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Auswirkungen der steigenden Staatsverschuldung in Deutschland auf inländische Wirtschaftssubjekte

©2013 Diplomarbeit 72 Seiten

Zusammenfassung

Das Thema Staatsverschuldung ist präsent wie nie zuvor. Die Bewältigung der hohen Schuldenstände stellt die Regierungen vor immer neue Herausforderungen. Auch die Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland hat neue und ungeahnte Dimensionen erreicht. Zusätzlich gefährden die Schwierigkeiten der europäischen Schuldenkrise die Stabilität im Inland.
Das vorliegende Buch nimmt sich diesem aktuellen Thema an und untersucht dessen verschiedenste Auswirkungen. Die theoretischen Grundlagen der Staatsverschuldung werden dem Leser auf verständliche Weise vermittelt. Neben den unterschiedlichen Formen der Staatsverschuldung werden auch die Gründe und Ursachen, welche zu einer Verschuldung führen, dargestellt. Eine Analyse innerhalb des Einkommen-Ausgaben-Modells, ergänzt um die Kriterien zur Messung von Staatsverschuldung, zeigen dem Leser die tieferen Zusammenhänge auf. Weiterhin stellt der Autor die Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland vor und beschreibt die aktuellen und zukünftigen Auswirkungen, differenziert nach privaten Haushalten, Unternehmen und dem Staat. Abschließend werden die Folgen der Staatsschuldenkrise in der EU und deren Auswirkungen auf die Bundesrepublik kritisch betrachtet.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2.2 Implizite und explizite Staatsverschuldung

Eine weitere Unterscheidung staatlicher Verschuldung stellt die implizite und explizite Staatsverschuldung dar. In aller Regel beziehen sich Aussagen zum Thema Staatsverschuldung auf den Schuldenstand, auf seine Höhe, wie auch auf seine Entwicklung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dieser Schuldenstand beinhaltet alle expliziten Verbindlichkeiten des Staates.[1] Die explizite Verschuldung beinhaltet alle in verbriefter Form ausgestellten Zahlungsverpflichtungen.[2] Diese expliziten Zahlungsverpflichtungen werden vom Staat auch als offizielle Schulden in den entsprechenden Haushalten ausgewiesen.[3] Die Gläubiger dieser expliziten Staatsverschuldung haben einen vertraglichen, privatrechtlichen Anspruch auf Zinszahlung und Tilgung. Demzufolge ist eine Aussetzung oder gar eine Kürzung der Tilgung, lässt man eine bewusste Inflationierung oder einen Staatsbankrott außer Acht, nicht möglich. Zur Rückführung der expliziten Schuldenstandsquote sind Ausgabenkürzungen demgemäß an anderer Stelle zu suchen oder durch Steuererhöhungen zu finanzieren.[4]

Neben dieser öffentlich ausgewiesenen Staatsverschuldung existiert allerdings eine weitere verdeckte Staatsschuld. In der Öffentlichkeit ist diese implizite Staatsverschuldung relativ unbekannt. Sie enthält alle in der Zukunft fälligen Zahlungsverpflichtungen.[5] Diese Verpflichtungen bestehen zum Beispiel gegenüber den Beitragszahlern zur gesetzlichen Rentenversicherung oder Krankenversicherung. Sie gelten auch gegenüber erworbenen Anwartschaften oder Pensionsansprüchen von Beamten.[6] Die implizite Schuld entsteht aus der Differenz zwischen den gegenwärtig erzeugten, unverbrieften Leistungsversprechen der Politik und den, auf die Gegenwart bezogenen zukünftigen Einnahmen, welche zur Erfüllung dieser Zusagen nicht ausreichend sind.[7] Die Höhe der verdeckten Verbindlichkeiten kann durch zukünftige Reformen beeinflusst werden. Reicht der Barwert der zukünftigen Beitrags- und Steuereinnahmen nicht aus, um den Barwert der zukünftigen, staatlichen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, könnten zum Beispiel die Verbindlichkeiten durch eine Reform im sozialen Sicherungssystem abgebaut werden.[8]

Wird die explizite und implizite Staatsverschuldungsquote zusammengerechnet, ergibt sich die gesamtwirtschaftliche Tragfähigkeitslücke.[9] Auch wenn die Addition beider Werte aufgrund qualitativer Unterschiede mit Vorsicht zu interpretieren ist, zeigen sie als Indikator dennoch den finanz- und sozialpolitischen Handlungsbedarf auf. Zur Sicherstellung eines tragfähigen, staatlichen Haushalts und als Signalfunktion besitzen Tragfähigkeitslücken gleichwohl besondere Bedeutung.[10]

2.2.3 Konjunkturelle und strukturelle Staatsverschuldung

Von besonderer Relevanz ist die Differenzierung zwischen einer kurzfristigen, konjunkturell bedingten und einer langfristigen, konjunkturunabhängigen bzw. strukturellen staatlichen Verschuldung. Die konjunkturelle Verschuldung ist charakterisiert durch sich automatisch einstellende Finanzierungsdefizite. Diese ergeben sich aus sinkenden Steuereinnahmen und arbeitsmarktbedingten Mehrausgaben in konjunkturellen Abschwungphasen. Diese Defizite werden mit der Prämisse akzeptiert, dass im konjunkturellen Aufschwung Finanzierungsüberschüsse für einen Ausgleich sorgen.[11] Kredite finanzieren die höheren öffentlichen Ausgaben, um im Rahmen einer antizyklischen Handlungsweise die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu beleben. Das sogenannte Deficit-Spending, welches zeitlich befristet sein sollte, sorgt mittels der staatlichen Verschuldung für eine konjunkturelle Belebung. In Boomphasen ist eine Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage durch den Staat zur Auslastung der vorhandenen Produktionskapazitäten nicht erforderlich.[12] Diese konjunkturell bedingten Defizite und Überschüsse gleichen sich bei symmetrischem Konjunkturverlauf in etwa aus. Über den Konjunkturzyklus hinweg betrachtet kann sich somit kein dauerhafter Anstieg des staatlichen Schuldenstands einstellen.[13] Trotzdem können sich konjunkturelle Defizite in strukturelle Defizite wandeln, wenn sie ihren temporären Charakter beispielsweise anlässlich eines ausbleibenden Aufschwungs verlieren.[14]

Die strukturelle Verschuldung kennzeichnet langfristige Finanzierungslücken, die über den Konjunkturzyklus hinaus Bestand haben. Sie stellen eine dauerhafte Diskrepanz zwischen Staatsausgaben und den gegenübergestellten Einnahmen dar.[15] Um das strukturelle Defizit zu berechnen, werden aus der Neuverschuldung konjunkturelle und finanzielle Transaktionen herausgerechnet.[16] Diese strukturelle Neuverschuldung ist nach Artikel 115 des Grundgesetzes in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt auf maximal 0,35% beschränkt. Während dem Bund diese begrenzte Möglichkeit offen steht, ist es den Ländern ab 2020 generell untersagt, strukturelle Defizite auszuweisen.[17] Eine strukturelle Verschuldung offenbart die finanzpolitischen Sünden der Vergangenheit. Denn obwohl eine antizyklische Finanzpolitik konjunkturelle Spielräume zur Haushaltssanierung vorsieht, wurden sie in der Vergangenheit nicht immer genutzt. Stattdessen hat sich der Staat trotz positiver Konjunkturlage weiter neu verschuldet.[18] Strukturelle Verschuldung zu beseitigen ist insofern schwierig, weil ein großer Anteil der Ausgaben langfristig ausgelegt ist. Sie beinhalten langfristig eingegangene Zahlungsverpflichtungen in Form von Zinszahlungen, Personalausgaben, etc. Senkungen dieser oder anderer Ausgaben sowie die Erhöhung von Einnahmen lösen oftmals erheblichen Widerstand aus und sind schwer zu realisieren.[19]

2.3 Ursachen der Staatsverschuldung

Bereits 1879 beschrieb Adolph Wagner die Ausdehnung der öffentlichen Aufgaben und die damit verbundenen steigenden Ausgaben. Er sah den Staat mit fortwährend neuen Aufgaben konfrontiert und wusste, dass die alten Aufgaben auf neue Weise immer besser und vollkommener ausgeführt werden müssen. Hierzu zählt der Bedarf an einer gesicherten Rechtsordnung im Inneren und nach außen. Im Interesse der Volkswirtschaft und der Kultur benannte er drei große Gebiete, die im Vordergrund stehen: das Unterrichtswesen, das Verkehrswesen und städtische Bedürfnisse in Form von Gesundheitspflege, Versorgung mit Lebensmitteln, Kanalisierung, Beleuchtung, etc. Diese erweiterten öffentlichen Tätigkeiten erfordern ebenfalls eine Steigerung des Finanzbedarfs.[20]

Die Aufnahme von Krediten ermöglicht es, Investitions- und Konsumausgaben vorzuziehen, um damit zusätzliche Handlungsspielräume zu generieren.[21] Durch solche Maßnahmen ist es dem Staat möglich, wichtige Projekte oder Investitionen, z.B. in moderne Verkehrswege, Forschung und Bildung, zu finanzieren.[22] Aus den zukünftigen Mehrerträgen dieser Investitionen sollen die aufgebauten Schulden getilgt werden. Erfolgreich umgesetzte und schuldenfinanzierte, staatliche Investitionen steigern das Wachstum der Volkswirtschaft und generieren höhere Einnahmen in Form von steigenden Steuereinnahmen. Die Kreditaufnahme ermöglicht es, die Kosten dieser Maßnahme auf mehrere Jahre zu strecken. Die Tilgung der Kredite kann man den Generationen abverlangen, die von der Investition auch profitieren. Der Finanzwissenschaftler Richard Musgrave argumentierte den Sachverhalt mit dem Pay-as-you-use-Prinzip. Erstreckt sich der Nutzen einer staatlichen Investition auf mehrere Jahre, so ist es ökonomisch gerechtfertigt, die Kosten gemäß der Nutzung über die entsprechende Anzahl an Jahren zu strecken. Soweit zukünftige Generationen an diesem Vorteil partizipieren, ist es auch gerechtfertigt, dass diese sich an der Rückzahlung von Zinsen und Tilgung beteiligen. Werden die Schulden wachstumsfördernd eingesetzt, ist auch die Rückzahlung gesichert. Das heißt, ist die Mittelverwendung rentabel, ist die langfristige schuldenfinanzierte Investition angemessen.[23]

Besonders in Bereichen wie der Grundlagenforschung kommt dem Staat die Aufgabe zu, diese finanziell zu fördern. Aufgrund der Tatsache, dass Forschung nicht zwangsläufig zu wirtschaftlich vermarktbaren Entdeckungen führt, finden sich nur schwer Investoren. Dennoch führt die Entwicklung neuer marktfähiger Produkte, die es ohne Grundlagenforschung nicht gegeben hätte, indirekt zu höherer Wirtschaftskraft.[24]

Ein weiteres Argument für die Aufnahme von Krediten stellt die Dringlichkeit der staatlichen Ausgaben in den Vordergrund. Kriege, Naturkatastrophen und andere Schocks, z.B. die Wiedervereinigung Deutschlands, lassen wegen der temporär erhöhten Ausgaben nur die Option einer Staatsverschuldung zu.[25]

In konjunkturellen Abschwungphasen ergeben sich durch sinkende Steuereinnahmen und erhöhte arbeitsmarktbedingte Ausgaben automatisch Finanzierungsdefizite.[26] Diese konjunkturbedingten Defizite durch Kredite auszugleichen, wird allgemein als unbedenklich angesehen, weil die konjunkturellen Mindereinnahmen und Ausgaben sich quasi automatisch im Aufschwung ausgleichen. Durch den angestrebten Anstieg von Produktion und Beschäftigung konsolidiert sich die Zusatzverschuldung von alleine.[27] Das Deficit-Spending sorgt für eine konjunkturelle Belebung und eine Erhöhung der Produktionskapazitäten, welches die gesamtwirtschaftliche Nachfrage belebt.[28] Bei einem symmetrischen Konjunkturverlauf werden die entstandenen Defizite von Überschüssen ausgeglichen.[29]

Anstelle von Staatsverschuldung wäre die Überlegung angebracht, die Kosten von staatlichen Ausgaben direkt über Steuern zu finanzieren. Schließlich zahlt der Staat seine Schulden mit den Einnahmen aus Steuern zurück. Die rechtliche Zulässigkeit für dieses Vorgehen ergibt sich aus § 3 der Abgabenordnung, der die Erhebung von Steuern ohne Gegenleistung ermöglicht.[30] Gegen diese Art der Finanzierung spricht allerdings, dass die zu tragenden Kosten zu hoch sein könnten, als das diese ohne negative Nebenwirkungen finanziert werden könnten. Doch selbst wenn die Investitionskosten über höhere Steuern finanzierbar wären, sprächen die Ausweichreaktionen der Bürger gegen dieses Konstrukt. Hinsichtlich erhöhter Steuern ändern Bürger und Unternehmen ihre wirtschaftlichen Aktivitäten, um eine Mehrbelastung zu umgehen. Gerade weil solches Verhalten nicht ihren natürlichen Aktivitäten entspricht und sie sich gern anders verhalten würden, sind sie verärgert. Dem Staat entgehen dadurch Teile des Steueraufkommens. Der gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtsverlust, der sich hieraus ergibt, ist ein Argument wider steuerfinanzierter Investitionen und für temporäre Erhöhungen der Staatsverschuldung.[31]

Gegen eine Erhöhung der Steuerlast spricht obendrein die Angst der Politiker nicht wiedergewählt zu werden, sollten sie der Bevölkerung harte Einschnitte zumuten. Menschen, Gruppen, Organisationen oder Staaten fällt es schwer etwas aufzugeben, das sie besitzen. Dieser Besitzstandseffekt treibt sie dazu an, den gegenwärtigen Zustand zu erhalten oder die Veränderung in die Zukunft zu verlegen.[32] Die Vermutung liegt nahe, dass Politiker nicht nur das Gemeinwohl im Sinn haben, sondern auch den Blick auf die nächste Wahl. Höhere Sozialleistungen oder niedrige Steuern, die mittels Schulden finanziert sind, scheinen eine politisch attraktivere Option, um eine Wiederwahl zu erreichen. Denn die staatlich erbrachten Leistungen sind für alle unmittelbar sichtbar und fühlbar. Die Folgen der Verschuldung andererseits treten nicht unmittelbar mit den Staatsausgaben in Erscheinung und verteilen sich im Rahmen der Rückzahlung auf die gesamte Bevölkerung.[33] Es ist also möglich die Ausgaben zu steigern, ohne im selben Umfang unpopuläre Steuererhöhungen beschließen zu müssen. Das Wissen um eine Notwendigkeit einer Haushaltskonsolidierung ist allen Entscheidungsträgern bewusst. Dennoch wird diese Aufgabe lieber dem Nachfolger überlassen, da diese einen sicheren Verlust von Wählerstimmen bedeuten.[34] Weiterhin können für amtierende Regierungen, für welche die Gefahr besteht abgewählt zu werden, schuldenfinanzierte Großprojekte vorteilhaft sein. Zum einen besteht die Möglichkeit Projekte mit politischer, emotionaler und ideologischer Bindung umzusetzen, die von einer Nachfolgeregierung kaum zu stoppen sind. Zum anderen schränkt die übermäßige Aufnahme von Schulden den Handlungsspielraum einer Nachfolgeregierung ein.[35]

Zuletzt soll die Folgewirkung einer Kreditaufnahme als Ursache von Staatsverschuldung betrachtet werden. In einem marktwirtschaftlich orientieren Finanzsystem müssen Staaten für steigende Verschuldung ab einem gewissen Grad auch höhere Zinsen zahlen. Sollte die Finanzierung von Zinsen aus alten Schulden nur durch Eingehen neuer Verbindlichkeiten möglich sein, gerät der Schuldner in einen Teufelskreis. Die neuen Schulden sind schließlich auch mit der Zahlung von Zinsen verbunden. Diese Form der Umschuldung erhöht das Wachstum der Schuldenlast exponentiell. Um nicht in diese Schuldenspirale zu geraten, muss der Staat darauf achtgeben, die Verbindlichkeiten in einem angemessenen Verhältnis zum Einkommen zu halten.[36] Höhere Zinsen machen es insgesamt schwieriger und sogar weniger wahrscheinlich für einen Staat, den Verpflichtungen aus Zins- und Tilgungsleistungen nachzukommen. Angesichts eines erhöhten Zahlungsausfallrisikos verlangt ein Käufer von Staatsanleihen wiederum einen noch höheren Zins als Wagnisausgleich.[37] Eine besondere Stellung nehmen hierbei Ratingagenturen ein, die durch die Bewertung einzelner Länder und Verteilung von Bonitätsnoten diese Einschätzungen beeinflussen. Eine schlechte Note oder die Abstufung dieser führt zu einem Vertrauensverlust, somit zu einer höheren Zinsforderung des Kreditgebers und zunehmenden Schulden, welche den Schuldner in eine finanzielle Bredouille bringen.[38]

2.4 Staatsverschuldung im Einkommen–Ausgaben-Modell

Um zu verstehen, welche Wirkungen und Folgen eine Staatsverschuldung mit sich bringt, muss man die Rolle der Staatsverschuldung im Wirtschaftskreislauf nachvollziehen.[39] Im Einkommen-Ausgaben-Modell gilt idealtypisch ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht zwischen Güterangebot und Güternachfrage. Das zu betrachtende Modell beinhaltet eine offene Volkswirtschaft mit Staat. Ein Gleichgewicht liegt dann vor, wenn der produzierte Output bzw. das Sozialprodukt (Y) dem nachgefragten Output entspricht. Der Konsum (C), die privaten Investitionen (I), die Staatsausgaben für Güter und Dienstleistungen (G), sowie die Nettoexporte (NX) bilden die aggregierte Nachfrage. Die Nettoexporte stellen im Ergebnis den Handelsbilanzsaldo aus Importen und Exporten dar. Entsprechend gilt für die Gleichgewichtsbedingung die Verwendungsgleichung [1]:[40]

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Diese Zusammenhänge sind sachlogischer Natur und gelten im Nachhinein betrachtet immer (ex post). Das Bruttoinlandsprodukt stellt den Wert aller innerhalb einer Periode hergestellten Güter und Dienstleistungen der betrachteten Volkswirtschaft dar und ist der Ausgangspunkt aller Überlegungen.[41] Die einzelnen Komponenten der Verwendungsgleichung werden in einfache Funktion zerlegt. Diese bestehen sowohl aus autonomen, von dem Sozialprodukt unabhängigen, als auch aus einkommen- bzw. konjunkturabhängigen Komponenten. Die keynesianische Konsumfunktion [2] umfasst zum einen den autonomen Konsum (C°) und zum anderen die marginale Konsumquote (c), die den Anteil des verfügbaren Einkommens (Yv) für Konsumzwecke angibt. Das verfügbare Einkommen [3] wird zur Vereinfachung nicht um autonome Steuern gemindert. Lediglich einkommensabhängige Steuern und Abgaben (z.B. Einkommenssteuer, Sozialabgaben) und vom Sozialprodukt unabhängige Steuern (z.B. Vermögensteuern) sollen das verfügbare Einkommen mindern. Im Gegensatz dazu erhöhen Transferzahlungen des Staats (z.B. Renten, Arbeitslosengeld) das verfügbare Einkommen. Steuern und Negativsteuern, in Form von Transferzahlungen, lassen sich als Nettosteuern (T = t Y) zusammenfassen. Die marginale Nettosteuerquote (t) gilt in Abhängigkeit mit dem Sozialprodukt. Durch den Effekt eines steigenden/fallenden Sozialprodukts steigen/sinken die Steuereinnahmen automatisch mit an. Ergänzt um das durch Nettosteuern geminderte verfügbare Einkommen folgt die Konsumfunktion [4].[42]

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Die weiteren Komponenten der Verwendungsgleichung [1] sind die privaten Investitionen [5], welche durch autonome Investitionen (I°) und vom Sozialprodukt abhängige Investitionen nach Maßgabe der marginalen Investitionsquote (π) bestimmt sind, sowie die Staatsausgaben für Güter und Dienstleitungen [6], welche als autonom angenommen werden, und die Nettoexporte [7]. Letztere ermitteln sich durch die vom inländischen Sozialprodukt unabhängigen Exporte (X) und den Importen (Im), die entsprechend der marginalen Importquote (m) direkt vom inländischen Sozialprodukt abhängen. Durch Einsetzen der einzelnen Nachfragefunktionen [4] bis [7] stellt sich die Verwendungsgleichung nun wie folgt dar [8]. Das gleichgewichtige Sozialprodukt [9] wird durch Umstellen und Gleichsetzen ermittelt.[43]

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Das Produkt aus autonomen Ausgaben und dem Multiplikator gibt den gesamtwirtschaftlichen Output wieder. Beeinflusst wird das Sozialprodukt durch die autonomen Ausgaben der privaten Wirtschaftssubjekte (C° + I° + X°) und den autonomen Staatsausgaben (G°). Der Multiplikator wächst durch steigende Konsum- und Investitionsneigungen und sinkt durch eine steigende marginale Nettosteuer- und Importquote. Folglich wirken autonome Ausgabeschwankungen erst entscheidend durch die Höhe des Multiplikators.[44] Dies bedeutet, dass sich durch eine Änderung der autonomen Ausgaben das Gleichgewichtseinkommen (Y) mal so stark ändert. Der Staat kann durch staatliche Ausgaben Nachfrageimpulse setzen und damit die Wirtschaft entscheidend ankurbeln.[45]

Im Fokus der Betrachtung steht die Staatsverschuldung. Daher gilt das Staatsdefizit (D) als Ergebnis aus den Staatsausgaben für Güter und Dienstleistungen (G°) reduziert um die Staatseinnahmen aus einkommensabhängigen Nettosteuern (tY) [10].[46]

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Dieses Budgetdefizit des Staates ergibt sich, wenn der Staat mehr ausgibt als er einnimmt. Die Zunahme der Neuverschuldung bedeutet eine Konsumreduktion der Bürger, da diese dem Staat dieses Geld zur Verfügung stellen. Der Teil der privaten Ersparnisse der Bürger entspricht im Modell demnach der Verschuldung des Staates.[47] Diese privaten Ersparnisse (S) stellen den nicht konsumierten Teil des verfügbaren Einkommens dar [11]. Mit steigendem verfügbarem Einkommen steigt nach Maßgabe der marginalen Sparquote (1 – c) ebenfalls die privaten Ersparnisse.[48]

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Eine alternative Mittelbeschaffung des Staates besteht in der Option, sich das Geld im Ausland zu leihen. Ein staatliches Budgetdefizit wird in diesem Fall mit Hilfe von hinreichend höheren Importen als Exporten ausgleichen.[49] Hieraus entsteht nach Umstellen der Verwendungsgleichung [1] eine alternative Darstellung des gleichgewichtigen Sozialprodukts durch die erweiterte IS Gleichung [12].[50]

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Die SINX-Funktion [13], als Gegenpol zur Defizitfunktion [10], ermittelt sich mittels Abzug der Investitionen [5] und der Nettoexporte [7] von den privaten Ersparnissen [11]. Das gleichgewichtige Sozialprodukt ergibt sich durch das Gleichsetzen der Defizitfunktion [10] und der SINX-Funktion [13].[51]

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Die Defizitfunktion beinhaltet einen negativen Zusammenhang zwischen Staatsdefizit und Sozialprodukt. Dieser ist darin begründet, dass bei steigendem Sozialprodukt sich die Einnahmen aus Steuern erhöhen bzw. die staatlichen Ausgaben sinken, welches einen Abbau der Neuverschuldung ermöglicht. Die SINX-Funktion weist eine positive Steigung auf. Im Schnittpunkt beider Funktionen liegt sowohl das gleichgewichtige Sozialprodukt, als auch die dazu gehörende Staatsverschuldung vor. Ausgehend von einem nicht vorhandenen, strukturellen Staatsdefizit (Dn = 0) in Punkt a, zeigt die Abbildung 1 einen Rückgang der autonomen privaten Ausgaben als Ausgangspunkt für eine Rezession. Diese kann im vorliegenden Modell nur durch die Senkung autonomer Ausgaben oder die Minderung des Multiplikators zustande kommen. Folglich verschiebt sich die SINX-Funktion parallel nach oben. Es entsteht ein neuer Schnittpunkt b, der durch ein gesunkenes, gleichgewichtiges Sozialprodukt (Yk) und gleichzeitigem Zuwachs des staatlichen Budgetdefizits determiniert ist. Ohne Zutun des Staates ergibt sich ein konjunkturelles Defizit (Dk) infolge der konjunkturbedingten Mindereinnahmen und Mehrausgaben ( ) und trägt somit zur Stabilisierung des Sozialprodukts bei.[52]

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Abbildung 1: Konjunkturbedingtes Defizit und passive Stabilisierung[53]

Der Staat kann allerdings auch mit diskretionären konjunkturpolitischen Maßnahmen aktiv in den Stabilisierungsprozess eingreifen, indem er beispielsweise einen privaten Nachfrageausfall durch staatliche Mehrausgaben, höhere Transferzahlungen oder Steuersenkungen ausgleicht. Ein kreditfinanziertes Ausgabenprogramm soll der Wirtschaft einen expansiven Impuls geben, um der Rezession entgegenzuwirken. Die staatlichen Mehrausgaben sollen in Summe exakt der autonomen privaten Nachfragesenkung entsprechen ( . Entsprechend verschiebt sich die Defizitfunktion um dG° parallel nach oben (D‘), vergrößert das Staatsdefizit bis zum Punkt b und sorgt für ein Wachstum des Sozialprodukts auf Yn . Der Schnittpunkt in Punkt c markiert ein neues Gleichgewicht. Es lässt sich erkennen, dass mit Hilfe aktiver Stabilisierungsmaßnahmen das Staatsdefizit insgesamt gestiegen ist, aber geringer ausfällt als der zunächst erforderliche Kreditbetrag. Dank der Mehreinnahmen und Ausgabenersparnisse des angestoßenen Aufschwungs wird der staatliche Haushalt entlastet. Das Gesamtdefizit bei Yn, setzt sich aus einem konjunkturbedingten Defizit (Dk) und einem antizyklischen Restdefizit (Da) zusammen. Dies ist der Preis für eine aktive Stabilisierung hin zu einer Auslastung auf Normalniveau.[54]

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Abbildung 2: Antizyklisches Defizit und aktive Stabilisierung[55]

2.5 Messung von Staatsverschuldung

Um sich ein genaues Bild der Schwere der Schuldenlast zu machen, bedient man sich zur Betrachtung und Bewertung einiger Messverfahren und Kennziffern. Nach § 3 des Stabilitätsgesetzes, Gesetz zur Errichtung eines Stabilitätsrates und zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen (StabiRatG), überwacht der Stabilitätsrat regelmäßig die Lage und die Entwicklung der Haushalte von Bund und Ländern. Eben jener legt allgemein geltende und geeignete Kennziffern fest, nach denen ein Bericht der jeweiligen Gebietskörperschaften zu erstellen ist. Dieser Bericht soll Erklärungen zur aktuellen Haushaltslage und zur Finanzplanung, die Einhaltung der verfassungsmäßigen Kreditaufnahmegrenzen sowie eine Projektion der mittelfristigen Haushaltsentwicklung auf Basis einheitlicher Annahmen enthalten. Der Stabilitätsrat hat am 28.04.2010 ein Kennziffernsystem beschlossen, welches vier Kennziffern umfasst:[56]

- Schuldenstand
- Zins-Steuer-Quote
- Struktureller Finanzierungssaldo und
- Kreditfinanzierungsquote.

Der Schuldenstand und die Zins-Steuer-Quote betrachten die vergangene Finanzpolitik, während der strukturelle Finanzierungssaldo und die Kreditfinanzierungsquote die gegenwärtige Finanzpolitik beinhalten. Die ganzheitliche Betrachtung soll eine Balance zwischen der vergangenen und der gegenwärtigen Finanzpolitik schaffen.[57]

Schuldenstand, Schuldenstandsquote, Defizitquote

Aus der Summe aller Budgetdefizite, die ein Staat über die Jahre angehäuft hat, resultiert der Schuldenstand.[58] Nach Eurostat ist der öffentliche Schuldenstand definiert als konsolidierter Brutto-Gesamtschuldenstand zum Nominalwert am Jahresende des gesamten Staatssektors.[59] Der aktuelle Schuldenstand lässt sich anhand einer Schuldenuhr laufend kontrollieren. Allerdings ist die Höhe des Schuldenstands relativ ungenau. Ausgehend von dem Schuldenstand zum Ende des Vorjahres wird die geschätzte Neuverschuldung für das laufende Jahr hinzuaddiert und auf die Sekunde herunter gerechnet.[60]

Für die Vergleichbarkeit von Bundesländern wird der Schuldenstand im Verhältnis zur Einwohnerzahl betrachtet (Pro-Kopf-Verschuldung). Hierbei gilt der Schwellenwert der aktuellen Haushaltslage, als überschritten, wenn der Schuldenstand je Einwohner den Wert von 130% des Länderdurchschnitts bei Flächenländern, und 220% des Länderdurchschnitts bei Stadtstaaten übersteigt.[61] Doch fraglich ist die Aussagekraft einer solchen Kennzahl. Denn trotz steigender Schulden, kann die Pro-Kopf-Verschuldung sinken, wenn die Einwohnerzahl proportional stärker steigt. Ebenso kann eine sinkende Schuldenlast, bei gleichzeitig stärker sinkender Einwohnerzahl, zu einer höheren Pro-Kopf-Verschuldung führen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Bewältigung des demografischen Wandels.[62] Doch die bisher genannten Werte sagen kaum etwas über ein eventuell vorherrschendes Problem der Schuldenlast aus. Bestandsgrößen können nicht das Ausmaß und die potenzielle Gefahr der Staatsverschuldung aufdecken. Erst das Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des entsprechenden Landes lässt diesen Rückschluss zu. Denn je leistungsfähiger ein Staat ist, desto einfacher fällt ihm die Rückzahlung der Schulden.[63] Die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft wird gemessen mit dem Wert aller Güter und Dienstleistungen, die ein Land innerhalb eines Jahres erstellt hat. Diese Maßgröße wird definiert als Bruttoinlandsprodukt (BIP).[64] Auf Grundlage dieses Wertes lassen sich zwei Kennzahlen ermitteln: die Schuldenstandsquote und die Defizitquote.[65] Die Staatsschuldenquote (SSQ) resultiert aus dem Verhältnis des Schuldenstandes zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) [14]:[66]

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Beispielsweise gilt für eine Schuldenstandsquote in Höhe von 50%, dass die Schulden des Landes der Hälfte der jährlich produzierten Güter und Dienstleistungen entsprechen. Allerdings ist die Aussagekraft dieser Quote begrenzt, weil eine Bestandsgröße (der Schuldenstand) mit einer Stromgröße (dem Sozialprodukt) verglichen wird. Während der Schuldenstand einen Wert als Resultat der Vergangenheit angibt, offenbart das Sozialprodukt die aktuelle Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft in dem betrachteten Zeitraum. Bestenfalls lässt sich aus der Schuldenstandsquote eine Einschätzung über die Dauer der Rückzahlung der Staatsschulden treffen, sollte sich in den Folgejahren weder der Schuldenstand, noch das Sozialprodukt ändern. Weiterhin eignet sich die Quote auch nicht als alleiniger Indikator für die Schwere der Staatsverschuldung. Ein internationaler Vergleich zeigt, dass Länder mit sehr unterschiedlichen Schuldenstandsquoten auskommen können.[67] Der Maastricht-Referenzwert berücksichtigt die Einhaltung einer Schuldenstandsquote von 60%. Dabei ist es unerheblich, ob der Schuldstand weniger stark zunimmt als das Bruttoinlandsprodukt, denn selbst dann sinkt die Schuldenstandsquote. Ein Rückgang des absoluten Schuldenstands ist daher nicht zwingend erforderlich.[68]

Besser geeignet zur Beurteilung der Staatsverschuldung ist die Defizitquote (DQ). Sie ist das Verhältnis des Budgetdefizits eines bestimmten Jahres im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt desselben Jahres. In diesem Fall werden zwei Stromgrößen in ein Verhältnis gesetzt. Das Budgetdefizit, welches den Aufbau der jährlich neuen Schulden wiedergibt, wird hierbei in Relation zu der jährlichen Leistung der Volkswirtschaft betrachtet.[69] Es gilt das Verhältnis zwischen Nettokreditaufnahme zum nominalen BIP [15]:[70]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Demgemäß folgt, je größer die Leistungskraft des Landes, desto mehr Schulden kann es sich leisten.[71] In diesem Zusammenhang lassen sich die Abhängigkeiten in einer Gleichung darstellen [16]. Die Staatsschuldenquote ist das Ergebnis aus dem Verhältnis zwischen der Defizitquote und der Wachstumsrate des nominalen Bruttoinlandsproduktes (WRBIP).[72]

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Eine höhere Defizitquote sorgt langfristig gesehen auch für eine höhere Schuldenquote. Diese wiederum führt zu höheren Zinszahlungen. Die Maastricht-Kriterien beinhalten sowohl eine Obergrenze für die Defizitquote in Höhe von 3% als auch eine Obergrenze von 60% für die Schuldenquote. Um diese Vorgaben zu erfüllen, bedarf es einer Wachstumsrate des BIP von 5%:[73]

Doch auch die Defizitquote ist kein perfekter Indikator, da sie den Aspekt der Mittelverwendung unberücksichtigt lässt.[74]

Zins-Steuer-Quote.

Der Anteil der Zinsausgaben an den Steuereinnahmen und steuerähnlichen Abgaben wird als Zins-Steuer-Quote (ZSQ) bezeichnet [17]. Sie lässt erkennen, welcher Teil der Steuereinnahmen von vornherein nicht für die Erfüllung der Staatsaufgaben zur Verfügung steht. Dieser Teil muss zur Bedienung der Zinslast als Folge von aufgenommenen Krediten der Vergangenheit verwendet werden.[75] Eine überdurchschnittlich hohe Zins-Steuer-Quote bedeutet demnach, dass die Haushalte durch eine frühere Verschuldung vorbelastet sind und ein großer Anteil der Steuereinnahmen bereits für Zinszahlungen gebunden ist.[76] Um die Handlungsfähigkeit eines Staates zu bewerten, ist weder die Zins-Steuer-Quote noch die Zins-Ausgaben-Quote (ZAQ) [18] geeignet. Vergleichsweise ist allerdings die Zins-Steuer-Quote aussagekräftiger.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[77]

Zum Vergleich der Länder wird ein Länderdurchschnitt herangezogen, für den ein Schwellenwert als überschritten gilt, der die Zins-Steuer-Quote von 140% des Länderdurchschnitts bei Flächenländern übersteigt. Für Stadtstaaten gilt ein Schwellwert von 150% des Länderdurchschnitts.[78] Nach der Meinung des Sachverständigenrates hat die Zins-Steuer-Quote ebenfalls keinen eindeutigen Aussagewert. Es fehle an Anhaltspunkten, ab wann eine überdurchschnittliche Zins-Steuer-Quote als „gefährlich“ anzusehen ist. Es könnte nur eine Quote von nahe 100% als zu hoch bezeichnet werden. Dieser Sachverhalt disqualifiziert sie als Indikator eines Frühwarnsystems zu fungieren. Zudem versagt das Vergleichsmaß, wenn alle Gebietskörperschaften eine steigende Zins-Steuer-Quote aufweisen; denn dann steigt auch der Durchschnitt selbst an. Ebenso können die gleichen Argumente bei der Zins-Ausgaben-Quote angeführt werden.[79]

Struktureller Finanzierungssaldo

Der strukturelle Finanzierungssaldo stellt den um konjunkturbedingte Effekte, finanzielle Transaktionen und auch um Einmaleffekte bereinigten Finanzierungssaldo dar. Der Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte gilt als Saldo der bereinigten Ausgaben und Einnahmen.[80] Das strukturelle Finanzierungsdefizit spiegelt ein Haushaltsdefizit über den Konjunkturzyklus hinweg wider und ist eine Maßgröße für die Finanzierungslücke der öffentlichen Haushalte. Das Ziel des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist ein strukturell nahezu ausgeglichener Haushalt. Ausgabenerhöhungen und Steuersenkungen sollen nicht dauerhaft über eine Kreditaufnahme finanziert werden. Der Bund ist in der Pflicht die Nettokreditaufnahme bis 2016 auf maximal 0,35% des BIP zurückzufahren und darf anschließend diese Obergrenze nicht wieder überschreiten. Den Ländern hingegen ist es ab 2020 generell untersagt strukturelle Defizite auszuweisen.[81] Der strukturelle Finanzierungssaldo wird mit der in Artikel 109 und 115 des Grundgesetzes festgelegten Schuldenbremse[82] zu einer der wichtigsten Steuerungsgrößen der Finanzpolitik des Bundes und der Länder. Mit dieser Kennziffer wird die Einhaltung des strukturellen Abbaupfades überprüft.[83]

Kreditfinanzierungsquote

Die Erhöhung des Schuldenstands ist das Ergebnis der jährlich zusätzlichen Kreditaufnahmen. Die Kreditfinanzierungsquote zeigt an, welcher Teil der Gesamtausgaben durch die Aufnahme neuer Kredite finanziert wird.[84] Anders ausgedrückt gibt diese Kennzahl das Verhältnis zwischen Nettokreditaufnahme (Schuldenaufnahme abzüglich Schuldentilgung) und Gesamtausgaben an.[85] Als Schwellenwert gilt für den Bund der gleitende Durchschnitt der Kreditfinanzierungsquote des Bundeshaushalts der letzten 5 Jahre zuzüglich 8 Prozentpunkte. Für die Länder gilt der Länderdurchschnitt zuzüglich 3 Prozentpunkte als Schwellenwert. Liegt eine dauerhaft überdurchschnittliche Kreditfinanzierungsquote vor, deutet dies auf eine unsolide Entwicklung des Haushalts hin.[86]

[...]


[1] Vgl. SVR, (Staatsverschuldung 2007), S. 9, [Zugriff: 12.02.2013].

[2] Vgl. SVR, (Staatsfinanzen 2003), S. 271, [Zugriff: 12.02.2013].

[3] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 14.

[4] Vgl. SVR, (Staatsverschuldung 2007), S. 2, [Zugriff: 12.02.2013].

[5] Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln, (Staatsverschuldung 2007), S. 10, [Zugriff: 12.02.2013].

[6] Vgl. SVR, (Staatsfinanzen 2003), S. 271, [Zugriff: 12.02.2013].

[7] Vgl. SVR, (Staatsfinanzen 2003), S. 15, [Zugriff: 12.02.2013].

[8] Vgl. SVR, (Staatsfinanzen 2003), S. 271, [Zugriff: 12.02.2013].

[9] Vgl. SVR, (Staatsverschuldung 2007), S. 2, [Zugriff: 12.02.2013].

[10] Vgl. SVR, (Staatsverschuldung 2007), S. 24, [Zugriff: 12.02.2013].

[11] Vgl. Wiegard, W., (Schuldenbremse 2011), S. 19, [Zugriff: 13.02.2013].

[12] Vgl. Kampmann, R., Walter, J., (Makroökonomie 2010), S. 161.

[13] Vgl. Wiegard, W., (Schuldenbremse 2011), S. 19, [Zugriff: 13.02.2013].

[14] Vgl. Pätzold, J., Baade, D., (Stabilisierungspolitik 2008), S. 152.

[15] Vgl. Kampmann, R., Walter, J., (Makroökonomie 2010), S. 161.

[16] Vgl. BMF, (Bundeshaushalt 2013), [Zugriff: 13.02.2013].

[17] Vgl. BMF, (Konjunkturkomponenten 2012), [Zugriff: 13.02.2013].

[18] Vgl. Scherf, W., (Schulden 2010), S. 10, [Zugriff: 13.02.2013].

[19] Vgl. Kampmann, R., Walter, J., (Makroökonomie 2010), S. 161.

[20] Vgl. Wagner, A., (Finanzfragen 1879), S. 77f..

[21] Vgl. Hansmann, M., (Staatsbankrott 2012), S. 25.

[22] Vgl. Konrad, K., Zschäpitz, H., (Staatsfinanzen 2010), S. 76 -77.

[23] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 27 - 30.

[24] Vgl. Konrad, K., Zschäpitz, H., (Staatsfinanzen 2010), S. 77.

[25] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 30.

[26] Vgl. Wiegard, W., (Schuldenbremse 2011), S. 19, [Zugriff: 13.02.2013].

[27] Vgl. Scherf, W., (Schulden 2010), S. 8, [Zugriff: 13.02.2013].

[28] Vgl. Kampmann, R., Walter, J., (Makroökonomie 2010), S. 161.

[29] Vgl. Wiegard, W., (Schuldenbremse 2011), S. 19, [Zugriff: 13.02.2013].

[30] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 9.

[31] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 30.

[32] Vgl. Frey, D., Lenz, A., (Wirtschaftspsychologie 2011), S. 26 – 27.

[33] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 38 - 39.

[34] Vgl. OECD, (Wirtschaftsberichte 2007), S. 110 – 111.

[35] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 41.

[36] Vgl. Roland, K., (Selbstverteidigung 2011), S. 67 – 68.

[37] Vgl. Konrad, K., Zschäpitz, H., (Staatsfinanzen 2010), S. 111.

[38] Vgl. Konrad, K., Zschäpitz, H., (Staatsfinanzen 2010), S. 121.

[39] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 51.

[40] Vgl. Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 2.

[41] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 52.

[42] Vgl. Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 2 - 3.

[43] Vgl. Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 3 - 4.

[44] Vgl. Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 4.

[45] Vgl. Engelkamp, P., Sell, F., (Volkswirtschaftslehre 2011), S. 224.

[46] Vgl. Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 5.

[47] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 55.

[48] Vgl. Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 5.

[49] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 58 - 59.

[50] Vgl. Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 4.

[51] Vgl. Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 5.

[52] Vgl. Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 5 - 8.

[53] Eigene Darstellung nach: Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 5.

[54] Vgl. Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 8 -10.

[55] Eigene Darstellung nach: Scherf, W., (Staatsverschuldung 2012), S. 9.

[56] Vgl. BMF, (Stabilität 2010), S. 3 - 4, [Zugriff: 21.02.2013].

[57] Vgl. BMF, (Stabilität 2010), S. 5, [Zugriff: 21.02.2013].

[58] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 10 - 11.

[59] Vgl. Eurostat, (Staatsverschuldung 2013), [Zugriff: 19.02.2013].

[60] Vgl. O.V., (Schuldenuhr 2012), [Zugriff: 19.02.2013].

[61] Vgl. BMF, (Stabilität 2010), S. 6, [Zugriff: 21.02.2013].

[62] Vgl. Bertelsmann Stiftung, (Schuldenreport 2007), S. 24 – 25, [Zugriff: 19.02.2013].

[63] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 11.

[64] Vgl. Wildmann, L., (Makroökonomie 2010), S. 31.

[65] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 11 - 12.

[66] Vgl. Müller, R., (Staatspleiten 2012), S. 35.

[67] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 11 - 12.

[68] Vgl. Junkernheinrich, M., Korioth, S., Lenk, T., Scheller, H., Woisin, M., (Öffentliche Finanzen 2012), S. 363.

[69] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 11 - 12.

[70] Vgl. Müller, R., (Staatspleiten 2012), S. 35.

[71] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 11 - 12.

[72] Vgl. Müller, R., (Staatspleiten 2012), S. 36.

[73] Vgl. HWWI, (Staatsverschuldung 2009), S. 42, [Zugriff: 21.02.2013].

[74] Vgl. Beck, H., Prinz, A., (Staatsverschuldung 2011), S. 13.

[75] Vgl. Dietz, O., (Indikatoren 2008), S. 864, [Zugriff: 21.02.2013].

[76] Vgl. BMF, (Stabilität 2010), S. 6, [Zugriff: 21.02.2013].

[77] Vgl. Müller, R., (Staatspleiten 2012), S. 35.

[78] Vgl. BMF, (Stabilität 2010), S. 6, [Zugriff: 21.02.2013].

[79] Vgl. SVR, (Staatsverschuldung 2007), S. 23, [Zugriff: 21.02.2013].

[80] Vgl. Junkernheinrich, M., Korioth, S., Lenk, T., Scheller, H., Woisin, M., (Öffentliche Finanzen 2012), S. 258.

[81] Vgl. Statistisches Bundesamt, (Indikatorenbericht 2012), S. 18 – 19, [Zugriff: 21.02.2013].

[82] Für weitere Informationen zur Schuldenbremse: vgl. Junkernheinrich, M., Korioth, S., Lenk, T., Scheller, H., Woisin, M., (Öffentliche Finanzen 2012), S. 347 – 384; vgl. Heinen, N., (Schuldenbremsen 2012), §91, S. 501 - 518; vgl. Wiegard, W., (Schuldenbremse 2011), S. 20, [Zugriff: 13.02.2013].

[83] Vgl. BMF, (Stabilität 2010), S. 5, [Zugriff: 21.02.2013].

[84] Vgl. SVR, (Staatsverschuldung 2007), S. 15, [Zugriff: 21.02.2013].

[85] Vgl. Junkernheinrich, M., Korioth, S., Lenk, T., Scheller, H., Woisin, M., (Öffentliche Finanzen 2012), S. 261.

[86] Vgl. BMF, (Stabilität 2010), S. 5 - 6, [Zugriff: 21.02.2013].

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783955498849
ISBN (Paperback)
9783955493844
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Private Fachhochschule Göttingen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Schuldenspirale Schuldenstandsquote Neuverschuldung Crowding Out Europäische Union

Autor

Marcel Eigen, Dipl-BW (FH), wurde 1980 in Dortmund geboren. Sein Studium der Betriebswirtschaftslehre schloss der Autor an der Privaten Fachhochschule Göttingen im Jahre 2013 mit Erlangen des Diploms erfolgreich ab. Als gelernter Bankkaufmann sammelte der Autor in seiner Funktion als Kundenberater bereits praktische Erfahrungen im Bereich des Finanzwesens. Viele Kundengespräche über die Auswirkungen der Staatsverschuldung auf die Anlageentscheidungen seiner Kunden weckten sein Interesse, die Thematik innerhalb seines Studiums zu vertiefen und inspirierten ihn, die Inhalte in dem vorliegenden Buch auszuarbeiten.
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Titel: Auswirkungen der steigenden Staatsverschuldung in Deutschland auf inländische Wirtschaftssubjekte
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