Rohstoffinvestments: Einfluss der Rohstoffspekulation auf die Lebensmittelpreise und den weltweiten Hunger
Zusammenfassung
Aufgrund des Rohstoffbooms in den letzten Jahren wurden immer mehr Instrumente entwickelt, um es nicht nur Großinvestoren, sondern auch privaten Anlegern zu ermöglichen, an der Rohstoffhausse teilzunehmen. Durch den extremen Zulauf an den Börsen und bei „over-the-counter“-Geschäften wuchs die Zahl der Spekulanten an den Warenterminmärkten rasant. Während viele Investoren aufgrund des sehr komplexen Marktes ihr gesamtes Geld verlieren, profitieren die Banken und Börsen in riesigem Ausmaß. Die steigende Volatilität an den Märkten nützt vor allem diesen zwei Gruppen, da sie höhere Gebühren und Sicherheitsleistungen veranschlagen können.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird untersucht, ob es wirklich die Spekulanten sind, die die Preise in die Höhe treiben, oder ob diese nur als Sündenbock für Preisspitzen herhalten müssen. Es gilt zu hinterfragen, ob der weltweite Hunger durch die Spekulation mit Rohstoffen, vor allem mit Agrarrohstoffen und Öl, angeheizt wird oder doch die Fundamentaldaten für höhere Preise verantwortlich sind.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
2.3 Agrarrohstoffe
Da im weiteren Verlauf dieser Arbeit besonders die Spekulation mit Agrarrohstoffen im Vordergrund steht, wird in diesem Abschnitt hauptsächlich auf die bedeutendsten agrarischen Produkte eingegangen, welche an den Warenterminbörsen gehandelt werden. Da die Rohölpreise sich erheblich auf die Lebensmittelpreise niederschlagen, werden auch diese kurz erörtert.
Rohöl
Energierohstoffen wird an den Weltmärkten die höchste Bedeutung beigemessen. Aus diesem Grund machen sie auch in den Indizes das größte Gewicht aus. Die bekanntesten Sorten neben dem amerikanischen WTI (West Texas Intermediate) Öl sind das Light Sweet Crude Oil, welches an der NYMEX notiert, und das Brent Crude Oil, welches an der ICE gehandelt wird. Die Kontraktgröße beläuft sich bei beiden Varianten auf 1.000 Barrel und notiert in US Dollar je Barrel. Der NYMEX Light Sweet Crude Future ist der meistgehandelte Rohstoffkontrakt der Welt. Die wichtigste Liefersorte hierbei ist das zuvor erwähnte, hochwertige WTI Öl. Der Kontrakt wird wegen seiner hohen Liquidität von vielen Marktteilnehmern beim Risikomanagement und als Absicherung eingesetzt.[1]
Weizen
Weizen ist noch vor Mais der wichtigste landwirtschaftliche Rohstoff. Von zentraler Rolle sind der Soft Red Winter Wheat oder Chicago-Weizen und der Hard Red Winter Wheat oder Kansas-Weizen, wobei sich die Angabe „Winter“ auf den Zeitpunkt der Aussaat bezieht, während „hard“ bzw. „soft“ die klimatischen Bedingungen kennzeichnen, unter denen die Pflanzen gezogen werden.[2] Jährlich werden um die 630 Millionen Tonnen Weizen produziert, die vornehmlich zur Lebensmittelproduktion verwendet werden. Weiters dient er als Futtermittel in der Viehwirtschaft und gewinnt durch die hohen Rohölpreise immer mehr Bedeutung bei der Herstellung von Biokraftstoffen. Die Weizen-Kontrakte notieren sowohl an der CBOT als auch am KCBT (Kansas City Board of Trade) in US-Cent je Scheffel („bushel“), wobei 1 bushel 27,2155 kg Weizen entspricht.
Mais
Mais gehört zu den wichtigsten Agrarprodukten der Welt und der Mais-Future ist einer der am stärksten gehandelten Rohstoff-Kontrakte überhaupt.[3] Die weltweite Mais-Produktion beträgt jährlich ca. 700 Millionen Tonnen. In Industrieländern werden 2/3 der Ernte als Futtermittel verwendet, in Schwellenländern dient Mais hauptsächlich als Nahrungsmittel. Wie Weizen eignet sich auch Mais zur Erzeugung von Biokraftstoffen wie z.B. Ethanol. In den USA wurde 2009 bereits ein Drittel der Maisproduktion zur Herstellung von Ethanol verwendet.[4] Die täglichen Preisschwankungen beim Handel mit Mais sind nach oben und unten mit einem Limit von 20 US-Cent versehen.[5]
Mais-Kontrakte notieren in US-Cent je Scheffel, wobei ein bushel 25,4012 kg entspricht.
Sojabohnen
Obwohl die weltweite Nachfrage nach Sojabohnen über der von Mais und Weizen liegt, werden jährlich nur ca. 220 Mio. Tonnen produziert. Der Nachfrageboom ergibt sich zunächst durch die steigende Nutzung von Sojabohnen als Futtermittel, aber vor allem durch die Verwendung zur Herstellung von Biokraftstoffen. In Chicago werden vorwiegend so genannte GMO (Genetically Modified Organism)-Sojabohnen gehandelt, die aus genetisch verändertem Saatgut gezogen wurden.[6]
Reis
Trotz seiner Bedeutung als eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel ist der organisierte Terminhandel mit Reis im Vergleich zu Weizen oder Mais unbedeutend und wenig liquide.[7]
Zucker
Der Anbau von Zuckerrohr erfolgt in tropischen und subtropischen Regionen der Erde, wobei Brasilien mit 16% der weltweiten Herstellung der bedeutendste Zuckerproduzent ist. In Brasilien wird die Hälfte der Ernte für die Produktion von Biotreibstoff verwendet.[8] Die globale Ethanol-Produktion stützt sich zu über 60% auf Zucker.[9]
Kaffee
Kaffee ist für die meisten Menschen kaum mehr wegzudenken und auch an den Warenterminbörsen wird eifrig mit Kaffeebohnen gehandelt. Die wichtigsten Sorten sind hierbei die europäische Arabica, welche ausschließlich an der New York Board of Trade (NYBOT) gehandelt wird, und die asiatische Robusta.
Lebendrind
Als Lebendrind wird an den Warenterminbörsen ein schlachtreifes Rind bezeichnet. Beim Börsenhandel mit Lebendrind sollte man seine Aufmerksamkeit neben Tierkrankheiten auch stets auf die Entwicklungen bei den Mastrindern richten, da ein Mangel an Mastrindern sich im weiteren Verlauf auch auf die Preise bei Lebendrind auswirken wird.
3 Rohstoffe am Kapitalmarkt
Der Rohstoffhandel erfolgt am Kapitalmarkt, auf dem langfristige Finanztitel gehandelt werden. Der Handel mit Rohstoffen erfolgt hierbei entweder am Kassamarkt, auch Spot-Market genannt, oder am Terminmarkt. Die entscheidendere Rolle bei Geschäften und Investitionen in Rohstoffe spielt jedoch der Terminmarkt. Aufgrund dessen werden im Folgenden die wichtigsten Terminmarktgeschäfte näher erläutert.
3.1 Kassamarkt
Der Kassamarkt dient dem physischen Erwerb eines Gutes zum aktuellen Kassakurs. Der Kassakurs oder Spot-Price bezeichnet den heute für einen sofortigen Kauf beziehungsweise Verkauf gültigen Preis.[10] Unmittelbar nach der Abwicklung des Geschäftes erfolgten dann die Lieferung, Abnahme und Bezahlung. Die maximale Frist für die Lieferung und Bezahlung liegt bei zwei Tagen. Diese individuellen Vereinbarungen zwischen Käufer und Verkäufer werden nicht über die Börse, sondern Over-the-counter abgewickelt. Aufgrund der fehlenden Standardisierung birgt der Kassamarkt jedoch erhebliche Risiken und ist deshalb für Investoren kaum interessant.
3.2 Terminmarkt
Der Terminmarkt, das Gegenstück zum Kassamarkt, bietet den Vorteil, dass bei Abschluss des Geschäftes zwar der Preis fixiert wird, jedoch noch keine Leistung von den Vertragspartnern erfolgen muss. Termingeschäfte beziehen sich auf Wertpapiere, Währungen, Rohstoffe oder andere Finanzinstrumente. Sie werden entweder über die Börse oder außerbörslich gehandelt. Hierbei wird grundsätzlich zwischen bedingten und unbedingten Termingeschäften unterschieden. Bei unbedingten Geschäften ist man zum Kauf bzw. zur Lieferung vom vorher vereinbarten Gut zum vorher vereinbarten Zeitpunkt verpflichtet. Hierzu zählen Forwards und Futures.
Eine Option, wie der Name sagt, gibt dem Käufer das Recht, aber nicht die Pflicht, die Option auszuüben und einen Future-Kontrakt, zu einem vorher vereinbarten Preis, zu erwerben.[11] Somit handelt es sich bei der Option um ein bedingtes Termingeschäft.
3.2.1 Forwards
Ein Forward-Kontrakt bestimmt heute, zu welchen Konditionen man Assets oder Waren zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft kauft oder verkauft.[12] Der Käufer nimmt die Long-Position ein, der Verkäufer die Short-Position. Es handelt sich hierbei um ein unbedingtes, außerbörsliches Termingeschäft, das „Over-the-counter“ abgewickelt wird. Das bedeutet, dass Forward-Kontrakte private, nicht standardisierte Verträge zwischen zwei Finanzinstitutionen oder zwischen einer Finanzinstitution und einem Geschäftskunden sind.[13]
Während die meisten Futures-Kontrakte vor dem Fälligkeitstermin glattgestellt werden, führen die meisten Forwardkontrakte zur Lieferung des materiellen Gutes oder der Schlussabrechnung per Kasse.[14] Forwardkontrakte beinhalten das Risiko, dass einer der Vertragspartner zum vereinbarten Liefertermin nicht zahlen bzw. nicht liefern kann.
3.2.2 Futures
„Rohstoffhandel“ und „Futures-Handel“ sind im Prinzip dasselbe.[15]
Im Gegensatz zu Forwards werden Futures an der Börse gehandelt. Ein Future-Kontrakt ist das gegenseitige Versprechen von Käufer und Verkäufer, zu einem bestimmten Preis, zu einem vereinbarten Zeitpunkt, eine festgelegte Menge einer bestimmten Ware in einer fixierten Qualität zu liefern (Verkäufer) oder abzunehmen (Käufer).[16] Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Commodity Futures, auch als Warentermingeschäfte bezeichnet, die sich auf Rohstoffe beziehen und Financial Futures, deren Handelsobjekt verschiedene Finanztitel sind.
Futures sind standardisierte Verträge, bei denen verbindliche Vereinbarungen hinsichtlich des Underlyings (Basiswert des dem Future zugrunde liegenden Vermögenswertes), der Kontraktgröße, der Liefervereinbarung, des Liefermonats, des Preises und der Qualität vereinbart werden. Besonders beim Handel mit Rohstoffen ist es wichtig, diese Vereinbarungen im Vorhinein zu treffen, um die richtige Qualität eines Produktes zu erhalten, oder um hohe Transport- oder Lagerkosten zu vermeiden.
Geht ein Investor von steigenden Kursen aus und möchte er von dem vermeintlichen Preisanstieg durch den Kauf von Futures profitieren, muss er zunächst seinen Broker kontaktieren. Der Broker wickelt den Kauf ab und fordert von seinem Investor einen gewissen Geldbetrag, der auf ein separates Konto eingezahlt wird. Dieser Betrag wird auch Margin oder Einschuss genannt und dient der Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit des Investors. Die erste Einzahlung auf dieses Konto wird auch als Initial Margin bezeichnet, wobei die Höhe je nach Kontrakt von der Börse vorgegeben wird. Bei einem Kontrakt handelt es sich um die kleinste handelbare Einheit eines Gutes.
Am Ende eines jeden Börsentages wird das Marginkonto angepasst, um den Gewinn oder Verlust des Investors wiederzugeben.[17] Hierbei handelt es sich um die Bewertungsmethode des Marking to Market. Sinkt der Future-Preis, führt das bei einer Long-Position zur Verringerung des Margin-Kontos. Durch den sogenannten Margin-Call wird sichergestellt, dass der Betrag des Margin-Kontos nie unter eine vorgegebene Mindesteinschussgrenze sinkt. Der Margin-Call bedeutet für den Investor den notwendigen Nachschuss von Kapital.
Das Clearing-House tritt an der Börse als Intermediär auf, der garantiert, dass beide Vertragsparteien ihren Verpflichtungen nachkommen und die jeweilige Transaktion durchführen. Das Clearing-House stellt die Lieferung aller Kontrakte an der Börse sicher und hand
Im Zusammenhang mit Futures ist das „Glattstellen“ von wesentlicher Bedeutung. Da die meisten Investoren nicht an der tatsächlichen Lieferung der Ware interessiert sind, werden sie ihre Position vor dem vereinbarten Liefertermin glattstellen. Bei der Glattstellung nimmt der Investor die entgegengesetzte Position zu seiner ursprünglichen ein, um die Positionen zu saldieren. So wird eine ursprüngliche Long-Position durch eine später eingegangene Short-Position mit identischen Kontraktspezifikationen automatisch egalisiert, eben glattgestellt.[18] Durch diesen Vorgang ist es möglich, an Rohstoffmärkten zu spekulieren, ohne jemals die Waren tatsächlich physisch zu erhalten. Dies ist vor allem bei agrarischen Rohstoffen von Bedeutung, da diese meist verderblich sind und die Lagerhaltung hohe Kosten verursachen würde.
3.2.3 Optionen
Optionen werden entweder an der Börse oder Over-the-counter gehandelt. Es handelt sich hierbei ebenfalls um standardisierte Verträge. Eine Option gibt dem Käufer das Recht, durch Ausübung derselben eine bestimmte Menge einer Ware zu einem festgelegten Zeitpunkt zu kaufen oder zu verkaufen.[19] Somit berechtigt eine Option den Optionskäufer, eine bestimmte Menge eines bestimmten Gutes (Basiswert, Basisobjekt), zu einem festgelegten Preis (Ausübungspreis), zu einem festgelegten zukünftigen Zeitpunkt zu erwerben (Call-Option) bzw. zu veräußern (Put-Option).[20] Die festgelegte Menge wird wieder in Kontrakten angegeben, deren Größe je nach underlying variiert.
Der Unterschied zwischen einem Future und einer Option liegt darin, dass bei der Option ein Wahlrecht für den Käufer hinsichtlich der Ausübung besteht. Der Stillhalter hingegen ist bei Ausübung des Rechtes durch den Käufer verpflichtet, die Ware zu liefern oder abzunehmen. Hierfür erhält der Stillhalter (Verkäufer) eine Optionsprämie, die seinen maximalen Gewinn darstellt.
3.3 Rohstoffbörsen
Wie soeben erläutert, spielt sich der Handel mit Rohstoffen vorzugsweise an den Terminmärkten ab. Da die meisten Rohstoffe an amerikanischen Börsen gehandelt werden, notieren auch fast alle Rohstoffe in US-Dollar. Selbst an europäischen Börsen werden Commodities in amerikanischer Währung gehandelt, was dazu führt, dass auch der Devisenkurs von Euro/Dollar stets berücksichtigt werden muss.
Neben den amerikanischen Handelsmärkten gewinnen vor allem jene im asiatischen Raum immer mehr an Bedeutung.
CME Group
Unter dem Dach der auch selbst börsennotierten CME Group sind nach mehreren Fusionen und Übernahmen inzwischen die wichtigsten Rohstoffbörsen zusammengefasst.[21] Der Sitz der Gruppe befindet sich in Chicago, dem Ursprung der Warenterminbörsen.
Die CME (Chicago Mercantile Exchange) Group entstand im Juli 2007 durch die Fusion der CBOT mit der CME. Durch diese Fusion wurde EUREX (European Exchange), die führende Terminbörse von Finanzderivaten, auf den zweiten Platz verwiesen. Im Jahr 2008 wurde anschließend auch die NYMEX (New York Mercantile Exchange) übernommen, die weltweit größte Energiebörse. Durch diese Übernahme entwickelte sich die CME Group zur größten Handelsplattform für den Waren- und Future-Handel.[22]
Das zusammengenommene Handelsvolumen von CME und CBOT belief sich 2006 auf mehr als 2,2 Mrd. Kontrakte mit einem Wert von über US $1 Mrd. Drei Viertel der Handelsgeschäfte werden elektronisch durchgeführt.[23] Am CBOT werden vor allem Mais, Sojabohnen, -schrot und -öl, Reis und Ölsaaten gehandelt. An der CME, die 1898 als „Chicago Butter and Egg Board“ gegründet wurde, werden vornehmlich tierische Rohstoffe, Mais und Sojabohnen gehandelt.
NYSE Euronext
Euronext wurde 2002 als Holdinggesellschaft gegründet und durch die Übernahme der LIFFE (London International Financial Futures an Option Exchange) zur größten internationalen Börse Europas. Im Jahr 2006 erfolgte dann die Fusion mit der NYSE (New York Stock Exchange), 2008 die Übernahme der AMEX (American Stock Exchange), die nun an der Börse als NYSE Amex notiert.
Der Umsatz der NYSE Euronext liegt im zweiten Quartal 2012 bei 602 Millionen Dollar, was einem Rückgang von 9% zum ersten Quartal entspricht. Der Nettogewinn ging von 154 Millionen auf 125 Millionen Dollar zurück. Zu den bedeutendsten Agrarrohstoffen zählten bei der LIFFE Kakao, Kaffee, Zucker und Weizen.
ICE Futures U.S.
Die ICE (Intercontinental Exchange) übernahm im Jahr 2007 das NYBOT (New York Board of Trade) und erhielt darauf den heutigen Namen ICE Futures U.S. Das NYBOT selbst entstand durch den Zusammenschluss der NYCE (New York Currency Exchange) mit der NYFE (New York Future Exchange) und ist mittlerweile eine der wichtigsten Anlaufstellen für Futures und Agrarrohstoffe. Das NYBOT ist führend beim Zuckerhandel und hat als erste Börse einen Kontrakt auf Ethanol auf Zuckerbasis handelbar gemacht. Weiters wird an der NYBOT mit Baumwolle, Kaffee, Zucker und Kakao gehandelt.
Agrarrohstoffe und ihre wichtigsten Terminbörsen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Agrarrohstoffe und ihre wichtigsten Terminbörsen[24]
3.4 Marktteilnehmer
Der Preis an Rohstoffbörsen ist determiniert durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, wobei diese zwei Faktoren sehr volatil sind und der Preis somit schwer vorhersehbar ist. Für die einen bedeutet dies ein erhebliches Risiko, für die anderen ist es die perfekte Chance; Gewinne zu generieren, indem sie auf eine bestimmte Preisentwicklung setzen. Generell wird hier zwischen drei Gruppen von Marktteilnehmern unterschieden, dem Hedger, dem Spekulanten und dem Arbitrageur.
Hedger
Dem Hedger, auch Absicherer genannt, geht es; wie der Name schon sagt, um die Absicherung vor einer zu starken Preisänderung. Während die Bauern sich davor schützen wollen, dass der zukünftige Preis vielleicht zu stark sinkt, haben Unternehmen ein Interesse daran, sich gegen einen eventuellen Preisanstieg abzusichern. Der Future-Markt wurde genau aus diesen Überlegungen heraus gegründet und befriedigt somit sowohl die Bedürfnisse der Farmer als auch der Unternehmer.
Hedger möchten sich gegen Preisschwankungen absichern, indem sie jene Position (Long/Short) einnehmen, die gegenläufig zu ihrer Cash-Position ist, um so das Risiko von Preisänderungen zu minimieren.[25] Der Preis, auf den sie sich geeinigt haben, ist der Future-Preis und wird von Angebot und Nachfrage bestimmt.[26] Je nachdem, wie hoch der Spot-Kurs am Fälligkeitstag notiert, profitiert entweder die eine oder die andere Seite von dem Future-Kontrakt. Allerdings nehmen Hedger diese geringeren Abstriche in Kauf um einen größeren Verlust zu vermeiden wenn sie z.B. ihre Rohstoffe aufgrund niedriger Sportpreise zu billig verkaufen müssen.
Spekulant
Unter Spekulation versteht man die Übernahme eines Preisänderungsrisikos in Erwartung von Änderungen der Marktpreise von Finanztiteln.[27] Während Hedger sich vor Kursentwicklungen schützen wollen, möchten Spekulanten eine bestimmte Position am Markt kaufen.[28] Der Spekulant setzt entweder darauf, dass der Preis ansteigt oder fällt. Die Haltedauer eines Future-Kontrakts ist bei Spekulanten meist nur kurz und außerdem möchte er den physischen Erhalt der Ware vermeiden, da dies zu enormen Kosten führen würde. Um eben das zu vermeiden, aber trotzdem langfristig von den Preisbewegungen am Rohstoffmarkt profitieren zu können, muss der Kontrakt stets vor dem Fälligkeitszeitpunkt veräußert werden.
Der Verkaufserlös wird unmittelbar in einen später fälligen Kontrakt umgeschichtet, was als „Roll-over“ bzw. als „Rollen“ bezeichnet wird und dazu dient, die regelmäßige Anlieferung der Rohstoffe zu umgehen, aber trotzdem dauerhaft an der Entwicklung des Marktes beteiligt zu bleiben.[29]
Je nachdem, ob der neue Future-Kontrakt mehr oder weniger kostet als durch den Verkauf des alten generiert werden konnte, kommt es zu einem „Roll-Gewinn“ bzw. „Roll-Verlust“. Der Preis des neuen Future-Kontrakts hängt wesentlich von der Laufzeit ab. Es werden hier zwei Preiskonstellationen unterschieden: „Contango“ und „Backwardation“. Beim Contango, der auch als der „Normalzustand“ vieler Rohstoff-Kontrakte bezeichnet wird[30], ist der Kontrakt umso teurer, je länger die Laufzeit ist. Das liegt unter anderem daran, dass die Rohstoffe inzwischen irgendwo gelagert werden müssen, was wiederum höhere Kosten verursacht. Backwardation beschreibt den umgekehrten Fall, dass der Kontrakt umso billiger wird, je länger die Laufzeit beträgt. Dies kann aufgrund einer plötzlich auftretenden Rohstoffknappheit an den Spotmärkten der Fall sein, oder einfach daran liegen, dass man mit einem Preisverfall des Rohstoffes rechnet.
Die Spekulation mit Futures ist deshalb so interessant, da kaum oder nur geringe Mengen an Eigenkapital aufgewendet werden müssen, um von den Preisänderungen profitieren zu können. Futures und Optionen bieten für Spekulanten eine ausgezeichnete Möglichkeit, einen großen Hebeleffekt an den Märkten auszunutzen. Allerdings bergen riesige Gewinnmöglichkeiten auch stets enorme Risiken. Wenn ein Anleger um 10 Dollar Mais im Wert von 100 Dollar kauft, und der Preis später auf 110 Dollar steigt, macht er 20 Dollar Gewinn. Sinkt der Preis jedoch auf 90 Dollar, hat er sein gesamtes Kapital verloren. Auch die Spekulation mit Optionen ist besonders interessant, da hier das Risiko durch die Prämienzahlung begrenzt ist.
Spekulanten genießen in der Gesellschaft keinen guten Ruf und werden oft als Schuldige ausgemacht, wenn es darum geht, starke Preisänderungen erklären zu müssen.
Ohne diese Marktteilnehmer würde der Future- bzw. Optionenmarkt kaum funktionieren, da der Spekulant meist die Gegenposition des Hedgers einnimmt[31], das Preisänderungsrisiko übernimmt und den Markt ständig mit Liquidität versorgt.
Arbitrageur
Das risikolose, gewinnbringende Ausnutzen von räumlichen und zeitlichen Preisdifferenzen für gleiche Positionen durch simultane Kauf-und Verkaufstransaktionen wird als Arbitrage bezeichnet.[32] Diese Preisdifferenzen treten nur in unvollkommenen Märkten auf und werden dann durch den gleichzeitigen Kauf und Verkauf des Arbitrageurs wieder eliminiert. Man kann hierbei zwischen drei verschiedenen Marktunvollkommenheiten unterscheiden:[33]
- Räumliche, wenn an verschiedenen Börsen die Preise variieren.
- Zeitliche, auch als Cash and Carry-Arbitrage bekannt, bei der theoretisch nicht gerechtfertigte Differenzen zwischen den Preisen am Kassamarkt und Future-Markt ausgenutzt werden.
- Future und Forward Arbitrage, bei der ungerechtfertigte Kursunterschiede zwischen Future-Kontrakten und vergleichbaren Forward-Positionen ausgenutzt werden.
[...]
[1] Goldman-Sachs (2006), S.14.
[2] Vgl. http://gs-newsletter.aps-web.de/Rohstoff_Kompass.pdf, S.20, abgerufen am 12.09.2012.
[3] Vgl. Commerzbank (2010), S.409.
[4] Vgl. Commerzbank (2010), S.409.
[5] Vgl. http://www.rohstoff-welt.de/basiswissen/mais-corn.php, abgerufen am 12.09.2012.
[6] Vgl. http://gs-newsletter.aps-web.de/Rohstoff_Kompass.pdf, S.24, abgerufen am 12.09.2012.
[7] Vgl. Dennin (2010), S.143.
[8] Vgl. Dennin (2010), S.158.
[9] Vgl. http://www.rohstoff-welt.de/basiswissen/zucker-sugar.php, abgerufen am 12.09.2012.
[10] Vgl. Spremann, Gantenbein (2005), S. 206.
[11] Vgl. Blank, Carter, Schmiesing (1991), S. 18.
[12] Vgl. McDonald (2006), S.21.
[13] Vgl. Hull (2001), S. 55.
[14] Vgl. Hull (2001), S. 55.
[15] Rogers (2005), S. 88.
[16] Vgl. Siebers (1996), S. 17
[17] Vgl. Hull (2001), S.33.
[18] Vgl. Uszczapowski (1999), S. 197.
[19] Vgl. Siebers (1996), S. 52.
[20] Vgl. Rudolph, Schäfer (2005), S.19.
[21] Vgl. Commerzbank (2010), S.79.
[22] Vgl. Commerzbank (2010), S.79.
[23] Vgl.http://www.cmegroup.com/international/german/about/global-leadership.html, abgerufen am 13.09.12.
[24] Für die Umrechnung von Volumen in Masse sind Standarddichten definiert.
[25] Vgl. Blank, Carter, Schmiesing (1991), S.23.
[26] Vgl. Hull (2001), S.8.
[27] Vgl. Rudolph, Schäfer (2005), S.31.
[28] Vgl. Hull (2001), S.12.
[29] Vgl. Commerzbank (2010), S.57.
[30] Vgl. Commerzbank (2010), S.60.
[31] Vgl. Blank, Carter, Schmiesing (1991), S.23.
[32] Vgl. Rudolph, Schäfer (2005), S.31 ff..
[33] Rudolph, Schäfer (2005), S.32.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2012
- ISBN (PDF)
- 9783955497088
- ISBN (Paperback)
- 9783955492083
- Dateigröße
- 532 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 1
- Schlagworte
- Kassamarkt Terminmarkt Agrarrohstoff Rohstoffbörse Marktteilnehmer Commodity Future
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing