The Dark Side of CSR: Negative Auswirkungen der Corporate Social Responsibility
Zusammenfassung
CSR ist heutzutage für Unternehmen unabdingbar, um am Markt erfolgreich zu bleiben. Es wird jedoch nicht nur betrieben, um uneigennützig Gutes zu tun, sondern auch um das Unternehmen in den Augen diverser Stakeholder gut aussehen zu lassen und schließlich positive finanzielle Ergebnisse zu erzielen. Doch CSR führt trotz einer Erwartung dessen nicht automatisch zu Vorteilen für Unternehmen, die darin investieren.
Das Ziel dieser Bachelorarbeit ist es daher, Klarheit darüber zu schaffen, unter welchen Umständen aus den guten Vorsätzen von Unternehmen beim Engagement in CSR-Aktivitäten negative Konsequenzen entstehen können. Diese Thematik wurde bisher in der Forschung wenig berücksichtigt.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
3 Ergebnisse der Corporate Social Responsibility
Die nachfolgende Unterteilung aller Ergebnisse der CSR wurde aus dem Rahmenkonzept von Bhattacharya und Sen (2004, S. 12-13) abgeleitet. Dieses wird in Abbildung 2 mit Angaben einzelner Kapitel veranschaulicht, in denen die entsprechenden Aspekte in dieser Arbeit behandelt werden.
In dieser Arbeit werden aufgrund der Fragestellung lediglich die Ergebnisse der CSR für Unternehmen und die dafür relevanten zugrundeliegenden Faktoren aus dem Rahmenkonzept betrachtet. Die Autoren unterscheiden zwischen internen und externen Ergebnissen der CSR.
Ergebnisse, die sich im Inneren der Konsumenten entwickeln wie Gefühle und
Gedanken, werden als interne Ergebnisse bezeichnet (Sen, Bhattachrya, Korschun, 2006, S. 159). Diese sind zum Beispiel Einstellungen gegenüber dem Unternehmen, Unternehmensbeurteilungen (vgl. Sen, Bhattacharya, 2001, S. 227), die Bindung der Konsumenten zu diesem[1] oder die Motive, die die Konsumenten auf das Unternehmensengagement in CSR-Aktivitäten zurückführen (vgl. Bhattacharya, Sen, 2004, S. 14-15).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung2: Rahmenkonzept der CSR-Ergebnisse, in Anlehnung an: Bhattacharya, Sen, 2004, S. 15
*(vgl. Luo, Bhattacharya, 2006/ vgl. auch Luo, Bhattacharya, 2009)
Externe Ergebnisse der CSR-Aktivitäten sind dagegen das tatsächliche beobachtbare Kaufverhalten, die Kundenloyalität, positive oder negative Mundpropaganda, die Bereitschaft, einen höheren Preis für das Produkt eines sozial verantwortlichen Unternehmens zu bezahlen oder die Abwesenheit dieser und die Resistenz gegenüber negativen Informationen über das Unternehmen (Bhattacharya, Sen, 2004, S. 12).
Aacker (1996, S. 78) betrachtet im Kontext der Markenidentität ein Unternehmen und ein Produkt als zwei unterschiedliche Einheiten[2]. In dieser Arbeit wird daher bei der Verdeutlichung der internen negativen Konsequenzen schwerpunktmäßig eine Unterscheidung zwischen diversen unternehmens- und produktbezogenen Konsequenzen vorgenommen, während diese Differenzierung bei den positiven Ergebnissen informell erfolgt.
3.1 Positive Auswirkungen
Es gibt eine Vielzahl empirischer Studien, die die positiven Auswirkungen von CSR auf Unternehmen untersuchen. Tabelle 2, S. VI-VII im Anhang hat zum Gegenstand, diese zusätzlich zu ihrer nachfolgenden Beschreibung möglichst umfassend anhand einiger aktueller Studien chronologisch darzustellen. Dabei stellen die Pfeile mit entsprechenden Zeichen in eckigen Klammern einen direkten Effekt dar, falls nichts anderes angemerkt wurde, die „+“-Zeichen deuten auf eine Kombination aus Umständen/ Faktoren an, die zu diesen Effekten beitragen.
3.1.1 Interne Auswirkungen
Konsumenten ziehen oft Schlussfolgerungen darüber, welche Motive ein Unternehmen hat, wenn es sich in CSR-Initiativen engagiert (vgl. Bhattacharya, Sen, 2004, S. 14). Dieser Prozess wird als Motivattribution bezeichnet (vgl. Dinh, 2011, S. 58).
Ein bestehendes Bewusstsein über die CSR-Aktivitäten eines Unternehmens auf der Konsumentenseite und wahrgenommene Motive des wahren Interesses an der CSR-Aktivität wirken sich positiv auf die Einstellungen gegenüber dem Unternehmen, die Identifikation der Konsumenten mit diesem und die Kaufabsicht aus (Sen, Bhattacharya, Korschun, 2006, S. 162-163). Die Identifikation der Konsumenten mit einem sozial verantwortlichen Unternehmen erhöht auch das Commitment zum Unternehmen sowie die positiven Einstellungen diesem gegenüber, was wiederum zu höherer Kaufabsicht führt (vgl. Pérez, 2009, S.185-186).
Zu diesen von Unternehmen beabsichtigten Erbenissen von CSR tragen unter anderem Faktoren wie Einzigartigkeit der CSR-Initiativen, das Engagement des Unternehmens in mehreren CSR-Bereichen (vgl. Bhattacharya, Sen, 2004, S. 17) und eine pro-aktive Markenpositionierung im CSR-Bereich bei (vgl. Du, Bhattacharya, Sen 2007, S. 230).
In der Pionierstudie von Brown und Dacin „ The company and the product “ (1997, S. 73) wurde festgestellt, dass ein positiver indirekter Effekt von CSR auf Produktbeurteilung mittels der Unternehmensbeurteilung besteht.
CSR hat zudem einen positiven direkten Effekt auf die Kaufabsicht (Mohr, Webb, 2005, S. 132), der stärker für Konsumenten, die den CSR-Bereich unterstützen und zudem stärker als der Preis ist (vgl. ebd., S. 137/141). Die Kaufabsicht ist beim teureren Produkt eines sozial verantwortlichen Unternehmens höher als beim günstigeren eines unverantwortlichen Unternehmens (vgl. ebd., S. 134-135). Konsumenten sind eher bereit, die Marke zu wechseln, um ein sozial verantwortliches Unternehmen zu unterstützen, je größer die Unterstützung der Initiative seitens des Unternehmens ist (vgl. Smith, Alcorn, 1991, S. 26-27).
3.1.2 Externe Auswirkungen
Es gibt eine Vielzahl an Konsumenten, die sich für CSR-Fragen interessieren, soziale Verantwortung von Unternehmen als Faktor bei ihren Kaufentscheidungen heranziehen und unverantwortliche Unternehmen bestrafen (Mohr, Webb, Harris, 2001, S. 61). Zudem beeinflusst CSR Verhaltensdimensionen wie den Anteil der Käufe bei einem sozial verantwortlichen Händler an allen Käufen und den gesamten Kaufbetrag (vgl. Drumwright, Lichtenstein, 2004, S. 18-20).
Die in Kapitel 3.1.1, S. 7 beschriebene positive Auswirkung eines bestehenden Bewusstseins über CSR-Aktivitäten auf die Identifikation des Konsumenten mit dem Unternehmen führt auch zu weiteren Verhaltensänderungen wie höhere Kundenloyalität, positive Mundpropaganda und die Bereitschaft, negative Information über das Unternehmen zu ignorieren oder zu verzeihen, wenn die Marke als CSR-Marke positioniert wird (vgl. Du, Bhattacharya, Sen, 2007, S. 230). Konsumenten sind in diesem Zusammenhang bereit, sich aktiv für die Verteidigung eines sozial verantwortlichen Unternehmens zu engagieren, indem sie diese bei öffentlichen Streitigkeiten verteidigen und negativen Informationen über das Unternehmen nicht ohne Weiteres Glauben schenken (vgl. Murray, Vogel, 1997, S. 152-153).
Es besteht zudem eine höhere Zahlungsbereitschaft für ein ethisches Produkt und eine viel geringere für ein nicht-ethisches (vgl. Trudel, Cotte, 2008, S. 740), jedoch nur wenn Konsumenten die CSR-Initiative selber aktiv unterstützen (vgl. Bhattacharya, Sen, 2004, S. 20).
Schließlich ist die finanzielle Performance von Unternehmen einer der entscheidendsten längerfristigen Determinanten des Unternehmenserfolges im Zusammenhang mit der CSR (vgl. Luo, Bhattacharya, 2006, S. 1). Sozial verantwortliche Unternehmen genießen eine höhere Kundezufriedenheit (vgl. ebd., S. 10), die ihrerseits bei einer hohen Produktqualität und einer hohen Innovationskraft, den Marktwert, gemessen an Tobin‘s q[3], positiv beeinflusst (vgl. ebd., S. 2).
Erfolgreiche CSR beugt zudem Aktienrisiken vor und sorgt daher für die Aufrechterhaltung der zukünftigen Kapitalflüsse, insbesondere wenn das Unternehmen viel in Kommunikation oder Forschung und Entwicklung investiert (vgl. Luo, Bhattacharya, 2009, S. 206-207). Sie trägt zur Entwicklung immaterieller Ressourcen wie Humankapital, Unternehmensruf- und –kultur sowie Innovationsfähigkeit bei, die seinerseits zu einer besseren finanziellen Performance beitragen (vgl. Surroca, Tribo, Waddock, 2010, S. 477).
3.2 Negative Konsequenzen und Faktoren ihrer Entstehung
Obwohl die in Kapitel 3.1 beschriebenen Ergebnisse von CSR-Initiativen aus Sicht von Unternehmen wünschenswert sind, können unter bestimmten Umständen auch unbeabsichtigte negative Konsequenzen daraus resultieren (vgl. Sen, Bhattacharya, 2001, S. 225). Nachfolgend werden die Umstände erläutert, unter denen diese negativen Konsequenzen entstehen und damit die Antworten auf die Fragen gesucht, wann, wie und warum diese zustande kommen. Diese werden in Tabelle 3 im Anhang, S. IX-XI ausführlich dargestellt, die analog wie Tabelle 2 zu interpretieren ist.
3.2.1 Interne Konsequenzen
Im Folgenden sollen zuerst die internen Konsequenzen für das Unternehmen und nachfolgend für seine Produkte dargestellt und erläutert werden.
3.2.1.1 Konsumentenreaktionen gegenüber dem Unternehmen
Obwohl die meisten Studien über die Ergebnisse der CSR für Unternehmen das Bewusstsein der Konsumenten annehmen, ist dieses in der Realität relativ gering (Sen, Bhattacharya, Korschun, 2006, S. 159/ vgl. auch Bhattacharya, Sen, 2004, S. 14). Abgesehen davon sieht ein beträchtlicher Anteil von Konsumenten zumindest einigermaßen Motive des Selbstinteresses hinter dem CSR-Engagement von Unternehmen, also nicht nur das Interesse für andere (vgl. Mohr, Webb, Harris, 2001, S. 59).
Die damit verbundene Skepsis gegenüber Unternehmen, die CSR betreiben und der Verdacht, gemeinnützige Absichten hinter den CSR-Aktivitäten nur vorzutäuschen, sind erste unerwünschte Effekte dieses Engagements (vgl. Forehand, Grier, 2003, S. 350/ vgl. auch Vlachos et al., 2009, S. 170) und ebenso Faktoren für die Entstehung anschließender negativer Unternehmensevaluationen von Konsumenten (vgl. Bhattacharya, Sen, 2004, S. 14). Diese sind besonders stark bei Unternehmen mit geschädigtem Image beziehungsweise aus einer Industrie mit negativem Ruf (vgl. ebd., S. 17), die in einem für ihre Kerntätigkeit relevanten Bereich CSR betreiben (vgl. ebd., S. 14).
Ein Beispiel, bei dem infolgedessen der unternehmenseigene Nutzen aus der CSR-Initiative klar ersichtlich ist, ist das Tabakunternehmen Philip Morris mit seiner Anti-Raucher-Kampagne für Jugendliche: „Talk. They'll Listen“[4] (vgl. ebd.) oder ein Tabakunternehmen, das hypothetisch eine Krebsorganisation unterstützen würde (vgl. Yoon, Gürhan-Canli, Schwarz, 2006, S. 380). Eine deutliche Erkennbarkeit des Eigennutzens für das Unternehmen geht somit aus einer hohen Kongruenz zwischen der CSR-Initiative und dem Kerngeschäft des Unternehmens hervor (vgl. Forehand, Grier, 2003, S. 354/ vgl. auch Yoon, Gürhan-Canli, Schwarz, 2006, S. 379). Diese Kongruenz wird von Varadarajan und Menon (1988, S. 65) als die Übereinstimmung der CSR-Initiative mit den Produkten, der Markenpositionierung und den Charakteristika des Marktes definiert. Unter diesen Umständen trägt eine unternehmenseigene Quelle dazu bei, dass dieses Unternehmen trotz seiner guten Vorsätze negativer beurteilt wird als in einer Situation ohne jegliche CSR-Information (vgl. Yoon, Gürhan-Canli, Schwarz, 2006, S. 381).
Zusammengefasst führen eine unternehmenseigene Informationsquelle, ein negativer Ruf und eine hohe Verwandtschaft der Initiative mit der Kernkompetenz des Unternehmens zur Entstehung von Skepsis, die ihrerseits eine negative Unternehmensevaluation bedingt (vgl. Bhattacharya, Sen, 2004, S. 14), weil Konsumenten unter den genannten Umständen die der CSR-Aktivität zugrundeliegenden Motive als unehrlich wahrnehmen (vgl. Yoon, Gürhan-Canli, Schwarz, 2006, S. 382).
Zu einem im Zusammenhang mit einer hohen Kongruenz auf den ersten Blick konträren Ergebnis kommen Becker-Olsen, Cudmore und Hill (2006, S. 49-50), das aufgrund seiner Widersprüchlichkeit zu den bisherigen Ergebnissen nach seiner Vorstellung im Produktkontext näher ausgeführt wird[5]. Wenn eine geringe Kongruenz zwischen dem Unternehmen und der CSR-Initiative besteht , dann generiert dies mehr negative Gedanken, die für mehr Motivattribution auf der Konsumentenseite sorgen, mehr negative Einstellungen gegenüber dem Unternehmen und ein unklareres Unternehmensimage als bei einer hohen Kongruenz.
Die von Konsumenten wahrgenommenen eigennützlichen Motive sind an sich weniger schädlich für das Unternehmen als eine Inkonsistenz zwischen den wahrgenommenen und vom Unternehmen geäußerten Motiven (vgl. Forehand, Grier, 2003, S. 351). Bei einer solchen Diskrepanz entstehen indirekte negative Auswirkungen von der Erkennbarkeit des unternehmenseigenen Nutzens auf die Unternehmensbeurteilung über die wahrgenommenen Motive, weil sich die Konsumenten dadurch getäuscht fühlen. Auf diese Konsequenz nehmen Faktoren wie der Zeitpunkt der Motivattribution und die vom unternehmen geäußerten Motive Einfluss (vgl. ebd., S. 353). Wenn diesem lediglich gewinnorientierte Motive für sein CSR-Engagement zugewiesen werden, sinkt daher seine Glaubwürdigkeit trotzdem nicht (vgl. Becker-Olsen, Cudmore, Hill, 2006, S. 50). Diese Faktoren sind in Tabelle 3, S. IX-XI im Anhang ausführlich dargestellt.
Der Anteil der Ausgaben für die CSR-Aktivität an den Ausgaben für die Kommunikation des Engagements beeinflusst ebenso die Unternehmensbeurteilung indirekt über die wahrgenommene Ehrlichkeit der Motive im CSR-Kontext (vgl. Yoon, Gürhan-Canli, Schwarz, 2006, S. 385).
Wenn dieser Anteil bei einem Unternehmen mit negativem Ruf gering ist, führt dies zu einer Wahrnehmung von Unaufrichtigkeit und infolgedessen zu einer negativeren Beurteilung des Unternehmens im Vergleich zu einer Situation ohne eine CSR-Aktivität. Diese Konsequenz aus der CSR kommt sogar bei Unternehmen mit positivem Ruf zustande, wenn der CSR-Werbeanteil gering und die Aktivität mit dem Kerngeschäft des Unternehmens verwandt ist (vgl. ebd., S. 387).
Des Weiteren spielt die Kommunikationsstrategie des Unternehmens eine Rolle bei der Unternehmensbeurteilung (vgl. Bhattacharya, Sen, 2004, S. 17). Wenn sich Unternehmen nach einem unglücklichen Ereignis[6] in einer CSR-Initiative mit hoher Kongruenz zum Unternehmen engagieren, verursacht dies mehr negative Gedanken, geringere Glaubwürdigkeit und wahrgenommene gewinnorientierte Motive des Unternehmens sowie eine negative Einstellung diesem gegenüber als bei einer pro-aktiven Positionierung als sozial verantwortliches Unternehmen (vgl. Becker-Olsen, Cudmore, Hill, 2006, S. 51/ vgl. auch Bhattacharya, Sen, 2004, S. 14).
Wenn jedoch die verstärkende Auswirkung dieser Strategien bei der Beziehung zwischen inkonsistenter Information und der Einstellung gegenüber dem Unternehmen untersucht wird, erweist sich eine pro-aktive[7] Kommunikationsstrategie im Gegenteil als gefährlicher für das Unternehmensimage als eine reaktive[8] (vgl. Wagner, Lutz, Weitz, 2009, S. 82).
Die bereits kurz erläuterte Diskrepanz zwischen den vom Unternehmen kommunizierten CSR-Werten und seinem tatsächlichen Verhalten (vgl. Wagner, Lutz, Weitz, 2009, S. 78) beeinflusst die Wahrnehmung der Konsumenten über die sogenannte Scheinheiligkeit[9] des Unternehmens (vgl. ebd., S. 81). Dies führt dazu, dass eine negative Einstellung gegenüber dem Unternehmen entsteht, die nicht nur direkt, sondern auch infolge einer wahrgenommenen sozialen Unverantwortlichkeit des Unternehmens zustande kommt (vgl. ebd., S. 81-82). Pro-aktive konkrete Kommunikation trägt mehr zur wahrgenommenen Scheinheiligkeit bei als reaktive konkrete Kommunikation (vgl. ebd., S. 85). Der Grund für die wahrgenommene Scheinheiligkeit unter diesen Umständen ist, dass Menschen bereit sind, an eine Meinungsänderung gegenüber früherem Verhalten zu glauben wie dies bei einer reaktiven Strategie der Fall ist (vgl. ebd., S. 80).
Zuletzt profitieren große, nationale und nicht-private Unternehmen weniger von CSR-Initiativen als kleine regionale Unternehmen mit Privateigentümern (Bhattacharya, Sen, 2004, S. 17).
3.2.1.2 Konsumentenreaktionen gegenüber Produkten
Der Beurteilung eines Produktes im CSR-Kontext liegen komplexe Zusammenhänge zugrunde (vgl. Sen, Bhattacharya, 2001, S. 238). CSR-Informationen nehmen einen Einfluss auf die Produktbeurteilung und die Kaufabsicht abhängig davon, inwiefern der Konsument die CSR-Initiative unterstützt. Diese Zusammenhänge kommen über relevante Produktinformationen wie die Qualität zustande (vgl. ebd., S. 229).
Bei Konsumenten, die die CSR-Aktivitäten eines Unternehmens wenig unterstützen, wird ein negativer Effekt auf die Kaufabsicht beobachtet, wenn die Qualität des Produktes gering ist (vgl. ebd.). Dies kann durch zwei weitere Variablen erklärt werden: die Relevanz des CSR-Bereichs für die Kernkompetenz des Unternehmens und die Beziehung zwischen CSR und seiner Kernkompetenz[10]. Ein für die Kernkompetenz irrelevanter CSR-Bereich wäre die kulturelle und geschlechtsbezogene Vielfalt im Personalbereich eines Technologieunternehmens bezeichnet, weil dieser nicht direkt die Fähigkeit des Unternehmens beeinflusst, Produkte mit hoher Qualität herzustellen (vgl. ebd., S. 230). Ein für die Kernkompetenz relevanter CSR-Bereich wären dahingegen die Produktionspolitiken des Unternehmens in anderen Ländern (vgl. ebd., S 234). Die zweite Variable stellt dar, inwiefern die Konsumenten glauben, dass CSR-Aktivitäten die Fähigkeit des Unternehmens fördern[11] oder beeinträchtigen[12], qualitativ hochwertige Produkte herzustellen (vgl. ebd., S. 234).
Eine gewisse Kombination dieser Variablen ergibt die zu erklärende Konsequenz: positive CSR-Information senkt die Unternehmensbeurteilung und die Kaufabsicht bei geringer Produktqualität und Konsumenten, die die CSR-Aktivität wenig unterstützen, weil zusätzlich der CSR-Bereich irrelevant für die Kerntätigkeit des Unternehmens ist und die Konsumenten glauben, dass diese Aktivität der Kernkompetenz des Unternehmens schadet (vgl. Sen, Bhattacharya, 2001, S. 237-238). Erfolgreiche CSR kann also eine unzureichend gute Kernkompetenz des Unternehmens nicht rechtfertigen, wenn einem Konsumenten Informationen über die letzte wie Produktqualität sehr wichtig sind. Daher entsteht daraus eine geringere Kaufabsicht (vgl. Behrens, van Riel, van Rekom, 2007, S. 242).
Wie in Kapitel 3.2.1.1, S. 11 bereits angemerkt, scheint die Kongruenz zwischen der Kerntätigkeit des Unternehmens und der CSR-Aktivität konträre Auswirkungen auf die Unternehmensbeurteilung und die Kaufabsicht zu haben. Die Gegensätzlichkeit der betrachteten Forschungsergebnisse, nämlich, dass eine hohe Kongruenz zwischen der CSR-Aktivität und dem Kerngeschäft des Unternehmens, aus der ein klar erkennbarer Nutzen für das Unternehmen entsteht, zu Skepsis, Verdacht und negativer Unternehmensevaluation führt sowie dass eine geringe Kongruenz zu diversen negativen Konsumentenreaktionen führt[13], sind aufgrund der Untersuchungsunterschiede folgendermaßen zu erklären:
Die CSR-Kampagne vom Tabakunternehmen Philip Morris[14] mit hoher Kongruenz zum Kerngeschäft des Unternehmens und insbesondere zu seinen Produkten, wiederspricht diesen. Es handelt sich dabei zudem um ein Unternehmen, dessen Image durch den allgemein negativen Ruf der Tabakindustrie geprägt ist (vgl. Bhattacharya, Sen, 2004, S. 17); es wurden zudem die Einstellungen gegenüber dem Unternehmen untersucht. Der zuvor erwähnte für die Kernkompetenz relevante CSR-Bereich der Produktionspolitiken in anderen Ländern hat dahingegen eine allgemeine strategische Relevanz für die Kerntätigkeit des Unternehmens, die dieser nicht widerspricht. Daraus sind die Motive des Eigennutzens nicht unbedingt klar erkennbar. Es handelt sich um kein Unternehmen mit negativem Ruf und es wurde die Kaufabsicht im CSR-Kontext untersucht.
Bei Konsumenten, die die CSR-Initiative deutlich mehr unterstützen, kann eine weitere relevante Konsequenz beobachtet werden: eine hohe Produktqualität in Kombination mit positiver CSR-Information senkt die Absicht der Konsumenten, das Produkt zu kaufen. Dieses auf den ersten Blick überraschende Ergebnis wird auf einen sogenannten Kontrasteffekt zurückgeführt (vgl. Sen, Bhattacharya, 2001, S. 233). Ein Kontrasteffekt im Bezug auf Unternehmens- oder Produktbeurteilungen entsteht, wenn sich eine existierende Einstellung, also der Kontext, von der Evaluation deutlich unterscheidet. Infolgedessen wird das zu bewertende Objekt „weit vom Kontext“ beurteilt (vgl. Brown, Dacin, 1997, S. 76).
Im Kontext der erwähnten CSR-Ergebnisse stellt das zu evaluierende Objekt ein Produkt mit hoher Qualität dar, der Kontext bildet in diesem Fall die negative CSR-Information. Daher wird das Produkt bei der negativen CSR-Information besser beurteilt als bei der positiven. Dies resultiert in geringerer Kaufabsicht bei der positiven CSR-Information als bei der negativen (vgl. Sen, Bhattacharya, 2001, S. 233).
Die Produktpositionierung hat weiterhin eine eigenständige negative Auswirkung auf die Produktpräferenzen, die von bestimmten Produktmerkmalen gesteuert wird. Nachhaltigkeit[15] wird von Konsumenten mit Merkmalen wie „zart“, „sicher“, „schwach“[16] assoziiert, die beispielsweise bei einem Baby-Shampoo wichtig sind. Weniger nachhaltige Produkte werden mit Merkmalen der Stärke assoziiert, die in der Regel Wirksamkeit zum Ausdruck bringen und zum Beispiel ein Waschmittel besitzt (vgl. Luchs et al., 2010, S. 21). Beide Arten von Merkmalen stellen jeweils einen Nutzen für den Konsumenten dar. Wenn in einer Produktkategorie Stärke-Merkmale für Konsumenten nutzenstiftend sind, dann werden weniger nachhaltige Produkte bevorzugt.
[...]
[1] aus anderen Studien als Konsument-Unternehmensidentifikation bekannt (vgl. Pérez, 2009, S. 177)
[2] Diese Differenzierung wird auch in weiteren empirischen Studien vorgenommen (Mohr, Webb, 2005/ vgl. auch Sen, Bhattacharya, 2001/ vgl. auch Brown, Dacin, 1997).
[3] zur Definition von „Tobin’s q“,: vgl. Anhang, S. VIII
[4] vgl. Anhang, S. XII
[5] vgl. Kapitel 3.2.1.2, S. 14-15
[6] Hier handelt es sich um Ereignisse wie zum Beispiel eine Kindesentführung in einem „Toys R Us“-Geschäft, die im Gegensatz zum Kontext inkonsistenter Information über die soziale Verantwortung außerhalb der Kontrolle des Unternehmens liegen (vgl. Becker-Olsen, Cudmore, Hill, 2006, S. 51).
[7] Soziale Verantwortung wird kommuniziert, bevor eventuell negatives Verhalten bekannt wird (vgl. Murray, Vogel, 1997, S. 144).
[8] Positive Informationen über das Unternehmen werden erst im Anschluss an negativem Verhalten kommuniziert, um dieses zu rechtfertigen (vgl. Murray, Vogel, 1997, S. 144).
[9] „corporate hypocricy“, definiert als „the belief that a firm claims to be something that it is not“ (vgl. Wagner, Lutz, Weitz, 2009, S. 81)
[10] „CSR domain“ und die sog. „CSR-CA beliefs“, wobei die Abkürzung CA für „corporate ability“ steht, nachfolgend als Kernkompetenz bezeichnet. Dies ist Kompetenz des Unternehmens, hochwertige Produkte herzustellen, die zum Beispiel durch Personalfähigkeiten, Innovationskraft, Produktionsexpertise ausgeprägt ist (Brown, Dacin, 1997, s. 69-70).
[11] Wird nachfolgend als „Win-Win-Beziehung“ zwischen CSR und der Kernkompetenz bezeichnet.
[12] Wird nachfolgend als „Trade-Off-Beziehung“ zwischen CSR und der Kernkompetenz bezeichnet.
[13] vgl. Kapitel 3.2.1.1, S. 10-11
[14] vgl. Kapitel 3.2.1.1, S. 11
[15] Die Bezeichnung „nachhaltig“ wird in dieser Studie als Bezeichnung für Produkte verwendet, die positive Merkmale in ethischer Hinsicht aufweisen (vgl. Luchs et al., 2010, S. 19).
[16] Wird nachfolgend als „Zartheit-Merkmale“ bezeichnet.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2011
- ISBN (PDF)
- 9783955497514
- ISBN (Paperback)
- 9783955492519
- Dateigröße
- 4.6 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität zu Köln
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 2,3
- Schlagworte
- Nachhaltiges Wirtschaften Corporate hipocracy Societal marketing Unternehmensethik Unternehmen
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing