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Europa und die Schuldenkrise - Das Londoner Schuldenabkommen als Wegweiser?

©2012 Bachelorarbeit 55 Seiten

Zusammenfassung

Europa befindet sich in einer Schuldenkrise und keiner weiß so recht, wie mit dem Problem umgegangen werden soll. Es wurden schon Milliarden von Euro an Steuergeldern in die Rettung der Krisenstaaten (u. a. Griechenland, Spanien, Italien, Portugal und Irland) gesteckt. Bisher führte keines der Rettungspakete dazu, dass das Schuldenproblem ganz gelöst werden konnte. Die aufkommenden Fragen werden von einem EU-Gipfel zum nächsten verschleppt, ohne dass eine klare Linie der Politik sichtbar wird. Im schlimmsten Fall droht sogar der Zerfall der Euro-Zone.
Deutschland war nach dem Zweiten Weltkrieg in einer ähnlichen Situation: Hohe Staatsschulden belasteten die öffentlichen Finanzen. Die Alliierten verlangten, dass das Schuldenproblem Deutschlands endlich geklärt wird. Dazu trafen sich die Vertreter Deutschlands und die Gläubiger1952 in London zu einer Schuldenkonferenz, an deren Ende ein Abkommen stand, dass das Schuldenproblem ein für alle Mal geklärt hat.
Kann das Londoner Schuldenabkommen aber ein Wegweiser aus der heutigen Schuldenkrise sein?

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2 Die Maastricht-Kriterien

Wann war ein Land aus ökonomischer Sicht bereit für den Euro? Diese Frage beschäftigte Ökonomen genauso wie Politiker. Im Gegensatz zu den Politikern konnten die Ökonomen jedoch messbare Kriterien für den Beitritt zu Währungsunion fordern. „ Nach dem Maastricht-Vertrag sollen nur Länder an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungs­union teilnehmen dürfen, die für den Beitritt hinreichend vorbereitet sind “ (Issing; 2008; S.11). Ein Land musste demnach eine niedrige Inflationsrate haben, über solide öffentliche Finanzen verfügen und am Festkurssystem des Europäischen Währungssystems (EWS) für mindestens zwei Jahre ohne Spannungen teilgenommen haben. Die Inflationsrate durfte nicht über drei Prozent liegen und die öffentlichen Schulden nicht höher als 60 %, gemessen am BIP des Landes, sein. Die Grundidee war dementsprechend, dass nur Länder an der Währungsunion teilnehmen sollten, die beim erreichten Grad der Preisstabilität eine gewisse Konvergenz aufweisen würden. Die Inflationsraten der einzelnen Länder glichen sich im Zuge des Konvergenzprozesses auf einem historisch niedrigen Level an.

Der Punkt der öffentlichen Verschuldung war wiederum ein Bereich, der bei einigen Ländern zu „verschönten Bilanzen“ geführt hat. Hätten nämlich die Kandidaten die Ziele nicht erreicht, wäre es aus ökonomischer Sicht nicht möglich gewesen sie aufzunehmen, und aus politischer Sicht schwer, dem Wahlvolk zu erklären, warum das Land trotzdem auf­genommen wird. Schwerwiegende Verletzungen dieses Kriteriums kamen aus Belgien, Italien und Griechenland. Einzig Luxemburg hat die Vorgaben direkt zu Beginn erfüllt. Die Grafik zeigt den öffentlichen Schuldenstand von 1990, 1998 und 2011.

Abb. 1([1] ):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Man erkennt, dass zum fixierten Enddatum der dritten Stufe sich die öffentlichen Schulden auf einem Niveau um die geforderten 60 % zum BIP eingependelt haben. Italien, Belgien und Griechenland machen jedoch deutlich, dass der Beitritt zur Währungsunion aus ökono­mischer Sicht gar nicht hätte erfolgen dürfen. Die Entscheidung, trotzdem den Euro einführen zu können, war einzig und allein eine politische. Wie konnte Belgien innerhalb von acht Jahren seine Schulden halbieren? Italien brauchte sogar gar nichts zu verschönen, sie steigerten ihre Staatsschulden sogar auf fast 120 % und trotzdem durften sie der Währungs­union beitreten. Ähnlich sah es in Griechenland aus. „Nachdem es einen Beitritt unter Vorbehalt nicht geben konnte, beruhte die Zulassung in solchen Fällen auf einem politischen Versprechen, den Schuldenstand rasch und deutlich in Richtung der 60 %-Marke zurück­zuführen“ (Issing; 2008; S.12). Diesem Versprechen fühlten sich, wenn überhaupt, nur die amtierenden Regierungen verpflichtet. Folgende Regierungen sahen das Thema nicht mehr so ernst, bis zur Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009.

Ein weiteres Problem, das während des Konvergenzprozesses nicht so ernst genommen wurde, waren die teils extremen Unterschiede im Lebensstandard und der Produktivität der Gründungsmitglieder. Da der Vertrag nur nominelle Größen definiert, wusste man noch nicht, inwieweit es in Zukunft Schwierigkeiten wegen der Geldpolitik geben könnte.

2.3 Eine Währung, mehrere Staaten

Normalerweise ist es so, dass ein Staat eine Währung hat. Ein Staat steht für ein Wirtschaftsraum, eine Fiskalpolitik und eine Geldpolitik, die die Regierung des Landes bestimmt. In dem Land herrscht ein gleicher Lebensstandard vor, die Menschen bekommen für Ihre Tätigkeit einen bestimmten Lohn, der ihrer Produktivität entspricht. Die Regierung sorgt mit Steuern und Staatsausgaben für ein stabiles, wirtschaftliches Wachstum.

Der Euro hingegen hat keinen Staat, der eine einheitliche Politik einschlägt. Die Europäische Union ist weit von einer politischen Union entfernt, jede Entscheidung muss von allen Mitgliedern abgesegnet werden. Jedes Land der aktuell 17 Euroländer kann nur innerhalb seiner Staatsgrenzen für eine solide Fiskal- und Wirtschaftspolitik sorgen. Daher laufen aktuell die Bemühungen, auch wenn es kein Politiker laut ausspricht, die Europäische Union langsam zu einer Politischen Union umzubauen.

Schon Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) bemerkte in seiner Regierungserklärung im November 1991:

„Man kann dies nicht oft genug sagen. Die Politische Union ist das unerlässliche Gegenstück zur Wirtschafts- und Währungsunion. Die jüngere Geschichte, und zwar nicht nur die Deutschlands lehrt uns, dass die Vorstellung, man könne eine Wirtschafts- und Währungsunion ohne Politische Union auf Dauer erhalten, abwegig ist“[2].

In der Geschichte ist diese Reihenfolge selten, wenn nicht sogar einmalig. Die monetäre Integration kommt vor der politischen Integration. „Der französische Währungspolitiker hatte schon 1950 kurz und bündig erklärt: L‘Europe se fera par la monnaie ou ne se fera pas - Europa wird durch das gemeinsame Geld geschaffen oder es kommt nicht zustande“ (Issing; 2008; S.198). Warum entschied man sich dann für diese Reihenfolge, obwohl man wusste, dass es nicht die Richtige ist?

Das mag einerseits daran liegen, dass die Bevölkerung in Sachen Europa immer eher skeptisch war und ist. Es scheint, als ob aus Brüssel Befehle kommen würden, die die Menschen nicht wollten. Das Gesetzgebungsverfahren ist kompliziert und das Europäische Parlament unzureichend demokratisch legitimiert. Die Aufgabenteilung in Europa ist ebenfalls nicht demokratisch genug. Das Europäische Parlament wird noch von der Bevölkerung gewählt wird, aber nur die EU-Kommission hat das Recht Gesetzesvorlagen auf den Weg zu bringen. Die Kommissare werden wiederum von den 27 EU-Regierungen eingesetzt. Das Europäische Parlament kann sich dann nur an den Gesetzen beteiligen. Diese Art der Gesetzgebung ist in den einzelnen Staaten nicht möglich.

Viele Ökonomen kritisierten in den 90‘er Jahren die Beschlüsse zum Maastricht-Vertrag und damit zum Euro. Wilhelm Hankel, Professor für Währungspolitik sagte dazu: „Eine ein­heitliche Währungspolitik oder gar Währung für ganz Westeuropa: das wäre der eingebaute Sozialkonflikt, um nicht zu sagen der monetäre Bürgerkrieg in der EG, die sicherste Methode sie zu sprengen, statt sie zur Politischen Union zu verdichten“ (Bandulet; 2010; S. 115). Karl Schiller, Bundeswirtschaftsminister zwischen 1966 bis 1972 sah die Krise von heute ebenfalls kommen: „Der Druck auf die EZB in Richtung auf eine weiche Geldpolitik wird sicher kommen“ (Bandulet; 2010; S. 116).

So schlug man am 1. Januar 1999 einen ungewissen Weg ein. Einen Weg voller Hoffnung, vieler Risiken und vielen offenen Fragen. Aber mit der Gewissheit, dass an diesem Tag Europa ein großes Stück weiter zusammengewachsen ist. 2005, sechs Jahre nach Einführung des Euro, kam es bereits zur ersten, großen Eurokrise. Der Euro wertete immer weiter auf im Vergleich zum Dollar, er betrug zum Jahresende 2005 1,16 $. Schon wurden Studien veröffentlicht, dass der Euro Deutschland schade, für dauerhafte Preissteigerungen genutzt wurde und dass ein Austritt aus der Währungsunion gar nicht so schwer wäre. Professor Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo-Instituts, sagte dazu: „Der Euro hat Deutschland des Vorteils der niedrigen Zinsen beraubt“ (Bandulet; 2010; S. 95). Im selben Jahr hat Deutschland schon längst die Stabilitätskriterien von Maastricht verletzt. Griechenland stand am Pranger, sich mit gefälschten Bilanzen in die Eurozone geschummelt zu haben, obwohl der Politik die unzureichende Wirtschaftskraft des Landes schon in den 90‘ern bekannt war.

In ihrer Sitzung am 20. März 2005 beschloss der Ecofin-Rat (besteht aus den Wirtschafts- und Finanzminister der Euroländer), den Stabilitätspakt aufzuweichen. Unter der Vorlage „Verbesserung der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes“ wurde beschlossen, dass sich die Euroländer unter bestimmten Umständen mehr als die erlaubten 3 % ver­schulden dürfen. Dazu zählen Naturkatastrophen, negative Wachstumsraten, die herrschende Konjunkturlage und Rentenreformen.

Mit diesem Beschluss wurde letztlich nicht anderes gemacht, als allen Eurostaaten zu erlauben, sich unbegrenzt zu verschulden. Keine drei Jahre später führte die Verschuldungs­orgie zur bisher größten Krise des Euro. Ob und wie der Euro diese Krise überstehen kann, ist ungewiss. Der Politische Wille, das Projekt Euro und damit auch Europa zusammenzuhalten, ist groß.

2.4 Schuldenkrise in Europa

Mit dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers und der darauf folgenden weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 rückten auch die öffentlichen Schulden vieler Länder näher ins Blickfeld. Die Milliardenbeträge, die für die Banken-Rettungsschirme aufgebracht werden mussten, überforderten immer mehr Länder. So kam es nicht überraschend, dass einige Euro-Staaten, die vorher bereits exorbitante Schulden hatten, das Vertrauen der Anleger verloren haben. Es herrschte regelrecht Panik an den Kapitalmärkten, Zinsen für Staatsanleihen der Krisenländer schossen über Nacht in die Höhe. Besonders hart getroffen hat es südeuropäische Länder wie Portugal, Italien, Griechenland und Spanien. Aber auch Irland geriet in den Strudel der Schuldenkrise. Diese Staaten nennt man abgekürzt auch PIIGS-Staaten. Ihre Bonität wurde nach Ausbruch der Krise mehrfach herabgesetzt, sodass die Zinsen für neue Staatsanleihen weiter steigen ließen. Da alle Staaten dieselbe Währung haben, ist das Problem auch ein Problem der anderen Staaten in der Euro-Zone.

Die Kritiker, die schon bei der Euro-Einführung gesagt haben, dass der Euro Geburtsfehler hat und das die Stabilitätskriterien nicht ausreichend sind, sehen sich seit Ausbruch der Krise bestätigt. „Eine ganze Reihe von Wirtschaftswissenschaftlern forderte damals vor der Einführung einer europäischen Währung eine gemeinsame Wirtschafts- und Währungs­politik“ (Sandmaier; 2011; S.12). Das Fehlen dieser elementaren gemeinsamen Politikfelder hat dazu geführt, dass einzelne Staaten sich ohne Probleme weit über ihre Verhältnisse verschulden konnten, ohne dafür bestraft werden zu können. Wie im vorherigen Unterpunkt beschrieben, haben sich die Regierungen der Euroländer sogar darauf geeinigt, die Stabilitätskriterien zu lockern und das Verschulden damit noch einfacher gemacht. Mit diesem Schritt stieg die Zinslast der einzelnen Staaten bis zum Ausbruch der Krise.

Auf Abbildung 2 sieht man eindeutig, wie die Krise die Renditen auf zehnjährige Staatsanleihen steigen ließ. Bis Januar 2009 waren die Renditen aller Euro-Länder etwa auf dem gleichen Niveau, d.h. sie konnten sich fast zum selben Zinssatz verschulden. Auf den ersten Blick ist dies gar nicht mal so schlecht für Staaten, die vor dem Euro mehr Zinsen bezahlen mussten. Auf dem zweiten Blick hingegen, ist der Euro für die südeuropäischen Staaten zum Verhängnis geworden. Griechenland konnte sich zum selben Zinssatz wie Deutschland verschulden, aber mit einer wesentlich geringeren Wirtschaftskraft. Denselben Effekt hatte es auch auf Portugal.

Abb. 2([3] ):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vor allem in diesen Ländern ist die Wettbewerbsfähigkeit und die Lohnstückkosten ein Problem. Während in wirtschaftsstarken Ländern wie Deutschland die Löhne nur minimal gestiegen sind, konnten sich die Menschen in Griechenland und Portugal über steigende Löhne freuen. Diese Steigerung der Löhne war aber nicht erwirtschaftet, sondern schulden­finanziert. Die Haushaltsdefizite wurden Jahr für Jahr größer.

Um die PIIGS-Staaten vor dem drohenden Staatsbankrott zu bewahren, wurden diverse Rettungspakete von den restlichen Eurostaaten geschnürt. Auch wenn diese Rettungs­maßnahmen für kurze Zeit die Märkte beruhigen konnten, stellen sie bis heute keine endgültige Lösung der Schuldenkrise in Europa dar.

2.5 Vertrauenskrise trotz Rettungspakete

Der Ausgangspunkt der europäischen Schuldenkrise begann mit dem Eingeständnis der griechischen Regierung, dass das Haushaltsdefizit nicht wie angekündigt 6 % betragen würde, sondern eher 13 %. Das war im Oktober 2009. Im Angesicht eines derartig großen Defizits wurde die Kreditwürdigkeit Griechenlands von allen drei großen Ratingagenturen Fitch, Moody‘s und Standard & Poor‘s massiv herabgestuft. Der griechische Minister­präsident Georgios Papandreou kündigte daraufhin harte Sparmaßnahmen an, die jedoch bei weitem nicht ausreichten. Weitere Sparmaßnahmen folgten und jedes Mal wuchs die Wut der Bürger, weil es vor allem die Schwächsten traf. „Anfang März 2010 legte Griechenland ein Sparpaket mit einem Volumen von 4,8 Mrd. Euro vor und im April bittet Griechenland erstmals offiziell bei der EU und dem IWF um Hilfe“ (Strubbe; 2012; S. 4).

Obwohl die EU-Verträge ausschließen, dass EU-Staaten für die Schulden anderer EU-Staaten haftbar gemacht werden können („No-Bail-Out-Klausel“), beschließen die Finanzminister der EU Griechenland zu helfen. Das erste griechische Hilfspaket wird am 2. Mai 2010 beschlossen, welches an die Sanierungsbedingungen der sog. Troika (bestehend aus EZB; IWF und EU-Kommission) geknüpft ist. Das Hilfspaket hatte ein Volumen von 110 Mrd. Euro, das in Tranchen an Griechenland überwiesen wurde. In den anderen PIIGS-Staaten war eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Die Herabstufung der Bonität durch die Rating­agenturen ließ die Zinsen steigen, Sparmaßnahmen wurden getroffen, die dann aber einen geringen Effekt hatten. „Aus der Krise in dem ökonomisch unwichtig erscheinenden Griechenland entwickelte sich ein systemisches Risiko und eine europäische Krise“ (Strubbe; 2012; S. 4). Um nicht das gesamte System zu gefährden, spannten die Politiker daher einen Rettungsschirm auf, den EFSF, der mit Garantien in Höhe von 780 Mrd. Euro abgesichert ist.

Die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) hat bisher sechs Euro-Staaten Finanz­hilfen gewährt, um den Staatsbankrott zu verhindern. Zu diesen Ländern gehört Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Zypern und Slowenien. Das Vertrauen der Märkte konnten die Staaten durch die Hilfszusagen nicht zurückgewinnen. Vor der Krise wurden Staatsanleihen als sichere Anlagen angesehen, dieses Vertrauen sinkt mit jeder weiteren Herabstufung. Der Sachverständigenrat kommt in seinem Jahresgutachten zu dem Ergebnis:

„Da Staatsanleihen traditionell als sicherer Kern des Finanzsystems betrachtet wurden, führte das seit Monaten wachsende Misstrauen in die Bonität öffentlicher Emittenten zu einem Vertrauensverlust gegenüber europäischen Banken, der sich wiederum nachteilig auf die Einschätzung der Solvenz der Mitgliedstaaten auswirkte. Es drohte die Gefahr einer systemischen Krise.“[4]

Die Europäische Schuldenkrise wird auch dadurch befeuert, dass die Anleger den Euro-Staaten nicht vertrauen, die Krise bewältigen zu können. Zu stark sind die Unterschiede in der Wirtschaft zwischen den nord- und südeuropäischen Staaten. Die im Süden produzierten Güter sind nicht wettbewerbsfähig gegenüber den Produkten aus dem Norden. Produkte aus Griechenland sind in Deutschland teurer. Ein Staat mit einer eigenen Währung würde in diesem Fall die Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen, indem es seine eigene Währung gegenüber der Fremdwährung abwertet, dieser Schritt macht das eigene Produkt im Ausland günstiger, was wiederum zu mehr Exporten führt. In einer Währungsunion ist das allerdings keine Option mehr. Griechenland und die anderen Krisenstaaten können nicht abwerten, ihre Produkte bleiben relativ teurer im Ausland, sie können weniger exportieren. Im Gegenteil, sie importieren mehr aus dem Ausland und verschulden sich weiter. „Mit einem gemeinsamen Euro ist eine Abwertung der eigenen Währung leider kein Heilmittel mehr zur Wiederherstellung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit und so werden Staaten an ihrer eigenen Basis angegriffen - der Finanzierung“ (Domes; 2012; S. 1).

Der EFSF ist als Notlösung gedacht und soll durch den dauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ersetzt werden. Es wird sich zeigen, inwieweit die Rettungs­schirme wirken werden, aber zurzeit ist die Krise noch lange nicht überstanden.

Was kann man also tun? Welche Alternative bieten sich noch an? Es ist nicht das erste Mal, dass Staaten sich in einer Schuldenkrise befinden. Deutschland befand sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs auch in einer Staatsschuldenkrise. Deutschland konnte sich mit seinen Gläubigern einigen und zahlte seine Schulden ab. Mit dem „ Gesetz zur Ausführung des Abkommens vom 27. Februar 1953 über deutsche Auslandsschulden “ auch bekannt unter dem „ Londoner Schuldenabkommen “ konnte Deutschland binnen kürzester Zeit wieder zum Industrieland aufsteigen und seine Schulden tilgen. Wäre ein Abkommen dieser Art eine Alternative zu den ständigen Hilfspaketen und Rettungsmaßnahmen oder war die Situation Deutschland nicht zu vergleichen mit der jetzigen in Europa?

[...]


[1] Zahlen von Eurostat und dem Internationalen Währungsfond; Zahlen für Deutschland 1990 beziehen sich auf West-Deutschland

[2] Regierungserklärung von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) am 6. November 1991

[3] Zahlen von der EZB

[4] Jahresgutachten 2011/12 des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, S. 78

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2012
ISBN (PDF)
9783955496395
ISBN (Paperback)
9783955491390
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bremen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Schlagworte
Vertrauenskrise Schuldenmanagement Dawes- und Young-Plan Vertrag von Maastricht Euro-Krise

Autor

Çağlayan Gürkan, B. Sc., wurde 1986 in Bremen geboren. Sein Studium der Wirtschaftswissenschaft an der Universität Bremen schloss der Autor im Jahre 2012 mit dem akademischen Titel des Bachelor of Science erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der Finanz- und Telekommunikationsbranche. Fasziniert von der europäischen Kultur verbrachte der Autor viel Zeit in Italien, Griechenland und der Türkei, um die Besonderheiten der Länder näher kennenzulernen. Seine Tätigkeit in der Finanzbranche motivierte ihn, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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