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Basel III - Die Auswirkungen der neuen Eigenkapital-Definition für Banken

©2012 Bachelorarbeit 64 Seiten

Zusammenfassung

Ziel der vorliegenden Studie ist es, das Reformpaket von Basel III in den Auswirkungen und Konsequenzen für die Stabilität der Banken und die finanziellen Strategien der Banken, zu untersuchen. Dazu werden die Inhalte von Basel III auf die mit den Reformen angestrebte Stabilität des Bankensektors bezogen und in ihren Rahmenbedingungen untersucht. Ausgeführt werden dabei die sich für die Banken ergebenden strukturellen Veränderungen, die im Zusammenhang mit Basel III als Reaktion auf die angesichts der Finanzkrise deutlich werdenden Unzulänglichkeiten des regulatorischen Gerüsts zu verstehen sind. Dazu wird eine Abgrenzung der Inhalte von Basel III zu Basel I und Basel II vorgenommen. Das Buch verdeutlicht vor diesem Hintergrund, wie zentral die Inhalte von Basel III auf eine Verbesserung der Kapitalbasis der Banken ausgerichtet ist.
Zentraler Untersuchungsgegenstand der Studie ist, wie sich die Inhalte von Basel III auf die finanziellen Grundlagen von Banken auswirken. Zu diesem Zweck wurde ein Fokus auf Veränderungen der Kapitalbasis, eine Bilanzrestrukturierung und die Auswirkungen der Veränderungen auf das Geschäftsmodell gelegt. Aufgezeigt werden damit Maßnahmen und Regelungen zur Überwindung und künftigen Verhinderung von Problemen, wie sie in der Finanzkrise zum Ausdruck kamen. Das Buch verweist auf die sich für die Banken ergebenden strukturellen Veränderungen und Umstrukturierungen, die mit der Umsetzung der Regularien von Basel III verbunden sind.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2 Eigenkapital – Qualität

Das Eigenkapital eines Unternehmens wird ausschließlich ergebnisabhängig bedient. Außerdem besitzt es keinen vertraglich festgelegten Rückzahlungsanspruch. Im Falle bilanzieller Verluste werden diese buchungsmäßig ebenfalls dem Eigenkapital zugerechnet.[1]

Der Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer hat bereits 1994 in seiner Stellungnahme zur Behandlung von Genussrechten im Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften allgemeine Kriterien zur Qualität des Eigenkapitals festgelegt:

- Erfolgsabhängigkeit der Vergütung
- Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe
- Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung
- Nachrangigkeit der Forderungen im Insolvenz- bzw. Liquidationsfall.[2]

Diese Anforderungen können innerhalb einzelner Institute oder Verbände unterschiedlich gewichtet sein. Für das Kriterium der Längerfristigkeit gilt im Allgemeinen ein Spielraum von fünf bis sieben Jahren sowie eine Restlaufzeit von zwei Jahren.

Nachrangdarlehen müssen kumulativ alle Forderungen erfüllen, um als Eigenkapital angerechnet werden zu können. Einige Institute verlangen zusätzlich eine Teilnahme am Verlust oder aber eine Stundung der Vergütungszahlen in wirtschaftlichen Krisen. So erhöht sich die Eigenkapitalqualität noch einmal. Hybridanleihen, auf die im weiteren Verlauf der Arbeit noch eingegangen werden soll, erfüllen in der Regel alle Kriterien, so dass die als Eigenkapital angerechnet werden sollten.[3]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Eigenkapital – Qualitätskriterien,

Quelle: Zundel, 2011, S. 27

Nach der Weltwirtschaftskrise von 2009 erweiterte der Baseler Ausschuss die Kriterien der Eigenkapitalqualitäten noch einmal. Die Mindestanforderungen, denen Eigenkapital zur Sicherstellung von Verlustabsorption bei akut gefährdetem Fortbestand eines Unternehmens jetzt erfüllen muss, sind im Anhang der vorliegenden Arbeit zu finden.

2.3 Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals

Zur Stärkung des Eigenkapitals der Banken ist der Sonderfonds für Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) im Jahre 2008 begrenzt bis Dezember 2009 gegründet worden.[4]Er versucht, durch unterschiedliche Maßnahmen das Eigenkapital der Banken zu stärken - mit dem Ziel, das Vertrauen der Banken untereinander sowie das Vertrauen der Gesellschaft und der Wirtschaft in den Finanzsektor zu stärken. Außerdem erhöhte er die Risikotragfähigkeit der Finanzinstitute durch folgende Maßnahmen:[5]

1. Es wird eine Hilfestellung zur Überbrückung eines Liquiditätsengpasses der Banken in Form von Garantien geboten. Ziel ist es, den Vertrauensverlust der Banken untereinander zu minimieren und gleichzeitig den Handel der Banken miteinander zu stärken.
2. Es erfolgt eine Rekapitalisierung der Banken. Durch hohe Abschreibungen auf Wertpapiere im Portfolio ist das Eigenkapital der Banken stark reduziert worden – Geld, dass diesen jetzt als Kapital fehlt, um Kredite zu vergeben, die mit genügende Eigenkapital unterlegt sind Durch die Rekapitalisierung über den Finanzmarktstabilisierungsfond wird den Banken das Kapital wieder zur Verfügung gestellt.
3. Risikopositionen aus den Bilanzen der Banken werden an den SoFFin übertragen. Dadurch müssen die Banken diese Risikopositionen nicht mehr mit Eigenkapital unterlegen, das ihnen dann für andere Transaktionen zur Verfügung steht.

Der SoFFin kann seit Dezember 2010 keine neuen Leistungen mehr an die Kreditinstitute vergeben, kontrolliert aber die auf den bisherigen Stabilisierungsmaßnahmen beruhenden Auflagen weiter.

3 Von Basel I zu Basel II

3.1 Basel I

1974 wurde Basel I von den Zentralbankpräsidenten der G-10 Länder vereinbart. Der Baseler Ausschuss setzt sich aus Vertretern der Bankaufsichtsbehörden und Zentralbanken von 13 Ländern zusammen. Hierbei handelt es sich um Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Schweiz, Spanien, USA und dem Vereinigten Königreich. Dieser Ausschuss wurde Anfang der 70er Jahre gegründet, da eine zunehmende Globalisierung des Bankgeschäfts zu erkennen war. Dies erschwerte den nationalen Bankaufsichtsbehörden in zunehmendem Maße die Überwachung der Risikosituationen von internationalen Kreditinstituten.[6]Mit einer gemeinsamen Richtlinie und einheitlichen Risikoabgrenzungsnormen sollte den Herausforderungen der Globalisierung begegnet werden. Dazu gehört auch die Eigenkapitalvereinbarung von 1988 (Basel I).[7]Grundlage von Basel I war die Sorge des Ausschusses, dass bei unerwarteten Kreditausfällen die notwendige Eigenkapitalunterlegung der Banken aufgrund des harten Wettbewerbs zu niedrig angesetzt ist und damit diese Verluste nicht aufgefangen und ausglichen werden können. Dies würde dann nicht nur das Kreditinstitut gefährden, sondern auch die Stabilität des Finanzsystems.[8]

Ziel von Basel I war es, die Kreditvergabepraxis der Banken zu limitieren, diese mussten jetzt bezüglich ihrer eingegangenen finanziellen Risiken mindestens acht Prozent der Aktiva an Eigenkapital halten, dieses berechnete sich wie folgt:

Erforderliche Eigenkapitalunterlegung = Fordersumme x Risikogewicht x 8% Durch diese acht Prozent Eigenkapital sollten u.a. Kreditrisiken abgedeckt werden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Eigenkapitalunterlegung laut Basel I,

Quelle: Kredit und Finanzen, 2007, S. 1

Die Prozentsätze gestalteten sich wie folgt:

- 0 % für Kredite an staatliche Schuldner (OECD – Staaten)
- 20 % für Kredite an Banken mit Sitz in den OECD
- 50 % für grundpfandrechtlich gesicherte Realkredite (Hypothekenkredite)
- 100 % für Kredite an alle anderen Risikoaktiva, z.B. Unternehmensfinanzierungen.[9]

Im Rahmen des Baseler Ausschusses wurden Regelungen eingeführt, um das Risikogewicht der kleinen und mittleren Unternehmen zu reduzieren und für die Banken eine vereinfachende Methode des internen Ratings durchzusetzen. Weil dem Mittelstand eine bedeutende Rolle für die Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung in Deutschland hat, setzte sich die deutsche Politik für eine angemessene Lösung ein.[10]So können Kredite unter 1 Mio. Euro an Gewerbebetreibende, Freiberufler und kleinere Unternehmen auch ohne ein Einzelrating zusammengefasst werden (sog. Retailportfolios). Damit werden diese Kredite ebenso wie Privatkundenkredite behandelt. Für Kredite an Unternehmen mit einem Umsatz unter 50 Mio. Euro gilt eine abgestufte Erleichterung bei den anzurechnenden Risikogewichten.[11]

Folgende Tabelle veranschaulicht die Eigenkapitalunterlegung bei unterschiedlichen Schuldnern:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Eigenkapitalunterlegung bei unterschiedlichen Schuldnern,

Quelle: Kredit und Finanzen, 2007, S. 1

Es zeigte sich jedoch bald, dass Basel I den dynamischen Wirtschaftsanforderungen nicht entsprechen konnte und vier Risikoklassen die wirtschaftliche Realität falsch abbildeten. Auch spielte bei Basel I die Bonität der Schuldner keine Rolle, so dass sich die Preise am Finanzmarkt stark verzerrten.

Zusätzlich wurden in Basel I nicht sämtliche Risiken von der Kapitalunterlegung abgedeckt – wie beispielsweise die verbrieften Positionen. Auch im Bereich der Liquiditätsbereitstellung sowie des Frühwarnsystems fehlt eine entscheidende Risikoabdeckung. Somit ist die Gefahr groß, dass es unter Basel I negative Auswirkungen auf den Kreditvergabeprozess bzw. die Realwirtschaft gibt. Dies führt dazu, dass es in einer Krisensituation einfacher ist, die Aktiva zu reduzieren als das Kapital aufzustocken.

Als weiteres Negativum wird der Vergleich der internationalen Banken durch einen zu großen Ermessensspielraum der Zentralbanken für die Festlegung des Ergänzungskapitals gesehen. Insgesamt kann also festgelegt werden, dass die Risikoabdeckung unter Basel I nur sehr insuffizient funktionieren konnte.[12]

Diese Nachteile verlangten eine Erneuerung des Regelwerks, so dass Basel II entstand.

3.2 Basel II und die Regulierung des Bankensystems

Im Gegensatz zu Basel I wurde bei Basel II differenziert darauf geachtet, welches Risiko die Schuldner hinsichtlich eines Zahlungsausfalls mit sich bringen, so dass die Kreditvergaberisiken der Banken sehr viel besser eingeschätzt werden konnten.

Das Hauptziel von Basel II bestand darin, die Vergabe von Krediten mit dem Ausfallrisiko, das an den jeweiligen Kredit gekoppelt ist, zu knüpfen, und zwar über den Mechanismus der Eigenkapitalunterlegung: „Um die Eigenkapitalunterlegung von Krediten risikogerechter zu gestalten, sollte der neue Baseler Eigenkapitalakkord eine Differenzierung der Kapitalanforderungen für jeden einzelnen Kredit in unterschiedliche Risikostrategien vorsehen, ohne jedoch die gesamte Eigenkapitalvorhaltung der Geschäftsbanken zu verändern“.[13]Diese Absicht kann als zentralen Punkt des neuen Basel II Abkommens ansehen, wenngleich dieser Punkt lediglich eine der drei Säulen von Basel II beschreibt.

Mit Basel II wurde versucht, das tatsächliche Risiko, das mit einem Kredit verbunden ist, zu gewichten und die Banken am Risiko ihrer Kreditvergabe „zu beteiligen“. Ent­sprechend gehen nicht nur die Kreditrisiken in die Beurteilung der Kreditvergabe ein, sondern auch die operationellen Risiken, die mit der Kreditvergabe verbunden sind.[14]

Das Basel II Abkommen besteht aus drei Säulen:

1. Die erste Säule verpflichtet Banken zur adäquaten Be­wertung des Risikos, das mit der Vergabe eines Kredits verbunden ist und benennt dazu geeignete Verfahren.[15]
2. Die zweite Säule stärkt die Rechte nationaler Aufsichts­behörden, deren Aufgabe in der Überwachung von Banken besteht.[16]
3. Die dritte Säule soll die Marktkräfte bzw. die Marktdisziplin, d.h. den Wettbewerb unter Banken erhöhen und versucht dies durch erhöhte Anforderungen an die Transparenz des jeweiligen Geschäftsgebaren, im Wesentlichen durch bestimmte Offenlegungspflichten, zu erreichen.[17]

Im Zuge von Basel II wurde Banken die Pflicht auferlegt, das Risiko, das mit der Vergabe eines Kredits verbunden ist, zu bewerten. Gleichzeitig wurde ihnen das Recht gegeben, diese Bewertung selbst in einem so genannten internen Rating vorzunehmen. Dies wiederum erforderte es, die nationalen Aufsichtsbehörden mit dem Recht auszustatten, eben diese Form der internen Bewertung des Kreditrisikos durch die Banken, zu bewerten. Dazu mussten den Bankaufsichtsbehörden größere Kontrollrechte zugestanden werden: „Sie müssen erweiterte Einsichtsmöglichkeiten in bankinterne Unterlagen erhalten, um dadurch die Angemessenheit der jeweils verwandten Verfahren zur Messung und Steuerung von Risiken nachvollziehen zu können, anstatt ihre eigenen Untersuchungen im Wesentlichen auf Prüfberichten Dritter abzustützen“.[18]

Zu prüfen war:

1. ob die Methoden, die Banken anwenden, um das Kreditrisiko abzuschätzen geeignet sind und
2. ob die Banken, das Eigenkapital, das nach ihrer Einschätzung hinterlegt werden müsste, auch tatsächlich hinterlegen.
3. Entsprechend der Prüfung unter Punkt 2 werden nationale Bankaufsichtsbehörden mit dem Recht ausgestattet, von Banken eine Erhöhung des hinterlegten Eigenkapitals zu verlangen.[19]
4. Stehen Eigenkapitalrückstellungen und Kreditrisiken, die von einer Bank eingegangen wurden, in einem inadäquaten Ver­hältnis zueinander, dann sieht das neue Basel II Abkommen für die nationale Bankenaufsicht auf die Möglichkeit vor, eingreifend tätig zu werden, wobei das Eingreifen insbesondere darin besteht, nachdrücklich zu fordern, dass die Eigenkapitalausstattung an das Risikoprofil angepasst wird.[20]

Die erweiterten Kontrollrechte nationaler Bankaufsichtsbehörden, die das neue Basel II Abkommen vorsah und die in der II. Säule festgeschrieben sind, wurden durch eine liberalere Form der Kontrolle, die in Säule III ihren Niederschlag gefunden hat, ergänzt. Wie Alfes meint, wird anhand von Säule III deutlich, dass der „Ausschuss mit dem II. Akkord in erster Linie an das Eigeninteresse der Bankinstitute appelliert und damit zunächst auf marktwirtschaftliche Mechanismen setzt, die die Institute dazu bewegen sollen, sich durch bereitwillige Auskunftserteilung über ihre Geschäftsgebaren Vertrauen und ein seriöses Image zu verschaffen“.[21]Wenn es dem Ausschuss, wie Alfes schreibt, jedoch in erster Linie darum gegangen ist, marktwirtschaftliche Mechanismen zu stärken, dann stellt sich die Frage, warum Säule II gerade das Gegenteil von Marktmechanismen, nämlich die Hierarchie und die durch sie ausgeübte Kontrolle vorsieht, um die Einhaltung der neuen Bestimmungen zu gewährleisten. Die neuen Offenlegungspflichten beziehen sich im Wesentlichen auf die Methode der Bewertung des Kreditrisikos: „Schließlich müssen die Institute deutlich machen, in welcher Weise und nach welchen Verfahren die für die verschiedenen Einzelrisiken vorzuhaltenden Eigenkapitalbeträge errechnet wurden und auf welche Höhe sich die tatsächlich vorhandene Eigenkapitalunterlegung differenziert, aggregiert und in Relation zum Gesamtkapital der jeweiligen Bank beläuft“.[22]Letztlich waren somit der Gegenstand der Offenlegungspflicht und der Gegenstand der Kontrolle durch die Bankaufsichtsbehörden identisch. Vor diesem Hintergrund wird in diesem Kapitel das Herzstück des neuen Basel II Abkommens dargestellt, die Form und Methode der Risikogewichtung von Krediten.

Das neue Basel II Abkommen verpflichtete Banken dazu, das Risiko, das mit der Vergabe eines Kredites einhergeht, zu gewichten. Zu diesem Zweck sind zwei Methoden vorgesehen: ein internes Rating des Kreditnehmers durch die jeweilige Bank und ein externes Rating des Kreditnehmers durch ein unabhängiges Rating-Unternehmen. Während das Basel Committee zunächst das externe Rating favorisiert hat, hat sich zwischenzeitlich das interne Rating als bevorzugte Variante der Risikoschätzung herauskristallisiert: „The standard approach contemplates the use of external ratings to refine the risk weights of the 1988 Accord …, but leaves the capital charges for loans to unrated companies essentially unchanged. The internal rating based approach (IRB) allows banks to compute the capital charges for each exposure from their own estimate of the probability of default (PD) and, possibly, the loss given default (LGD).[23]Der Wandel der Präferenz des Baseler Bankenkomitees vom externen zum internen Rating hat nicht nur für Banken Vorteile, er umgeht auch die Probleme, die sich daraus ergeben hätten, dass externe Rating-Institute in manchen Unterzeichnerländern weitgehend unbekannt sind, wie zum Beispiel in Deutschland.

Nach dem neuen Basel II Abkommen steht die Vergabe eines Kredits am Ende eines Bewertungsprozesses, in dessen Verlauf sich eine Bank oder ein externes Rating-Institut umfassenden Einblick (nicht nur) in die finanziellen Verhältnisse dessen, der den Kredit nachfragt verschafft. Entsprechend umfasst die Prüfung nicht nur die Frage der Kreditfähigkeit, also die ökonomische Situation des Kreditnachfragers, sondern auch die Prüfung der Kreditwürdigkeit, d.h. die qualitative Analyse eines Unternehmens, die u.a. die Eignung und Fähigkeiten des Managements evaluiert.[24]

Am Ende der Prüfung von Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit steht die Vergabe von Risikogewichten, aus denen sich dann die Höhe des zu unterlegenden Eigenkapitals errechnet. Tabelle 2 stellt die entsprechenden Risikogewichte der Kreditprüfung zusammen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Risikogewichte der Kreditprüfung nach dem neuen Basel II Abkommen

Quelle: Vera 2002, S. 30

Wird ein Kreditnehmer mit einem Risikogewicht von 100 gerated, dann bedeutet das für die Bank, dass sie die Standardrate von 8% der Kreditsumme an Eigenkapital zu hinterlegen hat. Umso weniger Risiko mit einem Kredit verbunden ist, desto geringer ist die Höhe des Eigenkapitals, das eine Bank zu hinterlegen hat. Ein Kredit von einer Million Euro an einen Staat, der mit A+ gerated wurde bedeutet eine Eigenkapitalunterlegung von 16.000 Euro, d.h. 20% von 8% (1,6%). Wird dieselbe Kreditsumme an ein Unternehmen vergeben, das aus dem Rating-Prozess mit B+ hervorgeht, dann muss die entsprechende Bank ein Eigenkapital von 120.000 Euro hinterlegen, d.h. 150% von 8% (12%). Eine mögliche Folge dieser Risikogewichtung die Verteuerung von Krediten, die mit einem hohen Risiko für Banken verbunden sind, Während sich Kredite, die mit einem geringen Risiko verbunden sind, relativ verbilligen.

Basel II sieht eine größere Transparenz zwischen Unternehmen und Kreditinstituten vor. Die Unternehmen sind gefordert zeitnah Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (sog. hard Facts) zur Verfügung zu stellen. Diese gehen bis zu 70 % in die Beurteilung ein. Zum anderen müssen die Unternehmen auch ihre Unternehmensstrategie und die Managementqualität (sog. soft Facts) darstellen, die weniger gewichtet mit ca. 30 % in das Rating eingehen.[25]

Durch Basel II wird ein strategischer Wandlungsprozess beschleunigt: Primär geht es nicht mehr um eine Orientierung am Bilanzsummenwachstum, sondern vielmehr um ein bonitäts-, risiko- und damit ertragsorientiertes Kreditgeschäft. Die Folgen dieser Entwicklung betreffen vor allem bonitätsschwache mittelständische Unternehmen. Die Darlehensfinanzierung ist erheblich teurer und schwieriger geworden als noch vor einigen Jahren.[26]Jedoch sind auch weiterhin die Wettbewerbssituation auf dem Kreditmarkt und das Verhandlungsgeschick des Kreditnehmers von großer Bedeutung.

4 Basel III und die Stabilität des Bankensektors

4.1 Rahmenbedingungen im Überblick

4.1.1 Verstärkung der Eigenkapitalbasis

Die Finanzmarktkrise deckte auf, dass die existierende Definition der Eigenkapitalfinanzierung an einigen grundsätzlichen Fehlern leidet:

(1) Das Fehlen einer genauen Abgrenzung zwischen verschiedenen Kapitalkomponenten, (2) eine inkonsistente Definition und Anwendung von regulatorischen Anpassungen und (3) eine schwache Transparenz der regulatorischen Kapitalgrundlagen.

Unter den Basel II Richtlinien bestanden Grauzonen in Bezug auf die Klassifizierung von bestimmten Kapitalinstrumenten. Zum Beispiel wurde eine genaue Abgrenzung zwischen Kern Tier 1 und zusätzlichen Tier 1 Instrumenten gelegentlich verwischt, dies war zum Beispiel für bestimmte Arten von Vorzugsaktien der Fall.

Desweiteren gab es keine abgestimmte Liste an regulatorischen Anpassungen; ein Tatbestand, der zu einer divergenten Anwendung in der Praxis führte. Im Allgemeinen wurden regulatorische Anpassungen auf das gesamte Tier 1 Kapital oder auf eine Kombination von Tier 1 und Tier 2 Kapital angesetzt.

Letztendlich fehlte es den aktuellen Auskünften der Banken über ihre regulatorische Kapitalbasis an Qualität und Detailliertheit. Dies erschwerte es der Aufsicht und auch den Stakeholdern einer bestimmten Bank adäquat die Qualität ihrer Kapitalbasis festzusetzen oder aussagekräftige Peer-Analysen durchzuführen.

Unter den vorherigen Standards gab es zwei Arten, welche entsprechend der Kapital-Adäquanz-Regeln unter Basel I, zum Kapital gezählt wurden: Kernkapital und Ergänzungskapital. Tier 1 ist Kernkapital und bestand hauptsächlich aus Stammbeteiligungskapital (common equity) der Anteilseigner, offenen Rücklagen, meist nicht ausgeschütteten Gewinnen und einem relativ statischen Anteil an Vorzugsaktien.

Ergänzungs- oder Tier 2 Kapital bestand aus nachrangiger Schuld, laufzeit-befristeten Vorzugsaktien, Kreditausfallreserven und Goodwill.

Banken mussten die risikogewichteten Aktiva mit 2% common equity unterlegen. Die Finanzkrise legte offen, dass die Ressourcen um Kreditverluste und Abschreibungen abzufedern aus einbehaltenen Gewinnen geschöpft werden, welche ein Teil der materiellen Eigenkapitalbasis einer Bank darstellen.[27]

In der Absicht eine Verbesserung der Qualität und Menge des Kapitals herbeizuführen, einigte sich das Baseler Komitee auf detaillierte Kapitalmaße.[28]

4.1.1.1 Modifizierte Abgrenzung des Eigenkapitals

Das vom Basel Komitee am 17. Dezember 2009 veröffentliche Absprachedokument mit dem Titel „ die Stärkung der Belastbarkeit des Bankensektors“ beinhaltete folgende Ansatzpunkte bezüglich der neuen Kapitalregelungen:

1) Die Verbesserung der Qualität des Bankensektors durch neue harmonisierte Definitionen des Kern Tier 1 Kapitals, des Nicht-Kern Tier 1 Kapitals sowie des Tier 2 Kapitals.[29]

Unter dem Basel III Gerüst soll die Qualität und die Quantität des Common Equity-Elements des Tier 1 Kapital („Kern Tier 1“ oder CET1) signifikant verbessert werden. Kern Tier 1 Kapital wird im Wesentlichen nur Stammaktien, nicht ausgeschüttete Gewinne, sonstige offene Rücklagen und Stammaktien, die von konsolidierten Tochtergesellschaften der Bank ausgegeben wurden und von Dritten gehalten werden, beinhalten.

Des Weiteren werden Kapitalinstrumente, welche den verbleibenden Anteil an Tier 1 („additional going concern capital“/ zusätzliches Kernkapital), die Verlust-absorbierend auf einer going-concern Basis sein müssen, zum Kernkapital gerechnet. Es handelt sich hierbei im Prinzip um Instrumente, die die Kriterien des harten Kernkapitals erfüllen, dort aber nicht erfasst sind.

2) Die Abschaffung von innovativem Tier 1 Kapital und Tier 2 Kapital sowie die Vereinfachung von Tier 2 Kapital durch Abschaffung der aktuellen Unterscheidung zwischen höherem und niedrigem Tier 2 Kapital sowie dessen Grenzen.[30]

Das Tier 2 Kapital Element wird vereinfacht, indem die existierenden Unterkategorien, zum Beispiel upper und lower Tier 2, abgeschafft werden. Mit der Absicht, verlustabsorbierend auf einer going-concern Basis zu sein, werden diskontierbare Instrumente zu Einlegern und Kreditoren untergeordnet und müssen eine ursprüngliche Laufzeit von mindestens fünf Jahren haben.[31]

Das Ergänzungskapital im Sinne von Basel hat den Zweck, bei Nichtfortführung des Geschäftsbetriebes („Gone Concern“) Verluste aufzufangen. Die Anrechenbarkeitskriterien bestehen im Wesentlichen in der Nachrangigkeit der Instrumente, ihrer Laufzeit (Anfangslaufzeit mindestens 5 Jahre), eingeschränktem Kündigungsrecht, weder die Bank noch eine mit ihr verbundene Partei dürfen das Instrument erworben haben.[32]

3) Zur weiteren Härtung der Eigenkapitalausstattung und deren Qualität u.a. zur Vermeidung von Doppelerfassungen werden regulatorische Kapitalanpassungen durch stufenweise steigende Abzüge vom harten Tier I vorgenommen. In Anrechnung kommen hierbei z.B. vorgetragene Steuerrückerstattungen, Bedienungsrechte für Hypotheken und Anlagen in Finanzwerten.[33]

4.1.1.2 Verschärfung der Mindestanforderungen an Eigenkapital

Es kommt zu einer Erhöhung der Mindestanforderung für das harte Tier 1 Kapital von aktuell 2% auf 4%. Diese Erhöhung erfolgt sequentiell bis zum 1. Januar 2015. Die Mindestanforderung von Tier 1 Kapital wird über den gleichen Zeitraum von 4% auf 6% gesteigert. Die Einführung erfolgt stufenweise durch die von Zentralbankpräsidenten und Bankaufsichtsinstanzen verabredeten Übergangsbestimmungen bezüglich der Umsetzung der neuen Standards. Dadurch wird gewährleistet, dass der Bankensektor den verschärften Eigenkapitalstandards durch Bildung von Gewinnrücklagen und Kapitalaufnahmen bei gleichzeitiger Befriedigung der Kreditnachfrage der Wirtschaft nachkommen kann.

Die nationale Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten erfolgt ab dem 1. Januar 2013. Vor diesem Zeitpunkt müssen die neuen Eigenkapitalvorschriften durch die Mitgliedsstaaten gesetzlich festgesetzt werden. Ab dem 1. Januar 2013 gelten folgende von den Banken einzuhaltende neue Mindestkapitalanforderungen im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiva:

- 3,5% hartes Tier 1 Kapital/risikogewichtete Aktiva
- 4,5% Tier 1 Kapital/risikogewichtete Aktiva
- 8,0% Gesamtkapital/risikogewichtete Aktiva

Die Mindestanforderungen für das harte Tier 1 und das Tier 1 Kapital werden in den auf den 1. Januar 2013 folgenden zwei Jahren schrittweise erhöht. Am 1. Januar 2013 erfolgt eine Erhöhung des harten Tier 1 Kapitals von 2% auf 3,5% und des gesamten Tier Kapitals von 4% auf 4,5%. Ab 1. Januar 2014 wird den Banken eine Mindestanforderung für das harte Tier 1 Kapital von 4% und für das Kernkapital insgesamt von 5,5% auferlegt. Ab 1. Januar 2015 ergeben sich für die Banken Mindestanforderungen für das harte Tier 1 Kapital von 4,5% und für das Tier 1 Kapital von 6%. Die Mindestanforderungen für das Gesamtkapital verbleiben bei 8,0%.

Am 1. Januar 2014 werden 20% der erforderlichen Abzüge auf das harte Tier 1 Kapital durchgesetzt. Dieser Anteil wird dann am 1. Januar 2015 auf 40%, am 1. Januar 2016 auf 60%, am 1. Januar 2017 auf 80% und am 1. Januar 2018 schließlich auf 100% gesteigert. Während dem Übergangszeitraum erfährt der nicht vom harten Kernkapital abgezogene Restbetrag, die den geltenden nationalen Regelungen gemäße Behandlung.[34]

Jean Claude Trichet[35]sieht die Verschärfung der bestehenden Eigenkapitalvorschriften in ihrer verstärkenden Rolle der globalen Eigenkapitalstandards als wesentlich an und misst ihnen einen starken Anteil zur Finanzstabilität und Wachstum bei.[36]

Eine Erhöhung der Menge und der Härte des Eigenkapitals der Kreditinstitute hat einen höheren Haftungsbeitrag der Gesellschafter zur Folge. Dieser soll zu mehr Bedachtsamkeit und Stärke bei jedem einzelnen Institut führen und das System im Ganzen stabiler machen.

Nachteilig können angehobene Kapitalanforderungen zu einem Belastungszustand führen: Es kann zu Spannungen bei den risikogewichteten Aktiva kommen, welche den Nenner der Eigenkapitalquote ausmachen, wenn der Zähler der Eigenkapitalquote, das Eigenkapital, nicht in benötigtem Umfang erhöht werden kann. Diesem Vorgang des „deleveraging“ kann nur entgegengewirkt werden durch Vertrauensschutz- und Übergangsregelungen über die Zeit hinweg.[37]

[...]


[1]Vgl. Drukarczyk, 2003, S. 264.

[2]Vgl. BVK, o.J., S. 1

[3]Vgl. Zundel, 2011, S. 27.

[4]Vgl. Handelsblatt, 2008, S. 1.

[5]Vgl. FMSA, 2010-2011

[6] Vgl. Becker 2005, S. 11.

[7]Vgl. Becker 2005, S. 11.

[8]Vgl. Becker 2005, S. 12.

[9]Vgl. Kredit und Finanzen, 2007, S. 1.

[10]Vgl. Krämer 2003, S. 27.

[11]Vgl. Ehlers 2005, S. 11.

[12]Vgl. Weitz 2006, S. 6-8.

[13]Vgl. Alfes 2003, 127.

[14]Vgl. Alfes, 2003 , S. 130.

[15]Vgl. Alfes 2003, S. 190.

[16]Vgl. Heinke 2002, S. 8.

[17]Vgl. Sölke 2002, S. 94.

[18]Vgl. Alfes, 2003, S. 198.

[19]Vgl. Basel Committee on Banking Supervision, 2003, S. 145.

[20]Vgl. Sölke, 2002 , S. 91.

[21]Vgl. Alfes, 2003, S. 203.

[22]Vgl. Ebenda, S. 205.

[23]Vgl. Repullo & Suarez, 2004, S. 497.

[24]Vgl. Alfes, 2003, S. 147.

[25]Vgl. Werner 2006, S. 41.

[26]Vgl. Werner 2007, S. 21.

[27]Vgl. Congressional Research Service, Eubanks 28. Oktober 2010, S. 4.

[28]Vgl. EZB Dezember 2010, S. 125.

[29]Vgl. Slaughter & May August 2010, S. 1.

[30]Vgl. Slaughter&May August 2010, S. 1./ BIZ, Dezember 2010, S.13.

[31]Vgl. EZB Dezember 2010, S. 126.

[32]Vgl. BIZ Dezember 2010, S. 18.

[33]Vgl. EZB Dezember 2010, S. 126./ BIZ Dezember 2010, S. 21.

[34]Vgl. BIZ, Pressemitteilung , S. 2 ff.

[35]bis 2011 Präsident der Europäischen Zentralbank und Leiter der Bankenaufsichtsinstanzen

[36]Vgl. BIZ 12. September 2010, S. 1.

[37]Vgl. Zeitler 27. Januar 2011, S. 4.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2012
ISBN (PDF)
9783955495459
ISBN (Paperback)
9783955490454
Dateigröße
652 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
SRH Hochschule Riedlingen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2
Schlagworte
Bank Kapitalmarkt Eigenkapital Finanzkrise Kapitalbasis

Autor

Daniel Gaschler, B.A., wurde 1983 in Schwabmünchen geboren. Sein Studium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Banking & Finance an der SRH Fernhochschule Riedlingen schloss der Autor im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Arts erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der Finanzdienstleistungs-Branche. Seine Tätigkeit bei verschiedenen Banken motivierte ihn, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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