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Weiche Herzen in harter Zeit: Über das Verhältnis von Arbeit und Liebe in Irmgard Keuns „Gilgi – eine von uns“ und Gabriele Tergits „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“

©2011 Bachelorarbeit 42 Seiten

Zusammenfassung

Die scharfsinnigen Beobachterinnen Gabriele Tergit und Irmgard Keun verstanden es auf meisterhafte Weise, die in der Weimarer Republik propagierten Weiblichkeitsentwürfe aus Romanen, Filmen, Werbung und Illustrierten mit denen der (ihrer Wahrnehmung nach) reellen Verhältnisse in ihren Werken literarisch zum Bild einer Neuen Frau zusammenzusetzen. Ihre Protagonistinnen sind geprägt durch einen Zusammenprall von gefestigten, bisher bewährten Lebenskonzepten mit den Anforderungen der modernen Gesellschaft oder dem Widerstand ihrer konservativen männlichen Zeitgenossen. Diese Konflikte lösen in den Figuren eine innere Zerrissenheit aus, die starken Einfluss hat auf das Verhältnis von privatem und gesellschaftlichem Leben, von sachlichem und unsachlichem Denken, von Arbeitsmoral und Leidenschaft – oder, kompakt erfasst, von Arbeit und Liebe. Im vorliegenden Buch wird untersucht, inwiefern und warum (echte) Liebe und die Erfüllung der Ansprüche, die die Arbeitswelt in der späten Weimarer Zeit an ihre Mitarbeiterinnen stellt, in den behandelten Romanen kollidieren und welche alternativen Liebes- und Lebenskonzepte die Werke Keuns und Tergits der Leserin (ironisch) nahelegen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2 Wie die Frau zur Neuen Frau wurde – Leben zwischen Medienmythos und Weimarer Wirklichkeit

Die Idee des „neuen Weibes“ war zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch klar an die poli­tischen Visionen der proletarischen bzw. radikalen Frauenbewegung geknüpft.[1] Erst nach dem Ersten Weltkrieg, in dem Frauen zunehmend Männertätigkeiten ausüben mussten und dies auch zu leisten wussten, zeigten sich soziale und politische Erfolge für die „brei­te Masse“.[2] Dazu zählen das Wahlrecht, der Versuch der Geburtenkontrolle und, als zen­traler Punkt, die Erwerbstätigkeit, der vor allem innerhalb der Großstädte in den zwanziger Jahren immer mehr Frauen nachgingen. Signifikant stieg mit dem technologischen Fortschritt in der Büroarbeit insbesondere der Anteil weiblicher Angestellter, die als „ra­tionalisierte Arbeitskraft par excellence“[3] (da die jungen, kaum qualifizierten Frauen bei sehr hoher Produktivität wenig verdienten) von den Unternehmen bevorzugt eingestellt – und in Krisenzeiten entlassen – wurden. Mitte der zwanziger Jahre gab es in der Republik fast 1,5 Millionen weibliche Angestellte – dreimal mehr als noch 1907 – und 1930 betrug der Frauenanteil in diesem Berufszweig 37 Prozent.[4] Trotzdem darf, wie Grossmann betont, nicht von einer Invasion von Frauen in männliche Arbeitsdomänen ausgegangen werden; vielmehr institutionalisierte sich eine moderne, geschlechtsspezifische Arbeitsteilung.[5]

Zwar waren die weiblichen Angestellten finanziell schlechter gestellt als ihre männlichen Kollegen und mussten mit weiteren Formen der Hierarchisierung am Arbeitsplatz kämpfen. Gleichwohl gewann die berufstätige Frau in den zwanziger und dreißiger Jahren eine völlig neue Form von Selbstbewusstsein, allein durch die Tatsache, dass sie eigenständig einen Beruf ausüben konnte, Zugang zu höherer Bildung hatte und in zuvor nie dagewesener Weise ihr Leben in die eigenen Hände nehmen konnte.[6]

Zumindest für Töchter aus besseren, vor allem bildungsbürgerlichen Kreisen bestand seit 1909 in allen deutschen Staaten endlich auch die Möglichkeit, ein Hochschulstudium aufzunehmen. Allerdings mussten sie sich auch hier Vorurteilen, Diskriminierungen und Konflikten stellen, in die sie mit einem bisher als männlich betrachteten Lebensentwurf gerieten.[7] Zudem war die Arbeitsmarktsituation für Akademikerinnen seit Ende der zwanziger Jahre alles andere als rosig. Trotzdem stiegen die Zahlen der Studentinnen seit Öffnung der Universitäten für Frauen kontinuierlich an. Bis zum Wintersemester 1924/25 betrug der Anteil der weiblichen Immatrikulierten an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin immerhin 15 Prozent, im Jahr 1932 waren es bereits 23,3 Prozent (diese Werte lagen etwa 5 Prozent über dem Reichsdurchschnitt).[8] Erste, wichtige Grenzüberschreitungen waren somit getan.

In dieser Phase entwickelte sich auch der soziale Typus der selbstbewussten Neuen Frau, den die Medien und die Konsumwelt der neuen Republik aufnahmen und zu einem Massenphänomen und „vieldiskutierten Prototyp der Modernisierung“[9] gestalteten. Diese Frauen machten zum Teil glänzende Karrieren und zeichneten sich durch Selbstständigkeit, Arbeitseifer, körperliche Fitness und Begeisterung für die urbane Freizeitwelt aus. Wie Grossmann verdeutlicht, handelt es sich bei der Neuen Frau jedoch nicht nur um einen Medienmythos, sondern eine gesellschaftliche Realität, die erforscht und – anhand der neuen Einflussmöglichkeiten von Frauen in Politik und Gesellschaft – auch dokumentiert werden konnte.[10] Zwar verfügten aus finanziellen Gründen oft nur großbürgerliche und adelige Frauen über die Möglichkeit, einen Lebensstil abseits der Norm zu führen und am uneingeschränkten Konsum der neuesten Mode sowie an Kultur, Unterhaltung und Freizeit teilzunehmen. Doch das in der Öffentlichkeit durch Filme, Werbung, Schlagertexte und Romane propagierte Bild der „modernen Frau“ veranlasste auch viele Frauen aus der Arbeiterklasse zur Nachahmung. Hängekleid, Zigarette und der Bubikopf wurden bald zu obligatorischen Modeerscheinungen einer ganzen Generation.

Vor allem der in den Medien präsentierte Typ der Neuen Frau war ausdrücklich nicht nur Konsument der Massenkultur, sondern auch Produzent der eigenen Identität.[11] Zum neuen Selbstbewusstsein gehörte auch eine gewisse Absage an alte Werte wie etwa den Familiensinn: Nicht oder noch nicht verheiratet zu sein, wird von Grossmann als ein „großer Vorteil für das eigene Freizeitbudget“[12] der jungen Frauen beschrieben. In diesem Zusammenhang kommt auch die Diskussion um die weibliche „Gefühlskälte“ in den neusachlichen Romanen auf, deren Protagonistinnen oft mütterliche Fürsorge vermissen ließen. Die Haltung realer Frauen gegenüber der Familie beschreibt Grossmann als „ambivalent“.[13] In einer Studie von 1932 lehnten zwei Drittel der befragten jungen Frauen die Heirat ab.[14] Ein Leben als Hausfrau und Mutter wurde nicht mehr als Erfüllung der weiblichen Identität angesehen, sondern in der Tat als Einschränkung von Freiheit und Selbstständigkeit. Statistiken zeigen jedoch, dass der Großteil dieser jungen Frauen letztlich trotzdem heiratete und wenigstens ein Kind bekam.[15]

Abgesehen von der Verfolgung des Trends, dem althergebrachten Ehekonzept eine Absage zu erteilen, blieb vielen Frauen in der an „Männermangel“ leidenden Weimarer Zeit auch kaum etwas anderes übrig, als eigene Lebensideale für sich zu entwickeln und so dem Bild der emanzipierten, selbstständigen Frau zu folgen:

Sie wollen und müssen für sich allein verantwortlich sein. Die meisten sind vater- oder elternlose Mädchen und Frauen ohne Männer, denen wie den Kriegerwitwen oder dem verarmten Mittelstand direkt oder im übertragenden Sinn der Versorger fehlte. […] Aber das ist für die Frauen kein Problem: sie selbst möchten die Rolle des Versorgers für sich und die Kinder übernehmen.[16]

Zu Beginn der dreißiger Jahre befand sich die Weimarer Republik in einem krisenhaft zugespitzten Endstadium. Nicht nur im politisch-sozialen, sondern auch im kulturellen Bereich verschärften sich die Spannungen; die latenten antidemokratischen und reaktionären Tendenzen erhielten Auftrieb, konservative Positionen schoben sich in den Vordergrund und verdrängten die auf eine westlich-moderne Gesellschaft ausgerichteten Erwartungen.[17]

In der Literatur der Neuen Sachlichkeit werden die von der Zeit geforderten „Anpassungsmaßnahmen“ aufgegriffen; ihre Autoren kreieren Figuren und Verhaltenslehren, die von neuen demokratischen Freiheiten, Kapitalkonzentration, Arbeitslosigkeit und Inflation ebenso geprägt sind wie von politischer Polarisierung und Gewalt.[18] Die Literatur erhielt in dieser Phase einen Platz als „Gebrauchskunst ohne kulturaristokratischen Nimbus“.[19] Sie sollte akute Zeitfragen und aktuelle Gegenstände behandeln, unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit in die Gesellschaft hineinwirken, aufklären und dadurch Anstöße zu Veränderungen geben.[20]

Auch weibliche Autorinnen wie Keun und Tergit verfolgen in ihren Romanen in etwa dieses Konzept, treten dabei jedoch deutlich der bisher männlich dominierten Sachlichkeit, wie sie sich in den bis dahin auftretenden Frauenfiguren, den „Girls“ der Ange­stelltenromane zeigt, entgegen. „Sie geben zu bedenken, ob der neusachliche Männlichkeitskult nicht letzten Endes dazu dient, die Frau zu verurteilen, die Sachlich­keitsideale, an denen die männlichen Helden scheiterten, ihrerseits realisieren zu müssen.“[21] In den Texten der weiblichen Autorinnen kamen Frauen als Produzentinnen und nicht nur als passive Empfängerinnen zeitgenössischer Weiblichkeitsimagines in den Blick[22] – und das offenbar auf eine sehr glaubwürdige Art und Weise: Allzu oft wurden diese Romane, wie sich z. B. in Rezensionen zu Keuns Werken zeigt, im buchstäblichen Sinn für Gegenwartsliteratur gehalten, deren fiktionale Aussagen direkt an der faktischen Wirklichkeit messbar sind. Gerade diese (vermeintliche) Publikumsnähe der Autorinnen und ihrer Protagonistinnen war es wohl auch, die den enormen kommerziellen Erfolg der Texte bei den zeitgenössischen Leserinnen und Lesern ausmachte.[23]

3 Irmgard Keuns „Gilgi – eine von uns“

3.1 Konzeption des Romans

In einem Punkt sind sich Barndt, Lickhardt und Rosenstein einig: Irmgard Keun verfügte über außerordentliche Qualitäten des Beobachtens. Sie stellte fest, dass das Leben nach einem bestimmten Stereotyp für die Frauen ihrer Zeit zu einem Muss geworden war und sich die Neue Frau zu einem Klischee ihrer selbst entwickelte, das jede Originalität ausschloss. Dieses öffentliche Klima ist Schreibvoraussetzung für ihren Roman „Gilgi – eine von uns“.[24] Wie aus Briefen bekannt ist, fand Keun in populären Illustrierten unmittelbar Stoffe und Anregungen für ihre Arbeit; zudem ist davon auszugehen, dass sie einige vorangegangene Romane mit ähnlicher Thematik rezipiert hatte. Aus diesem Grund ist ihrem Text eine übergeordnete Perspektive zuzusprechen, die einen gleichrangigen Vergleich der Figuren in „Gilgi“ mit denen älterer Romane nicht zulässt. 1931 war Keun zeitlich zu deren Reflexion befähigt, zumal Frauenbilder in der Weimarer Republik nicht nebenbei oder implizit konstruiert wurden und von der Autorin nicht erst abstrahiert werden mussten, sondern allgegenwärtig waren. Deshalb stand ihr bei der Figurenkonstruktion ein „universales Archiv“ von Frauentypen zur Verfügung.[25]

Keuns Hauptfigur ist als eine spielerische Reproduktion von Bildern, Stereotypen und Klischees angelegt. Indem der Erzähler die Protagonistin als „das Mädchen Gilgi“, „die Stenotypistin Gilgi“ und schließlich als „die kleine Dame Gilgi“ vorgestellt, bewegt er sich demonstrativ in öffentlich vorgezeichneten Grenzen der Weiblichkeitsimagination.

Der Roman insistiert auf Wiederholung und Bekanntheit und macht dadurch auf die grundsätzlichen Limitationen der realen, vor allem aber der medialen und literarischen Weiblichkeitsentfaltung aufmerksam.[26] Er birgt also keine kulturpessimistischen Tendenzen, wie Lickhardt betont – Gilgi wird nicht als Opfer ihrer Arbeit dargestellt, sondern als Konstrukt der um Frauen gesponnenen massenmedialen Leitbilder.[27]

Die bewährte Mixtur aus Erotischem und Sozialem greift Keun auf; auch werden die jeweiligen Wunschbilder nach „großer Liebe“ und „Karriere“ zunächst durchaus ernst genommen. Sie begnügt sich jedoch nicht mit der problemlos-gefälligen Kombination dieser Elemente, sondern nutzt sie als Ausgangsbasis für ihre Wirklichkeitsbilder. Darin, dass sich die Wunschträume der Figur Gilgis an der Realität reiben und das Happy End ausgespart bleibt, vollzieht sich schließlich der Bruch mit den Vorlagen aus Illustrierten-Romanen und Filmen.[28] Trotz oder gerade wegen dieser entscheidenden Abweichungen wurde Keuns Roman einer der meistgelesenen und -diskutierten der Weimarer Republik. Barndt führt das auf die gekonnt eingesetzten Strategien der Authentisierung zurück, die den zeitgenössischen Leserinnen die Möglichkeit zur Identifikation mit den Figuren ermöglichten. Die Autorin nimmt sich der Gestalt der „kleinen Büroangestellten“ an und setzt sie anhand von teils alltagsrealistischen, teils dramatisch zugespitzten Handlungselementen einer intensiven Auseinandersetzung mit dem sachlich-nüchternen Lebenskonzept aus. Über die Sprach- und Lebenswelten der zahlreichen Nebenfiguren schafft sie einen Mikrokosmos an gesellschaftlicher Wirklichkeit, in der Protagonisten des Klein- und Großbürgertums ebenso präsent sind wie Bohemiens und Angestellte, Schriftsteller und Prostituierte. Indem sie Realitätspartikel wie Namen von Politikern und Stars, Schlagertexte und Operettenmelodien, Filmtitel der Jahre 1931/32 und Werbesprüche einstreut, stellt sie für Zeitgenossen einen nachvollziehbaren Bezug zur faktischen Wirklichkeit her, sodass die fiktionale Beschaffenheit der Handlungen und Figuren aus dem Blick gerät. Barndt setzt diese Strategien bewusst ab von einem unreflektierten Wahrheitsdiskurs, der sich auf der Suche nach der „echten“ Wirklichkeit des Romans als historischer Quelle bedient. Denn die Suche nach der historischen „Wahrheit“ weiblicher Lebenswelten am Ende der Weimarer Republik dominiert bis heute das Interesse an Keuns frühen Romanen.[29]

3.2 Die Entwicklung der Protagonistin

3.2.1 1. Phase: Die „Stenotypistin Gilgi“

Die 21-jährige Gisela „Gilgi“ Kron wird der Leserin als „das personifizierte neusachliche Lebensgefühl“, als „durch und durch synthetische Figur“, vorgestellt.[30] Sie verkörpert ganz bewusst eine Alltagsheldin, die in ihrer Mädchenhaftigkeit weniger die Extreme als vielmehr den Idealtyp der Neuen Frau zu spiegeln scheint.[31] Gerade aus ihrer ausdrücklichen Durchschnittlichkeit macht sie ein Programm und „torpediert damit jene konventionelle Projektion, die der außergewöhnlichen Gestalt, dem Helden mit den besonderen Merkmalen und den besonderen Fähigkeiten die Lösung aller Probleme überträgt, die sich dem durchschnittlichen Protagonisten stellen“:[32]

‚Ich hab’ keine Talente […], ich bin allgemeiner Durchschnitt und bring’s nicht fertig, deswegen zu verzweifeln. Aber was ich aus mir machen kann, will ich machen. Ich werd’ immer arbeiten und immer was Neues lernen, und gesund und hübsch will ich bleiben, solange es eben geht […].‘ (G: 48)

Sowohl in Gilgis Äußerem als auch in ihrer Lebenseinstellung bündeln sich populäre Bilder moderner Weiblichkeit, die für die Weimarer Generation junger Frauen von Bedeutung waren.[33] So pflegt sie ihre knabenhaft schlanke Figur mit täglichem Frühsport, trägt den obligatorischen Bubikopf, ist modebewusst und als Stenotypistin „schnell, sauber und fehlerfrei“ (G: 12) – wie auch ihr ganzes Leben „wie eine sauber gelöste Rechenaufgabe“ (G: 48) sein soll. Abends besucht sie Sprachkurse in Englisch, Französisch und Spanisch, denn sie ist – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – sehr auf ihr Fortkommen bedacht und hat klare Vorstellungen für die Zukunft. Ihre Sehnsüchte formuliert sie praktisch und sachlich: „Ich will arbeiten, will weiter, will selbständig und unabhängig sein.“ (G: 47) – dafür braucht sie niemanden und glaubt an das, was sie mit ihrem „bißchen Verstand“ (G: 40) selbst schafft.[34] Ebenso gut weiß sie, was sie nicht will: „[A]ch, sie ist noch jung, und außer Ehe, Filmschauspielerin und Schönheitskönigin zieht sie jede Existenzmöglichkeit in Betracht.“ (G: 16). Jede Hürde, die sich Gilgi in den Weg stellt, will sie im Laufschritt nehmen und sich von gesellschaftlichen Vorurteilen oder Missständen nicht aufhalten lassen. „Jeder für sich, Gott für uns und alle“ – das ist ihr Wahlspruch, der wenig Platz für Mitleid mit anderen lässt: „Man sollte auf niemanden etwas geben. Vielleicht ist sie lieblos. Sie will es auch sein.“ (G: 58). Sie ist „keine sentimentale Gans, sie braucht niemanden, kommt allein durch. Sie weiß, was sie will, und kann, was sie will.“ (G: 62).

Auch die Liebe ist für sie zu Beginn des Romans kein Anlass, sich stärker auf jemanden einzulassen oder gar in eine Abhängigkeit zu begeben, sondern vielmehr ein Zeitvertreib, in den kein unnötiges Gefühlskapital investiert wird:[35]

Netter Junge. Wie war noch sein Vorname? Weiß sie nicht. Geküßt hat er sie gestern Abend im Auto. Heute reist er wieder ab. Schade? Ach wo. Aber nett war es gestern mit ihm. Lange hatte er sie nicht mehr geküßt […]. Der Junge war nett. Der Kuß war nett. Nicht mehr. Er brennt nicht nach. Gut so. (G: 6)

Begegnungen wie diese dienen ihrem Wohlergehen, denn anscheinend gehört es zum Leben dazu, auch einmal zu küssen. Gefühle hingegen betrachtet sie als potenzielle Störungen ihres Gleichgewichts und werden – falls vorhanden – keinesfalls gezeigt. Jede Form der Selbstreflexion ist Gilgi unangenehm, sie verweigert sich dem Nachdenken über ihre eigene Situation, denkt lieber in Schlagertexten, in vorgeformten Schablonen.[36] Jeder Situation begegnet sie kühl und sachlich, auch die Männer bleiben für sie stets berechenbar. So wird auch das beliebte Motiv der „Chef-Sekretärin-Liaison“ (die populärste Verbindung zwischen Arbeit und Liebe in Romanen der Weimarer Zeit) in Keuns Text nur aufgegriffen, um Gilgis Fähigkeit zur Entlarvung und nüchternen Ein­ordnung männlicher Interessen darzustellen: Als ihr verheirateter Chef, Herr Reuter, ihr plötzlich offensichtlich Avancen macht, ist sie sich gleich sicher: „Der ist nicht speziell in mich, der ist an und für sich verliebt in der letzten Zeit – ganz allgemein. Ich bin Zufallsobjekt, eine Einbildung…“ (G: 17). Gilgi möchte sein Interesse schnellstens von sich abwenden – doch nicht etwa, weil sie in Reuters Wunsch nach vornehmlich sexueller Abwechslung und seiner Art, diesen hinter romantischem Gehabe zu verstecken, etwas moralisch Verwerfliches sieht. Vielmehr besteht die Problematik darin, dass er Gilgis berufliche Karriere damit stört, da sie weiß, dass sie bei Offenbarung ihres Desinteresses (und der damit einhergehenden Verletzung männlicher Eitelkeit) in Schwierigkeiten geraten würde. Doch wie sie bereits erwartet hat, geht ihr Plan, Herrn Reuter beim gemeinsamen Restaurantbesuch kurzerhand auf ihre „zufällig“ auftauchende Freundin Olga abzulenken, sofort auf. In dieser, wie Reinhardt-Becker schreibt, „vor Ironie strotzenden Szene“[37] wird verdeutlicht, wie austauschbar die beiden jungen Frauen dank ihrer körperlichen „Schlüsselreize“ für ihn sind. Hier lässt Irmgard Keun „die Liebessemantik der Romantik zu einer Schablone, einer Karikatur werden, die den Liebhaber als ein Produkt längst vergangener Zeiten ausweist.“[38] Am souveränen Umgang Gilgis mit der Situation ist, wie Schüller feststellt, besonders bedeutsam, dass sie sich tatsächlich die Strukturen der Verhältnisse bewusst macht und sich aktiv für eine bestimmte Handlungsweise entscheidet, ohne hilflos der heiklen Verstrickung einer Affäre mit ihrem Chef ausgeliefert zu sein.[39] Sie befindet sich stets an der Schnittstelle zwischen „Nicht-Belästigt-Werden-Wollen“ auf der einen und „Attraktiv-Sein- und dafür auch Bewundert-Werden-Wollen“ und auf der anderen Seite.“[40] Denn Gilgi ist sich auch über ihre Reize im Klaren und setzt diese bewusst ein, da sie weiß, dass dies Teil ihres Berufsalltags ist. Sie versteht es glänzend, ihr gutes Aussehen (das sie nicht etwa für etwas Schicksalhaftes hält, sondern für „eignes Verdienst“ (G: 6) aufgrund von guter Pflege und Disziplin) den jeweiligen unmissverständlichen Qualitätsanforderungen der Arbeitswelt anzupassen und ihr Verhalten – etwa bei Bewerbungsgesprächen – darauf abzustimmen. So trägt zur Entscheidung eines Herrn, sie für seine Schreibarbeiten einzustellen,

[v]ielleicht auch [bei], daß sie so ein bißchen verheißungsvoll mit den Augen gekullert hat. So niedliche Von-unten-nach-oben-Blicke wirken bei Männern über fünfzig fast immer. Ferner ist’s gut, an Beschützerinstinkte zu appellieren, im richtigen Augenblick solides Selbstbewußtsein durch kleidsame Hilflosigkeit zu ersetzen. Man muß das alles verstehen. Gilgi versteht es. (G: 55f.)

So, wie sie sich die Position spielend verschaffen konnte, ist ihre unscheinbare Mitbewerberin („die Blasse“ (G: 55)) gleichsam naturgemäß erfolglos geblieben. Zwar plagen Gilgi Gewissensbisse gegenüber der chancenlosen Mitbewerberin, doch sie erinnert sich schließlich daran, dass man sich selbst der Nächste ist – das ist das harte, aber klare Gebot der Stunde.[41] Würde sie „da“ erst zu denken anfangen, verlöre sie „den Boden unter den Füßen“ (G: 40), darum verkneift sie es sich lieber. Nicht die Veränderung der Gesellschaft ist ihr Ziel, sondern, einen Platz in ihr zu haben: „Man gehört ja in das Allgemeingefüge, man ist nicht geschaffen, außen zu stehn […].“ (G: 172).

Doch Gilgis weitere Entwicklung im Roman beweist, dass das bis zu diesem Punkt dargestellte Bild von ihr nur zum Teil authentisch ist und die neusachliche Einstellung eher als Überlebensstrategie bzw. als moderne und Erfolg gewährende Haltung angenommen wurde.[42] Eine so festgefügte innere Ordnung harrt geradezu eines Bruches[43], wie Wedepohl feststellt – und tatsächlich weist ihre anfängliche Verkörperung der Unerschütterlichkeit bald immer mehr Risse und Momente des Wankens auf, die ihre Künstlichkeit allmählich offenlegen.[44] [45]

3.2.2 2. Phase: Die „kleine Dame Gilgi“in der Identitätskrise

Die Verunsicherung beginnt für die Figur Gilgi mit der Nachricht ihrer Eltern, dem (ebenso prototypisch-) spießigen Ehepaar Kron, sie nach der Geburt adoptiert zu haben. Als sie sich in der Folge auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter begibt und dabei auf zwei Frauen stößt, die neben Gilgis kleinbürgerlicher Adoptivmutter nun Proletariat und Bourgeoisie repräsentieren, gerät ihr Selbstbild ins Wanken. Gerade das verarmte Fräulein Täschler, von dem Gilgi zunächst glaubt, es sei ihre biologische Mutter, lässt die junge Frau ernsthaft über Chancenverteilung aufgrund von Klassenzugehörigkeiten (also völlig unabhängig vom eigenen Verdienst) nachdenken. Insgesamt entpuppen sich alle drei Mutterfiguren, auch die in Luxus lebende Magdalena Greif (Gilgis tatsächliche leibliche Mutter) als „abschreckende Beispiele für resignierte Weiblichkeit“[46] und eröffnen ihr die Möglichkeit, sich von den drei sichtbaren realisierten Varianten abzugrenzen, was nicht ohne Folgen für die Selbstwahrnehmung der Figur Gilgi bleibt: „Dieses Spiel mit den Herkunftsbildern enthüllt den arbiträren und fließenden Charakter der menschlichen Identität und zerstört Gilgis festes System von Werten und Sicherheiten.“[47]

Der große Wendepunkt in Gilgis Leben (und im Roman) ist jedoch der Moment, in dem sie den Bohemien Martin Bruck kennen und bald auch lieben lernt, da er den ersten Schritt der vorübergehenden Abkehr von ihrem sachlichen Lebensprinzip einleiten wird. Zwar hinterfragt sie ihr Interesse an Martin anfangs noch ganz vernünftig und sucht den Grund dafür in seinem Äußeren, also den sichtbaren Tatsachen:

Sie kennt so viele Männer, aber der Martin Bruck ist anders, ganz anders. Warum er ihr gefällt? Ja warum? […] Er ist nicht schön, nicht groß und stark und nicht elegant. Ist so sorglos und gleichgültig angezogen wie einer, der sich nun mal damit abgefunden hat, daß er nicht nackt herumlaufen kann. Er hat so nachdenkliche Hände, dünne, zerbrechliche Finger. Schmal und fleischlos ist sein Gesicht, die Stirn hoch und hart gebuckelt, der Haaransatz unordentlich. Eine kantige Nase, ein weicher, empfindsamer Mund, regelmäßige, prachtvolle Zähne […] und dunkle, lebendige Augen, unaufhörlich wechselnd zwischen Ausdruck und Blick. Mittelgroß ist er, schmal in Schultern und Hüften. […] [U]nbekümmert in Haltung und Geste. Nichts Besonderes, muß mich schon wundern, daß ich ihn so genau begucke. (G: 50)

Doch wie Reinhardt-Becker feststellt, zeigt schon der Gebrauch der vielen Adjektive bei der Beschreibung Martins eine Veränderung in Gilgis Wahrnehmung und Sprache. Sie ist irritiert, denn ein sachliches Liebesinteresse an ihm rechtfertigen ihre Beobachtungen auf keinen Fall, da sie ihn nicht nur optisch, sondern auch charakterlich aus Gilgis sachlicher Lebenswelt ausschließen.[48] Auch im weiteren Verlauf erweist sich Martin als das genaue Gegenteil von Gilgi: Sie ist Vertreterin der jüngeren Generation, er gehört mit 43 Jahren zur älteren, ist Weltreisender, Intellektueller und Gelegenheitsschriftsteller ohne Pläne für die Zukunft, der in den Tag hineinlebt, durch Köln flaniert und seiner Vorliebe für Cafébesuche nachgeht. Sein ererbtes Vermögen schmilzt langsam dahin, ohne dass er einen konkreten Plan für Nachschub hätte. Er nimmt die Außenwelt als Ästhet und Kunstliebhaber wahr, interessiert sich weder für Politik noch für die soziale Wirklichkeit. Dass Gilgi diesen Mann nicht „sachlich“ lieben kann, erscheint von Anfang an klar.[49] Doch hier kommen, wie Barndt analysiert, die „Gefühle sozialer Obdachlosigkeit“[50] und die Sehnsucht nach Geborgenheit, die die Suche nach der Mutter in ihr auslösten, zum Tragen, die nun durch ihre erste große Liebe aufgefangen werden.

Wie erwartet bleiben die Konflikte allerdings nicht lange aus. Zwar versucht Gilgi anfangs, Martins laxen Lebensstil ihrem eigenen anzupassen und ihn sparsam und tüchtig (vgl. G: 85) zu machen, doch tatsächlich ist es vielmehr er, der ihr gegenüber die Rolle des Erziehers einnimmt. So meint er, sie habe „die Augen noch zu wie’n neugeborener Säugling“, doch er werde sie „schon sehen lehren“ (G: 79). In der Tat beginnt sich durch die Dialoge mit Martin nach und nach ihr Horizont zu erweitern:

Gilgis Phantasie war immer ein artiges Kind: darfst ein bißchen auf der Straße spielen, aber nicht um die Ecke gehen. Jetzt läuft das artige Kind mal etwas weiter. Martin erzählt, und Gilgi sieht: Meere, Wüsten, Länder – das ist nicht das Eigentliche, was sie sieht, sie möchte sich Rechenschaft ablegen – ist das so gewohnt – ihr Gefühl aufzeichnen in ihren eigenen Worten. Ach, meine kleinen grauen Worte! Daß jemand so bunt sprechen kann! (G: 52)

Er bemüht sich, sie für Kunst, Literatur und Musik zu begeistern – und zwar auf eine sehr bestimmende Weise, die von dem Wunsch getragen ist, eine Partnerin gefunden zu haben, die tatsächlich zu ihm und seiner Lebensart passt: „[…] und das wirst du lesen – und das – und das – du bist ja gar nicht so einseitig und phantasiearm, Gilgichen, wie du dich stellst.“ (G: 78).

Sie lässt sich mehr und mehr von seinem Erziehungsprogramm anleiten, „liest Bücher mit ihm, versucht verbissen alles das schön zu finden, was er schön findet. Gibt sich ganz unmenschliche Mühe, schön zu finden, was früher gleichgültig war, will sich zwingen mit zusammengebissenen Zähnen. Und der Erfolg? Ist danach.“ (G: 87).

Gilgis Identität wird durch die Liebe zu Martin zunehmend gefährdet. Sie beginnt, ihren Lebensentwurf mit seinen Augen zu sehen, was zur Spaltung ihres Ichs beiträgt, das nun im ständigen Streit über verschiedene Welt- und Lebensentwürfe liegt. „War ihr Inneres vor der Bekanntschaft mit Martin klar und fest umrissen, ihr Sinnhorizont in jeder Situation widerspruchsfrei, konnte sie ihre Gefühle klar bezeichnen und kontrollieren, so scheint sie nun diese Sicherheit vollständig verloren zu haben.“[51] Der ständige Wechsel zwischen sachlichem und unsachlichem Denken wird strukturbildend für Gilgis Liebe zu Martin. Zwischen diesen beiden Polen wird sie bald fast zerrissen, als sie sich beispielsweise zum ersten Mal bei ihrem Chef krankmeldet, um einen ganzen Tag mit ihrem Geliebten zu verbringen – ein Akt, der für sie „verwirrend und ungeheuerlich“ (G: 75) ist. Kaum hat sie den Hörer aufgelegt, fühlt sie sich „pflichtvergessen, unfair, faul und schlampig […]. Ihr ganzes Innere ist zum Kriegsschauplatz wüst streitender Empfindungen geworden, alles rollt, saust, wackelt, nichts steht fest – nur Martin“ (ebd.).[52] Sie muss feststellen, dass es nicht möglich ist, ihr „ganzes bisheriges Leben [zu] behalten, mit seiner Freude am Weiterkommen, seiner gut geölten Arbeitsmethode, mit seiner harten Zeiteinteilung, seinem prachtvoll funktionierenden System“ und „noch ein anderes Leben dazu [zu haben], ein Leben mit Martin, ein weiches, zerflossenes, bedenkenloses Leben“[53] (G: 81). Hier vermischen sich laut Reinhardt-Becker verschiedene Diskursfragmente, die weder die romantische Individualitätskonstruktion zulassen noch die sachliche Bewahrung des eigenen Ich ermöglichen. Eines ist bereits sicher: In das moderne Arbeitsleben passt diese Form der Liebe nicht, wenn das ständige Denken an Martin Gilgi von der Arbeit ablenkt und zu Fehlern verleitet.[54]

Zu dem Selbstentfremdungsprozess, der nun nach und nach von Gilgi Besitz ergreift, trägt auch ihre neu entdeckte Sexualität bei, die sie mit Martin als etwas völlig Natürliches und Lustvolles empfindet. Doch gleichzeitig kann sie mit der ständigen Präsenz ihrer Leidenschaft nicht umgehen und erfährt ihre Triebe als untrennbare Verbindung von Lust und Leid:[55] „…[U]nd immer die summende Sehnsucht in den Gliedern, die süße widerliche Sehnsucht – ich halte das nicht mehr aus, ich will tot sein – ich will das nicht mehr – ich will nicht – es ekelt mich an, daß ich so machtlos gegen meinen Körper bin.“ (G: 129). Ihr Spiegelbild, dass ihr zu Beginn des Romans Gewissheit über ihren straffen, von Disziplin und Selbstbeherrschung geformten Körper gab, erkennt sie nun kaum wieder:

Sie steht vor dem Spiegel, pudert sich Nacken und Schultern, sieht schlank und zerbrechlich und fremd aus. Taglos. Unwirklich. Weißes Gesicht mit dunklen Augen, sehr rotem Mund – ich bin sehr hübsch heute – jetzt – ich darf das sagen, ich gehöre mir ja nicht mehr. (G: 90)

Ihre berufliche Karriere und das Vorankommen werden ihr in dieser Phase immer gleichgültiger, und als ihr im Zuge der Entlassungswelle in ihrem Betrieb gekündigt wird, ist sie geradezu erleichtert. Sie lässt sich treiben, bezieht Arbeitslosenunterstützung, ohne sich derweil um eine neue Stelle zu bemühen, und fixiert sich voll und ganz auf Martin. Bald schon kann sie es nicht mehr ertragen, ohne ihn zu sein (vgl. G: 103), wird hysterisch, während sie auf ihn wartet und beschwört die ewige Liebe (vgl. G: 130). Zugleich erlebt sie ihre Liebe zu Martin sie als qualvollen Zustand, als Krankheit („es müsste eine Medizin dagegen geben“ (G: 92)), die „die Welt und das eigene Ich untergehen lässt“.[56]

Gilgis Ich-Verlust gipfelt in der verzweifelten Frage nach ihrem eigenen Selbst: „Was – bin – ich – denn – nur?“ (G: 141); sie empfindet sich als fragmentiertes Wesen, scheint nun lediglich aus Verschmelzungsphantasien mit Martin zu bestehen. Die neusachliche, ursprüngliche Gilgi erlebt sie nur noch als Oberfläche, als sinnentleerte Hülle.[57] „Zweigespaltenes Ich – tausendgespaltenes Ich. Ich – heutiger Pflichtwunsch nach dem Wir. Ich – ewiger Schrei nach dem Du – und alles andre – nicht wahr.“ (G: 141). Selbst ihre Freundin Olga, die dem „Uhrwerkmädchen“ (ebd.) Gilgi immer zu etwas mehr Leben und weniger Arbeit geraten hatte, ist nun entsetzt über Gilgis Sinneswandel und rät ihr dringend, ihr Leben nicht auf Martin aufzubauen, sondern an Beruf und Selbständigkeit festzuhalten (G: 98f.). Doch zu diesem Zeitpunkt scheint es kein Zurück mehr zu ihrem alten, selbstbestimmten Leben zu geben: „Sie hat sich […] schon zu weit über die Grenze zu einem anderen Ich vorgewagt“.[58] Eine Entscheidung für oder gegen das alte bzw. neue Leben der Figur scheint an diesem Punkt unumgänglich – und tatsächlich treten zwei Ereignisse ein, die die weitere Entwicklung Gilgis nachhaltig beeinflussen und über ihr Schicksal bestimmen sollen.

[...]


[1] Barndt, Kerstin: Sentiment und Sachlichkeit. Böhlau 2003, S. 16.

[2] Fähnders, Walter: Avantgarde und Moderne: 1890–1933. Stuttgart 2010, S. 239.

[3] Barndt (2003), S. 15.

[4] Koch, Annette: Die weiblichen Angestellten der Weimarer Republik. In: Helmut Gold und Annette Koch [Hrsg.]: Fräulein vom Amt. München 1993, S. 163.

[5] Grossmann, Atina: Eine „neue Frau“ im Deutschland der Weimarer Republik? In: Helmut Gold und Annette Koch [Hrsg.]: Fräulein vom Amt. München 1993, S. 139.

[6] Dies soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Angestelltenberuf für die meisten Frauen nach wie vor lediglich ein Durchgangsstadium zur Ehe war – was an der sprunghaft sinkenden Anzahl der Beschäftigten über 25 Jahren, dem damaligen durchschnittlichen Heiratsalter, deutlich wird – vgl. Koch (1993), S. 166.

[7] Benker, Gitta und Senta Störmer: Grenzüberschreitungen. Pfaffenweiler 1991, S. 1.

[8] Benker/Störmer (1991), S. 41.

[9] Fähnders (2010), S. 239.

[10] Grossmann (1993), S. 136.

[11] ebd.

[12] Barndt (2003), S. 15.

[13] Grossmann (1993), S. 136.

[14] ebd., S. 143.

[15] ebd., S. 144.

[16] Fähnders (2010), S. 240.

[17] Rosenstein, Doris: „Mit der Wirklichkeit auf du und du?“. In: Sabina Becker und Christoph Weiß [Hrsg.]: Neue Sachlichkeit im Roman. Stuttgart [u.a.] 1995, S. 273.

[18] Barndt (2003), S. 2.

[19] Rosenstein (1995), S. 274.

[20] ebd.

[21] Fähnders (2010), S. 240.

[22] Barndt (2003), S. 16.

[23] Barndt (2003), S. 21.

[24] Lickhardt, Maren: Irmgard Keuns Romane der Weimarer Republik als moderne Diskursromane. Heidelberg 2009, S. 58.

[25] ebd., S. 57f.

[26] ebd., S. 60.

[27] ebd.

[28] Rosenstein, S. 277.

[29] Barndt (2003), S. 146.

[30] Delabar, Walter: Was tun? Berlin 2004, S. 107.

[31] Barndt (2003), S. 27.

[32] Delabar (2004), S. 108.

[33] Barndt (2003), S. 21.

[34] Die Betonung von Gilgis Eifer und Strebsamkeit zeigen, so Schüller, ein „Arbeitsethos und Aufstiegsstreben, das den realen Möglichkeiten, vor allem weiblicher Angestellter, widerspricht“ (Schüller, Liane: Vom Ernst der Zerstreuung. Bielefeld 2005, S. 112) – die unter Angestellten tatsächlich lange verbreitete Ideologie, welche die individuelle Anstrengung als Schlüssel für den eigenen Erfolg im Leben sieht, wird, so Bescansa Leirós, „in der Rezessionsphase als bodenlose Utopie entlarvt“ (Bescansa Leirós, Carme: Gender- und Machttransgression im Romanwerk Irmgard Keuns. St. Ingbert 2007, S. 85).

[35] Delabar (2004), S. 107.

[36] Reinhardt-Becker, Elke: Liebeslehren der Kälte. In: Petra Josting und Walter Fähnders [Hrsg.]: „Laboratorium Vielseitigkeit“. Bielefeld 2005, S. 296f.

[37] ebd., S. 298.

[38] ebd.

[39] Schüller (2005), S. 124f.

[40] ebd., S. 124.

[41] Schüller (2005), S. 118f.

[42] Bescansa Leirós (2007), S. 84.

[43] Wedepohl, Steffen: Die Frau als Single. In: Juni. Bielefeld 1998, S. 118.

[44] Bescansa Leirós (2007), S. 84.

[45] In der Forschung wird dieser neue Figurenaspekt der Damenhaftigkeit (vgl. G: 110) mit der Wandlung Gilgis aufgrund ihrer Beziehung zu Martin erklärt. Rosenstein sieht in der ironischen Bezeichnung Gilgis als „Dame“ eine Genugtuung seitens des Erzählers, weil hier offenbar das neusachliche Konzept der Figur gescheitert sei – während Lickhardt der Ansicht ist, dass Damenhaftigkeit nicht aus dem Konzept der Neuen Frau herausfällt. Vgl. Lickhardt (2009), S. 62f.

[46] Wedepohl (1998), S. 119.

[47] Bescansa Leirós (2007), S. 86. Leider lässt der Umfang dieser Arbeit eine ausführlichere Schilderung der Begegnungen zwischen Gilgi und den Mutterfiguren nicht zu, die allerdings, wenngleich keineswegs uninteressant, für das Thema Arbeit und Liebe auch nur im oben erfassten Zusammenhang von Belang sind.

[48] Reinhardt-Becker (2005), S. 300.

[49] Reinhardt-Becker (2005), S. 301f.

[50] Barndt (2003), S. 132.

[51] Reinhardt-Becker (2005), S. 302.

[52] Reinhardt-Becker (2005), S. 302.

[53] Diese Formulierung steht in starkem Kontrast zum ersten Satz des Romans: „Sie hält es fest in der Hand, ihr kleines Leben, das Mädchen Gilgi.“ (G: 5)

[54] Reinhardt-Becker (2005), S. 303.

[55] Schüller (2005), S. 133.

[56] Reinhardt-Becker (2005), S. 304.

[57] Reinhardt-Becker (2005), S. 306.

[58] ebd., S. 305.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2011
ISBN (PDF)
9783955496005
ISBN (Paperback)
9783955491000
Dateigröße
244 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,1
Schlagworte
Weimarer Republik Neue Sachlichkeit Neue Frau Gabriele Tergit Irmgard Keun Weiblichkeitsentwurf

Autor

Wiebke Hugen, B.A., wurde 1986 im ostfriesischen Emden geboren. Ihr Bachelorstudium der Deutschen Philologie sowie der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin schloss die Autorin im Jahre 2011 erfolgreich ab. Fasziniert von den kulturellen und gesellschaftspolitischen Entwicklungen in der Weimarer Republik, widmete sie sich während des Studiums in verschiedenen Arbeiten der Literatur dieser Zeit. Hierbei beschäftigte sie sich vor allem mit dem Bild der Frau in den Werken Erich Kästners („Fabian“) und Irmgard Keuns („Das kunstseidene Mädchen“; „Gilgi – eine von uns“), die der Neuen Sachlichkeit zugeordnet werden. Das Thema der Abschlussarbeit ergab sich aus dem Interesse, eine gänzlich weibliche Sicht auf die Verhältnisse der späten 1920er- und frühen 30er-Jahre, wie sie Gabriele Tergit und Irmgard Keun in ihren Romanen verarbeiten, zu analysieren und präsentieren.
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Titel: Weiche Herzen in harter Zeit: Über das Verhältnis von Arbeit und Liebe in Irmgard Keuns „Gilgi – eine von uns“ und Gabriele Tergits „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“
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