Lade Inhalt...

Preissetzungsverhalten von Unternehmen: Ergebnisse mikroökonomischer Studien

©2012 Bachelorarbeit 60 Seiten

Zusammenfassung

Preissetzungsverhalten stellt für viele Unternehmungen eine bedeutsame Herausforderung dar. Viele Kunden glauben, dass Unternehmen ihre Preise erhöhen, um einen höheren Gewinn zu erzielen, oder ihre Preise senken, um Marktanteile zu gewinnen. Diese naive Grundüberlegung scheint auf den ersten Blick einleuchtend zu sein. Es gibt zahlreiche Faktoren, welchen einen Preis determinieren. Auch besteht die Vermutung, dass sich Preise sehr häufig ändern. Jeder von uns kommt täglich mit Preisveränderungen in Berührung. Am ersichtlichsten sind Preisveränderungen für uns, wenn wir an eine Tankstelle zum Tanken fahren -dieses ist wohl ein extremes Beispiel, da sich die Preise unter Umständen mehrmals am Tag ändern.
Eine mögliche Erklärung für die Preisrigidität könnte sein, dass technische Beschränkungen - beispielsweise konnten Getränkeautomaten nicht umgerüstet werden oder eine Umrüstung wäre zu teuer gewesen - eine Preisänderung unmöglich machen.
Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Preissetzungsverhalten von Unternehmen. Dabei wird zunächst auf die Kosten einer Preisanpassung für unterschiedliche Unternehmen eingegangen. Nach einer detaillierten Analyse folgt eine Betrachtung der unterschiedlichen Ursachen für eine Preisanpassung. Auch die Relevanz der Löhne wird in die Erörterung mit einbezogen. Im Endeffekt soll gezeigt werden, dass die Löhne und auch der Wettbewerb in verschiedenen Branchen eine unterschiedliche Rolle für die Anpassung von Preisen spielen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.0 Höhe, Häufigkeit und Kosten der Preisanpassung

2.1 Kosten der Preisanpassung im stationären Handel

In diesem Gliederungspunkt sollen die Kosten der Preisanpassung im stationären Handel beschrieben werden. Unter einem stationären Handel ist ein Handel zu verstehen, in welchem die Produkte an einem festen Ort angeboten werden. Typischerweise sind dies Ladengeschäfte, welche sich im Sortiment und in der Preispolitik unterscheiden.[1] Passt ein Unternehmen seine Preise an, so wird es auch mit gewissen Kosten konfrontiert. Diese Kosten werden in der Literatur als sogenannte Menu Costs („Speisekarten-Kosten“) bezeichnet. Darunter fallen unter anderem Kosten für den Druck neuer Speisekarten bei einer Erhöhung der Preise für Speisen, woher auch die Bezeichnung für diese Kosten stammt. Des Weiteren entstehen auch Kosten für das Treffen der Entscheidung einer Preisänderung im Allgemeinen und die Verkäufer müssen über die neuen Preise informiert werden. Alle Kosten, die im Zusammenhang mit einer Preisanpassung entstehen, werden also unter diesem Begriff zusammengefasst. Bei einer geringeren Inflationsrate sind diese sogenannten Menu Costs relativ gesehen gering, da die Unternehmen ihre Preise im Durchschnitt nur ein- bis zweimal jährlich ändern.[2] Je höher die Inflationsrate jedoch ist, desto höher sind auch die Menu Costs, da die Unternehmen bei einer höheren Inflation immer häufiger ihre Preise anpassen müssen und dadurch immer wieder Geld für die neuen Preisauszeichnungen und so weiter (usw.) ausgeben müssen.[3]

Ein extremes Beispiel dabei ist die Hyperinflation. So sagt bspw. Mankiw (2011:133), dass in solch einer Phase die „Speisekarten-Kosten“ sehr stark ansteigen. Er beschreibt weiter, dass die oben erwähnten Menu Costs das Drucken von Speisekarten und Katalogen usw. unmöglich machen. Vielmehr ließ sich bspw. bei der Hyperinflation in Deutschland in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts beobachten, dass sich in Restaurants die Kellner auf die Tische stellten und die Preise in kurzen Zeitabständen von circa (ca.) einer halben Stunde bekanntgaben. Laut Colander und Gamber (2006:74) war es bei der Hyperinflation in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts in Indonesien ähnlich. Hier haben die Geschäfte zum Teil um die Mittagszeit geschlossen, damit sie ihre Preise täglich anpassen konnten.

Levy et alii (et al.) (1996) nutzten Daten von Verkaufsstellen, um den genauen Ablauf von Preisänderungen zu dokumentieren. Sie nutzen diese Daten ebenfalls um die Menu Costs für fünf Supermarktketten direkt zu messen. Anhand dieser Untersuchung wurde aufgezeigt, dass Preisänderungen ein komplexer Prozess sind.

„The menu costs reported in this study are made up of:

(1) the labor cost of changing shelf prices,
(2) the costs of printing and delivering new price tags,
(3) the costs of mistakes made during the price change process, and
(4) the cost of in-store supervision of the price change process. (Levy 1996:1)”

Zunächst soll auf die vier Supermarktketten eingegangen werden, welche nicht der Pflicht der Einzelpreisauszeichnung unterlegen sind. Die durchschnittlichen Menu Costs belaufen sich bei diesen vier Supermarktketten jährlich auf 105.887[4] US-Dollar (USD) pro Geschäft. Dieser Betrag entspricht approximativ 0,70 Prozent (%) des Umsatzes und 35,2% des Nettogewinns einer solchen Filiale. Beim Betrachten dieser Zahlen wird ersichtlich, dass die Menu Costs eine Barriere für Preisänderungen darstellen können. Diese These soll in diesem Gliederungspunkt weiter aufgegriffen werden. Dies ist insbesondere bei solchen Supermarktketten der Fall, die höhere „Speisekarten-Kosten“ haben als andere Supermarkt-Ketten. Ein möglicher Grund hierfür kann unter anderem sein, dass Gesetze existieren, welche besagen, dass jeder Artikel eine gesonderte Preisauszeichnung benötigt. Aufgrund der dadurch entstehenden hohen Menu Costs ändert eine solche Supermarktkette ihre Preise 2,5-mal weniger als die anderen vier Supermarktketten. Eine der fünf Supermarktketten, die Levi et al. (1996) untersuchten, unterliegt genau dieser Regelung und hat die Pflicht, jedes Produkt gesondert auszuzeichnen. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass diese Supermarktkette die Preise von Produkten, die nicht dieser Regelung unterliegen, dreimal häufiger ändert, als die Preise der Produkte, die der Regelung unterliegen. Aus genau diesen Gründen hat diese eine Supermarktkette andere Menu Costs, als die oben genannten vier Ketten. Die durchschnittlichen, jährlichen Menu Costs belaufen sich in diesem Fall auf 109.036 USD pro Filiale. Dieser Betrag entspricht wiederum ca. 0,72% des Umsatzes und 36,2% des Nettogewinns. Levy et al. (1996) bieten in ihrem Paper[5] drei Arten von Beweisen dafür, dass die Menu Costs ein Hindernis für Preisänderungsaktivitäten darstellen.[6]

Als erstes vergleichen die Autoren die Preisänderungsaktivität einer Supermarktkette, welche durch ein Gesetz zur Einzelpreisauszeichnung verpflichtet ist, mit den vier Supermarktketten, welche nicht dieser Pflicht unterliegen. Das Gesetz zur Einzelpreisauszeichnung verlangt, dass ein separates Preisschild auf jedem einzelnen Artikel zusätzlich neben dem Preisschild am Regal angebracht wird. Die durchschnittlichen Menu Costs pro Preisänderung und Produkt betragen bei dieser Supermarktkette 1,33 USD. Diese Supermarktkette, welche dem Gesetz der Einzelpreisauszeichnung unterliegt, ändert durchschnittlich bei 1.578 Artikeln wöchentlich den Preis. Dieses entspricht bei einem Sortiment von 25.000 Artikeln[7] in etwa 6,31% des Warensortiments.[8] Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass 400 Produkte von der Einzelpreisauszeichnung befreit sind und damit geringeren Menu Costs unterliegen. Innerhalb dieser 400 Produkte werden die wöchentlichen Preise von durchschnittlich 21% der Artikel geändert. Die Preisänderungshäufigkeit ist bei diesen Produkten wie bereits oben erwähnt mehr als dreimal so hoch, wie bei den Artikeln, welche dieser Regelung unterliegen. Dieses scheint ein erster Indikator dafür zu sein, dass Menu Costs eine Barriere für Preisänderungen darstellen können.

Dahingegen sind die durchschnittlichen Menu Costs, bei den vier Supermarktketten, welche nicht dem Gesetz der Einzelpreisauszeichnung unterliegen, in etwa 2,5-mal geringer als bei der Supermarktkette, welche dazu verpflichtet ist. Dieses entspricht als absolute Zahl 0,52 USD pro Preisänderung und Produkt. Die Anzahl der Produkte, deren Preis wöchentlich von den Supermarktketten verändert wird, variiert zwischen 3.223 und 4.316 Artikeln, dies entspricht 12,89% bis 17,26% des Warensortiments. Durchschnittlich belaufen sich die wöchentlichen Änderungen auf 3.916 Produkte, was wiederum 15,66% des Warensortiments entspricht. Der Grund für die Variation innerhalb der vier Supermarktketten liegt in den verschiedenen Preissetzungsstrategien der jeweiligen Ketten. Zwei der vier Supermarktketten verfolgen die sogenannte „Dauertiefpreisstrategie“, dies bedeutet, dass sie ihre Preise über einen längeren Zeitraum niedrig halten wollen und sie daher weniger Aktionsverkäufe oder Rabatte offerieren, dies impliziert, dass sie ihre Preise seltener ändern. Die anderen beiden Supermarktketten verfolgen die sogenannte „Hoch-Tief“-Strategie, woraus sich schließen lässt, dass diese Supermarktketten die Preise ihrer Produkte häufiger verändern, als die beiden anderen Supermarktketten. Bei dieser Preisstrategie sind die Preise wesentlich höher als bei der „Dauertiefpreisstrategie“ und daher tendieren diese Händler häufiger zu Rabatten in Form von Verkaufs- und Werbeaktionen.[9]

Levy et al. (1996:2) bietet einen weiteren Beweis dafür, dass „Speisekarten-Kosten“ eine Barriere für bestimmte kostenbasierte Preisanpassungen bilden. Die Autoren zeigen die oben angeführte These anhand der vier Supermarktketten auf, welche nicht dem Gesetz der Einzelpreisauszeichnung unterliegen. Bei diesen Ketten steigen wöchentlich die Kosten von etwa 800-1.000 Artikeln. Es findet aber nur eine Preisanpassung bei 70-80% dieser Artikel statt, während die Preise der verbleibenden 20-30% der Artikel zunächst unverändert bleiben. Der Grund hierfür liegt in den Menu Costs, welche eine Preisanpassung für die Supermarktketten unrentabel machen.

Nach all diesen Erkenntnissen ist es evident, dass Menu Costs die Preisänderungsaktivitäten einzelner Supermarktketten determinieren können. Dies ist ein direkter Beweis dafür, dass die Menu Costs für marginale Preisentscheidungen relevant sind.[10]

Dutta et al. (1998) bestimmten die Menu Costs für eine große amerikanische Drogeriekette ähnlich wie Levy et al. (1996). Die Autoren verglichen die Ergebnisse ihrer Messungen mit den Ergebnissen der vier großen amerikanischen Supermarktketten, welche Levy et al. (1996) erhoben haben[11]. Dutta et al. (1998) behaupten:

„We find that:

(1) the actual magnitude of menu costs as a share of revenues,
(2) menu costs per price change,
(3) the frequent use of promotional pricing, and
(4) the use of weekly pricing rules, are similar across both retail formats. (Dutta 1998:0)”[12]

Dutta et al. (1998:0) fanden heraus, dass die amerikanischen Supermarktketten und die amerikanische Drogeriekette gewisse Gemeinsamkeiten aufweisen, die es möglich machten, Ergebnisse für beide Formate zu verallgemeinern. Beide verwenden „posted prices“ und beide sind Einzelhändler, welche über ein großes Warensortiment verfügen. Die ungefähre Anzahl von geführten Produkten beträgt bei einer Supermarktfiliale ca. 25.000 Artikel. Dahin gegen beläuft sich die Anzahl der geführten Produkte bei einer Drogeriefiliale auf 15.000 Artikel. Erwähnenswert ist in diesem Kontext, dass eine Drogeriekette in etwa 20.000 bis 25.000 „Strichcodes“ in ihrem Datenbanksystem führt. Diese Differenz entsteht daher, dass nicht alle in der Datenbank geführten Artikel zu jedem Zeitpunkt physisch in dem Geschäft verfügbar sind. Ein Teil der Artikel ist bspw. nur in einer bestimmten Saison verfügbar, manche Produkte werden aus dem Sortiment ausgelistet oder sind nur für Promotionsaktionen verfügbar.[13]

In jedem Geschäft der Drogeriekette werden durchschnittlich rund 1.131 Produktpreise von den verfügbaren 15.000 Produkten wöchentlich geändert. Dies entspricht 7,54% aller aktuell verfügbaren Artikel. Bei einer Supermarktkette, wie sie Levy et al. (1996) untersucht haben, wurden wöchentlich im Durchschnitt die Preise von 3.916 Artikeln bei einem Warensortiment von 25.000 Artikeln verändert, dies entspricht einem Prozentsatz von 15,66%. An diesen Zahlen ist leicht zu erkennen, dass ein Supermarkt durchschnittlich rund doppelt so viele Preise ändert, wie ein Geschäft einer Drogeriekette.[14] Die durchschnittlichen gesamten Menu Costs pro Jahr belaufen sich bei der der Drogeriekette auf 24.951 USD pro Geschäft. Dies entspricht nur rund einem Viertel der durchschnittlichen gesamten Menu Costs einer Filiale der vier Supermarktketten. Dutta et al. (1998) finden, dass der Hauptgrund hierfür in der signifikant geringeren Preisänderungsaktivität der Drogeriekette liegt. Ein Grund für diese unterschiedliche Häufigkeit der Preisänderung kann sein, dass Drogerieketten und Supermarktketten unterschiedliche Zielgruppen ansprechen möchten, welche unterschiedliche Preisempfindlichkeiten aufweisen.[15] Nagle et al. (1995) behaupten, dass Kunden preisempfindlicher sind, wenn ihre Gesamtausgaben höher sind. Weiter sagen die beiden Autoren aus, dass die Kunden weniger preisempfindlich sind, wenn ein Gut für den Kunden einen besonderen Wert hat. Dieses Phänomen bezeichnen Nagle et al. als den Unique-Value-Effekt.[16] Da die meisten Menschen mindestens einmal wöchentlich einen Supermarkt aufsuchen, um ihren alltäglichen Bedarf zu decken, aber ihre Einkäufe bei Drogerieketten eher bedarfsbezogen und sporadisch sind, ist der Konsum in Supermärkten üblicherweise größer als in Drogeriemärkten. Dieses impliziert, dass Supermarktkunden wesentlich preissensibler reagieren als Drogeriemarktkunden.[17]

Hieraus resultiert auch ein höherer Umsatz für die Supermarktketten. Der Umsatz beträgt pro Filiale und pro Jahr 15.052.716 USD, wohingegen er bei einer Drogeriefiliale 3.350.000 USD beträgt. Der Nettogewinn ist prozentual bei einer Filiale einer Drogeriemarktkette höher als bei einer Filiale einer Supermarktkette. In absoluten Zahlen dreht sich diese Relation um. Der absolute Nettogewinn eines Supermarktes beträgt demnach: 2% x 15.052.716 USD ̴ 301.054 USD, der absolute Nettogewinn eines Drogeriemarktes beläuft sich auf: 2,75% x 3.350.000 USD ̴ 92.125 USD. Mit diesen Informationen lässt sich nun also erklären, warum die durchschnittlichen Menu Costs bei beiden Formaten annähernd gleich sind. Die Menu Costs eines Supermarkts machen des Umsatzes aus. Für einen Drogeriemarkt lässt sich folgendes, ähnliches Ergebnis ermitteln: . Beim prozentualen Anteil der Menu Costs bezogen auf den Nettogewinn, verhält es sich analog. Der Zähler bleibt bei der Berechnung gleich, es wird lediglich der Nenner durch die oben genannten Nettogewinne substituiert. Dadurch ergibt sich, dass die „Speisekarten-Kosten“ bei einem Supermarkt einen Anteil von 35,17%[18] und bei einer Drogeriemarktfiliale 27,08% des Nettogewinns betragen.

Bei den Kosten pro Preisänderung verhält es sich ebenfalls ähnlich. Bei 3.916 Preisänderungen pro Woche ergeben sich für Supermarktfilialen Menu Costs in Höhe von (i.H.v.) 0,52 USD pro Preisänderung. Trotz der deutlich geringeren Preisänderungsaktivität bei Drogeriemärkten näheren sich die Menu Costs pro Preisänderung einer Drogeriefiliale denen einer Supermarktfiliale an. Bei einer durchschnittlichen wöchentlichen Preisänderung von 1.131 Produkten belaufen sich hier die Menu Costs auf 0,42 USD pro Preisänderung. Zur übersichtlichen Darstellung werden die Ergebnisse aus dem Vergleich von Supermarktketten und einer Drogeriekette in Tabelle 1, welche sich im Anhang befindet, kurz zusammengefasst.

2.2 Kosten der Preisanpassung in einem Onlinestore

Wie im Gliederungspunkt 2.1 Kosten der Preisanpassung im stationären Handel beschrieben wurde, entstehen Menu Costs bei der Änderung von Preisen, da hier bspw. neue Preisschilder gedruckt werden müssen. Bei einem Onlinestore sollten nach dieser Überlegung deutlich geringere Menu Costs anfallen, da hier das Drucken neuer Preisschilder vollständig entfällt. Diese gedankliche Vorüberlegung soll nun in diesem Gliederungspunkt aufgegriffen werden und es soll gezeigt werden, ob diese Überlegung richtig oder falsch ist. Bailey (1998) behauptet, dass die Einführung des Internets die Menu Costs deutlich reduzieren könne. Er führt weiter an, dass die Menu Costs im elektronischen Markt nun marginale Kosten seien. Die „Speisekarten-Kosten“ können noch niedriger sein, wenn ein Algorithmus automatisch einen Preis vorgibt. Als Beispiel führt er an, dass ein Händler ein bestimmtes Buch zu 30% des Listenpreises verkauft. In diesem Kontext ist der Listenpreis die exogene Variable. Wenn der Verleger nun den Listenpreis modifiziert, muss der Händler nicht den Algorithmus abändern, sondern der Algorithmus ändert den Preis selbständig ab.[19] Diese Behauptung überprüft der Autor durch die Messung der Anzahl von Preisänderungen im Internet und vergleicht diese mit Ergebnissen die er aus der Messung über konventionelle Händler hat und gelangt zu dem Schluss, dass Internethändler wesentlich häufiger ihre Preise ändern als stationäre Händler. Dieses impliziert für ihn, dass Internethändler wesentlich geringere Menu Costs als stationäre Händler haben müssen.[20]

Smith et al. (2001: 5) finden ähnliches heraus, wie Bailey (1998), nämlich dass die Menu Costs in einem elektronischen Markt wesentlich niedriger sein sollten, als die Menu Costs, welche im stationären Handel vorzufinden sind. Sie nehmen weiter an, dass dies primär darauf zurückzuführen ist, dass die Kosten für eine Preisänderung im elektronischen Handel geringer sind, da lediglich eine Preisänderung in einer zentralen Datenbank durchzuführen ist. Weiter müsste noch berücksichtigt werden, dass sich Onlinehändler oft in einem anderen Umfeld wie die stationären Händler bewegen. Sie müssen bspw. keine Preisschilder drucken oder diese an der Ware anbringen. Diese Annahme ist allerdings nicht von Smith et al. (2001), sondern von Ghose und Gu (2007: 2). Wie in Gliederungspunkt 2.1 erwähnt, können hohe Menu Costs zu Preisrigiditäten führen, wenn der Nutzen einer solchen Preisänderung die Kosten der Preisänderung übersteigt. Tatsächlich haben Ghose und Gu (2007) in ihrer Studie gegenteiliges bewiesen. Ziel ihrer Forschung war es, die Menu Costs von Onlinehändlern zu bewerten und ihre Größe zu messen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben die Autoren Daten bezüglich der Preise und Nachfrage über einen Zeitraum von neun Monaten von Amazon.com beobachtet. Sie haben herausgefunden, dass die Menu Costs für beliebte Produkte deutlich höher sind, als für unbeliebte Produkte. Ebenso sind die „Speisekarten-Kosten“ für solche Produkte höher, deren Preis mit der Ziffer neun endet.

Schlussendlich belegt die Studie, dass bei einer Preiserhöhung höhere Kosten entstehen, als bei einer Reduktion des Preises. Hier wird die Menu Costs Definition von Levy et al. (1996) übernommen und bspw. um die Dimension der Management-Kosten erweitert. Dieses scheint ein erster Beleg dafür zu sein, dass die Annahme von Smith et al. (2001) nicht zutreffend sein kann. Ghose und Gu (2007: 3) haben weiter herausgefunden, dass Amazon.com und BN.com innerhalb von 90 Tagen ihre Preise weniger als einmal verändern, für einen Onlinehändler überraschend niedrig.[21]

Hierfür liefern sie zwei mögliche Erklärungen:

(1) Die Preisanpassungskosten sind beim Onlinehandel so hoch, dass sie eine Preisanpassung unrentabel machen und
(2) die Onlinehändler verändern ihre Preise nicht, da die Nachfrage nur in einem geringen Umfang variiert.

Diese beiden Erklärungen liefern eine erste Begründung für Preisrigidität und weisen erneut darauf hin, dass in Onlinemärkten hohe Menu Costs vorhanden sein könnten. Für Amazon.com liegen die geschätzten Menu Costs bei 11,11 USD pro Preisänderung. Bei einem Vergleich von diesem Wert mit dem Wert von Levy et al. (1996), der sich auf 0,52 USD pro Preisänderung beläuft, lässt sich feststellen, dass die Menu Costs in diesem Fall 2136,54% höher sind als im stationären Handel. Dieser Vergleich zeigt, dass die Annahme von Smith et al. (2001) gemäß der Studie von Ghose und Gu (2007) unzutreffend ist. Bezogen auf den Gesamtumsatz relativieren sich die Menu Costs. Da sich die Menu Costs hier auf einen größeren Umsatz verteilen können, als bei dem stationären Handel, sind die absoluten Menu Costs pro Preisänderung zwar hoch, machen aber relativ gesehen jährlich nur einen geringen Prozentsatz bezogen auf den Umsatz aus.[22] Diese These festigen Chakrabarti und Scholnick (2007), indem sie aufzeigten, dass tatsächlich nominale Preisrigiditäten im elektronischen Handel vorhanden sind. Auch sie haben in ihrer Studie das Preissetzungsverhalten von Amazon.com und BN.com untersucht und hierbei unter anderem Hinweise auf Preissynchronisation gefunden. Die Preisrigiditäten, welche neben der Synchronisation beobachtet werden konnten, können ihrer Meinung nach allerdings nicht durch Menu Costs ausgelöst werden, da diese laut den Ergebnissen ihrer Untersuchungen im Onlinehandel relativ gering sind.[23]

Während Levy et al. (1996) einen Wert i.H.v. 0,70 % für den stationären Handel ermittelt haben, beläuft sich der Wert beim Onlinehandel auf 0,20%. Dieses Phänomen lässt sich vermutlich durch die Existenz der Economies of Scale erklären. Jede Preisänderung verursacht fixe Kosten, welche unabhängig davon sind, wie viele Artikel zu diesem Zeitpunkt einer Preisänderung unterliegen. Händler, welche große „Speisekarten-Kosten“ aufweisen, haben die Möglichkeit, diese auf eine größere Anzahl von Produkten zu verteilen, deren Preis geändert wird. Solche Economies of Scale sind beim stationären Handel geringer als bei Onlinehändler, da Onlinehändler in der Regel in einem größeren Umfang arbeiten als stationäre Einzelhändler.[24]

2.3 Häufigkeit der Preisanpassung

Die Häufigkeit einer Preisanpassung scheint bei manchen Gütern sehr hoch zu sein, während sie bei anderen Gütern relativ gering oder sogar rigide wirkt. Jedes Individuum kommt täglich mit Preisänderungen in Berührung. Am einfachsten ersichtlich wird dieses beim täglichen Erwerb von Lebensmitteln. In diesem Gliederungspunkt soll die Häufigkeit der Preisanpassung unter anderem für Energieprodukte, verarbeitete und unverarbeitete Lebensmittel et cetera (etc.) betrachtet werden. Blinder et al. (1998) stellten in ihrem bahnbrechenden Aufsatz Ergebnisse bezüglich der Preisrigiditäten von Unternehmen dar. Um die Preisrigidität, bzw. das Preissetzungsverhalten untersuchen zu können, haben die Autoren 200 Führungskräfte von Unternehmen verschiedener Branchen befragt, welche für die Preissetzung verantwortlich waren. Blinder et al. (1998) befragten die verantwortlichen Führungskräfte nach ihren Beweggründen, Preise zu ändern oder sie nicht zu ändern. All diese Unternehmen waren in Privatbesitz, gewinnorientiert, nicht durch den Staat reguliert und hatten ihren Sitz alle in den Vereinigten Staaten. In den Befragungen der beiden Autoren wurden die Führungskräfte, welche für die Preissetzung verantwortlich waren, zunächst gefragt, wie häufig sie die Preise ihrer wichtigsten Produkte innerhalb eines typischen Geschäftsjahres ändern. Von den 200 befragten Führungskräften beantworteten 186 Führungskräfte die Frage von Blinder et al. (1998). Anhand dieser Antworten haben der Autor und die Koautoren anschließend erstaunliches herausgefunden. Fast die Hälfte aller Unternehmen (49,4%) ändern ihre Preise höchstens einmal im Jahr, oder sogar noch seltener.[25] Mindestens einmal, aber maximal zweimal im Jahr ändern 15,6% der Unternehmen ihre Preise.[26] Unternehmen, die ihre Preise häufiger als zweimal, aber höchstens viermal im Jahr verändern machen einen Anteil von 12,9% aus. Durch Kumulation dieser Prozentsätze ergibt sich ein Wert von 77,9%, in absoluten Zahlen ausgedrückt, heißt dies, dass rund 145 von 186 Unternehmen ihre Preise maximal viermal im Jahr modifizieren. Dieses scheint ein erster Indikator für Preisstarrheit zu sein. Die verbleibenden 41 Unternehmen (22,1%) ändern ihre Preise offensichtlich häufiger als viermal jährlich. Diese 22,1% der Unternehmen können weiter gedanklich in vier Kategorien zerlegt werden. 7,5% der Unternehmen ändern ihren Preis häufiger als viermal pro Jahr, höchstens aber einmal pro Monat. 4,3% der Unternehmen ändern ihre Preise häufiger als einmal im Monat, aber höchstens wöchentlich. Mindestens einmal pro Woche, aber höchstens täglich ändern 8,6% der Unternehmen ihre Preise. Ein kleiner Teil der Unternehmen (1,6%) ändern ihre Preise häufiger als einmal pro Tag. Zur besseren Lesbarkeit werden die Ergebnisse bezüglich der Häufigkeit der Preisanpassung in Tabelle 2, welche sich im Anhang befindet, zusammengefasst.[27]

Sie wollten weiter von den Unternehmen, von denen sie eine Antwort auf ihre erste Frage erhalten hatten, wissen, warum sie ihre Preise nicht häufiger ändern, als sie es aktuell tun. Von den 186 Unternehmen, die diese Frage gestellt bekommen haben, erhielten sie eine Rückmeldung von 151 Unternehmen, da einige auf diese Frage nicht antworten wollten oder ganz argumentierten, dass sie ihre Preise so oft ändern, wie sie es wollen. Da ein paar Unternehmen jedoch auch bereit waren mehrere Gründe zu nennen, erhielten die Autoren schlussendlich 196 Antworten, welche sie untersuchen konnten. Der häufigste Grund, warum die Unternehmen ihre Preise nicht öfter anpassen, ist der, dass mit häufigeren Preisänderungen die Kunden verärgert werden würden, bzw. die Unternehmen Schwierigkeiten mit ihnen bekommen könnten. Dieser Grund wurde 41-mal als Antwort gegeben. Prozentual ausgedrückt entspricht dieses 20,91% aller Antworten. Neben diesem Grund gibt es zwei weitere Gründe, welche sehr häufig genannt wurden. Dies sind zum einen der Wettbewerbsdruck und zum anderen die Kosten der Preisänderung. Diese beiden Gründe wurden jeweils 28-mal genannt. Bezogen auf die 196 Antworten, macht dies einen nicht zu vernachlässigenden Anteil von jeweils 14,29% aus. Allein die drei bisher genannten Gründe, warum Preise nicht häufiger geändert werden, bilden kumuliert rund 50% aller Gründe ab. Die verbleibenden 50% der Gründe, warum die Preise nicht häufiger geändert werden, setzen sich aus sieben verschiedenen Kategorien zusammen. Diese Gründe sollen der Vollständigkeit halber nachfolgend aufgegriffen werden.

So wurde 27-mal die Antwort gegeben, dass sich die Kosten der Unternehmungen nicht häufiger ändern und sie daher auch ihre Preise nicht häufiger anpassen müssen. Unternehmen wollen ihre Preise verändern, bzw. erhöhen, wenn sie glauben, dass ihre Konkurrenten die Preise ebenfalls erhöhen wollen. Da jedoch jedes Unternehmen Angst davor hat, dass die Konkurrenz die Preise konstant hält und keine Preiserhöhung durchführt, ist jedes Unternehmen bereit darauf zu warten, was die Konkurrenten tun. Dabei kann es allerdings auch zu Koordinationsversagen kommen. Dieser Grund wurde in 15 der 196 Antworten angegeben. Weiter führen die Unternehmen an, dass sie explizite Verträge mit fixen Preisen (14 Antworten) und implizite Verträge mit Stammkunden (5 Antworten) haben, die sie einhalten müssen, bzw. sollten. 11 der 196 Antworten besagen, dass die Unternehmen ihre Preise nicht häufiger ändern, da es Gewohnheit ist und weitere 5 Antworten besagen, dass die Unternehmen verschiedenen Regelungen unterliegen. Bei 20 Antworten haben die Unternehmen keine expliziten Gründe genannt, sondern sagten lediglich aus, dass sie andere Gründe dafür hätten, warum sie ihre Preise nicht häufiger ändern. Diese anderen Gründe werden allerdings von Blinder et al. (1998) nicht detaillierter unterteilt. Die Gründe, warum Unternehmen ihre Preise nicht häufiger anpassen sind mannigfaltig. Blinder et al. (1998) deuten die geringe Häufigkeit der Preisänderung als einen Beleg dafür, dass Preisstarrheit vorliegt.[28] In Tabelle 3, welche sich im Anhang befindet, werden die Gründe, warum Preise nicht häufiger geändert werden, dargestellt.

Stahl (2005) hat eine Untersuchung ähnlich wie Blinder et al. (1998) in Deutschland durchgeführt. In seiner Untersuchung, welche im Juni 2004 durchgeführt wurde, geht Stahl auf das verarbeitende Gewerbe ein und schließt den deutschen Lebensmitteleinzelhandel dabei aus. Die Resonanz auf den Fragebogen ist bei Stahl (2005) erheblich schlechter als bei Blinder et al. (1998). Stahl hat den Fragebogen im Gegensatz zu Blinder et al. (1998) nicht direkt an die Firmen versendet. Ursprünglich hat die Deutsche Bundesbank, in welcher Stahl tätig ist, dem Ifo-Institut[29] aus München, welches monatliche Konjunkturprognosen durchführt, den Auftrag erteilt, die Umfrage bezüglich des Preissetzungsverhaltens in diese Konjunkturprognose mit einzubeziehen. Diese Vorgehensweise wurde gewählt, damit die Unternehmen bestimmte Fragen nicht mehrfach gestellt bekommen und eventuell dadurch verärgert werden würden. Das Ifo-Institut versendete 2.500 Fragebögen an die Teilnehmer des Konjunkturtests. Problematisch hierbei ist, dass sich in der Stichprobe überwiegend große Unternehmen befinden. Dieses ist historisch bedingt, da Deutschland bis zum Jahre 1995 kein einheitliches Unternehmensregister führte. Daher haben Wissenschaftler anhand von veröffentlichten Bilanzen entschieden, welche Unternehmen befragt werden sollten. Die Probe wurde in den letzten Jahren immer wieder aktualisiert, damit sie alle Unternehmen der Bundesrepublik Deutschland repräsentiert. Dieses impliziert für die Studie von Stahl, dass große Unternehmen omnipräsent sind.[30] Die Rücklaufquote bezogen auf die Umfrage zum Preissetzungsverhalten beträgt 48%. In absoluten Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass von 2.500 verschickten Fragebögen 1.200 an das Ifo-Institut ausgefüllt zurückgesendet wurden. Bei Blinder et al. betrug die Rücklaufquote 93%. Stahl wollte mit seiner Untersuchung primär herausfinden, warum Unternehmen ihre Preise nur verzögert an geänderte Marktbedingungen anpassen und zum anderen, nach welchen Regeln sie anpassen.

So findet Stahl bspw., dass Theorien, welche besagen, dass physische Menu Costs wichtig sind, wenig Unterstützung finden. Der Autor ist der Meinung, dass Menu Costs eine verzögerte Preisanpassung nicht erklären können. Die Wettbewerbsverhältnisse der Unternehmen spielen in seinen Augen eine gewichtige Rolle. Die Umfrageergebnisse verdeutlichen, dass das Preissetzungsverhalten in den verschiedenen Modellen, wie bspw. zustandsabhängige oder zeitgebundene Modelle, zu vereinfacht dargestellt wird. Auf diese Modelle soll im weiteren Verlauf der Thesis nicht eingegangen werden, da diese Modelle zu umfangreich wären. In der Praxis ist der Prozess der Preisanpassung erheblich komplexer als in den beiden vorhergenannten Modellen.[31]

In den 1.200 beantworteten Fragebögen, berichten Unternehmen darüber, warum sie auf Schocks mit Zeitverzögerungen reagieren und wie sie ihre Preise anpassen. Die Studie von Stahl (2005) bestätigt die Studie von Blinder et al. (1998), da zum Teil grundlegende Bestandteile von Blinder et al. auch auf Deutschland übertragbar sind. Dazu gehören bspw. explizite Verträge, die es den Unternehmen ausdrücklich verbieten, Preiserhöhungen durchzuführen. Auch in Deutschland werden Preiserhöhung nicht sofort durchgeführt, da die Unternehmen befürchten, dass ihre Konkurrenten dieser Preiserhöhung nicht folgen und sie dadurch Marktanteile an die Mitbewerber verlieren. Allerdings solle an dieser Stelle für die Bundesrepublik Deutschland noch erwähnt werden, dass sogenannte mark-up pricing gelten, wie sie in den meisten Modellen bezüglich der Preisstarrheit angenommen wird. Unter mark-up pricing wird ein Gewinnaufschlag verstanden, welcher die Differenz zwischen den Kosten der Produktion und Vermarktung eines Produktes und dem Preis, zu dem das Produkt letztendlich verkauft wird, darstellt. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird hierfür auch der Begriff der Vollkostenrechnung verwendet.

Stahl hat herausgefunden, dass es fünf verschiedene Arten der Preissetzung gibt. Die meisten Unternehmen berichteten (69%), dass sie zunächst die Stückkosten ihrer Produkte berechnen und dieses als Referenzpunkt betrachten und anschließend je nach Markt- und Wettbewerbsbedingung variierende Gewinnaufschläge festsetzen. Im Gegensatz dazu berichtet nur ein kleiner Teil der Unternehmen (4%), dass zu den berechneten Stückkosten ein konstanter Gewinnaufschlag aufaddiert wird. Den Preis der Mitbewerber wählen 17% der Unternehmen als Referenzpunkt ihrer Preissetzung. Lediglich 2% der Unternehmen geben an, dass sie ihre Preise an andere Preise, wie bspw. Löhne binden. Die verbleibenden 7% der Unternehmen verwenden sogenannte „andere Arten“, welche von Stahl (2005) nicht näher spezifiziert werden. Die Art der Preissetzung gilt für Firmen, welche Preissetzungsmacht haben.[32] Um einen besseren Überblick über die genannten Zahlen zu geben, werden die Zahlen in Tabelle 4, welche sich im Anhang befindet, kompakt zusammengefasst. Stahl definiert mehrere Gründe, warum Unternehmen ihre Preise nur verzögert anpassen und versucht anhand der Antworten in den Fragebögen herauszufinden, wie wichtig die jeweiligen Gründe für die Unternehmen sind. Unternehmen haben zum Teil nominale Verträge, welche ihre Preise fixieren. Somit können die Unternehmen nicht sofort mit einer Preisänderung auf einen Schock reagieren. Dies ist aus Sicht der Unternehmen der wichtigste Grund für Preisstarrheit. Wie Blinder et al. (1998) findet auch Stahl anhand der Fragebögen heraus, dass Koordinationsausfall ein wichtiger Grund für verzögerte Preisanpassungen ist. In diesem Fall haben die Unternehmen Angst, dass sie Kunden verlieren, wenn sie ihre Preise anpassen, während die Konkurrenten die Preise nicht verändern. Die Preiselastizität der Nachfrage, die Preisänderungen zu bestimmten Zeitpunkten und die Preisänderungen nach einem bestimmten Zeitintervall haben für die Unternehmen ungefähr die gleiche Bedeutung und werden direkt nach dem Koordinationsausfall als Grund für Preisstarrheit genannt. Unter der Preiselastizität der Nachfrage ist allgemein folgendes zu verstehen:

„Die Preiselastizität ε (sprich: Epsilon) der Nachfrage zeigt an, um wie viel Prozent sich die nachgefragte Menge Q ändert, wenn sich der Preis p um ein Prozent ändert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da die Nachfrage sinkt, falls der Preis steigt, ist die Elastizität negativ. Oftmals wird deshalb nur der Betrag betrachtet, oder die Elastizität sogar mit einem Minuszeichen definiert. Die Nachfrage heißt

- elastisch, falls | ε| > 1
- unelastisch, falls | ε| < 1
- einheitselastisch, falls | ε| = 1.

Bei einer elastischen Nachfrage reagiert die Nachfrage prozentual stärker als der Preis, bei einer unelastischen Nachfrage reagiert sie schwächer. (Sieg 2007: 32)“

Eine weniger wichtige Bedeutung ordnen die Unternehmen den nächsten beiden Gründen zu. Unternehmen sind bereit ihre Preise anzupassen, wenn sie permanente Schocks wahrnehmen. Auf vorübergehenden Schocks reagieren Unternehmen, welche ihre Preise über einen längeren Zeitraum konstant halten wollen, jedoch nicht. Wenn die Inputpreise der Waren, welche die Unternehmen verarbeiten, sich nicht signifikant verändern, dann verändern die Unternehmen die Preise ihrer Endprodukte ebenfalls nicht. Auch Menu Costs spielen in diesem Zusammenhang eine weniger wichtige Rolle. Preise werden nicht angepasst, wenn der Mehrgewinn, der durch die Preisänderung entsteht, von den Menu Costs überstiegen wird. Neben diesen Gründen nennen die Unternehmen noch weitere Gründe für die Starrheit ihrer Preise, jedoch werden diese von Stahl nicht weiter erläutert.[33]

Dhyne et al. (2005) stellen in ihrer Studie eine Reihe von Indikatoren, welche Preisanpassungen charakterisieren, vor. Einer dieser Indikatoren bezieht sich auf die Häufigkeit der Preisanpassungen. Ein weiterer Indikator bezieht sich auf die durchschnittliche Laufzeit von Preisperioden, welcher im Folgenden aufgegriffen wird, da die Laufzeit im Zusammenhang mit der Häufigkeit der Preisänderungen steht. Dhyne et al. (2005) haben Ergebnisse bezüglich dieser beiden Indikatoren für die Eurozone ermittelt und diese mit Ergebnissen für die USA von Bils und Klenow (2004) verglichen. Dhyne et al. haben eine Stichprobe gewählt, welche 50 Güter und Dienstleistungen umfasst. Um Ergebnisse zu erhalten, welche repräsentativ für die Eurozone sind, haben sie ihre Erkenntnisse aus zehn verschiedenen Euroländern gewichtet und zusammengefasst. Dabei hat jeder nationale Teilindex dasselbe Gewicht, wie der nationale Verbraucherpreisindex, welcher in der englischen Literatur als Consumer Price Index bezeichnet wird. In einem ersten Vergleich der Ergebnisse der Eurozone mit den Ergebnissen aus den United States of America (USA), haben Dhyne et al. festgestellt, dass die durchschnittliche Laufzeit eines Preises in der Eurozone in etwa doppelt so lange ist wie in den USA. Bils und Klenow (2004) haben eine durchschnittliche monatliche Preisänderungshäufigkeit von 26,1% für den Zeitraum von 1995 bis 1997 geschätzt. Für den Zeitraum von 1998 bis 2003 schätzen sie eine Preisänderungshäufigkeit von 29,3%. Um die Ergebnisse von Bils und Klenow (2004) mit den Ergebnissen für die Eurozone vergleichbar zu machen, haben Dhyne et al. selbst ein Ergebnis für die USA ermittelt, welches auf den Daten von Bils und Klenow (2004) beruht, sich aber genauso wie in der Ermittlungsmethode der Eurozone auf 50 Güter und Dienstleistungen beschränkt. Mit dieser Vorgehensweise wurde erreicht, dass die beiden Ergebnisse nun vergleichbar sind, was sie vorher nicht waren. Dhyne et al. sind zu dem Ergebnis gelangt, dass sich durchschnittlich 15,1% der Preise ihrer Stichprobe in einem gegeben Monat ändern. Für die USA haben sie hingegen mit der oben beschrieben Berechnungsmethode ermittelt, dass sich 24,8% der Preise ändern.

Wenn die Preise der gewählten Stichprobe alle die gleiche Laufzeit hätten, könnte darauf geschlossen werden, dass die Laufzeit als eine Umkehrung der Preisänderungshäufigkeit berechnen werden kann. Für die Eurozone würde sich so eine durchschnittliche Laufzeit von rund 6,6 Monaten ergeben, die wie folgt berechnet werden würde: . Da es offensichtlich leider nicht so trivial ist, dass jedes Produkt dieselbe Preislaufzeit hat, kann diese Methode nicht angewendet werden. Dhyne et al. haben stattdessen die Häufigkeiten der Preisänderung der verschiedenen Produkte umgekehrt und anschließend aggregiert.[34] Für die Eurozone gelangten die Autoren zu dem Ergebnis, dass die durchschnittliche Laufzeit eines Produkts 13 Monate beträgt, wohingegen sie für die USA einen Wert von 6,7 Monaten ermittelt haben.[35] Dieses Ergebnis ist konsistent mit den vorangegangen Ergebnissen von Dhyne et al. für die Eurozone bezüglich der Häufigkeit der Preisänderung, denn seltenere Preisänderungen implizieren eine längere Laufzeit von Produktpreisen.

Die Häufigkeit von Preisänderungen variiert je nach Produkt. Allgemein gilt, dass sich die Preise von Energieprodukten und unverarbeiteten Lebensmitteln häufiger ändern, als die Preise von verarbeiteten Lebensmitteln, non-energy industrial goods und Dienstleistungen. Dhyne et al. haben für diese Produktkategorien in der Eurozone exakte Preisänderungshäufigkeiten ermittelt. Energieprodukte haben eine Preisänderungshäufigkeit von 78% in einer gegebenen Periode- in diesem Falle ein Monat- und sind somit die Produkte in der Stichprobe, welche ihren Preis am häufigsten ändern. Unverarbeitet Lebensmittel haben im Vergleich zu den Energieprodukten eine Preisänderungshäufigkeit, welche um 49,7 Prozentpunkte niedriger ist. Die Preisänderungshäufigkeit beträgt somit 28,3%.

Für verarbeitete Lebensmittel und non-energy industrial goods hingen ist die Preisänderungshäufigkeit, wie bereits eingangs beschreiben, um ein vielfaches geringer. In einer gegebenen Periode- welche auch hier ein Monat beträgt- ist die Preisänderungshäufigkeit bei verarbeiteten Lebensmitteln 13,7% und bei non-energy industrial goods 9,2%. Dienstleistungen weisen die geringste Preisänderungshäufigkeit mit 5,6% auf. Dhyne et al. haben für die USA dasselbe Muster identifiziert, welches auf den Daten von Bils und Klenow (2004) basiert. Energieprodukte haben in den Vereinigten Staaten ebenfalls eine hohe Preisänderungshäufigkeit. Diese beträgt in diesem Fall 74,1%. Unverarbeitete Lebensmittel unterliegen in den USA einer Preisänderungshäufigkeit von 47,4%, ein erheblich höheres Ergebnis, als das, welches für die Eurozone ermittelt wurde. Bei verarbeiteten Lebensmitteln und non-energy industrial goods ist es ähnlich. Auch bei diesen beiden Produktkategorien ist die Preisänderungshäufigkeit in den Vereinigten Staaten höher als in der Eurozone. Verarbeitete Lebensmittel weisen eine Preisänderungshäufigkeit von 27,1% auf und non-energy industrial goods eine Häufigkeit i.H.v. 22,4%. Während in der Eurozone die Preisänderungshäufigkeit für Dienstleistungen lediglich 5,6% beträgt, beläuft sie sich in den USA auf 15%. Für die Eurozone und die USA haben Dhyne et al. weiter herausgefunden, dass Güter, zu deren Herstellung der Inputfaktor Arbeit in hohem Maße benötigt wird, seltener Preisanpassungen unterliegen. Bei Gütern, bei denen der Inputfaktor Arbeit zur Herstellung weniger benötigt wird, werden häufiger Preisanpassungen durchgeführt. Die Autoren finden, dass dies die niedrige Preisänderungshäufigkeit für Dienstleistungsprodukte erklärt, da hier der Faktor Arbeit eine gewichtige Rolle spielt.

Auch diese Ergebnisse lassen Dhyne et al. zu dem Schluss gelangen, dass die Preisperioden in den USA kürzer sind, als in der Eurozone, da die Preisänderungshäufigkeiten -abgesehen von der Preisänderungshäufigkeit bei den Energieprodukte- aller Produktkategorien in den USA höher ist, als in der Eurozone.[36] Zum besseren Verständnis sind die Preisänderungshäufigkeiten von Dhyne et al. (2005), welche im Text erwähnt wurden, in Tabelle 5, welche sich im Anhang befindet, kurz zusammengefasst.

[...]


[1] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Wirtz (2008: 34).

[2] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Colander und Gamber (2006:74); Macroeconomics.

[3] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Mankiw (2011:128); Makroökonomik.

[4] Der Punkt in der Zahl wurde hier aus Gründen der besseren Lesbarkeit gewählt. Gemeint ist hier ein Tausendertrennzeichen wie es in der deutschen Darstellung üblich ist. Es ist nicht als Komma zu interpretieren, wie es in der englischen Darstellung üblich ist.

[5] Gemeint ist hier der Aufsatz THE MAGNITUDE OF MENU COSTS: DIRECT EVIDENCE FROM LARGE U.S. SUPERMARKET CHAINS. Der Einfachheit halber wird das Wort Paper verwendet, um eine bessere Lesbarkeit darzustellen.

[6] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Levy et al (1996: 2).

[7] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Levy (1996:5).

[8] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Levy (1996:10).

[9] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Levy (1996), TABLE 1, Footnote a). Diese Darstellung stellt eine eigene Übersetzung dar. Im Originaltext entspricht die Every Day Low Price pricing strategy der „Dauertiefpreisstrategie“ und die High/Low pricing strategy entspricht der „Hoch-Tief“-Strategie.

[10] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Levy (1996: 2).

[11] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Dutta (1998: 0).

[12] Gemeint ist mit der Seitenzahl null, die Seite auf welcher sich der Abstract befindet. Da diese Information lediglich im Abstract enthalten ist und später nicht mehr aufgeführt wird, bezieht sich der Verweis auf den Abstract.

[13] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Dutta (1998: 21).

[14] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Dutta (1998: 6).

[15] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Dutta (1998: 8).

[16] Die nachfolgenden Angaben finde sich bei Nagle et al. (1995).

[17] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Dutta (1998: 8).

[18] Levy et al. (1996: 1), geben in ihrer Studie einen Wert von 35,2% an.

[19] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Bailey (1998: 30).

[20] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Smith et al. (2001: 5).

[21] Hier ist anzumerken, dass diese Untersuchung sich nur auf Bücher bezieht.

[22] Der weltweite Gesamtumsatz von Amazon.com betrug im Jahre 2007 14,835 Milliarden USD, wohingegen der Umsatz einer Supermarktfiliale 0,0151 Milliarden USD betrug.

[23] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Chakrabarti und Scholnick (2007: 666-667).

[24] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Ghose und Gu (2007: 18).

[25] 10,2% der Unternehmen ändern ihre Preise weniger als einmal jährlich, 39,2% der befragten Unternehmen ändern ihren Preis laut ihren eigenen Angaben einmal im Jahr.

[26] Unter dem Begriff Unternehmen sind hier die Führungskräfte gemeint, welche stellvertretend für das Unternehmen die Frage beantwortet haben.

[27] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Blinder (1998: 84).

[28] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Blinder (1998: 85).

[29] Gemeint ist hier das ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München eingetragener Verein (e.V.).

[30] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Stahl (2005: 9).

[31] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Stahl (2005: 5-6).

[32] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Stahl (2005: 10).

[33] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Stahl (2005: 12).

[34] Dhyne et al. (2005) müssten dieses für jeden einzelnen Artikel gemacht haben. Die genaue Vorgehensweise wird allerdings in ihrem Aufsatz nicht erwähnt.

[35] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Dhyne et al. (2005: 1-14).

[36] Die nachfolgenden Angaben finden sich bei Dhyne et al. (2005: 14-17).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2012
ISBN (PDF)
9783955498580
ISBN (Paperback)
9783955493585
Dateigröße
597 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2,6
Schlagworte
stationärer Handel Preisanpassung Onlinestore Preissetzung Lohn
Zurück

Titel: Preissetzungsverhalten von Unternehmen: Ergebnisse mikroökonomischer Studien
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
60 Seiten
Cookie-Einstellungen