Lade Inhalt...

Sind die Empfehlungen von Aktienanalysten profitabel? Vergleich der Profitabilität von Buyside, Sellside und unabhängigen Analysten

©2011 Bachelorarbeit 47 Seiten

Zusammenfassung

Diese Studie beschäftigt sich mit den folgenden Fragen: Sind die Empfehlungen von Aktienanalysten profitabel? Und sind die Empfehlungen der Sellside-, Buyside- oder der unabhängigen Analysten profitabler?
Diese Fragen stellen sich, weil Aktienanalysten der Sellside vielen Interessenskonflikten ausgesetzt sind. Dafür gelten sie jedoch als Branchen-Spezialisten und verfügen in der Regel über mehr Wissen bezüglich einzelner Unternehmen als die Buyside-Analysten, welche dazu neigen, Unternehmen zu „covern“.
Das Buch beginnt mit einem allgemeinen Teil in dem auf das Berufsbild und die Interessenskonflikte der Aktienanalysten eingegangen wird. Zudem wird die Generierung der Empfehlungen erläutert. Auch werden die sogenannte Fama’s Effizienzmarkthypothese sowie das Grossman-Stiglitz-Paradoxon erklärt und der Nutzen von Aktienanalysten für die Finanzmärkte erläutert.
Im Hauptteil wird auf sechs unterschiedliche Artikel eingegangen und bei diesen die Methodik und die Ergebnisse beschrieben sowie Kritik geäußert und ein Fazit gezogen.
Die Studie endet mit einem Gesamtfazit, einer Kritik sowie daraus resultierenden Vorschlägen für weiteres Research.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2. Analysten

2.1. Definition und Abgrenzung

Eberts (1986) definierte das Berufsbild des Finanzanalysten wie folgt: „Unter einem Finanzanalysten ist eine Person zu verstehen, die in Hinblick auf eine Wertpapieranlage, vornehmlich mit Hilfe ‘externer‘ Informationen, wissenschaftlich fundierte (‘objektive‘) Analysen und Prognosen über Kapitalmärkte (Aktien- und Rentenmarkt), Branchen und Einzelunternehmungen erstellt.“[1] Finanzanalysten bzw. der Bereich Research wird in folgende Subbereiche unterteilt: Equity-, Fixed Income-, Quantitative-, Economic- sowie Strategy-Research.[2] Diese Arbeit fokussiert sich auf den Subbereich „Equity Research“, welcher einzelne Unternehmen bewertet und versucht die Vorteilhaftigkeit einer Investition in Aktien bestimmter Unternehmen in Form von Kauf-, Halte- oder Verkaufsempfehlungen abzuleiten.[3]

Außerdem wird in dieser Arbeit eine weitere Unterscheidung der Analysten nach institutioneller Zuordnung vorgenommen. So unterscheidet man zwischen Sell-Side Analysten, Buy-Side Analysten und unabhängig arbeitenden Analysten.[4] Sell-Side Analysten sind bei Banken oder Brokerhäusern angestellt. Sie erstellen Analysen, welche sich an externe Adressaten, wie institutionelle Investoren und Privatanleger, richten. Diese Analysen werden entweder direkt an die Kunden oder zur Veröffent­lichung an Informationsdienstleister (z.B. Journalisten) weitergleitet.[5] Buy-Side Analysten sind wiederrum bei institutionellen Investoren (z.B. Pensionsfonds) angestellt.[6] Sie erstellen Analysen, welche allein den Anlageentscheidungen ihrer Arbeitgeber dienen.[7] Die unabhängig arbeitenden Analysten stellen ihr Research gegen ein Entgelt dem Investor zur Verfügung. Im Gegensatz zur Sell-Side werden die Analysen nicht veröffentlicht.[8] In dieser Arbeit wird der Begriff „Aktienanalyst“ und Analyst auf einen Sell-Side Finanzanalysten im Equity Research bezogen, sofern sich kein anderer Bezug aus dem Kontext ergibt.

2.2. Generierung von Empfehlungen auf der Sell-Side

Die Aktienanalyse kann in die technische Analyse und in die Fundamentalanalyse aufgliedert werden.[9] „Obwohl die technische Analyse als zusätzliches Analyse­instrument in der Praxis häufig eingesetzt wird, hat sich die Fundamentalanalyse als wichtigste Methode zur Fundierung von Anlageentscheidungen durchgesetzt.“[10] In dieser Arbeit wird schwerpunktmäßig von der Fundamentalanalyse ausgegangen. „Das Ziel der Fundamentalanalyse ist, den inneren Wert der Aktie zu ermitteln […] Der innere Wert wird dem tatsächlichen Börsenkurs gegenüber gestellt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse über eine Über- oder Unterbewertung führen schließlich zu den entsprechenden Anlageempfehlungen am Kapitalmarkt.“[11] Nach Hax (1998) lässt sich der Prozess der Informationsverarbeitung durch die Analysten in drei Phasen zerlegen:[12]

Datenbeschaffung: Als wichtigste Datenquellen geben Analysten die Kommunikation mit dem Management sowie die Geschäftsberichte der jeweiligen Unternehmen an. Weitere Primärquellen sind Unternehmenspublikationen, wie z.B. Zwischenberichte und Pressemitteilungen. Zusätzlich dazu nutzen Analysten auch Sekundärquellen, wie Wirtschaftspresse und Prognosen anderer Analysten, zur Beschaffung von Unter­nehmensdaten. Neben den Unternehmensdaten werden auch Branchen-, Kapitalmarkt- und volkswirtschaftliche Daten zur Analyse hinzu gezogen.[13]

Datenverarbeitung: Die beschafften Daten aufbereitet und verarbeitet mit dem Ziel der Generierung einer Handelsempfehlung. Für die Bewertung werden ein geeignetes Bewertungsmodell und die jeweiligen Input-Parameter benötigt. Verwendete Be­wertungsmodelle für Aktien basieren meistens auf dem zukünftig erwarteten Gewinn des jeweiligen Unternehmens. Als wichtigste Hilfsmittel zur Beurteilung des Aktien­kurses wird das Kurs-Gewinn-Verhältnis angesehen. Somit ist das Prognostizieren des zukünftigen Gewinns eine wesentliche Tätigkeit bei der Analyse. Das Ergebnis ist in der Regel eine Handelsempfehlung, welche auf der Gewinnprognose beruht.[14]

Informationsverkauf: Die Verwertung der Empfehlungen durch den Arbeitgeber der Analysten kann durch eigene Handelsaktivitäten oder durch Verkauf der Analysen an Investoren erfolgen. Die Analysen werden potentiellen Investoren kostenlos zur Verfügung gestellt. Es wird jedoch erwartet, dass der Investor, welcher der Handels­empfehlung folgt, die Transaktion über die arbeitsgebende Bank des Analysten ausführt. Durch diese Transaktion erhält die Bank Provision. Die Analysen werden bestimmten Empfängergruppen zu unterschiedlichen Zeitpunkten zur Verfügung gestellt. So erhalten zuerst institutionelle Investoren die Handelsempfehlung, danach die Kunden der Bank. Zuletzt werden die Handelsempfehlungen in allgemein zugänglichen Quellen veröffentlicht, wie den Printmedien und dem Internet.[15] Aufgrund des Infor­mationsverkaufs kann man Interessenskonflikte vermuten.

2.3. Interessenskonflikte

Wie auch schon bei Barber et al. (2001) beobachtet, werden von Sell-Side Analysten Buy-Empfehlungen um einiges häufiger ausgesprochen als Sell-Empfehlungen.[16] Dieser Überoptimismus bezüglich der Handelsempfehlungen und der Gewinnprognosen könnte unter Anderem damit zusammenhängen, dass die Sell-Side Analysten verschiedenen Interessenskonflikten ausgesetzt sind.[17] Nachfolgende eine Auswahl möglicher Inter­essenskonflikte:

Andere Geschäftsbereiche des Arbeitgebers

Eine negative Handelsempfehlung des analysierten Unternehmens kann sich negativ auf die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Unternehmen als (potentiellen) Kunden und der Kredit- sowie Corporate-Finance Abteilung der arbeitsgebenden Bank auswirken. Zudem sei zu erwähnen, dass häufig die variable Vergütung der Analysten auch an die Provisionserlöse der Corporate-Finance Abteilung gekoppelt ist.[18]

Provisionsgenerierung durch Wertpapiertransaktionen

Wie schon in 2.2. erwähnt, erhalten Banken eine Provision, wenn ein Investor seine Handelsaktivitäten über sie ausführt. Die Kaufempfehlungen richten sich an einen breiteren Adressatenkreis als die Verkaufsempfehlung, da hier der Kunde die Aktie bereits besitzt. Somit können Kaufempfehlungen zu höheren Provisionseinnahmen führen als Verkaufsempfehlungen.[19] Hier sei noch zu erwähnen, dass die variable Gehaltskomponente des Analysten ebenfalls an diese Provision gekoppelt ist.[20]

Beziehungspflege zum Management der Unternehmen

Damit Analysten einen Informationsvorsprung vor Investoren oder anderen Analysten haben, sind sie auf eine gute Beziehung mit dem Management des jeweiligen Unter­nehmens angewiesen. Hax (1998) vermutet, dass das Management diese Abhängigkeit ausnutzt. Analysten, welche negative Empfehlungen über das Unternehmen aus­gesprochen haben, könnten eventuell in Zukunft bei der Informationsbeschaffung benachteiligt werden. Aus diesem Grund neigen Analysten dazu, Unternehmen optimistisch zu bewerten, um diese Sanktion zu umgehen.[21] Dieses Thema wurde ebenfalls schon von der Presse aufgegriffen.[22]

2.4. Fama’s Effizienzmarkthypothese und Grossman-Stiglitz-Paradoxon

Fama (1970) definiert einen effizienten Markt wie folgt: „A market in which prices always ´fully reflect´ available information is called ´efficient´.“ [23] Demnach sind auf effizienten Märkten alle verfügbaren Informationen bereits im Preis enthalten. Kurs­änderungen resultieren aus neuen Informationen die zuvor nicht vorhersehbar waren und unverzüglich eingepreist werden.[24] Fama (1970) unterscheidet die folgenden 3 Formen der Informationseffizienz,[25] wobei zu erwähnen ist, dass die strengere Form der Informationseffizienz auch immer die schwächeren Formen beinhaltet:[26]

Informationseffizienz in der schwachen Form: Aktienkurse enthalten alle Informationen über historische Kursverläufe. An Hand der technischen Analysen ist es nicht möglich eine Überrendite zu erzielen.[27]

Informationseffizienz in der halbstrengen Form: Alle öffentlich verfügbaren Infor-mationen werden unverzüglich eingepreist. An Hand der Fundamentalanalyse ist es nicht möglich eine Überrendite zu erzielen.[28]

Informationseffizienz in der strengen Form: Hier sind nicht nur alle öffentlichen, sondern auch alle nicht öffentlichen Informationen (Insider-Informationen) eingepreist. Somit kann keine Überrendite erzielt werden.[29]

Nach Stanzel (2007) haben Aktienanalysten unter Annahme der halbstrengen Informationseffizienz keine Existenzberechtigung. Die Auswertung öffentlich zugänglicher Informationen führt zu keiner Überrendite, da die Informationen bereits eingepreist sind.[30]

Letzteres führt zum Grossman-Stiglitz-Paradoxon: Wenn alle Informationen bereits im Preis enthalten sind, gibt es keinen Anreiz für die Marktteilnehmer Informationen zu beschaffen. Wenn jedoch dieser Anreiz nicht besteht, dann ist es nicht möglich, dass alle Informationen im Preis enthalten sind.[31] Wenn jedoch alle Marktteilnehmer uninformiert sind, lohnt es sich für das Individuum informiert zu sein.[32]

2.5. Der Nutzen von Sell-Side Analysten

In der Praxis beinhalten die Preise nicht immer alle relevanten Informationen bzw. diese Informationen werden nicht immer rational von den Marktteilnehmern ausgewertet.[33] Die Analysten helfen dabei solche Marktineffizienzen aufzudecken und zu beseitigen, indem diese dem Investor kommuniziert werden. Ihm werden Analysen zur Verfügung gestellt, an Hand derer er bessere Kauf- und Verkaufsentscheidungen treffen kann, der aktuelle Kurs nähert sich somit dem wahren Unternehmenswert und die Informations­effizienz wird gesteigert.[34] Analysten können zudem indirekt die Informationseffizienz von Kapitalmärkten steigern, indem sie die Verfahrenseffizienz erhöhen. Sie stellen den Investoren relevante Informationen zur Verfügung und senken hierdurch trans­aktionsbedingte Informations- und Entscheidungskosten,[35] da die Prognosen und Empfehlungen dem Investor bei der Informationsverarbeitung und Entscheidungs­findung helfen. Zudem führt die bestehende Konkurrenz zwischen Analysten zu geringeren Kosten.[36] Nach Stanzel (2007) würde ein Wegfall der Analysten bzw. der Konkurrenz zu höheren Transaktionskosten führen, da der Investor mehr für die Analyse investieren müsste. Diese höheren Transaktionskosten führen zu einer höheren Renditeforderung. Demnach lohnt es sich für Investoren nur anzulegen, wenn der mögliche Gewinn die höheren Transaktionskosten übersteigt. Als Folge könnten weniger Informationen eingepreist sein und somit die Informationseffizienz sinken.[37] Außerdem wird durch die Analysten der Informationsfluss zwischen dem Management des Unternehmens und den Aktionären/Eigentümern unterstützt und somit das Principal-Agent-Problem reduziert. Da Aktionäre nicht über die Spezialisierung verfügen und die eigene Überwachung hohe Kosten verursacht, werden die Veröffentlichungen der Analysten zur Überwachung des Managements verwendet.[38]

3. Hauptteil

3.1. Womack (1996)

3.1.1. Fragestellung und Methodik

In der Fragestellung ob die Handelsempfehlungen von Sell-Side Analysten profitabel sind, ist die Arbeit von Womack (1996) von besonderer Relevanz. Womack (1996) untersucht Preisreaktionen auf Änderungen von Handelsempfehlungen.[39] Um diese Untersuchungen durchzuführen greift er auf die First-Call Datenbank zurück, welche tägliche Kommentare und Empfehlungen von der Mehrzahl aller U.S. sowie inter­nationaler Brokerhäuser sammelt und diese Kunden zur Verfügung stellt. Womack (1996) beschränkt sich bei seiner Untersuchung auf Änderungen der Handels­empfehlung der äußersten Bewertungen von den, nach dem Ranking von „Instituional Investors“, 14 führenden Brokerhäusern der USA im Zeitraum von 1989-1991. Die Untersuchung wurde mit 1.573 Handelsempfehlungen, welche sich auf 822 US-Unternehmen bezogen, durchgeführt. Diese Handelsempfehlungen wurden in vier verschiedene Portfolios eingruppiert: (a) „Added-to-Buy“ (nachfolgend: Portfolio 1), (b) „Removed-from-Buy“ (nachfolgend: Portfolio 2), (c) „Added-to-Sell” (nachfolgend: Portfolio 3, (d) „Removed-from-Sell” (nachfolgend: Portfolio 4).[40]

In der Arbeit wurden die Preisbewegungen in bestimmten Zeiträumen vor, nach und während der Veröffentlichung von Handelsempfehlungsänderungen betrachtet und untersucht, ob hierdurch eine Überrendite erzielt werden kann. Zur Ermittlung der Überrendite wurden drei verschiedene Modelle angewendet.[41] (siehe Anhang A.1.)

Größenangepasste Rendite: Von der absoluten Rendite der jeweiligen Firma im Zeitraum wurde die Rendite anderer börsennotierter Unternehmen, mit ähnlich hoher Marktkapitalisierung, abgezogen. Um die größenangepasste Rendite für eines der vier Portfolios zu ermitteln, wurde die Summe der Überrendite der einzelnen Firmen in dem Portfolio durch die Anzahl der jeweiligen Firmen in dem Portfolio dividiert und somit die durchschnittliche größenangepasste Rendite ermittelt.[42]

Branchenangepasste Rendite: Von der oben errechneten größenangepassten Rendite des einzelnen Unternehmens wird die durchschnittliche größenangepasste Rendite von anderen Unternehmen derselben Branche abgezogen. Wie auch schon bei der größenangepassten Rendite wurde die branchenangepasste Rendite des Portfolios mittels Bildung der durchschnittlichen branchenangepassten Rendite je Portfolio, ermittelt.[43]

3-Faktor-Modell nach Fama und French (1993): Die Faktoren dieses Modells sind neben der wertgewichteten Marktrendite auch die Größe des Unternehmens (gemessen an der Marktkapitalisierung) und das Kurs-Buchwert-Verhältnis.[44] Fama und French (1993) beobachten, dass eine überdurchschnittliche Rendite, gemessen an der Markt­rendite, von Unternehmen mit einer geringen Marktkapitalisierung sowie von Unter­nehmen mit einem hohen Verhältnis vom Buchwert zum Marktwert (also geringes KBV) erzielt wird.[45] Diese Beobachtungen machten bereits Banz (1981), bezogen auf die Größe des Unternehmens, sowie Rosenberg, Reid und Lanstein (1985), bezogen auf das Verhältnis vom Buchwert zum Marktwert. Die Überrendite des jeweiligen Port­folios wird dann wie in den vorherigen Modellen berechnet, indem die Renditen der einzelnen Unternehmen summiert werden und dann durch die Anzahl der Unternehmen dividiert werden.[46]

Neben der Ermittlung der Überrendite wurde ebenfalls untersucht, ob die einzelnen Portfolios im Zeitraum um die Handelsempfehlungsänderung herum ein überdurch­schnittliches Handelsvolumen verzeichnen. Hierzu wurde das Volumen am jeweiligen Handelstag ins Verhältnis gesetzt zum durchschnittlichen Handelsvolumen drei Monaten vor und nach der Handelsempfehlungsänderung.[47] (siehe Anhang A.2.)

3.1.2. Ergebnis

Bevor die Ergebnisse der Hauptuntersuchungen beschrieben werden, werden zunächst die in dem Artikel gemachten Beobachtungen genannt. Womack (1996) beobachtete, dass die Empfehlungen der 14 Brokerhäuser vor allem Unternehmen mit einer hohen Marktkapitalisierung (nachfolgend: Large Caps) betrafen. Lediglich 10% der Empfeh-lungen bezogen sich Unternehmen mit einer geringen Marktkapitalisierung (nach­folgend: Small Caps).[48] Außerdem wurde beobachtet, dass es sich bei der Mehrzahl aller ausgesprochenen Empfehlungen um Kaufempfehlungen handelte.[49]

Die Ergebnisse der Hauptuntersuchung zeigten zudem eine enorme Preisreaktion in den drei Tagen nach der Handelsempfehlungsänderung. In diesem Zeitraum stieg der Kurs, der zum Kauf empfohlenen Aktien, um 3,27%. Bei zum Verkauf empfohlen Aktien fiel der Kurs sogar um 4,32% in diesem kurzen Zeitraum. Hier zeigte sich die starke Kursreaktion von Aktien auf Handelsempfehlungen. Bei diesen zwei Portfolios ließ sich zudem ein enormer Anstieg des Handelsvolumens beobachten. So stieg das Handelsvolumen bei Portfolio 1 um 100% und das Volumen von Portfolio 3 sogar um 300% innerhalb der 3 Tage Periode. Nicht nur in diesem kurzen Zeitraum, sondern auch für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten war eine Preisbewegung in die vom Analysten prognostizierte Richtung feststellbar. So konnte noch in dem Monat nach der Veröffentlichung eine größenangepasste Rendite von 2,38% beim Portfolio 1 beobachten werden. Beim Portfolio 3 und Portfolio 2 dauerte diese Preisreaktion auf die Handelsempfehlungsänderung sogar sechs Monate. In diesem Zeitraum sank der durchschnittliche Preis des Portfolios 3 um 9,15% (größenangepasst), sowie 5,5% (größenangepasst) für das Portfolio 2.[50]

3.1.3. Fazit und Kritik

Aufgrund der oben genannten Ergebnisse kann von einer Profitabilität der Handelsempfehlungsänderungen von Sell-Side Analysten gesprochen werden. Durch Anwendung drei verschiedener Modelle wurde gezeigt, dass eine Überrendite erwirt­schaftet wurde. Die Empfehlungsänderungen der Sell-Side Analysten führen nicht nur zu einer starken Preisreaktion im kurzen Zeitraum der Veröffentlichung, sondern auch zu einer Preisreaktion die bei Kaufempfehlungen erst einen Monat nach dem Veröffent­lichungszeitraum abgeschlossen ist. Bei den drei anderen Portfolios dauert diese Preis­reaktion sogar sechs Monate. Außerdem lässt sich beobachten, dass die Preisreaktionen bei Verkaufsempfehlungen um einiges stärker sind als bei Kaufempfehlungen. Es kann vermuten werden, dass diese stärkere Reaktion unter Anderem mit der Häufigkeit von Kauf- und Verkaufsempfehlungen zusammenhängt. So wurde beobachtet, dass Verkaufsempfehlungen um einiges seltener ausgesprochen werden als Kauf­empfehlungen was möglicherweise auf die, in 2.3. genannten, Interessenskonflikte zurückzuführen ist. Demnach sind die Kosten der Veröffentlichung einer Verkaufsempfehlung für den Analysten höher, was einen Anstieg der Rendite erfordert. Es bleibt jedoch zu sagen, dass die Aussagekraft trotzdem als beschränkt zu erachten ist. So werden in dieser Arbeit nur die 14 führenden Brokerhäuser untersucht. Diese wurden von der Zeitschrift „Institutional Investors“ durch Bewertungen institutioneller Investoren ermittelt. Somit kann man davon ausgehen, dass die Handelsempfehlungen dieser Brokerhäuser schon öfters den Investoren treffende Vorhersagen lieferten. Daher können diese Ergebnisse nicht auf alle Sell-Side Analysten übertragen werden. Zudem bleibt anzumerken, dass die bei den Handelsempfehlungsänderungen nicht die frühere Handelsempfehlung näher betrachtet wurde. So kann angenommen werden, dass eine „Buy“-Empfehlung, welche auf „Strong Buy“ hochgestuft wird, nicht eine so große Preisreaktion verursacht wie eine Änderung von „Strong Sell“ auf „Strong Buy“. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den sehr kurzen Untersuchungszeitraum, welcher es nicht möglich macht diese Ergebnisse auf andere Zeiträume zu übertragen. In Hinblick auf die in dieser Arbeit zu bearbeitende Fragestellung ist wohl die folgende Kritik am bedeutendsten: Ein Großteil der Rendite wurde kurz nach Veröffentlichung der Handelsempfehlung erzielt. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass die Anleger, vor allem die Privaten, so schnell auf diese Empfehlungen reagieren können. Außerdem wurden in dieser Studie keine Transaktionskosten berücksichtigt, welche in der Praxis die Rendite verringern. In Bezug auf die hier bearbeitete Fragestellung und unter Berücksichtigung der genannten Kritikpunkte lässt sich zusammenfassend sagen, dass Handels­empfehlungsänderungen von Sell-Side Analysten profitabel sind und, unter den angenommenen Bedingungen, eine Überrendite erzielen.

3.2. Barber et al. (2001a)

3.2.1. Fragestellung und Methodik

Barber et al. (2001a) beschäftigt sich mit der Frage, ob Anleger von den Handels­empfehlungen der Sell-Side Analysten profitieren können. Im Gegensatz zu Womack (1996) untersucht Barber et al. (2001a) verschiedene Handelsstrategien, die auf den durchschnittlichen Handelsempfehlungen einzelner Aktien aufbauen, bezüglich derer Profitabilität nach Abzug von Transaktionskosten.[51]

Für diese Untersuchung werden die Daten von Zacks Investment Research verwendet, einer Datenbank ähnlich der von Womack (1996) benutzten FirstCall-Datenbank. In Barbers Untersuchung fließen 361.620 Handelsempfehlungen von 269 Brokerhäusern im Zeitraum von 1986-1996[52] ein.[53] Bei der Mehrzahl der untersuchten Unternehmen handelt es sich um Large Caps[54] Die Handelsempfehlungen wurden in eine Skala von 1-5 übersetzt, wobei „1“ die beste Bewertung bedeutet und „5“ die schlechteste. „6“ bedeutet, dass die „Coverage“ eingestellt wurde.[55]

Um die Untersuchung durchzuführen werden zuerst die durchschnittlichen Empfehlun­gen der einzelnen Unternehmen ermittelt. Anschließend werden diese Unternehmen an Hand ihrer durchschnittlichen Empfehlung in Portfolios zusammengefasst. Es wird zwischen den fünf folgenden Portfolios unterschieden.[56] (Siehe Anhang B.1.) Das Portfolio 5 beinhaltet sowohl Halte- als auch Verkaufsempfehlungen und deckt somit einen relativ großen Teil der Skala ab. Trotzdem beträgt die Anzahl der enthaltenen Firmen in Portfolio 5 durchschnittlich nur 211, während das skalentechnisch kleinere Portfolio 1 im Schnitt 760 Unternehmen beinhaltet. Diese ist auf die geringere Anzahl an Verkaufsempfehlungen zurückzuführen.[57]

Nach der Zusammensetzung der Portfolios, wird nun die wertgewichtete Rendite ermittelt. Hierzu wird zuerst der Anteil des einzelnen Unternehmens am Portfolio mit der Tagesrendite dieses Unternehmens multipliziert. Dieses Vorgehen wird für alle Unternehmen wiederholt und die Summe ergibt die Tagesrenditen des jeweiligen Portfolios. Um die monatliche Portfoliorendite zu kalkulieren, wird die Tagesrendite mit der Anzahl der Handelstage multipliziert.[58] (siehe Anhang B.2.) Um zu bestimmen, ob die untersuchten Handelsstrategien profitabel sind, werden zuerst die markt­angepassten Renditen für die Portfolios ermittelt. Hierzu wird von der Monatsrendite des Portfolios die Monatsrendite eines wertgewichteten Marktindex subtrahiert. Der verwendete Index wird von CRSP an Hand mehrerer Indizes gebildet und heißt entsprechend der beinhalteten Indizes CRSP NYSE/AMEX/Nasdaq. Als nächstes werden drei Modelle zur Bestimmung der Überrendite berechnet. Zuerst wird hier das CAPM angewendet.[59] Darauf folgt das 3-Faktor-Model von Fama/French (1993). Das dritte angewendete Model ist das 4-Faktoren Model nach Carhart (1997).[60] Beim 4-Faktor-Modell wird das bei Womack (1996) beschriebene 3-Faktor-Modell um den Faktor „Momentum“ erweitert, da eine positive Korrelation von früherer Preisent­wicklung mit zukünftiger Rendite nachgewiesen wurde.[61] (siehe Anhang B.3.)

Um im nächsten Zug die Transaktionskosten schätzen zu können, wird nun der tägliche Umsatz bzw. Umschlag je Portfolio kalkuliert. Dieser Umsatz des Portfolios sagt aus, welcher Prozentsatz des Portfolios zum Ende des Handelstages in ein anderes Portfolio verschoben wird. Der jährliche Portfolioumsatz wird ermittelt in dem der tägliche Umsatz mit der Anzahl der Handelstage im Jahr multipliziert wird.[62] (siehe Anhang B.4.)

In der Untersuchung wurde bisher angenommen, dass der Anleger am Ende eines jeden Handelstages auf die neuen Handelsempfehlungen reagieren kann. Barber et al. (2001a) vermuten jedoch, dass private Anleger nicht innerhalb dieses Handelstages reagieren können. Dieses mag daran liegen, dass diese erst die Handelsempfehlungen zu einem späteren Zeitpunkt erhalten oder daran, dass es für sie unmöglich ist täglich ihr Portfolio zu verändern. Demnach wird an dieser Stelle untersucht, welchen Einfluss eine verspätete Reaktion der Anleger auf die Portfoliorendite hat. Hierzu wird bei den bestehenden Portfolios untersucht, wie sich deren Rendite verhält, wenn a) das Portfolio seltener aktualisiert wird und zwar wöchentlich, halbmonatlich oder monatlich und wenn b) die einzelnen Aktien täglich aktualisiert werden jeweils mit einer Verzögerung von einer Woche, einem halben Monat oder einen ganzen Monat.[63]

Um zu erfahren, ob die Handelsstrategien eine Überrendite erzielen, müssen die Transaktionskosten mit einbezogen werden. Das Volumen wurde oben bereits ermittelt, die eigentlichen Transaktionskosten wurden von Keim und Madhavan (1998) geschätzt. Diese sind für Unternehmen mit einer geringen Marktkapitalisierung höher. Um die Transaktionskosten für die Portfolios zu schätzen, wurde die unterschiedliche Marktkapitalisierung der beinhalteten Firmen berücksichtigt. Der dem einzelnen Portfolio entsprechenden Prozentsatz der Transaktionskosten wurde anschließend mit dem Jahresumsatz des jeweiligen Portfolios multipliziert und ergab somit die geschätzten gesamten Transaktionskosten für das einzelne Portfolio.[64]

In einer weiteren Untersuchung bildete Barber et al. (2001a) von jedem Portfolio drei Unterportfolios. Die im Portfolio enthaltenen Unternehmen wurden an Hand ihrer Marktkapitalisierung auf diese drei Unterportfolios aufgeteilt. Es wurde untersucht, inwiefern es möglich wäre eine Überrendite mit dem jeweiligen Unterportfolio zu erzielen.[65]

[...]


[1] Eberts (1986), S. 255.

[2] Vgl. Achleitner (2002), S. 761.

[3] Vgl. Achleitner (2002), S. 768.

[4] Vgl. Göres (2004), S. 30ff.

[5] Vgl. Stanzel (2007), S. 20.

[6] Vgl. Gerke/ v. Rosen (2001), S. 11.

[7] Vgl. Oberdörster (2008), S. 59.

[8] Vgl. Göres (2004), S. 32.

[9] Vgl. Löffler (1998), S. 19; Vgl. Hax (1998), S. 11.

[10] Hax (1998), S. 11.

[11] Oberdörster (2008), S. 63.

[12] Vgl. Hax (1998), S. 11.

[13] Vgl. Hax (1998), S. 12-15.

[14] Vgl. Hax (1998), S. 17-19.

[15] Vgl. Hax (1998), S. 19-21

[16] Vgl. Barber et. al. (2001), S. 538.

[17] Vgl. Friedrich (2007), S. 96.

[18] Vgl. Fleischer (2005), S. 30f.

[19] Vgl. Fleischer (2005), S. 30; Vgl. Göres (2004), S. 47f.

[20] Vgl. Achleitner, Bassen, Pietzsch (2001), S. 52.

[21] Vgl. Hax (1998), S. 22f.

[22] Vgl. Voigt (2011).

[23] Fama (1970), S. 383.

[24] Vgl. Friedrich (2007), S. 50.

[25] Vgl. Fama (1970), S. 383.

[26] Vgl. Fleischer (2005), S. 43.

[27] Vgl. Friedrich (2007), S. 51.

[28] Vgl. Friedrich (2007), S. 51.

[29] Vgl. Friedrich (2007), S. 51.

[30] Vgl. Stanzel (2007), S. 26f.

[31] Vgl. Stanzel (2007), S. 27.

[32] Vgl. Grossman/Stiglitz (1980), S. 395.

[33] Vgl. Stanzel (2007), S. 27f.

[34] Vgl. Diehl (1993), S. 177; Stowe et al. (2002), S. 23.

[35] Vgl. Friedrich (2007), S. 56.

[36] Vgl. Stanzel (2007), S. 31-33.

[37] Vgl. Stanzel (2007), S. 31-33.

[38] Vgl. Oberdörster (2008), S. 62.

[39] Vgl. Womack (1996), S 138-139.

[40] Vgl. Womack (1996), S. 140-141.

[41] Vgl. Womack (1996), S. 146.

[42] Vgl. Womack (1996), S. 146-147.

[43] Vgl. Womack (1996), S. 147.

[44] Vgl. Womack (1996), S. 147.

[45] Vgl. Fama/French (1993), S. 7-8.

[46] Vgl. Womack (1996), S. 151.

[47] Vgl. Womack (1996), S. 151.

[48] Vgl. Womack (1996), Tabelle 1.

[49] Vgl. Womack (1996), S. 164.

[50] Vgl. Womack (1996), S. 153-154.

[51] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 532.

[52] Das Jahr 1985 wurde aufgrund der geringen Datenmenge nicht berücksichtigt.

[53] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 536.

[54] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 538.

[55] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 536.

[56] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 541.

[57] Vgl. Barber et al. (2001a), Tabelle 4.

[58] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 540-541.

[59] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 542.

[60] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 543.

[61] Vgl. Kempf et al. (2010), S. 16.

[62] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 544.

[63] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 552.

[64] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 553.

[65] Vgl. Barber et al. (2001a), S. 558.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783955496760
ISBN (Paperback)
9783955491765
Dateigröße
377 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Equity Research Aktienanalyse Aktienanalyst Barber Jegadeesh
Zurück

Titel: Sind die Empfehlungen von Aktienanalysten profitabel? Vergleich der Profitabilität von Buyside, Sellside und unabhängigen Analysten
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
47 Seiten
Cookie-Einstellungen