Die Förderung einer resilienten Unternehmenskultur in mittelständischen Unternehmen: Ein Aufgabenfeld für die Organisationsberatung
©2012
Masterarbeit
67 Seiten
Zusammenfassung
Die Förderung von Resilienz - oder auch psychische Widerstandsfähigkeit - nimmt in mittelständischen Unternehmen im Hinblick auf die Herausforderungen wie Wettbewerbsfähigkeit, Fachkräftemangel, alternde Belegschaft und Veränderungen der Kunden- und Marktansprüche eine zunehmend strategische Bedeutung ein.
Eine resiliente Unternehmenskultur charakterisiert sich durch entsprechende Grundannahmen, Artefakte und förderliche strukturelle Rahmenbedingungen innerhalb der Organisation. Die Grundannahmen und Artefakte spiegeln sich in Form von Optimismus, Achtsamkeit, einer positiven Fehlerkultur, Flexibilität, Kreativität, Innovationsbereitschaft und Informationsbereitschaft wider. Die strukturellen Rahmenbedingungen fokussieren sich auf Sinn und Zweck der Organisation, einer resilienten Führungskultur, entsprechender Teamarbeit, einer kompetenten Unternehmensführung, einem strategischen Kunden- und Lieferantenmanagement und auf widerstandsfähige Prozesse und Strukturen.
Mit Hilfe von Organisationsberatung kann diese gezielt gefördert werden. Hierzu ist es notwendig, die Hilfe zur Selbsthilfe im System zu unterstützen und möglichen Grenzen entsprechend zu begegnen.
Eine resiliente Unternehmenskultur charakterisiert sich durch entsprechende Grundannahmen, Artefakte und förderliche strukturelle Rahmenbedingungen innerhalb der Organisation. Die Grundannahmen und Artefakte spiegeln sich in Form von Optimismus, Achtsamkeit, einer positiven Fehlerkultur, Flexibilität, Kreativität, Innovationsbereitschaft und Informationsbereitschaft wider. Die strukturellen Rahmenbedingungen fokussieren sich auf Sinn und Zweck der Organisation, einer resilienten Führungskultur, entsprechender Teamarbeit, einer kompetenten Unternehmensführung, einem strategischen Kunden- und Lieferantenmanagement und auf widerstandsfähige Prozesse und Strukturen.
Mit Hilfe von Organisationsberatung kann diese gezielt gefördert werden. Hierzu ist es notwendig, die Hilfe zur Selbsthilfe im System zu unterstützen und möglichen Grenzen entsprechend zu begegnen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
4
5
Merkmale einer resilienten Unternehmenskultur in
mittelständischen Unternehmen... 32
5.1
Was zeichnet eine resiliente Unternehmenskultur aus?... 32
5.2
Artefakte und Grundannahmen ... 34
5.2.1
Optimismus ... 34
5.2.2
Achtsamkeit... 34
5.2.3
Fehler sind erwünscht ... 35
5.2.4
Flexibilität ... 35
5.2.5
Kreativität und Innovationsbereitschaft... 36
5.2.6
Informationsbereitschaft ... 36
5.3
Strukturelle Rahmenbedingungen... 37
5.3.1
Wo wollen sie eigentlich hin? Sinn, Zweck und Zukunftsplanung der
Organisation ... 37
5.3.2
Resiliente Führungskultur... 37
5.3.3
Teamwork... 38
5.3.4
Fachlich kompetente Unternehmensführung... 38
5.3.5
Strategisches Kunden- und Lieferantenmanagement ... 39
5.3.6
Widerstandsfähige Prozesse und Strukturen ... 40
5.4
Zusammenfassung der Ergebnisse... 40
6
Förderung einer resilienten Unternehmenskultur mit Hilfe von
Organisationsberatung ... 41
6.1
Systemische Organisationsberatung Begriffsbestimmung ... 41
6.2
Anforderungen an den Beratungsprozess... 43
6.3
Anforderungen an den Berater... 44
6.4
Ablauf des Beratungsprozesses... 45
6.4.1
Orientierungsphase: Klärung des Ziels ... 46
6.4.2
Klärungs- bzw. Diagnosephase: Klärung der Ist-Situation ... 47
6.4.3
Umsetzungsphase: Sammlung von Lösungsmöglichkeiten ... 49
6.4.4
Mögliche Maßnahmen... 51
6.4.5
Abschlussphase: Festlegung des Handlungsplans und der nächsten
Schritte ... 53
6.5
Zusammenfassung der Ergebnisse... 54
7
Grenzen in der Förderung einer resilienten Unternehmenskultur ... 55
7.1
Ist Kultur überhaupt beeinflussbar?... 55
7.2
Widerstände gegen die Widerstandsfähigkeit ... 55
7.3
Die Macht der Strukturen ... 56
7.4
Zusammenfassung der Ergebnisse... 56
5
8
Schlussfolgerungen und Ausblick ... 57
9
Literaturverzeichnis ... 60
Anhang 1: Dimensionen nach McManus... 63
6
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Organisationale Resilienz ... 16
Abbildung 2: Mittel- bis langfristig erwartete außerbetriebliche Folgen... 22
Abbildung 3: Entwicklung der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in
Deutschland bis 2050 nach Altersgruppen ... 23
Abbildung 4: Mittel- und langfristig erwartete personalpolitische Folgen ... 23
Abbildung 5: Eisbergprinzip der Unternehmenskultur... 28
Abbildung 6: Merkmale der Unternehmensführung in KMU ... 30
Abbildung 7: Artefakte und Grundannahmen einer resilienten
Unternehmenskultur... 33
Abbildung 8: Strukturelle Rahmenbedingungen für eine resiliente
Unternehmenskultur... 33
Abkürzungsverzeichnis
bzw. ...beziehungsweise
ebd. ...ebendort
evtl. ...eventuell
KMU...Kleine und Mittlere Unternehmen
u.a. ...und andere
vgl. ...vergleiche
z.B. ...zum Beispiel
7
1
Problemstellung und Überblick
1
Entscheidungen in Organisationen werden falsch getroffen, weil verdeckte, ver-
schwiegene oder persönliche Anliegen die Prozesse beeinflussen. Zeit, Geld und
Nerven werden im täglichen Ablauf durch schlechte Kommunikation verbraucht.
Informationen werden nicht weitergegeben, weil damit Machtverhältnisse be-
stimmt werden.
2
Damit ein effektives Handeln möglich ist, müssen diese Verhal-
tensweisen überwunden werden. Die Förderung einer resilienten oder auch
psychisch widerstandsfähigen Unternehmenskultur nimmt in mittelständischen
Unternehmen im Hinblick auf Wettbewerbsfähigkeit und weitere Herausforderun-
gen wie alternde Belegschaft und Fachkräftemangel eine zunehmend strategi-
sche Bedeutung ein.
,,Für Unternehmen ist bedeutsam, Maßnahmen zu entwickeln, die an den jeweili-
gen Bedingungen und Bedarfen des Unternehmens ausgerichtet sind."
3
Die För-
derung einer resilienten Unternehmenskultur stellt deshalb ein mögliches Aufga-
bengebiet der Personalentwicklung dar, insbesondere der Bereich der Organisa-
tionsentwicklung und Organisationsberatung.
Das Buch definiert hierzu die Merkmale einer resilienten Unternehmenskultur in
mittelständischen Unternehmen und zeigt Möglichkeiten der Förderung dieser mit
Hilfe von Organisationsberatung auf. Es gibt erste Antworten auf die Frage wo-
durch sich eine resiliente Unternehmenskultur in mittelständische Unternehmen
auszeichnet und wie diese mit Hilfe von Organisationsberatung gezielt gefördert
werden kann.
Zu Beginn wird der Begriff ,,Resilienz" erläutert, der aktuelle Stand der Forschung
aufzeigt und verschiedene Konzepte zur Resilienzförderung vorstellt. Im An-
schluss beleuchtet die Autorin aktuelle Herausforderungen mittelständischer Un-
ternehmen. Dann erläutert sie den Begriff Unternehmenskultur generell, erklärt
was die Kultur in mittelständischen Unternehmen auszeichnet und definiert die
Merkmale einer resilienten Unternehmenskultur. Anschließend werden Förder-
1
Dem deutschen Sprachgebrauch folgend und wegen der besseren Lesbarkeit wird in dieser
Masterarbeit in der Regel von ,,Berater", ,,Mitarbeiter" etc. gesprochen. Selbstverständlich sind
damit auch ,,Beraterinnen", ,,Mitarbeiterinnen" etc. gemeint.
2
Vgl. Wellensiek (2011), S.164
3
Krämer-Stürzl (2006), S.2
8
möglichkeiten für die festgelegten Merkmale mit Hilfe von Methoden der Organi-
sationsberatung dargestellt. Abschließend zeigt das Buch mögliche Grenzen der
Resilienzförderung, liefert ein Fazit und gibt einen Ausblick.
Die Autorin nutzt Begriffsbestimmungen und Konzepte aus der Resilienzfor-
schung von Rampe, Weick/Sutcliffe, Sheffi und McManus sowie Antonovsky und
des Positiven Management. In der Organisationsberatung lehnt sie sich sehr
stark an die Systemische Organisationsberatung insbesondere nach Kö-
nig/Volmer an und diskutiert abschließend mögliche Grenzen.
9
2
Resilienz Begriffsbestimmung und Konzepte zur
Förderung
In unserem Inneren schlummern Potentiale, die wir nicht einmal ansatzweise
ausschöpfen. Unser Bewusstsein, unsere Fähigkeit zur Selbstreflexion und
balancierte Selbststeuerung ist ein ebenso kostbarer Rohstoff wie Öl, Kohle oder
Erdgas. Mit dieser geistigen Kraft, die in uns ruht, können wir viele
Herausforderungen die Stirn bieten wir müssen uns diese
ureigene Kraftquelle nur erschließen.
Wellensiek
2.1 Definition und Merkmale von Resilienz
Resilienz stammt aus dem Englischen ,,resilience" und bedeutet soviel wie
,,Spannkraft, Widerstandsfähigkeit und Elastizität". Eine direkte Entsprechung gibt
es im Deutschen nicht.
Wustmann beschreibt Resilienz als ,,die psychische Widerstandsfähigkeit gegen-
über biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken".
Hierzu werden zwei Faktoren als konstitutiv für das Konstrukt der Resilienz be-
trachtet: zum einen muss eine signifikante Bedrohung für die (kindliche) Entwick-
lung vorliegen, zum anderen muss eine erfolgreiche Bewältigung dieser belas-
tenden Lebensumstände erkennbar sein.
4
Welter-Enderlin spricht davon, dass
,,...Resilienz als die Fähigkeit verstanden [wird], Krisen im Lebenszyklus unter
Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als
Anlass für Entwicklung zu nutzen."
5
Walsh bezeichnet ,,[...] Resilienz [als] die
Fähigkeit [...], zerrüttenden Herausforderungen des Lebens standzuhalten und
aus diesen Erfahrungen gestärkt und bereichert hervorzugehen. Mit Resilienz
sind nicht nur allgemeine Stärken gemeint, sondern auch dynamische Prozesse,
die unter signifikant ungünstigen Umständen die Anpassung an eine gegebene
Situation begünstigen."
6
Resilienz ist also die Fähigkeit, trotz schlechter Bedin-
gungen das Leben positiv zu meistern.
In neuen Forschungen findet die Betrachtung von Resilienz in Unternehmen im-
mer mehr Interesse. Mit Unternehmensresilienz oder auch organisationale Resi-
lienz ist die Widerstandsfähigkeit eines gesamten Unternehmens gemeint von
der individuellen Ebene bis hin zur organisationalen Ebene.
7
4
Vgl. Wustmann (2004), S. 18
5
Welter-Enderlin (2006), S. 13 [grammatikalische Anpassung]
6
Walsh (2006), S.43
7
Vgl. Wellensiek (2011), S.23
10
Resilienz zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: Sie ist nicht angeboren,
sondern entsteht durch die Interaktion mit der Umwelt und indem Ressourcen,
die in der Person bzw. im Umfeld schlummern, aktiviert werden.
8
Je nach Situati-
on zeigt resilientes Verhalten unterschiedliche Ausprägungen. Sie ist außerdem
multidimensional, denn für ihr entstehen spielen kognitive und intrapsychische
Faktoren und soziale und materielle Ressourcen eine Rolle.
9
2.2 Aktueller Stand der Forschung
Die Kauai-Längsschnittstudie von Emmy Werner & Ruth Smith
10
gilt als die Pio-
nierstudie der Resilienzforschung, mit dem Ziel, die Langzeitfolgen von Entwick-
lungsrisiken in der frühen Kindheit zu erforschen. Dazu wurde der Geburtsjahr-
gang 1955 auf Insel Kauai (N=698) im Geburtsalter und mit 1, 2, 10, 18, 32, 40
Jahren erfasst. 30% der Kinder (N=201) wiesen ein hohes Entwicklungsrisiko mit
multiplen Risikobelastungen, u.a. chronische Armut, Geburtskomplikationen, el-
terliche Psychopathologie und familiäre Disharmonie, auf. Wiederum 30% dieser
Risikokinder (N=72) entwickelten sich zu zuversichtlichen, selbstsicheren und
leistungsfähigen Erwachsenen.
Werner/Smith konnten mit ihrer Studie Faktoren identifizieren, die diese 30% von
den anderen Teilnehmern unterschied. Dazu zählen individuelle Fähigkeiten, Fä-
higkeiten, die der Einzelne in Interaktion mit seiner Umwelt entfaltet und umge-
bungsbezogene, soziale Faktoren. Diese Faktoren begünstigen einen positiven
Verlauf bei Erkrankungen und ein deutliches abfedern von Störungen.
11
Insgesamt jedoch untersucht die überwiegende Zahl der Erhebungen das Resi-
lienzphänomen im Rahmen von entwicklungspsychologischen Fragestellungen
zur Kindheit. Inwieweit die Erkenntnisse auf das Arbeitsleben übertragen werden
können steckt in der Forschung noch in den Anfängen. Zwar gibt es inzwischen
eine schier unüberschaubare Zahl an populärwissenschaftlichen Veröffentlichun-
gen zum Thema, dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die For-
schung zur Fragestellung noch in ihren Anfängen ist
.12
Die Verbindung zur Erfor-
schung von Organisationen gibt es daher eher indirekt über die Familientherapie,
und hier im engeren über die systemische Organisationsberatung. Aber gerade
8
Vgl.Wellensiek, S.20
9
Vgl. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse (2009), S.10-11
10
Vgl. Werner/Smith (2001)
11
Vgl. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse (2009), S. 11
12
Vgl.
Werner/Smith (2001), S. 3
11
die Herausforderungen für Organisationen z.B. nach Erdbeben oder dem 09/11
spornen die Forscher an, nach Erkenntnissen zu forschen.
Resilienz in Organisationen versteht Becke unter dem Aspekt der Entwicklungs-
und Prozessperspektive. Ressourcen zur Vermeidung von Fehleranpassung und
die positive Bewältigung unerwarteter Ereignisse gilt es zu fördern. Resilienz ist
dabei eine dynamische Kapazität, die veränderbar ist, indem Positives bei Her-
ausforderungen aufrechterhalten wird, Wünschenswertes bei Veränderungsdruck
und Belastung erhalten und Regeneration bei widrigen Ereignissen sicher gestellt
wird.
13
2.3 Konzepte zur Förderung von Resilienz
Resilienz wird als ein Prozess mit risikoerhöhenden und risikomildernden Fakto-
ren gesehen. Die Konzepte zur Förderung von Resilienz sind der Annahme, dass
psychische Widerstandsfähigkeit erlernbar ist. Ihr Ziel liegt vor allem in der Stär-
kung der personenbezogenen, projektiven Faktoren.
2.3.1 Die sieben Säulen der Resilienz nach Rampe
Micheline Rampe
14
beschreibt in ihrem Konzept die verschiedenen Säulen der
Resilienz und zeigt Wege auf, wie diese gezielt gefördert werden können.
1. Säule: Optimismus
Ein Faktor für resilientes Verhalten ist ein differenzierter optimistischer Ansatz.
Insbesondere Martin Seligmann
15
, ein amerikanischer Psychologie, stützt mit
seiner Forschung der Positiven Psychologie diese Säule der Resilienz.
16
,,Resi-
liente Menschen glauben fest daran, dass sie ihr Schicksal beeinflussen und
formen können."
17
Sie denken optimistisch realistisch, sind der Überzeugung,
dass die Zeit alle Wunden heilt, weil es immer noch einen Weg gibt und nehmen
Fehler als Rückmeldung für Verbesserungen. Außerdem achten sie gezielt auf
ihre (positiven) Gedanken, wissen, dass sie das Glück beeinflussen können und
sind überzeugt, dass sich alles wieder zum Besseren kehrt es ist nur eine Fra-
ge der Zeit und des Wollens.
13
Vgl. Becke (2011)
14
Vgl. Rampe (2004)
15
Vgl. Seligmann (2001)
16
Vgl. auch Kapitel 2.3.3.3, S.17
17
Rampe (2004), S.38
12
2. Säule: Akzeptanz
Akzeptanz bedeutet, das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen so anzuneh-
men, wie es ist und aus Kristen gestärkt hervor gehen. Resiliente Menschen stel-
len sich den Tatsachen, anstatt sie zu verdrängen und nutzen Schicksalsschläge
gezielt mit Pausen, sind mutig und sehen Veränderung als Lebensprinzip.
3. Säule: Lösungsorientierung
,,Resiliente Menschen sind keine realitätsfernen Träumer, sondern wissen, dass
sie dem Schicksal gelegentlich ein wenig helfen müssen, damit ihr Leben die er-
wünschte Wendung nimmt."
18
Dazu ist es wichtig, zielorientiert vorzugehen, sei-
ne Antreiber und die Auslöser von Stress zu kennen und zu bewältigen und
Schritt für Schritt voranzuschreiten auch, wenn man manchmal nicht weiß, wo-
hin das führen soll.
4. Säule: Die Opferrolle verlassen
Es erfordert Mut, sich seinen eigenen Ängsten zu stellen, indem ,,[...] wir uns von
liebgewordenen Bildern, Ideen und Vorstellungen verabschieden müssen, doch
das ist der Weg aus der Opferrolle."
19
Resiliente Menschen nehmen ihr Leben
selbst in die Hand, glauben an sich selbst und vergeben anderen. Albert Bandu-
ra, ein amerikanischer Psychologe, beschreibt dies als Self-Efficacy oder Selbst-
wirksamkeit. Menschen mit einem starken Glauben an die eigene Kompetenz
sind ausdauernder in der Bewältigung von Aufgaben, weniger anfällig für Angst-
störungen und Depressionen und erfolgreicher.
20
5. Säule: Verantwortung übernehmen
Menschen neigen dazu, selektiv wahrzunehmen und entsprechend zu urteilen.
Resiliente Menschen übernehmen eine realistische Verantwortung für ihr Han-
deln, indem sie verstehen, warum sie so und nicht anders oder nicht gehandelt
haben, den eigenen Anteil akzeptieren und äußere Einflüsse mit betrachten. Ih-
nen gelingt es, ,,...in einer optimistischen Erwartungshaltung [zu leben] und [sie]
neigen dementsprechend dazu, ihre Erfahrungen generell optimistisch zu inter-
pretieren."
21
18
Rampe (2004), S.81
19
Ebd. (2004), S.126
20
Vgl. Definition Selbstwirksamkeitserwartung in: Wikipedia, online im Internet:
http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstwirksamkeitserwartung
, zugegriffen am 30.11.2013
21
Rampe (2004), S.135 [grammatikalische Anpassung]
13
6. Säule: Netzwerkorientierung
Resilientes Verhalten setzt ,,[...] ein funktionierende[s] Netzwerk [voraus], das
uns schützt und uns das Gefühl vermittelt, einen festen Platz im Leben zu haben.
So bringt soziale Stabilität auch emotionale Stabilität mit sich."
22
Deshalb ist es
wichtig, sich Menschen zu suchen, denn man sich anvertrauen kann und die ei-
nem Mut zusprechen.
7. Säule: Zukunftsplanung
Menschen, die sich durch Resilienz auszeichnen, planen ihre Zukunft umsichtig,
indem sie mögliche Probleme vorbeugen, sich Alternativen überlegen und Visio-
nen ihres zukünftigen Lebens und Arbeitens entwickeln. Sie sehen Probleme als
Chance und lassen sich von Rückschlägen nicht ermutigen sondern schmieden
neue Pläne.
Der Fokus von Rampe liegt auf dem einzelnen Individuum und dessen Entwick-
lungsmöglichkeiten. Die Förderung der Systeme, in die der Mensch eingebunden
ist, findet in diesem Konzept keine Berücksichtigung.
2.3.2 Das Unerwartete managen nach Weick/Sutcliffe
Das Konzept von Karl E. Weick und Kathleen M. Sutcliffe konzentriert sich auf
Abläufe im Unternehmen und stellt die gezielte Vermeidung von Krisen bzw. den
Umgang mit Unerwartetem in den Mittelpunkt.
23
Dabei gilt es, achtsam nach den
5 Prinzipien zu handeln:
Das Ziel der drei Prinzipien der Antizipation ist es, unerwartete Ereignisse so früh
wie möglich zu erkennen.
1. Prinzip: Konzentration auf Fehler
Fehler sind ein Hinweis, dass etwas nicht in Ordnung ist. Die Herausforderung ist
allerdings, sie im ersten Schritt aufzuspüren. Im zweiten Schritt braucht es eine
offene Fehlerkultur, damit die Fehler von den Mitarbeitern auch gemeldet wer-
den.
24
22
Rampe, S.179 [grammatikalische Anpassung]
23
Vgl. Weick/Sutcliffe (2010), S.34ff.
24
Vgl. ebd., S.49ff.
14
2. Prinzip: Abneigung gegen Vereinfachungen
Die Kunst ist es, so wenig wie möglich zu vereinfachen und dabei trotzdem den
Überblick zu behalten. Je umfassender die Wahrnehmung ist, desto weniger
besser können Abweichungen erkannt werden. Gleichzeitig darf man sich in die-
ser Komplexität nicht verlieren eine Herausforderung.
25
3. Prinzip: Sensibilität für betriebliche Abläufe
Es geht ,,[...] darum, dass wir erkennen, was wir tatsächlich tun, unabhängig da-
von, was wir aufgrund von Absichten, Aufgabenbeschreibungen und Plänen tun
sollen."
26
Was zählt ist weniger die strategische Ausrichtung als vielmehr die Si-
tuationsbezogenheit und die Konzentration auf das Hier und Jetzt. Dabei gilt es,
alle anstehenden Aufgaben ordentlich und nicht achtlos zu erledigen.
27
Das Ziel der zwei Prinzipien der Eindämmung ist es, die Folgen bereits eingetre-
tener Ereignisse so gering wie möglich zu halten bzw. zu verhindern.
4. Prinzip: Streben nach Flexibilität
,,Flexibilität ist eine Mischung aus der Fähigkeit, Fehler frühzeitig zu entdecken,
und der Fähigkeit, das System durch improvisierte Methoden am Laufen zu hal-
ten."
28
Das Ziel ist es, ständig offen für neue Erfahrungen zu sein. Darüber hin-
aus ist das Unternehmen gefordert, Belastungen abzufedern und trotzdem die
Funktionalität sicher zu stellen. Zusätzlich soll es sich regenerieren und aus frü-
heren Situationen lernen.
29
5. Prinzip: Respekt vor fachlichem Wissen und Können
Je hierarchischer ein Unternehmen geführt wird und je mehr Vorgesetztenden-
ken es gibt, desto mehr schlechte Nachrichten werden vertuscht, desto verunsi-
cherter fühlen sich die Mitarbeiter und kommen weniger Informationen an der
Spitze an. Viel wichtiger ist es aber, dass Entscheidungen nicht nach hierarchi-
schen Gesichtspunkten getroffen werden, sondern flexibel durch die gezielte
Nutzung von Expertenwissen. Beteiligten sollen sich als ,,[...] Repräsentanten
des Systems [verstehen], in dem ihre Beiträge und die Beiträge anderer ineinan-
dergreifen um Ergebnisse zu erzielen [...]"
30
25
Vgl. Weick/Sutcliffe, S.57ff.
26
Ebd., S.63
27
Vgl. ebd. S.62ff.
28
Ebd., S.15
29
Vgl. ebd., S.72ff.
30
Ebd. (2010), S.83 [grammatikalische Anpassung]
15
Weick/Sutcliffe nutzen mit ihrem Konzept einen eher problemorientierten Ansatz
mit Fokussierung und Konzentration auf das Unerwartete unter dem Fokus der
Achtsamkeit. Der Mensch an sich kommt dabei etwas zu kurz. Ein Agieren in
dieser hochkomplexen Welt ist aber aufgrund psychischer und physischer Konsti-
tution nicht für alle Menschen möglich.
2.3.3 Weitere Ansätze
Neben den Ansätzen von Rampe und Weick/Sutcliff, die insbesondere im euro-
päischen Raum bekannt sind, finden sich auch Resilienz-Ansätze nach Sheffi
aus den USA und McManus aus Neuseeland, die überwiegend Organisationen
im Blickwinkel haben. Darüberhinaus ist aus der Positiven Psychologie der An-
satz des Positiven Managements sehr spannend, der in Deutschland immer
mehr an Bedeutung gewinnt. Und die Forschung von Antonovsky, die die Ge-
sundheitsförderung der Menschen im Fokus hat.
2.3.3.1 The Resilient Enterprise nach Sheffi
Der Ansatz nach Yossi Sheffi zielt darauf ab, mögliche Schwachstellen und An-
fälligkeiten in einem Unternehmen gezielt zu reduzieren, die er als ,,(...)a combi-
nation of the likelihood of a disruption and its potential severity"
31
beschreibt.
Während gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit oder auch Resilienz erhöht
werden soll.
Was macht seiner Meinung nach erfolgreiche Unternehmen aus? Sie investieren
in ihre Lieferketten bzw. in ihr Versorgungsmanagement, um möglichst flexibel
auf Störungen reagieren zu können. Sie pflegen sehr gute Beziehungen zu ihren
Lieferanten und Kunden und haben eine Firmenkultur, die von Leidenschaft und
Erfolg geprägt ist.
32
Die Vorgehensweise liegt dazu in der gezielten Reduzierung bzw. Minimierung
von Schwachstellen, die auch als Störungen zu verstehen sind, durch
· Risiken kennen und sich darauf vorbereiten
· Anfälligkeiten und Schwachstellen bewerten
· Die Wahrscheinlichkeit von Störungen reduzieren
· Mit anderen Unternehmen für mehr Sicherheit zusammen arbeiten
· Redundanzen einbauen, um so arbeitsfähig zu bleiben
· Versorgungsketten flexibler gestalten
31
Sheffi (2007), S.20
32
Vgl. ebd. (2007), S.14-15
16
· Trainings und Investitionen in eine entsprechende Unternehmenskultur
33
Gleichzeitig gilt es, in eine resiliente Unternehmenskultur zu investieren, die ins-
besondere auf einer hohen Flexibilität beruht:
· Orientierung an konkreten Resultaten und Ergebnissen
· Teamwork und Kommunikation
· Gezielte Nutzung informeller Netzwerke
· Leadership auf allen Führungsebenen.
34
Sheffi´s Ansatz der Resilienz liegt nicht im Finden von Gründen, die zu der Stö-
rung geführt haben, sondern im gezielten, proaktiven Aufspüren von Schwach-
stellen und dessen Beseitigung.
35
Es werden vor allem Unternehmensprozesse
beleuchtet und an der Gestaltung einer flexiblen Unternehmenskultur gearbeitet.
2.3.3.2 Organisationale Resilienz nach McManus
Sonia McManus und das Institut Resilient Organisations in Neuseeland definie-
ren aufgrund verschiedener Studien in Organisationen organisationale Resilienz
resultierend aus vorausschauender Planung und der Fähigkeit, sich anzupassen.
Das Modell wurde 2010 angepasst. Ursprünglich beinhaltete es das Situations-
bewusstsein, das Managen von (Haupt-)Schwachstellen und die Anpassungsfä-
higkeit.
36
Abbildung 1: Organisationale Resilienz
37
33
Vgl. Sheffi (2007), S.270
34
Vgl. Ebd., S.245-249
35
Vgl. Ebd., S.14
36
Vgl. Resilient Organisations, online im Internet:
http://www.resorgs.org.nz/
, zugegriffen am
30.01.2013
37
Stephenson u.a. (2010), S.19
17
Organisatorische Resilienz ist die Fähigkeit einer Organisation zu überleben
sogar in einem Umfeld des Wandels und der Unsicherheit. Diese Unternehmen
zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre internen und externen Rahmenbedin-
gungen ständig an Veränderungen anpassen, noch ehe die Gründe für die Ver-
änderung kritisch werden.
38
Der Ansatz von McManus konzentriert sich auf die Resilienz in Organisationen
und wurde 2010 nochmals angepasst. Er bietet eine gute Grundlage für die Defi-
nition einer resilienten Unternehmenskultur in mittleren Unternehmen.
2.3.3.3 Positives Management nach Seligman
Martin Seligman gilt als Begründer der Positiven Psychologie. Diese richtet ihren
Blick auf die Stärken des Einzelnen, deren Entdeckung und Entfaltung und wie
man damit das eigene Wohlbefinden auf wissenschaftliche Art und Weise ver-
größern kann. Eine Forschungsrichtung ist dabei das Positive Management, das
sich mit der Entstehung positiver Phänomene in Organisationen befasst. Ihr Ziel
ist es, den positiven Kern von Organisationen zu identifizieren und zu fördern.
Es sind zwei Handlungsfelder erkennbar:
· Erkennen positiver Attribute von Mitarbeitern, ihre Wirkung auf die Mitar-
beiterproduktivität einschätzen und entsprechend fördern
· Entstehung positiver organisationaler Phänomene und deren Konsequen-
zen und die Steuerung und Nutzung aus Sicht der Unternehmensfüh-
rung.
39
Dieser Ansatz steht gerne auch in der Kritik, zu ,,positiv" zu sein und die krank-
heitsorientierte Psychologie und behindernde Faktoren außer Acht zu lassen.
40
Nichtsdestotrotz enthält er viele Ansätze für die Förderung von Widerstandsfä-
higkeit in Unternehmen.
38
Vgl. Stephenson u.a., S.3
39
Vgl. Creusen u.a. (2011) in Ringlstetter (Hrsg.), S.112
40
Vgl. Ehrenreich (2010)
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2012
- ISBN (PDF)
- 9783955497682
- ISBN (Paperback)
- 9783955492687
- Dateigröße
- 393 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- Resilienz Organisationsentwicklung Widerstandsfähigkeit Wettbewerbsfähigkeit Marktanspruch Fachkräftemangel