtigung der Pädagogik und Psychologie im schulischen Alltag. „Er machte das Phänomen individueller Lerntypen anfangs an der Bevorzugung unterschiedlicher sensomotorischer Verarbeitungsformen („Eingangskanäle“) fest, die bereits durch die Erfahrungen der ersten Lebensmonate entscheidend geprägt seien.“ (Schrader, 2008, S. 17)

Hieraus könnte nun geschlossen werden, dass es vier Lerngruppen gibt: den visuellen Sehtyp, den auditiven Hörtyp, den haptischen Fühltyp und den verbalen Typ. Doch weitere Forschung seinerseits führte zu der Ansicht, dass diese Klassifikation zu kurz greift, denn außer den Eingangskanälen wird Lernen noch von einigen weiteren Faktoren beeinflusst. (vgl. Schrader, 2008, S. 17)

Mit dieser Erkenntnis steht der Lehrer vor der schwierigen Aufgabe auf alle Lerntypen einzugehen. Doch allein das Wissen um die Vielfalt und Unterschiede im Lernen (vgl. König, 2007, p. 16) ist nach Vester für den Lehrer ausgesprochen wichtig, „da es ihn davor schützt, die Ursachen für Erfolge oder Misserfolge allein beim Schüler, in dessen Intelligenz, Fleiß oder Interesse, zu sehen. Stattdessen wird der Blick auf die Übereinstimmung zwischen den Vermittlungsformen des Lehrers und den Verarbeitungsformen des Schülers gelenkt.“ (Schrader, 2008, S. 17)

Wie kann man diesem Problem also entgegenwirken? „Vester lädt, wenn schon der Lehrer als aktiver Faktor ausscheidet, «das ganze Problem» auf den Schüler ab.“ (Schrader, 2008, S. 17). So ist sein Ziel, diesen in die Lage hinein zu versetzen, sich seines eigenen Lerntyps bewusst zu werden, um damit das Beste aus sich heraus zu holen. Denn das Wissen um den eigenen Lerntyp verbessert nicht nur die schulische Leistung, sondern ebenso die gesamte emotionale Struktur des Lerners. (vgl. Schrader, 2008, S. 18)

Jedoch spielt der Lehrer an anderer Stelle wiederum eine große Rolle: Vesters Hauptforderung ist, die „Fixierung des traditionellen Schulsystems auf das verbale Lernen zu überwinden“ (Schrader, 2008, S. 18). Laut ihm muss, wenn schon nicht auf jeden Lerntypen einzeln eingegangen werden kann, ein wirksames Schulsystem die Entfaltung der verschiedenen Lerntypen erlauben und fördern. So soll etwa dem „lesenden Einzelgänger, den ganz auf den Lehrer fixierten "Mitarbeiter", den diskutie­renden Gesprächstyp, den durch praktische Anwendung motivierten, den durch Wettbewerb angeregten wie den durch Wettbewerb frustrieren Typ, den sich bei Musik Entspannenden und den, der sich im dicksten Betrieb am besten konzentriert, oder den durch Tätigkeit speichernden, den mit bereits vorhanden wie auch mit später möglichen Assoziationen arbeitenden Typ“ (Schrader, 2008, S. 18) sowie hundert anderen Typen die Möglichkeiten geboten werden, den Lernstoff in die Ge­dankenverknüpfungen seines eigenen Grundmusters zu übersetzten. (vgl. Schrader, 2008, S. 18)

Vester geht in seiner Theorie also davon aus, dass das Lernen über verschiedene Sinneskanäle erfolgt. Dabei ist jedoch nie die Rede von einem ausschließlichen Lerntyp. Denn ganz gleich, welchen Grundlerntyp man für sich herausgefunden hat, ist es grundsätzlich besser über möglichst viele Wahrnehmungskanäle zu lernen, da die sogenannte Erinnerungsquote ansteigt, je mehr Sinneskanäle am Lernprozess beteiligt sind. Bei dieser Aussage von Vester handelt es sich jedoch bis heute um eine These, die bisher weder empirisch noch argumentativ bewiesen worden, jedoch trotzdem weit verbreitet ist. (vgl. Hamann, 2007, S. 24)

Somit hat Vester mit seinen Theorien 1975 bereits früh erkannt, dass Menschen Wissen unterschiedlich aufnehmen (vgl. Vester, 2004, S. 50ff). Er kommt zu dem Schluss, dass unendlich viele Kombinationen von Lerntypen existent sind, die sich grob in Lerngruppen einteilen lassen. Nach Vester sind vier unterschiedliche Lerntypen vorhanden. Dies sind die visuellen, auditiven, haptischen und intellektuellen Lerntypen. Im Folgenden werden die Lerntypen nach Vester beschrieben:

3.2.2. Der auditive Lerntyp

Auditive Lerntypen lernen am besten durch Kommunikation, also durch Hören und Sprechen. Diese Schüler führen oft Selbstgespräche beim Lernen, sagen sich die Lerninhalte laut vor, erzählen anderen davon, erfinden ein Lied dazu und singen es vor sich hin. (vgl. Sylvia Behrmann, 2007, p. 11) Durch Umgebungsgeräusche fühlen sie sich jedoch schnell gestört, genauso wie durch Musik im Hintergrund. (vgl. Arnold & Mels, 2007, S. 14) Besonders gut können sie ihr Wissen durch gezieltes und aktives Zuhören erweitern. Zudem liegen ihnen mündliche Aufgaben und sie können sehr gut auswendig lernen. Das Prinzip der Vektorrechnung können sie sich zum besseren Verständnis zum Beispiel von einem Mitschüler erklären lassen. So können Beispiele gemeinsam besprochen und Unklarheiten unmittelbar geklärt werden. Aber auch das Hören von selbst bespielten Kassetten, CDs oder lautes Vorlesen erleichtert dem auditiven Lerntyp das Lernen. (vgl. Sütterlin, 2004)

Somit können Schüler des auditiven Lerntyps dem klassischen vortragenden Unterricht am besten folgen, da sie bei Vorträgen am nachhaltigsten lernen. Zu dieser Gruppe gehören jedoch nur 20% wenige Schüler. (vgl. Remmler-Bellen, 2010, S. 111)

3.2.3. Der visuelle Lerntyp

Der visuelle Lerntyp lernt am leichtesten, wenn er optisch angesprochen wird und ihn Informationen über das Auge erreichen. Er nutzt Bilder, Grafiken und Beobachtungen um Neues zu lernen, denn einmal gesehene Bilder kann er sich gut merken. Die besten Lernerfolge erreicht er durch die Beobachtung von Abläufen, das Lesen ent­sprechender Texte sowie durch grafische Darstellung. (vgl. Ettmayer & Pädagogisches Institut des Landes Tirol <Innsbruck>, 2006, S. 4) Im Mathematikunterricht würde dies bedeuten, dass er sich mit Hilfe von Zeichnungen und farbiger Strukturierung besser vorstellen kann, wie die Vektorrechnung funktioniert. (vgl. Sütterlin, 2004). Wichtige Lernhilfen für diesen Wahrnehmungstypen stellen Bücher, Lernposter, Videos und Karteikarten dar. (vgl. Remmler-Bellen, 2010, S. 112)

Der visuell veranlagte Schüler braucht eine geordnete Lernumgebung und arbeitet gerne mit Tafelbildern und schriftlichen Unterlagen. Dann arbeitet er auch gerne mit und nimmt Informationen durch Sehen und Zeigen lassen auf. Dabei erinnert er sich besonders an das, was er selbst gelesen und gesehen hat. (vgl. Sütterlin, 2004) Allerdings lässt sich dieser Lerntyp auch leicht durch visuelle Unordnung ablenken, wodurch Lernerfolge schnell ausbleiben. (vgl. Sütterlin, 2004)

3.2.4. Der haptisch-motorische Lerntyp

Dieser Lerntyp lernt am besten wenn er etwas anfassen, selbst ausprobieren oder fühlen kann. (vgl. Ettmayer & Pädagogisches Institut des Landes Tirol <Innsbruck>, 2006, S. 4) Die direkte Beteiligung am Lernprozess und „learning by doing“ ist für diese Art von Lerner besonders wichtig. (vgl. Sylvia Behrmann, 2007, p. 13)

Schüler, die handelnd lernen, probieren lieber selber etwas aus, bevor sie lange Anleitungen oder Texte lesen. Ebenso ziehen sie es vor, wenn man ihnen etwas praktisch vormacht oder erklärt. Sie wollen beim Lernen selbst aktiv werden und lernen leichter, wenn sie selbst mitmachen können, zum Beispiel in Rollenspielen und Gruppenaktivitäten. (vgl. Remmler-Bellen, 2010, S. 111) Nach Vester würde ein solcher Wahrnehmungstyp die Vektorrechnung mit Hilfe von zwei Bleistiften und einem aufgemalten Koordinatensystem selbst testen. (vgl. Sütterlin, 2004)

Die größten Erfolge beim Lernen erreichen diese Schüler durch ein sich-bewegen während dem Lernen, beispielsweise indem sie beim gedanklichen Wiederholen des Lernstoffs im Zimmer hin und her laufen und ihn evtl. noch durch Gesten und Mimik unterstreichen. (vgl. Remmler-Bellen, 2010, S. 111)

3.2.5. Lernen durch den Intellekt

Anders als bei den bisher genannten Lerntypen, die sich durch die Art des Wahr­nehmungskanals für eine Information und deren damit verbundene Verarbeitung unterscheiden, wird hier kein Sinneskanal angesprochen. Dieser Lerntyp bezieht sich rein auf den Verstehensprozess.

Schüler des Typs Lernen durch den Intellekt genügt die mathematische Formel, die die Vektorrechnung beschreibt, um das ganze Konzept zu verstehen. Im Gegensatz zu den anderen Lerntypen hat es der "Lerner durch den Intellekt" in der Schule grundsätzlich leichter, da Unterricht in der Regel nach diesem Prinzip gehalten wird (vgl. Vester, 2002, S.52).

Der so genannte intellektuelle Lerntyp taucht zudem in den meisten Lerntypentests gar nicht mehr auf. (vgl. Sütterlin, 2004)

3.2.6. Kritik an der Lerntypologie nach Vester

Aufgrund ihrer Inkonsistenz und Oberflächlichkeit wird Vesters Lerntypologie oft nicht ernst genommen. Oberflächlich sei Vester, da er ungeklärt lässt, ob sich seine Typisierung auf Vorlieben für bestimmte Informationsangebote oder für bestimmte mentale Formate und Prozesse bezieht. Inkonsistent sei seine Theorie, da sich die ersten drei Lerntypen durch die Art des Wahrnehmungskanals für eine Information unterscheiden, während sich der vierte Lerntyp auf den Verstehensprozess bezieht. Durch diese Art der Einteilung versagt Vester den ersten drei Lerntypen die intellektuelle Leistung und suggeriert, dass der Verstand bei ihnen keine größere Rolle für Denken oder Verstehen spiele. Stattdessen behält er dies ausschließlich dem Typ „Lernen durch Intellekt“ vor. (vgl. Quast, 2011) Dies wirft die Frage auf, was die anderen Lerner mit ihren Sinnesdaten anfangen und woher die Lerner kognitiven Typs ihren Lernstoff beziehen. (vgl. Looß, 2001)

Auditiv und optisch kann der Lerninhalt als Abfolge von Buchstaben und Zeichen aufgenommen werden, haptisch könnte dies allenfalls durch Blindenschrift geschehen. Jedoch erst alles zusammen ist Voraussetzung für das Verstehen und Lernen von Informationen. (vgl. Quast, 2011) „So gesehen ist Lerntyp 4 die Folge von 1-3 und unverzichtbar notwendig für das Verständnis, wie natürlich umgekehrt die pure Information als Buchstaben- oder Lautfolge erst einmal wahrgenommen werden muss.“ (Quast, 2011) Dies bedeutet, dass die Voraussetzung für erfolgrei­ches Lernen der affektiven Lerntypen aus der Präsenz von Lerntyp vier besteht, was dem Bestreben der Lerntypenklassifikation jedoch widerspricht.

3.3. Die Lerntypen nach Robert Mills Gagné

3.3.1. Robert Mills Gagné

Für Robert Mills Gagné, (* 21. August 1916 in North Andover, Massachusetts; † 28. April 2002), ein US-amerikanischer experimenteller Psychologe und Pädagoge, sind bei der Unterscheidung von Lerntypen zwei Überlegungen maßgeblich: Welche unterschiedlichen Arten von Leistungsfähigkeiten, die sich nach verschiedenen Lern­bedingungen psychologisch unterscheiden, existieren? Lassen sich diese dementsprechend im Unterricht berücksichtigen? (vgl. Zech, 2002, S. 148)

Das Kriterium für die Entwicklung seiner Taxonomie von Lerntypen bilden für Gagné die «Bedingungen des menschlichen Lernens». Seinen Ansatz charakterisiert er selbst so: „Es gibt so viele Arten des Lernens, wie es unterschiedliche Bedingungen des Lernens gibt. Brauchbar sind jede Prototypen des Lernens, die durch Beschrei­bung von Lernbedingungen zu umreißen sind." (Beiner, Bussmann, & Bussmann-Beiner, 1972, S. 51) «Brauchbar» bedeutet für ihn, dass sie praktikabel sind für die Planung und Lenkung des Lernens sowie für das Aufstellen der Lehrpläne. Er verbindet mit seiner Theorie Kognitivismus und Behaviorismus, wobei darin nicht die äußeren Bedingungen wie Reize und Verstärkungen bedeutend sind, sondern die innere Repräsentation der Umwelt sowie die Informationsverarbeitung dieser Umweltreize. Die Behavioristische Lernstrategie hält er jedoch als unumgängliche Voraussetzung für „höherwertiges“ Lernen. (vgl. Beiner, Bussmann, & Bussmann-Beiner, 1972, S. 51)

Mit Hilfe einer ausführlichen Beschreibung differenziert Gagné acht hierarchisch aufeinander aufbauende Arten des menschlichen Lernens. Die Unterschiede zwischen den Lerntypen sind für ihn wichtiger als ihre Ähnlichkeiten. Jeder Typ wird charakterisiert durch eine spezifische Gruppe von Bedingungen: (vgl. Beiner, Bussmann, & Bussmann-Beiner, 1972, S. 51)

3.3.2. Signallernen

Lernen als bedingte Reaktion, klassisches Konditionieren

Charakteristisch für das Signallernen ist, dass, wenn der durch eine bestimmte Reaktion hervorrufender Wirkungsreiz mit einem Signalreiz verbunden wird, der Signalreiz an die Stelle des Wirkungsreizes tritt und die Reaktion hervorruft. Hierbei spricht man von einer bedingten Reaktion welche den Vorgang des klassischen Konditionierens darstellt. Das klassische Beispiel für Signallernen sind die „Pawlowschen Hunde“. Ein Beispiel aus dem Unterricht: An Stelle einer für „Ruhe“ stehenden Ermahnung kann ein häufig damit verbundenes Händeklatschen treten, um für Ruhe zu sorgen. (vgl. Beiner, Bussmann, & Bussmann-Beiner, 1972, S. 150)

3.3.3. Reiz-Reaktions-Lernen

Lernen durch »Versuch und Irrtum«, Lernen durch Verstärkung, operantes bzw. instrumentelles Konditionieren

Hierbei handelt es sich vor allem um den Aufbau einer Reiz-Reaktions-Verbindung auf Grund einer positiven Verstärkung wie beispielsweise Erfolg oder Bestätigung.

Ein einfaches mathematisches Beispiel für das Reiz-Reaktions-Lernen ist das Aus­wendiglernen von Einmaleins-Sätzen: Der Reiz ist die Aufgabe „4*5“, die Reaktion das Ergebnis „20“. Die Verbindung zwischen Reiz und Reaktion wird durch den Lehrer bekräftigt, indem er das Ergebnis als richtig bezeichnet. (vgl. Beiner, Bussmann, & Bussmann-Beiner, 1972, S. 151)

3.3.4. Kettenbildung

Lernen von Automatismen

Dabei handelt es sich einen Aufbau längerer Reiz-Reaktions-Ketten mit Hilfe von Bekräftigung. Kennzeichnend dafür sind die Automatisierung von Handlungen sowie die Bildung von Gewohnheiten.

Ein typisches Beispiel aus der Mathematik ist das Auflösen von Gleichungen, wobei immer nach einem vorher genau bestimmten Schema vorgegangen wird.

Leider kommt es im Mathematikunterricht häufig zu Automatismen, beispielsweise wenn bestimmte Regeln oder Vorgänge noch nicht verstanden wurden. Dabei ist dann ein Rechenschritt der Reiz für den nächsten Rechenschritt, usw. Dies erfolgt jedoch nur auf Grund der äußeren Merkmale und ohne tieferen Bezug zur kognitiven Struktur. Oft zu Beobachten ist dieses Phänomen beim Prozentrechnen. (vgl. Beiner, Bussmann, & Bussmann-Beiner, 1972, S. 153)

3.3.5. Lernen sprachlicher Assoziationen

Lernen durch Verbindung einer Abfolge verbaler Reiz-Reaktions-Verhaltensweisen

Dies ist eine Lernform, bei der bestimmte Gegebenheiten mit entsprechenden Bezeichnungen assoziiert werden. So entsteht eine Verknüpfung einer Sache mit ihrer entsprechenden Benennung, wobei der Name der Sache Repräsentationscharakter bekommt und stellvertretend für die Sache steht. (vgl. Schröder, 2001, S. 338)

Sprachliche Assoziationen entstehen beim Verbinden von Wörter zu Sätzen und Satzreihen, beispielsweise beim Gedichte lernen oder auch beim Aufsagen von Zahlenfolgen. Ein charakteristisches Beispiel aus dem Mathematikunterricht ist das einfache Zählen. (vgl. Memmer, 1995, S. 47)

3.3.6. Multiple Diskrimination

Diskrimationslernen

Dabei handelt es sich um eine Lernform, bei der gelernt wird, ähnliche Reizinputs zu unterscheiden und auf unterschiedliche Sinneseindrücke verschieden zu reagieren. Wichtige Voraussetzung für das Diskriminationslermen ist die Unterscheidungsfähigkeit. (vgl. Schröder, 2001, S. 80) Eine besondere Art dieser Lernform ist die multiple Diskrimination, wobei Mehrfach-Unterscheidungen gelernt werden, die es ermöglichen, ähnliche Sachverhalte mit unterschiedlicher Bedeutung ihren wesensgemäßen Bedeutungen zuzuordnen.

Multiple Diskrimination ermöglicht zum Beispiel, dass ein Schüler am Motoren-geräusch nicht nur ein vorbei fahrendes Auto erkennt, sondern auch dessen Fabrikat. (vgl. Memmer, 1995, S. 47)

3.3.7. Begriffslernen

Bildung von Klassen und Reaktion darauf

Das Begriffslernen ist das Gegenteil von Diskriminationslernen. Es umfasst das Ordnen von Dingen zu Klassen und das Reagieren auf die Klassen als Ganzes. (vgl. Memmer, 1995, S. 47) Hierbei wird gelernt „aus einer Gruppe von Sachverhalten durch Verallgemeinerung das Gemeinsame herauszufinden.“ (Schröder, 2001, S. 39) Dies ermöglicht, für einander ähnliche und mit Namen versehene Dinge durch Erkennen von Gemeinsamkeiten sowie Abstraktion einen entsprechenden Oberbegriff zu finden. (vgl. Schröder, 2001, S. 39)

Begriffe entstehen durch Verallgemeinerung von Merkmalen, wobei hierzu nicht nur Substantive hierzu gehören, sondern auch Adjektive und Verben. (vgl. Wolfgang Memmer, 1995, S. 47) Der Erwerb von Begriffen spielt beim schulischen Lernen von Mathematik eine zentrale Bedeutung, insbesondere elementare Grundbegriffe bilden die Voraussetzung für jeglichen mathematischen Kompetenzerwerb. (vgl. Storz, 2009, S. 24)

3.3.8. Regellernen

Verknüpfung von Begriffen zu Regeln

Begriffslernen und Regellernen sind eng miteinander verknüpft. (vgl. Storz, 2009, S. 42) Eine Regel ist eine erschlossene Gesetzmäßigkeit, die das Individuum befähigt, auf eine Klasse von Reizsituationen mit einer Klasse von Leistungen zu reagieren. (vgl. Memmer, 1995, S. 47)

Voraussetzung für erfolgreiches Regellernen ist, dass zuvor alle in der Regel verwendeten Begriffe erlernt und „begriffen“ wurden. In die kognitive Struktur der Schüler integriert sind Regeln erst, wenn sie der Lernende in neuen Situationen richtig anwenden kann. (vgl. Storz, 2009, S. 42)

Beim Regellernen passiert es oft, dass die Regel verwendet wird ohne dass die Regel selbst tatsächlich verinnerlicht und verstanden wurde. Ein typisches Beispiel ist hier der Satz von Pythagoras, der von den Schülern oft ausschließlich mit der Formel verbunden wird ohne die dahinter sehende Gesetzmäßigkeit zu erfassen. (vgl. Storz, 2009, S. 42)

3.3.9. Problemlösen

Regeln höherer Ordnung durch eigene Überlegungen verstehen

Beim Problemlösen ist man auf der Suche nach einer Lösung, ohne dass ein passendes Lösungsverfahren offensichtlich ist. (vgl. Storz, 2009, S. 51) Der Schüler lernt durch eigene Überlegungen. Dies bedeutet, dass er in der Lage ist, bereits gelernte Regeln und Begriffe zu einer neuen Regel zusammen zu setzen sowie Transfer zu betreiben, also das Gelernte in einer neuen Situation anzuwenden.

Prinzipiell ist hierfür der zusätzliche Einsatz kognitiver Strategien notwendig, wodurch das Lernergebnis eine höhere Qualität bekommt, die es vom normalen Ergebnis des Regellernens unterscheidet. (vgl. Memmer, 1995, S. 47)

Nach Storz kann jegliches Lernen als Problemlösen verstanden werden. Denn vom lerntheoretischen Standpunkt aus führt der Wunsch, von einem Ausgangs- zu einem Endzustand zu gelangen, zu individuellen kognitiven Konstruktionsprozessen. (vgl. Storz, 2009, S. 51) Dieser Vorgang findet bei jedem Lerner auch regelmäßig im gesamten Alltag statt.

3.4. Die Lerntypentheorie nach Ellen Arnold

3.4.1. Ellen Arnold

Eine weitere Möglichkeit für eine Einteilung in Lerntypen ist die Lerntypologie nach Ellen Arnold. In ihrem Buch „Jetzt versteh‘ ich das!“ stellt Ellen Arnold acht weitere Lerntypen vor und beschreibt Möglichkeiten, wie diese auf unterschiedliche Art und Weise an Lernstoff herangehen können um diesen aufzunehmen.

Ihr Buch basiert auf der Theorie der Lerntypen nach Howard Gardner, wobei sie sich teilweise auch auf Schriften von Thomas Armstrong stützt. (vgl. Arnold & Mels, 2007, S. 14)

Wie schon in der Einleitung angesprochen stehen die oben angeführten Klassifika­tionen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern können nebeneinander existieren und bauen sogar aufeinander auf. (vgl. Koppelin & Schirrmacher, 2005, S. 17)

3.4.2. Der Musik-Lerntyp

Dieser Typ ist stark auditiv veranlagt, verbindet Musik mit Gefühlen und hat ständig Musik im Ohr. Charakteristisch für ihn ist, ständig vor sich hinzusingen, im Takt zu klopfen oder sich im Rhythmus zu bewegen.

Schüler dieses Typs können gut zuhören, lassen sich jedoch leicht durch Geräusche ablenken. Informationen können sie besonders gut aufnehmen wenn sie rhythmisch sind oder ihnen in Reimform angeboten werden.

Gut Lernen kann dieser Lerntyp überall dort, wo Informationen gesprochen werden, vor allem, wenn diese eine bestimmte Rhythmik erkennen lassen. Möglichkeiten für ein schnelles und effektives Einprägen des Lernstoffes sind, sich diesen laut vorzulesen, Eselsbrücken durch Reime zu bilden oder die eigenen Gedanken in Rhythmen auszusprechen. (vgl. Arnold & Mels, 2007, S. 17-22)

3.4.3. Der Bilder-Lerntyp

Schüler dieses Lerntyps haben ein sehr ausgeprägtes Vorstellungsvermögen. Sie zeichnen gerne, verwenden Farben und veranschaulichen Dinge in Bildern.

Für diesen Typ ist es wichtig, Informationen zu sehen. Zudem hat er ein ausgeprägtes Farbempfinden, träumt viel in Farben und hat einen sehr guten Orientierungssinn.

Vor allem beim Lesen ist es für den Bilder-Lerntyp wichtig, die Texte farbig zu mar­kieren oder bunte Post-Its zu verwenden. Auch Mindmaps können eine gute Hilfe sein. Daher ist es für diese Schüler förderlich, im Unterricht häufig mit Figuren und graphischen Strukturen zu arbeiten. (vgl. Arnold & Mels, 2007, S. 23-30)

3.4.4. Der Körper-Lerntyp

Dieser Lerntyp ist sehr aktiv und bewegungsfreudig. Um Lernstoff aufzunehmen möchte er Dinge erleben, bauen, fühlen und herstellen.

Auf jeden Fall brauchen Schüler dieses Lerntyps Abwechslung beim Lernen. Wenn sie nachdenken oder auswendig lernen, sollten sie nicht sitzen, sondern immer in Bewegung sein, wie etwa einen Spaziergang machen. Müssen diese Schüler einmal still sitzen, so brauchen sie etwas in der Hand was sie drücken oder kneten können, um ihren inneren Bewegungsdrang zu kompensieren. (vgl. Arnold & Mels, 2007, S. 31-36)

3.4.5. Der Wörter-Lerntyp

Lesen und Schreiben sind die Aktivitäten, die dieser Lerntyp am liebsten ausübt. Er „spielt“ regelrecht mit den Wörtern, erfindet Neologismen und ist dabei sehr kreativ. Schüler dieses Lerntyps lernen gerne neue Sprachen und besitzen einen reichen Wortschatz, der mühelos erweiterbar ist.

Die bevorzugte Lernmethode dieses Schülers ist das selbstständige Arbeiten. Da er gerne liest und schreibt, kann er gut Ausarbeitungen zu den unterschiedlichsten Themen verfassen. (vgl. Arnold & Mels, 2007, S. 39-46)

3.4.6. Der Zahlen-Lerntyp

Ein Schüler dieses Lerntyps ist sehr genau und gewissenhaft. Mit Zahlen arbeitet er sehr gerne und kann sich diese in Jahreszahlen oder Telefonnummern gut merken. Zudem erfasst er schnell Zusammenhänge und mag Problemlöseaufgaben, beispielsweise Textaufgaben im Mathematikunterricht. Besonders die Mathematik liegt ihm auf Grund seiner Fähigkeiten sehr. Er geht mit System an die Aufgaben heran, arbeitet logisch und zielorientiert.

Für diesen Lerntyp müssen die Lernziele klar definiert sein, sodass er sich im Voraus gezielt mit seinen Aufgaben befassen kann. Eine klare Zeiteinteilung ist für ihn für effektives Lernen zusätzlich sehr wichtig. (vgl. Arnold & Mels, 2007, S. 47-54)

3.4.7. Der Ich-Lerntyp

Diese Lerntypen nehmen sich gerne Zeit, um über eine Sache sehr genau nachzu­denken. Sie können Dinge gut reflektieren, wozu sie sich gerne zurück ziehen.

Für Schüler dieses Lerntyps ist es wichtig, dass sie bei Aufgaben zunächst die Ruhe haben diese Wort für Wort durchzugehen. Das dieser Typ sehr analytisch und abwägend geprägt ist, ist es bei ausführlichen Aufgaben für sie hilfreich, sich per Brainstorming die Sache genau vorzustellen. Hierfür können graphische Hilfsmittel wie Mindmaps oder die Clustermethode eingesetzt werden.

Zeit und die Möglichkeit ungestört zu Arbeiten sind für diesen Lerntyp sehr wichtig. Insgesamt ist es ein „Denkertyp“, der gerne forscht und nachsinnt. (vgl. Arnold & Mels, 2007, S. 55-60)

3.4.8. Der Menschen-Lerntyp

Dieser Lerntyp ist gerne mit anderen Menschen zusammen, er hat ein hohes Maß an Empathie und ist sehr engagiert. Ebenfalls ist er in der Lage, Dinge anderen Mitschülern logisch erklären zu können. Des Weiteren befindet er sich oft in der Führungsposition einer Gruppe und ist dabei sehr aktiv im Gruppengeschehen involviert. Dort bringt er viel in den Gruppenprozess mit ein, kann schnell auf andere eingehen und hat eine sehr ausgeprägte Merkfähigkeit.

Somit sind für Schüler dieses Lerntyps Lerngruppen ideal, worin sie viel reden, laut denken aber auch gut zuhören können. Jedoch wünschen und brauchen sie für ihr Tun ein akzeptables Feedback. (vgl. Arnold & Mels, 2007, S. 61-68)

3.4.9. Der Natur-Lerntyp

Wie sein Name schon verdeutlicht, ist dieser Lerntyp sehr naturverbunden. Somit ist für ihn alles, was aus diesem Bereich kommt, wie Tiere, Pflanzen, Klima, von sehr großem Interesse.

Vergleiche aus der Natur sind für Schüler dieses Lerntyps eine gute Hilfe, um Wissen zu behalten. Weiterhin sind konkrete Exkursionen eine Methode, um sich den Lern­stoff anzueignen. (vgl. Arnold & Mels, 2007, S. 69-74)

3.5. Der kommunikative Lerntyp – Lernen durch Gespräche

Beruhend auf der Kritik an der Lerntypologie nach Vester, dass sich drei seiner Lerntypen durch die Art des Wahrnehmungskanals für eine Information unterscheiden, während sich der vierte Lerntyp auf den Verstehensprozess bezieht, möchte ich meine Auflistung um einen weiteren, häufig angewandten Lerntyp, den kommunikativen Lerntyp, erweitern.

Dieser Lerntyp lernt am besten durch Gespräche und Diskussionen. Für ihn sind die sprachliche Auseinandersetzung mit dem Lernstoff und das Verstehen im Dialog von großer Bedeutung. Erklärungen müssen von ihm durchgesprochen werden, er will sich auseinandersetzen und mit anderen diskutieren. Hilfreich für den Lernprozess ist für ihn, in Gesprächen sowohl die Position des Fragenden als auch des Erklärenden einnehmen zu können.

Schüler dieses Typs müssen sich ein Thema von einem Mitschüler erklären lassen, um es zu behalten und zu verstehen. Zum größten Lernerfolg gelangen sie durch Fragen und Antworten, denn sie brauchen den Austausch und die Unterhaltung. Sprachliche Auseinandersetzung mit dem Lernstoff und das Verstehen im Gespräch hat für sie große Bedeutung. Hilfreich ist es, sowohl die Position des Fragers als auch des Gefragten einzunehmen. Lernfördernd sind für sie zudem die Teilnahme an Gruppengesprächen sowie Rollenspiele oder Lerngruppen. (vgl. Ettmayer & Pädagogisches Institut des Landes Tirol <Innsbruck>, 2006, S. 4)

3.6. Der Mischtyp

Der Irrtum: Erfolgreich ist, wer seinen Lerntyp kennt

„Wer lernt, nimmt Botschaften über seine Sinnesorgane auf wodurch der Lernstoff in das Gedächtnis gelangt. Somit lernt jede Person unterschiedlich und auf seine eigene Art und Weise.“ (vgl. Ettmayer & Pädagogisches Institut des Landes Tirol <Innsbruck>, 2006, S. 3)

Die Auffassung, Lernende in bestimmte Lerntypen einteilen zu können, ist weit verbreitet. Jedoch sollten sich Schüler und vor allem Lehrer bewusst machen, dass die Lerntypentheorie wissenschaftlich nicht begründet ist. Zudem ist auch ihr Nutzen nicht wissenschaftlich bestätigt, obwohl sie oberflächlich betrachtet zunächst einmal plausibel klingt:

Es ist bekannt, dass man sich mit Inhalten auf verschiedene Weise beschäftigen kann. Wer beispielsweise etwas über die Kultur der Steinzeit erfahren möchte, kann einem Vortrag lauschen, darüber ein Buch lesen oder sich mit anderen Lernenden austauschen. „Je nach Art der Beschäftigung, die ein Mensch wählt, ist er je nach Wahl der Lerntheorie beispielsweise ein "visueller", ein "auditiver", ein „motorischer“ oder ein "kommunikativer" Lerntyp“. (vgl. Jacobs, 2009, S. 70–72)

Es herrscht die generelle Meinung, dass Schüler, die ihren Lerntyp kennen, im Vor­teil sind. Dadurch können sie sich bestimmten Stoff leichter aneignen und werden ihn besser behalten. Doch nutzt es einem "auditiven Lerntypen", wenn er sich die Formel "Druck gleich Kraft durch Fläche" aufzeichnet oder anhört? Nur bedingt. Doch angeblich reicht es diesem Lerntypen, wenn er die detaillierte Erklärung dazu hört. (vgl. Jacobs, 2009, S. 70–72)

Ein "visueller Lerntyp" braucht neben der Formel eine graphische Darstellung, der "motorische Lerntyp" dagegen versteht das Gesetz am besten, wenn er ein entsprechendes Experiment macht und der "Kommunikativer Lerntyp" muss es einen anderen erklären. „Der gesunde Menschenverstand reicht aus, um zu erkennen, dass niemand ein "auditiver", visueller" oder "motorischer" Lerntyp ist. Vielmehr wird ein und dieselbe Person davon profitieren, verschiedenen Herangehensweisen zu nutzen.“ (Jacobs, 2009, S. 71) Anhänger der Lerntypentheorie würden das wohl auch nicht verneinen. Selbst sie räumen ein, dass sämtliche Lernende eher Mischtypen sind. (vgl. Jacobs, 2009, S. 71)

Es stellt sich nun die Frage, was für einen Nutzen die Einteilung in Lerntypen hat. Folglich richtiger wäre es, von "Lernstilen" zu sprechen, so wie es die Kognitionspsy­chologen tun. Denn damit lassen sich individuelle Vorlieben bei der Nutzung von Lernstrategien beschreiben, ohne den Lernenden einen bestimmten Lerntyp aufzudrücken. Doch, ob Lerntypen oder Lernstile, die Frage bleibt: haben Schüler einen Vorteil, wenn sie ihre Vorlieben hinsichtlich des Lernen kennen? (vgl. Jacobs, 2009, S. 72)

Der Nutzen um das Wissen seines Lerntyps ist umstritten. Denn es ist zwar offen­sichtlich, dass unterschiedliche Aufgaben unterschiedliche Herangehensweisen und Lösungsstrategien bedürfen. Schüler, die lediglich auf sprachliche Ressourcen zurückgreifen, werden bei geometrischen Fragen schnell an ihre Grenzen stoßen. Ebenso ergeht es denjenigen, die eine visuelle Veranschaulichung bevorzugen; sie werden ohne die Aktivierung ihrer sprachlichen Fähigkeiten kaum den Unterschied zwischen Allegorie, Metapher und Parabel begreifen können. (vgl. Jacobs, 2009, S. 72) Doch das Konzept der unterschiedlichen Lerntypen ist nicht wirklich hinreichend, denn die Hoffnung, man müsse nur seinen Lerntyp kennen, erweist sich als trügerisch. Zum einen da kaum reine Lerntypen existieren, zum anderen weil Schüler verschiedene Lernstrategien brauchen um erfolgreich zu sein. Unterschiedliche Aufgaben und Inhalte verlangen nach unterschiedlichen Methoden, womit die Methodenvielfalt im Unterricht unerlässlich wird. (vgl. Jacobs, 2009, S. 72)

3.7. Kritik an der Lerntypentheorie

Grenzen der Lern- bzw. Wahrnehmungstypentheorie

Die Problematik der Lerntypentheorie ist, dass die Zuordnung einer Person zu einem einzigen Wahrnehmungstypen nicht möglich ist. Da die Übergänge meist fließend sind und fast jeder Lerner Charakteristika aufweist, die zwei oder mehr Lerntypen entsprechen, existieren fast keine reinen Lerntypen sondern nur Mischtypen. (vgl. Hamann, 2007, S. 24)

Zudem gibt es eine Menge weitere Einflussfaktoren, die das individuelle Lernverhalten beeinflussen. Die bedeutsamsten sind Motivation, Persönlichkeit und Interessen. (Sütterlin, 2004) Ebenfalls, wie Katrin Hamann in ihrem Buch „Lerntypen, Lernstile, Lerntheorien“ nach einer intensiven Analyse von Vesters Lerntypologie abschließend feststellt, steigt die so genannte Erinnerungsquote je mehr Sinneskanäle am Lern­prozess beteiligt sind. (vgl. Hamann, 2007, S. 24)

Genauso kommt es häufig vor, „dass Lerner auf verschiedenen Gebieten unterschiedliche Sinneskanäle verschieden stark einsetzen, wodurch sich ebenfalls differenzierte Lerntypen ergeben.“ (Philognosie-Team, 2004) Denn wie oben beschreiben, lernen wir grundsätzlich mit allen fünf Sinnen und nicht nur mit einem einzigen.

Weiterhin stellt die Umsetzung der Lerntypentheorie im Unterricht ein Problem dar, denn häufig wissen weder Lehrer noch Schüler, welchem Lerntyp sie angehören. Doch selbst in Kenntnis dessen, wäre eine individuelle Förderung jeden einzelnen Schülers auf seinen persönlichen Wahrnehmungstypen nur schwer durchführbar. Somit ist die Anwendung der Lerntypentheorie in der Schule dementsprechend schwierig. (vgl. Jacobs, 2009, S. 70-72)

Folglich geht es nicht darum, sich nur auf eine einzige Lerntheorie zu konzentrieren und alle anderen auszublenden. Vielmehr soll die Lerntypentheorie als hilfreicher Ansatz für Lehrer und Schüler gesehen werden, um ein möglichst individuelles und effizientes Lernen zu fördern. „Nichtsdestotrotz sollte lernen über möglichst alle Sinneskanäle erfolgen. (Philognosie-Team, 2004)

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783863419554
ISBN (Paperback)
9783863414559
Dateigröße
734 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Schule Schüler Lernen Lernstrategie Mathe

Autor

Anja Fleuchaus, B.A., wurde 1986 in Aschaffenburg geboren. Während ihres Studiums der Wirtschaftspädagogik an der Friedrich-Alexander Universität Nürnberg-Erlangen sammelte die Autorin bereits umfassende praktische Erfahrungen im Umgang mit Schülern.
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Titel: Der Umgang mit unterschiedlichen Lerntypen an einer Wirtschaftsschule: Empfehlungen für den Mathematikunterricht
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