Erfolgsfaktoren einer Unternehmensübernahme: Eine kritische Betrachtung im wirtschaftsrechtlichen Rahmen
Zusammenfassung
In der Tat existieren Kriterien, die darauf schließen lassen können, ob eine Transaktion, insbesondere die Übernahme eines Unternehmens durch ein anderes Unternehmen, zum Erfolg oder Misserfolg führen wird. Studien und Praxis zeigen, dass jene Kriterien unweigerlich den Erfolg einer Unternehmensakquisition beeinflussen können. Jene Erfolgsfaktoren werden in die drei hier dargestellten unverzichtbaren Phasen der Transaktion mit ihren bestimmten Funktionen eingeordnet.
Nach der Klärung der zum größten Teil betriebswirtschaftlichen Aspekte werden im letzten Untersuchungsteil die rechtlichen Rahmenbedingungen einer bevorstehenden Übernahme einer Kapitalgesellschaft behandelt.
Die bedeutendsten Erfolgsfaktoren, die eine Entscheidung für eine Unternehmensübernahme begünstigen können, gilt es hier kritisch darzustellen. Diese gelten im Wesentlichen auch für Unternehmenszusammenschlüsse (Fusionen). Gleichzeitig sollen die damit verbundenen möglichen Risiken beleuchtet werden, die Studien zufolge häufig als Ursachen für das Ausbleiben des erhofften Erfolges auftreten. In diesem Zusammenhang sollen Vorschläge und Anregungen für eine erfolgreiche Akquisitionsstrategie auf dem globalen M&A-Markt abgeleitet werden.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1.2 Gang der Untersuchung
Nach einer kurzen Betrachtung der Wachstumsmöglichkeiten von Unternehmen werden die auf dem nationalen Markt allgemein bestehenden Chancen und Risiken für deutsche Unternehmen, die sich in den M&A-Markt begeben, dargestellt. Dazu werden Faktoren untersucht, die den Erfolg einer M&A-Transaktion, im Speziellen einer Unternehmensakquisition, beeinflussen. Anschließend wird auf die Phaseneinteilung der Transaktion eingegangen und deren Funktionen und Notwendigkeit verdeutlicht. In die Vorgänge werden die Erfolgsfaktoren eingeordnet.
Nach der Klärung der zum größten Teil betriebswirtschaftlichen Aspekte werden im letzten Untersuchungsteil die rechtlichen Rahmenbedingungen einer bevorstehenden Übernahme einer Kapitalgesellschaft behandelt. Diese gilt es in einem eigenständigen Gliederungspunkt zu betrachten, da sie die Voraussetzungen für eine faire Behandlung der Beteiligten schaffen soll.
1.3 Zielsetzung
Ziel der Arbeit ist es, die bedeutendsten Erfolgsfaktoren kritisch darzustellen, die eine Entscheidung für eine Unternehmensübernahme begünstigen und überprüfen können. Diese gelten im Wesentlichen auch für Unternehmenszusammenschlüsse (Fusionen). Gleichzeitig sollen die damit verbundenen möglichen Risiken beleuchtet werden, die Studien zufolge häufig als Ursachen für das Ausbleiben des erhofften Erfolges auftreten.
Um Lücken bei der Umsetzung einer M&A-Transaktion schließen zu können, ist eine ganzheitliche Betrachtung der M&A-Transaktion und eine Optimierung ihrer einzelnen Prozess- bzw. Wertschöpfungsstufen nötig.[1]
Dazu sollen Vorschläge und Anregungen für eine erfolgreiche Akquisitionsstrategie auf dem globalen M&A-Markt abgeleitet werden.
2. Terminologie
Wie auch der Begriff M&A an sich, kommen die wichtigsten Ausdrücke aus dem Englischen, die aber als Standardbegriffe international verwendet werden.
2.1 Mergers & Acquisitions
Der Begriff Mergers & Acquisitions ist ein anglo-amerikanischer Sammelbegriff für strukturelle Änderungen von Unternehmen bzw. Zusammenschlüsse in Form von Übernahmen, Fusionen, Käufen und Verkäufen.[2] Es sind dabei ganze Unternehmen oder nur Unternehmensteile betroffen. Inhaltlich beschreiben M&A Transaktionen des Eigentumsübergangs zwischen Unternehmen.[3] Eine andere inhaltliche Erklärung für M&A lautet: „M&A sind (…) Anpassungsreaktionen der Unternehmen auf die veränderten Umwelt- bzw. Wettbewerbsbedingungen.“[4]
Unter einer Akquisition ist der Erwerb, Kauf oder die Übernahme eines Unternehmens zu verstehen, während ein “Merger” für die Fusion von Unternehmen steht.
Die Abgrenzung zwischen Fusion und Akquisition erfolgt im Hinblick auf die Selbständigkeit der Partner.[5]
Bei einer Fusion schließen sich mindestens zwei rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen zusammen, während dadurch eines unter ihnen seine rechtliche Selbständigkeit verliert.[6]
Bei einer Akquisition dagegen wird i.d.R. die wirtschaftliche Selbständigkeit eingeschränkt oder ganz aufgegeben, die rechtliche Selbständigkeit kann, muss aber nicht beibehalten werden.[7]
2.2 Corporate Identity
Übersetzt bedeutet der Begriff „ganzheitliche Unternehmensidentität“. Eine Corporate Identity ist die Persönlichkeit eines Unternehmens, dessen Handlung nach einer festgelegten Unternehmensphilosophie, Zielsetzung und einem definierten Image erfolgen soll.
Sie stellt einen Führungsrahmen dar, der auf die einzelnen Mitarbeiter denk- und handlungsleitend wirken soll.[8]
In einer Zeit, in der sich alle Unternehmen schnellen und dynamischen Veränderungen stellen müssen, ist eine klar strukturierte Identität des Unternehmens wichtige Voraussetzung, um sich nachhaltig erfolgreich am Wettbewerbsmarkt zu behaupten.[9]
2.3 Corporate Culture
Eine Corporate Culture ist die Unternehmenskultur, in welcher jeder Mitarbeiter Engagement übernehmen soll, alle Mitarbeiter ein gemeinsames Ziel haben und diesem nach allen Regeln der Dienstleistungsoptimierung folgen.[10] Die Unternehmenskultur bildet sich aus betrieblichen Erfahrungen und Verhaltensmustern heraus, die verschiedene unternehmerische Situationen wiederholt zum Erfolg geführt haben.[11] Auch sie stärkt den sozialen Zusammenhalt im Unternehmen und beeinflusst somit das Unternehmensleitbild, die Corporate Identity.
2.4 Asset Deal und Share Deal
Während bei natürlichen Personen der Erwerb von Vermögensbestandteilen möglich ist, können bei juristischen Personen und handelsrechtlichen Personenvereinigungen mit Teilrechtsfähigkeit zusätzlich Beteiligungen, d.h. Rechte übertragen werden. „(…) Bei der Übertragung sämtlicher Anteile wird dann von einem Unternehmenskauf gesprochen.“[12]
Deshalb können Unternehmensakquisitionen grundsätzlich in zwei Arten erfolgen.[13]
Beim Asset Deal werden einzelne Vermögensgegenstände des Unternehmens auf den Käufer übertragen gemäß §929 S. 1 BGB. Dies stellt einen Sachkauf gemäß §433 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Auch die Übertragung eines Einzelunternehmens bzw. von Rechten an einer Personengesellschaft auf den Käufer fällt unter den Asset Deal, ist aber ein Rechtskauf im Sinne des §453 Abs. 1 BGB.
Beim Share Deal erwirbt der Käufer Anteile an einer Kapitalgesellschaft. Gemäß §453 Abs. 1 BGB liegt damit ein Rechtskauf vor. Die Übertragung erfolgt gemäß §398 S. 1 BGB durch Abtretung. Die Veräußerung ist grundsätzlich formfrei, zu beachten ist die notarielle Beurkundung bei GmbH-Geschäftsanteilen gemäß §15 Abs. 3 GmbHG.
Dagegen spricht man gemäß §433 Abs. 1 S. 1 BGB von einem Sachkauf, soweit die veräußerten Rechte in einem Wertpapier (Aktie) verkörpert sind.[14]
2.5 Shareholder Value und Stakeholder Value
Hier werden in kurzer Form zwei unternehmenspolitische Grundkonzeptionen beschrieben, die die Bewertung von Unternehmen ermöglichen und ihre künftige Entwicklung aufzeigen können.
Der Shareholder Value ist der Marktwert des Eigenkapitals, dessen Steigerung das Ziel jeder wertorientierten Unternehmensführung ist.[15] Shareholder sind die Anteilseigner des Unternehmens, etwa die Aktionäre bei Aktiengesellschaften. Der Shareholder Value dient als Bewertungskriterium für Managementstrategien und ist ein Maßstab für die unternehmerische Leistung. Dabei orientiert sich die Unternehmensführung an den Ansprüchen der Eigenkapitalgeber, den Aktionären. In die Bewertung fließen Verzinsung und Dividenden der Anteilseigner ein.[16]
Firmen, die den Shareholder Value - Ansatz verwenden und eine gute Börsenkursentwicklung aufzeigen, sind beispielsweise Siemens, Daimler-Chrysler und Coca-Cola.
Dem Stakeholder Value - Ansatz nach können bestimmte Unternehmensziele durch die Kooperation unterschiedlichster Interessensgruppen besser erreicht werden.
Stakeholder sind Individuen oder Gruppen, die die Erreichung des Unternehmenszwecks, nachhaltig den Unternehmenswert zu maximieren, beeinflussen können oder aber nur vom unternehmerischen Handeln selbst betroffen sind.[17] Dieser Ansatz konzentriert sich nicht allein auf die Interessen der Aktionäre, sondern genauso wesentlich auf die weiterer Anspruchsgruppen, die dem Unternehmen wichtige Ressourcen, wie Wissen, Arbeitsleistung, Erfahrung et. zur Verfügung stellen.[18] Zu den Stakeholdern zählen Aktionäre, Mitarbeiter, Manager, Eigen- und Fremdkapitalgeber, Kunden, Lieferanten, Gewerkschaften, der Staat oder politische Parteien.[19] Aus Sicht der Vertreter dieses Ansatzes müssen soziale gesellschaftliche Anliegen berücksichtigt werden, um ein ganzheitliches Unternehmensbild zu bekommen.
3. Strategische Optionen zu unternehmerischem Wachstum
Die Verflechtungen der Weltwirtschaft sowie die Globalisierung führen zu einer zunehmenden Internationalisierung von Unternehmen. Vor allem auf den großen
Wachstumsmärkten wie Deutschland, China oder die USA führt der Weg zur Globalisierung nicht vorbei. Dabei geht es darum, sich gegenüber Wettbewerbern langfristig einen Vorteil zu verschaffen.[20] Schließlich haben alle Unternehmen das gemeinsame Interesse, an Unternehmenswert zu gewinnen.
Die einem Unternehmen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu “wachsen” sind vielfältig.[21]
Die Auswahl der Wachstumsform hängt prinzipiell von der Ausgangslage und individuellen Entscheidungssituation des Unternehmens ab, wobei alle Merkmale der beteiligten Unternehmen sowie ihre Zielsetzungen von entscheidender Relevanz sein können.[22]
Im Folgenden werden die Varianten des unternehmerischen Wachstums dargestellt.[23]
Abb. 2: Optionen wachstumsorientierter Unternehmensstrategien
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.1 Internes Unternehmenswachstum
Durch die Aktivierung eigener Potenziale und durch die Nutzung von internen Synergien werden neue Betriebe im Inland oder Ausland gegründet. Dabei kann es sich einerseits um die Errichtung von Service- und Vertriebsniederlassungen handeln, die rechtlich unselbständige Wirtschaftseinheiten darstellen. Andererseits firmieren die Betriebe unter ihrer eigenen Rechtsform und sind damit rechtlich selbständige Tochtergesellschaften des Stammunternehmens.
3.2 Externes Unternehmenswachstum
Das externe Wachstum fußt auf dem Zugriff und der Nutzung von externen Ressourcen wie z.B. Innovationen, Technologien, Wissen und Know-How (Humankapital) anderer Unternehmen.
Wie die obige Abbildung zeigt, kann sowohl in Kooperationen als auch Konzentrationen unterschieden werden.[24]
4. Erfolgsfaktoren einer Unternehmensakquisition
Wurde im ersten Abschnitt die durch die Globalisierung bedingte Entwicklung auf dem deutschen und weltweiten M&A-Markt skizziert, sollen im folgenden Abschnitt Kriterien untersucht werden, die für die langfristig erfolgreiche Positionierung auf dem breiten Unternehmensmarkt nach einem Unternehmenserwerb verantwortlich sein können.
Denn obwohl Unternehmensvereinigungen nach Abschluss der Verträge und Integration des Zielunternehmens häufig nicht den erhofften Erfolg bringen, zeigen wiederum andere, dass ein Zusammenschließen entsprechend den eigenen Erwartungen längerfristig erfolgreich verlaufen kann.
Die nachfolgenden Abschnitte 4.1 bis 4.5 werden die als regelmäßig relevant erachteten Erfolgsfaktoren und Risiken darstellen. Hinzu werden grundsätzliche Empfehlungen für deren optimale Nutzung gegeben.
Im Rahmen dieser Arbeit wird schwerpunktmäßig aus der Sicht des übernehmenden Unternehmens (Käufer) argumentiert, verkaufsspezifische Phänomene werden dabei gesondert markiert.
4.1 Strategisches Management
Dass Akquisitionen von Unternehmen ein effizientes Management erfordern, zeigt sich vor allem daran, dass sie im Zuge der Zusammenlegung der Kernkompetenzen zu einer häufig eingesetzten strategischen Option gerade auch für mittelständische Unternehmen geworden sind. Somit nehmen sie Einfluss auf den Wettbewerb. Mithilfe des strategischen Managements muss sichergestellt werden, dass es zu einer Verbesserung der Wettbewerbsposition für die akquirierenden Unternehmen bzw. Stammunternehmen kommt und dass sie eine Werterhöhung erreichen.[25]
Nach dem Zusammenschluss oder Unternehmenserwerb sind sowohl das Management als auch Mitarbeiter Teil eines neuen Unternehmens und sehen sich daher teilweise neuen Anforderungen gegenüber.[26] Die sehr anspruchsvolle Aufgabe des Managements bei M&A-Prozessen ist es, sich mithilfe einer Akquisitionsstrategie und frühen Integrationsplanung, damit auseinanderzusetzen.
4.1.1 Die Entscheidungsfindung
Die Qualität der Entscheidungen auf der Führungsebene spielt eine wichtige Rolle, wenn es um Wertsteigerung geht. Sie beeinflusst die Entstehung der Wertbeiträge bei der Bewältigung der einzelnen Aufgaben in den drei Prozessphasen. „Die richtige Entscheidung, betreffend die Auswahl des geeigneten Zielunternehmens, einer erfolgversprechenden Organisationsstruktur und den maximalen Unternehmenswert (…) sind zentrale Erfolgsgrößen“ für jede M&A-Transaktion.[27] Die Qualität dieser Entscheidungen hängt u.a. jedoch ab[28]
- von einer effektiven Informationsbeschaffung und Problemanalyse,
- von Flexibilität bei sich verändernden (Umwelt-) Bedingungen, und nicht zuletzt
- von der ausführlichen Kommunikation zwischen den Beteiligten.
Aus der Führungsperspektive sollten Handlungen optimalerweise das kollektive Ergebnis der rationalen Sichtweisen aller Beteiligten darstellen. Das heißt jedoch, dass Mitarbeiter und insbesondere die Leistungsträger und Führungskräfte mit in Handlungsprozesse einbezogen werden müssen.[29] So würden auf diese Weise entwickelte Strategien im Unternehmen leichter akzeptiert statt sogleich abgelehnt werden und deren erfolgreiche Umsetzung begünstigt.
Die erwähnte Flexibilität während des M&A-Prozesses bedeutet die Fähigkeit der Führungsebene, die ganze Transaktion notfalls abbrechen zu können, falls negative Veränderungen - intern oder extern - auftreten.[30] Sie stellt deshalb eine wichtige (Teil-) Erfolgsgröße dar. Das heißt auch, dass Erfahrungen aus anderen vergleichbaren Projekten übertragen werden können, um einen Zeit- und Lernvorteil zu erreichen.[31] Werden diese Sichtweise und eventuelle tatsächliche Veränderungen von Beginn bis Ende der Transaktion ernst genommen, unterstützen mögliche Lerneffekte die wertsteigernden Faktoren und damit allgemein den Wertschöpfungsprozess.[32]
4.1.2 Strategische Überlegungen und Motive
Eine vorausschauende Sicht und eine Einschätzung der Motive sind notwendig, um das Zielunternehmen in Bezug zu den eigenen Bedürfnissen und Anforderungen zu setzen.[33] Das heißt, dass die strategischen Größen, die den Erfolg „ankurbeln“ sollen, mit in die Analyse der Zielunternehmen und dem ganzen vorvertraglichen Planungsprozess eingebunden werden müssen.[34]
Hinsichtlich Kosteneinsparungen, der Nutzung von technologischem Know-how oder der Erschließung neuer Marktsegmente und Absatzmärkte kann das Erzielen von Synergieeffekten als zentrales Motiv für eine M&A-Transaktion genannt werden.[35] Die Bedeutung von Synergieeffekten wird in Punkt 4.5 als wichtiger Erfolgsfaktor für M&A-Transaktionen ausgeführt, wobei auch auf eine mögliche negative Wirkung hingewiesen wird.
Im Rahmen eines Unternehmenserwerbs kann z.B. das effizientere Managementsystem oder weiter entwickelte Strukturen der Aufbau- oder Ablauforganisation eines Unternehmens vom anderen Unternehmen übernommen werden, um ein besseres Ergebnis zu erzielen.[36]
Als gefährlich für den Erfolg einer Akquisition sind rein persönliche Motive des Managements oder der Mehrheitsaktionäre des akquirierenden Unternehmens anzusehen. Handlungen, die auf Prestige- oder Machtargumenten basieren, sind ökonomisch nicht zu erfassen und deshalb für den Erfolg einer M&A-Transaktion unzureichend.[37]
Sie reichen für einen erfolgreichen Zusammenschluss oder Erwerb auf Dauer nicht aus, weil zu viele Einflussfaktoren unbedacht bleiben und ein zu schnell aufkommendes, hohes Risikopotential droht. Dieses besteht z.B. in einer falschen Einschätzung des Zielunternehmens und ist vor allem in der Beurteilung und Integrationsphase verborgen.[38]
In den meisten Fällen wird Wachstum als Hauptgrund für eine Akquisition angeführt. Die vielen Einflussfaktoren, die damit zusammenhängen werden wenig charakterisiert, da häufig angenommen wird, dass dem strategischen Wachstum die positiven Faktoren bzw. Effekte automatisch folgen. Wachstum wird weit verbreitet mit Erfolg gleichgesetzt. Wenn sich sodann aber keine Gewinne realisieren, muss sich die Führungsebene das Versäumnis zuschreiben lassen, weitere strategische Einflussgrößen nicht erkannt oder beachtet zu haben.[39] Clemente und Greenspan sehen darin erhebliche negative Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg: „If there is only one strategic reason to buy a company, then as that one reason weakens or becomes less significant over time, the acquisition will become less relevant or critical to the whole. (…) It leads to flagging profits and, ultimately, divestiture.”[40]
4.1.3 Der Aufbau einer Corporate Identity
In der Literatur gibt es nur wenig komplett übereinstimmende Ansichten, umso bedeutender ist somit die Einigkeit darüber, dass die Persönlichkeit eines Unternehmens maßgeblich dessen wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg bestimmt.[41] Denn in der wirtschaftlichen Praxis hat entscheidende Wettbewerbsvorteile der, der bekannt ist und ein positives Image genießt.
Aufgrund von Unternehmenszusammenschlüssen und -übernahmen besitzen Mitarbeiter oft nicht mehr das "Wir-Gefühl", da die Organisation im Unternehmen zu komplex und anonym geworden ist.
Für den Aufbau einer Corporate Identity sollte ein sorgfältiges Konzept zugrunde liegen. Zum einen muss das Unternehmen sein Erscheinungsbild nach außen und innen strategisch planen. Zum anderen hängt die Wirkung der Selbstdarstellung nach außen und innen untrennbar mit dem Verhalten der Unternehmensführung zusammen. Auf Basis einer festgelegten Unternehmensphilosophie, einer langfristigen Unternehmenszielsetzung und eines definierten (Soll-) Images sollen alle Handlungen des Unternehmens einheitlich die Unverwechselbarkeit bzw. Persönlichkeit des Unternehmens zum Ausdruck bringen. [42] Dies ermöglicht z.B. den Mitarbeitern, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren. [43] Bei der Entwicklung eines Corporate Identity - Konzepts muss das Unternehmen alle Bestandteile der CI; die Selbstdarstellung, das Verhalten sowie die Kommunikation des Unternehmens berücksichtigen und ständig überprüfen, um ein einheitliches Bild der Unternehmenspersönlichkeit zu gewährleisten. [44] Nur wenn die drei Elemente aufeinander abgestimmt sind, ist eine CI erfolgreich und glaubwürdig. Aus diesem Grund ist es bei einer Übernahme umso wichtiger, die Corporate Identity des übernehmenden Unternehmens zu aktualisieren und sie mit der des gekauften Unternehmens zu vereinen.
Wichtigstes Ziel der CI ist es, den Mitarbeitern, Kunden, usw. Orientierung und Sicherheit zu geben, so dass die Motivation und Arbeitszufriedenheit steigt, was sich wiederrum positiv auf die Produktivität auswirken kann. Ausserdem muss sich das Unternehmen von anderen abheben, damit ihm eine starke Wettbewerbsposition sicher ist.
4.1.4 Das „Competitive-Intelligence“ - Verfahren
Dieses Verfahren stellt ein weiteres strategisches Instrument dar, das eine Unternehmensvereinigung nachhaltig unterstützen kann, in dem es die Position auf dem Wettbewerbsmarkt stärkt. Dazu muss das Management von Unternehmen mittels Informationen über heutige und zukünftige Märkte, Wettbewerber, Kunden, Technologien und Produkte schnell die richtigen Entscheidungen treffen und zum richtigen Zeitpunkt umsetzen. Diese Informationen müssen ausgewertet werden, um im Anschluss die richtigen Entscheidungen zu treffen.[45] Man kann das Competitive-Intelligence - Verfahren als eine Informationserhebung und -analyse bezeichnen, die Managern aktuelle Situationen und zukünftige Entwicklungen des Unternehmensumfeldes vermittelt. Nach Romppel kann das Verfahren auch als eine Konkurrenzanalyse verstanden werden.[46] Mit dem daraus resultierenden Wissen können Aussagen über die erwarteten Auswirkungen für das eigene Unternehmen getroffen und darauf basierende Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.[47] Aus diesem Grund ist das Verfahren gerade für Aufgaben innerhalb der Due Diligence bei einem Unternehmenskauf von erheblichem Nutzen. Die gewonnenen Erkenntnisse unterstützen Akquisitionsentscheidungen.
4.2 Integrationsmanagement
Die problematische Aufgabe eine gemeinsame Identität zu entwickeln[48] führt dazu, dass das akquirierte Unternehmen nachhaltig in das Käuferunternehmen integriert werden muss, was eine der anspruchsvollsten Aufgaben der Unternehmensleitung darstellt. Untersuchungen belegen, dass der Integrationsprozess eine große Herausforderung ist, an der Zusammenschlüsse von Unternehmen häufig scheitern.[49] Denn das Risiko besteht, dass Synergieeffekte doch nicht erzielt werden, wenn die Unternehmen wie bisher einzeln agieren.[50] Die Folge ist dann, dass das Ziel des wertschaffenden Wachstums nicht erreicht wird. Dies fassen Whittington und Bates zusammen: „Post-acquisition integration is therefore a critical process in the realization of synergies and value creation. “[51]
Das Integrationsmanagement beschäftigt sich mit der Planung und Organisation der Integration[52] auf all ihren Ebenen, welche im nächsten Kapitel erläutert werden.
Die Integrationsprobleme bei M&A-Prozessen werden an zwei zentralen Merkmalen hinsichtlich der Unternehmensidentität und Personalführung festgemacht:[53]
- An der Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und
- dem durchgängigen Managementprozess.
Beides sind Merkmale, für die ein Projektteam, das speziell für die Integrationsarbeit beauftragt ist, in Zusammenarbeit mit dem Management Sorge zu tragen hat. Auf die Notwendigkeit der Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen wurde bereits bei der Corporate Identity hingewiesen. Die Gründe und weitere Folgen können an dieser Stelle aber noch einmal hervorgehoben werden.
Aufgrund des wachstumsbedingten Unternehmenswandels kann es dazu kommen, dass Mitarbeiter die internen Veränderungen nicht akzeptieren können oder wollen und dadurch die Motivation und Arbeitsfähigkeit abnimmt.[54] Dies wird durchgängig auf die (Arbeitsplatz-) Unsicherheit zurückgeführt: „The root cause of this negative and undesirable behaviour is uncertainty. Management must quickly recognize this (…) to migitate it via educational measures.”[55] Auch kann daraufhin von einer erhöhten Fluktuation als Konsequenz ausgegangen werden.[56] Dies ist dann umso folgenschwerer, als dass erfahrene Leistungsträger gehen.[57] Daher ist es wichtig, dass Veränderungen oder Umstrukturierungen vollzogen werden können, ohne dass die Mitarbeiter in eine Orientierungslosigkeit verfallen, weil aus ihrer Sicht ihr bisheriges verlässliches Umfeld in Frage gestellt wird. Führungskräfte sind Schlüsselpersonen, die die emotionale Lage der Mitarbeiter beeinflussen können. Werden Leistungsträger und Führungskräfte frühzeitig in den Veränderungsprozess eingebunden, können Missverständnisse oder unzureichende Informationen kompensiert werden.[58]
Umso bedeutender ist auch, dass das Management in seinen unterschiedlichen Funktionen (Planung, Organisation, Personal, Führung, Kontrolle) durchgängig sein muss, d.h. den Anforderungen in all den komplexer werdenden Funktionsbereichen gerecht zu werden, was eine lückenlose Abstimmung auf der strategischen und operativen Ebene erfordert.[59] Es muss fähig sein, die Weiterentwicklung und notwendigen Veränderungsprozesse des Unternehmens wie z.B. die Umsetzung neuer Strukturen und Strategien zu realisieren.[60] Unterstützend soll dabei die Kommunikation im Unternehmen wirken.[61] Außerdem können neue ökonomische Werte geschaffen werden. Gerade deshalb erscheint es zweckmäßig, diese beiden Faktoren innerhalb einer Integrationskonzeption im Rahmen des Integrationsmanagements genauer zu betrachten.
Auch wenn die Integration Gegenstand der dritten und abschließenden Phase einer M&A-Transaktion ist, so ist ihre Planung schon im Vorfeld, in der Konzeptionsphase, erfolgsentscheidend.[62]
Der Integrationsprozess selbst wird im nächsten Kapitel analysiert, da sich die Beschreibung in diesem Abschnitt aufgrund der Komplexität des Themas soweit es geht auf die Funktion als erfolgswirksamen Faktor beschränken soll.
[...]
[1] Vgl. Lucks/Meckl: Internationale M&A (2002), S. 18
[2] Vgl. Hild: Die Organisationskultur im Prozess der Unternehmensfusion (2006), S. 121
[3] Vgl. Kromer: Integration der Informationsverarbeitung in M&A (2001), S. 9
[4] Lucks/Meckl: Internationale M&A (2002), S. 8
[5] Vgl. Lucks/Meckl.:Internationale M&A (2002), S. 23
[6] Vgl. Lucks/Meckl: Internationale M&A (2002), S. 23
[7] Vgl. Lucks/Meckl: Internationale M&A (2002), S. 24
[8] Vgl. Rahn: Unternehmensführung (2000), S. 192
[9] Vgl. Holfelder, Christian: http://www.corporate-identity-management.de (27.10.2007), S. 2
[10] Vgl. zur Definition bei der Onvista Group: http://www.onvista-group.de/Karriere (11.10.2007)
[11] Vgl. Picot: Handbuch Mergers & Acquisitions (2002), S. 431f
[12] Jansen: M&A, Unternehmensakquisitionen und -kooperationen (2000), S. 151
[13] Vgl. Jansen: M&A, Unternehmensakquisitionen und -kooperationen (2000), S. 152
[14] Vgl. Picot: Handbuch Mergers & Acquisitions (2002), S. 125
[15] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 6
[16] Vgl. o.V.: http://www.4managers.de/themen/shareholder-value (14.10.2007)
[17] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 13
[18] Vgl. o.V.: http://www.4managers.de/themen/stakeholder (14.10.2007)
[19] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 7-8
[20] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 45
[21] Vgl. Jansen: M&A, Unternehmensakquisitionen und -kooperationen (2000), S. 17 und zur Übersicht S. 38
[22] Vgl. Waldecker: Strategische Alternativen in der Unternehmensentwicklung (1995), S. 143
[23] Vgl. dazu Jansen: M&A, Unternehmensakquisitionen und -kooperationen (2000), S. 95 - 97
[24] Vgl. Jansen: M&A, Unternehmensakquisitionen und -kooperationen (2000), S. 42f
[25] Vgl. Lucks/Meckl: Internationale Mergers & Acquisitions (2002), S. 5
[26] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 281
[27] Lucks/Meckl: Internationale Mergers & Acquisitions (2002), S. 69
[28] Vgl. Lucks/Meckl: Internationale Mergers & Acquisitions (2002), S. 69
[29] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 293
[30] Vgl. Franke/Hopp: http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2005/1658 (14.10.2007), S. 4
[31] Vgl. Lucks/Meckl: Internationale Mergers & Acquisitions (2002), S. 71
[32] Vgl. Franke/Hopp: http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2005/1658 (14.10.2007), S. 8
[33] Vgl. Clemente/Greenspan: Winning at Mergers & Acquisitions (1998), S.24
[34] Vgl. Clemente/Greenspan: Winning at Mergers & Acquisitions (1998), S.32
[35] Vgl. Strohmer: Integration nach Merger and Acquisition (2001), S. 25
[36] Vgl. Brockmeier: Elefantenhochzeiten (1999), S. 211
[37] Vgl. Lucks/Meckl: Internationale Mergers & Acquisitions (2002), S. 16
[38] Vgl. Lucks/Meckl: Internationale Mergers & Acquisitions (2002), S. 186
[39] Vgl. Clemente/Greenspan: Winning at Mergers & Acquisitions (1998), S. 32 - 34
[40] Clemente/Greenspan: Winning at Mergers & Acquisitions (1998), S.33
[41] Vgl. Heller: Handbuch der Unternehmenskommunikation (1998), S. 7
[42] Vgl. dazu Abschnitt 2.2
[43] Vgl. Schneck: Lexikon der Betriebswirtschaft (2000), S. 199
[44] Vgl. Heller: Handbuch der Unternehmenskommunikation (1998), S. 18
[45] Vgl. Deutsches Competitive Intelligence Forum: http://www.dcif.de (21.10.2007)
[46] Anm.: Romppel ist Unternehmensberater mit Fokus auf die IT- und Telekommunikationsbranche und Autor der „Competitive Intelligence - Konkurrenzanalyse als Navigationssystem im Wettbewerb” (2006)
[47] Vgl. Deutsches Competitive Intelligence Forum: http://www.dcif.de (21.10.2007)
[48] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 281
[49] Vgl. Very, Gates, in: Angwin: Mergers and Acquisitions (2007), S. 181; Triantis: Creating successful Acquisition and Joint Venture Projects (1999), S. 14
[50] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 282
[51] Whittington, Bates, in: Angwin: Mergers and Acquisitions (2007), S. 16
[52] Vgl. Jansen: M&A, Unternehmensakquisitionen und -kooperationen (2000), S. 212
[53] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 282
[54] Vgl. das sog. “Merger-Syndrom”; Lucks/Meckl: Internationale Mergers & Acquisitions (2002),
S. 140f; Picot: Handbuch Mergers & Acquisitions (2002), S. 446f
[55] Clemente/Greenspan: Winning at Mergers & Acquisitions (1998), S. 244
[56] Vgl. Picot: Handbuch Mergers & Acquisitions (2002), S. 447
[57] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 282
[58] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 292
[59] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 293
[60] Vgl. Borowicz/Mittermair: Strategisches Management von M&A (2006), S. 284
[61] Vgl. Clemente/Greenspan: Winning at Mergers & Acquisitions (1998), S. 234
[62] Als Beispiel kann hier auf die Übernahme Mannesmann-Vodafone verwiesen werden. Vodafone
veranlasste eine umfangreiche Medien- und Öffentlichkeitsarbeit.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2007
- ISBN (PDF)
- 9783955495619
- ISBN (Paperback)
- 9783955490614
- Dateigröße
- 333 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule Mainz
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 1
- Schlagworte
- Wertsteigerung Shareholder Value Unternehmenswachstum Übernahmerecht Erfolgsfaktor Wirtschaftsrecht