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Handelspolitik bei strategischen Rohstoffen: Am Beispiel von Seltenen Erden und Germanium

©2012 Bachelorarbeit 54 Seiten

Zusammenfassung

Rund ein Fünftel der weltweit gehandelten Güter sind natürliche Ressourcen. Ein Großteil davon sind nicht-erneuerbare mineralische und fossile Rohstoffe. In Förder-ländern, bei denen Exporte weitestgehend auf Rohstoffe beschränkt sind, wird dem Handel mit diesen große Bedeutung beigemessen. Die meisten Länder können ihren Rohstoffbedarf allerdings nicht durch eigene Vorkommen decken. Die Versorgung auf den internationalen Rohstoffmärkten stellt für Rohstoffimporteure wie Deutschland eine große Herausforderung dar. Deutschland ist bei einer beträchtlichen Anzahl von Rohstoffen, darunter hauptsächlich mineralische und kohlenstoffhaltige, importabhängig. Diese werden in der Industrie zur Herstellung von hochtechnologischen Produkten, Kraftfahrzeugen sowie für neue Umwelttechnologien eingesetzt.
Aufgrund der Wichtigkeit einer sicheren Rohstoffversorgung für rohstoffverarbeitende, produzierende Industrien setzt sich diese wissenschaftliche Arbeit mit aktiven handelspolitischen Maßnahmen bei strategischen Rohstoffen auseinander. Dabei sollen unter anderem folgende Forschungsfragen analysiert und beantwortet werden: Was sind strategische Rohstoffe, welche Merkmale müssen sie aufweisen und wo werden sie überwiegend eingesetzt? Welche Länder setzen Handelsbeschränkungen ein und was sind deren Motive diese einzuführen? Und welche Strategien können rohstoffarme Länder verfolgen, um zum Schutz der eigenen Industrie eine sichere Rohstoffversorgung zu gewährleisten?

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Die drei Hauptförderländer bei ausgewählten Rohstoffen 2011 ...17
Tabelle 2: Chinesische Exportquoten bei Seltenen Erden (in Tonnen) ...23
Tabelle 3: Zukünftige Rohstoffnachfrage für ausgewählte Zukunftstechnologien ...
41
Tabelle 4: Vergleich der Kritikalität von Rohstoffen in Studien ...
41

1
Einleitung
Rund ein Fünftel der weltweit gehandelten Güter sind natürliche Ressourcen
1
. Ein
Großteil davon sind nicht-erneuerbare mineralische und fossile Rohstoffe. In Förder-
länder, bei denen Exporte weitestgehend auf Rohstoffe beschränkt sind, wird dem
Handel mit diesen große Bedeutung beigemessen.
2
Die meisten Länder können ih-
ren Rohstoffbedarf allerdings nicht durch eigene Vorkommen decken. Die Versor-
gung auf den internationalen Rohstoffmärkten stellt für Rohstoffimporteure wie
Deutschland eine große Herausforderung dar. Deutschland ist bei einer beträchtli-
chen Anzahl von Rohstoffen, darunter hauptsächlich mineralische und kohlenstoff-
haltige, importabhängig.
3
Diese werden in der Industrie zur Herstellung von hoch-
technologischen Produkten, Kraftfahrzeugen sowie für neue Umwelttechnologien
eingesetzt. Dabei ist eine sichere Versorgung nicht nur zur Erhaltung der bisherigen
Produktion, sondern auch für die Entwicklung neuer Technologien, essentiell.
4
In
2011 erzeugt das produzierende Gewerbe (ohne Baugewerbe), welches Rohstoffe
zur Produktion von Gütern benötigt, etwa 25% des deutschen Bruttoinlandspro-
dukts.
5
Daran wird die Notwendigkeit einer sicheren Versorgung mit Rohstoffen, als
Vorrausetzung für industrielle Wertschöpfung und folglich für Beschäftigung, Investi-
tionen und gesamtwirtschaftliches Wachstum, deutlich.
6
Der sicheren Rohstoffversorgung stehen Rohstoffmärkte gegenüber, bei denen eine
verstärkte Volatilität und enorme Preisschwankungen zu beobachten sind.
7
Der Preis
vieler Rohstoffe steigt, kurzzeitig unterbrochen durch die Finanzkrise, ungemein an.
Verglichen mit dem Preisniveau in 2003 steigen die Preise von Blei um das Achtfa-
che, von Zink und Kupfer um das Fünffache und von Erdöl um das Vierfache.
8
Die
gegenwärtige Tendenz ist auf eine Reihe von Veränderungen in den globalen Ange-
bots- und Nachfragemustern, sowie kurzfristigen Schocks auf den Märkten der Roh-
stoffe zurückzuführen. Durch das weltweite Wirtschaftswachstum zwischen 2002 und
2008 werden insbesondere in den Schwellenländern wie China, Brasilien und Indien
1
Natürliche Ressourcen sind definiert als nicht-erneuerbare Rohstoffe zuzüglich Forst- und Fischerei-
produkten.
2
Vgl. Ruta/Venables (2012), S. 1.
3
Vgl. Babies u.a. (2011), S. 7.
4
Vgl. Franke (2011) S. 5.
5
Vgl. Wellmer (2012), S. 7.
6
Vgl. BDI (2010), S. 4.
7
Vgl. Europäische Kommission (2011), S. 2.
8
Vgl. Wellmer (2012), S. 6.
1

Rohstoffe sehr viel stärker nachgefragt.
9
,,China ist heute der größte Verbraucher bei
allen wesentlichen Rohstoffen mit Ausnahme von Erdöl und Erdgas."
10
Neben einer dynamischen Nachfragesituation sind die internationalen Rohstoffmärk-
te darüber hinaus durch eine Vielzahl von Handels- und Wettbewerbsverzerrungen
gekennzeichnet. Rohstoffförderländer beschränken gezielt die Ausfuhren von Roh-
stoffen, um die eigene Rohstoffversorgung zu sichern und ihren Unternehmen einen
Vorteil im internationalen Wettbewerb zu verschaffen.
11
Gemäß der EU-Kommission
gibt es weltweit über 450 Exportrestriktionen, wobei über 400 verschiedenartige
Rohstoffe betroffen sind.
12
Ein derzeit häufig diskutiertes Beispiel hierfür sind die
Elemente der Seltenen Erden.
13
Aufgrund der Wichtigkeit einer sicheren Rohstoffversorgung für rohstoffverarbeiten-
de, produzierende Industrien, setzt sich diese wissenschaftliche Arbeit mit aktiven
handelspolitischen Maßnahmen bei strategischen Rohstoffen auseinander. Dabei
sollen folgende Forschungsfragen analysiert und beantwortet werden:
x Was sind strategische Rohstoffe, welche Merkmale müssen sie aufweisen und
wo werden sie überwiegend eingesetzt?
x Welche strategischen Rohstoffe sind von Handelsbeschränkungen betroffen
und welche Arten von Beschränkungen existieren in diesem Zusammenhang?
x Welche Länder setzen Handelsbeschränkungen ein und was sind deren Moti-
ve diese einzuführen?
x Welche Strategien können rohstoffarme Länder verfolgen, um zum Schutz der
eigenen Industrie eine sichere Rohstoffversorgung zu gewährleisten?
Das zweite Kapitel deckt als Grundlage die handelspolitische Theorie ab, in der unter
anderem mit der Brander-Spencer-These eine Begründung für eine strategische
Handelspolitik erfolgt. Der Schwerpunkt des Kapitels liegt auf den relevanten außen-
handelspolitischen Instrumenten. Das dritte Kapitel befasst sich mit strategischen
Rohstoffen und existierenden Handelsbeschränkungen. Zum einen werden die we-
sentlichen Merkmale strategischer Rohstoffe identifiziert und zum anderen zwei stra-
tegische Rohstoffe auf Beschränkungen hin untersucht. Im vierten Kapitel soll mo-
9
Vgl. Europäische Kommission (2011), S. 2.
10
Wellmer (2012), S. 6.
11
Vgl. BDI (2010), S. 4.
12
Vgl. Europäische Kommission (2008), URL siehe Literaturverzeichnis.
13
Vgl. Gassmann (2012), URL siehe Literaturverzeichnis.
2

dellhaft die Strategie von Rohstoffexporteuren hinsichtlich der Einführung von Be-
schränkungen ermittelt, sowie eine mögliche Strategie von rohstoffarmen Ländern
analysiert werden. Ein mögliches Gleichgewicht, welches sich bei nicht-kooperativer
Handelspolitik im Rohstoffsektor einstellt wird dabei vorgestellt. Mit einer Bewertung
des Modells wird das Kapitel abgeschlossen.
2
Theorie der Handelspolitik
In diesem Kapitel werden theoretische Grundlagen der Handelspolitik erläutert. Im
ersten Unterpunkt sollen die Begriffe Handelspolitik, Protektionismus und Freihandel
voneinander abgegrenzt werden. Daraufhin wird die strategische Handelspolitik an-
hand der Brander-Spencer-These erörtert. Die Vorstellung wesentlicher Instrumente
der strategischen Handelspolitik schließt das Kapitel ab.
2.1
Außenhandelspolitik, Protektionismus und Freihandel
Nachfolgend werden diese Begrifflichkeiten definiert.
2.1.1 Begriffe und Definitionen
Die Außenwirtschaftspolitik, als Teilgebiet der allgemeinen Wirtschaftspolitik einer
Volkswirtschaft, verfolgt die Erreichung gesamtwirtschaftlicher Ziele: Preisniveausta-
bilität, hoher Beschäftigungsstand, stetiges und angemessenes Wirtschaftswachs-
tum, Außenwirtschaftliches Gleichgewicht.
14
Dabei kann die Außenwirtschaftspolitik
weiter in die Außenhandels- und Zahlungsbilanzpolitik, Währungspolitik sowie die
Integrationspolitik aufgegliedert werden. Die Außenhandelspolitik (kurz Handelspoli-
tik) umfasst alle Maßnahmen, welche sich auf den internationalen Handel mit Gütern,
Dienstleistungen und Rohstoffen auswirken.
15
Der Staat, welcher in diesem Kontext
häufig als nationale öffentliche Organisationen
16
bezeichnet wird, initiiert handelspoli-
14
Vgl. Brockhaus Enzyklopädie, URL siehe Literaturverzeichnis.
15
Vgl. Pollert u.a. (2009), S. 127 und vgl. Rogall (2006), S. 323.
16
Länder der Europäischen Gemeinschaft haben ihre gesetzgeberische Kompetenz in der Außen-
handelspolitik an die Europäische Union abgegeben.
3

tische Maßnahmen in der heimischen Volkswirtschaft mit dem Ziel der Wohlstands-
erhöhung.
17
Die Handelspolitik beinhaltet zur Beeinflussung der Außenhandelsbeziehungen di-
vergente Leitbilder, Ziele und Instrumente. Aus gesamtwirtschaftlicher Sichtweise
können Freihandel und Protektionismus unterschieden werden. Der Freihandel ist
durch einen generellen Abbau von Handelsbeschränkungen und dem damit verbun-
denen vollständigen Verzicht auf staatliche Interventionen gekennzeichnet.
18
Im Ge-
gensatz umfasst eine protektionistische Außenhandelspolitik gezielte staatliche Ein-
griffe, um den Außenhandel des betrachteten Landes zu steuern. Dabei können
Maßnahmen sowohl auf der Import- als auch auf der Exportseite angesetzt werden.
Zielsetzung ist die heimische Industrie durch Beschränkungen von Importen zu
schützen, sowie die Exportindustrie durch bewusste Maßnahmen zu fördern.
19
Diese Maßnahmen beeinflussen die Erwartungen inländischer Unternehmen, welche
sich ihrerseits auf die Erwartungen ausländischer Unternehmen auswirken. Diese
Interdependenzen sind der Auslöser für die Begründung einer aktiven strategischen
Handelspolitik, welche im nachfolgenden Gliederungspunkt anhand eines Beispiels
erläutert wird.
20
2.1.2 Strategische Handelspolitik: Die Brander-Spencer-These
Durch die Verfolgung einer strategischen Handelspolitik, und dem damit verbunde-
nen Einsatz protektionistischer Instrumente versucht ein Land seine Wohlfahrt zu
steigern. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Freihandel für das Land kein
Wohlfahrtsoptimum schaffen kann und daher staatliche Eingriffe notwendig sind.
Durch die Ausweitung komparativer Vorteile können inländische Unternehmen öko-
nomische Renten generieren (rent creation) und dadurch eine Wohlfahrtssteigerung
herbeiführen. Die andere Alternative ist es, Renten aus dem Ausland ins Inland um-
zulenken (rent shifting).
21
Diese letztgenannte Möglichkeit wird nun im folgenden
Beispiel aufgezeigt.
17
Vgl. Luckenbach (2010), S. 27.
18
Vgl. Büter (2010), S. 14.
19
Vgl. Koch (2006), S. 122.
20
Vgl. Welzel (1998), S. 2f.
21
Vgl. Dieckheuer (2001), S. 184.
4

Die von Brander und Spencer in den 1980er Jahren entworfene These lässt sich un-
ter Zuhilfenahme eines simplen Beispiels anschaulich verdeutlichen. Es konkurrieren
zwei Unternehmen (Boeing und Airbus), die jeweils in einem Land (USA und Europa)
angesiedelt sind, miteinander. Beide Unternehmen können ein neues Produkt, einen
Super-Flieger, produzieren. Dabei ist es jedem Unternehmen nur möglich das Flug-
zeug entweder ganz oder gar nicht herzustellen.
22
Im Mittelpunkt der Betrachtung
steht die Verschiebung der Gewinne in eines der beiden Länder. Dabei liefern beide
Unternehmen ihren Super-Flieger ausschließlich in ein drittes Land. Das Drittmarkt-
Modell hat den erheblichen Vorteil, dass nur die Interaktionen auf diesem Markt be-
rücksichtigt werden müssen und somit Rückkoppelungen auf die Wohlfahrt der Kun-
den in Europa und den USA vernachlässigt werden können. Der Gewinn des Unter-
nehmens eines Landes, abzüglich der Kosten für eine staatliche Subvention, ist der
Maßstab für einen nationalen Vorteil.
23
Abbildung 1 zeigt die möglichen Entscheidungsalternativen der beiden Unternehmen.
Dabei geben die Zeilen jeweils eine bestimmte Entscheidung bei Boeing wieder, die
Spalten entsprechend die Entscheidungen bei Airbus. Zusätzlich enthält jede Box
zwei Informationen: im blauen Feld die Erträge von Airbus, im weißen Feld die Erträ-
ge von Boeing.
Ausgehend von Abbildung 1 stellt sich folgende Situation ein. Jedes Unternehmen
könnte bei alleiniger Produktion Gewinne in Höhe von 150 Einheiten erwirtschaften.
Wenn Airbus und Boeing produzieren, realisieren beide jeweils einen Verlust von 10
Einheiten. Nun stellt sich die Frage, welches Unternehmen sich die Gewinne aneig-
net. Die Antwort ist abhängig davon, welches Unternehmen schneller produziert. Fer-
tigt Boeing den Super-Flieger beispielsweise mit einem kleinen Vorsprung, fehlt der
Produktionsanreiz für Airbus. Dieser Fall ist in der oberen rechten Box der Abbildung
1 dargestellt. Boeing erzielt einen Gewinn von 150 Einheiten.
22
Vgl. Krugman u.a. (2012), S. 380.
23
Vgl. Spencer/Brander (2008), S. 5.
5

Abbildung 1: Wettbewerb zwischen zwei Unternehmen
An diesem Punkt greift die Brander-Spencer-These. Die Europäische Regierung bie-
tet Airbus nach dieser These Subventionen, um die Produktion wieder aufzunehmen.
Erhält Airbus Subventionen in Höhe von 50 Einheiten, verändert sich die Ertragslage
des europäischen Unternehmens.
24
Dies illustriert die Abbildung 2. Airbus erwirt-
schaftet nun beim Bau des Super-Fliegers einen Gewinn, selbst wenn Boeing eben-
falls produziert. Hingegen verändert sich die Lage für Boeing unverkennbar. Wenn
das US-Unternehmen weiter produziert bedeutet dies Defizite in Höhe von -10 Ein-
heiten. Folglich verschiebt sich der Vorteil und Boeing wird vom Markteintritt abge-
schreckt. Die europäische Subvention schränkt somit den Nutzen des frühen Baube-
ginns Boeings stark ein und verhilft Airbus einen strategischen Vorteil zu erlangen.
Abbildung 2: Die Folgen einer europäischen Subvention für Airbus
Als Resultat verlagert sich das Gleichgewicht von der oberen rechten Box der Abbil-
dung 1 zur unteren linken Box der Abbildung 2. Die zeigt, dass Airbus durch die Sub-
ventionen 200 Einheiten Gewinn realisiert. Im vorherigen Fall ohne Subventionen
sind es 0 Einheiten Gewinn. Boeing produziert dagegen nicht. Der Vorteil für Europa
beläuft sich demgemäß auf dem Gewinn von Airbus abzüglich der Subventionen, die
die europäischen Steuerzahler aufwenden müssen. Zusammenfassend kann gesagt
24
Vgl. Krugman u.a. (2012), S. 381.
6

werden, dass Subventionen den Ertrag inländischer Unternehmen erhöhen, wäh-
rend, ausländische Konkurrenz vom Markteintritt abgehalten wird. Somit ist der Effekt
der Subvention eine Verschiebung von strategischen Vorteilen zwischen den konkur-
rierenden Unternehmen.
25
Folglich beeinflusst die Europäische Handelspolitik die
Erwartungen des ausländischen Unternehmens, welche wiederum eine Änderung
dessen Optimalverhaltens nach sich ziehen. Infolgedessen werden die Interaktionen
von in- und ausländischen Unternehmen zum Vorteil des Inlands beeinflusst. Diese
Konstellation bildet den Kern der strategischen Handelspolitik.
26
Eine logische Folgerung aus diesem Beispiel wäre, dass erfolgreiche strategische
Außenhandelspolitik durch staatliche Interventionen generell herbeigeführt werden
kann. Ein Eingriff Europas führt zu einer deutlichen Gewinnsteigerung eines europäi-
schen Unternehmens, zu Ungunsten eines ausländischen Mitbewerbers. Demzufolge
steigert sich die europäische Wohlfahrt auf Kosten der Wohlfahrt der USA.
27
Bei den
bisherigen Überlegungen wird nicht berücksichtigt, dass bei den jeweiligen Regie-
rungen unvollkommene Informationen vorliegen können. Außerdem besteht eine Un-
sicherheit bei der Antizipation der Verhaltensweise der Konkurrenz. Darüber hinaus
bleibt auch das Risiko von Vergeltungsmaßnahmen des Auslands ungeachtet.
28
In der Ausgangslage erwirtschaften Airbus und Boeing bei einer Produktion jeweils
einen Verlust von -10 Einheiten (Abbildung 1, obere linke Box). Nun wird angenom-
men, dass sich dies aufgrund unvollkommener Informationen nachweislich als irrtüm-
lich herausstellt
Abbildung 3: Wettbewerb zwischen zwei Unternehmen: Ein alternativer Fall
25
Vgl. Spencer/Brander (2008), S. 6.
26
Vgl. Welzel (1998), S. 3.
27
Vgl. Krugman u.a. (2012), S. 382.
28
Vgl. Maennig/Wilfling (1998), S. 250 und Krugman u.a. (2012), S. 382.
7

Wie in der oberen linken Box in Abbildung 3 dargestellt, erwirtschaften Boeing tat-
sächlich 10 Einheiten und Airbus -45 Einheiten. Bei einer gleichbleibenden europäi-
schen Subvention von 50 Einheiten wird Airbus mit der Produktion beginnen. Boeing
macht nun allerdings, anders als bisher angenommen, ebenfalls Gewinn. Boeing
bleibt trotz des Markteintritts von Airbus auf dem Markt und erzielt einen Gewinn von
10 Einheiten. Ein langfristiges Gleichgewicht stellt sich demzufolge in der linken obe-
ren Box der Abbildung 3 ein. Der europäische Nettonutzen der Subvention ist nega-
tiv. Durch diese Fehlannahme unterstützt Europa langfristig eine ineffiziente Indust-
rie.
29
Die Entscheidung, ob ein strategisches handelspolitisches Eingreifen sinnvoll ist,
setzt eine präzise Bewertung des vorliegenden Sachverhalts voraus. Dabei stellt sich
die Frage, ob die, zur erfolgreichen Anwendung dieser These, erforderliche Daten-
menge überhaupt erfasst werden kann.
30
Insgesamt gesehen, gehen wichtige Impul-
se von der strategischen Handelspolitik aus, doch angesichts der empirischen und
praktischen Schwierigkeiten ist die Optimalität des Freihandels nicht entkräftet.
31
Seinerzeit tätigt der US-Ökonom Robert E. Baldwin eine zutreffende Aussage: ,,The
new trade theorists are very much aware of the practical limitations of their argu-
ments, and they believe that, as a rule of thumb, free trade is the best policy for
countries to follow".
32
Mit Hilfe des vorangegangenen Beispiels wird eine mögliche Begründung für eine
aktive strategische Handelspolitik auf einem duopolistischen Markt gegeben und da-
rauffolgend ihre Gültigkeit kritisch hinterfragt. Die Auswirkungen handelspolitischer
Maßnahmen bei Rohstoffen auf nachgelagerte Industrien, welche den Rohstoff als
Produktionsfaktor einsetzen, bleiben bei diesem Modell unberücksichtigt. Daher wird
im vierten Kapitel modellhaft gezeigt, welche Auswirkungen ein protektionistisches
Verhalten bei Rohstoffen haben kann.
29
Vgl. Maennig/Wilfling (1998), S. 250f.
30
Vgl. Krugman u.a. (2012), S. 382f.
31
Vgl. Maennig/Wilfling (1998), S. 253.
32
Baldwin (1992), S. 826.
8

2.2
Instrumente strategischer Handelspolitik
Dieses Kapitel befasst sich mit Instrumenten, mit denen eine strategische Außen-
handelspolitik umgesetzt und deren Ziele verfolgt werden können. Da in der vorlie-
genden Arbeit strategische Rohstoffe als Schwerpunkt betrachtet werden, sollen im
Folgenden ausschließlich Maßnahmen, die bei Rohstoffen Anwendung finden, vor-
gestellt werden.
Seit geraumer Zeit widmen handelspolitische Entscheidungsträger, zur Erreichung
bestimmter Zielen, Exportbeschränkungen eine hohe Aufmerksamkeit. In diesem
Zusammenhang werden Exportrestriktionen definiert als Maßnahmen, die direkt den
Export beeinflussen. Typische Werkzeuge zur Exportbeschränkung sind Exportzölle
und Abgaben, Exportverbote, Exportquoten, Exportkontingente, Exportlizenzen und
Minimumausfuhrpreise.
33
2.2.1 Tarifäre Maßnahmen
In der Regel setzen Länder vornehmlich Exportzölle, -steuern und -abgaben als ta-
rifäre protektionistische Maßnahmen ein. Zu den tarifären Maßnahmen können auch
verordnete Minimumausfuhrpreise gezählt werden. Exportzölle treten in der Regel in
Form von Wertzöllen oder spezifischen Zöllen auf. Beim Wertzoll erhebt das Export-
land einen festgesetzten Prozentsatz des Warenwertes als Gebühr. Im Gegensatz
dazu bezieht sich der spezifische Zoll auf die Mengeneinheit (z.B. Gewicht, Stück-
zahl), die charakteristisch für die zu exportierenden Waren ist. Folglich ist pro Men-
geneinheit eine fixe Abgabe zu entrichten.
34
Alle Arten von Exportzöllen steigern die
Kosten für den Export und senken aufgrund dessen das Exportvolumen.
35
Die durch den Zoll entstehenden Preis- und Mengenänderungen können durch eine
Partialanalyse dargestellt werden. Dabei wird ein Teilbereich der Volkswirtschaft, der
Exportgutsektor, betrachtet. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass der
Staat seine Zolleinnahmen ausnahmslos für zusätzliche Ausgaben nutzt.
36
Es sei
angenommen, dass zwei Länder (Inland und Ausland) beide ein Gut nachfragen und
produzieren. Das Gut ist zwischen beiden Ländern mobil. Zusätzlich liegt bei beiden
33
Vgl. Kim (2010), S. 5f.
34
Vgl. Korinek/Kim (2010), S. 11.
35
Vgl. Kim (2010), S. 6.
36
Vgl. Maennig/Wilfling (1998), S. 167.
9

Ländern in der produzierenden Industrie vollständiger Wettbewerb vor, sodass die
Angebots- und Nachfragekurven Funktionen des Marktpreises sind.
37
Des Weiteren
wird der Wechselkurs als konstant angenommen. Folglich kann der Preis in inländi-
scher Währung gemessen werden.
38
Auf diesem Markt kommt es zum internationalen Handel, falls sich die Preise in den
Ländern vor Aufnahme des Außenhandels unterscheiden. Es wird unterstellt, dass
vor Beginn des Außenhandels der Preis für das Gut im Inland niedriger ist als im
Ausland. Kommt es nun zum Außenhandel, so wird das Inland das Gut ins Ausland
transportieren, da der Auslandspreis den Inlandspreis übersteigt. Dieser Export senkt
den Auslandspreis und lässt den Inlandspreis ansteigen, bis die Preisdisparität aus-
geglichen ist.
Mit der Ableitung der Importnachfragekurve des Auslands und der Exportange-
botskurve des Inlands ist es möglich den Weltpreis und das Handelsvolumen zu
bestimmen. Die Ableitung erfolgt anhand ihrer gegebenen heimischen Angebots- und
Nachfragekurve. Das Exportangebot vom Inland ist der Produktionsüberschuss, wel-
cher die von den Inlandskonsumenten nachgefragte Menge übersteigt. Umgekehrt ist
die Importnachfrage des Auslands die nachgefragte Gütermenge, welche die bereit-
gestellte Angebotsmenge übersteigt.
39
Abbildung 4: Die Ableitung der Importnachfrage des Auslands
37
Vgl. Krugman u.a. (2012), S. 275.
38
Vgl. Maennig/Wilfling (1998), S. 167.
39
Vgl. Krugman u.a. (2012), S. 275.
Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Krugman u.a. (2012), S. 276.
p
Menge, q
p
N
*
A
*
q
q
p
Menge, q
p
p
1
N
*1
p
*
N
*2
p
2
A
*2
A
*1
q
q N
*2
­ A
*2
N
*1
­ A
*1
N
IM
10

Abbildung 4 präsentiert die Importnachfrage des Auslands. Bei einem Preis von p
1
bieten ausländische Produzenten A
*1
an, jedoch beträgt die Nachfrage der ausländi-
schen Konsumenten nach dem Gut N
*1
. Somit ergibt sich eine Importnachfrage des
Auslands von N
*1
­ A
*1
. Bei p
2
in der Abbildung 4 steigt die Angebotsmenge auf A
*2
an. Die Nachfrage der Konsumenten sinkt dabei auf N
*2
. Dadurch sinkt auch die Im-
portnachfrage auf N
*2
­ A
*2
. Diese Preis-Mengen-Beziehungen sind im rechten Graph
der Abbildung 4 gekennzeichnet. Die Importnachfragekurve N
IM
verläuft fallend, da
mit zunehmendem Preis die nachgefragte Importmenge sinkt. Im Punkt p
*
befinden
sich A
*
und N
*
im Gleichgewicht. Folglich ist dort die Importnachfragekurve gleich
Null. Analog hierzu kann auch die, in Abbildung 5b dargestellte, Exportangebotskur-
ve A
EX
des Inlands hergeleitet werden, worauf an dieser Stelle allerdings verzichtet
wird.
Der Weltmarkt in Abbildung 5b stellt im Schnittpunkt der Importnachfragekurve N
IM
und der Exportangebotskurve A
EX
das Weltgleichgewicht dar. Das Preisniveau im
Weltgleichgewicht ist p
w
.
Für die Analyse der Preis- und Mengenänderungen wird nun davon ausgegangen,
dass das Inland einen spezifischen Exportzoll pro Mengeneinheit z einführt. Die Ab-
bildung 5 zeigt die Auswirkungen der Einführung des Exportzolls. Ohne einen Zoll
liegt der Gleichgewichtspreis sowohl im Inland als auch im Ausland bei p
w
, das heißt
in Punkt 1 der Abbildung 5b. Führt das Inland nun einen Exportzoll ein, sind die An-
bieter erst bereit das Gut vom Inland ins Ausland zu liefern, wenn der Auslandspreis
den Inlandspreis um mindestens z übersteigt. Falls kein Export des Gutes stattfindet
entsteht im Inland ein Angebotsüberhang und im Ausland ein Nachfrageüberhang.
Aus diesem Grund wird der Inlandspreis so lange sinken und der Auslandspreis so
lange steigen, bis die Preisdiskrepanz bei z angelangt ist.
40
Dies wird in Abbildung 5
deutlich. Der Preis im Inland sinkt auf p
z
, konträr dazu steigt der Preis im Ausland auf
p
*
z
= p
z
+ z an. Die inländischen Konsumenten erhöhen darauf ihre Nachfrage, wo-
gegen die inländischen Anbieter ihre Angebotsmenge senken. Diese Veränderung
bewirkt eine Verschiebung auf der Exportangebotskurve (Bewegung von Punkt 1 zu
Punkt 3 auf der A
EX
-Kurve). Im Ausland erhöhen die Produzenten ihr Angebot und
die Konsumenten verringern ihre Nachfrage aufgrund des gestiegenen Preises. Folg-
lich findet hier eine Verschiebung auf der Importnachfragekurve statt (Bewegung von
40
Vgl. Ebenda, S. 277.
11

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2012
ISBN (PDF)
9783955496296
ISBN (Paperback)
9783955491291
Dateigröße
2.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Stuttgart
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Brander-Spencer-These Rohstoff Förderland Seltene-Erden-Oxid Seltene-Erden-Element
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Titel: Handelspolitik bei strategischen Rohstoffen: Am Beispiel von Seltenen Erden und Germanium
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