ADHS im Erwachsenenalter: Wirksamkeit der psychotherapeutischen Verfahren
©2012
Bachelorarbeit
64 Seiten
Zusammenfassung
Dieses Buch thematisiert die Wirksamkeit von psychotherapeutischer Behandlung im Gruppensetting bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Erwachsenenalter. Lange Zeit galt die ADHS als eine psychische Störung, welche ausschließlich im Kinder- und Jugendalter auftritt. Hingegen zeigen wissenschaftliche Evaluationen, dass sich die Störung bei zwei bis drei Prozent der betroffenen Kinder- und Jugendlichen bis ins Erwachsenenalter fortsetzt. Bei der ADHS im Erwachsenenalter wird von einem bio-psycho-sozialen Bedingungsmodell ausgegangen, dabei wird die Fehlfunktion im Bereich der Selbstregulation als zentrale Rolle angenommen. Die Diagnosestellung gestaltet sich bei den betroffenen Erwachsenen als schwierig, da die ADHS häufig mit psychiatrischen Begleiterkrankungen einhergeht. Dabei führt die korrekte Diagnosestellung, welcher eine entsprechende Behandlung folgt, zu einer beträchtlichen Verbesserung der Lebensqualität und zu einem besseren Funktionieren in Alltagssituationen. Die Kernsymptomatik der ADHS kann mittels pharmakologischer Intervention wirksam behandelt werden. Die sozial-behavioralen Strategien können über die Reduzierung der Kernsymptomatik hinaus die Zielbereiche, Organisation, Aufschieben und den Selbstwert positiv beeinflussen. Zudem führte die Gruppentherapie im Rahmen der ADHS bei den Teilnehmern zu einer höheren Zufriedenheit und zu einer Verringerung der depressiven Symptomatik. Ein Wirksamkeitsvergleich zwischen pharmakologischer- und psychotherapeutischer Intervention hebt die hohe Wirksamkeit der sozial-behavioralen Verfahren hervor.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
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Begriff der Kinder-und Jugendpsychiatrie durch. Gleichfalls entstanden
psychoanalytisch begründete Theorien, welche Erziehungsdefizite für eine mögliche
Ursache postulierten. Empirische Belege dazu gab es nicht (Rothenberger &
Neumärker, 2010). Die 70er Jahre zeichneten sich dadurch aus, dass sich Virgina
Douglas (1972) mehr und mehr mit dem Aufmerksamkeitsfaktor beschäftigte.
Schließlich entstand durch Feingold (1975) eine Bewegung, die
Nahrungsmittelunverträglichkeiten und allergische Reaktionen als Auslöser für
Hyperaktivitätsstörungen sah. Gleichfalls wurde der allgemein technische Fortschritt
und wachsende kulturelle Einflüsse als ursächliche Faktoren in Betracht gezogen
(Rothenberger & Neumärker, 2010). In dieser Zeit wurde der enge Zusammenhang
zwischen der Hyperaktivitätsstörung und auffälligem Sozialverhalten und
Schulleistungsproblemen deutlich. Mittels psychophysiologischer Methoden begann
die Untersuchung des hirnfunktionellen Hintergrunds (Rothenberger & Neumärker,
2010). Kognitiv-verhaltensorientierte Therapien werden von Gittelmann (1981)
beschrieben. Die Konzentration der Forschung auf die allgemeine motorische
Unruhe und die Aufmerksamkeitsprobleme nimmt in den 1990er Jahren stark zu und
führt dazu, dass Publikationen zu der Störung höher sind als die zu jeder anderen
kinderpsychiatrischen Störung (Rothenberger & Neumärker, 2010). Die Behandlung
der ADHS bei Kindern wird durch eine gut evaluierte, pharmakologische und
psychotherapeutische Intervention wirksam behandelt. Die Behandlung mit dem
Stimulanz Methylphenidat gilt als erstes Mittel der Wahl. Die Responderrate auf
Stimulanzien wird bei Kindern mit 60 bis 90 Prozent beschrieben, während aktuelle
Evaluationen an Erwachsenen von einer Responderrate von 50 Prozent sprechen.
Die Folgeerscheinungen der ADHS bei Erwachsenen, welche sich häufig in einem
geringen Selbstwert und chaotischen Lebensweisen sowie starken
Stimmungsschwankungen zeigen, verursachen erhebliche Probleme im Alltag und in
der Umsetzung von Routinetätigkeiten. Ferner entwickeln die Patienten in ihrer
Lebens- und Lerngeschichte häufig soziale Anpassungsstörungen, welche durch
eine Stimulanz kaum beeinflusst werden. Darüber hinaus lehnen einige Patienten
eine Behandlung mit Stimulanzien ab (Elsässer, Nyberg & Stieglitz, 2010).
Demzufolge benötigen Erwachsene mit ADHS eine effektive psychotherapeutische
Behandlung alternativ zur Psychopharmakatherapie oder eine
Kombinationsbehandlung, um die Performanz- und Kompetenzdefizite der Patienten
zu reduzieren (Hesslinger, Philipsen & Richter, 2004; Lauth & Minsel, 2009).
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Daher thematisiert die Bachelorarbeit die Wirksamkeit von psychotherapeutischen
Interventionen in Form von Gruppentherapien bei Erwachsenen mit ADHS. Dabei
wird auf die Darlegung der aktuellen Studienlage Wert gelegt, im Hinblick darauf die
Studien zur Evaluation im Einzelsetting von denen im Gruppensetting zu separieren.
Dazu erfolgt bei der Schilderung der Interventionsstrategien, neben der
Beschreibung der gängigen pharmakologischen Intervention, die Ausführung der
psychotherapeutischen Intervention durch die Erläuterung der Behandlung im
Einzelsetting. Die beispielhafte Darstellung zwei validierter Manuale zur Behandlung
der ADHS im Erwachsenenalter soll die psychotherapeutische Intervention
akzentuieren und in ihrer Struktur vergleichend gegenüberstellen. Ein Vergleich der
Wirksamkeit von pharmakologischen und psychotherapeutischen Interventionen
anhand einer Metaanalyse wird im Verlauf geschildert und rundet somit die
Illustration der Interventionen ab. Eingangs wird das Krankheitsbild der ADHS im
Kinder- und Erwachsenenalter beschrieben, um dem Leser das Störungsbild auf
breiter Ebene zu erschließen. Abschließend wird das Fazit zum einen im Hinblick auf
den Leidensdruck und der Selbstregulationsprobleme der Erwachsenen mit ADHS
herausarbeiten, an welcher Stelle Gruppentherapie einen wichtigen Beitrag zur
Stärkung des Selbstwertes und zur Überwindung der sozialen Isolation leisten kann.
Berücksichtigt wird dabei der mögliche Einfluss der Wirkfaktoren der Psychotherapie
auf die Reduzierung der Folgesymptome der ADHS. Zum anderen wird der Einfluss
der psychotherapeutischen Interventionen auf die ADHS-Symptomatik im
Allgemeinen zusammengefasst, um dann ergänzend auf den Einfluss auf die ADHS-
typischen Folgesymptome einzugehen. Der Ausblick soll in kritischer Betrachtung der
aktuellen Evaluationen weitere Forschungsfragen entwickeln.
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2 Das Krankheitsbild ADHS im Kinder- und Erwachsenenalter
Im Folgenden erfolgt die Schilderung des Krankheitsbilds ADHS, welche in einem
ersten Schritt die Befunde zu den Kinder- und Jugendlichen darstellt, um dann in
einem zweiten Schritt die wissenschaftlichen Ergebnisse der Erwachsenen mit ADHS
darzustellen.
2.1 Symptomatologie
Als Grundpfeiler, welche die Kernsymptomatik der ADHS beschreiben, gelten die
Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität (Hesslinger, Philipsen & Richter,
2004; Elsässer, Nyberg & Stieglitz, 2010; Lauth & Naumann, 2009). Laut Hesslinger
et al. (2004) verstärkt sich die Symptomatik oft mit dem Eintreten in die Schule. Die
neuen und gestiegenen Anforderungen, die das Durchhaltevermögen sowie die
Konzentration betreffen, bereiten den Kindern Probleme. Laut den Autoren treten die
Aufmerksamkeitsdefizite und Konzentrationsstörungen vornehmlich bei fehlender
Stimulation und Motivation auf. Ferner lassen sich die Kinder und Jugendlichen leicht
ablenken, wirken verträumt und zeigen sowohl bei Hausaufgaben als auch beim
freien Spiel ein geringes Durchhaltevermögen (Lauth & Naumann, 2009). Zusätzlich
fällt eine Nervosität und Zappeligkeit auf sowie häufigere Wutanfälle, die sich vor
allem im Streit mit anderen Kindern zeigen. Kinder mit ADHS können ihre Gefühle
meistens weniger gut kontrollieren und neigen daher zu starken
Stimmungsschwankungen und Gefühlsausbrüchen (Hesslinger et al., 2004). Zudem
lässt sich ihr Handeln als übermäßig impulsiv beschreiben, dabei wirkt es häufig
unüberlegt. Das zeigt sich in Form von häufigeren Unfällen, Schlägereien und
riskanten Spielen. Auf der einen Seite sind die betroffenen Kinder- und Jugendlichen
oft ungehorsam, rebellisch und zeigen ein aufsässigeres Verhalten als Kinder, die die
Störung nicht aufweisen (Campbell, 2002). Auf der anderen Seite sind sie oft
ängstlich, besorgt und neigen zu depressiven und unglücklichen Gefühlszuständen.
Hinzu kommen ein geringes Selbstwertgefühl und Schuldgefühle (Hesslinger et al.,
2004). Die immer wiederkehrenden Probleme mit anderen Kindern sind als Folge der
geschilderten Symptome zu sehen, da es den Betroffenen schwer fällt, beständige
Freundschaften mit gegenseitiger Rücksichtnahme aufzubauen (Hesslinger et al.,
2004). Obendrein kommt es zu Autoritätsproblemen, welche insbesondere im
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schulischen Kontext zum Tragen kommen. Dabei unterbrechen die Betroffenen
häufig das Gespräch (Lauth & Naumann, 2009). Ihre Schulleistungen sind
wechselhaft und stark abhängig von motivationalen Einflüssen (Hesslinger et al.,
2004). Das führt dazu, dass diese Kinder häufig nicht ihr volles Potential entfalten
können. Die schulischen Probleme erscheinen oftmals in den Fächern Mathematik
als auch Rechtschreibung (Frazier, Demaree & Youngstrom, 2004). Letztlich kommt
es überall dort zu großen Problemen, wo klare Strukturen in der Vorgehensweise der
Arbeit gefordert sind (Hesslinger, Philipsen & Richter, 2004). Folgende Tabelle 1
fasst einzelne Symptome der Kinder und Jugendlichen noch einmal zusammen.
Tabelle. 1: Symptome der ADHS im Kinder- und Jugendalter (nach Hesslinger et
al., 2004)
Kernsymptome
Verhaltensschwierigkeiten
Unaufmerksamkeit
Impulsivität
Hyperaktivität
o Aufmerksamkeitsdefizite, Konzentrationsstörungen bei fehlender
Stimulation und Motivation, Ablenkbarkeit, Verträumtheit, geringes
Durchhaltevermögen (z.B. bei Hausaufgaben, Spielen)
o Wutanfälle (z.B. Streit mit anderen), Gefühlsausbrüche, starke
Stimmungsschwankungen, Handeln ohne nach zu denken, Verlust der
Selbstkontrolle, Neigung zu unvernünftigen Handlungen (z.B. Unfälle,
riskante Spiele, Schlägereien) Probleme mit anderen Kindern, keine
beständigen Freundschaften, Probleme mit Autoritäten, wechselhafte
Schulleistungen, stark abhängig von motivationalen Einflüssen, ,,hinter
den Möglichkeiten zurückbleibend", häufig Probleme mit Mathematik
und/oder Rechtschreibung
o Nervosität, Zappeligkeit, Einerseits oft ungehorsames, rebellisches
aufsässiges Verhalten; andererseits oft ängstlich, besorgt, depressiv und
unglücklich mit geringem Selbstwertgefühl und Schuldgefühlen
Im Erwachsenenalter wird die ADHS laut Krause und Krause (2009) selten als
Erstdiagnose gestellt. In den meisten Fällen wird der Patient wegen depressiver
Verstimmung, Angstproblematik oder Sorgen bei einem Hausarzt, Psychiater oder
Psychologen vorstellig. Ausgenommen davon sind Patienten, die betroffene Kinder in
der Familie haben und so über ausreichend Kenntnis zur Symptomatik verfügen.
Jedoch stellt sich die Symptomatik der ADHS im Erwachsenenalter nicht gleich zur
Symptomatik im Kindes- und Jugendalter dar, sondern es kann allgemein von einer
Modifikation der Symptome im Kinder- und Jugendalter ausgegangen werden.
Demnach stehen vielmehr die Alltagseinschränkungen im Vordergrund (Krause und
Krause, 2009; Sobanski & Alm, 2004). Die Verhaltensschwierigkeiten sind durch
Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität gekennzeichnet (Lauth & Minsel,
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2009; Krause & Krause, 2009). Barkley, Murphy und Fischer (2008) untersuchten die
Häufigkeit von Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit im Erwachsenenalter. Dabei
waren von 146 Erwachsenen 47 Prozent vorherrschend unaufmerksam, während 42
Prozent Unaufmerksam und Hyperaktiv waren. Zweitgenannte gelten somit als
Mischtypus der ADHS. Weitere sieben Prozent zeigten vorherrschend hyperaktives
Verhalten und fünf Prozent wurden der Restsymptomatik zugeordnet. Somit stehen
im Erwachsenenalter der unaufmerksame Typus und der Mischtypus im Vordergrund
(Lauth & Minsel, 2009).
Die Unaufmerksamkeit äußert sich in mangelnder Konzentrationsfähigkeit als
auch geringer Ausdauer bei Aufgaben sowie erhöhter Ablenkbarkeit während der
Ausführung von Arbeiten oder in Gesprächen. Das führt dazu, dass bei den
Betroffenen häufig Flüchtigkeitsfehler auftreten und wichtige Details übersehen
werden (Lauth & Minsel, 2009; Hesslinger, Philipsen & Richter, 2004). Die
Aufmerksamkeitsdefizite treten zumeist auch bei den Erwachsenen mit ADHS im
Zusammenhang mit fehlender Motivation und Stimulation auf. Die Personen haben
,,1000 Sachen im Kopf" (Hesslinger et al., 2004, S. 15) und leiden unter hoher
Vergesslichkeit. Des Weiteren steht bei den Patienten eine desorganisierte
Lebensführung, Seite an Seite mit starken Stimmungsschwankungen, im
Vordergrund. Die Stimmungsschwankungen werden aufgrund fehlender
Kontrollmöglichkeiten der Impulsivität zumeist ausgelebt (Lauth & Minsel, 2009).
Darüber hinaus zeigt sich der Aspekt der Impulsivität bei den Betroffenen in Form
von vorschnellen Entscheidungen und wenig reflektiertem Vorgehen.
Entscheidungen werden beständig ,,aus dem Bauch heraus" getroffen, was zu
sozialen und beruflichen Schwierigkeiten führt (Lauth und Minsel, 2009, S. 14;
Hesslinger et al., 2004, S. 14). Die Betroffenen vergessen dadurch wichtige Termine,
halten Absprachen nicht ein und reagieren übermäßig auf Kritik (Hesslinger et al.,
2004). Das impulsive, sprunghafte und risikoreiche Verhalten der Betroffenen führt
zu häufigeren Unfällen im Straßenverkehr (Barkley, Murphy & Fischer, 2008). Bereits
wie im Kindes- und Jugendalter beschrieben, leiden auch die Erwachsenen unter
den Folgen von häufigen Konflikten. Das zeigt sich immer dann, wenn Routine und
Disziplin nötig sind, aber auch beim Einordnen in gesellschaftliche Hierarchien. In
Folge kommt es häufiger zu Beziehungsabbrüchen und höheren Scheidungsraten
als auch zu Abbrüchen in Ausbildung und oder Studium sowie einer höheren
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Wahrscheinlichkeit von Arbeitslosigkeit (Barkley, Fischer, Edelbrock & Smallish,
1990).
Erwachsene mit ADHS wippen häufig mit den Füßen und Trommeln mit den
Findern, was ihrer inneren Unruhe zum Ausdruck bringt (Hesslinger et al., 2004;
Krause & Krause, 2009). Die fehlende Regulation ihrer inneren Unruhe führt zu
Spannungen im Berufs- und Ausbildungsalltag (Barkley et al., 2008, Lauth & Minsel,
2009). Dadurch wird das Sitzen in Konferenzen zur Qual, das andauernde Zuhören
fast unmöglich und dem Einhalten von Routine folgt Unwillen und Gereiztheit (Lauth
& Minsel, 2009). Außerdem fallen sie anderen ins Wort, lassen den
Gesprächspartner kaum zu Wort kommen und neigen in kurzen Gesprächen zum
Hyperfokussieren (Krause & Krause, 2009). Die Betroffenen wirken oft wie
,,getrieben" (Krause & Krause, 2009, S. 49) und verbreiten vielfach Unruhe in der
näheren Umgebung. Dies äußert sich in hektischem Rennen von Tätigkeit zu
Tätigkeit, ohne dabei übermäßig produktiv zu sein (Krause & Krause, 2009).
Folgende Tabelle 2 stellt die Kernsymptome den Verhaltenscharakteristika
gegenüber.
Tabelle 2:
Kernsymptome der ADHS bei Erwachsenen und die entsprechenden
Verhaltensschwierigkeiten
Kernsymptome
Verhaltensschwierigkeiten
Unaufmerksamkeit
Impulsivität
Hyperaktivität
o Mangelnde
Konzentrationsfähigkeit,
geringe
Ausdauer
bei
Aufgaben, große Ablenkbarkeit, Flüchtigkeitsfehler, das
Übersehen von Details, Dinge anfangen, aber nicht beenden,
fehlende Motivation bei Routineaufgaben, ,,1000 Sachen im Kopf
haben", Vergesslichkeit
o Vorschnelle und wenig reflektierte Entscheidungen, ,,aus dem
Bauch heraus", wichtige Termine vergessen, häufiger Unfälle,
häufiger Arbeitsplatzwechsel und Beziehungsabbruch, mehr
Konflikte
o Innere Unruhe, Wippen mit Füßen und Fingern, Trommeln mit
Fingern, Sitzen in Konferenzen wird zur Qual, Einhalten von
Routine folgt Gereiztheit und Unruhe, anderen vermehrt ins Wort
fallen, andere nicht zu Wort kommen lassen, Hyperfokussieren
im unwichtigen Gesprächen, wirken wie ,,getrieben"
Nicht unerwähnt bleiben jedoch die Ressourcen der Erwachsene mit ADHS, welche
als Ausgleich zu den genannten Schwächen zu sehen ist (Hesslinger et al., 2004;
Lauth & Minsel, 2009). Dabei fällt eine erhöhte Neugier als auch eine höhere
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Risikobereitschaft auf. Die Betroffenen berichten vermehrt von außergewöhnlich viel
Energie, Kreativität und Phantasie. Eine rasche Auffassungsgabe und eine hohe
Flexibilität als auch die Fähigkeit andere Menschen zu strukturieren, runden die
Ressourcen ab (Hesslinger et al., 2004).
2.2 Epidemiologie
und
Ätiologie
ADHS gehört zu den häufigsten Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters
(Vorstand Bundesärztekammer, 2005; Wilens et al., 2002; Sobanski & Alm, 2004).
Erhebungen im Rahmen des Robert-Koch-Instituts Berlin ergaben eine mittlere
Prävalenzrate von 3,9 Prozent für Kinder und Jugendliche bis zu einem Alter von 17
Jahren. Eine bevölkerungsbasierte Stichprobe, die nach DSM-IV Kriterien mittels
strukturierter und semistrukturierter Interviews erhoben wurde, ergab eine Prävalenz
von zwei bis sieben Prozent, während bei der Erhebung durch die ICD-10 Kriterien
eine Prävalenzrate von ein bis zwei Prozent notiert wurde (Vorstand der
Bundesärztekammer, 2005). Dazu zeigte eine Studie in Nordbaden an 2238 Kindern
mit ADHS, dass die höchste Prävalenz für ADHS im Alter von sieben bis zwölf
Jahren lag. Die Jungen waren mit 7,2 Prozent von ADHS betroffen und die Mädchen
mit 2,7 Prozent (Krause & Krause, 2009).
Die ADHS bei Erwachsenen kann mit einer Prävalenz von zwei bis drei
Prozent als ernstzunehmende Erkrankung bezeichnet werden (Vorstand der
Bundesärztekammer, 2005). Die Untersuchung von Murphy und Barkley (1998)
ergab eine Prävalenz von 4,7 Prozent, während eine weitere Studie eine Prävalenz
von 4,0 Prozent ergab (Heiligenstein, Conyers & Berns, 1998). Andere Autoren
beschreiben eine Persistenz der ADHS im Erwachsenenalter von 66 Prozent
(Barkley, Fischer, Smallish & Fletcher, 2002a) sowie 56 Prozent (Rasmussen &
Gilberg, 2000). Neuere Erhebungen ergeben eine Prävalenz von fünf Prozent
(Kessler et al., 2006). In den USA ergab eine epidemiologische Studie mit 3199
Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 44 Jahren, welche mit Hilfe von
semistrukturierten Interviews durchgeführt wurde, eine Prävalenz von 4,4 Prozent.
Die Telefonprobanden wurden anhand DSM-IV Kriterien auf Symptome der ADHS
befragt (Kessler et al., 2006). Der Anteil der Frauen lag bei 3,2 Prozent, während der
Anteil der Männer 5,4 Prozent betrug. Es wurde keine Abnahme der Prävalenz mit
steigendem Alter festgestellt. Die Prävalenz in der Altersgruppe 18 bis 24 Jahre
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betrug 4,5 Prozent, in der Altersgruppe von 25 bis 34 lag sie bei 3,8 Prozent,
während in der Gruppe der 35 bis 44-jährigen eine Prävalenz von 4,6 Prozent
verzeichnet wurde.
Bei der ADHS liegt eine ausgeprägte Dominanz des männlichen Geschlechts vor
(Wilens, Biedermann & Spencer, 2002; Fayyad et al., 2007). Die Jungen sind mit
einem Verhältnis von 8:1 häufiger von der Störung betroffen als die Mädchen. Im
Verlauf der Kindheit verringert sich dieses Ungleichgewicht, sodass es in der Jugend
zu einer Relation von 5:1 kommt. Im Erwachsenenalter ändert sich das Bild
grundlegend. Die Männer sind nur noch um ein zweifaches häufiger von der
Symptomatik betroffen als die Frauen (Wilens et al., 2002; Fayyad et al., 2007).
Zurückführen lässt sich dieses starke Ungleichgewicht auf die fehlende Hyperaktivität
und Impulsivität der Mädchen im Kindesalter. Daher zeigt sich die Störung oft erst im
Zusammenhang mit den gestiegenen Anforderungen in Studium, Beruf oder bei der
Versorgung einer Familie (Krause, Gastpar & Davids, 2005). Klinische Stichproben
begründen die ausgeprägte Dominanz des männlichen Geschlechts mit der
komorbiden Aggressivität, da die gezeigte Aggressivität der Jungen eher zu einer
Untersuchung auf eine bestehende ADHS und entsprechender Behandlung führt
(Steinhausen, 2010). Experimente an Ratten zeigten, dass die Dopaminrezeptor-
Dichte zwischen den Geschlechtern sehr unterschiedlich ist (Andersen & Teicher,
2000). Während die männlichen Tiere zu Beginn der Pubertät, im Vergleich zu den
weiblichen Ratten, einen vierfach höheren Anstieg der Dopamin-D2-Rezeptordichte
zeigten, konnten die Autoren eine Angleichung der Rezeptordichte herausstellen. Es
sind laut Krause und Krause (2009) keine Studien bekannt, welche dieses
Phänomen an Menschen betrachtet haben.
Die Ätiologie der ADHS bezieht sich größtenteils auf Untersuchungen im Kinder- und
Jugendalter. Es wird davon ausgegangen, dass sich die ADHS bereits im Kindesalter
manifestiert und sich die Ursachen sowohl neuroanatomisch und neurochemisch
erklären lassen, als auch auf genetische und neuropsychologische Faktoren
zurückführen sind (Krause & Krause, 2009; Lauth & Minsel, 2009; Steinhausen,
Rothenberger & Döpfner, 2010). Das nicht-invasive Verfahren der
Magnetresonanztomografie ermöglicht die strukturellen Unterschiede bei den
Kindern mit ADHS im Vergleich zu nicht Betroffenen darzustellen. Es wird ein
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vermindertes Volumen im Bereich des Globus pallidus beschrieben (Aylward et al
1996; Castellanos et al., 1996). Die größten Effekte liegen laut Konrad (2010) in den
Bereichen des präfrontalen Cortex, des Corpus Callosum, der Basalganglien und
einzelner Kleinhirnareale. Der präfrontale Cortex ist aktiv bei der Steuerung, Planung
und Repression von Verhalten und daher von wesentlicher Bedeutung bei der
Symptomatik von ADHS (Hesslinger, Philipsen & Richter, 2004). Kritisiert werden
muss jedoch laut Konrad, dass die Frage offen bleibt, inwieweit die morphologischen
Volumenveränderungen krankheits- oder behandlungsbedingt sind. Castellanos et al.
(2002) zeigten in einer systematischen Studie, in der sie Entwicklungs- und
Medikationseffekte kontrollierten, dass die nicht-medizierten Kinder mit ADHS ein
kleineres Gesamtvolumen der weißen Substanz und des Kleinhirns aufwiesen. Das
Kleinhirn ist am prozessoralen Lernen beteiligt und kontrolliert die Motorik
(Hesslinger et al., 2004). Hesslinger et al. (2004) schlussfolgern einen
unterschiedlichen Aufbau der groben Gehirnstruktur der durchschnittlichen Personen
mit ADHS im Kontrast zu Personen ohne ADHS.
Nach Lauth und Raven (2009) gibt es klare Belege für die Defizite im
dopaminergen und noradrenergen Transmittersystem bei Personen mit ADHS.
Experimente haben gezeigt, dass die Manipulation von Dopamin und Noradrenalin
verschiedene psychische Vorgänge beim Menschen verändert. Dies sind Abläufe,
welche die Aufmerksamkeit, Konzentration, Ausdauer, Motivation, Motorik,
Emotionalität, Suchtverhalten und Motorik betreffen. Das spricht dafür, dass die
Transmitter Dopamin und Noradrenalin bei Personen mit ADHS nicht so arbeiten
oder zur Verfügung stehen, dass die erwarteten psychischen Funktionen umgesetzt
werden können (Hesslinger, Philipsen & Richter, 2004). Auch Krause und Krause
(2009) postulieren bei der ADHS eine Störung des Dopaminsystems im Striatum,
welche sich durch die Gabe von Stimulanzien korrigieren lässt. Weitere
Erläuterungen zu der Wirkung von Stimulanzien erfolgt im Verlauf der Arbeit, wenn
die Beschreibung der pharmakologischen Intervention erfolgt.
Krause und Krause (2009) führen die Gründe der ADHS größtenteils auf eine
genetische Störung zurück. Bisher lassen sich nicht alle für das Krankheitsbild
wesentlichen Gene identifiziert, jedoch gehen Krause und Krause (2007) von
mehreren beteiligten Genen aus. Durch die Isolation aller beteiligten Gene, lasse
sich ein pathophysiologisches Bild der ADHS bestimmen (Krause & Krause, 2009).
Daraus könnte eine spezifische medikamentöse Behandlung erfolgen. Zahlreiche
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Zwillingsstudien belegen eine ,, (...) höhere Konkordanzrate für ADHS bei eineiigen
Zwillingen, im Vergleich zu zweieiigen Zwillingspaaren (...)" (Krause & Krause, 2009,
S. 34). Einzelne Autoren gehen von einer Erblichkeit von 0,6 bis 0,8 Prozent aus
(Schmidt et al., 2003). Adoptionsstudien heben eine erbliche Belastung hervor, da in
Studien die biologischen Eltern deutlich häufiger von ADHS betroffen waren als die
Adoptiveltern. Auch zeigte sich eine höhere Übereinstimmung der Ausprägung
ADHS bei getrennt lebenden, biologischen Geschwistern im Vergleich zu
Halbgeschwistern (Cantwell, 1975; Morrison & Stewart, 1973; Sprich, Biederman,
Crawford & Faraone, 2000). Laut Banaschewski (2010) ist die Bedeutung von
Zwillingsstudien insofern hoch, als dass es möglich ist, den Einfluss von
gemeinsamen Umwelteinflüssen abzuschätzen. Hierbei kann nicht nur das
unterschiedliche Verhalten der Eltern zum Kind ermittelt werden, sondern auch alle
sozialen Umweltfaktoren (Banaschewski, 2010). Der Vorstand der
Bundesärztekammer (2005) weist bei Kindern mit ADHS auf die höhere Rate an prä-,
peri- und postnatalen Komplikationen hin. Auch die Gefährdung durch
Umweltfaktoren wie Nikotin- und Alkoholkonsum der Mutter und chronischer Stress
sowie Schwierigkeiten bei der nachgeburtlichen Versorgung, sind im Zusammenhang
mit der ADHS zu sehen. Daher darf laut Krause und Krause (2009) die
,,Genexpression" (2009, S. 44) nicht vernachlässigt werden. Dazu zeigten Studien die
Wirkung von Nikotin im Gehirn. Möglicherweise kann die Nikotinaufnahme der Mutter
während der Schwangerschaft zu einer Modulierung der entsprechenden Gen-
Transkripte, nikotinerge Acetylcholin-Rezeptor-Proteine und Hirnzellen führen (Lim &
Kim, 2001). In dem Zusammenhang postulieren Castellanos und Tannock (2002) die
erhöhte Vulnerabilität bei spezifischen Genotypen, welche eher auf schädliche
Umwelteinflüsse reagieren.
Neuropsychologische Konzepte gehen davon aus, dass der ADHS eine
Störung exekutiver Funktionen zugrunde liegt (Barkley, 1997; Barkley, 2000). Barkley
(1997a) unterscheidet bei Erwachsenen als auch Kinder mit ADHS vier
Funktionsbereiche. Zum einen das a) nonverbale Arbeitsgedächtnis und die b)
Fähigkeit zur Selbstregulation als auch die c) Selbstregulation von Stimmung und die
Aktivierung und Motivation sowie die d) Fähigkeit zur Rekonstitution. Zur Ausführung
der exekutiven Funktionen werden Teilfunktionen unterschieden, welche zur
Ausführung. Dabei handelt es sich bei der selektiven Aufmerksamkeit um die
Fähigkeit, relevante Reize von unwesentlichen Reizen zu trennen. Das Fehlen dieser
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Fähigkeit äußert sich bei den betroffenen Personen mit ADHS in einer erhöhten
Ablenkbarkeit. Bei der geteilten Aufmerksamkeit besteht die Anforderung darin,
verschiedene kognitive Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen, während es bei der
Daueraufmerksamkeit darauf ankommt, auch unter monotonen Reizbedingungen
aufmerksam zu sein. Fehlt diese Funktion, kann es zu Flüchtigkeitsfehlern kommen.
Ebenso besteht in Alltagssituationen häufig die Notwendigkeit zur Impulskontrolle,
welche den betroffenen Personen schwer fällt. Das visuelle und verbale
Arbeitsgedächtnis dient der Verarbeitung und Bereithaltung von visuellen und
verbalen Informationen solange, bis eine motorische oder mentale Reaktion erfolgt
(Sobanski & Alm, 2004). Während die medizinisch-psychiatrisch orientierten
Theorien die biologischen Ursachen bei der ADHS betonen, unterstreichen soziale
Theorien den Stellenwert der Lebenserfahrungen und den familiären Hintergrund als
auch die aktuellen und vergangenen Schul- und Arbeitsbedingungen (Lauth &
Raven, 2009).
Daher erscheint nach Lauth und Raven (2009) ein multifaktorielles
Bedingungsmodell (vgl. Abbildung 1) geeignet, um die Faktoren der biologischen
Vulnerabilität, den Einfluss der sozialen Umwelt sowie die psychischen Folgen beim
Erwachsenen mit ADHS darzustellen und zusammenzuführen. Die biologische
Vulnerabilität entsteht aus einem Mangel an Aktivierungssteuerung, welcher zum
einen aus einer Unteraktivierung und zum anderen aus einem Mangel an
zentralnervöser Übertragung besteht. Des Weiteren stehen Mängel bei der
zentralnervösen Hemmungskontrolle im Vordergrund sowie verhaltensgenetische
Reaktionsstile. Die unzureichende Informationsverarbeitung beruht auf
Neurotransmitterproblemen. Der Mangel an positiver Anleitung und unzureichende
positive Verstärkung sowie fortgesetzte ungünstige Attributionen, sind als
problematische Variablen und Erfahrungen in der sozialen Umwelt der Patienten zu
finden. Die psychischen Folgen beim Erwachsenen mit ADHS sind neben
Performanz- und Kompetenzdefiziten auch mangelnde exekutive Funktionen und
unzureichende Kontrollsysteme. Die Betroffenen besitzen Fähigkeiten der
Performanz, sie setzten diese jedoch selten ein. Gründe hierfür sind oft
motivationale, da die Handlungen anstrengend sind als auch Einsatz erfordern und
zudem das Risiko des Versagens beinhalten (Lauth & Raven, 2009). Zum anderen
mangelt es den Betroffenen an vorausschauender Planung. Dabei wird eine Situation
nur unzureichend durchdacht und die Folgen können schwer abgesehen werden.
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Dies ist auf die mangelnde exekutive Kontrolle zurückzuführen (Barkley, Murphy &
Fischer, 2008). Im Alltag werden die Defizite insbesondere in den exekutiven
Funktionen deutlich, welche bei der Planung und Organisation von Verhalten sowie
der Steuerung der eigenen Emotionen wesentlich sind. In Folge der psychischen
Folgen beim Individuum kommt es zu ADHS-typischem Verhalten. Dazu gehören das
Aufschieben von Tätigkeiten, als auch Unkonzentriertheit sowie erhöhte
Ablenkbarkeit und innere Unruhe. Zudem beschreiben die Patienten ein flüchtiges
Risikoverhalten und starke Beeinträchtigungen im Alltagsleben (Lauth & Raven,
2009). Die folgende Abbildung 1 stellt das Bedingungsmodell der ADHS bei
Erwachsenen grafisch dar.
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Abbildung 1: Bedingungsmodell ADHS bei Erwachsenen (aus Lauth & Raven, 2009)
Biologische Vulnerabilität
o Mangelnde Aktivierungssteuerung
(Unteraktivierung, Mängel bei der
zentralnervösen Reizübertragung)
o Mängel bei zentralnervösen
Hemmungskontrolle
o Verhaltensgenetische Reaktionsstile
o Unzureichende
Informationsverarbeitung,
Neurotransmitterprobleme
Soziale Umwelt
o Mangelnde Anleitung im Positiven
o Unzureichende positive
Verstärkung (u.a. negative
Verstärkerbilanz, kritische soziale
Rückmeldung)
o Fortgesetzte ungünstige
Zuschreibungen (Attribuierungen)
Psychische Folgen beim Individuum
o Performanzdefizite (unzureichende
Ausführungsbereitschaft)
o Kompetenzdefizit
o Unzureichendes Effort Control
System
o Mangelnde exekutive Funktionen
o ,,Self Worrying" und idealisierte
Selbstwahrnehmung
ADHS-typisches Verhalten
o Aufschieben
o Unkonzentriertheit
o Ablenkbarkeit
o Innere Unruhe
o Flüchtiges, risikoreiches Verhalten
o Beeinträchtigungen im
Alltagsverhalten
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2.3 Verlauf
der
ADHS
Der Verlauf von ADHS Betroffenen zeigt, dass in allen Entwicklungsstufen
Besonderheiten auftreten. Im Säuglings- und Kleinkindalter sind es oft Schlaf- und
Essprobleme, während im Kindergarten die motorische Unruhe und eine geringere
Spielintensität sowie Spielausdauer auffallen (Wittchen & Hoyer, 2006).
Üblicherweise nehmen die Impulsivität als auch Hyperaktivität im Lebenslauf eher ab
(Vorstand der Bundesärztekammer, 2005). Ist dies nicht der Fall, führt insbesondere
eine starke Ausprägung der Hyperaktivität und Impulsivität zu einem ungünstigen
Verlauf der ADHS (Kessler et al., 2006; Barkley, Fischer, Edelbrock & Smallish,
1990). Bestehen in der Kindheit viele ADHS-Symptome, ist die Persistenz in das
Erwachsenenalter begünstigt. Ebenso führt die Existenz von Komorbidität zu einer
höheren Persistenz der ADHS (Kessler et al., 2006; Vorstand der
Bundesärztekammer, 2005). Im Verlauf der Lebensspanne setzt sich die ADHS bei
etwa 40 bis 60 Prozent der Betroffenen bis ins Erwachsenenalter fort (Vorstand der
Bundesärztekammer, 2005). Die genannten Verläufe sind nicht für alle Kinder mit
ADHS bindend. Weiss, Trockenberg und Hechtmann (1986) weisen auf den
individuellen Verlauf der ADHS hin und unterscheiden zwischen drei Faktoren,
welche den Verlauf der ADHS beeinflussen können. Dabei sind (
a) kindbezogene
Faktoren zu nennen, welche sich auf das Einschulungsalter und die motorische
Entwicklung sowie das Vorkommen von Komorbiditäten und sozialen
Verhaltensstörungen beziehen können. Die (b) psychosoziale Situation des Kindes
wird als ein wesentlicher Faktor bei der Entstehung der ADHS fokussiert. Das kann
die interfamiliäre Kommunikations- und Konfliktfähigkeit beinhalten als auch den
sozialen Status der Familie. Des Weiteren nennen die Autoren den Einfluss der
gewählten (c) therapeutischer Intervention.
Der Langzeitverlauf der ADHS wurde in klinischen Langzeitstudien untersucht.
In der Montreal-Studie (Weiss, Hechtman & Miltroy, 1985) wurde die
Beeinträchtigung durch ADHS-Symptome im Erwachsenenalter untersucht. Dabei
zeigte sich, dass 34 Prozent der ursprünglichen Gruppe über eine mittlere bis
schwere Beeinträchtigung in den Kernsymptomen Hyperaktivität, Impulsivität und
Unaufmerksamkeit klagten. Eine schwedische Studie zeigte an 50 Prozent der
Untersuchten eine Persistenz der ADHS-Symptomatik (Rasmussen & Gilberg, 2000).
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2012
- ISBN (PDF)
- 9783955495442
- ISBN (Paperback)
- 9783955490447
- Dateigröße
- 335 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität zu Köln
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 1
- Schlagworte
- Intervention Metaanalyse Aufmerksamkeitsdefizit Hyperaktivitätsstörung sozial-behaviorale Strategie