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Die Darstellung des Koreakrieges anhand ausgewählter Artikel aus den Jahren 1950 bis 1953 im Nachrichtenmagazin TIME

©2011 Diplomarbeit 83 Seiten

Zusammenfassung

1950 brach auf der koreanischen Halbinsel ein bewaffneter Konflikt aus, der sich durch das Eingreifen der Volksrepublik China an der Seite der Nordkoreaner und der Vereinten Nationen unter der Führung der USA an der Seite Südkoreas zu einer dreijährigen kriegerischen Auseinandersetzung zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Hemisphäre entwickelte. Dieser Konflikt und die damit verbundenen politischen Entwicklungen wurden vom 1923 gegründeten Nachrichtenmagazin TIME journalistisch aufbereitet und einer US-amerikanischen Öffentlichkeit präsentiert, die stark von der Angst vor einer kommunistischern Unterwanderung oder gar Eroberung und Beherrschung der gesamten Welt beeinflusst war.
In der vorliegenden Arbeit soll anhand einer Analyse der sprachlichen Mittel in ausgewählten Artikeln des Nachrichtenmagazins aus den Jahren 1950 bis 1953 geklärt werden, welche Möglichkeiten zur Manipulation der Leserschaft durch die Darstellung der Ereignisse jener Zeit gegeben waren.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Anhand dieser Artikel soll untersucht werden, wie die Darstellung des Koreakrie-
ges in
TIME aufgebaut war. Die Analyse soll sich dabei auf die Kriegsjahre 1950
bis 1953 beschränken. Da über die Auswirkungen der Berichterstattung in dieser
Zeit nur Vermutungen angestellt werden können, bezieht sich die Analyse auf die
sprachlichen Mittel, Argumentationsstränge und von
TIME dargebotenen Erklä-
rungen zu bestimmten politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen.
Den ersten Teil dieser Arbeit bildet ein Überblick über den historischen Hinter-
grund jener Jahre und einer Übersicht über die Entwicklung im Norden und Süden
der koreanischen Halbinsel bis zur Gründung der beiden selbstständigen Staaten.
Ein Exkurs soll einen Einblick in die Kommunistenfurcht in den USA geben. Die
Erwähnung dieser Furcht ist unabdingbar, bildet sie doch einen Teil des gesell-
schaftlichen Hintergrundes, vor dem die Berichterstattung jener Zeit stattfand.
Schließlich folgt ein chronologischer Überblick über die Ereignisse während des
Krieges.
Im zweiten Teil der Arbeit soll das Nachrichtenmagazin
TIME vorgestellt werden.
Das Augenmerk soll dabei auf den Besonderheiten des journalistischen Stils von
TIME liegen. Es folgt eine Analyse der Darstellung der Staats- und
Gesellschaftsordnung des Kommunismus sowie eine Analyse der Darstellung
kommunistischer, US-amerikanischer und verbündeter Staatsoberhäupter und
Soldaten in ausgewählten Artikeln aus den Jahren 1950 bis 1953.
Die anschließende Darstellung des Kriegsverlaufes folgt dem chronologischen
Prinzip. Hierbei soll besonders auf wichtige Wendepunkte des Krieges, wie das
Eingreifen der Chinesen oder das Überschreiten des 38. Breitengrades der
UN-Truppen, eingegangen werden.
Aufgrund der Analyse soll schließlich die Frage beantwortet werden, welches
Bild des Krieges und der gegnerischen Kriegsparteien in
TIME gezeichnet wurde
und welche Überzeugungen dieser Darstellung zugrunde lagen.

2 Historischer Hintergrund
2.1
K
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E
rklärung und
US-S
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J
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C
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In der
K
airoer
E
rklärung
war bereits am 27. November 1943 über die Zukunft
Koreas entschieden worden. ,,The aforesaid three great powers, mindful of the
enslavement of the people of Korea, are determined that in due course Korea shall
become free and independent" (Cairo Communiqué). Die vage Formulierung ,,in
due course" war von verschiedenen Seiten sehr unterschiedlich interpretiert wor-
den. Viele Koreaner sahen in der
K
airoer
E
rklärung
den Willen der Alliierten
formuliert, unmittelbar nach dem Ende der japanischen Kolonialherrschaft einen
freien und unabhängigen koreanischen Staat errichten zu wollen (Kim Chun-gil
143). Es gab jedoch auch Stimmen, die einer unmittelbar folgenden Staatsgrün-
dung kritisch gegenüberstanden: ,,Those leaders who participated in the Cairo,
Tehran, Yalta, and Potsdam Conferences . . . felt that Korea would not yet be
ready for self-rule" (Eberstadt und Ellings 53). Mit der Kapitulation des japani-
schen Kaiserreiches am 15. August 1945 endete dessen 35-jährige Kolonialherr-
schaft über die koreanische Halbinsel. Bereits wenige Tage später begannen so-
wjetische Truppen mit der Besetzung des nördlichen Teiles Koreas. Die Grenz-
ziehung zwischen den beiden Besatzungszonen war am 14. August 1945 durch
zwei US-amerikanische Militärberater erfolgt, die die Demarkationslinie entlang
des 38. Breitengrades festgelegt hatten (Lee 2006: 40). Vom 16. Dezember bis
zum 26. Dezember 1945 fand in Moskau ein Treffen der Außenminister der USA,
der Sowjetunion und Großbritanniens statt. James Francis Byrnes, Wjatscheslaw
M. Molotow und Ernest Bevin erörterten dort, neben weiteren Themen, die Zu-
kunft Koreas. Am 27. Dezember 1945 gaben sie im
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nglo
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merican
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C
ommuniqué
bekannt, Korea unter eine Viermächteverwaltung stellen zu wollen
(Hosch 23). Zu diesem Zweck wurde eine
US-S
oviet
J
oint
C
ommission
geschaf-
fen, die im Januar 1946 in Seoul zu Beratungen zusammenkam (Margulies und
Peterson 185). Zu einer Einigung kam es dabei nicht. Lee schließt daraus wie
folgt: ,,That this conference and the subsequent U.S.-USSR Joint Commission
sessions of 1946 produced no substantial agreement and ended in failure bespeaks
the fact that the Cold War was already brewing in Korea by early 1946" (Lee
2006: 86). Bis zum 6. Mai 1946 fanden 23 weitere Sitzungen der
US-S
oviet
J
oint
C
ommission
statt. Nachdem eine weitere Sitzung am 27. Mai 1947 ebenfalls ohne
Ergebnis geblieben war, wurden die Beratungen auf unbestimmte Zeit vertagt
(Edwards ,,Almanac" 24). Sowohl die sowjetische als auch die US-amerikanische

Seite ging daraufhin dazu über, die von ihnen besetzte Zone nach eigenen Vorstel-
lungen zu formen.
2.2 Die Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel
2.2.1 Die Entwicklung im nördlichen Teil Koreas
Bereits am 14. Oktober 1945 wurde in Pjöngjang das
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geschaffen (Edwards ,,Almanac" 21). Im Dezember
desselben Jahres wählte das
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Kim Il-sung, der zu den Gründungsmitgliedern zählte, zum Vorstand. Kim
hatte zuvor, zwischen 1932 und 1940, in der Mandschurei gegen die japanischen
Besatzer gekämpft. Unter Kim Il-sung, der bereits bei seiner Ankunft in Korea am
19. September 1945 als Held ehrenhaft empfangen worden war, wurde das
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.
Am 16. Februar 1946 wurde in China von Exil-Koreanern die
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gegründet. Ihr Vorsitzender war Kim Tu-bong. Am 22. Juli 1946 entstand aus
dem Zusammenschluss der
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. Aus dieser formierte sich am
28. August 1946 die
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arty
. Rund ein Jahr später, am
4. September 1947, lehnte die sowjetische Führung den US-amerikanischen Vor-
schlag einer Viermächtekonferenz ab, auf der die Wiedervereinigung Koreas dis-
kutiert werden sollte. Nachdem der Minister George C. Marshall am 17. Septem-
ber 1947 die Koreafrage vor die Vereinten Nationen gebracht hatte, beschloss
deren Generalversammlung am 14. November 1947 die Schaffung der
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emporary
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(UNTCOK). Diese sollte allgemeine
Wahlen auf der gesamten Halbinsel durchführen. Der Plan wurde gegen die Ein-
wände der Sowjetunion beschlossen (Edwards ,,Almanac" 26). Am 24. Januar
1948 wurde den Mitgliedern der
UNTCOK der Zutritt in den nördlichen Teil Ko-
reas verwehrt, sodass allgemeine Wahlen nur im südlichen Teil stattfinden konn-
ten. Nachdem im Norden des Landes am 25. August 1948 die Wahl der Abgeord-
neten des
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stattgefunden hatte und am 3. September
die Verfassung der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) verabschiedet
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vereinigte die Mitglieder einer religiösen Sekte,
die zu dieser Zeit in Korea einen gewissen Einfluss hatte (Lankov 22).

worden war, erfolgte am 9. September 1948 schließlich die Proklamation der
DVRK.
2.2.2 Die Entwicklung im südlichen Teil des Landes
Rhee Syng-man, der bereits 1911 aus Korea hatte fliehen müssen und daraufhin
über 30 Jahre im Exil verbracht hatte, kehrte am 16. Oktober 1945 nach Seoul
zurück. (Edwards ,,Almanac" 21) Er war bereits am 10. April 1919 zum Vorsit-
zenden des
K
orean
P
rovisional
G
overnment
gewählt worden, musste diesen Pos-
ten allerdings 1942 an Kim Gu abgeben (13). Ab dem 10. Mai 1948 ließ die
UNTCOK im südlichen Teil des Landes allgemeine Wahlen durchführen. Gegen
diese Maßnahme waren bereits am 3. April 1948 auf der Insel Jeju Aufstände aus-
gebrochen, gegen die das südkoreanische Militär und die Polizei ,,mit Unterstüt-
zung der amerikanischen Truppen mit Gewalt . . ." (Kleßmann und Stöver 165)
vorgegangen war. ,,In diesem Zusammenhang wurden 30.000 der 150.000 Ein-
wohner der Insel der Kollaboration mit den Rebellen beschuldigt und getötet"
(165). Am 17. Juli 1948 trat schließlich die erste Verfassung der Republik Korea
in Kraft. Rhee Syng-man wurde am selben Tag zum ersten Präsidenten dieser Re-
publik gewählt. In seiner Ansprache zur Amtseinführung am 24. Juli desselben
Jahres gab er als Ziel die Vereinigung von Nord- und Südkorea an und rief die
nordkoreanische Führung auf, sich Südkorea anzuschließen (29). Am 14. August
wurde die Souveränität von der US-amerikanischen Militärregierung auf die neu
gegründete Republik Korea übertragen. Auch nach der Staatsgründung musste
sich die Regierung in Seoul mit Aufständen auseinandersetzen; am 19. Oktober
1948 rebellierte ein Regiment der südkoreanischen Armee, dem ursprünglich die
Aufgabe zugeteilt worden war, kommunistische Rebellen auf der Insel Jeju aus-
findig zu machen, in der südkoreanischen Stadt Yosu. Diese Aufstände riefen
große Verunsicherung unter den südkoreanischen Bürgern hervor (Edwards ,,Al-
manac" 30-1).
2.3 Politik der Eindämmung,
T
ruman
-D
oktrin und NSC-68
Der Vorschlag einer Politik der Eindämmung (engl.: policy of containment) wur-
de erstmals von George F. Kennan, einem US-amerikanischen Diplomaten, for-
muliert. Kennan hatte in einem Telegramm auf die Frage des Finanzministeriums

der Vereinigten Staaten nach der wirtschaftlichen Lage der Sowjetunion geant-
wortet. Seine 8.000 Wörter umfassende Antwort ging weit über das Thema hi-
naus. Sie stellte die ,,Urfassung" (Marquart-Bigmann 243) eines Artikels dar, den
Kennan 1947 in der Februarausgabe des Magazines
F
oreign
A
ffairs
unter dem
Pseudonym ,,X" veröffentlichte. In diesem Artikel, der den Titel ,,The Sources of
Soviet Conduct" trug, analysierte Kennan den politischen Kurs der Sowjetunion
und äußerte seine Einschätzung zur zukünftigen weltpolitischen Lage im Zeichen
der Spannungen zwischen den USA und der Sowjetunion. Kennan strich die Un-
vereinbarkeit der Weltanschauungen beider Länder heraus: ,,The first of these
concepts is that of the innate antagonism between capitalism and Socialism. . . . It
must inevitably be assumed in Moscow that the aims of the capitalist world are
antagonistic to the Soviet regime, and therefore to the interests of the peoples it
controls" (Kennan). Aufgrund der gegenläufigen Interessen der beiden Länder sah
er große Spannungen voraus:
It must continue to expect that Soviet policies will reflect no ab-
stract love of peace and stability, no real faith in the possibility
of a permanent happy coexistence of the Socialist and the capi-
talist worlds, but rather a cautious, persistent pressure toward the
disruption and weakening of all rival influence and rival power.
(Kennan)
Für Kennan ergab sich aus dieser Schwierigkeit nur eine Lösung: ,,In these cir-
cumstances it is clear that the main element of any United States policy toward the
Soviet Union must be that of long-term, patient but firm and vigilant containment
of Russian expansive tendencies" (Kennan). Der Einfluss dieses Vorschlages war
enorm und die US-amerikanische Außenpolitik der darauffolgenden Jahrzehnte
sollte durch ihn entscheidend geprägt werden.
Am 12. März 1947 hatte der US-amerikanische Präsident Harry S. Truman vor
dem US-Kongress eine Rede zur Lage in Griechenland und der Türkei gehalten.
Die grundlegenden Aussagen dieser Rede gingen als
T
ruman
-D
oktrin
in die Ge-
schichte ein (Hanes und Hanes 23). In seiner Rede unterschied Truman deutlich
zwischen zwei sich diametral entgegenstehenden Gesellschaftsformen:
At the present in world history nearly every nation must choose
between alternative ways of life. The choice is too often not a
free one. One way of life is based upon the will of the majority,
and is distinguished by free institutions, representative govern-

ment, free elections, guarantees of individual liberty, freedom of
speech and religion, and freedom from political oppression. The
second way of life is based upon the will of a minority forcibly
imposed upon the majority. It relies upon terror and oppression,
a controlled press and radio; fixed elections, and the suppression
of personal freedoms. (,,Truman Doctrine")
Die
T
ruman
-D
oktrin
stand am Beginn der US-amerikanischen Politik der Ein-
dämmung kommunistischer Bestrebungen, das sowjetische Herrschaftsgebiet aus-
zudehnen. Am 14. April 1950 wurde Präsident Truman vom Nationalen Sicher-
heitsrat ein Memorandum vorgelegt, dessen Inhalt die ideologische ,,Erweiterung
der Truman-Doktrin" (Ehlert und Rogg 61) bildete. In diesem Memorandum, das
den Titel
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trug, war eine Ein-
schätzung der sowjetischen Ziele erfolgt.
Das Ziel der sowjetischen Politik, so hieß es darin, sei die voll-
ständige Subversion oder die gewaltsame Zerstörung der Regie-
rungs- und Gesellschaftsstruktur in den Ländern der nichtsowje-
tischen Welt und deren Ersetzung durch ein System, das dem
Kreml unterworfen sei und von ihm kontrolliert werde. (61)
In dem Memorandum, das auch als NSC-68 bekannt wurde, forderten die Auto-
ren, auch angesichts der ersten erfolgreichen Zündung einer sowjetischen Atom-
bombe im August 1949, eine massive US-amerikanische Aufrüstung (61). Das
Memorandum NSC-68 gilt als eines der ,,Schlüsseldokumente des Kalten Krie-
ges" (Bierling 110) und wird von Hastedt als ,,strategic blueprint for containing
Soviet expansion" (Hastedt 102) bezeichnet. Die Angst, dass die Sowjetunion
versuchen könnte, in weiteren Ländern kommunistische Gesellschaftsformen zu
etablieren, um diese so kontrollieren zu können, prägte die Zeit des
K
alten
K
rie
-
ges
4
bis in die 1990er Jahre. Bedingt war diese Angst sowohl durch politische
Umstände, weitreichende Verschiebungen im Mächteverhältnis der Staaten der
Welt, die Einteilung fast aller dieser Staaten
5
in einen der beiden Blöcke als auch
4
Der Begriff
K
alter
K
rieg
bezeichnet ,,the open yet restricted rivalry that developed after World
War II between the United States and the Soviet Union and their respective allies" (,,Cold War")
und wurde von dem Finanzier Bernard Baruch geprägt, der ihn in einer Ansprache 1947 verwen-
dete (Kleßmann und Stöver 29).
5
Zu den neutralen Staaten zählten beispielsweise Schweden, Finnland, Österreich, die Schweiz
und Irland (Vanden Berghe 157).

durch gezielte Einflussnahme der Medien während dieser Zeit.
2.3.1
R
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S
care
Nach dem Zweiten Weltkrieg verbreitete sich zum zweiten Mal
6
in der Geschichte
der USA eine antikommunistische Stimmung, die von einer vagen Furcht vor
einer kommunistischen Infiltration des Landes begleitet wurde. Ihren Höhepunkt
fand diese Entwicklung in den Anhörungen vor dem
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(
HUAC), denen sich US-Amerikaner stellen mussten, die kommu-
nistischer Umtriebe bezichtigt worden waren. Die Furcht vor ,,kommunistischer
Infiltration, kommunistischer Indoktrination, kommunistischer Subversion und
der internationalen kommunistischen Konspiration"
7
(Kagan 120) wurde von
einer Aussage des Senators Joseph McCarthy noch verstärkt, der im Februar 1950
behauptete, 200 Kommunisten hätten das US-amerikanische Außenministerium
infiltriert und arbeiteten dort mit der Duldung des Außenministers Dean Acheson.
Diese Aussage provozierte einen Sturm der Entrüstung in der US-amerikanischen
Öffentlichkeit (Toropov 127), aufgrund dessen sich der US-Kongress veranlasst
sah, im September 1950 den vom republikanischen Senator Patrick Anthony
McCarran initiierten
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(auch
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) zu verabschieden
(Raymond 289). Dieser sah die Registrierung aller sich in den USA befindlichen
Kommunisten sowie deren Entfernung aus dem Umfeld des Militärs vor
(Johnson 37). Bekannte Persönlichkeiten wie beispielsweise die Schauspieler
Humphrey Bogart, Elia Kazan und James Cagney oder der Schriftsteller Arthur
Miller gerieten so in die Schusslinie derer, die verbissen gegen eine kommunisti-
sche Unterwanderung kämpften (Bloom 128, Golway 5). Die Furcht vor dem
Kommunismus durchdrang viele Bereiche des Lebens der US-Bürger und nahm
mitunter bizarre Züge an. Es entstanden cineastische Machwerke teils zweifelhaf-
ter Qualität, die mit klingenden Titeln wie
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(1949),
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(1949),
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FBI (1951) oder T
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6
Bereits 1917 war es in den USA zu einer
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S
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gekommen.
7
Stanley Kubrick ließ in seinem 1964 erschienenen Film ,,Dr Strangelove or: How I Learned to
Stop Worrying and Love the Bomb" die Figur des verrückt gewordenen Generals Jack Ripper die
folgenden Worte äußern: ,,I can no longer allow Communist infiltration, Communist indoctrina-
tion, Communist subversion, and the international Communist Conspiracy ... to sap and impurify
all of our precious bodily fluids
"
(Kagan 120). Dieser Satz verdeutlicht auf satirisch zugespitzte
Weise die in der Zeit der
R
ed
S
care
um sich greifenden Ängste vor einer kommunistischen
Unterwanderung der US-amerikanischen Bevölkerung.

E
nded
(1955) versehen wurden (Hayward 432). 1947 erschien in dem Magazin
L
ook
ein Artikel, der den US-Bürgern eine Anleitung bot, wie man Kommunisten
erkennen könne. Der Titel dieses Artikels lautete ,,How to Spot a Communist"
(Engelhardt 116). 1954 benannte sich die Baseballmannschaft
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incinnati
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um, da man Assoziationen mit dem Kommunismus vermeiden wollte (Batesel
188). In einer Zeit, die von einer derartigen Paranoia geprägt war, erschien der
Ausbruch des Koreakrieges vielen Menschen als zusätzliche Bestätigung ihrer
Ängste vor einer Ausbreitung des Kommunismus auf der Welt.
3 Chronologischer Überblick Korea-Krieg
Der Korea-Krieg nahm seinen Anfang im Morgengrauen des 25. Juni 1950, als
nordkoreanische Truppen den 38. Breitengrad überschritten. Dieser war bereits
1945 als Grenze zwischen der US-amerikanischen und der sowjetischen Besat-
zungszone festgelegt worden. Bereits drei Tage nach dem Überschreiten der
Grenze gelang es nordkoreanischen Truppen, die südkoreanische Hauptstadt
Seoul einzunehmen. Am 8. Juli 1950 wurde General Douglas MacArthur vom
amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman zum Oberbefehlshaber der UN-
Streitkräfte in Korea ernannt. Unter dem Kommando MacArthurs landete am
15. September 1950 eine 70.000 Mann starke Truppe der UN-Streitkräfte an den
Stränden Incheons und der etwa einen Kilometer entfernten Insel Wolmi-Do. Ne-
ben den US-amerikanischen und den südkoreanischen Truppen nahmen an dieser
Landung auch Einheiten aus Australien, Kanada, Neuseeland, Frankreich, den
Niederlanden und Großbritannien teil. Die
O
peration
C
hromite
, so der Codename
dieser Landung, stellte die erste bedeutende Wende im Korea-Krieg dar. In den
darauffolgenden Tagen gelang es den UN-Streitkräften den nordkoreanischen
Gegner so weit zurückzudrängen, dass General MacArthur am 26. September
1950 Seoul für befreit erklären konnte. Am 1. Oktober 1950 überschritten die ers-
ten südkoreanischen Soldaten den 38. Breitengrad. Die Eroberung Nordkoreas
durch die UN-Streitkräfte erfolgte vom 7. Oktober
8
bis zum 28. November 1950.
So konnte am 19. Oktober 1950 die Eroberung der Hauptstadt Pjöngjang durch
die UN-Streitkräfte vermeldet werden. Der 26. Oktober 1950 markiert einen wei-
teren Wendepunkt des Koreakrieges. An diesem Tag überschritten UN-Truppen
8
Die zeitliche Verschiebung des Überschreitens der Grenzlinie seitens der UN-Truppen ergab sich
aus der Tatsache, dass dies durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen erst am 7.
Oktober autorisiert wurde (Edwards ,,Almanac" 112).

den chinesischen Grenzfluss Yalu im äußersten Norden der Halbinsel (Edwards
,,Almanac" 39-123). Daraufhin entsandte das Staatsoberhaupt der Volksrepublik
China, Mao Zedong, Truppen, deren Stärke Schätzungen zufolge zwischen
300.000 und 1 Million Mann betrug (Pearlman 125). Vom 26. November bis zum
13. Dezember 1950 kämpften die UN-Streitkräfte am nordkoreanischen Changjin-
Stausee gegen zahlenmäßig weit überlegene chinesische Truppen. Diese Kämpfe
wurden später bekannt als
S
chlacht
um
das
C
hosin
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eservoir
9
. Sowohl die UN-
Streitkräfte als auch die chinesische und nordkoreanische Armee hatten nach die-
ser Schlacht enorme Verluste zu beklagen. Ab dem 1. Januar 1951 starteten die
chinesischen und nordkoreanischen Truppen eine Gegenoffensive, die es ihnen
ermöglichte, am 4. Januar 1951 Seoul zurückzuerobern. Am 14. März jedoch
konnte die Hauptstadt erneut von den UN-Streitkräften besetzt werden. Ab diesem
Zeitpunkt erstarrte der Konflikt auf der koreanischen Halbinsel und wurde zu
einem Stellungskrieg, der entlang des 38. Breitengrades ausgetragen wurde und
bis zum Waffenstillstandsabkommen im Juli 1953 andauerte. Am 11. April 1951
wurde General Douglas MacArthur wegen Insubordination seines Postens entho-
ben (Hastedt 74). Zu seinem Nachfolger ernannte Präsident Truman Matthew
Ridgway, der bis zu diesem Zeitpunkt das Kommando über die 8. US-Armee in
Korea gehabt hatte. Am 10. Juli 1951 fanden im nordkoreanischen Kaesong die
ersten Waffenstillstandsverhandlungen des Koreakrieges statt. Die gegnerischen
Seiten kamen zu diesem Zeitpunkt allerdings zu keinem Ergebnis. Vom 13. Sep-
tember bis zum 15. Oktober 1951 fand schließlich die letzte große Schlacht des
Krieges in einer Bergkette einige Kilometer nördlich des 38. Breitengrades statt.
Diese Kämpfe, die später als
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chlacht
von
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idge
bekannt wurden,
forderten auf der Seite der UN-Streitkräfte etwa 3.700 und auf der gegnerischen
Seite etwa 25.000 Tote und Verwundete. Vom 11. Juli bis zum 27. August 1952
erfolgten massive Luftangriffe der
U
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tates
A
ir
F
orce
auf nordkoreanische
Stellungen (Edwards 2010: 13). Das Ergebnis dieser Angriffe beschreibt Cumings
wie folgt: ,,By 1952, just about everything in northern and central Korea was
completely leveled" (Selden und So 75). Zwei Jahre und siebzehn Tage nach den
ersten Waffenstillstandsverhandlungen wurde schließlich am 27. Juli 1953 in der
9
Die unterschiedliche Bezeichnung des Stausees ist der Tatsache geschuldet, dass der japanische
Name ,,Chosin", der alten japanischen Militärkarten entnommen worden war, von den US-
Amerikanern zur Bezeichnung der Schlacht übernommen wurde (Hosch 34). Es existieren Quel-
len, in denen die Behauptung aufgestellt wird, dass der japanische Name ,,Chosin" dem koreani-
schen Namen ,,Changjin" vorgezogen wurde, weil sich der Name ,,Chosin" auf das englische
Wort ,,frozen" reime. Die Kämpfe fanden bei eisigen Temperaturen statt (Rice 100-2).

militärischen Siedlung Panmunjeom ein Waffenstillstandsabkommen zwischen
der UNO und der Demokratischen Volksrepublik Korea geschlossen. Man einigte
sich auf die Einrichtung einer vier Kilometer breiten entmilitarisierten Zone (
de
-
militarized
zone
; DMZ), in deren Mitte die Grenze zwischen den beiden Staaten
verlaufen sollte (Edwards ,,Almanac" 123-424). Die
DMZ existiert bis heute und
zählt zu den am strengsten bewachten und undurchlässigsten Grenzregionen der
Welt (Bernabeo 885). Trotz des unterzeichneten Waffenstillstandsabkommens
wurde zwischen Nord- und Südkorea nie ein Friedensvertrag geschlossen. So be-
finden sich die beiden Staaten bis heute formell immer noch im Kriegszustand.
Über die Anzahl der Opfer, die der Koreakrieg forderte, herrscht Uneinigkeit. In
unterschiedlichen Publikationen sind Zahlen zwischen etwa 2 Millionen und 4,5
Millionen zu finden
10
. Einige Autoren geben für die Opfer unter der Zivilbevölke-
rung eine Zahl von 2 Millionen in Nord- und Südkorea an
11
. Auch die infrastruk-
turellen Schäden in beiden Hälften Koreas waren enorm. Yi schreibt hierzu: ,,The
Korean War almost completely wiped out Korea's production facilities and infant
infrastructure" (Yi 17).
4 Das Nachrichtenmagazin
TIME
Das Nachrichtenmagazin
TIME wurde am 3. März 1923 von Briton Hadden und
Henry Robinson Luce gegründet. Hadden und Luce hatten sich bereits 1915 auf
der renommierten Hotchkiss School in Lakeville, Connecticut, kennengelernt, wo
sie als Herausgeber zweier konkurrierender Schulzeitschriften in scharfem, aber
freundschaftlichem Wettbewerb standen. 1917 wurden die beiden Herausgeber an
der Yale University in New Haven, Connecticut, zu engen Freunden. Nachdem sie
einige Jahre lang Erfahrungen bei verschiedenen Zeitungen gesammelt hatten,
gelang es ihnen, sich etwa 86.000 US-Dollar zu leihen. Ein großer Teil des Geldes
stammte von ehemaligen Kommilitonen der Yale University (Magnus 14). ,,Nach
vielen Mühen und der Überwindung großer Schwierigkeiten erschien schließlich
am 2. März 1923, 16 Uhr, die erste Ausgabe von `TIME. The weekly newsmaga-
zine' mit einer Auflage von 12.000 Exemplaren, von denen 9.000 im Abonnement
verkauft wurden. Als Erscheinungstag aber gilt der 3. März 1923" (14). Bereits
vom ersten Erscheinungstag an war der besondere Schreibstil aufgefallen, der von
10
So etwa bei Issermann 120, Ross 270, Kaufman 15
11
So etwa bei Issermann 120, Kleßmann und Stöver 161

Briton Hadden geprägt wurde. In den USA wurde der Stil als
T
imestyle
oder
T
imese
bekannt. ,,Entscheidende Merkmale des Timestyle waren Anhäufungen
deskriptiver Adjektive und umgekehrte Sätze. Auch wurden Wörter zusammenge-
setzt, wobei Teile der ursprünglichen zwei Wörter wegfielen" (19). Im
L
iterary
C
ompanion
D
ictionary
kann man zur Beschreibung dieses Stils die folgende Ein-
tragung finden:
The characteristically heady and melodramatically compressed
prose style of
T
ime
magazine, with particular reference to its
zesty verbs, marshaled characterizing adjectives and hyphenated
compound words, clever coinage and puns and above all (for-
merly) the frequent use of verbs at the beginnings of sentences
and hence inverted syntax
12
. (Grambs 369)
Der
T
imestyle
ist ,,heute [aber] nur noch in stark abgeschwächter Form in TIME
zu finden" (Magnus 19). Laut Magnus wiesen ,,die volkstümliche Sprache und die
ausführlichen Erklärungen zu jeder Nachricht . . . deutlich darauf hin . . .", dass
sich das Magazin ,,an eine breite, unbegrenzte Öffentlichkeit, d.h., an alle sozialen
und bildungsmäßigen Schichten . . ." richtete (121). Mit Verweis auf Martin wird
jedoch behauptet, dass ,,Wissen und Bildung der TIME-Leser über dem Durch-
schnitt" lägen. ,,Laut der Markt-Studie
M
endelsohn
A
ffluent
S
urvey
für das Jahr
2002 weist
TIME unter den US-amerikanischen Nachrichtenmagazinen . . . die
bestverdienende Leserschaft auf. . . . Ein großer Prozentsatz ist sehr gut ausgebil-
det. . . . 17,1% der
TIME-Leser können laut dieser Untersuchung dem Top-
Management zugerechnet werden" (Wolf 251). Verschiedentlich wird in Publika-
tionen die Überzeugung geäußert, Luce und Hadden hätten mit
TIME das Konzept
des Nachrichtenmagazins erfunden
13
. In der
E
ncyclopedia
of
J
ournalism
wird
diese Einschätzung allerdings relativiert: ,,But depending how one defines the
genre,
TIME was not the first such weekly ­ that honor would seem to go to Brit-
ain's
E
conomist
, which dates to the 1840s" (Sterling 1006).
Luce und Hadden waren davon überzeugt, dass die US-amerikanischen Leser trotz
eines breiten Spektrums an Publikationen unzureichend informiert waren
(Magnus 12). Diesem Notstand wollten die Herausgeber mit einem besonderen
12
Der Gebrauch der invertierten Satzstellung veranlasste den US-amerikanischen Humoristen und
Autor Wolcott Gibbs, der für das Magazin
T
he
N
ew
Y
orker
schrieb, den Stil des Nachrichten-
magazins
TIME folgendermaßen darzustellen: ,,Backward ran sentences until reeled the mind."
Der Artikel schloss mit den Worten ,,Where it all will end, knows God" (Fryxell 237) .
13
etwa bei Magnus 10, Hiebert und Gibbons 62

Konzept entgegenwirken. Das Konzept sah die wöchentliche Zusammenfassung
wichtiger Nachrichten sowie deren ,,Erklärung" vor (Vaughn 529). Das Problem
mangelnder Neutralität wurde laut Magnus in einem von Luce und Hadden ver-
fassten ,,Prospectus" erläutert (Magnus 12): ,,The editors recognize that complete
neutrality on public questions and important news is probably as undesirable as it
is impossible, and are therefore ready to acknowledge certain prejudices which
may in varying measure predetermine their opinions on the news" (13). Noch
deutlicher wird der Standpunkt des Nachrichtenmagazins in einem Nachruf auf
Luce in der Zeitung
T
he
N
ew
Y
ork
T
imes
. Diese zitierte Luce mit den Worten:
,,We tell the truth as we see it . . . Show me a man who claims he is objective . . .
and I'll show you a man with illusions." (Whitman). Die Herausgeber verfolgten
das Konzept des ,,group journalism", das ihnen eine gewisse Kontrolle sicherte
(Lentz 9). Dieses Konzept wurde 1968 von einem bei Luce angestellten Journalis-
ten wie folgt beschrieben: ,,The correspondent reports it, the researcher checks it,
the writer writes it, the senior editor checks it, and the top editor disposes of it
both ideologically and mechanically" (9). Der ,,group journalism"
14
ist der Grund
für die bis in die 1980er Jahre fehlende Verfasserzeile in
TIME (Shin und Ah-
rens). In den 1920er und 1930er Jahren bezog das Nachrichtenmagazin noch sel-
ten politische Positionen. Dies änderte sich allerdings in den darauffolgenden Jah-
ren und die persönlichen Ansichten des Herausgebers Luce sollten immer mehr in
die Berichterstattung in
TIME einfließen, ein Merkmal, das charakterisierend für
das Nachrichtenmagazin werden sollte (Brinkley 155). Zur politischen Einstellung
Luces schreibt Siracusa: ,,Henry R. Luce, an internationalist Republican and firm
anticommunist" (Siracusa 283). 1948 sagte der Chefredakteur Whittaker Cham-
bers, der seit 1939 für
TIME gearbeitet hatte, vor dem HUAC aus. Er beschuldigte
den ehemaligen Angestellten im US-amerikanischen Außenministerium Alger
Hiss, 1930 Mitglied in einem kommunistischen Spionagering gewesen zu sein
(Toropov 30). Als bekannt wurde, dass Chambers, der seine antikommunistischen
Ansichten häufig mit besonderer Schärfe formuliert hatte (Brinkley 336), früher
selbst Mitglied der kommunistischen Partei gewesen war, brachte dies einige Un-
annehmlichkeiten für das Nachrichtenmagazin mit sich (410). Luce hatte schon
14
Die fehlenden Verfasserzeilen und das Konzept des ,,group journalism" sind der Grund für eine,
die Autorenschaft betreffend, personifizierte Schreibweise in der vorliegenden Arbeit. Um eine
bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, soll auf Formulierungen wie ,,Die Autoren des Artikels
schrieben..." verzichtet werden. Stattdessen soll zu Formulierungen wie ,,
TIME schrieb..." ge-
griffen werden.

1946 damit begonnen, Mitarbeiter, die mit dem Kommunismus sympathisierten,
aus seiner Redaktion zu entfernen (411).
Obwohl die 1950er Jahre in den USA durch die Einführung eines neuen Mediums
gekennzeichnet sind, blieben die Printmedien vorerst als Primärquelle der Infor-
mationsbeschaffung bestehen (,,Tightening Newspaper Market"); 1950 fand sich
in weniger als 10% der US-amerikanischen Haushalte ein Fernsehgerät
15
(Ott 7).
Im Oktober 1950 gab
TIME eine Auflagenhöhe von 1.600.000 an (,,A Letter From
The Publisher, Oct. 23, 1950").
5 Die Darstellung des Kommunismus in
TIME
5.1 Die Darstellung des Kommunismus als Staats- und Gesellschafts-
ordnung
Bei der Untersuchung der Darstellung des Kommunismus als Staats- und Gesell-
schaftsordnung ist in den Artikeln in
TIME aus den Jahren 1950 bis 1953 eine
starke und beständige antikommunistische Haltung erkennbar. Dabei dürfen die
Berichterstattung jener Zeit zweifelsohne prägende Ereignisse in ihren Auswir-
kungen sowohl auf die mediale Berichterstattung wie auch auf die öffentliche
Meinung nicht unterschätzt werden. Nennenswert sind in diesem Zusammenhang
beispielsweise die Proklamation der Volksrepublik China unter Mao Zedong am
1. Oktober 1949, die Blockade West-Berlins durch die Sowjetunion vom Juni
1948 bis zum Mai 1949, die Zementierung der Teilung Deutschlands, die in den
USA um sich greifende Furcht vor einer kommunistischen Unterwanderung des
Landes sowie die Herausbildung einer bipolaren Weltordnung. Allen untersuchten
Artikeln aus den Jahren 1950 bis 1953 ist ein besorgter Unterton, die Ausbreitung
des Kommunismus betreffend, eigen. Deutlich bringt
TIME die Furcht vor unzu-
reichenden Mitteln der Verteidigung gegen den ,,kommunistischen Aggressor"
zum Ausdruck. Die Bedrohung durch den Kommunismus scheint in
TIME welt-
umfassend und permanent vorhanden: ,,The Communist intention to destroy what
order existed in the rest of the world had been plainly published and implacably
pursued" (,,In the Cause of Peace"). Die Intention der Kommunisten wird hier auf
die Zerstörung einer vorhandenen, aus Sicht des Nachrichtenmagazins einwand-
frei funktionierenden Staats- und Gesellschaftsordnung, die in diesem Fall die
15
,,That number had risen to nearly 90 percent by the end of the decade" (Ott 7).

kapitalistische der USA meint, reduziert. Die Stoßrichtung der angeblichen kom-
munistischen Zerstörungswut verdeutlicht Brinkley: ,,Soviet Russia was, Time
noted, the self-proclaimed `graveyard of capitalism'" (Brinkley 159). Dabei wurde
den Kommunisten häufig auch eine gewisse Undurchsichtigkeit bescheinigt. So
schrieb
TIME am 9. April 1951 in dem Artikel ,,War: INSIDE RED CHINA":
,,Like Communists everywhere, Red China's rulers try to shield themselves from
the view of the non-Communist world" (,,War: Inside Red China"). An anderer
Stelle wurde das Ziel der Kommunisten mit dem Ausdruck ,,world domination"
benannt (,,POLICIES & PRINCIPALS: Show of Purpose"). Die kommunistisch
regierten Länder werden den Lesern als undurchschaubar und folglich unbere-
chenbar präsentiert, ein Umstand, der die Angst der Leser vor dem Unbekannten
noch verstärkt haben dürfte.
Am 10. Juli 1950 schrieb
TIME: ,,In Korea ­ as in China, Indo-China, Malaya,
and Burma ­ native Communists, shouting slogans of freedom and independence,
were forging for their people heavier chains of slavery than even Asia had known"
(,,Over the Mountains: Mountains"). Der Vergleich des Kommunismus mit der
Sklaverei erscheint aus heutiger Sicht erstaunlich, waren in den USA selbst doch
längst nicht alle Folgen dieser Institution beseitigt und die Rassentrennung nach
dem Grundsatz ,,seperate but equal" zumindest in den Südstaaten der USA immer
noch präsent. Fousek schreibt hierzu: ,,To most African Americans in the late
1940s, the division between free and unfree, globally as well as domestically, still
fell along the color line more than the Iron Curtain" (Fousek 132). Nichtsdesto-
trotz dient dieser Vergleich der Charakterisierung eines Systems, in dem starke
Abhängigkeitsverhältnisse herrschen. Hier stellt
TIME die ,,Parolen rufenden
Kommunisten" als Lügner dar, die entgegen ihren wahren Absichten Freiheit und
Unabhängigkeit propagieren (,,Over the Mountains: Mountains"). Diese Darstel-
lung wiederum suggeriert dem Leser, dass eine Verbindung zwischen den Begrif-
fen ,,Kommunismus" und ,,Unfreiheit" besteht, während das US-amerikanische
System in der Schlussfolgerung an den Begriff ,,frei" gebunden wird.
5.2 Die Darstellung Joseph Stalins, Mao Zedongs und Kim Il-sungs
Bei der Berichtserstattung über die kommunistischen Führer Joseph Stalin, Mao
Zedong und Kim Il-sung flossen in die Kritik von
TIME regelmäßig abwertende
und beleidigende Anmerkungen mit ein. Brinkley schreibt dazu: ,,Stalin was of

great interest to Time, as all great and powerful men were. But in most cases the
magazine had great difficulty concealing its contempt" (Brinkley 159).
Am 17. Juli 1950 erschien in
TIME ein Artikel mit dem Titel ,,War: The Cat in the
Kremlin", der sich der Person Joseph Stalin widmete. Nachdem in diesem Artikel
eingangs Fragen nach der Entwicklung des Krieges in Korea gestellt wurden ­
nicht ohne auch die Möglichkeit eines atomaren Krieges zu erwähnen ­ wurde für
die Beantwortung derselben auf den Kreml verwiesen: ,,The answer was buried in
the mind of a grey, catlike old man behind the walls of the Kremlin" (,,War: The
Cat in the Kremlin"). Die Entscheidung über den Ausgang des Konfliktes liegt
laut
TIME folglich ganz in Stalins Händen. Weiterhin fragt TIME: ,,Would the cat
in the Kremlin jump again? If he did, where and how would he strike? Or could
he again be made to purr benignly in the role that had persuaded a lot of Ameri-
cans (who would now like to bite their tongues off) to call him, fondly, Uncle
Joe?"
16
(,,Cat"). Im letzten Satz des Zitates prangert
TIME die Gutgläubigkeit vie-
ler US-Amerikaner an, die der Rolle Stalins als ,,nettem Onkel" vertraut und seine
Person so unterschätzt hätten. Beim Betrachten des Artikels ist der mehrfache
Gebrauch katzenartiger Eigenschaften bei der Beschreibung Stalins auffällig. Kat-
zen werden gemeinhin als unter anderem berechnend, hinterhältig, einzelgänge-
risch und geschickt bezeichnet (Singer 441). Durch den Vergleich Stalins mit
einer Katze überträgt der Leser die oben genannten Eigenschaften auf die Persön-
lichkeit Stalins.
TIME kann auch passende ,,Spielzeuge" für die ,,Katze" ausma-
chen: ,,The West's experts on the Communist mind try to imagine themselves in
the Kremlin and look around the world from there, trying to see the world through
Stalin's cat's eyes. The main mice in sight: Indo-China, Iran, Turkey, Yugoslavia,
Germany" (,,War: The Cat in the Kremlin")
17
. Einige Abschnitte später geht
TIME
auf die Rolle Stalins unter den Kommunisten der Welt ein, bei denen eine be-
stimmte Hierarchie zu bestehen scheint. Es folgt die Begründung für Stalins Stel-
lung an der Spitze dieser Hierarchie: ,,Stalin is the No. 1 Communist not merely
because he has the top job but because he himself is in a notably advanced stage
16
1943 veränderte sich angesichts der militärischen Lage das Bild Stalins als rücksichtslosem
Diktator in der US-amerikanischen Gesellschaft und wurde durch das Bild des wohlwollenden
,,Uncle Joe" ersetzt. Präsident Roosevelt benutzte den Ausdruck ,,Uncle Joe", die Presse griff
diesen Ausdruck auf und er verbreitete sich im US-amerikanischen Volk (Kaplan 5).
17
Die Darstellung Stalins als Katze war über die Grenzen der
TIME-Redaktion hinaus verbreitet.
So finden sich beispielsweise Karikaturen, die Stalin als Katze darstellen (Szewczuk, Marcus).
Stalins Nachfolger, Nikita Sergejewitsch Chruschtschow, sagte angesichts dessen Ablebens an-
geblich: ,,Tonight, the mice have buried the cat" (Rapoport 211) und Mao beschwerte sich über
die Beziehung zur Sowjetunion: ,,He complained that the Sino-Soviet relationship was like that
`between father and son or between cat and mouse'" (Martel 370).

of Communism; in the language of the syphiologist, he might be called a tertiary
Communist" (,,Cat"). In besonderem Maße abwertend ist hierbei die Anspielung
auf die Geschlechtskrankheit Syphilis, die zudem im genannten tertiären Stadium
das zentrale Nervensystem des Erkrankten zerstören kann. Der Ideologie des
Kommunismus als Staats- und Gesellschaftstheorie werden so Eigenschaften einer
übertragbaren Krankheit zugeschrieben. Des Weiteren finden Stalins Kindheit, die
durch seinen alkoholabhängigen Vater geprägt worden sei, sowie Stalins Rolle als
Polizeispitzel Erwähnung.
TIME nimmt dabei Bezug auf Quellen, deren Identität
verborgen bleibt. Den Lesern von
TIME wird so eine Verbindung der Person Jo-
seph Stalins mit Krankheit und ferner dem Tod suggeriert. Auch die mehreren
Millionen Opfer, die die Zwangskollektivierung ab 1928 und der ,,Große Terror"
zwischen 1936 und 1938 forderten, werden angesprochen. Der Tod von Stalins
zweiter Ehefrau Nadescha Allilujewa wird, wiederum unter Verweis auf nicht
näher genannte Quellen, Stalin zur Last gelegt. Dies unterstreicht, neben der Er-
wähnung Millionen Toter, Stalins Grausamkeit.
TIME fügte hinzu: ,,The story is
not told to hang another murder on Stalin; one more would hardly affect the bal-
ance. The point is that Stalin's country is the kind of place where a lot of people
can believe that the ruler killed his own wife, yet nobody can do anything about
it" (,,Cat"). Stalins Skrupellosigkeit und Mordlust wird eine Masse sowjetischer
Bürger gegenübergestellt, die den grausamen Auswüchsen eines unterdrückeri-
schen Systems ohnmächtig ausgeliefert ist. Schließlich wird im Artikel die Rolle
der Finnen hervorgehoben, die sich nicht von Stalin hätten täuschen lassen:
,,Finland knows Stalin too well to be deceived by the twinkling Uncle Joe act"
(,,Cat").
TIME zeichnet hier das Bild eines janusköpfigen Politikers, dessen Zwie-
spältigkeit die Täuschung der Weltöffentlichkeit zum Ziel hatte. Für
TIME steht
fest, dass nur eine der Persönlichkeiten Stalins dem wahren Wesen des Oberbe-
fehlshabers der Roten Armee entsprechen kann, nämlich die des Machtpolitikers
mit Kalkül. Diese Einschätzung wird auch im folgenden Zitat explizit deutlich
gemacht: ,,Stalin & Co.`s evil and their power were of the mind, not of the emo-
tions. Their calculations were as cold as the Volga in February, as dry as a page of
Marx" (,,Cat"). Die mit absoluter Gefühlskälte einhergehende Zielstrebigkeit, die
durch eine derartige Darstellung suggeriert wird, verstärkt sich bei der weiteren
Lektüre des Artikels noch:
They belonged to a new profession, the careerists of absolute
power. They had the pursuit of power worked out like a text-
book on surgery, and they followed it with a surgeon's icy con-

centration. This did not mean that they were infallible; they of-
ten blundered. But they never panicked, they never acted on im-
pulse, and they never relented. (,,Cat")
Auch Winston Churchills Bezeichnung der ,,Männer im Kreml" wird von
TIME
aufgenommen: ,,The keenest political observer alive in the 20th century, in a typi-
cal Curchillian phrase, once privately called the men in the Kremlin `those ruth-
less and bloody-minded professors'" (,,Cat"). Der zwiespältigen Faszination, die
eine derart eiskalt berechnende Persönlichkeit ausstrahlt, kann sich nicht einmal
TIME ganz entziehen. So wird angemerkt: ,,Stalin & Co. might, in a sense, be
mad; but they played excellent chess" (,,Cat"). Die Einschätzung Stalins als hin-
terlistig und berechnend wird im letzten Satz des Artikels noch einmal verstärkt,
indem die Bemerkung eines französischen Beobachters von
TIME ,,sehr frei" mit
,,When the cat purrs, it's about to pounce" (,,Cat") übersetzt wird. Am 16. März
1953, elf Tage nach Stalins Tod, erschien in
TIME ein Artikel mit dem bezeich-
nenden Titel ,,Death In The Kremlin: Killer of the Masses", der einen Rückblick
auf Stalins Werdegang bot.
TIME schrieb:
Joseph Stalin never gave up killing people. It was always neces-
sary in the kind of regime he ran. He killed until he died. He
killed methodically, almost as if to say: nothing personal, merely
inevitable. ... In the outer world, in those days, many intellectu-
als excused Stalin's methodical slaughter as a necessary first step
toward a Communist paradise on earth. (,,Death In The Kremlin:
Killer of the Masses")
Der dreimalige Gebrauch des Verbes ,,to kill" wird in diesem Abschnitt des Arti-
kels mit den Adjektiven ,,inevitable" und ,,necessary" versehen. Dadurch wird
dem Leser eine Gesetzmäßigkeit suggeriert, die die Person Stalins und daraus
abgeleitet auch die Ideologie des Kommunismus mit dem Akt des Tötens von
Menschen verbindet. Des Weiteren wird ,,methodisches Abschlachten" von Men-
schen mit der Erlangung eines ,,kommunistischen Paradieses" verknüpft. Die
enorme moralische Gegensätzlichkeit, die in der Verwendung der Wörter
,,slaughter" und ,,paradise" zum Ausdruck kommt, scheint nur der anti-
kommunistischen, westlichen Welt zugänglich zu sein, während eine derartige
Vorgehensweise durch die Wortwahl in
TIME in der kommunistischen Welt als
notwendiges und gleichzeitig nebensächliches Übel dargestellt wird. Die zur Aus-
übung derart grauenvoller Taten notwendige Gefühlskälte ist laut
TIME bei Stalin
durchaus gegeben: ,,But, listening to Lenin's cold, hard logic, Stalin became a

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783955498702
ISBN (Paperback)
9783955493707
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
USA Kalter Krieg Kommunismus 38. Breitengrad Red Scare

Autor

Florian Turna schloss sein Studium 2011 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz / Fachbereich Angewandte Sprach- und Kulturwissenschaft in Germersheim mit dem akademischen Grad des Diplom-Übersetzers mit den Sprachen Englisch, Französisch und Koreanisch ab. Die Entscheidung zur Wahl des Studienganges war zuvor während eines einjährigen Aufenthaltes im englischsprachigen Ausland wesentlich geprägt worden. Sein großes Interesse an der Sprachwissenschaft, an fremden Kulturen und am geschichtlichen Themenbereich des Kalten Krieges veranlassten ihn dazu, sich in der vorliegenden Diplomarbeit thematisch einer Kombination dieser Interessen zuzuwenden.
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Titel: Die Darstellung des Koreakrieges anhand ausgewählter Artikel aus den Jahren 1950 bis 1953 im Nachrichtenmagazin TIME
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