Kreditpooling in der Sparkassen-Finanzgruppe
Zusammenfassung
Das im Kreditrisikomanagement eingesetzte Kreditpooling knüpft an dieser Problemstellung an und zeigt den Sparkassen eine alternative Handlungsmöglichkeit zu den klassischen Instrumenten der Kreditrisikosteuerung auf.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
2.1. Ausfallsrisiko (default risk)
Im Allgemeinen bezeichnet das Ausfallrisiko die Gefahr eines Verlustes, weil ein Schuldner seinen vertraglichen vereinbarten Zahlungsverpflichtungen gänzlich oder teilweise nicht nachkommt. Im weiteren Sinne wird hierunter auch der Wertverlust, bis hin zu vollständigen Wertlosigkeit, von Sach- oder Vermögensgegenständen subsummiert. Im Kreditgeschäft kann diese Aussage konkret darauf bezogen werden, dass ein Schuldner die vertraglich vereinbarte Zins- und Tilgungsleistung nicht oder nur teilweise erbringt, bzw. die Sicherheiten im Falle der Verwertung einen niedrigeren Verwertungserlös erzielen als vorab kalkuliert.[1]
Da im Allgemeinen sämtliche Risikoaktiva mit einem gewissen Ausfallrisiko behaftet sind[2], führen Kreditinstitute zur Quantifizierung des erwarteten Ausfallrisikos, ein Rating durch. Ziel hierbei ist, die korrekte Ermittlung der erwarteten Risikokosten und eine entsprechende Einbeziehung in den jeweiligen Kreditpreis (z.B. risikoadjustierter Zinssatz). Dem jeweiligen Risikoprofil des Schuldners entsprechend, fordert die Bankenaufsicht (BaFin) die Vorhaltung entsprechender Eigenkapitalquoten. Hierbei erfolgt der Rückgriff auf verschiedenste rechtliche Anforderungen, wie z.B. das KWG, die SolvV oder die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk).[3]
2.2 Bonitätsrisiko (downgrade risk)
Das Bonitätsrisiko beziffert das Risiko einer evtl. Unfähigkeit oder mangelnden Bereitschaft zur Zahlung fälliger Zins- und Tilgungsleistungen durch den Kreditnehmer.[4] Das bereits in Punkt 2.1. angesprochene Rating eines Kunden spielt für das Bonitätsrisiko eine entscheidende Rolle.[5] Das Rating ist dabei eine in die Zukunft gerichtete Meinung über das bestehende Ausfallrisiko des zugrunde liegenden Engagements bzw. des Schuldners. Es bringt damit die Fähigkeit und Bereitschaft eines Schuldners zur Erbringung seiner finanziellen Verpflichtungen zum Ausdruck. Die Bewertung erfolgt dabei i.d.R. durch Organisationen, die auf die Beurteilung von Kreditrisiken spezialisiert sind (z.B. Ratingagenturen).[6]
Das Bonitätsrisiko, bezogen auf einen Schuldner, spiegelt die Gefahr einer Verschlechterung der Ratingklasse des Kreditnehmers, im Laufe der Kreditbeziehung, wieder.[7]
2.3 Spreadrisiko (credit spread risk)
Der Credit Spread (Kreditzinsspanne) lässt sich vereinfacht als die Differenz zwischen dem zugrunde liegendem Kreditzins und dem Zinssatz einer risikolosen Geldanlage interpretieren.[8] Der Credit Spread ist demnach ein Risikoaufschlag eines Schuldners, aufgrund dessen persönlicher oder wirtschaftlicher Fähigkeit zur Rückzahlung eines Kredites (Bonität), gegenüber einem am Markt verfügbaren risikolosen Schuldner.[9]
Das Risiko des Kreditgebers ergibt sich hierbei ebenfalls über das bereits im voran gegangenen Abschnitt erläutertem Bonitätsrisiko. Die Bonität eines Kreditnehmers kann sich im Verlauf der Kreditbeziehung verändern bzw. verschlechtern. Die Aufschläge (Credit Spreads), gegenüber einer risikolosen Anlageform, können sich dadurch im Folgenden stark ausweiten. Sollte die zugrunde liegende Kreditposition eine Anleihe sein, so kommt es unter Umständen zu Abschlägen auf den Kurs der Anleihe. In einer originären Kreditbeziehung, also beispielsweise bei einer klassischen Kreditvergabe durch eine Bank oder Sparkasse, ist dies regelmäßig nicht zu beobachten.[10]
3. Kreditderivate
Der finanzwirtschaftliche Begriff „Derivat“ stellt eine Zusammenfassung unterschiedlicher Finanzinstrumente aus der Fachliteratur dar. Die Finanzinstrumente weisen dabei alle ein gemeinsames Merkmal auf: Ihr Wert ist Abhängig von einem anderen Finanzprodukt, dem so genannten Underlying, Referenzaktiva oder Basisinstrument. Die Produkte als solches können sich dabei auf die verschiedensten Formen von Basisinstrumenten beziehen[11]. Die innovative Ausgestaltung solcher Finanzinstrumente, richtete sich anfänglich auf die Erfassung der „Marktpreisrisiken“[12]. Ende der 1990er verstärkte sich der Fokus auf die sachgerechte Einbindung von Kreditrisiken. Diese Einbindung in die Ausgestaltung von Derivaten wird unter dem Oberbegriff „Kreditderivat“ subsumiert.[13]
In den folgenden Abschnitten 3.1. bis 3.4. erfolgt die Definition und Erläuterung der Grundformen von Kreditderivaten. Im Abschnitt 3.4. wird dabei explizit auf die Finanzinnovationen Basked Credit Default Swap, Credit Linked Note und Asset Backed Securities eingegangen.
3.1. Grundformen und Definition
Kreditderivate, in ihrer originären Form, sorgen für die Separation des Kreditrisikos von einem oder mehreren Referenzvermögensgegenständen und schaffen somit die Voraussetzungen für die Handelbarkeit des losgelösten Kreditrisikos.[14] Eine Übertragung des Kreditrisikos auf einen anderen Marktteilnehmer ist somit möglich geworden.[15] Die Kapitalmarktsemente, welche sich mit dem Handel dieser Finanzinstrumente beschäftigen, haben sich in den vergangenen Jahren durch ein lebhaftes Wachstum ausgezeichnet. Die zunehmende Standardisierung dieser Kapitalmarktgeschäfte dürfte dabei als einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren auszumachen sein.[16] Um den individuellen Kundenbedürfnissen Rechnung zu tragen, werden Kreditderivate i.d.R. „OTC“ (over-the-counter), also außerhalb des Verantwortungsbereichs einer Börse, gehandelt.[17]
In der Sparkassen Finanzgruppe werden Kreditderivate üblicherweise nicht zur Spekulation am Geld und Kapitalmarkt, sondern zur gezielten Risikoreduktion innerhalb des Kreditportfolios genutzt. Im Umkehrschluss ermöglichen diese Art von Finanzinstrumenten jedoch auch Geschäfte zum systematischen Aufbau von bisher im Portfolio unterrepräsentierten Adressrisiken. Eine Hürde stellen hierbei jedoch diverse rechtliche Vorgaben, hinsichtlich des Einsatzes von Kreditderivaten im Eigenhandel von Sparkassen, dar.[18] Auf die vorhandenen rechtlichen Restriktionen soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, jedoch ist es erforderlich zunächst einige allgemeine Begrifflichkeiten, bzw. Konstruktionsbausteine, im Zusammenhang mit Kreditderivaten, zu erklären.
Die beiden Vertragsparteien eines Kontraktes werden zum einen als Protection Seller (Sicherungsverkäufer), bzw. Risk Buyer (Risikokäufer) und zum anderen als Protection Buyer (Sicherungskäufer), bzw. Risk Seller (Risikoverkäufer) bezeichnet.[19] Der Sicherungskäufer möchte sich durch die Transaktion gegen ein bestimmtes Kreditrisiko absichern und ist dafür bereit, eine Prämie zu entrichten. Der Sicherungsverkäufer erwirbt gezielt das angebotene Risiko und erhält dafür die vom Sicherungskäufer zu entrichtende Prämie. Diese Prämie wird durch die Preisverhandlung zwischen Risikokäufer- und Verkäufer festgelegt und kann entweder einmalig oder in Form einer periodischen Zahlung geleistet werden. Sie wird dabei meist in Basispunkten (BP) ausgedrückt.[20] Innerhalb des Kontraktes ist auf eine unmissverständliche rechtliche Definition der Vertragsparteien zu achten. Sollte die Benennung der Vertragspartner nicht eindeutig sein, kann es (z.B. in Unternehmensverbünden) zu unerwünschten Haftungsverhältnissen kommen.[21] Die vorbenannten Vertragsparteien einigen sich auf ein Basis- oder Referenzinstrument – das so genannte Underlying. Als Underlying kommen, neben einzelnen Kreditpositionen, auch vollständige Portfolios (Körbe bzw. „Baskets“), Indizes oder synthetisch gebildete Einheiten in Frage.[22] Das dem Kontrakt zugrunde liegende Underlying muss dabei nicht zwingend das Aktivum sein, welches der Sicherungskäufer im konkreten Einzelfall besichern möchte, noch muss es sich im Eigentum einer der beiden Vertragsparteien befinden.[23] Die Laufzeit des Kreditderivats kann durch die jeweiligen Vertragsparteien frei vereinbart werden. Der ausgehandelte Kontrakt kann dabei auf die entsprechende Laufzeit des Referenzaktivums abgestimmt sein, jedoch sind auch Abweichungen bzgl. der Laufzeit möglich. Sollten sich die Vertragsparteien bewusst für ein solches auseinanderfallen der jeweiligen Laufzeiten entscheiden, so trägt der Risikoverkäufer (nach Auslauf der Kreditderivats) wieder das vollständige Kreditrisiko.[24] Von zentraler Bedeutung, für die Vertragspartner, ist eine genaue Definition des Kreditereignisses (Credit Events). Die Standartkreditderivate stützen sich auf das Masteragreement der ISDA, welche auf sechs verschiedene Kreditereignisse als Auslöser (Trigger) aufbauen:[25]
1. Insolvenz (Bankruptcy): Der Referenzschuldner meldet durch Überschuldung oder (drohender-) Zahlungsunfähigkeit, Insolvenz an.
2. Verbindlichkeitenverzug (Obligation Default): Ein wesentlicher Teil der Verbindlichkeiten geraten, ohne deren Fälligstellung, in Zahlungsverzug. Die „Wesentlichkeit“ wird dabei über eine Mindestgrenze definiert.
3. Vorzeitige Fälligkeit (Obligation Acceleration): Verbindlichkeiten, in einer zuvor definierten Höhe, werden vorzeitig fällig.
4. Nichtzahlung (Failure to pay): Nach Ablauf einer vereinbarten Frist werden für eine oder mehrere Verbindlichkeiten keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr erbracht.
5. Nichtanerkennung (Moratorium): Verbindlichkeiten (von z.B. Staaten) werden für ungültig erklärt und die Zins- und Tilgungsleistungen dafür eingestellt.
6. Restrukturierung (Restructuring): Für das zugrunde liegende Referenzaktivum wird eine Prolongation, Reduktion des Kreditzinses / Rückzahlbetrages, Rangrücktritt, Währungsänderung oder die Stundung von Zins- und Tilgungsleistung vereinbart.
Die Vertragspartner sind nicht zwingend an die Vorgaben aus den Standartkreditderivaten gebunden, sondern sie sind vielmehr frei in der Wahl des Auslösers. Um jedoch evtl. juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, werden die Vertragspartner Sachverhalte wählen, die auf Basis öffentlich verfügbarer Informationen nachprüfbar sind. Weiterhin werden die Vertragspartner im Allgemeinen, zur Ermittlung eines fairen Marktpreises, auf eine enge Definition des Kreditereignisses achten.[26] Bei Eintritt eines der vorab definierten Kreditereignissen, ist der Sicherungsverkäufer verpflichtet, eine Ausgleichszahlung zu leisten. Bei der Abwicklung dieser Ausgleichs- bzw. Kompensationszahlung, kann nach zwei verschiedenen Vorgehensweisen unterschieden werden. Der Sicherungsverkäufer kann hierbei zu einer physischen Lieferung oder zu einem Ausgleich in Geld verpflichtet werden. Bei der physischen Lieferung überträgt der Sicherungskäufer das Underlying gegen Zahlung des Nominalwertes an den Sicherungsverkäufer. Der Sicherungsverkäufer hat dann die Möglichkeit, die offene Forderung beim Referenzschuldner einzutreiben. Bei der Ausgleichszahlung in Geld (Cash Settlement), erfolgt entweder die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem Wert des Underlyings, bei Eintritt des Kreditereignisses und einem als Basispreis festgelegten Restwertes oder durch einen im Vorfeld festgelegten Fixbetrag.[27] Im Falle der Absicherung eines Kreditportfolios eignet sich vor allem der Barausgleich (Cash Settlement), da sich einzelne Kreditengagements nur schwer aus einem solchen Portfolio herauslösen lassen.
Die folgende Abbildung zeigt die typische Grundstruktur eines Kreditderivats, unter Berücksichtigung der zuvor erläuterten Komponenten:[28]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2. Grundstruktur eines typischen Kreditderivates
3.2. Credit Default Swap
Der Credit Default Swap (CDS) zählt zu den bedeutsamsten Kreditderivaten der internationalen Finanzmärkte, da nahezu 90% der am Markt platzierten Kreditderivate die Struktur eines Credit Default Swap besitzen.[29] Ein Grund für den Erfolg des Credit Default Swaps könnte darin liegen, dass durch den Abschluss eines solchen Kontraktes, das Kreditrisiko losgelöst von der eigentlichen Kreditbeziehung gehandelt werden kann. Die eigenständige Handelbarkeit des eigentlichen Kreditrisikos erweitern die Möglichkeiten einer, für Kreditinstitute bedeutsamen, gezielten Ertrags- bzw. Risikosteuerung. Weiterhin ermöglicht der CDS dem Institut eine breite Risikostreuung in Sektoren bzw. Branchen, in welchen man bisher nicht direkt als Gläubiger in Erscheinung getreten oder unterinvestiert ist.[30]
Bei einem Credit Default Swap übernimmt der Risikokäufer (Risk Taker) die Funktion des Sicherungsgebers. Er verpflichtet sich als solcher dem Risikoverkäufer (Risk Shedder) als Sicherungsnehmer, bei Eintritt des vertraglich vereinbarten Kreditereignisses, eine Ausgleichszahlung in der zuvor vereinbarten Höhe, zu leisten.[31] Der Sicherungsnehmer verpflichtet sich im Gegenzug an den Sicherungsgeber, für die Übernahme des individuellen Kreditrisikos, eine periodische Prämie zu entrichten. Typischerweise wird diese Prämie in Basispunkten (BP) per anno, bezogen auf den abzusichernden Nominalwert, ausgedrückt.[32] Bei kurzen Restlaufzeiten ist jedoch auch eine einmalige Prämiemzahlung möglich.[33] Die Definition der Kreditereignisse (Credit Events) orientieren sich, wie in Abschnitt 3.1. bereits angeführt, an den Standards der International Swaps and Derivatives Association (ISDA). Die Credit Events umfassen üblicherweise Ereignisse wie z.B. Zahlungsverzug oder Zahlungsausfall, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Restrukturierung von Verbindlichkeiten zu Lasten der Gläubiger.[34] Die Auszahlung des Credit Default Swaps wird dabei, im Gegensatz zu anderen Derivaten, nicht durch eine reine Preisbewegung, sondern durch den tatsächlichen Eintritt eines der Kreditereignisse, ausgelöst. Damit sichergestellt ist, dass es sich nicht um einen z.B. technisch bedingten Zahlungsverzug (ohne Bonitätsverschlechterung) handelt, wird in gewissen Fällen die Beobachtung eines Kreditereignisses an eine spezifische Referenzanleihe gekoppelt. Diese Anleihe wird entweder direkt von der Referenzinstitution emittiert oder garantiert (Materialitätsklausel). Im Falle eines z.B. technisch bedingten Zahlungsverzuges, wird es nicht zu einer signifikanten Preisänderung der Referenzanleihe und so zu einer Auslösung des Kreditereignisses kommen.[35] Kommt es während der vereinbarten Vertragslaufzeit des CDS zu keinem Eintritt des Kreditereignisses, so vereinnahmt der Sicherungsgeber die jeweils vereinbarte einmalige oder periodische Prämienzahlung, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Kommt es zum Eintritt des Kreditereignisses und zur Auslösung der Ausgleichzahlung, entsteht jedoch ein unmittelbarer Zahlungsanspruch seitens des Sicherungsnehmers. Diese Ausgleichszahlung kann, wie bereits im Abschnitt 3.1. näher erläutert, in unterschiedlicher Weise ausgestaltet sein (Cash Settlement, Physical Delivery, Fixbetrag).[36] Die Ausgestaltung eines Credit Default Swaps ermöglicht es dem Sicherungsgeber in eine Risikoposition zu investieren, wobei jedoch hierzu keine Aufwendung von Finanzmitteln erforderlich ist.[37] Durch den Einsatz von CDS lassen sich somit auch Arbitragemöglichkeiten am Geld- und Kapital-, bzw. Anleihenmarkt, ausnutzen.[38] Ein Anleger kann z.B. in eine variabel verzinsliche Anlage investieren, welche mit einem Kupon von 12-Monats-EURIBOR + 20BP ausgestattet ist. Wenn der Anleger sich zum 12-Monats-EURIBOR refinanziert und gleichzeitig einen CDS auf diese Anleihe abschließt, kann der Anleger risikolos 20BP, abzgl. der Prämie für den CDS, vereinnahmen.[39]
Die folgende Abbildung zeigt schematisch den Zusammenhang zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber in einem Credit Default Swap.[40]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3. Grundstruktur eines Credit Default Swaps
3.3 Finanzinnovationen
Der Markt für die bisher dargestellten Formen von Kreditderivaten erfuhr in der Vergangenheit ein stetiges Wachstum. Im Zuge dessen, sowie des fast ausschließlichen Over-the-Counter (OTC) Handels, entwickelten sich im Zeitablauf stetig innovative Formen.[41] Diese neuen Innovationen lassen sich jedoch nicht eindeutig von den bisherigen, klassischen, Formen von Kreditderivaten abgrenzen. Im Allgemeinen wird daher empfohlen eine Ausschlussdefinition zu wählen. Eine Möglichkeit besteht darin, alle sehr jungen und innovativen Formen per se als Finanzinnovation einzustufen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Einstufung als „Innovation“ nur auf Zeit verliehen wird. Aufgrund der stetigen Weiterentwicklung kann eine heutige Finanzinnovation in Kürze schon zu den „klassischen“ Formen von Kreditderivaten gehören.[42]
In der Literatur existiert daher keine einheitliche Zuordnung der in den folgenden Abschnitten 3.3.1. bis 3.3.3. näher erläuterten Formen von Kreditderivaten. Der Basked Credit Default Swap wird hierbei zeitweise zu den klassischen Grundformen von Kreditderivaten und zeitweise zu den Finanzinnovationen gezählt. Die Credit Linked Note, auf welche im Abschnitt 3.3.2. näher eingegangen wird, werden im Wesentlichen als Erweiterung der klassischen Grundformen bezeichnet.[43]
3.3.1. Basket Credit Default Swap
In der „klassischen“ Form des Credit Default Swaps, liegt diesem als Underlying ein einziger Titel zugrunde. Anstelle eines einzigen Titels kann jedoch auch ein ganzer „Korb“ (Basket) verschiedener Aktiva herangezogen werden. Diese Sonderform des CDS wird als Basket Credit Default Swap bezeichnet.[44] Bei der Ausgestaltung des Basket CDS, bezogen auf dessen Auszahlung, existieren verschiedenste Formen und Varianten. So kann die Auszahlung proportional an das Kreditrisiko aller im „Korb“ enthaltenen Titel oder an zuvor definierte Ausfälle einzelner Titel gekoppelt sein. Bei einem „First-to-Default“-Basket wird die Auszahlung beispielsweise von einem Ausfall eines beliebigen im Korb enthaltenen Titels abhängig gemacht. Der Basket CDS enthält dabei mehrere, exakt spezifizierte Aktiva von unterschiedlichen Schuldnern. Wie schon zuvor bei einem „klassischen“ CDS werden die Kreditereignisse, die zur Auslösung der Ausgleichszahlung führen, mittels vertraglicher Vereinbarung fixiert und spezifiziert. Die Absicherung des Korbes erstreckt sich jedoch nur auf das erste Kreditereignis, eines der sich darin befindlichen Aktiva.[45] Bei dieser Form der Absicherungsstruktur sichert also der Sicherungsgeber den Sicherungsnehmer, nur gegen die ersten x% Verlust im gesamten Kreditportfolio ab. Die x% stehen dabei für den Anteil des jeweilig ausfallenden Aktivums, am Gesamtportfolio.[46] Die Besicherung aller weiterhin im Portfolio befindlichen Aktiva endet mit dem Eintritt des ersten Kreditereignisses. Der Sicherungsnehmer kann also, über diese Ausgestaltungsform, nur einen partiellen Teil des Kreditrisikos absichern, was sich jedoch (gegenüber der Absicherung durch einzelne Credit Default Swaps) durch geringere Prämien teilweise kompensiert wird. Für die Vertragsparteien besteht jedoch grundsätzlich die Möglichkeit, abweichend zum First-to-Default Basket, eine Kombination aus verschiedenen Auslösern (welche zur Ausgleichszahlung führen) zu Vereinbaren. In jedem Falle ist es für die Vertragsparteien, wie auch schon beim klassischen CDS, von Bedeutung, dass die Vereinbarung hinsichtlich der Kreditereignisse eindeutig und transparent gestaltet wird.[47]
3.3.2. Credit Linked Note
Unter einer Credit Linked Note ist eine vom Sicherungsnehmer zu emittierende Schuldverschreibung zu verstehen, welche am Laufzeitende zum Nennwert zurückgezahlt wird, sofern das zuvor vertraglich definierte Kreditereignis (bezogen auf das zugrunde liegende Aktivum) nicht eintritt.[48] Betrachtet man zunächst nur die Grundstruktur einer Credit Linked Note, erkennt man üblicherweise eine Anleihe, welche mit einem Credit Default Swap kombiniert wurde. Das Ziel dieser Kombination besteht darin, synthetisch eine Anleihe oder einen Kredit nachzubilden, welcher den Anlegerpräferenzen hinsichtlich Risiko, Rendite und Laufzeit entspricht.[49] Die vom Risikoverkäufer aufgelegte Anleihe wird dabei durch den Risikokäufer erworben (Zahlung des Nominalbetrages der Anleihe an den Risikoverkäufer). Der Risikoverkäufer verpflichtet sich im Gegenzug vertraglich zur Zahlung eines Zinssatzes zzgl. einer Prämie/Spread, welche üblicherweise in Basispunkten p.a. ausgedrückt wird. Die Vertragsparteien vereinbaren weiterhin ein oder mehrere Kreditereignisse, welche zur Auslösung der Ausgleichszahlung führen. Wie schon in den zuvor beschriebenen Formen von Kreditderivaten können die Ereignisse, welche eine Ausgleichszahlung auslösen, in den unterschiedlichsten Formen und Gestaltungsvarianten gewählt und so optimal auf die Anforderungen der jeweiligen Vertragspartner abgestimmt werden.[50] Kommt es, während der vereinbarten Laufzeit der Credit Linked Note, nicht zum Eintritt des Kreditereignisses, so wird die Anleihe zum Nominalbetrag zurück gezahlt. Wird die Ausgleichszahlung durch Eintritt des Kreditereignisses ausgelöst, so wird der Nominalbetrag, abzgl. der vereinbarten Ausgleichszahlung, zurückgezahlt.[51] Die Credit Linked Note kann, durch die verschiedenen Möglichkeiten bei der Strukturierung des Kreditrisikos, verschiedene Formen annehmen. So kann der in der Credit Linked Note vorhandene Credit Default Swap entweder auf ein vorhandenes Einzelrisiko oder einen vollständigen Risikopool abgeschlossen werden (Basket Credit Linked Note).[52] Auf diese verschiedenen Formen der Ausgestaltungsmöglichkeiten soll jedoch an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden.
Die Credit Linked Note beinhaltet jedoch, gegenüber den bisher vorgestellten Formen von Kreditderivaten, für den Risikokäufer eine Besonderheit.
In den bisher vorgestellten Varianten von Kreditderivaten trägt der Sicherungsnehmer das Emittentenrisiko. Bei der Credit Linked Note verhält es sich genau entgegengesetzt, da der Risikokäufer das Emittentenrisiko des Verkäufers tragen muss.[53]
Die folgende Abbildung zeigt die Grundstruktur einer Credit Linked Note.[54]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4. Grundstruktur einer Credit Linked Note
[...]
[1] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon: Ausfallrisiko
[2] Vgl. Ackermann, M. (2007): S. 536
[3] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon: Ausfallrisiko
[4] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon: Bonitätsrisiko
[5] Vgl. Ackermann, M. (2007): S. 536
[6] Standard & Poors (2012): Credit Ratings
[7] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon: Bonitätsrisiko
[8] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 115
[9] Vgl. Schiller, B. / Tytko, D. (2001): S. 263
[10] Vgl. Kirschner, Wolfgang / Hermann, Frank / Wiedemann, Markus (2000): S. 347
[11] Vgl. Schiller, B. / Tytko, D. (2001): S. 275
[12] Risiko des finanziellen Verlusts aufgrund einer Änderung von Marktpreisen (Aktienkurse, Wechselkurs etc.)
[13] Vgl. Brütting, C. / Weber, N. / Heidenreich, M. (2003): S. 754
[14] Vgl. Schiller, B. / Tytko, D. (2001): S. 276
[15] Vgl. Burghof, H-P / Henke, S. (2000): S. 22
[16] Standardisierung durch die International Swaps and Derivatives Association im Jahre 1999; vgl. www.isda.org
[17] Vgl. Ackermann, M. (2007): S. 542
[18] Vgl. Ackermann, M. (2007): S. 543
[19] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 64
[20] Vgl. Brütting, C. / Weber, N. / Heidenreich, M. (2003): S. 757
[21] Vgl. Brütting, C. / Weber, N. / Heidenreich, M. (2003): S. 757
[22] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 64
[23] Vgl. Brütting, C. / Weber, N. / Heidenreich, M. (2003): S. 757
[24] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 64
[25] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 65
[26] Vgl. Brütting, C. / Weber, N. / Heidenreich, M. (2003): S. 757
[27] Vgl. Brütting, C. / Weber, N. / Heidenreich, M. (2003): S. 757
[28] Eigene Darstellung
[29] Vgl. Ackermann, M. (2007): S. 545
[30] Vgl. Bundesbank (2004): S. 44
[31] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 68
[32] Vgl. Neske, C. (2000): S. 46
[33] Vgl. Ackermann, M. (2007): S. 545
[34] Vgl. Bundesbank (2004): S. 44
[35] Vgl. Neske, C. (2000): S. 47
[36] Vgl. Bundesbank (2004): S. 44
[37] Vgl. Neske, C. (2000): S. 49
[38] Vgl. Bundesbank (2004): S. 48
[39] Bsp. in Anlehnung an Neske, C. (2000): S. 49
[40] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 69
[41] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 89
[42] Vgl. Posthaus, A. (2000): S. 61
[43] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 90
[44] Vgl. Posthaus, A. (2000): S. 64
[45] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 92
[46] Vgl. Posthaus, A. (2000): S. 64
[47] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 93
[48] Vgl. Bundesbank (1999): S. 3
[49] Vgl. Kirschner, W. / Hermann, F. / Wiedemann, M. (2000): S. 356
[50] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 80
[51] Vgl. Neske, C. (2000): S. 57-58
[52] Vgl. Kirschner, W. / Hermann, F. / Wiedemann, M. (2000): S 357
[53] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 81
[54] Vgl. Rudolph, B. / Hofmann, B. / Schaber, A. / Schäfer, K. (2007): S. 80
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2012
- ISBN (PDF)
- 9783955496630
- ISBN (Paperback)
- 9783955491635
- Dateigröße
- 247 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe Bonn
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Juni)
- Note
- 2,3
- Schlagworte
- Kreditrisikomanagement Kreditrisikotransfer Finanzmanagement Mittelstand Kreditrisikosteuerung Risikodiversifikation