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Gremien, Gerichte und Wirtschaft: Einflusswege verschiedener Stakeholder und deren Auswirkungen auf Entscheidungsfindungen

©2013 Masterarbeit 89 Seiten

Zusammenfassung

Die multipolaren Anforderungen der heutigen Zeit machen sicheres Entscheiden ebenso schwierig wie genaues Bestimmen dessen, was sein sollte.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Normenfindung in Prinzip, Rechtsstaatlichkeit und betrieblicher Realität. Auf Grundlage der Generalklauseln wie Treu und Glauben und Gute Sitten bestehen Stellschrauben, um Unvorhergesehenes justiziabel und somit planbar für die Wirtschaft zu machen. Die Herangehensweisen der Sozial- und Rechtswissenschaften werden anhand des Vertragswesens und seiner Bedeutung, sowie der Anerkennungstheorie und ihren Anforderungen an das System vom Einzelnen nachvollzogen.
Das erarbeitete Gerüst weist anhand beispielhafter höchstrichterlicher Urteile, sowie durch Beschreibung und Analyse von wirtschaftsethischen Gremien nach, dass die durch die Generalklauseln entstehenden Rechtsrahmen zum Vorteil der Gesellschaft und Wirtschaft durch beide Systeme gestärkt werden.
Grenzen der Einflussnahme werden aufgezeigt, ebenso Prozesse, die Flexibilität ermöglichen, und Felder, in denen die Urteilsbildung aktuell stattfindet.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

1. Einführung

2. Gesellschaft und Jurisprudenz
2.1 Geschichte des Wirtschaftsrechts
2.2 Gegenstand der Wirtschaftsethik
2.3 Gesetze - Spiegel der Gesellschaft
2.4 Kritische Würdigung

3 Wissenschaftliche Grundlage
3.1 Wissenschaftliche Grundlagen und Methoden der Jurisprudenz
3.2 Gesellschaft als Grundlage der Anerkennung
3.3 Sinn und Bedeutung von Generalklauseln
3.4 Kritische Würdigung

4 Generalklauseln
4.1 Bedeutung im Arbeitsrecht
4.1.1 Gute Sitten
4.1.2 Treu und Glauben
4.1.3 Erforderliche Sorgfalt
4.1.4 Wichtiger Grund
4.1.5 Billigkeit
4.1.6 Fahrlässigkeit
4.1.7 Systematik
4.2 Bedeutung für die betriebliche Praxis
4.2.1 Ethische Verpflichtungen
4.2.2 Internationalisierung
4.2.3 Technische Veränderungen
4.3 Kritische Würdigung

5 Normenfindung in der wirtschaftlichen Praxis
5.1 Gremien und Kommissionen
5.1.1 OECD Guidelines for Multinational Enterprises
5.1.2 Bioethik
5.1.3 Selbstkontrolle der Wirtschaft
5.2 Rechtliche Grundlagen der Kommissionen
5.3 Kritische Würdigung

6 Gesellschaft und Diskurs
6.1 Fallbeispiel: Legalisierung der Prostitution
6.2 Fallbeispiel: Vertrauensarbeitszeit
6.3 Kritische Würdigung

7 Ausblick

Anhang: Empirische Daten zu Gremien

Literatur

Gewidmet meinem Lichtstrahl, Vulkan und Ruhepol in einem. Für dich.

Darstellungsverzeichnis

Darstellung 1: Exkurs Grundrechte: Das Indiobeispiel.

Darstellung 2: Kapitelkurzform Gesellschaft und Jurisprudenz.

Darstellung 3: Exkurs Lebenswelt: Mail und Brief.

Darstellung 4: Kapitelkurzform Wissenschaftliche Grundlagen.

Darstellung 5: Exemplarische Aufzählung von Generalklauseln.

Darstellung 6: Exkurs Luftsicherheitsgesetz.

Darstellung 7: Kapitelkurzform Generalklauseln.

Darstellung 8: Phasen des Beschwerdeverfahrens bei der Nationalen Kontaktstelle (NKS).

Darstellung 9: Kapitelkurzform Normenfindung in der wirtschaftlichen Praxis.

Darstellung 10: Kapitelkurzform Gesellschaft und Diskurs.

1. Einführung

Die Akteure der heutigen Wirtschaft unterliegen einer Vielzahl von Einflüssen die von einer Einzelperson nicht mehr zu überschauen sind. Entscheidungen werden zwangsläufig immer stärker zu einer Wahl unter nur verschwommen zu erkennenden Variablen.

Krugman und Obstfeld nennen in der Einführung des Standardwerks Internationale Wirtschaft - Theorie und Politik der Außenwirtschaft als Beispiel für eine solche Fernwirkung einen Finanzeffekt aus den frühen 90er Jahren: "Als die Deutsche Bundesbank beispielsweise im Jahr 1990 die Leitzinsen erhöhte, - um einer möglichen Inflation infolge der Wiedervereinigung entgegenzuwirken -, trug sie dazu bei, im übrigen Westeuropa eine Rezession auf den Weg zu bringen. Unterschiedliche Zielsetzungen der einzelnen Länder führen oft zu Interessenkonflikten." [1]

Durch die stärkere Einbeziehung von Interessengruppen verändert sich auch die Entscheidungsform auf der Führungsebene. Dialog, der nicht nur zur Informationsgewinnung von Entscheidern gereicht, sondern zur Entscheidung selbst beitragen soll, muss anders geführt werden. Kommunikationsstruktur, Zielsetzung und Verantwortungen erhalten anderes Gewicht, der Prozess verläuft unter einer anderen Prämisse.

Flexibilität in der Entscheidung bildet sich auch im juristischen Rahmen ab. Die Balance zwischen Rechtssicherheit - einem sehr relevanten Standortvorteil - und Gestaltungsraum wird durch Möglichkeiten der Einflussnahme ergänzt.

Bereits bei der Konstruktion des bürgerlichen Gesetzes als Grundlage des Vertragswesens wurden Interpretationsrahmen angelegt: Die Generalklauseln, welche über Einflussmöglichkeiten jenseits der Legislative besondere Ausprägung von Rechtsempfinden ermöglichen, sind ein Instrument aus dem Werkzeugkasten des Rechts hierzu.[2]

Das zweite Kapitel betrachtet diesen relevanten Rahmen, gebildet durch die Gesellschaft und vertreten durch die Jurisprudenz. Es verortet das wirtschaftliche Geschehen und zeigt die Vernetzungen zwischen den Themenkomplexen auf.

Das dritte Kapitel beschreibt die wissenschaftlichen Grundlagen der an der Vernetzung beteiligten Disziplinen und umreißt die grundsätzlichen Herangehensweisen, um eine Methodologie als Arbeitsgrundlage des Themas zu ermöglichen. Die Schnittstellen verdienen besondere Beachtung, da eine interdisziplinäre Herangehensweise stets erklärungsbedürftig ist.

Das vierte Kapitel findet den Bezug zum Vertragsrecht unter besonderer Betrachtung des Teilaspekts des Arbeitsrechts. Der praktische Zug des Systems bekommt ein Gesicht verliehen.

Mit der Brücke zwischen der Gesellschaft und der Jurisprudenz wird Normenfindung notwendig. Wie diese erfolgt und welchen Weg die Entscheidungen nehmen, um für wirtschaftliche Prozesse handhabbar zu werden, zeigt Kapitel fünf auf.

Das sechste Kapitel beschreibt die derzeitige Realität. Aktuelle Einsatzfelder und Fallbeispiele sind aufzuzeigen und zu besprechen, um die Überlegungen und die entwickelte Systematik nicht im luftleeren Raum hängen zu lassen. Die Relevanz der Generalklauseln und somit die Ubiquität des Themas werden hergeleitet um im siebten Kapitel in den Ausblick zu münden.

Bei der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches bewiesen die Gesetzgeber eine sehr vorausschauende Sichtweise indem sie entsprechende Interpretationsräume offen ließen. Wie und auf welchen Wegen diese zur Geltung kommen, ist der rote Faden, der durch die Betrachtung führt. Das Ziel ist die optimale Ausnutzung der Werkzeuge, die bereits vorhanden sind im Gegensatz zu immer weiterer Kreation von neuen Instrumentarien.

Wenn das Prinzip des Lean Management in Abkehr von Überregulation gedanklich Eingang in Entscheidungsbereichen Anwendung finden soll, so sind Interpretationsrahmen unumgänglich.

Diese zu eröffnen, zu beschreiben, ihren Sinn zu definieren ist der erste Schritt. Der zweite Schritt skizziert die Normenfindung idealtypisch und klärt empirisch Einsatzfelder.

Ziel der Arbeit ist ein umfassendes Bild der Möglichkeiten der Einflussnahme der Gesellschaft auf wirtschaftliche Prozesse nachzuzeichnen. Normen verändern sich, die Wirtschaft dient der Gesellschaft, die Wirtschaftswissenschaften sind Sozialwissenschaften - die Normen finden ihren Weg in die Welt der Entscheider.

Jedem Entscheider - und dies ist bei stärkerer Teilung der Verantwortung jeder der relevant entscheidet - hilft es, eine Karte zu erhalten, mit deren Hilfe er zwar nicht die Einzelheiten der Ziele erkennen kann, wohl aber Abzweigungen und Wege, die genutzt werden können.

2. Gesellschaft und Jurisprudenz

Die Gesellschaft ist ein häufig genannter Begriff in den Medien und zum Teil auch in der Fachliteratur. Oftmals wird nicht näher definiert, was denn die Gesellschaft eigentlich genau ist. Für die vor uns liegende Betrachtung ist die Aufarbeitung der Frage unumgänglich, denn ich unterstelle nicht nur, dass es eine Gesellschaft in einem sehr genauen Wortsinn gibt, es liegt mir auch daran, beispielhaft aufzuzeigen, in welcher Weise sie auf wirtschaftliche Prozesse Einfluss nehmen kann.

Eine der großen Stellschrauben, die an den Rahmen der Volkwirtschaften gesetzt wird, ist das jeweilige Recht. Das Recht ermöglicht den Vertrag und generell die Wechselbeziehung zwischen handelnden Wirtschaftssubjekten, indem es Sicherheit bietet.

Je klarer die Übereinstimmung dessen, was ein Akteur von einem anderen erwartet ist, desto weniger Bestandteile sind zu regeln. In internationalen Verträgen, wo Verständnisse naturgemäß keiner gemeinsamen Geschichte, Kultur eventuell auch Weltanschauung entspringen, ist es darum deutlich aufwendiger zu klären, worin genau die Erwartungen und Pflichten von Lieferung und Leistung liegen.[3]

Es zeichnet sich in diesen Fällen bereits heute der Hang zur Überregulierung ab. Vertragswerke bibliothekarischen Ausmaßes entstehen und sind für Nicht-Juristen kaum noch durchsichtig. Der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio merkte bei seinem Vortrag im Rahmen der Mercatorprofessur an der Universität Duisburg-Essen diesbezüglich an: "die internationale Zusammenarbeit der Staaten und die entstehende überstaatliche, supranationale Welt führen zu einer immer schwereren Vermittelbarkeit der Entscheidungen, die gemeinschaftlich getroffen werden ." [4]

Gesetze sollen den Verkehr von Individuen untereinander und der Gesellschaft im Sinne der Gesamtheit potenziell Betroffener regeln. Dazu ist notwendig dass sie verstanden werden können, von Bedeutung und aktuell sind.

Die Konstrukteure des Bürgerlichen Gesetzbuches, des Handelsgesetzbuches und der Gesetze des Arbeitsrechts waren sich der Tragweite dieser Aufgabe bewusst und schufen einen entsprechenden Rahmen. Wie di Fabio ausführt, sind

" alle Menschen „vor dem Gesetz“ gleich [...] Das passt genau zu der Vorstellung von zivilrechtlicher Privatautonomie wonach zwei Rechtsubjekte durch übereinstimmende Willenserklärungen eine Rechtsfolge hervorbringen, also einen Vertrag schliessen. Egal, wie ungleich die Vertragssubjekte tatsachlich sind, das formale Bürgerliche Recht geht immer von Gleichheit der Vertragsschließenden aus." [5]

Mit steigender Bedeutung des Individualismus wurden die Einflussquellen stetig vielschichtiger. Die Internationalisierung trug ihr Übriges zur Verkomple­xi­sie­rung der Situation bei. Die Stiftung Neue Verantwortung beschäftigte sich intensiv mit dem Thema und definiert Komplexität wie folgt:

"Komplexe Systeme zeichnen sich durch eine Viel­zahl von unterschiedlichen Elementen aus, die auf vielfältige Weise miteinander verknüpft sind. Diese Elemente und ihre Beziehungen unterliegen dynamischen, von innen oder außen initiierten Veränderungen." [6]

Dieses Kapitel untersucht welche Grundlagen der Rechtsrahmen hat, um ihn auf veränderte Situationen anpassen zu können, ohne eine Neukonzeptionierung zu erfordern, denn die Inklusion neuer Anforderungen ist ständig erforderlich, wie die Praxis zeigt.

2.1 Geschichte des Wirtschaftsrechts

Der Titel des Teils unserer Betrachtung mag auf den ersten Blick verwirrend wirken, denn das Wirtschaftsrecht gibt es nicht. Wohl aber gibt es eine ganze Reihe mit wirtschaftlichen Fragestellungen befasste Gesetze. Relativ klar ist die Zuordnung zum Beispiel beim Handelsgesetzbuch zu treffen: Es ist das Gesetzbuch der Kaufleute und definiert zweckmäßiger Weise umgehend in § 1 HGB was genau ein Kaufmann sei.

Schwieriger wird es bei dem Themenkreis des Arbeitsrechts, denn zwar gibt es Gesetze, die die Arbeit betreffen, ein eigentliches Arbeitsgesetz in abgeschlossener Form gibt es jedoch nicht. Richardi nennt in seinem Vorwort der 79. Auflage der von Beck herausgegebenen Themensammlung Arbeitsgesetze die Liberalisierung und die Industrialisierung im 19. Jahrhundert als Voraussetzungen für das Arbeitsrecht.[7]

Die Gleichheit der Menschen als Grundlage einer humanistischen Neuzeit führte allerdings zu bisher im starren System nicht gekannten Schwierigkeiten. In Deutschland kann der Weberaufstand als besonderes Beispiel der Verelendung unter den beiden in Wechselbeziehung stehenden Größen genannt werden. Heinrich Heines Gedicht ist beispielhaft für die Problematik, die aus der Gesellschaftstransformation resultierte.

Die steigende Produktivität im Zuge der Industrialisierung erzeugte eine enorme Kapitalentwicklung. Die durch Individualität errungene Freiheit ging ebenfalls mit besserer medizinischer Versorgung und somit einer sinkenden Geburten-mortalität und einem generellen Bevölkerungswachstum einher. Dieses führte zu einer problematischen Gemengelage, denn insbesondere die Landbevölkerung, die eben „ihres Glückes Schmied“ werden wollte, drängte in die Städte und sorgte für ein enormes Überangebot an billigen Arbeitskräften.[8]

Arbeit war in der neu erstehenden Gesellschaft allerdings alles, was das Gros der Bevölkerung zu vergeben hatte, somit sahen die Betroffenen ihre Existenz massiv bedroht, was wiederum zu sozialen Unruhen führte. Rechtlich gesehen wurden die alten Abhängigkeiten durch die Vertragsfreiheit geregelt: Niemand zwang ein Individuum eine Arbeit anzunehmen, wenn es sich nicht selbst vertraglich dazu verpflichtete.[9] Wie heute allgemein anerkannt ist, reicht dieses Vertragsrecht prinzipiell nicht aus, um den Anforderungen des Systems gerecht zu werden.

Richardi weist auf die noch immer aktuelle Schwierigkeit der Unübersichtlichkeit und des Vorhandenseins von Rechtslücken hin. Er schlussfolgert: "Das Arbeitsrecht ist deshalb weitgehend Richterrecht. Dennoch führt kein Weg daran vorbei, dass der Richter Recht nicht setzt, sondern anwendet." [10]

Die neue Gesellschaft war eine bürgerliche, ihre Quellen und die Quellen ihrer Kraft waren bürgerlich und ihre Werte waren es ebenso. Der Geist der Aufklärung weht durch die Gesetze "Daraus folgen die großen Institutionen des Rechts: Privatautonomie, Vertragsfreiheit, Schuldstrafrecht, Grundrechte und die politische Freiheit vor allem des Staatsbürgers, also das Wahlrecht, das Recht abzustimmen." [11]

In Anlehnung an das römische Recht unterscheidet sich das Recht in ius publikum (öffentliches Recht) und ius privatum (Privatrecht) welches Freiheiten, Rechte, Pflichten und Risiken der Menschen im Verhältnis zueinander regelt.[12]

Köhler führt dazu aus:

"Das Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Entfaltungsfreiheit und sozialer Gerechtigkeit sachgerecht zu erfassen und zu bewältigen, ist und bleibt das Hauptproblem staatlicher Rechtssetzung und Rechtsprechung auf dem Felde des Privatrechts." [13]

Das Leitbild bei der Gesetzgebung war der "vernünftige, eigenverantwortliche und urteilsfähige Bürger, der [...] möglichst wenigen gesetzlichen Beschränkungen unterliegen soll." [14]

Die Hauptquelle für die oben genannten Grundlagen des Wirtschaftsverkehrs ist demnach auch das Bürgerliche Gesetzbuch, welches am 1. Januar 1900 in Kraft trat.

Zur Definition folgten die Verfasser wie Köhler beschreibt der abstrahierend-generalisierenden Methode, bei der abstrakte Begriffe für "eine unbestimmte Vielzahl von Anwendungsfällen" [15] stehen und diese umfassend abdecken. Die Begriffsinhalte werden nun auf unterschiedlichem Wege festgelegt, entweder das Gesetz bestimmt diese an anderer Stelle, oder es regelt eine Füllung zur Entscheidung im Einzelfall.

Die Methoden dieser Festlegung, der juristischen Durchdringung also, ist nun Aufgabe der Jurisprudenz. Larenz/Canaris schlussfolgern diesbezüglich paradigmatisch:

"Heute wissen wir, daß die meisten Gesetze ihre letzte Ausprägung und damit ihre Anwendbarkeit auf einzelne Fälle erst durch die Konkretisierung in dem andauernden Prozeß der Rechtsprechung erfahren, und daß viele Rechtssätze durch die Rechtsprechung Eingang in das geltende Recht gefunden haben. Rechtsfindung geht jedenfalls nicht in Gesetzesanwendung auf. Diesen Erkenntnissen muß die juristische Methodenlehre Rechnung tragen." [16]

Die stärkste Wertung muss der Richter bei den sogenannten Generalklauseln vornehmen. Hier handelt es sich um Begrifflichkeiten, die der Natur nach stets ausgelegt werden müssen. Dies barg, insbesondere in der Zeit des Nationalsozialismus (NS-Zeit), besondere Gefahren, da Wertungen zwangsläufig nur dann nützlich sind, wenn sie mit Augenmaß getroffen werden. Das Augenmaß der damaligen Richterschaft unterlag natürlich der entsprechenden Ideologie.[17]

Dies war möglich, da der Gesetzgeber, wie eingangs erwähnt, von dem vernunftnutzenden, aufgeklärten Bürger ausging. Dieser ging in der NS-Zeit verloren, was das offen gestaltete Bürgerliche Gesetzbuch durch seinen Definitionsrahmen zu einer Waffe der menschenverachtenden Ideologie machen konnte.

Um solches und ähnliches zu verhindern, ist das Bürgerliche Recht heute an die Verfassung gebunden und von dieser eingefriedet. Insbesondere die Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte spielen eine übergeordnete Rolle und können somit als richtungsweisend betrachtet werden. Sie bilden das Mindestmaß aller Gesetze und Auslegung, die der Staat zu gewährleisten hat.

2.2 Gegenstand der Wirtschaftsethik

Die Wirtschaftsethik als Disziplin erscheint relativ jung. In seinem Werk Theorie des kommunikativen Handelns beschreibt Habermas die Zielsetzung der Ökonomie noch wie folgt:

"Sie war an der Frage interessiert, wie sich die Dynamik des Wirtschaftssystems auf die Ordnungen auswirkte, die die Gesellschaft normativ integrierten. Auch sie befaßt sich heute mit Wirtschaft als einem Teilsystem der Gesellschaft und entlastet sich von Legitimitätsfragen." [18]

Die Gedankenwelt hat sich derzeit in der Ökonomie gewandelt, so dass die Verkürzung auf rein zweckrationale Aspekte vielfach nicht mehr als ausreichend betrachtet werden. Diesbezüglich hat die Wirtschaftswissenschaft eine Reihe von Entscheidungsmöglichkeiten und -prozessen ausdifferenziert, die eine Inklusion des relevanten Umfelds gewährleisten soll.[19]

Der Rahmen dessen was richtig ist, soll durch die Wirtschaftsethik gesetzt sein:

"Wirtschaftsethik umfasst die Summe der Aufgaben und Ziele wirtschaftlichen Handelns sowie der Ordnungen und Regeln, kraft deren die Ökonomie mit den Aufgaben und Zielen einer menschenwürdigen politischen Kultur verkoppelt ist." [20]

Diese Definition lässt zugegeben Fragen offen, vor allem jene, was genau menschenwürdig ist. So philosophisch die Frage anmutet, sie ist von konstitutiver Bedeutung, da die entsprechende Antwort auch wiedergibt, wie die verschiedenen Akteure die Welt sehen und somit auch verschiedene Situationen unterschiedlich beurteilen.

Im Zuge der Internationalisierung kann die Bedeutung dieses Faktors nicht überschätzt werden Immer weniger kann davon ausgegangen werden, dass Grundwerte die dem einen selbstverständlich erscheinen für den anderen bindend sind. Habermas beschreibt dieses Problem folgerichtig:

"Was außerhalb jeden Zweifels steht, erscheint eben so, also könne es niemals problematisch werden; als das schlechthin Unproblematische kann eine Lebenswelt [21] allenfalls zusammenbrechen." [22]

Ähnlich wie bei Einsteins Relativitätstheorie, in deren Nachfolge oft formuliert wurde alles wäre relativ - was völliger Unsinn ist, denn wäre alles relativ gäbe es nichts wozu es relativ sein könnte - muss es zumindest einen Fixpunkt geben, auf dessen Grundlage operiert werden kann.[23] Tiedemann bemerkt dazu:

"Häufig wird der Begriff Naturrecht verwendet, wenn es darum geht, eine gegebene Rechtsordnung an außerrechtlichen moralischen Standards zu messen und zu kritisieren. Eine solche Kritik ist aber eine moralische und keine (natur-) rechtliche." [24]

Die Antwort leitet sich demnach nicht aus beobachtbaren Größen ab, sondern ist eine Frage der Moral, demnach etwas, was sich nicht ohne Umstände mit Zweckrationalität wie sie von Habermas eingangs beschrieben wurde vereinbart.

Dennoch bleibt der Bedarf nach einem Operationspunkt bestehen.

Gemeinhin wird heute die Menschenwürde als Mindestmaß des moralischen Handelns betrachtet und daraus entsprechend Menschenrechte abgeleitet. Allerdings ist hierzu die Frage zu beantworten ob es ein universales kulturunabhängiges Verständnis der Menschenrechte geben kann[25] oder ob sie lediglich ein Effekt dessen sind was Tanner Atmosphäre nennt, diese wäre von der jeweils herrschenden Mentalität abhängig.[26]

Wie dringlich der Klärungsbedarf tatsächlich ist, stellt Wilhelm Korff fest: "Die Entwicklung scheint mit unaufhaltsamer Notwendigkeit zu verlaufen. Wir sind Zeitgenossen einer entstehenden Weltkultur." [27]

Tiedemann entwickelt den Begriff der Menschwürde vor allem am Willen, wenn er sagt:

"Was für das Leben gilt, das gilt überhaupt für alles, was Gegenstand eines Begehrens oder Wollens sein kann - außer dem Wollen selbst. Meine These ist deshalb, dass die Freiheit des Willens für jeden Menschen, der überhaupt etwas wollen kann, ein absoluter Wert ist." [28]

Wir können unter nicht-pathologischen Umständen davon ausgehen, dass jeder Mensch etwas wollen kann. Ob dieser Wert von der Gemeinschaft geteilt wird, ist jedoch eine andere Frage: Es setzt voraus das Werturteile geteilt werden[29], dies ist aber nicht zwingend der Fall.

Aus den bisherigen Betrachtungen lässt sich herleiten, dass Wirtschaftsethik gewährleistet, die Ökonomie derlei zu untersuchen und zu optimieren, wie sie mit Aspekten der Menschenwürde in Berührung kommt. Dies verhindert eine verkürzte Sicht, wie sie von Habermas angeprangert wurde. Wir haben bereits festgestellt, das moralische Urteile Werturteile sind und somit nicht zwingend rational begründbar. Habermas beschreibt Urteile als besonders stark, denen eine intuitive Logik zugrunde liegt, die also im Rahmen der Norm rational bleiben.[30] Wir werden sehen, wie mit diesem Umstand umzugehen ist.

2.3 Gesetze - Spiegel der Gesellschaft

Wie dargelegt, verändern sich die Gesetze mit der Ethik der Gesellschaft, die sie reglementieren. Sie stellen jedoch keine reinen Kinder eines modischen Zeitgeistes dar. Interessanter Weise ist eine Bedeutung des Wortes Mode "Brauch, Sitte zu einem bestimmten Zeitpunkt" [31] . Es ist schwer abzuschätzen wann ein purer Zeitgeist Variationen aufwirft und wann grundlegende Entwicklungen auftreten.

Larenz/Canaris schränken ein:

" Die Kontinuität der Rechtsprechung, das auf ihr beruhende Vertrauen des Bürgers, seine Sache werde nach den Maßstäben entschieden, die bisher galten, ist ein eigener Wert. Nur einem grundlegenden Wandel des allgemeinen Wertbewußtseins darf sich der Ausleger nicht entziehen, vor allem dann nicht, wenn er in neueren Gesetzen Ausdruck gefunden hat oder auf einen breiten Konsens beruht." [32]

Die Autoren geben einen wertvollen Hinweis der beiden abzuwägenden Grundwerte, dem Vertrauen des Bürgers auf die Beständigkeit dessen, was gilt und Aktualität die durch einen breiten Konsens Einzug in das Recht nimmt. Es wird aufzuzeigen sein, wie dies im Einzelnen vor sich geht.

Köhler beschreibt die neuere Rechtsentwicklung vor allem als Bewältigung des technischen und wirtschaftlichen Wandels und dem Schutz des Einzelnen, im Allgemeinen des Verbrauchers.[33] Der Bezug zum Wirtschaftsrecht liegt auf der Hand. Aller Wandel, gleich wie notwendig er erscheint, wird eingeklammert von der Verfassungskonformität, also danach ob er sich im Rahmen der Grundrechte realisieren lässt oder nicht - diese Anforderung wird an jegliches Gesetz und jedes Urteil gestellt und vom Verfassungsgericht überwacht.[34]

Wissmann macht darauf aufmerksam, dass selbst während der NS-Zeit ein unabhängiges Verhalten der Richterschaft für eine rechtmäßiges Verfahren im Unrechtsstaat hinreichend gewesen wäre, wenn die Richter nicht indoktriniert und somit prinzipiell durch Amtsvergabe gleich geschaltet gewesen wären. Bei der aufkeimenden Debatte seinerzeit ob der Nationalsozialismus ein neues Recht benötigen würde, entschied man sich zum Erhalt des Bürgerlichen Gesetzbuches und ideologiekonformen Auslegung durch Generalklauseln.[35]

Teils sind Gesetzesänderungen oder neue Spezialgesetze nötig. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Urheberrecht, welches durch den Einsatz der neuen Medien und der damit einhergehenden Allgegenwart von Raubkopien überarbeitungsbedürftig wurde. Nach einer aktuell aufkommenden Flut von Abmahnungen gegen Täter die nach derzeitigem Recht kriminelle Handlungen begehen, indem sie geschützte Inhalte herunterladen, soll eine Reform der aktuellen Rechtslage gerecht werden. Es ist ein typischer Fall von Aktivität des Gesetzgebers der auf einen neuen Bedarf reagieren muss.[36] Die Schwierigkeiten mit dieser Form von Gesetzen werden uns später noch beschäftigen.

Ein Beispiel für die Anpassung an die neue Realität war das am 26. März 2009 verabschiedete Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG). Nach 20 Jahren wurden Verbesserungen bezüglich der Deregulierung und der Verbesserung der Abschlüsse nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) vorgenommen. Die Aussagekraft sollte insbesondere optimiert werden durch:

- Selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
- Bewertung von Finanzinstrumenten zum Marktwert
- Änderung der Rückstellungsbewertung
- Abschaffung nicht mehr zeitgemäßer Wahlrechte
- Transparenz bezüglich der Zweckgesellschaften
- Weitere, aus EU-rechtlichen Vorgaben resultierende Änderungen[37]

Der Gesetzgeber reagierte auf eine geänderte Realität mit einer Modernisierung der Gesetzgebung. Festzuhalten ist das Ziel der erhöhten Transparenz und die Umsetzung aus EU-Vorgaben. Letzter Punkt deutet in die bereits erwähnte Situation der erhöhten Globalisierung und des internationalen Harmonisierungsbedarf, der daraus resultiert.

Zwei zentrale Säulen stellen die Möglichkeiten der Verbindung zwischen Gesetzgebung und Gesellschaft dar: Fachkommissionen, die in Gremien und Ausschüssen Themen bearbeiten und Empfehlungen geben können oder sogar quasi-gesetzgebend tätig werden und die richterliche Rechtsfortbildung, welche die Auslegung der gegebenen Gesetze unter Einbezug des allgemeinen Verständnisses und der Vernunft vornimmt und somit festlegt, was genau unter einem offenen Sachverhalt im konkreten Fall zu verstehen ist. In diesem Fall legt also der Richter das Gesetz entsprechend aus und führt somit den zweiten relevanten Prozess der Einflussnahme aus.[38] Die Unterschiede der beiden Wege in Systematik und Praxis werden später aufgezeigt.

2.4 Kritische Würdigung

Der Gedanke der Menschenwürde ist sowohl für die Gesetzgebung als auch für die Ethik Quelle und Leitbild gleichermaßen und somit in der Wurzel deren Schnittstelle. Ihre Definition bereitet jedoch einige Schwierigkeiten.

Was genau Menschenwürde ist, ist umstritten. Im Weiteren habe ich mich entschieden der Ausführung von Tiedemann zu folgen. Bezugnehmend auf Ergebnisse der Sozial- und Entwicklungspsychologie nimmt er Hinweise daraufhin wahr, dass

"die Erfahrung der Authentizität und damit die Personwerdung des Individuums aus einem Kommunikationsprozess hervorgehen, in dem sich das Kind selbst in dem Maße als authentisch erfahren kann als es auch seine Bezugspersonen als authentisch erfährt." [39] Die eigene Authentizität wird also als zentral betrachtet, würde jedoch jeder nur seinem Sinnen folgen, wäre der Effekt Anarchie. Das Problem ist, das dieses Recht nach westlicher Auffassung a priori jeglicher Person zukommt, ganz gleich ob sie sich dessen bewusst ist oder nicht. Wenn ein Mensch sich dessen nicht bewusst ist, liegt es nach Tiedemann nur daran, das er bisher nicht als authentische Person anerkannt worden ist.[40]

Im Weiteren wird zwar vorausgesetzt, dass den Menschrechten auch Menschenpflichten gegenüberstehen, da sie ebenso Bestandteil der Menschenwürde und somit untrennbar mit dieser verbunden sind[41], aber aberkennen kann man die Menschwürden nicht, da man sie sich auch nicht verdienen kann. (Dar. 1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Betrachtungen ha­ben Auswirkungen auf die staatliche und wirtschaftliche Realität. Di Fabio stellt dahingehend fest:

"Der freie Mensch er­kennt jeden Menschen als zur Gattung gehörig und achtet ihn als Gattungszugehörigen, als einer Gattung zugehörig, die zur Freiheit befähigt ist." [42] Im Weiteren nimmt di Fabio nun den Staat in die Pflicht in dem er fest­stellt es gäbe einen ele­men­taren Unterschied zwi­schen gewährt und gewährleisten. Gewährleisten ist die Pflicht des Staates gewähren kann er die Freiheit nicht, denn sie ist Bestandteil des Menschen im Menschbild westlicher Denkart nach der Aufklärung.[43]

Diese Aspekte machen nachdenklich, sie schränken die Bewegungsfreiheit der Ausgestaltung von Gesetzen und Ethik deutlich ein und sie geben einen Hinweis auf die von Habermas erwähnten intuitiven Werturteile.

Di Fabio leitet überzeugend her, das der im Westen landläufige Begriff der Frei­heit etwas spezifisch europäisch-kulturelles ist. Er zitiert Pico della Mirandola mit den Worten "Ein heiliger Ehrgeiz dringe in unsere Seele, daß wir nicht zufrieden mit dem Mittelmäßigen, nach dem höchsten verlangen und uns mit ganzer Kraft bemühen, es zu erreichen - denn wir können es wenn wir wollen." was dieser im 15. Jahrhundert niederschrieb.[44]

Wenn die moralische Setzung der Freiheit, gleichsam Grundlage der Menschenrechte, sozusagen zur kulturellen DNA des Westens gehört, kann nicht unumwunden davon ausgegangen werden, dass andere Kulturen dies ebenso sehen.

Die Freiheit ist allerdings nicht das Einzige was aus dem Zitat zu entnehmen ist, auch das Streben nach Wachstum scheint hier bereits vorbezeichnet. In diesem Zusammenhang wirft Hilge Landweer die Frage auf ob

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

"der beinah ungebremste Wille zum Verfügen, eine besondere Art von angestrebter Verfügungsmacht also, vielleicht doch lediglich die westlichen Industrienationen charakterisiert und damit als kulturspezifisch bezeichnet werden müsste?" [45]

3 Wissenschaftliche Grundlage

Mit Habermas stellten wir bereits fest, dass die Wirtschaftswissenschaften, zumindest Mitte der 80er Jahre stark auf Zweckrationalität verkürzt waren. Rationalitätsorientiertes Verhalten attestiert er ebenfalls den anderen Sozialwissenschaften als welche er, Parsons folgend, Ökonomie, Politikwissenschaft, Kulturanthropologie und die Soziologie beschreibt.[46]

Die Soziologie erhält in seiner Ausführung eine besondere Position, da sie vor allem, aus der bürgerlichen Gesellschaft entstanden, Krisen und Fehlleistungen zu erklären habe. Ohne weiter auf die Besonderheiten dieses Fachs einzugehen ist für uns von besonderem Interesse, dass Habermas bemerkenswert findet, wie sich die Soziologie von der Zweckrationalität befreit und somit über den sprichwörtlichen Tellerrand hinwegzusehen vermag.[47]

Das Verhältnis von Jurisprudenz und Gesellschaft aufzuzeichnen unter dem Aspekt der oben definierten Ethik, kann durch verschiedene Ansätze unternommen werden. In diesem Kapitel werden wir den Rahmen erarbeiten, der für unsere Untersuchung gelten soll.

Brotbeck beschäftigt sich mit der Integration von Menschenbilder in die Wirtschaftslehre. Die Marx´sche Theorie erhält teilweise Renaissance durch die Finanzkrise(n)[48] der letzten Jahre. Homan liefert eine wirtschaftsbezogene Ethik. Ebenso Ulrich mit dem integrativ wirtschaftsethischen Ansatz, um nur einige zu nennen. Im Bereich des Rechts hingegen stellt sich die Frage vor allem, wie weich die Gesetzeslage mit dem Einfluss der Gesellschaft umgehen soll, was sie zu inkludieren hat und was flüchtiger Zeitgeist ist. Die Meinungen spalten sich vor allem in die Frage, ob der historische Wille des Gesetzgebers von Relevanz ist, oder die Anpassung an aktuelle Gegebenheiten.[49]

Wir suchen den Ansatz der dem Menschen am nächsten kommt, wir untersuchen Ethik, Entscheidungen und Menschlichkeit. Ein solcher Ansatz scheint vor allem im Dialog der Systeme zu finden zu sein, Feyerabend bemerkt zum etwaigen Vorwurf der Unschärfe:

"Ich weiß, >>Menschlichkeit<< ist ein sehr unklarer Begriff aber man kann ihn erklären. Und da frage ich, was ist besser: ein Dasein als ein nicht zu kluger, aber auch nicht zu dummer Alltagsmensch mit der Fähigkeit zu Liebe, Trauer, Sympathie oder ein Dasein als Superwissenschaftler mit dem Gefühlsleben einer Bettwanze?" [50]

3.1 Wissenschaftliche Grundlagen und Methoden der Jurisprudenz

Die Aufgabe des Rechts ist die Bildung eines ordnenden Rahmens. Problematisch wird die Aufgabe dadurch, dass es sich zwangsläufig um Werturteile handelt, eine wirklich objektive Sicht der Dinge ist somit unmöglich.[51] Es bleibt die Technik der Hermeneutik, der Lehre vom Verstehen, die Larenz/Canaris als von "großer Bedeutung, wenn auch nicht allein ausschlaggebend" [52] bezeichnen.

Die Autoren sehen die Aufgabe der Jurisprudenz nicht nur in der Auslegung der vorhandenen Gesetze, sondern ebenso in

"der "Lückenergänzung" und der Anpassung an veränderte Situationen; ferner aus dem mit zunehmender Komplexität wachsenden Bedürfnis nach Übersichtlichkeit und nach einer Abstimmung der Normen untereinander." [53]

Alles umfassend ist die Wertentscheidung in Bezug auf die rechtethischen Prinzipien im Verfassungsrang: Würde des Menschen (Art. 1 GG), persönlicher Freiraum (Art. 2, 4, 5, 8, 9, 11, 12 GG), der Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 2 und 3 GG), Rechtsstaatsgedanke ( Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG), parlamen-tarische Demokratie und Sozialstaatsgedanke (Abschnitt über Rechtsprechung). Diese Grenzmarkierungen zeichnen ab, in welchem Rahmen sich Rechtsprechung und Gesetzgebung bewegen darf.[54]

[...]


[1] Krugman/Obstfeld(2009), S. 32 f.

[2] Vgl. Larenz/Canaris(1995), S. 133 ff.

[3] Handelsblatt 22./23./24. Juni 2012, S. 55.

[4] di Fabio(2011), S. 49.

[5] di Fabio(2011), S. 15.

[6] Stiftung Neue Verantwortung(2012), S. 1.

[7] Richardi(2011), S. XIV.

[8] Vgl. Hering/Münchmeier(2007), S. 19 ff.

[9] Richardi(2011), S. XIV.

[10] Richardi(2011), S. XVIII.

[11] di Fabio(2011), S. 35 f.

[12] Köhler(2007), S. IX.

[13] Ebenda, S. XI.

[14] Köhler(2007), S. IX.

[15] Ebenda, S. XIV.

[16] Larenz/Canaris(1995), S. 8.

[17] Köhler(2007), S. XIV und S. XXII.

[18] Habermas(1995 a), S. 19.

[19] Vgl. Mamerow(2012), S. 45 ff.

[20] Korff(1999), S. 21.

[21] Zur Definition meines Begriffs der Lebenswelt vgl. Mamerow(2012), S. 7 ff.

[22] Habermas(1995 b), S. 589.

[23] Vgl. Einstein bei Holton(1995): S. 132.

[24] Tiedemann(2006), S. 174.

[25] Tiedemann(2006), S. 12.

[26] Tanner(2004), S. 66 f.

[27] Korff(1999), S. 22.

[28] Tiedemann(2006), S. 85.

[29] Ebenda, S. 96.

[30] Habermas(1995 a), S. 40.

[31] Duden Band 5(2007), S. 668.

[32] Larenz/Canaris(1995), S. 8.

[33] Köhler(2007), S. XXVI.

[34] Ebenda, S. XXIV.

[35] Wissmann(2008), S. 95 ff.

[36] Financial Times Deutschland(2012).

[37] Bundesministerium der Justiz(2009).

[38] Larenz/Canaris(1995), S. 187.

[39] Tiedemann(2006), S. 98.

[40] Ebenda, S. 101.

[41] Ebenda, S. 171.

[42] di Fabio(2011), S. 39.

[43] Ebenda, S. 41.

[44] Ebenda, S. 38.

[45] Landweer(2012), S. 182.

[46] Habermas(1995 a), S. 19 ff.

[47] Habermas(1995 a), S. 21.

[48] Die Finanzkrise seit 2009 als eine einzige zu bezeichnen wird ihr eigentlich nicht gerecht, da es sich um viele getrennte Aspekte handelt, auch wenn die Interdependenz außer Frage steht.

[49] Larenz/Canaris(1995), S. 251.

[50] Feyerabend(1986), S. 103.

[51] Larenz/Canaris(1995), S. 7.

[52] Ebenda, S. 9.

[53] Ebenda, S. 55.

[54] Ebenda, S. 160.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783955498177
ISBN (Paperback)
9783955493172
Dateigröße
351 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Erscheinungsdatum
2014 (März)
Note
1,7
Schlagworte
Wirtschaftsethik Wirtschaftsrecht Generalklausel Rechtsbegriff Freiheit Eigenverantwortung Paternalismus

Autor

Simon Mamerow, M.A., wurde 1979 in Berlin-Kreuzberg geboren. Nach seiner Ausbildung als Chemisch-Technischer-Assistent und einer entsprechenden Zivildiensttätigkeit in der Berliner Charité war er in verschiedenen Bereichen der Werbung- und Kommunikationsbranche tätig. Simon Mamerow nahm 2007 das Studium der Betriebswirtschaftslehre auf und vertiefte die Schwerpunkte Operations Management und Marketing. Durch umfassende gesellschaftswissenschaftliche Fragestellungen arbeitete er sich intensiv in die Gebiete der Wissenschaftstheorie und der kritischen Theorie ein. Während des Masterstudium des Arbeits- und Personalmanagements vertiefte er die gesellschaftstheoretischen Fragestellungen und sortierte sie in den Rahmen des Arbeitsrechts und der Anforderungen der Gesellschaft an das arbeitende Individuum ein. Seit Abschluss des Master of Arts ist Simon Mamerow als Freiberufler und Dozent tätig. Während dieser Tätigkeit war er schon für die Hochschule für Technik und Wirtschaft, das Zentrum für Lehrerbildung der Freien Universität Berlin und das Universitätsklinikum Halle-Wittenberg tätig. Derzeit forscht der Autor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft und arbeitet im Zusammenhang mit dem Institut für historische Anthropologie der Freien Universität an anthropologischen Fragestellungen des Arbeitslebens.
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Titel: Gremien, Gerichte und Wirtschaft: Einflusswege verschiedener Stakeholder und deren Auswirkungen auf Entscheidungsfindungen
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