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Jung und Alt gemeinsam auf Reisen: Durch die Altersunterschiede entstehende Anforderungen an die Produktgestaltung

©2012 Bachelorarbeit 70 Seiten

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Seniorentourismus und dem Projekt Jung und Alt auf Reisen im Besonderen. Es wurde in Erfahrung gebracht, welche Anforderungen Senioren an ihren Urlaub stellen und inwieweit die Tourismusindustrie ihre Produkte an diese Bedürfnisse anpassen muss. Dabei lag ein Schwerpunkt der Untersuchung auf den Gründen, warum das spezielle Projekt so erfolgreich ist und wie es weiterentwickelt werden kann bzw. welche Aspekte auf die Tourismusindustrie im Allgemeinen übertragbar sind.
In der Arbeit wird gezeigt, dass die Zahl der Senioren durch die demografische Entwicklung in Deutschland steigt. Ihre Reisemotive unterscheiden sich kaum im Vergleich zur übrigen Bevölkerung, allerdings wollen viele von ihnen im Urlaub etwas für ihre Gesundheit tun. Der größte Teil der seniorenspezifischen Tourismusprodukte wird von kleinen Nischenveranstaltern offeriert. Die großen Reiseveranstalter scheiterten bisher mit Versuchen die Senioren direkt anzusprechen, was größtenteils auf falsches Zielgruppenmarketing zurückzuführen ist.
Das Projekt Jung und Alt auf Reisen ist so erfolgreich gestartet, weil es die Bedürfnisse der Senioren befriedigt und das gesamte Leistungsangebot stimmig ist. Vor allem die Studentenbegleitung wurde als Buchungsgrund in der empirischen Untersuchung angegeben. Allerdings hat die Arbeit gezeigt, dass es schwer umsetzbar ist, Erwachsene gemeinsam mit Senioren, zu jeweils der Hälfte, verreisen zu lassen, da das Reiseverhalten zu unterschiedlich ist und die finanziellen Voraussetzungen stark divergieren.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.1.2 Zukünftige Entwicklung

Für die Bundesrepublik Deutschland wird ein anhaltender Geburtenrückgang erwartet, welcher zur Vergreisung der Gesellschaft führt. Das Statistische Bundesamt rechnet für das Jahr 2060 mit einer Bevölkerung von 65 Mio. Einwohnern bei einem jährlichen Zuwanderungssaldo von 100.000 Menschen und einer konstanten Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Frau.[1]Die Ursachen für diese Entwicklung werden anhand zwei verschiedener Ansätze ersichtlich. Der Erste ist der soziologische Ansatz, welcher die geringe Geburtenrate durch gesellschaftliche Strukturen erklärt. Dabei ist ein wichtiger Faktor der Sozialstaat, der dafür sorgt, dass die Zukunft jedes Bürgers individuell abgesichert ist. Weitere Faktoren sind die zunehmende Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben sowie das wandelnde Familienbild in Deutschland. Der zweite Ansatz ist der Ökonomische. Bei diesem betrachten die Wirtschaftswissenschaften die Entscheidung eines Paares für oder gegen ein Kind, wie die Handlung für oder gegen den Erwerb eines Konsumgutes. Es werden Vor- und Nachteile abgewogen. Kinder werden als Kosten betrachtet, die finanziert werden müssen.[2]

Die logische Schlussfolgerung der Entwicklungen der Geburtenraten, Lebenserwartung und Migration ist ein überproportionaler Anstieg an Senioren. Das Statistische Bundesamt rechnet 2030 mit einem Anteil der über 65-jährigen von 29% und 2060 mit einem Anteil von 34%. Dies bedeutet einen Anstieg von 13%.[3]Auf diese Nachfrageverschiebung muss sich die Tourismusindustrie einstellen und entsprechende Strategien entwickeln, um seniorengerechte Reisen anbieten zu können.

2.1.3 Einkommensentwicklung der Senioren

Abbildung 2: Gesamtvermögen nach Alter (in 1000 Euro)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Deutsches Institut für Altersversorge, 2008

Um in Erfahrung zu bringen, in welcher Form sich Senioren den Luxus Reisen leisten können, soll in diesem Abschnitt die Entwicklung des Einkommens der Senioren betrachtet werden. Das durchschnittliche Nettoeinkommen der Senioren lag 2009 in der Bundesrepublik bei 1.961€ im Monat. Allerdings lag das verfügbare Nettoeinkommen[4]im Vergleich bei 872€[5]. Zudem zeigt eine Studie der Hans Böckler Stiftung zur Einkommensentwicklung von Seniorenhaushalten, dass die Renten seit der Jahrtausendwende spürbar gesunken sind. Nur wenige

Quelle: Deutsches Institut für Altersversorge, 2008

Senioren können eine niedrige Rente durch zusätzliche betriebliche oder private Altersversorgung kompensieren.[6]Im Vergleich dazu verdeutlicht eine Statistik des Statistischen Bundesamtes, dass die Generation der 65-70-jährigen über das zweit höchste Gesamtvermögen verfügt (s. Abb. 2). Außerdem haben sie geringere laufende Kosten und können durch ihre Flexibilität verstärkt Sonderangebote bei Reisen nutzen.[7]Die Untersuchungen belegen den Trend zu starken finanziellen Unterschieden auch bei den Senioren. Daraus lässt sich ableiten, dass es in der Zukunft, neben der Nachfrage nach komfortablen Angeboten im drei und vier Sterne Bereich, auch einen Bedarf nach altersgerechtenLow-BudgetUrlaubsangeboten geben wird.

2.2 Nachfrage auf Mikroebene

In diesem Kapitel erfolgt eine Darstellung der Seniorentypologie, um ihre Persönlichkeitsmerkmale herauszustellen. Darauffolgend werden die Reisemotive der Senioren anhand von wissenschaftlichen Studien dargelegt, welche als Vergleichswert für die empirische Untersuchung gelten sollen. Des Weiteren wird das Reiseverhalten der Zielgruppe betrachtet, nach welchen Kriterien Senioren ihre Reisen aussuchen und welche Bedürfnisse die Tourismusindustrie befriedigen muss.

2.2.1 Seniorentypologie

Eine Segmentierung der Senioren findet meist auf Grundlage des Alters statt. Da die Bevölkerungsgruppe allerdings eine starke Heterogenität aufweist, ist die Einteilung in klar abgrenzbare Zielgruppen schwierig.[8]Dies liegt größtenteils daran, dass Einflussgrößen wie Gesundheit, verfügbares Einkommen und Familiensituation mit steigendem Alter zunehmend variieren.

In der Wissenschaft lassen sich eine Vielzahl von Typologien finden, bei denen die Grundgesamtheit dem Alter nach größer gefasst ist, d. h. welche das Eintrittsalter bei 60 festlegen. Damit weichen sie von dem in dieser Arbeit definierten Begriff der Senioren ab. Aus der Fülle von Typologien werden beispielhaft zwei vorgestellt. Häufig aufgeführt wird die der TNS Infratest Medien- und Sozialforschungs GmbH (s. Abb. 3).[9]Das Institut erkannte drei klar abgrenzbare Gruppen der Senioren, bei welchen die Merkmale des Freizeitverhaltens, der Soziodemografie und der Werteorientierung herausgefiltert worden. Bei dieser Untersuchung sind allerdings keine touristischen Bedürfnisse oder Verhaltensstrukturen erkennbar.

Abbildung 3: TNS Infratest-Typologie der über 50-jährigen in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach TNS Infratest, 2005, S. 10ff.

Eine größere Relevanz für den Tourismus hat dadurch die Studie des Rheingold Institutes von 1999.

Abbildung 4: Auszug der Typologie des Rheingold-Instituts der über 50-jährigen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Rheingold Institut, 1999

Bei dieser wurden mit 80 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten älteren Erwachsenen im Alter von 50 bis 85 Jahren Tiefeninterviews durchgeführt.[10]

Die Ergebnisse dienten der TUI Deutschland GmbH als Grundlage für zielgruppenspezifische Produktkonzepte. Dabei übernahm sie fünf, der acht identifizierten Typen (s. Abb. 4).[11]Allerdings gibt diese Analyse keine soziodemografischen Anhaltspunkte, wodurch sie nicht für das zielgruppenspezifische Marketing einsetzbar ist. Die große Anzahl von Typologien ist ein Indiz für die Heterogenität der älteren Konsumenten. Allerdings zeigen Forschungsergebnisse, dass sich die wichtigsten Verhaltensstrukturen bis zum 40. Lebensjahr bilden und dass bis zum 50. Lebensjahr eine gewisse Konstanz einkehrt. Deshalb werden Urlaubsdestinationen, welche in der Jungend und als junger Erwachsener bereist wurden, häufig auch später als Reiseziel ausgewählt.[12]

2.2.2 Reisemotive von Senioren

Reisemotive sind Antriebsfaktoren für das Reisen, welche die Beweggründe individuell beschreiben. Es sind Bedürfnisse, Bestrebungen, Wünsche und Erwartungen, die Menschen veranlassen, eine Reise zu unternehmen. Die Reiseanalyse fand 2005 die folgenden Urlaubsmotive der Gesamtbevölkerung, von Senioren-Paaren und alleinstehenden Senioren heraus:

Abbildung 5: Die wichtigsten Urlaubsmotive der Senioren

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Sonntag, 2005, S. 13

Die Umfrage zeigt, dass die Senioren bescheidener in ihren Urlaubserwartungen sind, als der Bevölkerungsdurchschnitt.[13]Dies verdeutlicht sich auch darin, dass sie weniger Motive als besonders wichtig angeben. Des Weiteren haben die Senioren ein größeres Verlangen, sich verwöhnen zu lassen und etwas für ihre Gesundheit zu tun (s. Abb. 5). Ältere Reisende möchten Komfort und Bequemlichkeit genießen und haben einen hohen Anspruch an Qualität und Leistung. Außerdem haben Senioren ein hohes Sicherheitsbedürfnis.[14]Allerdings verdeutlicht die Studie, dass der Großteil der Reisemotive der Senioren mit der übrigen Bevölkerung übereinstimmt. So ist die Entspannung im Urlaub bedeutsam und auch der Abstand zum Alltag ein wichtiges Motiv.

2.2.3 Reiseverhalten von Senioren

Das Reiseverhalten ist ein weiteres nachfragebestimmtes Kriterium, welches im folgenden Abschnitt durch die Ergebenisse verschiedener Untersuchungen zu Reisezielen, Reiseintensität, Reisehäufigkeit und Reiseart dargestellt wird.

Reiseziele

Das eigene Land ist nach wie vor das beliebteste Reiseziel der Deutschen. Auch 38,1% der Seniorenpaare verreisten 2004 im Inland. Dabei stellt Bayern das beliebteste Urlaubsziel dar (8,5%), vor Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und Schleswig Holstein. Bei den Auslandsreisen gibt es hingegen Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Im Vergleich zur jüngeren Bevölkerung verreisen die Senioren vor allem ins nahe gelegene Ausland. Spanien, Österreich sowie Italien stehen an vorderster Stelle. 10% der Senioren verbringen ihren Urlaub im außereuropäischen Ausland, dort größtenteils in der Türkei und in Ägypten. Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (F.U.R.) nimmt anhand des Reiseverhaltens der heute 45-55-jährigen an, dass die Zahl der Auslandsreisen der Senioren in Zukunft zunehmen werden.[15]

Reiseintensität

Die Reiseintensität gibt den Anteil der Reisenden ab 14 Jahren an der Gesamtbevölkerung an, welche im zurückliegenden Jahr eine Urlaubsreise von mindestens fünf Tagen unternommen haben. Dabei ist die Reiseintensität der 60-69-jährigen konstant bei ca. 78% geblieben und auch für 2020 wird mit einer Reiseintensität von 78,9% gerechnet. Im Gegensatz dazu nahm die Anzahl der reisenden Senioren über 70 Jahre prozentual um ca. 5% zu. Bis 2020 wird mit einem weiteren Anstieg von 12% gerechnet. Diese Zahlen belegen die großen Wachstumschancen für die Tourismusindustrie im Bereich Seniorenreisen, da 2020 Schätzungen zufolge 2,5 Mio. mehr Senioren über 70 Jahre verreisen werden.[16]

Reisehäufigkeit

Die Reisehäufigkeit gibt an, wie oft jemand eine Reise unternimmt. Im Durchschnitt unternehmen Senioren 1,4 Urlaubsreisen im Jahr und sind damit öfter unterwegs, als jüngere Urlauber (1,3 Urlaubsreisen im Jahr). Dieser Wert wird nach der Reiseanalyse auch in Zukunft konstant bleiben.[17]

Reiseart

Wie im Punkt Reisemotive erläutert, bevorzugen Senioren den Ausruh– und Natururlaub. Dabei ist das wichtigste Verkehrsmittel zum Urlaubsort mit 42% das Auto, gefolgt von Bus (25%) und Flugzeug (19%). In einer Studie rechnet das Institut TNS Infratest mit einer deutlich stärkeren Nutzung des Flugzeuges und des Pkws, vor allem auf Kosten des Busses. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung wählen Senioren deutlich häufiger die öffentlichen Verkehrsmittel.

Als Unterkunftsart favorisieren sie mit großem Abstand das Hotel (53%), da dieses dem Wunsch nach Erholung am ehesten erfüllen kann. An zweiter Stelle kommt die Ferienwohnung (20%) und an dritter die Übernachtung bei Freunden und Bekannten (10%). Für die Urlaubsbuchung bevorzugt die ältere Generation das klassische Reisebüro, welches allerdings in Zukunft Marktanteile an die Online-Reisebüros wird abgeben müssen, da Senioren immer technikaffiner werden.[18]

2.3 Zusammenfassung

Die demografische Entwicklung der letzten Jahre wird sich weiter fortsetzen und die Bevölkerungsverteilung in der Bundesrepublik ändern. Daraus ergibt sich im Verhältnis eine steigende Anzahl an Senioren. Diese wollen im Urlaub vor allem Erholung und Entspannung. Aber auch der Gesundheitsaspekt spielt eine wichtige Rolle bei den Reisemotiven. Da sich das Reiseverhalten bereits bis zum 55. Lebensjahr ausbildet, werden die zukünftigen Senioren häufiger das Flugzeug als Verkehrsträger nutzen und auch entfernte Ziele bereisen, soweit es die Gesundheit zulässt.

3 Analyse der Anbieter

Abbildung 6: Angebotsformen von Seniorenreisen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach o.V., 2002, S. 69

In diesem Abschnitt wird das Seniorenreiseangebot analysiert, was Reiseveranstalter derzeit anbieten und wie sie dabei vorgehen. Aus der Vielzahl von Reisen können zwei Angebotsformen von Seniorenreisen unterschieden werden. Die erste Form sind dieseniorenspezifischen Angebote.Diese sind nach den Bedürfnissen älterer Menschen ausgerichtet und es werden die Senioren auch als solche angesprochen. Reiseangebote mit hohem Seniorenanteil sind die zweite Form. Sie werben auch um andere Zielgruppen, werden aber häufig von älteren Menschen gebucht, da die offerierten Reisen viele Bedürfnisse der Senioren erfüllen.

In den folgenden Kapiteln werden Reiseangebote, welche Senioren bevorzugen, dargestellt und anhand von zurzeit auf dem Markt vorhandenen Reiseangeboten ausgeführt. Dabei kann nicht jeder Reiseveranstalter, welcher auf kommunaler Ebene Reisen offeriert, genannt werden.

3.1 Seniorenspezifische Angebote

Viele Senioren betrachten das Reisen mit Gleichaltrigen als Isolation. Aus diesem Grund scheiterte das Deutsche Reisebüro (DER) in den 80er Jahren mit einem speziellen Seniorenreisekatalog. Die Zielgruppe entscheidet sich häufig für Angebote aus dem allgemeinen Reiseprogramm, da sie sich nicht als Senioren fühlen. Nach Krieb und Reidl fühlen sie sich ca. 13-15 Jahre jünger, als ihr tatsächliches Alter ist. Sie wollen eher auf ihre mentale Verfassung und nicht auf ihr Alter angesprochen werden.[19]Deshalb haben vor allem Nischenreiseveranstalter die Zielgruppe für sich entdeckt, welche ihre Angebote auf besondere Bedürfnisse älterer Menschen ausrichten und damit Erfolg haben. Beispiele für seniorenspezifische Angebote werden im Folgenden vorgestellt. Häufig bieten Seniorenvereine oder kirchliche Organisationen auf kommunaler Ebene spezielle Seniorenangebote an, wie z. B. das ProjektJung und Alt auf Reisenin Wernigerode.

3.1.1 Seniorengruppenreisen

Der größte überregionale Anbieter von Seniorenreisen istSKAN-CLUB 60 plus, welcher zur Skan-Tours Touristik International GmbH gehört. Er bietet vielfältige Reiseangebote für die über 60-jährigen an. Der größte Bereich sind dabei die Busrundreisen innerhalb Deutschlands und den angrenzenden Nachbarstaaten. Die Übernachtungen finden überwiegend in den zur Unternehmensgruppe gehörenden Morada Hotels statt.[20]Es werden allerdings auch eine geringe Anzahl an Fernreisen angeboten.

Weitere Anbieter wie Tourvital haben sich auf Reisen mit ärztlicher Begleitung spezialisiert. Dabei werden weltweite Reiseziele offeriert. Tourvital vermeidet auf ihrer Webseite Begriffe wie Senioren, ältere Menschen oder Best Ager.[21]Damit setzt Tourvital auf Erkenntnisse des Tourismusmarketings. Krieb und Reidl fanden heraus, dass die Kunst darin liegt, den Senior in der Altersklasse anzusprechen, in der er sich fühlt. Des Weiteren ergab eine Gästebefragung des Reiseveranstalters TUI, dass 80% der Senioren nicht in ein Hotel gehen würden, in dem nur Senioren Urlaub machen.[22]Auf diese Erkenntnisse setzen viele Reiseveranstalter. Ein Beispiel dafür ist Berge und Meer, welcher unter der Rubrikgesund & sicherRundreisen mit ärztlicher Begleitung anbietet. Die Veranstalter sprechen damit das Sicherheitsgefühl der Senioren an. Diesen ist es vor allem bei Fernreisezielen wichtig, dass sie im Notfall medizinisch gut versorgt werden und einen deutschsprachigen Arzt als Ansprechpartner haben. Ähnliche Reisen bieten auch viele Studienreiseveranstalter wie Gebeco oder Studiosus an.

Ein weiteres interessantes Produkt, welches aber nur regional angeboten wird, bewirbt die Alt & Jung Reisen GmbH. Das Unternehmen bietet sowohl Flug-, als auch Busreisen ab Düsseldorf an. Es gibt allerdings keine Informationen zur Gruppenzusammenstellung und der herausgegeben Reisekatalog spricht eher die ältere Zielgruppe an.

3.1.2 Seniorenhotels

Bis zur Wintersaison 2011/2012 betrieb TUI die Hotelkette TUI-Club Elan. Diese wurde 2003 gegründet und sollte sich auf die Zielgruppe der Senioren spezialisieren. Der Club Elan hatte vier Hotels am Mittelmeer und versuchte durch eine große Angebotspalette zu punkten. Das Konzept ging allerdings aufgrund zu geringer Nachfrage nicht auf und so wurde die Hotelausrichtung geändert.

Ein ähnliches Konzept verfolgt Thomas Cook mit dem Neckermann - Club Vital. Allerdings gibt es beim Club Vital nur ein speziell auf Senioren ausgerichtetes Programm, welches in bestimmten Hotels am Mittelmeer und auf den Kanaren angeboten wird. Die Art ist vergleichbar mit den Kinderangeboten, nur dass es hier einen ausgebildeten Club Vital Mitarbeiter gibt, welcher als Ansprechpartner dient und ein spezielles Wochenprogramm für die Zielgruppe zusammenstellt. Das Winterangebot ist dabei für Langzeiturlauer gedacht, welche in wärmeren Gefilden überwintern wollen.[23]

Neben diesen Anbietern gibt es wenige privat geführte Unterkünfte, die sich speziell auf die Zielgruppe Senioren eingestellt haben.

3.1.3 Seniorenrabatte

Um einen Anreiz zum Reisen zu geben, bekommen ältere Menschen oft finanzielle Vergünstigungen. Reiseveranstalter und Verkehrsträger wollen neben der Steigerung des Reisekonsums von Senioren, die nachfrageschwachen Zeiträume stärken. Ein Beispiel für Seniorenrabatte bei Reiseveranstaltern ist Dertour. Der Veranstalter bietet unter dem Namen60plus-Vorteil preisliche Anreize für Senioren ab 50, 60 oder 65+ an, die allerdings von Hotel zu Hotel variieren.[24]Die sich auf Seniorenprodukte spezialisierteinexu Unternehmensberatungspricht von einer für Senioren kaum überschaubaren Spannbreite des Seniorenrabattes bei Reiseveranstaltern. Das Alter, ab wann Rabatte vergeben werden, variiert von 50 bis 65 Jahren und die Vergünstigungen liegen meist im Bereich zwischen zwei und sechs Prozent.[25]Einen anderen Weg geht die Kooperation 50plus Hotels. Die beteiligten Hotels bieten neben einem Seniorenrabatt weitere Vorteile, wie die Abholung vom nächsten öffentlichen Verkehrsmittel oder den Verzicht auf einen Einzelzimmerzuschlag für Personen über 50 an.[26]Da jedoch die Bedeutung des Preises bei älteren Kunden um die Hälfte reduziert ist, ist ein Rabatt nur für eine Minderheit kaufentscheidend.[27]Ebenfalls darf bezweifelt werden, dass ein Angebot wie die 50plus Hotels von der Zielgruppe wahrgenommen wird, da das Marketing und die Informationsbeschaffung zu einem großen Teil über das Internet erfolgen.

3.2 Reiseangebote mit hohem Seniorenanteil

Die Reiseangebote mit einem hohen Seniorenanteil werden auch von anderen Zielgruppen wahrgenommen. Jedoch werden diese Reisen überwiegend von Senioren gebucht, da sie vor allem die Bedürfnisse der älteren Menschen befriedigen.

3.2.1 Gesundheitsreisen

Diese Reiseform wird häufig von Senioren gebucht, da Gesundheit und Prävention mit zunehmendem Alter wichtiger werden (s. auch Reisemotive unter Punkt 2.2.2). Zu den Gesundheitsreisen zählen auch ärztlich verordnete Kuren. Vor einigen Jahren waren Urlaube in diesem Bereich nur bei wenigen Spezialreiseveranstaltern, wie z. B. dem Bremer Veranstalter Kreativ Reisen, buchbar. Dies hat sich in den letzten Jahren geändert. Alle großen Tourismuskonzerne in Deutschland bieten spezielle Gesundheitsreisen, häufig in bekannte Kurorte nach Tschechien, Polen oder Ungarn an. Einer dieser Veranstalter ist Dr. Holiday, welcher zur Rewegruppe gehört. Dieser wirbt mit Bezuschussungen von Gesundheitskursen durch die Krankenkassen.[28]

3.2.2 Busreisen

Das touristische Angebot der Busreiseveranstalter umfasst Rund- und Studienreisen, Städtereisen und Gruppenreisen. Dieses Produkt ist vor allem durch seine Gruppenkomponente für Senioren interessant, da es bei den älteren Menschen im Durchschnitt mehr Alleinreisende gibt. Für sie bietet sich die Möglichkeit, auf einer Busrundreise neue Bekanntschaften zu machen. Die Wiederholerrate bei den Busreiseveranstaltern ist besonders hoch, da sie ein auf Senioren angepasstes Produkt anbieten. So gehört häufig ein Taxitransfer von der Wohnungstür zu den Inklusivleistungen, ebenso wie ein umfangreiches Verpflegungspaket. Ein bekannter Veranstalter ist Eberhardt Travel, welcher seit 1990 Busrundreisen anbietet. Dabei wird auch von Eberhardt Travel oder anderen Anbietern die Zielgruppe nicht direkt angesprochen, sondern durch an die Bedürfnisse angepasste Leistungen überzeugt. Neben den großen Busreiseanbietern gibt es viele Kleine, welche regional tätig sind und häufig in diesen Regionen auch eigene Reisebüros betreiben. Dies hat für die Senioren den Vorteil, vor Ort einen persönlichen Ansprechpartner zu haben.

3.2.3 Kreuzfahrten

Kreuzfahrten galten lange Zeit als reine Seniorenreisen, bis Reedereien wie AIDA diese Form des Urlaubes auch für andere Zielgruppen interessant gemacht haben. Jedoch ist die Kreuzfahrt, vor allem mit kleineren Schiffen und Flusskreuzfahrten, immer noch eine ideale Reiseform für Ältere, da sie sich um viele Dinge, wie z. B. die Verpflegung und die Organisation von Ausflügen nicht selber kümmern müssen. Sowohl die Anreise zum Schiff, als auch der Gepäcktransport sind häufig organisiert. Es gibt ein umfangreiches Unterhaltungsangebot an Bord. Dadurch bieten sich vielfältige Gelegenheiten, neue Bekanntschaften zu machen. Des Weiteren ist immer ein Schiffsarzt und anderes medizinisches Personal an Bord. Im Gegensatz zu den Busrundreisen ist eine Kreuzfahrt weniger anstrengend, da die Reisenden ihre Unterkunft nicht wechseln. Trotzdem bietet eine Kreuzfahrt die Möglichkeit, viele Destinationen in kurzer Zeit zu sehen.

3.2.4 Zusammenfassung

Die bestehenden Reiseangebote für Senioren sind vielfältig. Allerdings hat es bis heute noch kein großer Reiseveranstalter geschafft, ein umfangreiches, zielgruppenspezifisches Produkt anzubieten. Viele vorhandene Angebote werden von kleinen Spezialreiseveranstaltern offeriert, die sich auf eine Nische spezialisiert haben. Das Scheitern von TUI mit dem Konzept Club Elan zeigt, dass es einen Nachholbedarf vor allem beim zielgruppenspezifischen Marketing gibt. Die Experten der österreichischen Tourismusconsultingfirma con.os stellten fest, dass sich dieses Marktsegment nicht durch eine direkte Zielgruppensprache wieSeniorentelleroderBest Ages-Packagesangesprochen fühlt, sondern, dass sie auf ihre alters- und anspruchsbedingte Bedürfnisse angepasste Produkte erwarten. Dabei müssen diese nicht nur auf die Zielgruppe Senioren ausgerichtet sein. Wichtig ist eine Integration anstatt einer Separation.[29]

4 Anforderungen der Senioren an die Tourismusindustrie

In diesem Kapitel wird die empirische Untersuchung ausgewertet. Es fließen neue Erkenntnisse ein, welche bereits vorhandene Ergebnisse bestätigen bzw. widerlegen. Zu Beginn wird die methodische Vorgehensweise dargelegt, um anschließend über die gewonnenen Erkenntnisse zu diskutieren.

4.1 Methodische Vorgehensweise

Bei der Erstellung eines Fragebogens für diese Arbeit wurde ein besonderes Augenmerk auf die Untersuchungsaufgabe gerichtet. Dabei soll der Fragebogen das Reiseverhalten, die Bedürfnisse und Motivationen beim Reisen sowohl von den Senioren als auch von den jungen Erwachsenen herausbekommen. Zu den Senioren zählen, wie in Kapitel 1.4.3 definiert, alle Personen, welche das 65. Lebensjahr überschritten haben. Die jungen Erwachsenen werden ebenfalls nur nach dem Alter definiert, welches zwischen 18 und 29 liegt. Eine weitere Untersuchungsaufgabe ist es herauszufinden, warum das ProjektJung und Alt auf Reisenso erfolgreich ist und wie es möglicherweise weiterentwickelt werden kann. Dazu beantworteten 45 Teilnehmer des Projektes ebenfalls den zweiten Teil des Fragebogens und gaben Auskunft über die Buchungsgründe und die Vorteile dieser Art zu verreisen. Ziel ist es, die Schnittmenge zwischen den beiden Altersgruppen herauszufinden und mögliche touristische Produkte daraus abzuleiten. 56 junge Erwachsene beantworteten den Fragebogen selbstständig im Internet. Die 50 Senioren (davon 45 Teilnehmer des Projektes) bekamen eine ausgedruckte Form der Umfrage, welche sie ebenfalls eigenständig ausfüllten. Diese Vorgehensweise machte es einfacher, ehrliche Antworten zu erhalten. Angesichts der geringen Stichprobe handelt es sich um eine bedingt repräsentative Umfrage.

4.2 Diskussion der Ergebnisse

Dieser Abschnitt widmet sich den Resultaten des ausgewerteten Fragebogens. Dazu werden zuerst die theoretischen Erkenntnisse aus den vorhergehenden Kapiteln mit den Ergebnissen der empirischen Untersuchung konfrontiert. Dabei werden die Aussagen der Senioren mit denen der Studenten verglichen. Ziel ist es, wichtige Aussagen zu bestätigen oder zu widerlegen sowie die Übereinstimmungen zwischen Jung und Alt zu überprüfen. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Auswertung der Fragen zum ProjektJung und Alt auf Reisen.

4.2.1 Ergebnisse zu den Reisemotiven

Die Interviewten hatten die Möglichkeit zehn Reisemotive nach der Wichtigkeit zu ordnen, wobei die Zahl eins für das wichtigste Motiv stand und die Zahl zehn für das am wenigsten Wichtigste. Diese Frage wurde an die Untersuchung der Urlaubsmotive der Reiseanalyse angelehnt. Aus der Umfrage ergab sich die folgende Motivationsreihenfolge:

Abbildung 7: Reisemotive der Senioren und jungen Erwachsenen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Ergebnissen der empirischen Untersuchung (s. Anhang 2 und 3)

Das Ergebnis zeigt, dass die Urlaubsmotive in vielen Punkten übereinstimmen. So ist es beiden Altersgruppen am wichtigsten, neue Eindrücke zu gewinnen. Dieser Punkt kommt noch vor der Entspannung und Erholung. Damit divergieren die Ergebnisse mit denen aus der Reiseanalyse, bei der die Entspannung sowohl bei der Gesamtbevölkerung, als auch bei den Senioren an erster Stelle steht. Jedoch ist dieses Motiv auch für die Interviewten wichtig und findet sich bei beiden Zielgruppen an dritter Stelle wieder. Beide Umfragen verdeutlichen auch, dass die Senioren mit dem Urlaub etwas für ihre Gesundheit tun wollen und dass dieses Bedürfnis erst im Alter ausgeprägt wird. Eine weitere Erkenntnis ist, dass Sport für beide Gruppen kein Urlaubsmotiv darstellt und dass für die jungen Erwachsenen, im Vergleich zu den Senioren, Abenteuer während der Reise wichtig sind.

[...]


[1]Vgl. Statistisches Bundesamt, 2011, S. 682f.

[2]Vgl. Birg, H., 2005, S. 80ff.

[3]Vgl. Statistisches Bundesamt, 2011, S. 682 f.

[4]Das verfügbare Nettoeinkommen gibt an, über wie viel Geld eine Person (oder ein Haushalt) nach Abzug von lebensnotwendigen Kosten (u. a. für Miete, Lebensmittel) im Monat verfügt.

[5]Vgl. RWI Essen, 2009

[6]Vgl. Hans Böckler Stiftung, 2011

[7]Vgl. Fuchs, M., 2011

[8]Vgl. Lilienthal, A., 2007, S. 11

[9]Die Datenbasis ist ein bevölkerungsrepräsentatives Panel von TNS Infratest mit 4300 Befragten, davon 1.952 über 50 Jahre. (Vgl. TNS Infratest, 2005, S. 10ff.)

[10]Vgl. Rheingold Institut, 1999

[11]Vgl. TUI Deutschland GmbH, 2004, S. 20

[12]Vgl. Artho, S., 1996, S. 102f.

[13]Frage: „Im Urlaub gibt es Dinge, die für einen selber mehr oder weniger wichtig sind. Sagen Sie mir bitte anhand einer Skala, wie wichtig die jeweiligen Dinge für Sie persönlich sind, wenn Sie Urlaub machen?“ Insgesamt 29 Motivvorgaben. Mehrfachnennung möglich. Die Tabelle zeigt die 10 jeweils wichtigsten Urlaubsmotive (Vgl. Sonntag, 2005, S. 13).

[14]Vgl. Lilienthal, A., 2007, S. 54

[15]Vgl. Sonntag, U. et al., 2005, S. 20

[16]Vgl. Lohmann, M. et al., 2009, S. 154

[17]Vgl. ebd.

[18]Vgl. Grimm, B. et al., 2009, S. 30

[19]Vgl. Krieb, C. et al., 2001, S. 112

[20]Vgl. SKAN-TOURS Touristik International GmbH, 2012

[21]Vgl. TOUR VITAL GmbH, 2012

[22]Vgl. Krieb, C. et al., 2001, S. 98

[23]Vgl. TC Touristik GmbH, 2012

[24]Vgl. Dertour, 2012

[25]Vgl. Joachimsohn, G., 2008

[26]Vgl. 50plus Hotels Deutschland, 2012

[27]Vgl. Joachimsohn, G., 2008

[28]Vgl. Dr. Holiday, 2012

[29]Vgl. con.os tourismus.consulting GmbH, 2012

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2012
ISBN (PDF)
9783955495510
ISBN (Paperback)
9783955490515
Dateigröße
438 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Harz - Hochschule für angewandte Wissenschaften (FH)
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2
Schlagworte
Tourismus Tourismusindustrie Senior Reise Reiseveranstalter
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