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Social Campaigning with Social Media: PR und Fundraising Tool für NGOs und NPOs

©2012 Masterarbeit 58 Seiten

Zusammenfassung

Nichtstaatlichen Organisationen und nichtwirtschaftlich orientierten Unternehmen wird oftmals Unprofessionalität unterstellt, wenn es um die Erfüllung eines ‘guten Zwecks’ geht. Ein ‘hippiesker’ Umgang mit Geld und eine ablehnende Haltung gegenüber Marketing und Public Relations schienen lange Zeit State of the Art im sogenannten dritten Sektor zu sein. Doch mit dem zunehmenden Verschwinden von Alpaka-Pullovern und Nickelbrillen aus den Büros von Hilfsorganisationen und Kultureinrichtungen, sowie dem zeitgleichen Mitwirken von jungen und modernen Menschen scheint auch dieser Umstand sich rapide zu ändern. Seit der ersten großen und revolutionären Medienkampagne von Greenpeace gegen das Versenken der ‘Brent Spar’ in der Nordsee sind kaum mehr als 15 Jahre vergangen und doch hat sich scheinbar alles in rasantem Tempo geändert.
Amnesty International twittert, die Kirche hat eine Facebook Fanpage und das örtliche Jugendzentrum macht Crowdfunding! Doch was ist im Umgang mit neuen Medien zu beachten? Lassen sich über Facebook und Co. wirklich Gelder akquirieren und eine Botschaft vermitteln?

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


II. Kampagnen

Kampagnen bezeichnen einen zeitlich begrenzten Zyklus, in dem eine Organisation kommunikative Maßnahmen einleitet um eine bestimmte Botschaft zur Aktivierung zu vermitteln. Dies kann eingebunden in die bestehende Kommunikation geschehen oder auch als komplett eigenständiger Prozess.

In der Werbung werden Kampagnen genutzt um ein neues Produkt einzuführen oder das Image eins Produktes zu transportieren. In der Politik finden Kampagnen im Rahmen des Wahlkampfes regen Einsatz.

Jedoch auch im Non Profit und Non Governmental Bereich finden Kampagnen regen Zuspruch. Die sogenannten Social Campaigns nehmen dabei vielerlei Funktion wahr. Sowohl um auf einen Missstand aufmerksam zu machen, als auch um benötigte Spendengelder zu erbitten, werden Kampagnen genutzt und begegnen einem dabei auf beinahe inflationärer Art und Weise. Im schlimmsten Falle als eine Serie ungeplanter und unvorhergesehener Ereignisse, die im Nachhinein als Kampagne ausgegeben werden. Welche Faktoren eine Kampagne genau ausmachen und vor allem welche sie erfolgreich werden lassen, erläutere ich im kommenden Kapitel.

Zunächst einmal soll anhand dieses Schaubildes die Vielzahl an möglichen Kampagnenformen, sowie deren Unterscheidungsmerkmal dargestellt werden:[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Rahmen dieser Arbeit werden aus sozialen Gründen initiierte Kampagnen, sogenannte Sozial Kampagnen oder Social Campaigns behandelt. Diese können sowohl ein PR- oder Fundraising- Ziel fokussieren, sowie sich der Disziplinen

PR, Werbung oder Imagebildung bedienen. Auch in der Auswahl ihrer Methodik und ihres Instrumentatiums sind sie unabhängig, wobei das Medium „Online“ hier eine zentrale Rolle spielt. Neben Online Kampagnen gibt es jedoch eine Vielzahl an Offline Kampagnen. Am häufigsten sind dabei Print Kampagnen in Form von Plakaten oder als Anzeigen in Magazinen zu sehen. Eine weitere interessante Form der Offline Kampagne sind sogenannte Event Kampagnen, bei denen durch öffentlichkeitswirksame Aktionen Aufmerksamkeit erregt wird. Insbesondere Greenpeace ist bekannt durch seine spektakulären Events.

2.1 Definition und Grundlagen

Betrachtet man das Wort „Kampagne“ einmal etymologisch, so lässt es sich vom lateinischen Wort „campus“, also Feld herleiten und bezeichnet die Zeit, die ein Heer im Feld verbrachte und damit also die Dauer von Feldzügen.[2] Die militärische Auslegung des Begriffes Kampagne birgt mehr Gemeinsamkeiten mit dem Begriff Kampagne im Sinne der PR Arbeit, als es zunächst scheint, denn eine PR-Kampagne ist wie eine militärische Kampagne für eine bestimmte Zeit ausgelegt und muss strategisch geplant sein. Auch ist sie auf ein gewisses Ziel ausgerichtet und in diverse einzelne Maßnahmen unterteilbar.

Natürlich zielt eine PR-Kampagne weniger auf martialische Ziele ab, sondern ist ganz im Gegenteil eher darauf angelegt eine Form der Aufmerksamkeit Öffentlichkeit zu erregen. In der Fachliteratur werden von einer Kampagne folgende grundlegenden Charakteristika verlangt[3]:

- Der strategische Ansatz
- Ausrichtung auf ein bestimmtes Ziel
- Fokus auf ein bestimmtes Thema
- Befristung auf einen definierten Zeitraum
- Erzeugung öffentlicher Aufmerksamkeit als Minimalziel
- Dramaturgische Inszenierung der Maßnahmen mittels unterschiedlicher Instrumente der verschiedenen Kommunikationsdisziplinen

2.2 Erfolgsfaktoren einer Kampagne

Die entscheidenden Kriterien allerdings, die eine gelungene Kampagne von einer strategischen Anordnung von PR-Maßnahmen unterscheidet, sind wesentlich komplexer. Neben einer sich zuspitzende Dramaturgie, eine einwandfrei und anhand diverser Analysen hergeleitete Strategie sowie einen abgestimmten Mix an Instrumenten und Maßnahmen,[4] ist auch eine kreative Idee nötig, die sich im Bewusstsein der Zielgruppe festsetzt.

Grundlegende Faktoren zum Erfolg einer Kampagne sind:

- Eine gute Konzeption

Am Beginn einer jeden Kampagne steht die große Planungsarbeit.

Das Formulieren eines konkreten Zieles und einer exakten Zielgruppe sowie eine Vielzahl an Analysen derselbigen sind essenziell notwendige Projektmanagement Abläufe, deren Fehlen eine Kampagne zwangsläufig scheitern lassen. Wer nicht weiß, wen er eigentlich ansprechen will, wird an ihm vorbei reden!

Wer nicht weiß, was die Schwächen seiner Kampagnen sind, wird am ersten Fehler scheitern! Im Vorfeld gilt es möglichst viele Daten über die Zielgruppe zu sammeln, um zielgerichtet kommunizieren zu können. Auch eine SWOT Analyse, sowie eine Analyse des IST-Zustandes zählen zu den Vorarbeiten einer soliden Konzeption[5].

Sind die grundlegenden Parameter der Kampagne definiert, kann der gewünschte Ablauf einer Kampagne geplant und eine Strategie zur Erreichung des definierten Zieles erarbeitet werden.

- Eine Strategie und daraus resultierende Maßnahmen:

Der Ursprung des Wortes Strategie ist, ähnlich wie beim Begriff Kampagne, im militärischen Kontext zu suchen. Hergeleitet von „statos“ (griechisch: Heer) und „agein“ (griechisch: führen) ist sie als die Kunst der langfristigen und nachhaltigen Führung zu bezeichnen.

Die Strategie einer Kampagne gibt die allgemeine Art und Weise vor, mit der das Ziel der Kampagne erreicht werden soll. Aus ihr resultieren Maßnahmen, mit Hilfe derer dieses Ziel schrittweise erreicht wird und unter Umständen Hindernissen entgegen gewirkt wird. Sämtliche operativen Maßnahmen unterliegen trotz ihres individuellen Ursprungs der selben Grundidee und sind im Kontext einer gesamten Dramaturgie zu betrachten.

Im Kontext der Kampagnenführung ist die Strategie ein empfindlicher Balanceakt zwischen notwendiger Kontrolle und Flexibilität. Einerseits muss eine Kampagne ausreichend geplant und entlang eines strategisch durchdachten Ablaufs durchgeführt werden, jedoch ist eine gewisse Flexibilität um eine Kampagne an aktuelle Veränderungen anpassen zu können unabdingbar.

- Controlling und Evaluation

Das kontinuierliche Überwachen einer Kampagne ist notwendig, um die Ursachen eines Erfolges oder Misserfolges einer Maßnahme oder der gesamten Kampagne feststellen zu können. Bei der Planung einer weiteren Kampagne kann so auf das Wissen vorheriger Kampagnen zurückgegriffen werden.

Des Weiteren kann durch effektives Controlling der Ablauf einer Kampagne in Übereinstimmung mit den Kampagnenzielen gesteuert werden können und gegebenen Falls operative, taktische oder strategische Anpassungen vorgenommen werden.[6] Für die Durchführung effektivem Controllings von Onlinekampagnen stehen diverse Tools zur Messung von Daten zur Verfügung.

- Eine Dramaturgie:

Die einzelnen Maßnahmen einer Kampagne müssen einem dramaturgischen Spannungsbogen folgen, um die generierte Aufmerksamkeit halten zu können.

Dramaturgie ist aus dem griechischen Begriff Drama herzuleiten und bedeutet Handlung. Im Kontext einer Bühneninszenierung ist der Aufbau eines Spannungsbogens innerhalb einer Geschichte zu verstehen. Dies lässt sich auf den Aufbau einer Kampagne übertragen, da auch hier eine „Story“ erzählt wird, die einem festgelegten Ablauf folgt um bei einem Publikum eine bestimmte Reaktion zu erzeugen. Im Kontext einer PR oder Werbekampagne bezeichnet man die dramaturgisch sinnvolle Anordung von Aktionen daher auch als „Storytelling“. Insbesondere Kampagnen im NGO Bereich arbeiten häufig mit emotionalisierenden Inhalten, welche eine ausgeklügelte Dramaturgie unabdingbar machen. Innerhalb einer Kampagne werden informelle, edukative und emotionelle Teilziele mittels eines dramaturgisch Inszenierten Ablaufs erzielt.[7] Die Kampagnendramaturgie folgt dabei einem Zyklus aus Auftakt, Durchdringung, Steigerung, Konkretisierung und Abschluss,[8] an dessen Ende eine Aktivierung der Zielgruppe steht.

- Resonanz

Das Erreichen öffentlicher Aufmerksamkeit gilt als zentrales Ziel von Kampagnen.[9] Die Verwendung des Begriffs „Öffentlichkeit“ im Kontext von PR-Kampagnen ist jedoch höchst ungenau. Landläufig wird „Öffentlichkeit“ als „alles was außerhalb meiner vier Wände geschieht“ definiert, was in der Definition einer Zielgruppe sozusagen jeden mit einschließen würde. Da eine Kampagne jedoch neben einem Ziel auch eine exakt definierte Zielgruppe benötigt, kann hier immer nur von einer definierten Teilöffentlichkeit die Rede sein. Die bewirkte Aufmerksamkeit dieser Teilöffentlichkeit bezeichnet man als Resonanz, abgeleitet von resonare (latein widerhallen) ab.[10] Fehlt diese, kann entweder keine Kampagne stattgefunden haben oder sie war nicht erfolgreich.

- Viralität

Eine erfolgreiche Kampagne besteht jedoch nicht nur aus einseitiger Kommunikation, sondern erfordert sowohl dialogartige Kommunikation zwischen Initiator und Zielpublikum, als auch die Kommunikation über die Kampagne. Auf die Resonanz der Zielgruppe muss eine Form von kommunikativer Reaktion erfolgen. Erst die so entstehende Mund-zu-Mund Propaganda, die öffentliche Diskussion, sowie Lob oder Kritik an Inhalten und am Stil der Kampagne, lassen ihr eine erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit zukommen. Dies führt schlussendlich dazu, dass die Kampagneninhalte ins öffentliche Bewusstsein getragen werden und damit zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen.[11] Regelmäßig ist zu beobachten, dass die Diskussion über die Form der Diskussion mehr Beachtung fand, als der ursprüngliche Sachverhalt selbst. Ähnliches konnte sowohl bei der Schlichtung um das Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ durch Heiner Geißler beobachtet werden als auch jüngst beim Rücktritt von Christian Wulff. In dem Moment, in dem eine Teilöffentlichkeit, die nicht in der definierten Zielgruppe inkludiert ist, auf eine Diskussion über eine Kampagne reagiert, ist der Inhalt der Kampagne in das öffentliche Bewusstsein übergesprungen. Die Anzahl der Personen, die über die Kampagne sprechen und deren Inhalte kennen, steigt exponentiell an. Da die Verbreitung eines Inhaltes auf diesem Wege der eines Krankheitserregers gleicht, spricht man hier auch von Viralität. Im Kontext von Social Media werden wir auf dieses Phänomen erneut zu sprechen kommen.

- Aktivierung der Zielgruppe und der nachhaltige Erfolg

Konnte eine Kampagne erfolgreich gestartet werden und innerhalb der erwünschten Zielgruppe erfolgte eine Resonanz, bleibt an dieser Stelle lediglich die Frage nach der mittel- und langfristigen Wirkung der Kampagne offen. Auch wenn die aufklärende Botschaft der Kampagne das öffentliche Bewusstsein erreicht hat, ist nicht unbedingt eine Verhaltensänderung eingetreten. Als Folge einer Kampagne muss die Zielgruppe durch das Auslösen eines Handlungsimpulses aktiviert werden. Dies können die Teilnahme an Aktionen, der Aufruf zu einer Spende oder eine langfristige und grundlegende Verhaltensänderungen sein, wie die Entscheidung zum Vegetarismus. Auch bei einer perfekt durchgeführten und in den Maßstäben der Kommunikationstheorie höchst erfolgreichen Kampagne, ist der tatsächlicher Erfolg erst nach einer erfolgreichen Aktivierung eingetreten. Bei Kampagnen, deren Ziel politischer Druck ist, kann ein langfristiger Erfolg teilweise erst Jahre später verzeichnet werden, wenn die herrschenden politischen Verhältnisse auf den durch die Kampagne aufgebauten Druck reagiert haben. Dieser weitere Schritt ist meist nicht im Rahmen der Kampagne evaluierbar sondern als nachhaltige Wirkung anzusehen. Verhallt die Kampagne in der Medienlandschaft, oder prallt der aufgebaute Druck an der Politik ab, kann nur bedingt von einer erfolgreichen Kampagne gesprochen werden. Es ist jedoch zu beachten, dass einige Faktoren, die zum nachhaltigen Erfolg einer Kampagne beitragen, außerhalb des direkten Wirkungskreises der Kampagnenschaffenden liegen. Die Zensur eines diktatorischen Regimes beispielsweise kann mit den Mitteln einer PR-Kampagne nicht umgangen werden. Auch die Ignoranz und das Desinteresse von etwaigen Politikern lässt sich nur bedingt durch kommunikative Mittel ändern. Diese langfristigen Faktoren sind jedoch bei der Planung einer weiteren Kampagne mit einzuplanen.

Unter Berücksichtung aller Faktoren lässt sich eine erfolgreich lancierte Kampagne also wie folgt definieren:

Erfolgreiche Kampagnen sind fachgerecht konzipierte, dramaturgisch angelegte und zeitlich geschlossene Kommunikationsprozesse, bei denen durch ein Mix aus passenden Instrumenten gezielte Maßnahmen ein bestimmtes Ziel erreicht wird, in dem Resonanz bei mindestens einer definierten Teilöffentlichkeit erzeugt wird [12] und im Rahmen der Gesamtzielsetzung durch Aktivierung der Zielgruppe eine nachhaltige Reaktion erzielt wird.

Neben der im Vorfeld ausführlich behandelten Faktoren einer Kampagne bleibt schließlich nur noch die Auswahl der richtigen Instrumente zu thematisieren. Neben diverser Offline Instrumente konnten sich Online und Crossmedia Kampagnen in den letzten Jahren immenser Beliebtheit erfreuen.

Die steigende Anzahl der Internet Nutzer und die rasante Entwicklung neuer Technologien ermöglicht sowohl dem privaten Nutzer ungeahnte Möglichkeiten als auch dem professionellen PR-Schaffenden und Campaigner.

III. Social Media

Nicht nur im Kontext von Online Kommunikation und der dabei verwendeter Medien haben sich die Begriffe Web 2.0 und Social Media in den letzten Jahren zu Schlagworten entwickelt. Begriffe, die nicht nur in aller Munde zu sein scheinen, sondern, wenn man den Global Playern der Branche Glauben schenkt, auch in jedem Wohnzimmer. Aufgrund dieser zentralen Rolle von Social Media in der Online Kommunikation gilt es dieses Medium genauer zu untersuchen.

3.1 Definition und Grundlagen

Der Begriff 2.0 lehnt an die technische Bezeichnung von Ausgabeversionen an, wie sie für Soft und Hardware verwendet werden und spielt auf eine neuere, aktualisierte Version des Internets an. Bis vor wenigen Jahren zeichnete sich das Internet dadurch aus, dass Inhalte lediglich stumpf von einer Homepage abgerufen werden konnten. Von Aktivität konnte hier weniger die Rede sein. Die rasante technische Entwicklung zu Beginn des Jahrtausends, insbesondere die schnell wachsende Anzahl an Breitband Internet Anschlüssen ermöglichte Vielzahl an neuen Anwender orientierten und interaktive Funktionen des Internets, die als Tim Berners-Lee vor zwei Jahrzehnten das World-Wide Web erfand, noch als Utopie galten. Der irische Software Entwickler Tim O’Reilly verwendete 2004 als einer der ersten die Bezeichnung Web 2.0 und bezeichnete damit das seiner Meinung als Revolution der Computerindustrie geltende, neue Verständnis des Internets als Plattform.[13] Diese neue Art des Internets soll, seiner Meinung nach, nicht mehr als weiteres einseitig verwendetes Medium fungieren, wie zum Beispiel das Fernsehen es tut, sondern als eine Art Plattform verstanden werden, die von allen Nutzern gleichzeitig gestaltet und genutzt werden kann.

Das Web 2.0 zeichnet sich vorrangig durch seine Möglichkeit zur bidirektionalen und somit dialogischen Kommunikation aus und lässt das Internet dadurch zu einem digitalen, sozialen Gewebe werden. Der Begriff Web 2.0 wurde zum Überbegriff des sogenannten Mit-Mach-Internets, dass es dem Nutzer erlaubt aktiv mit zu gestalten und zu partizipieren.[14] Mit dieser Mit-Mach Attitüde hat sich der bisherige Konsument zu einem Produzenten von Information aufgeschwungen. Der Autor Alvin Toffler verwendete hierfür erstmalig den Begriff „Prosumer“ in seinem Buch „the third wave“ als Umschreibung eine Vermischung aus „producer“ und „consumer“.[15] Durch solche Wortschöpfungen wird die Möglichkeit eines jeden Einzelnen verdeutlicht, als Urheber von Texten oder Medien in Erscheinung zu treten und diese zu verbreiten, ohne hierfür inhaltliche oder technische Vorkenntnisse vorweisen zu müssen, oder gar finanziellen und organisatorischen Aufwand zu betreiben. Dem Web 2.0 Nutzer wird Inhalt nicht mehr zur Verfügung gestellt sondern er wird mit ihm gemeinschaftlich erstellt. Das führt zu bemerkenswerten Geschäftmodellen wie die des Internet Riesen Youtube, dessen Erfolgsgeschichte komplett auf der Beteiligung von Millionen von Nutzen basiert. Die Macht des Konsumenten bringt das bis dahin bestehende Informationsmonopol und die Grundpfeiler der Kultur- und Unterhaltungswirtschaft ins Wanken. Bestehende Hierarchien, die den Konsumenten zum unmündigen Verbraucher degradieren, wie Theodor W. Adorno sie beschrieb, werden zu Heterarchien, in welchen der einzelne Verbraucher nicht weniger Macht über die Medienöffentlichkeit hat, als es zuvor das Fernsehen und die Tageszeitung hatten[16]. Jedem steht es frei, sich online auszuleben und ein potenziell unendlich großes Publikum daran teilhaben zu lassen, wenn auch in der Realität der Mit-Mach Gedanke weniger utopisch aussieht. So sind lediglich 6% der Nutzer der Online Enzyklopädie Wikipedia selbst Verfasser eines Artikels. Der Traum vom sogenannten „User generated Content“ hat an einigen Stellen versagt, da man den Wunsch des Users, sich dennoch einfach berieseln zu lassen, unterschätzt hat. Die momentanen Gewinner des Web 2.0 sind die sozialen Netzwerke, deren explosiv steigende Nutzer Zahlen und ihrer gemeinschaftlichen Ebene maßgeblich dazu beigetragen haben, dass das Internets den Suffix „social“ erhalten hat.

Mit der Bezeichnung „Social Web“ oder „Social Media“ meint man zwar dieselben Anwendungen des „neuen“ Internets wie mit „Web 2.0“, sie beschreiben dessen Charakteristika jedoch erheblich besser und treffender. Insbesondere der Begriff „Social Media“ sticht hervor, da er die Loslösung der digitalen Vernetzung vom konventionellen Internet und statischer Homepages unterstreicht. Social Media findet nicht mehr am heimischen Rechner statt sondern auf dem mobilen Endgerät in der Bahn oder am Strand. Es werden nicht mehr bloße Informationen ausgetauscht, sondern Bilder, Musik und Videos in einem sozialen Netzwerkes verknüpft. Auch wenn klassische Varianten der digitalen Kommunikation wie Mails und Chats weiterhin zu den meist genutzten Internetanwendungen zählen, rücken deren Nachfolger, unaufhaltsam weiter vor.

3.2 Elementare Social Media Anwendungen

Die schier unendlichen Neuerungen, die Social Media hervorzubringen vermag, lassen sich dennoch in einige elementare Kategorien aufteilen:

- Blogs und Pocasts

Blog ist eine Wortschöpfung aus Web und Log, also einem netzbasierten Logbuch für kurze Einträge.[17] Hier werden online Beiträge in chronologischer Reihenfolge publiziert und stellen somit eine Art Online Tagebuch dar.

Blogs über Kochrezepte, Mode oder einfach nur Anekdoten aus dem Alltag schießen förmlich aus dem Boden, da durch Plattformen wie „Tumblr“ oder „blogspot.com“ es jedermann möglich ist kostenlos und nutzerfreundlich eigene Inhalte zu veröffentlichen und einem breiten Publikum zugänglichen zu machen. Eine, von der ARD 2009 in Auftrag gegebene Studie besagt, dass 8% der Deutschen regelmäßig Blogs nutzen. Aus der Szene der Blogger sind einige regelrechte Stars entsprungen, die mit ihren Einträge ein Millionen Publikum begeistern konnten. Eine Weiterentwicklung der Blogs stellen die sogenannten Podcasts dar. Hier wird ein Blog nicht in textbasierender Form, sondern als Tonaufnahme bereitgestellt. Podcasts, eine Wortschöpfung aus den Worten I-pod (dem mobilen Musikplayer von Apple) und Broadcast (Rundfunk), werden mittlerweile auch von großen Zeitungen und Nachrichtenportalen genutzt um ihre Rubriken auch online zu verbreiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- Wikis

Wiki ist hawaiianisch und bedeutet schnell. Das erklärt die Funktionsweise von wikis aber noch nicht im Geringsten. Wikis basieren nämlich auf der Annahme von Schwarmintelligenz und kollektivem Wissen, das jedem zugänglich gemacht werden soll. Die wohl bekannteste Wiki Seite ist Wikipedia, einem Online Lexikon, an dem jeder mitarbeiten kann. Artikel über alle Arten an Themen können kostenfrei gelesen und geändert werden. Jeder Nutzer hat die Möglichkeit Wissen aus seinem persönlichen Spezialgebiet zu verschriftlichen oder bereits bestehende Artikel zu vervollständigen. Eine weitere berühmte Wiki-Seite ist Wikileaks, auf der brisante und teilweise geheime Dokumente über Regierungs- und Militärskandale verbreitet werden können. Seit dem Erscheinen einiger schockierender und hochgeheimer Videoaufnahmen aus dem Irakkrieg und dem Veröffentlichen von geheimen Depeschen aus US Botschaften ist Wikileaks weltweit bekannt und heiß diskutiert worden.

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- Video und Foto Communities

Hier gilt es natürlich vor allem Youtube und Flickr zu erwähnen. Youtube, mittlerweile ein vollständige Tochter des Google-Konzerns, bietet Usern die Möglichkeit, eigenes Videomaterial hochzuladen oder einfach Videos anderer Nutzer anzuschauen. Flickr und Instagram bieten denselben Service für Bildmaterial an. Community Funktionen wie das Kommentieren von Beiträgen existieren zwar, spielen aber keine zentrale Rolle. Vor allem die Möglichkeit Inhalte in soziale Netzwerke einzubetten, macht diese Communities zu beliebten Social Media Elementen, weshalb Instagram mittlerweile sogar von Facebook aufgekauft wurde. Die Nutzerzahlen und Zugriffszahlen dieser Plattformen sind dementsprechend atemberaubend hoch, alleine Youtube verzeichnet 4 Milliarden Aufrufe pro Tag.

Eine aufregende Neuentwicklung bietet die Seite pinterest. Hier können Nutzer nicht nur Fotos hochladen und zur Verfügung stellen, Fotos können auch getauscht, gesammelt und an einer virtuellen Pinwand geordnet. Pinterest versucht damit eine klaffende Lücke zwischen Foto Communities und sozialen Netzwerken zu schließen und hat damit rasanten Erfolg. Allein von Januar bis März diesen Jahres wuchsen die Nutzerzahlen um 288% an.[18]

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- Soziale Netzwerke

Soziale Netzwerke sind Kommunikationsplattformen, durch die Nutzer sich miteinander verknüpfen können und Informationen aus ihrem Leben miteinander teilen. Eines der ersten Netzwerke war Classmates.com durch das, wie auch bei den deutschen Pendants Studi-/Schülerverzeichnis, Klassenkameraden in Kontakt bleiben konnten. Die Möglichkeit, sich durch ein eigenes Profil darzustellen und neue Menschen kennenzulernen oder mit Freunden in Kontakt zu bleiben, war ein unschlagbarer unique selling point und entsprechend erfolgreich.

Da die Präsentation seiner Selbst, sowie die Interaktion mit anderen Nutzern den Hauptnutzen dieser Netzwerke darstellt, ist aktive Teilnahme hier extrem hoch. Zu allerlei Themengebieten existieren Netzwerke. Myspace, eine Plattform für Nachwuchsbands, diverse Partnervermittlungsbörsen , XING, eine Jobvermittlungs- und Recruiting-Plattform und schließlich auch Facebook, das mittlerweile erfolgreichste soziale Netzwerk. Das mittlerweile 901 Millionen Mitglieder umfassende Netz hat die Welt im Sturm erobert und gilt längst als wichtigste Standard-Kommunikationsmittel einer ganzen Generation. Hier können Informationen mit Freunden geteilt werden, deren Einträge kommentiert, bewertet und weiterverbreitet werden. Konkurrenten wie Google+ oder Twitter liegen weit abgeschlagen auf den danach folgenden Ranking Plätzen, haben aber dennoch beachtliche Nutzerzahlen. Lediglich im Rahmen der fragwürdigen Datenschutzbestimmungen und möglichen Verwertungstaktiken der Nutzerdaten steht Facebook gelegentlich in der Kritik. Aufgrund seiner aktuell eindeutigen Marktführerschaft und der ausgereiften Möglichkeiten, ein Unternehmen und Inhalte zu bewerben, wird auf die Anwendbarkeit im Rahmen einer PR-Kampagne später vertiefend eingegangen.

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- Social Bookmarking und Rating Portale

Seiten wie Qype bieten Kunden von Restaurants, Geschäften, etc. die Möglichkeit ihr individuelles Erlebnis Online zu schildern und zu bewerten.

Diverse ähnliche Portale zur Bewertung unterschiedlichster Erlebnisse im on oder offline Bereich haben sich in den vergangen Jahren gebildet und erfreuen sich einer wachsenden Beliebtheit.

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- Crowdfunding

Crowdfunding bedeutet frei übersetzt Schwarmfinanzierung und meint die Finanzierung eines Projektes oder einer Geschäftsidee aus privaten Kapitalquellen meist im Rahmen einer Online Kampagne.[19] Seiten wie pling, inkubato oder startnext bieten Projektinitiatoren die Möglichkeit eine 30 Tage andauernde Microkampagnen zur Akquise von Geldmitteln in Form von Spenden, Krediten oder finanzieller Beteiligung aus einer Community an. Jeder kann kostenlos ein Projekt präsentieren und seinen Geldbedarf in Textform oder auch als Video erläutern. Der interessierte Nutzer wird ständig über den aktuellen Spendenstand informiert und wie viel Zeit noch verbleibt. Als Gimmick bieten viele Projektinitiatoren eine Gegenleistung an, die meist jedoch eher mit einem Augenzwinkern zu sehen sind. Das Problem ist meist in der begrenzten Zeit zu finden, da nach Ablauf der Zeit entweder die benötigte Summe akquiriert wurde, oder die Gelder an den Spender. Die Einbindung in soziale Netzwerke zur Erhöhung der Reichweite ist auch hier selbstverständlich möglich und viel genutzt.

Dieses Konzept findet oft im kreativen Bereich Anklang. So konnte sich beispielsweise Teile der Serie „Stromberg“ und der Kinofilm „Iron Sky“ anteilig durch Crowdfunding finanzieren. Spender konnten ab einem bestimmten Betrag als Gegenleistung am Film mitwirken[20].

Die Möglichkeit, Gelder zur Durchführung eines Projektes aus dem privaten Umfeld zu akquirieren anstatt staatliche Quellen oder die Wirtschaft um Hilfe zu bitten, ist eigentlich ganz im Sinne einer NGO. Die Verwendbarkeit von solchen Plattformen im Rahmen von online Fundraising ist begrenzt, da es sich rein rechtlich hierbei nicht um Spenden handelt. Ähnliche Konzepte existieren jedoch für soziale Zwecke bereits seit über 10 Jahren und werden im weiteren Verlauf noch behandelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Spiller, Ralf: PR-Kampagnen 2011: 21

[2] vgl Spiller, Ralf (Hrsg): PR-Kampagnen; Konstanz 2011, S 13

[3] vgl Röttger, Ulrike: Kampagnen planen und steuern , in: Zerfaß, Ansgar (Hrsg) Handbuch Unternehmenskommuniikation; Wiesbaden 2007, S 383

[4] vgl: Röttger, Ulrike: Kampagnen planen und steuern , in: Zerfaß, Ansgar (Hrsg) Handbuch Unternehmenskommuniikation; Wiesbaden 2007, S 391

[5] Vgl Spiller, Ralf (Hrsg): PR-Kampagnen; Konstanz 2011, S 72 ff

[6] Spiller, Ralf (Hrsg): PR-Kampagnen; Konstanz 2011, S 82

[7] vgl Spiller, Ralf (Hrsg): PR-Kampagnen; Konstanz 2011, S 18

[8] vgl: Röttger, Ulrike: Kampagnen planen und steuern , in: Zerfaß, Ansgar (Hrsg) Handbuch Unternehmenskommuniikation; Wiesbaden 2007, S 391

[9] vgl Spiller, Ralf (Hrsg): PR-Kampagnen; Konstanz 2011, S 32

[10] vgl Spiller, Ralf (Hrsg): PR-Kampagnen; Konstanz 2011, S 20

[11] vgl Spiller, Ralf (Hrsg): PR-Kampagnen; Konstanz 2011, S 27

[12] in Anlehnung an: Spiller, Ralf (Hrsg): PR-Kampagnen; Konstanz 2011, S 16

[13] vgl http://radar.oreilly.com/2006/12/web-20-compact-definition-tryi.html (Stand Juli 2012)

[14] http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/fileadmin/Online09/Busemann_7_09.pdf (Stand Juli 2012)

[15] vgl http://de.wikipedia.org/wiki/Prosument (Stand Juli 2012)

[16] vgl: Hermann , Moritz; Die Aktualität Theoror W. Adornos vor dem Hintergrund des Web 2.0; Norderstedt 2009:,S 9

[17] vgl: Hermann , Moritz; Die Aktualität Theoror W. Adornos vor dem Hintergrund des Web 2.0; Norderstedt 2009, S 6

[18] vgl Frankfurter Rundschau vom 12.4.2012: Ist Pinterest das neue Facebook?

[19] http://www.faz.net/aktuell/finanzen/fonds-mehr/crowdfunding-die-internetfinanzierer-schwaermen-aus-11812554.html (Stand Juli 2012)

[20] Süddeutsche vom 4.4.2012: „Angriff der Weltraum Nazis“

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2012
ISBN (PDF)
9783955499426
ISBN (Paperback)
9783955494421
Dateigröße
1.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Musik und Theater Hamburg
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Marketing NGO NPO Soziales Netzwerk Social Media Marketing
Produktsicherheit
BACHELOR + MASTER Publishing

Autor

Henning Zippel wurde 1983 im Schwarzwald geboren und kam schon von Kindestagen an mit Musik und Kultur in Kontakt. Er studierte 2005 ‘Soziale Arbeit’ an der katholischen Fachhochschule Freiburg und begann sich mit den Themen der Jugendkultur zu beschäftigen. Die stetige Knappheit an Mitteln, die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz und der damit einhergehende Zwang zur erfolgreichen Selbstvermarktung brachten ihn den Mechanismen des Kulturmanagements näher, dessen Studium er sich am Institut für Kultur- und Medien Management der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg annahm und mit einem Master beendete. Seitdem ist Henning Zippel im Public Relations-, Social Media- und Marketing-Bereich für Kultur- und Sozial-Unternehmen tätig.
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Titel: Social Campaigning with Social Media: PR und Fundraising Tool für NGOs und NPOs
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