Lade Inhalt...

Der Innovationsprozess der Zukunft: Mit Bewegung mehr Ideen-Kreativität fördern

©2012 Bachelorarbeit 97 Seiten

Zusammenfassung

Dort, wo Unternehmen zur Entwicklung von neuen Produkten, Prozessen oder Technologien gezwungen sind, bilden frische Ideen eine der wichtigsten Voraussetzungen.
Die Ideen-Kreativität der Mitarbeiter zu fördern steht für innovative Firmen daher im Fokus. Der Einsatz von Kreativitätstechniken ist dabei nur eine Maßnahme. Doch trotz aller Bemühungen schlummert bis heute der Großteil des Ideenfindungspotentials ungenutzt.
Dieses Potential zu aktivieren wird in Zukunft, stärker als jemals zuvor, über den Erfolg jedes Unternehmen entscheiden. Neueste Studien und Trends zur Innovationskultur bilden die Grundlagen für diese Arbeit. Es wird durchleuchtet, wie Ideenfindungspotential bisher gefördert wurde. Dazu werden gängige Kreativitätstechniken diskutiert und deren Grenzen aufgezeigt.
Die Grinberg Methode wird in der vorliegenden Studie vorgestellt und dessen Einsatz im Innovationsprozess beschrieben. Eine branchenunabhängige Anwendungsempfehlung, die es ermöglicht mehr Ideenfindungspotential über Körper & Geist zu aktivieren bildet den Kernpunkt der Studie.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2
Das preisgekrönte Ergebnis sollte dem Käufer durchaus 1.694,00 Euro wert sein
2
,
beachtet man, welche weitreichenden Auswirkungen die richtige Sitzposition hat.
Sie denken an weniger Rückenprobleme und Kopfschmerzen?
Neuste Studien belegen, dass auch die Psyche positiv beeinflusst wird. Mentale Fle-
xibilität, erhöhte Stärke und Risikobereitschaft sind dabei nur einige der Folgen des
richtigen Sitzens.
3
Alles Eigenschaften, die gerade im Innovationsprozess zu guten Ideen beitragen
können, da sie sich vorteilhaft auf die Reduktion der Kreativitätsbarrieren der Mit-
arbeiter auswirken
4
.
Unter der Prämisse, dass ,,die Fähigkeit, innovative Ideen zu kreieren [...] das wert-
vollste, aber auch am wenigsten entwickelte Potential in Unternehmen"
5
darstellt,
sollten 1.694,00 Euro eine lohnende Investition sein. Doch auch bei diesem Büro-
stuhl hat man (wie bei allen anderen ebenfalls) mit Nachteilen zu rechnen. Bei-
spielsweise verlängert sich die Dauer von Meetings, bei denen die Teilnehmer sit-
zen, nachweislich um 37 Prozent
6
.
Positive Auswirkungen der richtigen Sitzhaltung auf Körper und Geist auf der einen
Seite, aber längere Sitzungsdauern auf der anderen. Man fragt sich, ob keine Stüh-
le demnach die besseren Stühle sind?
Im Meeting oder in den frühen Phasen des Innovationsprozesses schon. Gerade im
Letzteren konnte, trotz der Wirkung des Sitzens, das kreative Potential der Mitar-
beiter noch nicht voll ausgeschöpft werden
7
. Ein Manko, dem Unternehmen mithilfe
von Kreativitätstechniken die Stirn bieten, und so die Anzahl der kreativen Ideen
bereits erfolgreich steigern konnten
8
. Das volle Potential der Mitarbeiter konnte a-
ber dennoch nicht erschlossen werden.
Ziel, der in dieser Arbeit aufgestellten These, ist es daher, die Grinberg Methode
vorzustellen und branchenunabhängige Anwendungsempfehlungen zur Förderung
der Ideen-Kreativität im Innovationsprozess zu entwickeln.
Dazu wird im Folgenden dieser Arbeit ein Verständnis für den Einfluss von Bewe-
gung auf die Ideenfindung erarbeitet und die Wechselwirkung zwischen Körper und
2
http://www.chairholder.de/product/show/produkte_id/120003207 [Zugriff am: 14. Sep.
2012].
3
Vgl.: Huang/ Galinsky/ Gruenfeld/ Guillory, Powerful Postures versus Powerful Roles, 2011.
4
Vgl.: Knieß, 2006, S. 20.
5
Schöner, 2000, S. 33.
6
Vgl.: Bluedorn/ Turban/ Love, The effects of stand-up and sit-down meeting formats on
meeting outcomes, 1999.
7
Vgl.: Schlicksupp, 2004, S. 10.
8
Knieß, 2006, S. IX.

3
Geist nachgewiesen. Im Innovationsprozess vorrangig eingesetzte Kreativitätstech-
niken werden dargestellt und sowohl Innovation als auch Ideen-Kreativität näher
betrachtet. Die Grinberg Methode, als weitestgehend noch unbekannte Technik,
wird ausführlich vorgestellt und eine Empfehlung zur Förderung der Ideen-
Kreativität im Innovationsprozess erarbeitet.

4
2. Begrifflichkeiten
Um ein einheitliches Verständnis zu sichern, müssen vorab verwendete Begriffe er-
klärt werden, um im Verlauf der Arbeit darauf aufbauen zu können.
2.1 Grinberg Methode
Das volle Leistungsvermögen von Mitarbeitern zu aktivieren, stellt unter anderem
im Innovationsprozess eine große Herausforderung dar. Bis heute bleiben circa 60-
70 Prozent des Potentials zur Ideenfindung ungenutzt
9
. Die Gründe können vielfäl-
tig sein. Sei es durch einen blockierenden Umgang mit neuen Ideen durch die Un-
ternehmensleitung, einer destruktiven Philosophie gegenüber Veränderungen der
gesamten Organisation oder durch Hemmungen der Angestellten, ihre kreativen
Ideen zu äußern.
Gemäß der Grinberg Methode, findet sich zu jedem Verhalten ein entsprechendes
Zeichen, eine Charakteristik oder Ähnliches im Körper wieder
10
. Grund genug, das
Verhalten der oben beschriebenen Angestellten noch genauer zu betrachten.
Denn diese reagieren möglicherweise in Situationen, in denen neue Einfälle disku-
tiert werden, mit Automatismen. Sie verspannen beispielsweise im Hüftbereich, was
dazu führen kann, dass die Leisten versteifen und ihre Beine weniger beweglich
werden. Durch diese Verspannung wird ein flexibler Umgang mit den Meinungen
Anderer oder die spontane Reaktionsfähigkeit gemindert. Auf der Erlebnisebene
können sich Standhaftigkeit und Halt reduzieren, da mit starren Beinen der Kontakt
zum Boden fehlt oder die unnötige Extraanstrengung zu frühzeitiger Ermüdung
führt.
11
Die Grinberg Methode akzeptiert die Verbindung zwischen Körper und Geist und
nutzt die vorhandenen Wechselwirkungen. Demnach würde nicht der Verstand ein-
gesetzt werden, um die Mitarbeiter anzuregen, mutiger neue Ideen vorzustellen,
vielmehr bestünde die Arbeit darin, die körperliche Reaktion bewusst wahrzuneh-
men und zu stoppen, was die folgende Abbildung beschreibt.
9
Vgl.: Schlicksupp, 2004, S. 10.
10
Vgl.: http://www.jenshuettner.de/de/grinberg-methode/ Lernprozesse [Zugriff am: 25.
Jul. 2012].
11
Vgl.: Hüttner, Qualifizierter Praktiker der Grinberg Methode, schriftliche Mitteilung
mail@jenshuettner.de (siehe Anhang V), 24. Aug. 2012.

5
Abbildung 2: Bild-/ Wortmarke und Wirkungsweise der Grinberg Methode. Eigene
Darstellung in Anlehnung an
http://www.grinbergmethod.com/ [Zugriff am: 15. Aug.
2012].
Die Abbildung verdeutlicht die Wirkungsweise der Grinberg Methode: wonach ein
bewusster Wandel eines physischen Musters das entsprechende psychische Muster
verwandelt.
1) Routinierte
Denk- und Ver-
haltensweisen...
2) prägen den
Körper (Hal-
tung, Span-
nung, At-
mung)...
3) durch be-
wusstes Verän-
dern dieser
körperlichen
Reaktion...
4) verändert
sich die ent-
sprechende
Denk- oder
Verhaltenswei-
se.

6
Unter dem Begriff ,,Embodiment" sind entsprechende Wechselwirkungen wissen-
schaftlich beschrieben. Embodiment bedeutet Verkörperung oder Inkarnation, da
davon ausgegangen wird, dass die menschliche Intelligenz einen Körper benötigt
und erst durch physikalische Interaktion (Tasten, Schmecken, Riechen) die Umwelt
verstanden werden kann, wodurch Intelligenz entsteht
12
.
Dass sich emotionale Zustände im Körper ausdrücken (Gesichtsausdruck, Gestik,
Pose usw.) ist lange bekannt. Eher unbekannt ist das Ergebnis einer Studie des So-
zialpsychologen Fritz Strack. Diese belegte 1988 Folgendes: Die durch einen Blei-
stift im Mund angehobenen Mundwinkel führten zu einer positiveren Bewertung von
Cartoons. Stifte im Mund beeinflussten folglich den Sinn für Humor. Die physische
Lage bestimmter Körperteile verändert demnach bereits unmittelbar psychische
Aspekte.
13
An zunehmender Bedeutung gewinnen diese Erkenntnisse im Themenfeld der Ko-
gnitionswissenschaft
14
.
Die oben erwähnten und eine weitere Studie (siehe Kapitel 5.3.2) unterstreichen
und beweisen demnach die These der Grinberg Methode.
12
http://lexikon.stangl.eu/2175/embodiment/ [Zugriff am: 15. Aug. 2012].
13
Vgl.: http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article12642760/Wie-koerperliches-
Empfinden-die-Gefuehle-beeinflusst.html [Zugriff am: 14. Aug. 2012].
14
,,Die Kognitive Psychologie ist das Teilgebiet der Psychologie, das sich mit den geistigen
Tätigkeiten des Menschen befaßt wie z.B. Denken, Lernen, Problemlösen." Wender, 1990,
S.37.

7
2.2 Innovation
Innovation ist ein viel verwendeter Begriff, dessen grundlegende Bedeutung in der
Literatur vielfältig interpretiert wird.
1. Richards: ,,Innovation is a process whereby new ideas are put into prac-
tice"
15
.
2. Zaltman, Duncan und Holbek: ,,[...] we consider as an innovation any idea,
practice, or material artifact perceived to be new by the relevant unit of ad-
option. The adopting unit can vary from a single individual to a business
firm, a city, or a state legislature"
16
.
3. Kieser: ,,Als Innovation sollen alle Änderungsprozesse bezeichnet werden,
die die Organisationen zum ersten Mal durchführen"
17
.
Kieser bezieht sich bei der Interpretation des Begriffes vorrangig auf den Prozess-
charakter, welcher erstmalig in Gang kommt und einen Wandel mit sich bringt. Das
Neue, das noch nie Dagewesene in einem bestimmten Bereich, das betonen wie-
derum Rickards und Zaltman.
Was allen Definitionen fehlt, ist die Frage nach dem Erfolg. Ist ein Produkt, das
neuartig ist, immer auch eine Innovation? Im späteren Verlauf wird auf diese Frage
noch näher eingegangen.
Die vorangegangenen Zitate werfen an dieser Stelle die Frage auf, wonach Innova-
tionen genauer differenziert werden können. Mögliche Unterscheidungskriterien
nach Kieser sind:
·
Art der Innovation,
·
Level der Neuheit,
·
persönliche Wahrnehmung,
·
Ausmaß der Abweichungen für das Unternehmen und
·
Beweggrund
18
.
Wichtig sind Differenzierungen, um Innovationen und deren unternehmensexterne
und -interne Folgen besser abschätzen zu können.
Das Ausmaß der Neuheit gibt beispielsweise einen Aufschluss darüber, ob tatsäch-
lich von einer Innovation die Rede sein kann. Innovationen können als starke,
15
Richards, 1985, S. 10.
16
Zaltman/ Duncan/ Holbek, 1973, S. 10.
17
Kieser, 1969, S. 742.
18
Vgl.: Vahs/ Burmester, 2002, S. 73.

8
sprunghafte Veränderungen beschrieben werden. Demnach sind kleine Verbesse-
rungen oder Veränderungen keine Innovationen.
Bereits das oben angeführte Zitat von Zaltman betont, dass Innovationen individu-
ellen Bewertungen durch die Nutzer und Anwender unterliegen. Demnach genügt es
nicht, dass Einzelne die Innovation als ,,neu" einstufen. Vielmehr muss die Masse
der relevanten Zielgruppe diese Wahrnehmung teilen.
Das Ausmaß der Abweichungen für die Organisation sollte frühzeitig bestimmt wer-
den, da diese weitreichende Veränderungen erfordern können. Personeller Mehrbe-
darf, umgestaltete Prozessabläufe oder die Bereitstellung von finanziellen Mitteln
sind nur einige Beispiele.
Die Art der Innovation kann eine ,,Produktinnovation, Prozessinnovation, Marktinno-
vation oder Sozialinnovation"
19
darstellen.
Produktinnovationen sind weiterentwickelte oder neue, marktfähige Sach- oder
Dienstleistungen, die zum ersten Mal angeboten werden.
Prozessinnovationen bedeuten Umgestaltungen im Ablauf der Leistungserstellung
eines Betriebes zur Effizienzsteigerung. Eine höhere Produktivität, Betriebssicher-
heit oder verbesserte Produktqualität können Prozessinnovationen sein.
Unter Marktinnovationen lassen sich Angebote verstehen, die so zuvor nicht am
Markt verfügbar waren oder die in einen neuen Markt eingeführt werden.
Sozialinnovationen sind unternehmensinterne Veränderungen, die sich auf den Hu-
manbereich auswirken. Ein Anstieg der Mitarbeiterzufriedenheit kann Ziel von Sozi-
alinnovationen sein.
20
Unabhängig davon, nach welchen Kriterien die Neuerung unterschieden wird, kann ihre Ent-
stehung grundlegend als Prozess betrachtet werden, welcher wie folgt abgebildet werden
kann:
19
Kupsch/ Marr/ Picot, 1991, S. 1077.
20
Vgl.: Kupsch/ Marr/ Picot, 1991, S. 1077.

9
Abbildung 3: Innovationsprozess. Herstatt, 1999, S. 73.
Nach Herstatt gliedert sich der Innovationsprozess in fünf Phasen, welche eng miteinander
verbunden sind und fließende Übergänge ermöglichen. Das Ziel der ersten Phase ist es, eine
Idee aus der Masse erarbeiteter Einfälle zu selektieren, die den größten Erfolg verspricht.
Diese führt wiederum zu einer Ausrichtung und Konkretisierung der folgenden Innovations-
phasen. Was Herstatt in dieser Abbildung nicht zum Ausdruck bringt, möglicherweise jedoch
durch die gewählte graphische Form der Phase l andeutet, ist eine Vorphase (siehe Abbildung
4).
Abbildung 4: Erweiterter Innovationsprozess. Eigene Darstellung in Anlehnung an
Herstatt, 1999, S. 73.
Die Phase 0 ist eine Etappe, in der sich das Unternehmen für einen Innovationsprozess ent-
scheidet und grundlegende Voraussetzungen definiert. Die strategische, dem Thema ent-
sprechende Richtung, das Forschungs- und Entwicklungsbudget, Analysen, der Aufbau neuer
Abteilungen oder Personalanpassungen sind Aufgaben, die in dieser Phase gelöst werden
sollten. Die Wahl der geeigneten Kreativitätstechnik und entsprechende Vorkehrungen (Trai-
ning der Mitarbeiter oder die Auswahl eines Moderators) fallen ebenfalls in die Vorphase. Im
weiteren Verlauf dieser Arbeit wird sich demnach auf einen aus 0 bis V Phasen bestehenden
Innovationsprozess bezogen.
Die Basis jeder Innovation bilden Ideen, die in Phase l entstehen und die Grundlage
für Erfindungen darstellen. Ideen bieten nur neue Möglichkeiten zur Lösung eines
Problems an
21
und müssen deutlich von der Innovation selbst unterschieden wer-
den. Stark vereinfacht lässt sich die Entwicklung wie folgt darstellen:
21
Koltze/ Souchkov, 2011, S. 1.

10
Idee Erfindung Innovation
Der in dem Innovationsprozess nach Herstatt angeführte Aspekt der Marktdurch-
dringung (Phase V), stellt eines der wichtigsten Merkmale von Innovationen dar:
Das Neue soll gegenüber dem Vorhandenen einen besonderen Nutzen stiften und
sich auf dem Markt oder in der Gesellschaft durchsetzen. Demnach definiert sich
eine Innovation immer durch ihren Wert.
Idee Erfindung Nutzen Wert Erfolg Innovation
Das nicht jede Erfindung von Wert ist und zur Innovation führt, davon zeugen
Schutzrechte in der Patentdatenbank des Deutschen Patent- und Markenamtes
DPMA, die nicht verlängert wurden. Sucht man beispielsweise nach dem Begriff
,Sitzgelegenheit' finden sich von insgesamt 64 Patenten 42 ungeschützte Erfindun-
gen. Die Recherche nach ,Mikroprozessor' ergab 616 Treffer, wovon 427 unge-
schützt sind.
22
Etwa 97,6 Prozent der realisierten Ideen können sich nicht auf dem Markt durchset-
zen, sie bleiben erfolglos. Folglich sind von acht Stunden Entwicklungsarbeit minde-
stens sieben Stunden fruchtlos.
23
In der ersten Phase des Innovationsprozesses definieren die Ideen das spätere Er-
gebnis. Solche kreativen Aufgaben sind mit den klassischen Mitteln des Manage-
ments kaum zu lenken oder zu bewerten. Sie sind ungeordnet und spontan, dabei
aber materiell und personell höchst anspruchsvoll
24
.
Von wirtschaftlich handelnden Organisationen wird im Innovationsprozess also ver-
langt ihre Kontrolle über einen bedeutenden Ressourceneinsatz aufzugeben, ohne
dass eine Garantie für ein erfolgreiches Resultat besteht.
Was wie das unternehmerische Ende klingt, kann nur verstanden werden, wenn
sich genauer mit dem Wesen der Kreativität auseinandergesetzt wird (siehe 2.3 I-
deen-Kreativität).
22
http://register.dpma.de/DPMAregister/pat/einsteiger [Zugriff am: 09. Aug. 2012].
23
Vgl.: Gimpel/ Herb/ Herb, 2000, S. 1.
24
Schöner, 2000, S 33.

11
Zuvor muss der Frage nach dem Grund der Innovation, welche doch ein erhebliches
Verlustrisiko darstellt, nachgegangen werden.
Die erfolgreichsten Unternehmen der Branchen sind die mit den höchsten Innovati-
onsgraden (siehe Abbildung 5), ermittelte die Innovationsstudie 2009. In dieser
wurden 128 Führungskräfte deutscher Firmen zur Innovationsstärke ihres Unter-
nehmens befragt. Nur die Organisationen, welche sich nach Aussage ihrer Füh-
rungskräfte zu den erfolgreichsten der Branche zählten, gaben an, dass der Grad an
Neuheit ihrer Innovationen ,,hoch" oder ,,sehr hoch" ist.
25
Abbildung 5: Zusammenhang zwischen Unternehmenserfolg und Innovationsgrad.
Angaben in Prozent. Innovation Navigators, 2009, S. 8.
Organisationen, die nicht zu den erfolgreichsten Firmen ihres Faches gehörten, de-
finierten ihren Grad der Innovation höchstens mit ,,mittel".
Das hier eine Wechselwirkung vorliegt ist deutlich. Aber die Frage, die diese Studie
aufwirft, ist, welcher Faktor welchen bedingt. Sprich, führen Produkte, die einen
sehr hohen Neuheitsgrad aufweisen, eher zum Erfolg oder können häufig gerade die
erfolgreichsten Unternehmen einen hohen bis sehr hohen Innovationsgrad generie-
ren?
Sicher ist, dass revolutionäre Neuheiten ein großes unternehmerisches Risiko dar-
stellen, zugleich jedoch die Chance eröffnen, sich vorerst konkurrenzlos am Markt
durchzusetzen.
25
Innovation Navigators, Innovationsstudie 2009 (siehe Anhang l), 2009, S. 8.

12
Demnach lohnt sich besonders die Suche nach Innovationen mit einem hohen bis
sehr hohen Neuheitsgehalt. Zudem fordern Dziemba und Steinle, dass Unterneh-
men in Zukunft immer häufiger auch über den Tellerrand der eigenen Branche hin-
ausschauen müssen (siehe Abbildung 6), wenn sie die zukünftige Innovationskultur
verstehen wollen.
26
Abbildung 6: Innovationslogik der Industrieökonomie und der Kreativökonomie.
Dziemba/ Steinle, 2010, S. 70.
26
Dziemba/ Steinle, 2010, S. 69.

13
Demnach verändert sich das Wesen der Innovation von kleinen Produktverbesse-
rungen, hin zu Neuheiten, deren revolutionärer Charakter nicht selten das Ende be-
stehender Produktlebenszyklen, Vermarktungsformen oder Vertriebsformen bedeu-
tet. Schon Schumpeter beschrieb, dass mit Innovationen immer auch ,,schöpferi-
sche Zerstörung"
27
einhergeht. Was für ihn einen Austausch, und damit das Ende
alter Produkte oder Prozesse bedeutete, nimmt heute, wo einzelne Innovationen
bisher nicht bestehende Märkte eröffnen, völlig neue Dimensionen an. Laut Dziem-
ba und Steinle ist nichts unvorstellbar in der Innovationskultur der Kreativökono-
mie
28
, und denkt man an außergewöhnliche Neuheiten, wie das iPhone oder die
Spielekonsole Wii, ist man gewillt dieser Aussage (in einzelnen Branchen unter-
schiedlich stark) zuzustimmen.
Demnach werden Unternehmen in den besonders stark betroffenen Zweigen, wie
beispielsweise der Informations- und Kommunikationstechnologie, eine entspre-
chende Innovationskultur entwickeln müssen, um erfolgreich die Ära der Unvorher-
sagbarkeit managen zu können.
Zusammengefasst lassen sich Innovationen als neue sowie erfolgreiche Erfindungen
beschreiben, die zum Wandel von Märkten beitragen können. Innovationen basie-
ren auf Ideen, die einen Prozess einleiten und diesen entscheidend prägen.
27
Schumpeter, 1993, S. 138.
28
Dziemba/ Steinle, 2010, S. 69.

14
2.3 Ideen-Kreativität
Mit Intelligenz alleine lassen sich Innovationsprobleme nicht lösen, da sie keinen
eindeutigen, logisch zwingenden Hinweis auf ihre optimale Lösung vorgeben. Viel-
mehr produzieren Probleme im Innovationsprozess neue Fragen und fordern ,,origi-
näre, schöpferische Lösungsfähigkeit"
29
. Kurzum: Kreativität wird benötigt.
Knieß definiert Kreativität als die Begabung neue Lösungen beziehungsweise neue
Einfälle zu erarbeiten
30
. Schlicksupp geht noch einen Schritt weiter und beschreibt
die Lösungen nicht nur als neu, sondern auch als ,,dem Schöpfer vorher unbe-
kannt"
31
.
Demnach entstehen neue Produkte, Einfälle oder Zusammenstellungen im Rahmen
eines Prozesses, dessen Ergebnis zu Beginn noch offen ist.
Dass die Kreativität von Nutzen sein muss, beschreibt Knieß mit dem Wort: Lösung.
Einer Lösung liegt eine Aufgabe oder ein Problem zugrunde, welches durch die Lö-
sung ganz oder teilweise hinfällig wird. Besonders in Unternehmen ist Kreativität
gezielt sowie nutzenstiftend für firmenrelevante Ziele und Probleme einzusetzen.
Die Ausgaben für Techniken und Methoden zur Kreativitätsförderung wären sonst
aus ökonomischer Sicht des Unternehmens sinnlos.
32
Kreative Lösungen können vielfältig sein, beispielsweise musikalisch, architekto-
nisch oder modisch. Im Innovationsprozess äußert sich Kreativität in Ideen. Daraus
entsteht die zentrale Bedeutung des Begriffes ,Ideen-Kreativität' für diese Arbeit
und wird im weiteren Verlauf entsprechend verwendet.
Die unternehmerische Notwendigkeit, der Ideen-Kreativität im Innovationsprozess
genügend Freiraum einzugestehen, erklärt sich, sobald der Unterschied zwischen
intelligenter und kreativer Denkweise näher betrachtet wird.
Der Begriff Intelligenz wird folgendermaßen definiert: Es wird rational, wertend und
zensierend nach der einen, richtigen Antwort gesucht
33
. Während bei der Kreativität
durch ,,flüssiges, flexibles und originelles Denken [...] nach alternativen Aufgaben-
und Problemlösungen"
34
geforscht wird. Es entsteht folglich nicht die eine sondern
29
Schlicksupp, 1981, S. 19.
30
Knieß, 2006, S. 1.
31
Schlicksupp, 1981, S. 20.
32
Vgl.: Hentze/ Müller/ Schlicksupp, 1990, S. 48.
33
Vgl.: http://lexikon.stangl.eu/542/kreativitaet/ [Zugriff am: 10. Aug. 2012].
34
http://lexikon.stangl.eu/542/kreativitaet/ [Zugriff am: 10. Aug. 2012].

15
eine Vielzahl an Lösungen. Der richtige Umgang mit der Ideen-Kreativität wäre es
demnach nicht sofort jede Idee nach möglichen Markterfolgen zu bewerten oder die
Realisierbarkeit eines Einfalles sofort zu untersuchen. Beides würde sich eher als
hinderlich erweisen, da durchschnittlich 60 Ideen nötig sind, um eine einzige, am
Markt erfolgreiche Innovation zu entwickeln
35
. Ziel muss es folglich sein, jeden Ein-
fall aufzunehmen und eine größtmögliche Menge an Ideen zu generieren. Erst spä-
ter sollten diese nach individuellen Kriterien bewertet werden.
35
Vgl.: Gimpel/ Herb/ Herb, 2000, S. 1.

16
3. Problemstellung
Innovationen bieten Unternehmen die Chance neue Märkte zu erobern oder beste-
hende zu verändern. Sie eröffnen die Möglichkeit zur Unternehmensentwicklung
und zum Firmenerfolg
36
. Zugleich jedoch stellt die Ideenfindung die Unternehmen
vor große Aufgaben, denn bei wem, wann und wo die entscheidende Idee entsteht,
lässt sich bis heute nur schwer beeinflussen.
Zu 93,6 Prozent entsteht die entscheidende Idee nicht am Arbeitsplatz, laut Ideen-
findung Studie 2010. Diese konnte nachweisen, dass insgesamt 24,11 Prozent der
förderlichsten Ideen bei körperlicher Bewegung entstehen, wie die folgende Grafik
zeigt.
37
Abbildung 7: Ideenfindung durch Bewegung. Angaben in Prozent.
http://www.iqudo.com/de/ueber_kreative_intelligenz/studie_ideenfindung_2010.html
[Zugriff am: 07. Aug. 2012].
Die Ideen entstehen also beim Joggen, Spazierengehen und Fahrradfahren.
36
Vgl.: Schmidt/ Gleich/ Richter, 2009, S. 5.
37
Vgl.:
http://www.iqudo.com/de/ueber_kreative_intelligenz/studie_ideenfindung_2010.html
[Zugriff am: 07. Aug. 2012].

17
Eine Tatsache, die bis heute nur wenig beachtet wird, wenn Unternehmen die Ideen
für neue Produkte, Prozesse oder Technologien entwickeln. Bei vielen ideenfördern-
den Maßnahmen sitzen die Teilnehmer. Die Bilanz: Nur 30- 40 Prozent des Ideen-
findungspotentials der Mitarbeiter wird genutzt
38
.
Grund genug nach einer neuen Möglichkeit zu suchen, um ideenfördernde Bewe-
gung im Unternehmen voranzutreiben und dabei mehr kreatives Leistungsvermö-
gen zu aktivieren.
38
Vgl.: Schlicksupp, 2004, S. 10.

18
4. Methoden zur Ideenentwicklung im Innovationspro-
zess
Blumenschein und Ehlers meinen: ,,Auf neue Ideen kommen und Problemstellungen
[...] bewältigen? Das sagt sich oft leichter, als es ist! Dennoch lassen sich mit ge-
eigneten Instrumenten zur Ideenfindung vielfältige Gedanken- und Lösungsansätze
generieren"
39
.
Stellt man sich vor, das vorangegangene Zitat würde lauten: ,,Auf neue Ideen
kommen und Problemstellungen [...] bewältigen? Das sagt sich oft leichter, als es
ist! Bis heute existieren keine geeigneten Instrumente zur Ideenfindung". Die Wirk-
lichkeit der Innovationen sähe anders aus.
Besonders wenn man beachtet, dass 66 Prozent der Deutschen kein hohes Kreativi-
tätspotential besitzen
40
, und die Erfolgsquote der Ideenfindung dank des Einsatzes
von Kreativitätstechniken um 10 bis 30 Prozent ansteigt
41
.
Individuelle Menschen in Unternehmen beschreibt Ofman als Sonderlinge, Outsider
oder Einzelgänger, die ,,Dinge tun, die sich andere nicht zutrauen oder nicht kön-
nen"
42
. Sie definieren Einfälle nicht nach gut oder schlecht, schwarz oder weiß. Bei
dieser Art des ,,Entscheidungsdenkens"
43
werden erste Ideen sofort als Lösung be-
griffen, was dazu führt, dass die Einfälle alleine oder in der Gruppe meist abgelehnt
und verworfen werden.
Kreative Sonderlinge denken anders. Sie lassen erste Einfälle als ,,Verbindung und
Assoziation, ohne Urteil über Sinn oder Ausführbarkeit"
44
zu. Durch dieses ,,Ent-
wicklungsdenken"
45
entsteht ein Rahmen, in dem verdrehte, halbfertige oder dum-
me Ideen sein dürfen und es wird möglich, diese noch weiterzuentwickeln. Eine sol-
che Einstellung zu Ideen, bietet ein sicheres, innovatives Klima, das zur Äußerung
von Geistesblitzen aller Art einlädt.
39
Blumenschein/ Ehlers, 2007, S. 77.
40
Vgl.:
http://www.mitteldeutschland.com/uploads/media/PM_080201_HHL-
Studie_Kreativitaetspotenzial.pdf
[Zugriff am: 26. Jul. 2012].
41
In Abhängigkeit der angewendeten Kreativitätstechnik wie ,,Brainstorming, Me-
thode 635 oder Synektik". Knieß, 2006, S. IX.
42
Ofman, 2005, S. 182.
43
Entscheidungsdenken ist das Denken in Gegensätzen. Ofman, 2005, S. 182.
44
Ofman, 2005, S. 183.
45
Ofman, 2005, S. 183.

19
Dieses Klima und diese Art des Denkens sollen unter anderem durch den Einsatz
von Kreativitätstechniken gefördert werden, um das Ideenfindungspotential von
Mitarbeitern zu aktivieren.

20
4.1 Kreativitätstechniken
Kreativitätstechniken lassen sich in den Innovationsprozess, der bereits in Kapitel
2.2 besprochen wurde, der Phase l zuordnen, wie die folgende Abbildung zeigt.
Abbildung 8: Anwendung von Kreativitätstechniken im Innovationsprozess. Eigene
Darstellung in Anlehnung an Herstatt, 1999, S. 73.
Sie kommen im Innovationsprozess zum Einsatz, wenn entsprechend einer vorge-
gebenen, unternehmerischen Problemstellung eine Vielzahl von Ideen generiert
werden soll. Auf der Suche nach Kreativitätstechniken bietet sich eine Fülle an Me-
thoden in dreistelliger Zahl an
46
. Zum Einsatz in Organisationen kommen aber vor-
wiegend vier Verfahren, wie eine Studie zur Verwendung von Kreativitätstechni-
ken
47
zeigt.
Im Folgenden beschränkt sich diese Arbeit dementsprechend auf Brainstorming,
Synektik, Brainwriting (Methode 6-3-5) und den Morphologischen Kasten, da diese
bevorzugt in der unternehmerischen Wirklichkeit eingesetzt werden.
4.1.1 Brainstorming
Das von Alex Osborn 1939 entwickelte Verfahren, ist die am meisten verwendete
Kreativitätstechnik in Deutschland
48
. Osborn erkannte im Alter von 26 Jahren die
überwiegende Wirkungslosigkeit damaliger Problemlösungsmeetings. Er untersuch-
te die Ursachen dafür und gestaltete ein Regelwerk um ,,psychologische Blocka-
den"
49
abzuschaffen.
46
Vgl.: Knieß, 2006, S. 47.
47
Vgl.: Übele, 1988, S. 777- 789 zitiert nach Knieß, 2006, S. 48.
48
Vgl.: Schlicksupp, 1981, S. 61.
49
Schlicksupp, 1981, S. 61.

21
Brainstorming ist spontane Ideenäußerung und führt dabei zur ,,Aktivierung des Un-
terbewusstseins"
50
. Das Unterbewusstsein so Knieß würde dadurch auch beim
Wechsel des Themas oder der Aufgabe weiter an einer Lösung arbeiten.
Knieß definiert vier Grundregeln für ein erfolgreiches Brainstorming in der Gruppe:
·
Nicht kritisieren,
·
Masse statt Klasse,
·
herumspinnen mit Gedankenimpulsen und
·
Einfälle anderer aufgreifen und ausbauen
51
.
Dass simple Richtlinien, wie beispielsweise ein Kritikverbot auch nach über 70 Jah-
ren noch hochaktuell und nötig sind, zeigt die folgende abgebildete Bilanz einer Be-
fragung der Innovationsstudie 2009
52
.
Abbildung 9: Reaktionen auf ungewöhnliche Ideen. Angaben in Prozent. Innovati-
on Navigators, 2009, S. 10.
Den Antworten der 128 Führungskräfte ist zu entnehmen, dass Mitarbeiter in deut-
schen Unternehmen zu 14 Prozent mit negativen Reaktionen auf ausgefallene Ideen
rechnen müssen. 33 Prozent der Angestellten können sich nicht sicher sein, nicht
negativ aufzufallen, falls sie ihre ungewöhnlichen Einfälle kundtun. Dass Kritik beim
Brainstorming untersagt wird, sollte es Mitarbeitern demnach erheblich erleichtern,
ihre Ideen frei zu äußern.
4.1.2 Synektik
Das Wort Synektik kommt aus der griechischen Sprache (synechein) und bedeutet:
,,etwas miteinander verbinden"
53
. Themenunabhängige ,,Reizwörter"
54
werden auf
50
Kneiß, 2006, S. 57.
51
Vgl.: Knieß, 2006, S. 58.
52
Vgl.: Innovation Navigators, Innovationsstudie 2009 (siehe Anhang l), S. 10.
53
Knieß, 2006, S. 107.
54
Knieß, 2006, S. 106.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2012
ISBN (PDF)
9783955497705
ISBN (Paperback)
9783955492700
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Mitarbeitertraining Mitarbeiterschulung Grinberg Methode New Product Development Sport Embodyment

Autor

Steffi Keßler, B.A., wurde 1984 in Berlin geboren. Ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Technik und Wirtschaft schloss die Autorin im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Arts erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen in der Innovations- und New Product Development-Branche. Fasziniert von der aus Israel stammenden Grinberg Methode beschäftigte sich die Autorin mehr als ein Jahr intensiv sowohl theoretisch, als auch praktisch mit der Methode und dessen Besonderheiten. Die Notwendigkeit der Ideen-Kreativität und das Wissen um die Kreativitätsfördernde Wirkung der Grinberg Methode motivierte sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
Zurück

Titel: Der Innovationsprozess der Zukunft: Mit Bewegung mehr Ideen-Kreativität fördern
Cookie-Einstellungen