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Prävention sportartspezifischer Verletzungen und Risiken beim Wellenreiten

©2011 Bachelorarbeit 81 Seiten

Zusammenfassung

Da das Wellenreiten in der sportwissenschaftlichen Literatur bisher kaum Beachtung findet, werden im Anfangsteil diesem wissenschaftlichen Buch die Grundlagen dieser Sportart ausführlich beschrieben und erläutert. Darauf folgt eine Analyse der bis Dato durchgeführten Studien um die analytische und deskriptive Epidemiologie von akuten und chronischen Verletzungen sowie weiteren Risiken und Gefahren (z.B. durch Meerestiere). Des Weiteren wird auch auf die Verbreitung und Häufigkeit dieser Risiken eingegangen.
Nach der Analyse erfolgen die Erarbeitung und das Aufzeigen von Präventionsmöglichkeiten gegen Verletzungen und Risiken in der ganzen Breite ihres Auftretens. Außerdem liefert der Autor einen Ansatz für ein Risikomanagement-Konzept, wie es im Wellenreiten eingesetzt werden könnte. Dies erfolgt in Anlehnung an bereits bestehende Konzepte zur Vermeidung von Lawinen aus dem Wintersport.
Abgeschlossen wird die Studie mit einem umfassenden Resümee und Ausblick auf die weitere Entwicklung der Sportwissenschaften in dieser Sparte des informell betriebenen Sports.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2 Die unterschiedlichen Formen des Surfens

Während der langen Entwicklungszeit des Surfens hat sich der Sport in verschiedene Richtungen entwickelt. Mit der Zeit sind individuelle Disziplinen entstanden, bei denen unterschiedliche Formen von Sportgeräten verwendet werden, um in der Brandung zu gleiten. Die wesentlichen Richtungen werden im Folgenden vorgestellt.

2.2.1 Bodysurfen

Da man sich beim Bodysurfen lediglich des eigenen Körpers bedient, kann diese Ausprägung des Surfens als die wohl ursprünglichste verstanden werden. Dabei kann man ohne Ausrüstung von kleinen Wellen getragen werden und „einen ersten Eindruck vom Brechungsverhalten […] bekommen“ (Strauss & Götze, 2005, S. 24). Die Wellenauswahl sowie das Timing sind entscheidende Voraussetzungen, um von einer Welle fortgetragen zu werden. Ist die Welle von geeigneter Größe und gerade im Begriff zu brechen, ist das der beste Zeitpunkt, sich in diese „hineinzustürzen“. Um die Geschwindigkeit der Welle zu erreichen, genügt ein Hechtsprung im seichten Wasser. Brechen die Wellen in tieferem Wasser, sind kurze, harte Flossen unverzichtbar. Nur so ist es möglich, kraulenderweise die nötige Geschwindigkeit der Welle zu antizipieren. Befindet man sich in der Brandung am sog. Curl [1] kann dem Wasser durch zwei unterschiedliche Posen eine optimale Angriffsfläche geboten werden.

Eine Möglichkeit ist, die Arme so vor der Brust anzuwinkeln, dass die Ellenbogen am Bauchnabel und die Hände auf der Brust liegen. Die Andere kann man als „Superman-Pose“ bezeichnen, wobei der wellennahe Arm nach vorne an die Wellenwand gerichtet ist und der andere Arm an der Hüfte anliegt. Zwecks der besseren Kontrolle sind bei beiden Körperpositionen eine hohe Körperspannung sowie durchgestreckte Beine erforderlich (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 24).

2.2.2 Bodyboarden

Beim Bodyboarden handelt es sich um eine - dem Bodysurfen ähnliche - Disziplin, bei der, anstatt des eigenen Körpers, ein kurzes Schaumstoffbrett als Gleitfläche verwendet wird. Auf diesem wird die Welle, gewöhnlich auf dem Bauch abgeritten. Fortgeschrittene vollbringen dies teilweise auf einem Knie hockend. Um das Board bei einem sog. Waschgang[2] nicht zu verlieren, ist es mit einer Leash am Handgelenk befestigt. Flossen werden aus identischen Gründen wie beim Bodysurfen eingesetzt (vgl. Kap. 2.2.1). Aufgrund des – im Vergleich mit einem „normalen“ Surfbrett - höheren Strömungswiderstandes[3] werden die Wellen generell etwas langsamer gesurft. Dabei sind dennoch spektakuläre Manöver möglich (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 24f.).

Aus eigener Erfahrung lässt sich des Weiteren hinzufügen, dass das Verhältnis zwischen Wellenreitern und Bodyboardern von Antipathie geprägt ist. Seitens der Surfer rührt dies aus der Tatsache, dass die Bodyboarder keine Zeit für einen Take-off [4] benötigen. So können diese tiefer und früher in die Wellen starten und sich somit dichter am Peak [5] positionieren. Aufgrund der normativ anerkannten Vorfahrtsregeln bei den Wassersportlern (vgl. Kap. 2.4.3), kommen den Bodyboardern so die besten Wellen zu. Dies führt zu häufigen Frustrationen auf der Seite der Wellenreiter. Es lässt sich außerdem feststellen, dass die Bewegungskultur des Bodyboardens aufgrund der vermeintlich geringeren Komplexität (kein Take-off; keine hohen Anforderungen an die Gleichgewichtsfähigkeit aufgrund des Liegens; weniger Kraftaufwand in einer Welle zu kommen) von Surfern weniger Anerkennung erfährt. Doch auch Bodyboarder hegen in gewisser Weise eine Feindseligkeit gegenüber Wellenreitern, denn es kommt vor, dass die Wellenreiter sich aus o.g. Gründen nicht an die Vorfahrtsregeln halten und den Bodyboardern bewusst reindroppen [6]. Aufgrund der liegenden Position ist bei einer Kollision mit dem harten Surfbrett, das meist eine spitze Nose und scharfkantige Finnen[7] aufweist, das Verletzungsrisiko als wesentlich höher einzuschätzen.

2.2.3 Big Wave- und Tow-in-Surfen

Das Big-Wave-Surfen ist vermutlich ähnlich alt wie das Surfen selbst, denn bereits die hawaiianischen Königsfamilien paddelten mit ihren etwa 80 kg schweren Wiliwili-Brettern ohne Finnen in 20 Fuß (ca. 6 m) große Wellen. Beim klassischen Big-Wave Surfen werden dabei sehr lange Boards verwendet, die um die 12 Fuß (ca. 3,5 m) lang sind und Guns genannt werden. Diese sind nötig um beim Anpaddeln die hohen Geschwindigkeiten der großen Wellen[8] zu erreichen.

Damit das Big-Wave-Surfen also solches definiert werden kann, besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Wellen mindestens eine Höhe von 15-18 Fuß (ca. 5-6 m) haben sollten. Strauss & Götze (2005) betrachten die genaueren Gründe für den genannten Grenzwert und stellen folgende Tatsachen fest:

„Wenn 95% aller Surfer keine Lust mehr haben, ins Wasser zu gehen…Wenn das ganze sein spielerisches Element verliert, weil man völlig konzentiert sein muss…Wenn man spezielles Training braucht, um lange Tauchgänge und monströse Kräfte aushalten zu können“ (ebd., S. 27)

Eine spezielle Richtung des Big-Wave-Surfens nennt sich Tow-in-Surfen. Das Verb „tow“ heißt im Deutschen „abschleppen“. Beim Tow-in Surfen lassen sich die Wellenreiter anhand eines am Jetski befestigten Seils in die Welle ziehen (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 26f.).

Um den Halt während der Startphase sowie beim Drop in den großen Wogen zu gewährleisten sind auf den speziellen, kürzeren Tow-in-Boards Schlaufen für die Füße angebracht. Diese erhöhen die Kontrolle bei sog. Chop [9] auf dem Wasser. Die größte offiziell gesurfte Welle der Welt wird Mike Parsons zugeschrieben, der an „Cortes Bank“[10] eine mehr als 70 Fuß (entspr. ca. 21m) große Riesenwelle abritt (vgl. Billabong XXL, 2011).

2.2.4 Shortboarden

Als Shortboard werden Bretter bezeichnet die kürzer als 7 Fuß (2,13m) sind. Durch ein geringes Gesamtvolumen, welches durch die schmale, kurze und spitze Bauweise bedingt ist, sind Shortboards zwar sehr wackelig und instabil, dafür aber umso wendiger. Hierdurch erfordern sie ein hohes Maß an Erfahrung. Da der Auftrieb mangels des Volumens viel geringer ist, muss der Surfer immer im steilsten Teil der Welle – möglichst dicht am Curl – surfen. Wenn er dies nicht tut, führt dies wegen des geringeren Tempos zu einem Einsinken und die Woge schwappt unter ihm hindurch (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 25).

Ein weiteres Merkmal der Boards ist eine 3-Finnenanordnung, die auch als Thruster bezeichnet wird. Man findet jedoch heutzutage auch immer häufiger Quad-Finnensysteme, bei denen vier Finnen angebracht sind. So surfte u.a. auch der elfmalige Weltmeister Kelly Slater mit einer Quad-Finnenanordnung (vgl. ASP International, 2011). Kennzeichnend für die Art, wie das Shortboard gesurft wird, ist v.a. die Radikali­tät. So werden beim Shortboarden weitgehend Tricks vom Skate- und Snowboarden übernommen. Dies steht im essentiellen Gegensatz zum klassischen Longboardens (vgl. Young, 1983, S. 145; Matschkur, 2002, S. 14).

2.2.5 Longboarden

Das Longboard hat eine Länge von mindestens 9 Fuß (2,74m). Es können generell zwei unterschiedliche Stilrichtungen unterschieden werden. Zum Einen das Old-School-Surfen, welches die klassische Richtung nach der wörtlich „alten Schule“ bezeichnet. Dabei stehen Tricks wie der Hang-ten [11] oder der Kopfstand im Vordergrund. Das optimale Trimmen [12] erfolgt bei dieser Form des Wellenreitens durch das Vor- und Zurücklaufen zwischen Nose und Tail [13]. Eleganter Weise wird dies mit sog. „ Cross-steps “, eine Art Scherenschritt, vollführt (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 26).

Beim New-School - Surfen dagegen orientiert man sich an den Manövern des Shortboardens und übernimmt die radikale Fahrweise. Aus Beobachtungen lässt sich jedoch sagen, dass dieser auf das trägere Longboard übertragene Stil ein viel langsameres und geschmeidigeres Bild abgibt. Es ist auch möglich, beide Stilrichtungen miteinander zu vereinen, um die Vielseitigkeit des Könnens unter Beweis zu stellen.

Dennoch gibt es auch zwischen den Long- und Shortboardern, ähnlich wie zwischen den Bodyboardern und Wellenreitern, in gewisser Weise ein feindseliges Verhältnis. Dies wird z.B. an dem Surffilmtitel „Longboarding is not a crime“ deutlich. Erneut liegt der Grund in der tieferen Positionierung der Longboarder, die mit ihrem höheren Gesamtvolumen früher von der Welle getragen werden (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 26).

2.2.6 Stand Up Paddle Surfing

Stand Up Paddle Surfing, kurz SUP, ist einer der neuesten Trends in der Surfszene und findet sich nach eigener Beobachtung seit etwa 2009 auch an europäischen Surfspots[14] immer häufiger. Dabei werden Bretter verwendet die ein – im Vergleich zum Longboard - Vielfaches an Volumen besitzen. Sinn dessen ist ein hohes Maß an statischem Auftrieb, sodass man ohne Geschwindigkeit des Brettes trockenen Fußes darauf stehen kann.

Zudem hat der Surfer ein Paddel mit dem die Wellen in diesem Falle wörtlich angepaddelt werden und durch welches das Manövrieren des Brettes in der Welle ermöglicht wird. Dabei wird das Paddel in die Wellenwand gesteckt und der Surfer dreht sich durch die Bremswirkung um diesen Punkt. Da für das SUP im Prinzip keine Wellen nötig sind, kann diese Form der Bewegung auch auf Fließgewässern oder binnenländischen Seen ausgeübt werden (vgl. Hautmann, 2009).

Es gibt natürlich noch mehr unterschiedliche Formen bei denen Wellen abgeritten werden, z.B. das Windsurfen oder das Kitesurfen. Da bei diesen jedoch der Wind die entscheidende Energie zur Fortbewegung liefert, sollen diese im Rahmen dieser Arbeit unberücksichtigt bleiben.

2.3 Materialübersicht

In diesem Kapitel erfolgt ein Überblick über die heutigen verschiedenen Formen von Surfbrettern und deren Eigenschaften. Auf die Kleidung und zusätzliche Ausrüstung wird im Verlauf des 4. Kapitels eingegangen, da diese einen wichtigen Bestandteil der Präventionsmaßnahmen gegen Verletzungen darstellen. Zuvor soll ein kurzer historischer Aufriss über die für diesen Sport relevanten Innovationen gegeben werden, um das Massenphänomen „Wellenreitens“, wie es heute an europäischen Küsten gesehen werden kann, zu verstehen.

2.3.1 Kurzer Aufriss zu Entwicklungen des Surfmaterials

Am Beginn der chronologischen Surfbrett-Entwicklung steht das 75 kg schwere und 6m lange Brett aus dem Holz des Wiliwili Baumes, auf dem die hawaiianischen Urväter des Surfens ihre Wellen abritten. Erst im Jahr 1918 begann der mehrfache australische Surfmeister Claude West mit der experimentellen Nutzung von Mischholz. Seine Idee schwere Hölzer zur Stabilität und leichte Hölzer zur Gewichtsersparnis zu verwenden, scheiterte jedoch an der fehlenden Innovation von wasserfesten Klebstoffen. In Amerika wurden unterdessen bereits leichtere Bretter aus Balsaholz verwendet, die neue Manöver zuließen und auch den Frauen das Surfen ermöglichten. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges konnte das Brettgewicht durch Forschungen weiter reduziert werden. So wogen die Bretter nur noch 15 - 20 kg, waren jedoch äußerst Stoßanfällig (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 15ff.; Young, 1983, S. 49).

Im Zuge der intensiven kriegstechnologischen Forschungen zur Zeit des zweiten Weltkrieges kam es zur Erfindung von Glasfasermatten und Kunststoffharzen. Dank dieser Errungenschaften konnte im Jahr 1946 das erste Fiberglassbrett fertiggestellt werden. Im weiteren Verlauf entstanden neue Brettformen und Joe Quigg erfand den ersten Malibu Shape [15] (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 18; Young, 1983, S. 61, 88).

Als Jack O’neill in den frühen fünfziger Jahren zum Schutz vor dem kalten nordkalifor­nischen Wasser den ersten Neoprenanzug aus Neoprenresten zusammennähte, war eine weitere wichtige Schöpfung für den Surfsport gemacht. Er verfeinerte seine Er­findung indem er das sonst schnell reißende Neopren mit Nylon überzog und der moder­ne Wetsuit[16] war geboren. Von nun an war es also möglich die Disziplin in fast allen Gefilden und zu nahezu jeder Jahreszeit auszuüben (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 18).

Im Jahr 1963 fanden die ersten Surfweltmeisterschaften in Peru statt. Durch diesen Professionalisierungsschritt und die damit verbundene Konkurrenz entstanden weitere neuartige Manöver und Bretttypen.

Young (1983, S.163) beschreibt bzgl. der Erfindung der Finne: „Tom Blake is credited as having been the first to put a fin on a surfboard, but Tom says his device was really a keel and gives Credit to Joe Quigg for the first fin”. Simon Anderson entwickelte schließlich 1981 das 3-Finnen-Thruster-Design und löste damit die von David Nunhina 1972 eingeführte 2-Finnenbauweise ab (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 19; Young, 1983, S. 163).

2.3.2 Die Eigenschaften des Surfbrettes

Generell gibt es heutzutage zwei verschiedene Bauweisen, ein Surfboard herzustellen. Bei der einen werden im Prinzip zwei Kunststoffschalen (oben und unten) um einen Schaumstoffkern gepresst. Dies wird als Sandwichbauweise bezeichnet.

Bei der anderen teilt der Shaper zunächst einen Styroporkern in der Mitte in zwei Hälften, um diese dann mit einer Holzleiste dazwischen, Stringer genannt, wieder zusammenzukleben. Danach wird der Kern mit Fiberglasmatten und Kunststoffharz umhüllt. Der Stringer ist für die Stabilität und Flexibilität des Brettes von großer Bedeutung (vgl. Warshaw, 2003, S. 595). Dieses Bauprinzip ist heute gängig.

Es gibt aber dennoch Unterschiede bei der Verwendung des Baumaterials. Am häufigsten ist die Verwendung von Polyesterharz, doch es gibt heute auch immer mehr Shaper, die auf das zwar giftigere und teurere, aber stabilere und leichtere Epoxyd-Harz setzen (vgl. Warshaw, 2003, S. 187).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darst. 1: Signifikante Begriffe des Surfbrettes

Quelle: Strauss & Götze (2005, S. 30)

Es folgt eine Erläuterung über die wichtigsten Begriffe rund um das Surfboard (s. Darst. 1). Die Brettspitze wird als Nose bezeichnet, die Hinterkante als Tail. Nose- sowie Tail-Rocker definieren die Aufbiegung des Brettes zur Brettmitte in der Seitenansicht und bilden so die sog. Rockerline. Die äußeren Ränder sind als Rails betitelt. Die Ober- und Unterseite heißen Deck und Bottom (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 133ff.).

Die Angaben über Länge, Breite und Dicke erfolgt immer im angloamerikanischen Maßsystem in Fuß (ft.) und Zoll (engl. Inch [in.]). Dabei gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(vgl. Begriffe „Foot“ und „Inch“ in neues Grosses Lexikon in Farbe, 1994, S. 275; S. 386)

Die Maße eines Brettes sind in der Regel in der Form „Länge x Breite x Dicke“ auf dem Stringer an der Unterseite abzulesen. Sie können bei der ersten Abschätzung des Gesamtvolumens nützlich sein.

Die oben genannten Begriffe können vom Shaper als individuelle Parameter gesehen werden, welche die Fahreigenschaften des Boards bei geringen Veränderungen maßgeblich beeinflussen. Als erste Komponente ist das Gesamtvolumen, also der ganze Umfang, des Brettes von entscheidender Bedeutung. Soll es in schwachen Wellen gesurft werden, ist ein größeres Volumen und somit mehr Auftrieb sinnvoll. Sind kräftige und große Wellen das Ziel, hat ein Brett mit weniger Volumen den Vorteil der größeren Wendigkeit.

Bei den unterschiedlichen Formen für die Nose haben sich in der Evolution des Surfboards drei durchgesetzt: Die Malibu-Nose, die spitze Shortboard-Nose und die Evolution-Nose als Kompromiss zwischen den beiden Erstgenannten. „Die Malibu-Nose lässt das Surfbrett leicht in die Welle droppen, erschwert aber das Drehen […] und macht das Duck-diven[17] nahezu unmöglich“ (Strauss & Götze, 2005, S. 133). Da das Board mit einer spitzen Shortboard-Nose nicht so schnell angleitet, müssen die Wellen in einer steileren Phase angestartet werden und somit ist ein besseres Timing gefragt. Dagegen sind das Manövrieren sowie das Durchtauchen von Wellen aufgrund des geringeren Widerstandes der Shortboard-Nose einfacher. Die Evolution-Nose bildet mit einer breit zulaufenden Spitze das Mittel der oben genannten Extreme (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 133).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darst. 2: Unterschiedliche Formen des Tails

Quelle: Strauss & Götze (2005, S. 133)

Es gibt heute eine Vielzahl von Schnitten für das Tail, die Häufigsten (s. Darst. 2) sind das Square-, Squash-, Round-, Pin- und Swallow-Tail. Bei Shortboards finden sich am häufigsten das Square- und Squash-Tail. Durch den abrupten Strömungsabriss wird Luft unter das Tail gewirbelt, welche das Brett sehr drehfreudig werden lässt. Das Pin-Tail hat formbedingt den geringsten Strömungsabriss und ermöglicht dementsprechend die größte Geschwindigkeit und Kontrolle in steilen, großen Wellen. Entsprechend ist das Pin-Tail besonders für Big-Wave Guns geeignet.

Das Round-Tail kann in seinen Eigenschaften ebenso wie das Swallow-Tail als Kompromiss zwischen Squash- und Pin-Tail gesehen werden. Die schwalbenschwanzartige Form des Swallow-Tail ist fester Bestandteil der in den Siebzigern aufkommenden Fish-Boards gewesen und verleiht dem Board in kleinen Wellen Geschwindigkeit bei guter Drehbarkeit (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 133; surfinghandbook, o.J.).

Wenn das Surfbrett ohne Finnen auf den Fußboden gelegt wird, wird gut erkennbar, wie die Rockerline verläuft. „Je stärker die Rockerline ausgeprägt ist, desto drehfreudiger ist das Surfbrett, aber es wird auch langsamer und ist schwieriger in die Welle hinein zu paddeln“ (Strauss & Götze, 2005, S. 133). Bei einer geringeren Aufbiegung, also weniger Nose und Tail Rocker, fällt das Paddeln zwar leichter, verliert das Brett aber seine Wendigkeit. Beim Surfen von steilen Wellen ist es erforderlich, einen guten Halt in der Wellenwand zu haben und ein Ausbrechen des Tails zu verhindern. Scharfkantige oder stark heruntergezogene Rails sind für diesen Bedarf geeignet. Bei Turns[18] und Manövern ist das Ausbrechen des Tails evtl. sogar erwünscht. Hier sind runde Rails sinnvoll (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 134).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darst. 3: 1. Unterschiedliche Finnenausrichtungen, 2. Unterschiedliche Ausprägungen des Bottoms

Quelle: Strauss & Götze (2005, S. 134f.)

Auch das Unterwasserschiff, oder Bottom, kann verschiedene Formen annehmen (s. Darst. 3). Am häufigsten findet man hier ein flat, vee oder concave. Während ein vee wie ein Kiel wirkt und im Tailbereich zur Stabilisierung v.a. bei singlefin Longboards eingesetzt wird, führt ein c oncave oder double concave zu einer Kanalisierung des Wassers zu den Finnen und somit zu einer verbesserten Drehbarkeit der Brettes. Das flat bildet hier den Mittelweg zwischen beiden Ausprägungen (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 134).

Die Finnen kann man heutzutage bei fast jedem Board zwecks der besseren Handhabung herausnehmen. Die Anzahl der Finnen variiert bei Surfboards zwischen einer und vier Finnen. In der Reihenfolge gibt es Singlefins, Twinfins, Thrusterboards und Quadfins. Bei den Formationen sind die seitlichen Finnen jeweils immer nach innen eingedreht und nach außen gekippt (s. Darst. 3). Je größer dieser Winkel des Eindrehens ist, desto Drehfreudiger wird das Brett. Sind die Finnen nahezu parallel ist das Brett sehr schnell und schwieriger zu wenden (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 134).

Darst. 4: Unterschiedliche Arten von Surfboards

Quelle: Strauss & Götze (2005, S. 29)

Aus all diesen verschiedenen und variablen Baueigenschaften sind mit der Zeit Surfboardkategorien entstanden (s. Darst. 4). Boards einer Kategorie haben eine gemeinsame Grundform und geben durch die damit verbundenen Vor- und Nachteile ein bestimmtes Profil für die surfbaren Bedingungen und für die Fähigkeiten des Surfers vor.

Sie lassen sich nach Strauss & Götze (2005, S. 29f.) wie folgt einteilen:

Das Longboard ist mit über 9 Fuß Länge das voluminöseste Brett und kann dementsprechend bei kleinsten Wellen gesurft werden. Malibus und Minimalibus sind mit einer Länge zwischen 7 und 9 Fuß aufgrund der ausgewogenen Fahreigenschaften und der relativ hohen Wellenausbeute perfekt für Anfänger geeignet.

Wenn große Wellen (ab ca. 10 Fuß) gesurft werden sollen, wird eine Gun benötigt. Diese hat gewöhnlich eine Mindestlänge von 7 Fuß und bietet durch ihre Eigenschaften eine hohe Geschwindigkeit beim Anpaddeln.

Funboards - auch Evolutionboards genannt - haben meist eine Länge von um die 7 Fuß.

Shortboards sind in der Regel kürzer als 7 Fuß und machen durch ihre Form radikale Manöver möglich. Aufgrund des geringen Gesamtvolumens sind diese jedoch für Anfänger völlig ungeeignet, da diese erst mal ein Gefühl für das Gleichgewicht bekommen sollten.

Ein Fish bietet, ähnlich wie das Shortboard, ein hohes Maß an Wendigkeit. Es ist mit einer Länge von um die 6 Fuß zwar meist kürzer, weist aber aufgrund der höheren Dicke und Breite ein größeres Gesamtvolumen auf und ist deshalb – nach eigener Erfahrung - auch in kleinen Wellen (unter 4 Fuß) geeignet. Da ein Fish bei größeren Wellen (4 – 10 Fuß) rasch ein unruhiges Fahrverhalten aufweist, empfiehlt es sich in solchen Bedingungen ein Shortboard zu verwenden.

2.4 Manöver, Techniken und Regeln im Wasser

2.4.1 Die Durchtauchtechniken

Möchte ein Surfer vom Strand zum sog. Line-up[19] gelangen, muss er an einem Beachbreak[20] meist eine Vielzahl von bereits gebrochenen Wellen überwinden. Als die essenziellsten Manöver, um dies zu erreichen, sind im Wellenreiten die Eskimorolle und der Duckdive zu nennen. Diese können im engeren Sinne, da sie nicht direkt beim Surfen ausgeführt werden, als Durchtauchtechniken bezeichnet werden. Bevor der Surfer seinen Weg in das Line-up startet, sollte er jedoch als erstes im seichten Wasser die Wellen beobachten und möglichst eine Setpause abwarten (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 100). Als Set wird eine Gruppe von überdurchschnittlich großen Wellen – gewöhnlich zwischen zwei bis fünf - bezeichnet, welche sich auf dem offenen Meer zu diesen formieren. Über einen kurzen Zeitraum (mehrere Stunden) ist zu beobachten, dass die Zahl der Wellen in einem Set konstant ist (vgl. Warshaw, 2003, S. 530). Als weiterführende Literatur zum komplexen Thema „Wellenformation“ ist an dieser Stelle auf Butt & Russell (2002, S. 39-49) zu verweisen.

Die erste Technik, die ein Anfänger lernt, wird im Surfjargon Eskimorolle genannt. Diese ist vom Bewegungsablauf weniger komplex als der Duckdive und wird speziell bei Surfbrettern mit viel Volumen (ca. ab 7‘0‘‘ Länge) angewendet. Der Bewegungsablauf sieht dabei folgendermaßen aus:

Paddelt der Surfer auf eine Welle zu, tut er dies mit möglichst viel Geschwindigkeit. Ist die Welle kurz davor ihn zu erreichen, greift er möglichst dicht an der Nose an die Rails und windet das Brett um 180°. Optimalerweise zieht er währenddessen die Nose zu sich und stützt seine Ellenbogen auf das Deck. Der Surfer befindet sich nun mit dem Deck unter dem Brett hängend unter Wasser, derweil die Welle über die Unterseite hinweg bricht. Ist die Welle fort, dreht er sich um weitere 180° wieder zurück an die Wasseroberfläche und kann weiterpaddeln. Um die verlorenen Meter schnell wieder zu kompensieren, sollte die Ausgangsposition dabei möglichst zügig wieder eingenommen werden. Darstellung 5 vermittelt einen guten Eindruck der Bewegung, zeigt jedoch eine suboptimale Griffposition an den Rails (zu weit mittig). Beim Zurückdrehen in Schritt 4 führt das Greifen, der in diesem Fall linken Hand, an die Brettmitte und dem Belassen der rechten Hand an der Nose zu einer verbesserten Hebelwirkung, um sich zurück auf das Deck zu ziehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darst. 5: a) Bewegungsanalyse der Eskimorolle, b) Eskimorolle in Aktion

Quelle: Matschkur (2002, S. 33)

Hat das Board v.a. weniger Volumen in der Nose (kürzer als 7‘0‘‘), ist der Duckdive die optimale Durchtauchtechnik (s. Darst. 6). Der Duckdive ist zwar bewegungstechnisch viel komplexer und schwieriger zu erlernen, doch ist er auch bei weitem effektiver als die Eskimorolle. Während bei Letzterem das bestmögliche Ergebnis in einem geringen Raumverlust liegt, kann bei einem Duckdive sogar Raumgewinn erzielt werden. Um dies zu erzielen, sind jedoch ein flüssiger Bewegungsablauf und gutes Timing unabdingbar (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 101). Es ist also ein hohes Maß an Erfahrung erforderlich um den Höhenunterschied der heranrollenden Wellen zum eigenen Vorteil zu nutzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darst. 6: Bewegungsabfolge des Duckdive

Quelle: Strauss & Götze (2005, S. 101)

Die Bewegungsbeschreibung der dazu nötigen Technik sieht - aus eigener Erfahrung - wie folgt aus: Auch in diesem Fall sollten vor der Durchführung einige besonders kräftige Paddelschläge der brechenden Welle entgegen erfolgen. Da der entgegengesetzte Vortrieb das Umströmen der Welle verbessert und ein Fortspülen verhindert. Kurz vor dem Zeitpunkt des Aufeinandertreffens zwischen Surfer und Welle, greift der Surfer die Rails auf Kopfhöhe und stützt sich mit gestreckten Armen auf die Nose . Dabei verlagert sich das Körpergewicht nach vorne und die Nose taucht möglichst tief ein. Das eine Bein wird dabei nach vorne gezogen und stützt sich mit dem Knie auf Höhe des Tailpads[21] oder mit dem Fuß auf dem Tail ab. Aufgrund der besseren Hebelwirkung und des geringeren Abnutzungsschadens am Surfbrett wird normalerweise die Fußtechnik bevorzugt.

Darstellung 6 zeigt die Technik mit dem Knie, die in eher flacheren und kleineren Wellen von Vorteil ist. Das andere Bein wird, zwecks des besseren Gleichgewichts und der größeren Kontrolle, als Gegenimpuls durchgestreckt.

Der Surfer befindet sich nun mit seinem Surfbrett fast komplett unter Wasser und die Welle bricht über ihn hinweg. Da dieser am Saum der Welle eingetaucht ist und sich noch restliche Wassermasse der Welle über ihm befindet, kann er nun durch eine effiziente Brettposition und den Auftrieb ein Stück weiter vorne wieder auftauchen. Erreicht wird dies, wenn die Nose , bei gleichzeitigem Druck mit dem Fuß/Knie auf das Tail, herangezogen wird. Das Brett nimmt nun einen in etwa 45° großen Winkel zum Meeresboden ein steigt auftriebsbedingt wieder an die Oberfläche.

Aus eigener Erfahrung lässt sich sagen, dass Longboarder den Weg ins Line-up, entgegen der Erwartung vieler Surfanfänger, häufig genauso schnell oder selbst schneller als Shortboarder meistern. Dies ist dadurch zu erklären, dass ein Longboard aufgrund seines geringeren Widerstandes schneller gepaddelt werden kann und so in der Phase zwischen zwei brechenden Wellen wesentlich mehr Strecke zurückgelegt werden kann. Während der Surfer mit einem Shortboard durch 6 oder 8 Wellen tauchen muss, muss der Longboarder in einer gut gewählten Setpause lediglich etwa 2-3 Wellen durchtauchen.

2.4.2 Manöver auf der Welle

Um das Zustandekommen gewisser Verletzungsmuster im weiteren Verlauf der Arbeit besser verstehen zu können, sollen nun zunächst Basismanöver und Manöver für Fortgeschrittene näher erläutert werden.

Die Basismanöver, die in der Regel nach dem Erlernen des Take-offs eine Rolle spielen , erfüllen zumeist einen praktischen Zweck. Die fortgeschrittenen Manöver hingegen stellen – bis auf den Floater - weitgehend spielerische und stilistische Elemente dar, mithilfe derer der Surfer seine Fähigkeiten unter Beweis stellt. Aufgrund der geringen Relevanz der genauen Bewegungsabläufe wird sich bei Letzteren im Rahmen dieser Arbeit auf Wesentliches beschränkt.

Je nachdem mit welchem Fuß der Wellenreiter auf seinem Brett vorne steht wird er, so wie beim Snow- oder Skateboarden, als Goofy Foot oder Regular Foot bezeichnet. Steht er mit dem rechten Fuß vorne, surft er goofy. Ergo befindet sich der linke Fuß vorne, wenn er regular surft. Folglich ergibt sich für den Surfer in Parallelfahrt [22], dass sich die brechende Welle während der Fahrt entweder ständig im Rücken, d.h. backside, oder vor dem Sportler, d.h. frontside, befindet. Dementsprechend wird ein Goofyfooter eine Linke[23] immer frontside und eine Rechte[24] stets backside abreiten (vgl. Diel & Menges, 2006, S. 53).

Es besteht dabei allgemeine Einigkeit darüber, dass das Wellenreiten auf der backside bis zum Erlernen von fortgeschrittenen Manövern und teilweise auch darüber hinaus als schwieriger ist und langwierigere Lernprozesse erfordert. Aufgrund der dabei andersartigen Haltung und dem Verdrehen des Körpers, um den Brechungsrand besser im Blick zu haben, leiden das Timing und der Überblick auf die bevorstehenden Sek­tionen im weiteren Verlauf der Welle (vgl. Diel & Menges, 2006, S. 58; Strauss & Götze, 2005, S. 110).

Zu den relevanten Basismanövern zählen der Bottom-Turn, der Top-Turn und der Cutback. Diese werden folgend näher erläutert.

2.4.2.1 Bottom-Turn

Der Bottom-Turn ist insofern eines der grundlegendsten Manöver, als dass mit diesem die Parallelfahrt eingeleitet wird. Er bezeichnet die Richtungsänderung im Wellental. Die durch den Take-off erlangte Geschwindigkeit wird dabei genutzt, das flache Wellental zu überwinden, um an die Wellenwand zu ziehen oder einen Top-Turn (s. Kap. 2.4.2.2) zu machen. Der Wassersportler geht dabei idealer Weise tief in die Knie und kantet die der Wellen zugewandte Rail durch die Gewichtsverlagerung in die Wasseroberfläche. Durch den Blick zur Wellenlippe [25] bzw. zur Wellenschulter, wird im Folgenden eine Bewegungskette ausgelöst.

Zunächst dreht sich die vordere Schulter zum angepeilten Ziel, daraufhin folgen Hüfte und Beine automatisch der Rotation, die wiederum das Surfbrett in die gewünschte Richtung drehen.

Soll die Parallelfahrt ohne Bottom-Turn eingeleitet werden, ist dies nur mit einem sog. Angle-Take-off möglich. Die Welle wird in diesem Fall bereits schräg in Fahrt- bzw. Wellenrichtung angepaddelt. Da der Schub der Welle das Surfboard allerdings ebenfalls schief erfasst, sind dabei ein gutes Timing und ein sicherer Take-off Grundvorraus­setzungen (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 110f.).

2.4.2.2 Top-Turn

Der Top-Turn bezeichnet eine Richtungsänderung, die sich im oberen Teil der Welle oder optimalerweise an der Wellenlippe vollzieht. Die aus dem Bottom-Turn generierte Geschwindigkeit gilt hierfür als Vorraussetzung und Ausgangssituation in der der Surfer möglichst vertikal die Welle hinauffährt. Oben an der Wellenlippe erfolgt dem Bottom-Turn gleichbedeutend der Blick in die gewünschte Richtung. In diesem Fall erfolgt durch die zeitgenau abgestimmte Drehung der Kopfes zum Wellental und das analoge Durchstrecken des Hinterbeines eine radikale Wendung des Boards. Da bei der Gewichtsverlagerung auf das Tail sich lediglich der hintere Teil des Brettes im Wasser befindet, wird ein extremer Richtungswechsel von 180° und mehr möglich. Wird der Top-Turn direkt am schaumigen Curl gefahren erhöht sich die Drehfreudigkeit durch die im Wasser befindliche Luft um ein Weiteres. Die Finnen verhindern in dieser Situation ein Ausbrechen des Tails (vgl. Diel & Menges, 2006, S. 56; Strauss & Götze, 2005, S. 111).

2.4.2.3 Cutback

Der Cutback ist ein Manöver, durch welches ein „Davonfahren“ (vgl. Diel & Menges, 2006, S. 57) vor der Welle verhindert wird. Erforderlich ist dies insbesondere auf einer Welle, die entweder wenig „Wand“ hat und vor dem Curl flach abfällt oder auf einer Woge, die aufgrund der Begebenheiten an einem Spot sehr langsam parallel bricht. Beim Cutback wird im möglichst oberen Teil der Wellenwand ein Richtungswechsel um 180° gegen die Fahrt- bzw. Wellenrichtung vorgenommen. Um anschließend nicht frontal vom Curl erwischt zu werden, erfolgt zeitig eine erneute Richtungsänderung, die als Rebound bezeichnet wird. Die gefahrene Form kommt bildlich einem „S“ gleich. Wird der Cutback mit direkt folgendem Rebound mit dynamischem Bewegungsfluß und in radikalster Form ausgeführt, so nennt sich dieses fortgeschrittene Manöver „ Roundhouse Cutback“. In diesem Fall gleicht die gefahrene Linie figürlich einer „8“ (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 112).

2.4.2.4 Fortgeschrittene Manöver

Die Auswahl der fortgeschrittenen Manöver, welche in dieser Arbeit kurz erläutert werden sollen sind der Floater, der Re-entry, der Aerial, der 360er sowie der Tuberide. Diese werden vorrangig mit der Shortboard gesurft.

Beim Floater fährt der Surfer kurz vor einer, auf ganzer Linie brechenden, Sektion – eine sog. Close-Out- Sektion – auf den brechenden Wellenkamm. Dabei gleitet er auf dem - im selben Moment - brechenden Schaumrand mehrere Meter, um anschließend wieder im grünen ungebrochenen Teil der Welle weiter zu surfen und überwindet so Close-Out-Sektionen.

Ein Re-entry bezeichnet einen äußerst extrem ausgefahrenen Top-Turn, bei dem das Surfbrett zu etwa 2/3 oben aus der Welle sticht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darst. 7: 1. Aerial, 2. Tuberide

Quellen: 1. http://hwimages.magicseaweed.com/photoLab/fullWidth/230537.jpg (aufgerufen am: 1.12.2011)

2. http://hwimages.magicseaweed.com/photoLab/fullWidth/209865.jpg (aufgerufen am: 1.12.2011)

Zwei sog. New School-Tricks (vgl. Kap. 2.2.5) sind der Aerial und der 360er. Ein Aerial oder kurz „ Air“ bezeichnet dabei das kurzzeitige Verlassen der Welle durch einen Sprung in die Luft (s. Darst. 7). Dabei liegt beim Wellenreiten die Schwierigkeit – insbesondere im Vergleich zu Boardsportarten wie Snowboarden oder Skaten - in den dynamischen Fak­toren der Umwelteinflüsse. So gilt es nicht nur eine geeignete Sektion für den „Absprung“ im Wellenkamm auszumachen, sondern ebenso die Geschwin-digkeit der unter dem Surfer weiterbrechenden Welle zu antizipieren, um in derselbigen wieder zu landen.

Selbst in Wettbewerben schaffen Surfprofis heutzutage dabei Drehungen von bis zu 720° um die eigene Achse. Der 360er ist ebenfalls auf die Rotation um die eigene Achse bezogen. Diese wird allerdings in der Welle gefahren. Die komplette Drehung wird durch einen überdrehten Top-Turn eingeleitet und erfolgt direkt am Curl, da das schaumige Luft/Wassergemisch den Widerstand bei der Drehung verringert (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 114).

Der Tuberide ist in der Literatur und bei jedem Surfer unbestritten der erstrebens­werteste Moment beim Wellenreiten (vgl. Nathanson & al., 2011, S. 77f.). Die Tube (zu deutsch: Röhre) entsteht bei besonderem Brechungsverhalten der Welle. Dabei müssen sowohl der Spot als auch die Dünung auf besondere Weise beschaffen sein. Entscheidend ist, dass die Welle so steil bzw. hohl, bricht, dass der Surfer unter der fallenden Wellenlippe verschwindet (s. Darst. 7).

Entscheidende Variablen für die Entstehung solcher Wellen bilden die Neigung des Untergrundes, die Windrichtung sowie die Wellenlänge. Für sog. barrelnde Wellen sollte der Untergrund relativ steil ansteigen, da dann der Geschwindigkeitsunterschied zwischen Wellental und Wellenspitze umso größer ist, wodurch die Wellenspitze das Wellental ruckartig überholt. Begünstigt wird dies, wenn ablandiger (sog. offshore) Wind das Überschlagen der Welle noch weiter hinauszögert und diese sich im noch flacheren Wasser aufbäumt. Eine hohe Periode der Wellen führt ebenfalls zu o.g. Effekt (vgl. Butt & Russell, 2002, S. 63f.).

Bezgl. der genannten speziellen Bedingungen liegt die Schwierigkeit auch darin, dass Surfer, die nicht direkt an einem dafür möglichen Spot leben, selten die Gelegenheit haben, das Tuberiden zu üben. Während die technischen Anforderungen an den Surfer prinzipiell relativ gering sind, da eigentlich „nur“ geradeaus gefahren wird, liegt die Beanspruchung v.a. in der präzisen Antizipation der Brechungsgeschwindigkeit und dem exakten „Lesen“ der Welle, wie lange und an welcher Stelle der Tuberide möglich ist oder wann dieser beendet werden muss.

Des Weiteren ist der psychologische Faktor „Angst“ zu nennen, da ein Scheitern bei entsprechender Brandungsgröße und geringer Wassertiefe äußerst heftige Wasch­gänge mit Bodenkontakt nach sich ziehen können (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 116). Dementsprechend ist bei Tuberides ein größeres Verletzungsrisiko festzu­stellen, worauf im weiteren Verlauf der Arbeit noch näher eingegangen wird (vgl. Nathanson & al., 2011, S. 74).

[...]


[1] Das Curl bez. den Brechungsrand einer Welle (s. Darst. 16).

[2] Als Waschgang wird die Folge eines Sturzes bezeichnet, bei der der Surfer, ähnlich wie in einer Waschmaschine, im sog. Weißwasser herumgewirbelt wird. Letzteres bez. den weißen Wellenschaum einer gebrochenen Welle (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 183).

[3] Da sich normalerweise der halbe Körper hüftabwärts im Wasser befindet, sorgt dies für eine größere Fläche für den Gegenstrom und somit zu einem erhöhten Gleit- bzw. Strömungswiderstand (vgl. dazu u.a. Strauss & Götze, 2005, S. 183).

[4] Bez. den Moment, in dem der Surfer aufhört zu paddeln und sich „sprungartig“ auf das Surfbrett stellt (vgl. Warshaw, 2003, S. 628).

[5] Bez. den Punkt im Wasser, an dem die Wellen am höchsten sind (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 182). An diesem positioniert sich der Surfer normalerweise, da die Wellen hier zuerst anfangen zu brechen.

[6] Ein Drop bezeichnet im Allgemeinen das Hinunterfahren der Welle nach dem Take-off. Einem anderen Surfer während des Drops die Vorfahrt zu nehmen wird als „ Drop in“ bzw. zu Deutsch als „ Reindroppen “ bezeichnet (vgl. Diel & Menges, 2006, S. 188).

[7] Für eine Erläuterung der Begriffe Nose und Finnen s. Kap 2.3.2.

[8] Nach Butt & Russell (2002, S. 43ff.) ist die Wellengeschwindigkeit von der Wellenperdiode und damit indirekt auch von der Wellengröße abhängig.

[9] Chop wird der Zustand von kleinen Erhebungen und Dellen auf der Wasseroberfläche genannt, die auch als Kapillarwellen bezeichnet werden. Diese sind das Ergebnis von Wind, der die Wasseroberfläche „aufraut“ (vgl. Butt & Russell, 2002, S. 33).

[10] Ein Big-Wave-Spot (zur Erklärung des Begriffes Spot s. Kap. 2.2.6) fast 200 Kilometer entfernt von San Diego im pazifischen Ozean.

[11] Beim Hang-ten macht der Surfer einen Noseride, d.h. er befindet sich ganz vorne auf dem Brett. Als Krönung streckt er dabei die beiden Fußspitzen über die Brettkante hinaus, sodass alle zehn Zehen überstehen.

[12] Das Trimmen bezeichnet im Wellenreiten die Gewichtsverlagerung zwischen vorne und hinten, um das Brett entweder abzubremsen oder zu beschleunigen.

[13] Siehe Kap. 2.3.2.

[14] Spots sind die Orte (z.B. Strände oder Riffe), an denen das Surfen möglich ist.

[15] Shape ist die Bez. für die äußere Form eines Surfbrettes. Entsprechend wird derjenige, der Surfbretter herstellt, als Shaper bezeichnet.

[16] Die auch in der deutschen Sprache gängige englische Bezeichnung für Neoprenanzug.

[17] Siehe Kap. 2.4.1

[18] Ein Turn bezeichnet eine starke Wendung des Brettes, die die Fahrtrichtung ändert. Siehe dazu auch Kap. 2.4.2.

[19] „Die Zone, wo die größten Wellen zuerst brechen und daher sich die Surfer hier aufreihen, um auf die Wellen zu warten“ (Strauss & Götze, 2005, S. 181).

[20] Eine Surfspot-Kategorie bei der die Wellen über sandigem Untergrund in der Form von Sandbänken brechen (vgl. Warshaw, 2003, S. 49).

[21] Das Tailpad ist eine dünne aufgeklebte Schaumstoffmatte im auf dem Tail, die das Abrutschen alternativ zum Wachsen verhindert (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 182).

[22] Als Parallelfahrt wird das Surfen im grünen, ungebrochenen Teil der Welle bezeichnet. Die Fahrt erfolgt dabei nahezu parallel zum Strand. Im Gegensatz dazu steht der Ritt auf dem sog. Weißwasser, bei dem die Schaumwalze vertikal zum Strand gesurft wird.

[23] Als Linke wird eine Welle bezeichnet, die vom Land ausgesehen von links nach rechts bricht.

[24] Eine Rechte bezeichnet eine Welle, die vom Land ausgesehen von rechts nach links bricht.

[25] Bez. die Oberkante des Brechungsrandes einer Welle. Bei äußerst steiler Brandung kann die Lippe eine Tube bilden (vgl. Strauss & Götze, 2005, S. 181; s. Darst. 16).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2011
ISBN (PDF)
9783955496708
ISBN (Paperback)
9783955491703
Dateigröße
3.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Manöver Schnittwunde Surfers Ear Risikosport 3x3 Filter Prinzip Munter

Autor

Erik Schulte, B.A., wurde 1987 in Lüneburg geboren. Sein Studium der Volkswirtschaftslehre und Sportwissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen schloss der Autor im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts erfolgreich ab. Das Wellenreiten entdeckte der der Autor bereits 2004 an der atlantischen Küste Frankreichs als Sportart für sich. Während des Studiums konnten praktische Erfahrungen bei der Arbeit in diversen Surfcamps vertieft werden. Fasziniert von dieser besonderen Kombination zwischen informeller Sportausübung und Nähe zu der Naturgewalt Wasser entstand der Wunsch sich der Thematik des Wellenreitens auf wissenschaftliche Weise anzunehmen. Da es in der deutschen Sprache bisher kaum eine wissenschaftliche ganzheitliche Auseinandersetzung mit den Gefahren im Surfen gab, führte dies zur Entstehung des vorliegenden Buches.
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Titel: Prävention sportartspezifischer Verletzungen und Risiken beim Wellenreiten
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