Olympe de Gouges und die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin 1791: Studien zur Darstellung und Rezeption der französischen Revolutionärin und Schriftstellerin
Zusammenfassung
(Artikel 1 der Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin 1791 von Olympe de Gouges)
Im Zuge des 200-jährigen Jubiläums der Französischen Revolution rückte insbesondere die Geschichte der Frauen in der Revolution in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses. Zu ihren wichtigsten Vertreterinnen zählt die Schriftstellerin Olympe de Gouges mit ihrer Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin von 1791, die sie als ‘Ahnfrau des Feminismus’ erkennen lässt.
Die vorliegende Studie zeigt neun Bilder der französischen Revolutionärin, die sich aus der Untersuchung ihrer unterschiedenen Darstellung und Rezeption ergaben, von Jules Michelet bis zu Internetartikeln von heute.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
2. Die Rezeption Olympe de Gouges’ in der deutschen Frauen-bewegung um 1900
Olympe de Gouges war den Vertreterinnen der deutschen Frauenbewegung um die Wende zum 20. Jahrhundert bekannt als Verfasserin der Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin, wie die beiden folgenden Werke belegen.
Helene Lange (1848-1930)[1] und Gertrud Bäumer (1873-1954)[2], Vertreterinnen der bürgerlich-gemäßigten Frauenbewegung, veröffentlichten 1901 ihr vier-bändiges Handbuch der Frauenbewegung [3] mit dem Ziel eine grundlegende und verständliche Übersicht zur Frauenfrage zur Verfügung zu stellen, die Arbeit, Ziele, Geschichte, kulturelle Zusammenhänge und Erfolge der Frauenbewegung gesammelt darstellt. So sollte das Handbuch den vielen in- und außerhalb der Bewegung stehenden Frauen sowie den fernerstehenden Männern eine Orientierungshilfe bieten, um die großen Ziele der Frauenbewegung zu erreichen. Gleichzeitig sollte es den Gegnern der Frauenbewegung, die noch fragten, ob es eine solche überhaupt geben dürfe, der Beweis für ihre Existenz sein.[4] Der erste Band dokumentiert die Geschichte der Frauenbewegung in den Kulturländern. In der Einführung zur „Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland“ vermerkt Gertrud Bäumer, dass auf der Grundlage der Französischen Revolution zum ersten Mal die Forderung des Menschenrechts für die Frauen gestellt wurde, sie nimmt hier jedoch keinen konkret Bezug auf Olympe de Gouges.[5]
In ihrem Beitrag „Die Geschichte der Frauenbewegung in Frankreich“ berichtet Anna Pappritz: „Als Frankreich im Jahre 1789 […] die Menschenrechte proklamierte, machten auch die Frauen ihren Anspruch an diesen Rechten geltend. […] Olympe de Gouges ergänzte die „Déclaration des droits de l’homme“, indem sie in demselben Jahr der Königin Marie Antoinette die „Déclaration des droits de la femme“ überreichte. «Das Gesetzt» – schrieb sie – «soll der Ausdruck des gesamten Volkswillen sein.»“[6] Gleichzeitig weist ihr die Autorin eine führende Stellung in den revolutionären Frauenclubs zu. Ihre Angaben stützt Pappritz insbesondere auf die ein Jahr zuvor erschienene Studie Trois Femmes de la Révolution: Olympe de Gouges, Théroigne de Méricourt, Rose Lacombe [7] von Léopold Lacour. Weitere Erklärungen zum Inhalt der Deklaration oder Textauszüge sind nicht hinzugefügt. Vielmehr rückt die Schrift Sur l’admission des femmes au droit de cité [8] von Antoine de Condorcet in den Vordergrund. Margarete Wolters und Clara Sutor, die 1979 eine kommentierte Auswahl der politischen Schriften von Olympe de Gouges[9] veröffentlichten, gehen in ihrer Übersicht zum Stand der Forschung davon aus, dass die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin nicht als Vorlage für das eigene Programm der bürgerlichen Gruppe der deutschen Frauenbewegung gedient hat, da ihnen der Inhalt möglicherweise nicht bekannt war oder die Protagonistin Olympe de Gouges von ihnen nicht als Angehörige der eigenen Klasse betrachtet wurde.[10]
Für die Sozialistin Lily Braun (1865-1916)[11], eine Vertreterin der sozialistischen Frauenbewegung, war hingegen das Auftreten von Olympe de Gouges „epochemachend“[12], denn in ihr erkennt sie „die erste Organisatorin und Agitatorin der Frauenbewegung“[13]. Ebenfalls 1901 erschien ihre Schrift Die Frauenfrage. Ihre geschichtliche Entwicklung und ihre wirtschaftliche Seite [14] in der Absicht die Frauenfrage in ihrem ganzen Umfang darzustellen. So schildert sie zunächst die geschichtliche Entwicklung der Frauenfrage und der Frauenbewegung von den ältesten Zeiten bis zum 19. Jahrhundert und behandelt dann in einem großen zweiten Teil die wirtschaftliche Seite der Frauenfrage. Denn in der erdrückenden wirtschaftlichen Lage der Frau erkennt die Autorin das Grundübel der Frauenfrage, die somit zum Bestandteil der sozialen Frage wird und die es zu lösen gilt. Ein zweiter Band, der die zivilrechtliche und öffentliche Stellung der Frau und die psychologische und ethische Seite der Frauenfrage zum Gegenstand haben sollte, kam nicht mehr zustande.[15]
Im fünften Kapitel „Die Frauen im Zeitalter der Revolution“ sind Olympe de Gouges fünf Seiten gewidmet. Die biographischen Angaben stützt die Autorin u. a. auf Jules Michelets Les Femmes de la Révolution und übernimmt hier auch unkritisch seine Aussagen über ihre überschäumende Phantasie und ihre geringe Bildung[16]. Als Gründerin erster politischer Frauenvereine habe Olympe de Gouges „die vereinzelten Kämpferinnen für Frauenrechte [vereinigt], um ihrem Vorgehen größeren Nachdruck zu verleihen.“[17] Ihr „Manifest, die Erklärung der Rechte der Frauen“ enthalte „in kurzen kräftigen Zügen das Programm der Frauenbewegung“.[18] Nach Lily Braun ist es das große Verdienst der Französin „die Frauenbewegung zuerst organisiert und zu einem beachtenswerten Faktor im öffentlichen Leben gemacht zu haben“, so dass die Frauenbewegung zu Recht „stolz auf ihre Vorkämpferin“ sein dürfe.[19] Gestützt auf den 1840 erschienenen Band Les Femmes célèbres de 1789 à 1975 et leur influence dans la Révolution [20] von E. Lairtulliers gibt sie hier den Text der Deklaration wieder. Allerdings weicht sie in ihrer Übersetzung wohl bewusst an für sie entscheidender Stelle ab. So heißt es beispielsweise bei Lairtuiller zu Artikel 1: „La femme naît libre et demeure égale à l’homme en droits. Les distinctions sociales ne peuvent être fondée que sur l’utilité commune.”[21] Lily Braun übernimmt nur den ersten Teil und veränderte ihn: „Die Frau ist frei geboren und von Rechtswegen dem Manne gleich.“ So präsentiert sie dem Leser eine der wichtigsten Aussagen der Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin in prägnanter und aussagekräftiger Form. Auch das Nachwort der Deklaration ist stark verändert: „Erwacht, ihr Frauen! […] Vereint euch […]. Und bald werdet ihr sehen, wie die Männer […], stolz darauf, die ewigen Rechte der Menschheit mit euch zu teilen, Hand in Hand mit euch gehen.“[22] Die ursprünglich frauenspezifischen Elemente sind verschwunden, nach Margarete Wolters und Clara Sutor erweckt die Schrift vielmehr den Anschein, als handle es sich um einen Aufruf an Männer wie Frauen gemeinsam für ihre Rechte im Staat zu kämpfen[23]. Somit setzt Lily Braun Olympe de Gouges als wichtige Ahnin der Frauenbewegung bewusst für eine sozialistische Lösung der Frauenfrage ein.[24]
3. Die Wiederentdeckung der Deklaration 1977
In Deutschland erfährt die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin von Olympe de Gouges 1977 eine erste ausführliche Würdigung durch die feministische Politikwissenschaftlerin Hannelore Schröder. Zum ersten Mal wird die gesamte Schrift Die Rechte der Frau von 1791 unter dem Titel Zur politischen Theorie des Feminismus. Die Deklaration der Rechte der Frau und Bürgerin von 1791 [25] an „unübersehbarer Stelle“ in der wissenschaftlichen Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte zur Wochenzeitung Das Parlament (Bonn 3.12.1977) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.[26] Das Dokument selbst wurde von Theresia Sauter ins Deutsche übertragen und ist eingebunden in einen sozial-wissenschaftlichen Kommentar[27], der auch die Biographie der Verfasserin umfasst. Die Beweggründe Hannelore Schröders sind vielschichtig, jedoch nicht immer unproblematisch und müssen vor dem Hintergrund ihrer eigenen Biographie und ihres Forschungsschwerpunktes betrachtet werden.[28] Sie selbst nennt dieses Gebiet „Patriarchalismus-Forschung“: Es umfasst die Rekonstruktion nicht tradierter historisch-feministischer Gesellschaftstheorien als Gegenentwurf zu den dominierenden patriarchal-bürgerlichen Ideologien[29] und bedeutet im Wesentlichen eine radikale Kritik am ihrer Meinung nach bis heute vorherrschenden Patriarchat. Bereits 1972 entdeckte Hannelore Schröder das politische Hauptwerk Olympe de Gouges’ in der Bibliothèque Nationale in Paris und machte es fortan zum Gegenstand ihrer wissenschaftlichen Arbeit.[30] Für ihre Forschung erhielt sie nicht die von ihr erhoffte Würdigung, vielmehr folgte 1978 ein Berufsverbot in Deutschland und die Emigration in die Niederlande.[31]
Die mit der Erstveröffentlichung verfolgten Ziele lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1) Im Zuge der „neuen“ Frauenbewegung der 1950er und 60er Jahre[32] wandten sich einige Wissenschaftlerinnen, insbesondere in den USA, der bisher unbeachtet gebliebenen Geschichte der Frauen und der Frauenbewegung zu. Die Entdeckung, dass Frauen nicht nur Objekte der Geschichte, sondern auch protestierende Subjekte waren, sei für das Selbstbewusstsein, die politische Theorie und die Praxis der aktuellen politischen Bewegung bedeutend. Die Beschäftigung mit der wiederentdeckten Erklärung ermögliche einerseits die Rekonstruktion der Ideengeschichte der Frauen-Emanzipation und sei Beweis für den historischen Kampf um bürgerlich-demokratische Rechte für das weibliche Volk. Dies wirke sich andererseits identitätsstiftend für die bisher in historischer und politischer Bewusstlosigkeit lebenden Frauen aus und diene der Verwirklichung der Ziele in der aktuellen Bewegung.[33]
2) Gleichzeitig übt Hannelore Schröder scharfe Kritik an der, ihrer Meinung nach, bewussten Auslassung („Totschweigen“) der Geschichte der Frauen durch die etablierten Wissenschaften und die offizielle Geschichtsschreibung, die sich noch heute fortsetze, indem sie die Arbeitsergebnisse weiblicher Wissenschaftlerinnen völlig ignoriere: „Die Arroganz der patriarchalen Macht sieht nur sich selbst.“ Ihre Veröffentlichung begreife sich als Beitrag zur Korrektur dieses patriarchalen Geschichtsbildes.[34]
3) So richtet sie an Wissenschaftlerinnen aller Disziplinen den Appell die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin von Olympe de Gouges zum Gegenstand der Frauenforschung und zum festen Bestandteil der akademischen Lehre zu machen und diesem historischen Dokument und seiner Verfasserin somit die verdiente Würdigung zuteilwerden zu lassen.[35]
4) Bewusst nutzt Hannelore Schröder die Deklaration Olympe de Gouges’ auch als Grundlage für ihre Kritik am, ihrer Meinung nach, bestehenden patriarchalen (Rechts)Staat[36]: „[D]ie patriarchale Gesellschaft hat auch heute noch nicht die Absicht, Frauen uneingeschränkte Menschen- und Bürgerrechte zuzugestehen.“[37]
1979 veröffentlichten Margarete Wolters und Clara Sutor eine kommentierte Auswahl der politischen Schriften Olympe de Gouges’ in französischer Sprache[38] mit dem Ziel eine weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit der Publizistin der Revolutionszeit anzuregen und insofern auch die Thesen Hannelore Schröders kritisch zu überprüfen[39]. Die Autorinnen selbst setzen sich ausführlich in ihrem Vorwort und in ihrer Übersicht über die bisherige Rezeption Olympe de Gouges’ in der deutschen und französischen Literatur kritisch mit den Ansichten Hannelore Schröders auseinander.
Um einem erneuten Vergessen der Deklaration und seiner Verfasserin entgegenzuwirken, ihnen die verdiente Würdigung und eine breitere öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen und somit auch der wissenschaftlichen Forschung neue Impulse zu geben[40], folgten in den kommenden Jahren zahlreiche weitere Publikationen von Hannelore Schröder, wie beispielsweise: Die Frau ist frei geboren. Texte zur Frauenemanzipation[41], in 2 Bänden von 1979/1980, The Declaration of Human and Civil Rights for Women (1791) by Olympe de Gouges[42], veröffentlicht 1989 in der Zeitschrift History of European Ideas und der Beitrag Olympe de Gouges[43] im Philosophinnen-Lexikon von 1994. Zugleich nimmt ihre Kritik am vermeintlich vorherrschenden Patriarchat, bei der sie sich stets auf die Deklaration Olympe de Gouges’ stützt, immer schärfere Formen an. Genannt werden sollen hier die Aufsätze: Menschenrechte – auch für weibliche Menschen?[44], 1980 erschienen in der Zeitschrift für Didaktik, sowie 1791-1991: Zweihundert Jahre „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ versus 1789-…: Schändung von Menschenrechten der weiblichen Menschheit [45], 1992 veröffentlicht in der Zeitschrift für Ethik und Sozialwissenschaft. Hier betont sie, dass die 1789 postulierten Menschenrechte bisher keine entsprechende Anwendung auf die Frauen fänden, die Revolution für sie nicht stattgefunden habe und eine öffentliche Kritik hiergegen nicht zu erkennen sei.[46] Insofern spricht sie von einer fortgesetzten Ideologie und Politik der „Schändung“ von Menschenrechten der weiblichen Menschheit, die sich selbst in der Universal Declaration of Human Rights der Vereinten Nationen von 1948 fortsetze. Allein die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin könne als universale Erklärung von Menschrechten für Frauen und Männer gelten.[47]
1995 ist es Hannelore Schröder ein wichtiges Anliegen mit Olympe de Gouges – Mensch und Bürgerin. „Die Rechte der Frau“ (1791)[48] nochmals eine umfassende Monographie herauszugeben. Hier nutzt sie insbesondere auch die Möglichkeit ihre eigene Arbeit und ihre Verdienste entsprechend zu würdigen und übt heftige Kritik an jenen Wissenschaftlerinnen, die ihr eine solche bisher versagten und sich von ihr distanzierten.[49]
4. Olivier Blancs Biographie der Olympe de Gouges 1981
Eine erste wissenschaftliche Biographie zu Olympe de Gouges wurde 1981 von dem französischen Historiker Olivier Blanc in Frankreich veröffentlicht. Sein großes Verdienst ist es erstmalig eine umfassende und verlässliche Studie zur historischen Person der Olympe de Gouges vorgelegt zu haben, die alle Aspekte ihres Lebens und Wirkens unvoreingenommen betrachtet. Seine Monographie Olympe de Gouges [50] beruht auf einer intensiven Beschäftigung mit bisher unveröffentlichtem Quellenmaterial, das der Autor in ihrer Geburtsstadt Montauban, in den Pariser Notariatsakten, die über ihre Einkünfte und Lieben Auskunft geben, in den Archiven der Comédie Française, die von den Auseinandersetzungen mit den Schauspielern zu berichten wissen, und in den Bibliotheken der diversen Versammlungen und Gremien, die ihre Petitionen und Streitschriften enthalten, zusammentragen konnte.[51] So gelingt es ihm ein facettenreiches Bild der Revolutionärin und Schriftstellerin wiederzugeben, das die meist einseitige und negative Sichtweise des 19. und frühen 20. Jahrhunderts korrigiert und zugleich die Protagonistin nicht in feministischer Weise verklärt. Weit über die Grenzen Frankreichs hinaus habe seine Arbeit somit ein breites, insbesondere akademisches Interesse an Olympe de Gouges und ihrem politischen sowie literarischen Œuvre initiiert[52] und sollte der weiteren wissenschaftlichen Beschäftigung fortan als Grundlage dienen. Im Zuge des Bicentenaire stellte Sabine Oppolzer-Ohnmacht 1989 eine Übersetzung in deutscher Sprache zur Verfügung.[53]
„Marie-Olympe Gouze dite de Gouges est un des personnages les plus attachants qui se puisse rencontrer dans le cours de la sombre histoire politique de la Révolution française.“[54] Lebendig und spannend zu lesen schildert der Autor die Lebensgeschichte der Olympe de Gouges: ihre Kindheit in Montauban, ihre erste Zeit in Paris als femme galante, ihr Wandel zur femme de lettres, die literarisch Kritik an der Gesellschaft übt („L’esclavage des Noires“), ihr Erscheinen auf der politischen Bühne als patriotische Schriftstellerin und Revolutionärin („La vestale de la République“), die Verteidigung des Königs („La tête du roi“), ihre eigene Verhaftung, der Prozess und die Hinrichtung am 3. November 1793 („Le couperet“) sowie ihre Wirkung auf die Zeitgenossen („Pierre Aubry“). Das zehnte Kapitel ist ihrer Schrift Die Rechte der Frauen gewidmet, das Dokument selbst ist nicht beigefügt. In der Einleitung hierzu heißt es: „Ce qu’Olympe de Gouges a dit et écrit en faveur des femmes est l’expression de son existence propre […]. Marginale par ses origines mais aussi dans sa manière de vivre, intelligente, elle démêle l’imbroglio du malheur que fait penser le pouvoir, et tend à révéler la cause des pauvres, celle des Noirs et, bien au-delà de son cas personnel, celle des femmes.“[55] Zugleich präsentiert der Autor erstmals eine kritische Bibliographie ihres gesamten politischen und literarischen Werks (Romane, Theaterstücke, revolutionäre Pamphlete, Zeitungsartikel) und eine kommentierte Übersicht der bisherigen Rezeptionsgeschichte. Hier sind insbesondere zu nennen: Restif de la Bretonne[56], E. Lairtullier[57], Jules Michelets, Charles Monselet und Les Oubliés et les dédaignés [58], H. A. Wallon[59], Léopold Lacour[60], Édouard Forestié[61] sowie Alfred Guillois und seine Étude médio-psychologique sur Olympe de Gouges [62]. Mehrere zeitgenössische Darstellungen in der Mitte des Bandes runden seine Arbeit ab.
Im Rahmen des Bicentenaire wurde die Studie 1989 neu aufgelegt, 2003 erschien der Band teilweise überarbeitet mit dem erweiterten Titel Marie-Olympe de Gouges. Une humaniste à la fin du XVIIIe siècle [63]. Die Bilddokumentation ist hier auf 14 Seiten erweitert und umfasst auch Aufnahmen von Originalschauplätzen wie etwa ihrer Gefängniszelle. Insbesondere fällt jedoch auf, dass ihre Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin nun nicht mehr als eigenes Kapitel geführt wird, sondern in die weitere Darstellung integriert ist. Eine Erklärung hierfür ließ sich nicht finden. Zahlreiche weitere Arbeiten Olivier Blancs sind der französischen Revolutionärin gewidmet, so veröffentlichte beispielsweise die Côté-Femmes 1993 in Paris seine kritische Edition der politischer Texte der Olympe de Gouges in zwei Bänden[64].
In Deutschland sind 1992 bzw. 1993 mit Olympe de Gouges 1748-1793. Kurtisane und Kämpferin für die Rechte der Frau [65] von Paul Noack und »Ein Feuer brennt in mir«. Die Lebensgeschichte der Olympe de Gouges [66] von Lottemi Doormann zwei Biographien erschienen, die sich auf die Studie von Olivier Blanc stützen, jedoch ein eher abenteuerlich-romantisches Bild von Olympe de Gouges wiedergeben. Besonders erwähnenswert sind hier die Darstellung ihrer Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin sowie das zusammenfassende Nachwort von Marieluise Christadler in der Arbeit von Paul Noack.
[...]
[1] Siehe hierzu Gerhard, Ute/ Pommerenke, Petra/ Wischermann, Ulla: Klassikerinnen feministischer Theorie. Grundlagentexte, Band I (1789-1919), Königstein/Taunus 2008, S. 210-227 sowie Gerhard, Ute: Frauenbewegung und Feminismus. Eine Geschichte seit 1789, München 2009, S. 62f.
[2] Siehe Gerhard, Klassikerinnen feministischer Theorie, S. 289-306.
[3] Lange, Helene/ Bäumer, Gertrud: Handbuch der Frauenbewegung, Teil I: Die Geschichte der Frauenbewegung in den Kulturländern [Erstdruck Berlin 1901], Weinheim und Basel 1980.
[4] Vgl. ebd., S. V-X.
[5] Vgl. ebd., S. 7.
[6] Ebd., S. 363.
[7] Lacour, Léopold: Trois Femmes de la Révolution: Olympe de Gouges, Théroigne de Méricourt, Rose Lacombe, Paris 1900.
Durch den Zugang zu ihren Manuskripten gestaltet sich in Frankreich zum Ende des 19. Jahrhunderts die Beschäftigung mit Olympe de Gouges neu. Léopold Lacour geht hier insbesondere ihrem feministischen Engagement nach. In seinem Band Olympe de Gouges dokumentiert Édouard Forestié ihr Leben in Montauban: Forestié, Édouard: Olympe de Gouges (1748-1793), Montauban 1901. Vgl. Blanc, Olivier: Marie-Olympe de Gouges. Une humaniste à la fin du XVIIIe siècle, Paris 2003, S. 249.
[8] Condorcet, Jean Antoine Nicolas de Caritat de: Sur l’admission des femmes au droit de cité [Erstdruck Paris 1790], Witney 1992.
[9] Wolters, Margarete/ Sutor, Clara (Hrsg.): Marie Olympe de Gouges. Politische Schriften in Auswahl, Hamburg 1976.
[10] Vgl. ebd., S. 16f.
[11] Siehe hierzu Gerhard, Klassikerinnen feministischer Theorie, S. 167-184.
[12] Braun, Lily: Die Frauenfrage. Ihre geschichtliche Entwicklung und ihre wirtschaftliche Seite [Erstdruck Leipzig 1901], Berlin und Bonn 1979, S. 82.
[13] Ebd., S. 80.
[14] Braun, Lily: Die Frauenfrage. Ihre geschichtliche Entwicklung und ihre wirtschaftliche Seite [Erstdruck Leipzig 1901], Berlin und Bonn 1979.
[15] Vgl. ebd., S. XXIIIf.
[16] Vgl. ebd., S. 81.
[17] Ebd., S. 83.
[18] Ebd., S. 82.
[19] Ebd., S. 85.
[20] Lairtullier, E.: Les Femmes célèbres de 1789 à 1975 et leur influence dans la Révolution, pour servir de suite et de complément à toutes les histoires de la Révolution française, 2. Bände, Paris 1840.
Mit seinem bereits 1840 veröffentlichten zweibändigen Werk stellte der Autor eine erste ausführliche Studie zu Olympe de Gouges bereit, die auch die Hauptartikel ihrer Deklaration enthält. Vgl. Wolters, Politische Schriften, S. 31 ff.
[21] Zitiert nach Wolters, Politische Schriften, S. 19.
[22] Braun, Die Frauenfrage, S. 83.
[23] Vgl. Wolters, Politische Schriften, S. 22.
[24] Die theoretische Grundlage der sozialistischen Frauenbewegung geht auf den Politiker August Bebel (1849-1913) zurück. Sie geht davon aus, dass die Frauenfrage als eine untergeordnete Frage automatisch gelöst sein werde, sobald die Klassengesellschaft selbst überwunden sei. Vgl. Bebel, August: Die Frau und der Sozialismus, Berlin 1973.
[25] Schröder, Hannelore: Zur politischen Theorie des Feminismus. Die Deklaration der Rechte der Frau und Bürgerin von 1791, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage Das Parlament B48 (1977), S. 29-54.
[26] Schröder, Hannelore: Olympe de Gouges – Mensch und Bürgerin. „Die Rechte der Frau“ (1791), Aachen 1995, S. 39.
[27] Vgl. Thiele-Knobloch, Olympe de Gouges, S. 19f.
[28] Informationen zu ihrem Leben und ihrer Forschungsarbeit gibt Hannelore Schröder seit 2006 auf ihrer Homepage unter http://www.hannelore-schroeder.nl (zuletzt aufgerufen am 11.04.2012).
[29] Vgl. Friedrich, Nora: Hannelore Schröder, in: Meyer, Ursula I./ Bennet-Vahle, Heidemarie (Hrsg.): Philosophinnen-Lexikon, Aachen 1994, S. 277-279 (278).
[30] Vgl. Schröder, Olympe de Gouges – Mensch und Bürgerin, S. 37.
[31] Vgl. Friedrich, Hannelore Schröder, S. 278.
[32] Siehe hierzu Gerhard, Frauenbewegung und Feminismus, S. 107 ff.
[33] Vgl. Schröder, Die Deklaration der Rechte der Frau und Bürgerin, S. 29.
[34] Vgl. ebd., S. 30.
[35] Vgl. ebd.
[36] Vgl. Friedrich, Hannelore Schröder, S. 278.
[37] Schröder, Die Deklaration der Rechte der Frau und Bürgerin, S. 47.
[38] Wolters, Margarete/ Sutor, Clara: Marie Olympe de Gouges. Politische Schriften in Auswahl, Hamburg 1979.
[39] Ebd., S. 7.
[40] Vgl. Schröder, Olympe de Gouges – Mensch und Bürgerin, S. 7f.
[41] Schröder, Hannelore: Die Frau ist frei geboren. Texte zur Frauenemanzipation, Teil I 1789-1870/Teil II 1870-1918, München 1979/1981.
[42] Schröder, Hannelore: The Declaration of Human and Civil Rights for Women (1791) by Olympe de Gouges, in: History of European Ideas II (1989), S. 263-271.
[43] Schröder, Hannelore: Olympe de Gouges, in: Meyer, Ursula I./ Bennet-Vahle, Heidemarie (Hrsg.): Philosophinnen-Lexikon, Aachen 1994, S. 147-150.
[44] Schröder, Hannelore: Menschenrechte – auch für weibliche Menschen?, in: Zeitschrift für Didaktik der Philosophie 4 (1980), S. 213-219.
[45] Schröder, Hannelore: 1791-1991: Zweihundert Jahre „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ versus 1789-…: Schändung von Menschenrechten der weiblichen Menschheit, in: EuS 3 (1992) 2, S. 201-217.
[46] Vgl. Schröder, Menschenrechte auch für weibliche Menschen?, S. 213, 217.
[47] Vgl. Schröder, Schändung von Menschenrechten der weiblichen Menschheit, S. 201, 211 ff.
[48] Schröder, Hannelore: Olympe de Gouges – Mensch und Bürgerin. „Die Rechte der Frau“ (1791), Aachen 1995.
[49] Ebd., S. 37 ff.
[50] Blanc, Olivier: Olympe de Gouges, Paris 1981.
[51] Vgl. Blanc, Olivier: Olympe de Gouges, aus dem Französischen von Sabine Oppolzer-Ohnmacht, Wien 1989, S. 6f.
[52] Vgl. Thiele-Knobloch, Denkschrift der Madame de Valmont, S. 280.
[53] Blanc, Olivier: Olympe de Gouges, aus dem Französischen von Sabine Oppolzer-Ohnmacht, Wien 1989.
[54] Blanc, Marie-Olympe de Gouges (2003). Une humaniste à la fin du XVIIIe siècle, Paris 2003, S. 11.
[55] Blanc, Olympe de Gouges (1981), S. 186.
[56] Restif de la Bretonne, Nicolas Edme: L’Année des Dames Nationales ou Histoires jour par jour d’une femme de France, Genève et Paris 1791-94.
[57] Lairtullier, E.: Les Femmes célèbres de 1789 à 1795 et leur influence dans la Révolution, pour servir de suite et de complément à toutes les histoires de la Révolution française, 2. Bände, Paris 1840.
[58] Monselet, Charles: Les Oubliés et les dédaignés, figures littéraires de la fin du 18e siècle, Alençon 1857.
[59] Wallon, H. A.: Histoire du Tribunal révolutionnaire de Paris, avec le journal de ses actes, Paris 1880-1882.
[60] Lacour, Léopold: Trois Femmes de la Révolution: Olympe de Gouges, Théroigne de Méricourt, Rose Lacombe, Paris 1900.
[61] Forestié, Édouard: Olympe de Gouges (1748-1793), Montauban 1901.
[62] Guillois, Alfred: Étude médio-psychologique sur Olympe de Gouges. Considération générales sur la mentalité des femmes pendant la Révolution française, Lyon 1904.
[63] Blanc, Olivier: Marie-Olympe de Gouges. Une humaniste à la fin du XVIIIe siècle, Paris 2003.
[64] Blanc, Olivier: Olympe de Gouges. Écrits politiques, Paris 1993.
[65] Noack, Paul: Olympe de Gouges 1748-1793. Kurtisane und Kämpferin für die Rechte der Frau, München 1992.
[66] Doormann, Lottemi: »Ein Feuer brennt in mir«. Die Lebensgeschichte der Olympe de Gouges, Weinheim und Basel 1993.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2012
- ISBN (PDF)
- 9783955497873
- ISBN (Paperback)
- 9783955492878
- Dateigröße
- 364 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Augsburg
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 2,3
- Schlagworte
- Frauengeschichte Französische Revolution Bicentenaire Feminismus Jules Michelet
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing