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Alltag in Distanzbeziehungen und normalen Partnerschaften im Vergleich

©2012 Masterarbeit 84 Seiten

Zusammenfassung

Zeit miteinander zu verbringen ist eine wichtige Voraussetzung, um eine Partnerschaft aufrecht zu erhalten und zu intensivieren. Doch aufgrund komplexer ökonomischer und gesellschaftlicher Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten ist Zeit in der modernen Gesellschaft zu einem raren Gut geworden. Für viele Paare ist eine gemeinsame Wohnung deshalb eine Möglichkeit, den Alltag und damit mehr Lebensbereiche zu teilen. Andere Paare hingegen können oder wollen nicht zusammen wohnen - aus persönlichen Gründen oder weil sie in verschiedenen Städten arbeiten.
In der vorliegenden Studie wird untersucht, wie sich der Alltag von Paaren, die in einer Living-apart-together-Beziehung leben, von dem Alltag von Paaren unterscheidet, die sich für einen gemeinsamen Haushalt entschieden haben. Das Anliegen dieses Buches besteht somit darin, den gemeinsamen Alltag von Paaren in gemeinsamen und getrennten Haushalten zu beschreiben und zu analysieren.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


nicht zusammen wohnen, obwohl sie längst über die Kennenlernphase hinaus sind,
wird in der Gesellschaft argwöhnisch betrachtet. In der westlichen Kultur wird die Ko-
Residenz als eines der wichtigsten Kriterien einer Partnerschaft angesehen (vgl.
Schneider 2009: 678; Schlemmer 1995: 364). In der westlichen Vorstellung von einer
Partnerschaft wohnen und wirtschaften Paare zusammen, insbesondere wenn sie
schon über einen längeren Zeitraum zusammen oder gar verheiratet sind. Ist dies
nicht der Fall, wird das Leben dieser Paare von der in ihrer Meinung gespaltenen
Gesellschaft beäugt und als ,,bemitleidenswerte Lebenssituation" oder als
,,zeitgemäß" (vgl. ebd.) bezeichnet.
Eine Form der Distanzbeziehung ist die sogenannte Living-apart-together-
Partnerschaft (im Weiteren: LAT). Das charakteristische Merkmal dieser
Partnerschaft ist, dass die Partner in eigenständigen Haushalten leben. Sie leben
also nicht in einem Hotelzimmer oder in einem notdürftig eingerichteten Zimmer, das
als ,Zweitwohnung` am Arbeitsplatz eines Partners dient, sondern sie leben in
eigenständigen, voll ausgestatteten Haushalten. Die beiden Haushalte liegen
entweder nah beieinander (z. B. im selben Haus) oder in größerer Distanz (in einer
anderen Stadt).
Fragestellung
Seit einigen Jahren rücken Distanzbeziehungen zunehmend in den Fokus der
soziologischen Forschung. Studien, die ausschließlich LAT-Beziehungen erforschen,
sind allerdings selten. LAT-Beziehungen werden vornehmlich im Zusammenhang mit
anderen Beziehungsformen untersucht. Dabei besteht in der Forschung vor allem ein
großes Interesse daran, warum die Paare nicht zusammen leben (vgl. Schneider et
al. 2002; Traub 2005; Schmitz-Köster 1990) und ob LAT eine Übergangsphase oder
eine dauerhafte Lebensform ist. In der Psychologie wurde darüber hinaus untersucht,
wie zufrieden diese Paare (vgl. Noyon / Kock 2006) mit ihrer Lebensform sind.
Die Frage, wie Paare, die nicht in einer gemeinsamen Wohnung leben, ihren Alltag
gestalten, wurde lediglich von Schmitz-Köster (1990) aufgegriffen, die eine qualitative
Studie über den Alltag in Partnerschaften mit getrennten Haushalten vorgelegt hat.
Die Studie ist allerdings über zwanzig Jahre alt. Seitdem hat sich innerhalb der
Gesellschaft vieles verändert: moderne Kommunikationsmittel wie Handy und
Internet ermöglichen täglichen Kontakt, Distanzen lassen sich durch günstige Kurz-
oder Langstreckenflüge schnell überbrücken. Ein aktueller Blick in den Alltag bzw. die
Zeitverwendung von Paaren, die keinen gemeinsamen Haushalt führen, ist somit
längst überfällig.
2

Im Rahmen dieser Arbeit soll folgenden Fragen nachgegangen werden: Wie viel
Zeit verbringen Paare, die zusammen leben? Wie viel Zeit bleibt Paaren ohne
gemeinsamen Haushalt? Wie viel Raum kann die Beziehung im Alltag einnehmen
und welche Bedeutung haben soziale Kontakte oder der Beruf für Paare in
getrennten Haushalten? Worin unterscheidet sich die Gestaltung des Alltags von
LAT-Paaren im Vergleich zu Paaren in gemeinsamen Haushalten?
Das Anliegen dieser Arbeit besteht somit darin, den gemeinsamen Alltag von
Paaren in gemeinsamen und getrennten Haushalten zu beschreiben und zu
analysieren. Die leitende Untersuchungsfrage der vorliegenden Arbeit lautet: ,,Wie
gestalten kinderlose
Paare in Living-apart-together-Partnerschaften im Vergleich zu
normalen Partnerschaften ihren Alltag?"
Um einen Einblick in die Alltagsgestaltung von Paaren zu erhalten, bietet sich eine
qualitative Befragung von Personen an, die in einer Partnerschaft leben und
entweder mit ihrem Partner zusammen oder in einem eigenen Haushalt leben.
Aufbau der Arbeit
Im ersten Teil der Arbeit (Kapitel 2) erfolgt eine Annäherung an den Gegenstand
der Arbeit. Dazu werden die Begriffe definiert, die für die vorliegende Untersuchung
eine wichtige Rolle spielen, so beispielsweise die Begriffe Living-apart-together,
Partnerschaft sowie Alltag. Eine Differenzierung des Begriffs Distanzbeziehung
ermöglicht einen Überblick über die Ausprägungen dieser Partnerschaftsform. Ferner
werden im zweiten Kapitel die Gründe erfasst, weshalb Paare sich bewusst für eine
Lebensform entscheiden, in der aufgrund separater Haushalte zwangsläufig weniger
gemeinsame Zeit vorhanden ist. Um die Motivation für die Entscheidung zu dieser
Lebensform umfassend betrachten zu können, wird in Kapitel 2 zusätzlich auf die
Bedeutung des gesellschaftlichen Strukturwandels auf die Lebensformen
eingegangen. Die Analyse der Motivation für die Entscheidung für eine Living-apart-
together-Partnerschaft ist für die Entwicklung der Fragen für das Leitfadeninterview
sowie für die anschließende Interpretation der Ergebnisse aus den Interviews
hilfreich. Eine eigene Erhebung ist im Rahmen dieser Arbeit aus zeitlichen Gründen
nicht möglich gewesen, weshalb auf die bereits bestehenden Studien zurückgegriffen
2 ,,Kinderlos" bezieht sich in der vorliegenden Arbeit auf die Haushalte. Um eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen, wurde festgelegt, dass
nur Gesprächspartner in Frage kommen, in deren Haushalten keine Kinder leben.
3 In der vorliegenden Arbeit werden kinderlose Paare betrachtet, weil diese Paare unabhängig von ihrer Wohnform häufig
soziodemographische Gemeinsamkeiten aufweisen, die eine Vergleichbarkeit gut ermöglichen: sie verfügen über eine höhere
Schulbildung, über ein höheres Einkommen und sind häufig Doppelverdiener-Haushalte (vgl. Langfeld 2003: 86). Zudem ist es einfacher
gewesen, Paare ohne Kinder für ein Interview zu gewinnen: Ein Blick in meinen weiteren Bekanntenkreis hat gezeigt, dass die Suche nach
Interviewpartnern schwierig würde, da keines der mir bekannten, getrennt lebenden Paare Kinder hat.
3

wurde. An dieser Stelle der Arbeit wird deshalb deskriptiv vorgegangen. Zudem
werden diese Erkenntnisse für die Entwicklung einer eigenen Definition des Begriffs
Living-apart-together verwendet, mit der das zweite Kapitel abgeschlossen wird.
In Kapitel 3 wird die Datenerhebung und die Datenauswertung, das methodische
Verfahren, veranschaulicht. Im vierten Kapitel werden die Ergebnisse der vier
qualitativen Interviews, die im Rahmen dieser Arbeit selbstständig durchgeführt
wurden, skizziert. Dabei sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb der
untersuchten Lebensformen betrachtet werden. In Kapitel 5 werden die Ergebnisse
der Untersuchung bilanzierend zusammengefasst. Zudem wird ein kurzer Ausblick
auf zukünftige Forschungsperspektiven wird im letzten Teil der Arbeit thematisiert.
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2. Theoretischer Bezugsrahmen: Definition und Explikation von
Begriffen
Um der Frage nachgehen zu können, wie sich die Alltagsgestaltung von
kinderlosen LAT-Paaren und normalen Paaren unterscheidet, sollen im Folgenden
Begriffe, die in der Arbeit verwendet werden, diskutiert werden: Alltag bzw.
Alltagsgestaltung sowie Partnerschaft, Living-apart-together und normale
Partnerschaften. Während in der Soziologie einige der Begriffe bereits weitgehend
übereinstimmend gebraucht werden, besteht für ,, Living-apart-together" noch keine
einheitliche Definition. Das der Untersuchung zugrundeliegende Verständnis einer
LAT-Beziehung ist jedoch wichtig und sollte aus diesem Grund selbst erarbeitet
werden.
Da Living-apart-together eine Partnerschaftsform ist, die sich erst in den
vergangenen Jahren zu einer Lebensform entwickelt hat, die von immer mehr
Paaren gelebt wird, wird zuvor auf die Einflüsse des gesellschaftlichen Wandels auf
die Bedeutungszunahme von Distanzbeziehungen eingegangen. In diesem
Zusammenhang sind die Individualisierungsprozesse innerhalb der Gesellschaft zu
betrachten, die durch Modernisierungsprozesse (z. B. Bildungsexpansion, Wandel
des Arbeitsmarktes) begünstigt wurden und infolgedessen zu neuen Lebensformen
geführt haben.
2.1 Einflüsse gesellschaftlicher Wandlungsprozesse auf die
Bedeutungszunahme von Distanzbeziehungen
2.1.1 Individualisierung
In der soziologischen Diskussion wird die Entstehung der neuen Lebens-,
Beziehungs-, Arbeits- oder Wohnformen in der modernen Gesellschaft u. a. mit der
so genannten Individualisierungsthese (vgl. Schneider et al. 2002 b: 29; Müller 2010:
94) erklärt.
Bei dem Konzept der ,,Individualisierung" handelt es sich um keine ,,geschlossene
Theorie", sondern um ,,Beschreibungen der Lebensbedingungen in modernen
Gesellschaften und vage Entwicklungshypothesen" (Hill / Kopp 2006: 313), um eine
,,alltagsweltliche Interpretationsfolie" (Wohlrab-Sah 1997 in Keddi: 2003: 58). Obwohl
5

in der Forschung umstritten
(vgl. Keddi 2003: 58, 60), kann der Ansatz zu einem
besseren Verständnis für die Erklärung des gesellschaftlichen Wandels sowie von
,,Modernisierungsprozessen im weiblichen Lebenslauf" (ebd.: 59) herangezogen
werden. Das Individualisierungskonzept macht deutlich, dass es in der
postmodernen Gesellschaft keine normierten Lebensläufe mehr gibt und die
Individuen in ihrer Lebensgestaltung freier sind als noch vor dreißig Jahren.
Nach Beck (1986), der den Begriff in den 1980er in die soziologische Diskussion
eingebracht hat, bedeutet ,,Individualisierung" die Herauslösung des Individuums aus
gesellschaftlich vorgegebenen Strukturen (vgl. ebd.: 206). Individualisierung wird als
Folge ebenso wie als Antrieb des Wandels in modernen Gesellschaften gesehen.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat die fortlaufende Modernisierung dazu
beigetragen, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern, und dabei
gleichzeitig zu bewirken, dass sich das Individuum aus den ,,sozialen
Klassenbindungen und den Geschlechtslagen von Männern und Frauen" (Beck
1986: 116) lösen konnte: ,,Der Ausbau des Wohlfahrtsstaates, die Erhöhung des
Lebensstandards, die massive Bildungsexpansion, die gestiegene Mobilität, die
steigende Freizeit und die rasante Entwicklung des Dienstleistungssektors heben
anscheinend die kulturellen Voraussetzungen sozialer Klassen, die angestammten
sozial-moralischen Milieus und die traditionellen Geschlechterverhältnisse auf. Mit
verbessertem Lebensstandard, weitgehender sozialer Sicherheit und neuartigen
Lebenschancen verlieren klassenkulturelle Identitäten, ständisch-konventionelle
Lebenswege und kollektive Sinnquellen an Bedeutung" (Schwier o. J.).
Die fortschreitende Modernisierung hatte zur Folge, dass sich sich die Individuen
aus den strukturell vorgegebenen Zwänge herauslösen konnten und dabei die
individuellen Gestaltungsmöglichkeiten im Lebenslauf sowie die Handlungsoptionen
vor allem im Privatleben deutlich zugenommen haben (vgl. Schneider et al. 2002 b:
29 f.; Beck 1991: 18).
N a c h d e m Ve r s t ä n d n i s d e r I n d i v i d u a l i s i e r u n g s t h e s e h a t d e r
Individualisierungsprozess die Voraussetzungen für die Ausgestaltung einer Vielfalt
von Lebensformen geschaffen: sowohl hinsichtlich der Partnerschaftsformen als
4 Die Individualisierungsthese ist trotz großflächiger Rezeption unter anderem umstritten, weil es kein universelles Phänomen sei, das auf
die gesamte postmoderne Gesellschaft zutreffen würde (vgl. Keddi 60), sondern nur auf ,,individualisierte Milieus und (...) privilegierten
Gruppen" angewendet werden könnte. Die Individualisierung sei deshalb eher eine segmentierte denn eine universale (vgl. ebd.). Zudem
werde von der Individualisierungstheorie der Einfluss von Strukturen unterschätzt: so wirkten sich regionale Arbeitsstrukturen,
Möglichkeiten zur Bildung und Qualifizierung sowie Betreuungsangebote für die Kinder in unterschiedlichem Maße auf die
Gelegenheitsstrukturen und somit auf die Entwicklungsperspektiven von Individuen aus (vgl. ebd. 78, 80f.). Als Gelegenheitsstrukturen
werden gesellschaftliche und soziale Rahmenbedingungen bezeichnet, die die Chancen und Gelegenheiten eines Individuum beeinflussen
(vgl. Keddi 2003: 81). (Zu weiteren Kritikpunkten: vgl. ebd.: 60f., 78f.)
6

auch der Formen des Zusammenlebens mit dem Partner oder der Familie (vgl.
Müller 2010: 95).
2.1.2 Enttraditionalisierungsprozesse führen zu Wahlbiografien
Im Konzept der Individualisierung wird angenommen, dass in der postmodernen
Gesellschaft Enttraditionalisierungsprozesse stattgefunden haben (vgl. Meuser 1998
in Keddi 2003: 59), die sich in einer zunehmenden individuellen Wahl- und
Entscheidungsfreiheit, in der Flexibilität des Lebenslaufes und einer Pluralisierung
der Lebensformen ausdrücken. Der Einzelne kann sich von gesellschaftlichen
Normen lösen und sein Leben in einem erweiterten Raum gesellschaftlicher
Strukturen individuell gestalten (vgl. Diezinger 1991: 18 in Keddi 2003: 59). In einer
Gesellschaft, in der keine kollektiven Regeln und strukturellen Zwänge hinsichtlich
der Lebensläufe mehr zu befolgen sind, steht jeder Einzelne vor der Aufgabe, sich
seine ,,private Welt" (Schneider et al. 2002 b: 30) selbst zu erschaffen und dabei für
sich und seine Familie individuell Werte, Grenzen und Routinen (vgl. ebd.)
festzulegen.
Für beide Geschlechter bedeuten diese Veränderungen eine zunehmende
Auflösung der geschlechtstypisch standardisierten Normalbiografien
hin zu einer
Wahlbiografie (vgl. Keddi 2003: 51, 60). Die Wahlbiografien sind durch die
Erweiterung der individuellen Möglichkeiten der Lebensgestaltung geprägt (vgl. Beck
1986: 216), die der Wandel in der Gesellschaft mit sich gebracht hat: für die Frauen
bedeutet die Individualisierung, dass sie aus der ihr zugeschriebenen Rolle der
Hausfrau und Mutter heraustreten können
und wie die Männer hinsichtlich ihres
Berufslebens und der Gestaltung ihrer Biografie mehr Gestaltungsfreiheit haben (vgl.
ebd.: 171ff.). Während Frauen jedoch nun zwei Lebensbereiche miteinander
verbinden können bzw. müssen, nämlich Beruf und Familie (vgl. Müller 2010: 98),
bleibt den Männern weiterhin vorbehalten, sich fast ausschließlich auf das
Berufsleben konzentrieren können (vgl. ebd.). Demnach sind weibliche Lebensläufe
weniger kontinuierlich und komplizierter als männliche Biografien (vgl. Dausien 1996:
57 in Müller 2010: 98): Frauen streben zunehmend danach, selbst erwerbstätig zu
sein und auch nach einer Familienphase, in der sie sich um das Kind/die Kinder
5 Unter einer Normalbiografie werden standardisierte Stationen in einem Lebenslauf verstanden, die von einem Großteil der Bevölkerung
geteilt werden. Am Beispiel der Männer lassen sich folgende Stationen in einer Normalbiografie finden: Schule, Berufsausbildung,
Erwerbstätigkeit bis zur Rente, Heirat, Familiengründung und Rente (vgl. Müller 2010: 95).
6 In der soziologischen Diskussion wird in diesem Zusammenhang allerdings auch von dem ,,weiblichen Individualisierungsprozess"
gesprochen, der besagt, dass Frauen ihre Biografie zwar frei bestimmen können - jedoch nur phasenweise: aufgrund schlechter
institutioneller Bedingungen hinsichtlich der Kinderbetreuung müssen Frauen in Phasen der Mutterschaft teilweise in die weibliche
Normalbiografie zurückkehren (vgl. Müller 2010: 95).
7

kümmern, zu bleiben. Dabei erfolgt der Wechsel zwischen den einzelnen Phasen
(Familienphase - Erwerbstätigkeit) immer schneller (vgl. Huinink 2008), während
Lebensformen, die eine Erwerbstätigkeit beider Partner ausschließen würden, für
viele Personen unattraktiv geworden sind (vgl. ebd.).
Die Individualisierungsprozesse haben, ebenso wie ökonomische Veränderungen
auf dem Arbeitsmarkt (vgl. Keddi 2003: 62), in der Gesellschaft zu einer
,,Pluralisierung
der Lebensformen" geführt. Es ist eine Vielfalt an Paarbeziehungs-
und Lebensformen entstanden (vgl. ebd.; Keddi 2003: 93), die, so eine interessante
Erkenntnis der Forschung, in bestimmten Altersgruppen oder Lebensphasen
dominanter ist als in anderen (vgl. Wagner 2008: 110). Demnach ist die Heterogenität
von Lebensformen vor allem bei jüngeren Menschen (vgl. Bien 1996 in Keddi 2003:
93) und in den Großstädten zu beobachten: hier sind Singlehaushalte und andere
neue Lebensformen verbreiteter als in ländlichen Regionen. Nach Schneider et al.
(vgl. 2002 b: 29) hängt die Pluralisierung der Lebensformen auch vom Grad der
Urbanisierung ab.
Der gesellschaftliche Wandel zeichnet sich unter anderem durch ein Ansteigen der
Scheidungsraten, nicht-ehelicher Partnerschaften, vermehrtes Single-Dasein sowie
neue Formen des Zusammenlebens aus (vgl. Hill / Kopp 2006: 314). Zudem lebt eine
zunehmende Anzahl von jungen Menschen nach ihrem Auszug aus dem Elternhaus
allein oder unverheiratet mit einem Partner in einem eigenen Haushalt (vgl. Keddi
2003: 93).
2.2 Modernisierungsprozesse in der Gesellschaft
2.2.1 Bildungsexpansion
Der zunehmende Bedarf an Bildung aufgrund technischen Fortschritts und der
daraufhin erfolgte Ausbau von Schulen und Hochschulen seit den 1950er Jahren,
infolgedessen immer mehr Menschen einen mittleren oder höheren
Bildungsabschluss erhalten haben, wird als Bildungsexpansion bezeichnet (vgl.
Geißler 2008: 274, 279). Die zunehmende Höherqualifizierung der Bevölkerung, die
auch die Frauen einschließt, hat das soziale Leben der Gesellschaft maßgeblich
beeinflusst und verändert (ebd.: 279):
7 Zur Begriffsgeschichte vgl. Wagner / Franzmann 2000.
8

So hat der Zugang zu einer höheren Bildung zu mehr Selbstbewusstsein und
Selbstständigkeit der Frauen gegenüber den Männern geführt (vgl. Beck-Gernsheim
2010: 10). Durch das gestiegene Bildungsniveau und die Berufsqualifizierung der
Frauen und die damit zunehmende Erwerbstätigkeit ist die Versorger- bzw.
Hausfrauenehe, die bis in die 1980er eine verbreitete Lebensform war, kein gängiges
Modell der modernen Gesellschaft mehr (vgl. Burkart 1997: 89; Keddi 2003: 26).
Indem die Frauen nun selbst erwerbstätig wurden, waren sie nicht mehr auf eine
Heirat angewiesen, um nach dem Auszug bei den Eltern finanziell abgesichert zu
sein. Damit haben die ,,Ehe und Familie als Versorgungsinstanz und als
ausschließlich biografischer Rahmen für Frauen" an Bedeutung verloren (Beck-
Gernsheim 1992 in Keddi 2003: 27). Ihnen eröffneten sich Optionen, ihr Leben
individuell zu gestalten und eigenen Bestrebungen nachzugehen. Sie erlangten
durch ihre berufliche Tätigkeit ökonomische Unabhängigkeit (vgl. Keddi 2003: 27),
die wiederum zu mehr Selbstbewusstsein und dem Anspruch auf Eigenständigkeit in
der Lebensgestaltung (vgl. ebd.) führte.
Eine weitere Folge der Bildungsexpansion ist, dass sich die Ausbildungszeiten der
jungen Menschen verlängert haben. Dadurch hat sich wiederum der Zeitpunkt zur
Gründung einer eigenen Familie verschoben: Das durchschnittliche Heiratsalter bei
Frauen lag im Jahr 2005 bei 29,6 Jahren, bei Männern bei 32,6 Jahren (vgl. Peuckert
2007: 40 in Hradil / Masson 2008: 206). Die längeren Ausbildungszeiten und damit
das höhere Einstiegsalter in den Beruf werden als Gründe für das zunehmende
Heiratsalter angesehen (vgl. Hradil / Masson 2008: 206).
Zudem ist es durch die Bildungsexpansion immer mehr Menschen möglich
geworden, in höhere berufliche Positionen zu gelangen und damit ein höheres
Einkommen zu erzielen. Insoweit sind mehr Menschen in der Lage, einen eigenen
Haushalt zu finanzieren und damit unabhängig von einem Partner zu leben.
Gleichzeitig werden mit den besseren Chancen, in eine höhere Berufsposition zu
gelangen, neue Anforderungen an die Arbeitnehmer gestellt, die Auswirkungen auf
die Partnerschaft bzw. auf das Familienleben des Einzelnen haben: Flexibilität und
Mobilitätsbereitschaft sind die häufigsten Anforderungen an den modernen
Arbeitnehmer.
2.2.2 Auswirkungen der berufsbedingten Mobilität auf Paarbeziehungen
Mit der Auflösung nationalstaatlicher Grenzen, durch den wirtschaftlichen wie
gesellschaftlichen Strukturwandel und den technologischen Fortschritt hat die
beruflich induzierte Mobilität zugenommen (vgl. Schneider et al. 2002 b: 22). Von den
9

Arbeitnehmern wird erwartet, dass sie anpassungsfähig und mobilitätsbereit sind
(ebd.: 13). Obwohl es Mobilitätserfordernisse, die durch den Beruf bedingt sind,
schon immer
gegeben hat, haben das Ausmaß, die Intensität, aber auch die Anlässe
beruflicher Mobilität in den vergangenen Jahren stark zugenommen (vgl. ebd.: 23).
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig (vgl. Schneider et al. 2002 a: 23 f.):
Die zunehmende berufsbedingte Mobilität hat Auswirkungen auf Paare und
Familien. Während in den 1950er bis 1970er Jahren Berufsmobilität mit
Umzugsmobilität gleichzusetzen war und bei einem beruflichen Wechsel die
gesamte Familie mit dem Mann umzog, hat sich die Berufsmobilität im ausgehenden
20. Jahrhundert verändert: Da mit der Emanzipation und dem gestiegenen
Bildungsniveau immer mehr Frauen einem Beruf nachgehen und vor allem
Akademikerinnen sich eine eigene berufliche Karriere aufbauen wollen, haben sich
neue Formen beruflicher Mobilität gebildet. Sind beide Partner beruflich ambitioniert,
kommt es nicht selten vor, dass der eine Partner, bei einem berufsbedingten
Ortswechsel des Anderen, einen Umzug verweigert, um einen Schaden in der
eigenen Karriere zu vermeiden (vgl. ebd.). Auch in Partnerschaften mit Kindern
werden die klassischen Familienumzüge vermieden, stattdessen werden bei
Berufsmobilen andere Möglichkeiten in Betracht gezogen: tägliches Pendeln,
Wochenend- oder Fernpendeln (vgl. ebd.). Sind beide Partner karriereorientiert, ist
der Beruf selten mit der Familie zu vereinbaren. Nach Schneider et al. (vgl. ebd.) sind
vor allem mobile Frauen kinderlos.
Während unter Mobilität zunächst die räumliche
oder soziale
Mobilität
verstanden wurde, ist der Bedeutungsgehalt der modernen Mobilität nach Schneider
et al. (vgl. 2002 b: 25) weitaus umfangreicher geworden. Die moderne Mobilität hat
zur Entstehung vielfältiger mobiler Lebensformen geführt. Mobil zu sein, bedeutet,
offen, mobil und flexibel zu sein, und darüber hinaus stets für den Arbeitgeber
verfügbar zu sein (vgl. ebd.: 24). Doch diese Anforderungen an die Arbeitnehmer
haben zwangsläufig Auswirkung auf das Privatleben und auf die sozialen Kontakte.
Aus diesem Grund sprechen Schneider et al. (vgl. 2002 a: 16) davon, dass die
8 Schneider et al. (2002 a: 17 ff.; 2002 b: 14 ff.) bieten einen umfassenden Überblick über die Entwicklung der beruflichen Mobilität seit
dem 19. Jahrhundert.
9 Räumliche Mobilität wird nach Schneider et al. (2002 b) als ,,Bewegung im Raum, die einen Wohnortwechsel impliziert" (Albrecht 1972: 25
in ebd.: 25) bezeichnet und umfasst ,,alle Formen räumlicher Mobilität, bei denen wiederkehrend größere Distanzen überwunden werden,
zumeist verbunden mit längeren Abwesenheiten vom Wohnort" (ebd.: 25). Mobilität in diesem Verständnis ,,führt zur Entstehung ,,mobiler
Lebensformen" (ebd.).
10 Soziale Mobilität wird als sozialer Auf-/Abstieg von Individuen innerhalb der Gesellschaft verstanden (vgl. Schneider et al. 2002 b: 25).
10

moderne Berufsmobilität eine neue ,,Dimension erhalten" habe: die Integration der
beruflichen Mobilitätserfordernisse in das Privatleben und in die Familie (vgl. ebd.).
Wie schwierig diese Integration ist, zeige sich daran, dass es immer weniger
Menschen schaffen, Karriere und Familie zu vereinbaren (vgl. ebd.).
Zwar ist die berufliche Kontinuität in Deutschland derzeit noch die Regel, wie eine
Online-Umfrage des Karriereportals Monster 2007 (Monster 2007; vgl. auch
Eichhorst et al. 2009b: 56) zeigt: 45 Prozent von 3.882 Arbeitnehmern arbeiten nach
eigenen Angaben bereits fünf Jahre im selben Job. Zukünftig erwarten Schneider et
al. (2002 b) jedoch, dass ,,traditionelle Arbeitsverhältnisse fortschreitend durch
diskontinuierliche Erwerbsbiografien mit hohen Anforderungen an Flexibilität und
Mobilität abgelöst werden" (ebd.: 19). Die berufsbedingte Mobilität setzt häufig die
Bereitschaft der räumlichen Mobilität voraus bzw. macht diese erforderlich. Denn
nicht selten befindet sich ein neuer Arbeitsplatz an einem anderen Ort oder in einer
anderen Region.
Die Bereitschaft zur Mobilität steigt bei Personen mit hohem Bildungsgrad und
sinkt mit steigendem Alter und zunehmender Haushaltsgröße (vgl. Limmer 2005:
104; Schneider et al. 2002 b: 37). Ferner sind Arbeitnehmer, die heimatverbunden
sind und eine hohe Familienorientiertung aufweisen, weniger mobil (vgl. Limmer
2005: 104, Schneider et al. 2002 b: 20).
2.2.3 Juristische Veränderungen
Das Frauenbild war bis in die 1970er Jahre auch vor dem Gesetz davon geprägt,
dass die Frauen ,,Dienerinnen der Familie" (Beck-Gernsheim 2010: 10) seien und
eine Erwerbstätigkeit für verheiratete Frauen vom Ehemann genehmigt werden
musste. Seit der Reform des Gesetzes, können Frauen selbstbestimmter über ihr
Leben entscheiden und einem eigenen Beruf nachgehen.
2.2.4 Neue Wege der Partnersuche
Nach Burkart findet Paarbildung dort statt, ,,wo sich Menschen treffen" (1997: 60).
Begünstigt wird sie, wenn die Menschen regelmäßig in Kontakt kommen, also vor
allem in der Nachbarschaft, im Bildungssystem und am Arbeitsplatz oder bei
Freizeitaktivitäten (ebd.).
Eine neue Form der Partnersuche ist die der Partnersuche im Internet. Durch
zahlreiche Singlebörsen ist es nun möglich, in Kontakt mit Menschen zu kommen,
denen man im realen Leben möglicherweise nie begegnet wäre. Mit dieser neuen
Form der Partnersuche hat sich nicht nur der Markt potentieller Partner erweitert:
11

Auch der Ort, an dem der Partner wohnt, kann nun hunderte oder gar tausende
Kilometer vom eigenen Wohnort entfernt sein. Oft resultieren daraus Partnerschaften
auf Distanz.
2.2.5 Technologieentwicklung & Geld
Durch die Entwicklung der Kommunikationstechnologie ist es den Paaren nun
möglich, für wenig Geld regelmäßig miteinander zu kommunizieren. Telefon und
Internet sind bezahlbar geworden und lassen es zu, dass Paare über tausende
Kilometer Entfernung Kontakt miteinander halten und sich über Webcams sogar
sehen können. Statt Briefe zu schreiben, die früher, je nach Entfernung, wochenlang
unterwegs sein konnten, erreichen E-Mails eine Person innerhalb von Sekunden -
sogar dann, wenn er sich in einem Land mit schlechter Infrastruktur befindet.
Auch das Reisen ist mittlerweile zu einem komfortableren und relativ preiswerten
Vergnügen geworden: ein Hin- und Rückflug von Berlin nach Paris kostet heute
beispielsweise nur noch 64 Euro
.
Mit diesen technologischen und bezahlbar gewordenen Errungenschaften ist es
Paaren möglich geworden, in getrennten Haushalten in verschiedenen Orten oder
Ländern zu leben und dennoch ihre Beziehung aufrechtzuerhalten.
2.2.6 Zusammenfassung: Entstehungskontext für Distanzbeziehungen
Die Veränderungen, die in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen
stattgefunden haben, können als Erklärung für die Entstehung dieser neuen Form
von Partnerschaft dienen. Der Individualisierungsschub hat zu neuen
Wahlmöglichkeiten und Entscheidungsspielräumen geführt (vgl. Beck-Gernsheim
2 0 1 0 : 2 6 ) . I n z w e i J u g e n d g e n e r a t i o n e n ( ,, A c h t u n d s e c h z i g e r " u n d
,,Bildungsexpansion" (Burkart 1997: 90)) hat sich ein Wandel in der Gesellschaft
vollzogen, der nachhaltige Auswirkungen auf spätere Generationen hatte. Die
Haltungen hinsichtlich Sexualität, Partnerschaft und Ehe haben mit der Studenten-
und Frauenbewegung in den 1960er Jahren den Grundstein gelegt, juristische
Änderungen hinsichtlich Kuppelei, Scheidung und Abtreibung (vgl. Burkart 1997: 90)
führten zu einer Legitimität des Wandels. Die zunehmende Bildungsbeteiligung der
Frauen haben den Arbeitsmarkt und damit die Chancen der Frauen, ökonomisch
unabhängig zu leben, verändert.
Das traditionelle, bürgerliche Leitbild der ,,Normalfamilie" ist für viele Menschen im
21. Jahrhundert kein Ideal mehr (vgl. Beck-Gernsheim 2010: 17).
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Diese Veränderungen haben es Paaren in der modernen Gesellschaft ermöglicht,
individuell zu entscheiden, in welcher Form sie ihre Partnerschaft leben wollen und
gleichzeitig ihre eigenen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Dazu gehört auch, sich für
eine Distanzbeziehung zu entscheiden, wenn es der berufliche Ehrgeiz oder
persönliche Ideale und Werte erfordern.
2.3 Der Begriff des Alltags
Im täglichen Leben wird der Begriff Alltag als Routine oder als ,das Gewöhnliche`
begriffen, als etwas, das im Tagesverlauf immer wieder vorkommt (vgl. Müller 2010:
75). Seit den 1970er beschäftigen sich zahlreiche Forschungsdisziplinen (u. a. die
Soziologie, Volkskunde, Geschichts-, Sprachwissenschaften und auch Psychologie;
vgl. Krotz / Thomas 2007: 34) mit dem Konzept des ,,Alltags". Anregungen für spätere
Publikationen haben insbesondere die Überlegungen des Soziologen Norbert Elias
gegeben, der das Alltagskonzept in seinem 1978 erschienen Aufsatz ,,Zum Begriff
des Alltags" diskutierte. Alltag ist nach Elias ein zivilisatorisches Phänomen, das nicht
isoliert betrachtet werden kann, sondern mit der ,,Struktur der Gesamtgesellschaft
und mit dem langfristigen sozialen Wandel (der Modernisierung, dem Prozess der
Zivilisation) in Verbindung" (Elias 1978: 24) steht. Elias unterscheidet zwischen
,,Alltag" und ,,Nicht-Alltag" (vgl. ebd.: 26), die er gegenüberstellt (vgl. ebd.; vgl. auch
Mörth 1991: 5): Für Norbert Elias stellt sich der Alltag als etwas dar, das im täglichen
Leben eines Individuums stattfindet: das Zusammenleben mit der Familie, dem
Nachgehen des Berufes. Tätigkeiten oder Situationen, die nicht bewusst ausgeführt
bzw. durchlebt werden, sondern in das tägliche Leben integriert, und damit ,,Routine"
sind, entsprechen dem Alltag eines Menschen. Nicht-Alltag sind dagegen u. a.
Festtage, öffentliches oder berufliches Leben, Großereignisse.
An diese Überlegungen knüpft Voß in seiner Konzeption des Alltagsbegriffs an,
wenn er drei abstrakte Dimensionen von Alltag beschreibt (vgl. 2000: 33):
1. Alltag als Handlungsmodus: Alltag wird als normales, gewöhnliches Tun
beschrieben, dass sich von dem Handeln an Sonn- oder Feiertagen absetzt. Die
Tätigkeiten sind konkret, praktisch sowie pragmatisch und verlaufen eher teil- bzw.
unbewusst und unreflektiert.
2. Alltag als Sozialmodus (vgl. ebd.: 34, Müller 2010: 75): In diesem Sinne bewirkt
Alltag eine soziale Inklusion und Exklusion. Vertraute Menschen begleiten das
Individuum ständig im Alltag, Menschen in einem gewohnten Umfeld verbindet ein
,,Wir-Gefühl". Fremde, also nicht zur eigenen Gruppe, zur eigenen Schicht
13

gehörende Menschen, die ärmer, reicher, sozial niedriger oder höher sind,
hingegen gehören nicht zum ,,normalen Alltag" (Voß 2000: 34).
3. Alltag als Modus des Welterlebens (ebd. 34f.): Demnach wird dem Alltag alles
zugerechnet, was dem eigenen Leben zugeschrieben wird. Der Alltag ist ,,die
fiktive Gesamtheit und Ganzheit unseres Lebensrahmens, eben
unserer ,Welt`" (ebd.: 34, Hervorhebung im Original).
Der Alltagsbegriff umfasst somit die Dimensionen gewöhnliches Handeln und
Deuten, die soziale Verortung eines Individuums sowie das allgemeine Erleben der
eigenen Welt (vgl. ebd.: 35). Es geht um das routinierte Tun eines Menschen, das
individuell verschieden ist. Die Routine im täglichen Leben eines Menschen hat eine
zentrale Bedeutung, wenn von ,,Alltagshandeln" gesprochen wird.
2.3.1 Der ,,Alltag" in der modernen Gesellschaft
In den vergangenen Jahrzehnten hat die Einteilung der täglich verfügbaren Zeit
durch gesellschaftliche Differenzierungs- und Flexibilisierungsprozesse einen
Bedeutungswandel erfahren (vgl. Weißbrodt 2005: 280; Klenner et al. 2002: 1).
Der Tagesablauf eines Menschen ist zeitlich strukturiert (vgl. Klenner et al. 2002:
1), wobei diese Zeitstrukturen gesellschaftlich oder physiologisch (vgl. ebd.) geprägt
sind: Physiologisch bedingte Strukturen sind der Schlafbedarf eines Individuums und
seine Nahrungsaufnahme, sozial bedingte Zeitstrukturen sind Arbeitszeiten,
Öffnungszeiten von Läden und Behörden, Medienzeiten (vgl. ebd.) sowie von
anderen Institutionen abhängige Freizeitaktivitäten (Vereinssportarten, Musikschule).
Eine große Rolle spielt im Hinblick auf die Zeitstrukturierung auch der ,,Wechsel von
Arbeitswoche und Wochenende" (ebd.).
Während viele Aktivitäten in der Vergangenheit von der Tages- bzw- Uhrzeit
bestimmt wurden, sind sie heute nicht mehr an bestimmte Zeiten gebunden: So zum
Beispiel das Einkaufen, das in manchen Geschäften 365 Tage im Jahr sogar rund
um die Uhr möglich (vgl. Weißbrodt 2005: 280). In vielen Haushalten spielt auch das
Fernsehen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung des Alltags: während die
Sendezeit noch bis Ende der 1980er Jahre auf bestimmte Tageszeiten beschränkt
war, stehen die Sendungen heutzutage ebenfalls täglich 24 Stunden zur Verfügung
steht. Technologische Fortschritte haben die Möglichkeiten, sich zu beschäftigen,
vervielfältigt: das Internet bietet einen großen Aktivitätsraum im Privaten, das
Telefonieren ist günstig und fast auf der ganzen Welt möglich, Entfernungen sind mit
14

Auto, Bahn oder Flugzeug leicht zu überbrücken. Die zunehmende Flexibilisierung
der Arbeitszeit seit den 1990er Jahren (vgl. Klenner et al. 2002: 1) haben ebenfalls
Veränderungen in den zeitlichen Strukturen der Individuen zur Folge gehabt. Feste
Arbeitszeiten von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr und eine 5-Tage-Woche (Normalarbeitszeit)
sind in der modernen Gesellschaft nur noch ein Arbeitszeitmodell von vielen:
Schichtarbeit, Gleitzeit sowie variable Arbeitszeiten auch am Wochenende und am
Abend nehmen zu (vgl. ebd.).
Obwohl ein Individuum seinen Alltag frei gestalten kann, wird sein Handeln von
verschiedenen Faktoren und deren Ausprägung beeinflusst: der Alltag ist, so das
Fazit von Alltagsforschern, die ihre Forschung subjekt- oder tätigkeitsbezogen
ausrichten, ,,schicht-, generations-, geschlechts- und milieuspezifisch" (Krotz /
Thomas 2007: 36) geprägt. Kulturelle wie gesellschaftliche Bedingungen müssen mit
den Bedürfnissen des Individuums vereinbart werden (vgl. ebd.: 39; Müller 2010: 77).
Wenn gesellschaftlich geprägtes Alltagshandeln betrachtet wird, muss eine
Differenzierung in Arbeitsalltag und Freizeitalltag sowie den Übergängen zwischen
diesen beiden Phasen vorgenommen werden (vgl. ebd.). Während der Arbeitsalltag
in der Regel festen Strukturen folgt und in Aufgabenbereiche unterteilt ist, kann die
Freizeit freier gestaltet werden (ebd.).
In der vorliegenden Arbeit wird der Freizeitalltag betrachtet, da angenommen wird,
dass die Paare ihre gemeinsame Zeit in der Freizeit verbringen, sofern sie nicht
zusammenleben.
2.3.2 Alltagsgestaltung bei Paaren
Da nachfolgend die gemeinsame Alltagsgestaltung der Paare untersucht werden
soll, muss der Fokus also auf die regelmäßigen, routinierten Handlungen liegen, die
die Paare habitualisiert haben. Um den gemeinsamen Alltag der Paare analysieren
zu können, ist es notwendig, die jeweiligen Lebensbedingungen
und die
beziehungsbiografischen Erfahrungen der Paare zu analysieren.
Der Alltag von Paaren, die keinen gemeinsamen Haushalt teilen, ist zeitlich sehr
viel eingeschränkter als der von zusammenlebenden Paaren. Er ist auf einige
Stunden oder Tage am Wochenende oder am Abend reduziert, Fahrtzeiten zum
Partner und zurück zur eigenen Wohnung minimieren die gemeinsame Zeit.
12 Unter ,,Lebensbedingungen" werden nach Hradil (1995: 5) die ,,äußeren Rahmenbedingungen menschlicher Existenz" bezeichnet, also
beispielsweise ,,Einkommensverhältnisse, Wohn- und Arbeitsbedingungen".
15

Die Intensität der gemeinsamen Alltagsgestaltung hängt nicht unbedingt davon ab,
ob Paare zusammenleben oder nicht. Rein objektiv betrachtet, ist die gemeinsame
Zeit und damit die Möglichkeit, den Alltag zu gestalten, bei normalen Paaren
aufgrund ihrer gemeinsamen Wohnung höher als bei LAT-Paaren. Doch mehr Zeit
miteinander verbringen zu können bedeutet nicht unbedingt, dass die normalen
Paare tatsächlich viel Zeit miteinander verbringen. Hier spielen weitere Faktoren eine
wichtige Rolle: der Beruf beispielsweise. Wenn der eine Partner beispielsweise sehr
berufsorientiert ist und einen langen Arbeitsalltag hat, kann sich das tägliche
Miteinander auf wenige Augenblicke beschränken. Auch zeitaufwendige
Freizeitaktivitäten wie Sport, ein Hobby oder Medienkonsum, die von beiden
Partnern getrennt verfolgt werden, reduzieren die Zeit, die einem normalen Paar zur
Verfügung steht.
2.3.3 Zeitliche Abstimmung für einen gemeinsamen Alltag
Die wichtigste Voraussetzung, um einen gemeinsamen Alltag zu entwickeln, ist,
nach Klenner et al., zeitgleich an einem Ort zu sein (vgl. 2002: 144). Dazu müssen
sich die Paare hinsichtlich ihrer Arbeitszeiten und ihrer Freizeitaktivitäten abstimmen
und ,,gegenseitig berücksichtigen" (vgl. ebd.). Je mehr Lebensbereiche miteinander
vereinbart werden müssen, desto komplexer wird die Koordination. Da die
Erwerbstätigkeit der Frauen in den vergangenen Jahren zugenommen hat, ist die
Organisation der Zeit von Paaren oder Familien komplexer geworden. Dabei nimmt
neben Beruf, Partnerschaft und Familie auch die Freizeitgestaltung eine größere
Rolle ein. Die zeitlichen Kapazitäten, die dem Individuum frei zur Verfügung stehen,
sind innerhalb der modernen Gesellschaft oft stark eingeschränkt.
Um regelmäßig gemeinsam Zeit miteinander verbringen zu können, ist es
erforderlich, dass die Paare fähig und bereit dazu sind, sich zeitlich zu organisieren
und dabei nicht nur ihre eigenen, sondern auch die zeitlichen Tagesstrukturen
(Schlafen, Arbeiten und Essen) des Partners im Blick zu haben (vgl. ebd.: 1, 147).
Somit ist zu vermuten, dass die zeitliche Abstimmung nicht nur bei LAT-Paaren
wichtig ist, sondern auch bei normalen Paaren.
2.4 Partnerschaft in der modernen Gesellschaft
2.4.1 Notwendigkeit: Betrachtung des modernen Verständnisses von
Partnerschaft
Auch der Partnerschafts- und der Paarbegriff soll an dieser Stelle betrachtet
werden, da Definitionen aus früheren Generationen nicht mehr die Wirklichkeit
16

abbilden. Nach Beck-Gernsheim stimmen die ,,gewohnten Begriffe nicht mehr" mit
dem ,,Lebensgefühl und die Lebenswirklichkeit der jüngeren Generationen" (2010: 18
f.) überein:
So werde beispielsweise der Begriff ,,Alleinstehender" in der amtlichen Statistik
noch immer aufgeführt, obwohl dieser Begriff heutzutage nicht mehr aussagekräftig
sei: ,Alleinstehend` (Synonym: ,Single` (vgl. Hradil 1995: 6)) bedeutet nicht mehr,
dass jemand, der alleine lebt, keinen Partner hat. Ein Alleinstehender könne
durchaus in einer festen Beziehung leben, ohne mit seinem Partner einen Haushalt
zu teilen (vgl. Beck-Gernsheim 2010: 19).
2.4.2 Entwicklung einer Partnerschaft
Die Entwicklung einer Partnerschaft ist ein progressiver Prozess
, der durch
Interaktion (vgl. Kaufmann 2005: 71, 77; Hill / Kopp 2006: 168 f.) ermöglicht wird. Ob
eine Partnerschaft langfristig bestehen kann und stabil ist, hängt von mehreren
Faktoren ab: ,,In der modernen Gesellschaft ist die Partnerwahl ein kontinuierlicher
Prozess, an dessen Anfang keineswegs sicher ist, dass man einen Partner fürs
Leben oder auch nur für längere Zeit findet" (Hill / Kopp 2006: 169).
Wenn eine Beziehung mindestens ein Jahr andauert, wird sie im Allgemeinen als
eine ,,feste" Partnerschaft bezeichnet (vgl. Brüderl / Klein 2002: 4). Allerdings ist
diese Zahl eher willkürlich gewählt, so dass sie nichts weiter ist als ein möglicher
Hinweis auf die Stabilität einer Beziehung.
Andauernde Interaktion zwischen beiden Partnern in einer Partnerschaft ist eine
wichtige Komponente, die, wenn sie erfolgreich ist, eine Beziehung erhält, oder nicht,
was zum Beziehungsabbruch führt (vgl. ebd.). Wie soziologische Beobachtungen
zeigen, werden die Bereiche, in denen die Paare interagieren, ,,inhaltlich sukzessive
ausgeweitet" (ebd.).
Nach Hill und Kopp (2006: 169 f.) zeichnen sich stabile Partnerschaften durch
Investitionen aus, die die Paare bereit waren und sind, zu investieren. Als
Investitionen werden materielle oder soziale Güter sowie Verhaltensanpassungen
und emotionale Unterstützung bezeichnet. Sie nehmen im Verlauf der Partnerschaft
zu, wobei Rückschläge oder Stagnation durchaus als normal angesehen werden.
Dennoch ist die Investition in eine Partnerschaft ein wichtiger Indikator ,,für die
Fortführung und die Stabilität einer Beziehung" (ebd.: 170).
13 Hill und Kopp haben den Verlauf von Partnerschaften aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und dabei drei Dimensionen
unterschieden: ,,(i) Die Struktur der Entscheidungen und die dyadische Verflechtung, (ii) die Investitionen in die Partnerschaft und (iii) das
Commitment in eine Partnerschaft" (Hill/Kopp 2006: 169f.).
17

Individuen in einer Partnerschaft definieren sich nach Burkart (1997: 49 f.)
,,gemeinsam", was bedeutet, dass beide Partner einen Teil ihrer Individualität
aufgeben und sich nach Außen als eine Einheit zeigen. Unterschieden werden
unterschiedliche ,,Grade der Individualität oder der Autonomie" (ebd.: 50) innerhalb in
einer Partnerschaft. Je nachdem, welches Partnerschaftsideal vorliegt, sind die
Grade der Autonomie oder der Individualität jedes einzelnen Partners
unterschiedlich.
Zu einer Partnerschaft gehört es auch, dass ,,in einem Kommunikations- und
Verhandlungsprozess eine gemeinsame Sicht"
(Hill / Kopp 2006: 171) und
gemeinsame Zielvorstellungen (vgl. ebd.) geschaffen werden. Partner entwickeln
gemeinsame Regeln, um miteinander umzugehen, um Konflikte zu vermeiden bzw.
zu lösen (vgl. ebd.). Zudem erlangen sie im Verlauf der Beziehung ,,Kenntnis von den
allgemeinen und konkreten Lebenszielen, den Präferenzen im Alltagshandeln und
auch den persönlichen, sonst verborgenen Ansichten, Wünschen und
Absichten" (ebd.).
In welchem Rahmen die Paare in den hier betrachteten Lebensformen
gemeinsame Ziele entwickelt haben, soll durch die Interviews herausgefunden
werden. Hier ist interessant zu sehen, ob sich die Ziele der getrennt lebenden Paare
von denen der zusammenlebenden Paare unterscheiden.
Partnerschaftsverständnis im Rahmen dieser Arbeit
In dieser Arbeit wird unter einer Partnerschaft
eine Beziehung zwischen zwei
Menschen verstanden, die auf wechselseitiger Liebe
und Freiwilligkeit basiert und
auf Dauer angelegt ist (vgl. Burkart 1997: 47, 53; Schneider 2009: 677f.; Kaufmann
2005: 69; Hill / Kopp 2006: 151). Eine Partnerschaft ist zudem exklusiv, was
bedeutet, dass beide Partner nur in einer Beziehung und nicht in mehreren
14 Hill und Kopp bezeichnen diese Entwicklung in der Partnerschaft, in der eine Verbundenheit zwischen den Partnern entsteht und eine
,,gemeinsame Realität" aufgebaut wird, als ,,Commitment", als ,,das Gefühl, in eine Beziehung eingebunden zu sein" (2006: 171).
15 Burkart (1997: 13ff.) widmet sich in den ersten beiden Kapiteln seines Buches ,,Lebensphasen - Liebesphasen" der historischen
Entwicklung von Paaren, Partnerschaften und Liebe in der europäischen Geschichte. Das Liebespaar in der modernen Gesellschaft ist
demnach erst im zwanzigsten Jahrhundert entstanden und unterscheidet sich in dem Verständnis, dass die Liebe die Basis für die
Beziehung ist (vgl. ebd.: 43), von dem Liebespaar aus früherer Zeit, die eher selten und fast immer außer-eheliche Verbindungen waren
(vgl. ebd.: 13, 92). Zudem gibt Burkart einen interessanten Überblick über das Paar in der Familienforschung (vgl. ebd. 35ff.).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich ,,die soziale Institution ,,Paar" allmählich ausdifferenziert" (ebd.: 46) hat.
16 In der Psychologie werden unterschiedliche Liebesstile unterschieden (vgl. Hill / Kopp 2006: 152f.): z. B. romantische, freundschaftliche,
besitzergreifende, spielerische etc. Liebe (nach Lee 1976 in ebd.). Hill und Kopp haben die Liebesstile dagegen grob in zwei Dimensionen
unterschieden: a) die romantische, leidenschaftliche Liebe und b) die partnerschaftliche, freundschaftliche Liebe (vgl. ebd.: 153). Während
erstere die Idealisierung des Partners zur Folge hat und die sexuelle Ebene einbezieht, ist letztere vor allem durch Vertrauen, Verständnis
und Zuneigung geprägt (vgl. ebd.). Für die Entstehung einer Partnerschaft wird die romantische, leidenschaftliche Liebe vorausgesetzt (vgl.
ebd.), sie ist die ,,Initialzündung" (ebd.: 156). Während sich die Partner besser kennen lernen, erfährt ihre Liebe einen Wandlungsprozess:
die romantische Liebe wird von der partnerschaftlichen Liebe abgelöst (vgl. ebd.: 155).
18

gleichzeitig leben (vgl. Schneider 2009: 677). Das Zusammenleben eines Paares ist
nach dem Verständnis in dieser Arbeit kein Kriterium für eine Partnerschaft.
2.4.3 Partnerschaft: konventionell vs. unkonventionell
In der Soziologie werden konventionelle und unkonventionelle Lebensformen
(Schneider / Rosenkranz / Limmer 1998) unterschieden. Zu den unkonventionellen
Lebensformen werden neue Lebensformen gezählt, die ,,sich nicht zum
dominierenden Standardmodell entwickelt haben und gesellschaftlich gegenüber
anderen, traditionellen Lebensformen nicht bevorteilt werden" (ebd.: 983).
Partnerschaften, in denen sich die Paare dauerhaft für zwei getrennte Haushalte
entscheiden (Living-apart-together), werden zu den nichtkonventionellen
Lebensgemeinschaften gezählt.
Als konventionelle Lebensform werden demgegenüber Partnerschaften
bezeichnet, die nach einer anfänglichen Phase des Kennenlernens zusammen
wohnen und gemeinsam wirtschaften. Es entspricht der Partnerschaftsvorstellung in
der westlichen Kultur, dass zwei Menschen, die sich lieben, zusammenwohnen (vgl.
Schneider 2009: 677). Aus diesem Verständnis heraus werden in der vorliegenden
Arbeit Paare, die einen gemeinsamen Haushalt bewohnen und eine
Wirtschaftsgemeinschaft bilden, als ,,normale" Paare bezeichnet.
2.4.4 Zusammenlebende Paare
Viele Paare sehen nach der ersten Phase des gegenseitigen Kennenlernens das
Zusammenleben als Möglichkeit an, ihrem Wunsch nach mehr Nähe nachzugehen
und ihren Alltag als Paar leichter organisieren zu können (vgl. Burkart 1997: 79;
Weißbrodt 2005: 279). Während das Zusammenleben von Paaren bis in die 1970er
Jahre nur mit Trauschein
geduldet wurde, haben die Prozesse in der Gesellschaft
dazu geführt, dass sich die Zahl der Paare, die unverheiratet zusammenleben, in den
letzten Jahrzehnten vervielfacht hat (vgl. Burkart 1997: 80 ff.). Dies ist auf die soziale
Akzeptanz gegenüber Unverheirateten zurückzuführen, die sich in den vergangenen
Jahren stark gewandelt hat. Heute durchlaufen bereits ,,mehr als die Hälfte aller
deutschen Paare vor der Ehe eine Phase des Zusammenlebens" (Rupp / Blossfeld
2008: 144).
17 Einen Überblick über weitere soziologische Klassifikationen von Lebensformen gibt Wagner (2008: 103ff.).
18 Nichteheliche Lebensgemeinschaften unterlagen sozialen sowie rechtlichen Sanktionen (vgl. Peuckert 2008: 61). Wer beispielsweise
einem unverheiratetem Paar eine Unterkunft gewährte, konnte nach dem so genannten Kuppeleiparagraphen (§ 180 StGB) zu einer
mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt werden. Seit der Abschaffung dieses Paragraphen 1973 ist die Anzahl der Paare, die unverheiratet
zusammenleben, deutlich angestiegen (vgl. ebd.).
19

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2012
ISBN (PDF)
9783955496272
ISBN (Paperback)
9783955491277
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Schlagworte
Distanzbeziehung Beziehung Partnerschaftsbeziehung Partnerschaft Wohnform Living apart together

Autor

Denise Fritsch, M. A., studierte Politikwissenschaften und Soziologie an der Ruhr-Universität in Bochum sowie an der FernUniversität in Hagen. Schwerpunkt des forschungsorientierten Masterstudiengangs waren die Untersuchung von Ursachen und Konsequenzen von Individualisierung sowie des Umgangs mit Individualisierung im Kontext der heutigen Sozialstruktur. 2012 schloss die Autorin mit einem Master of Arts in Soziologie ab. Die vorliegende Studie entstand im Rahmen ihrer Masterarbeit. Heute arbeitet Denise Fritsch als freie Autorin und Schreibtrainerin.
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