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Teaching Games for Understanding als Konzept für die Entwicklung von Spielformen in der Grundlagenschulung im Fußball

©2012 Examensarbeit 61 Seiten

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit der Entwicklung eines Trainingsprogramms für das Sportspiel Fußball auf der Basis des TGfU-Konzeptes „Teaching Games for Understanding“ auseinander , welches die vier Bausteine der in der Ausbildungskonzeption des DFB vorgesehenen Inhalte in der Altersstufe der D-Junioren enthält, in welchem die Spieler beginnen, die zuvor erworbenen Grundlagen zu vertiefen und in einem erweiterten Zusammenspiel umzusetzen. Dies vollzieht sich zunehmend im Rahmen taktischer Entscheidungen. In Bezug darauf stellt sich die Frage, inwiefern die Ansätze des DFB in Beziehung zu weiteren wissenschaftlichen Ansätzen bezüglich der Vermittlung von Sportspielen stehen. Auf diese Frage wird im Fortlauf der vorliegenden Arbeit eingegangen und gleichzeitig, die Bedeutung von Spielformen im Fußballtraining und in der Entwicklung junger Spieler verdeutlicht. Die hierin entwickelten Spielformen sollen eine Orientierung für das Fußballtraining im Verein aber auch in der Schule.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


die vier Bausteine der in der Ausbildungskonzeption des DFB vorgesehenen Inhalte
in der Altersstufe der D-Junioren enthält. In diesem Alter beginnen die Spieler, die in
den Altersstufen zuvor erworbenen Grundlagen mehr und mehr in ein ,,richtiges"
Fußballspiel zu übertragen und in einem erweiterten Zusammenspiel umzusetzen.
Dies geschieht zunehmend im Rahmen taktischer Entscheidungen. Doch wie stehen
die Ansätze des DFB in Beziehung zu weiteren wissenschaftlichen Ansätzen
bezüglich der Vermittlung von Sportspielen? Diese Arbeit soll auf diese Frage
eingehen und gleichzeitig helfen, die Bedeutung von Spielformen im Fußballtraining
und in der Entwicklung junger Spieler zu verdeutlichen. Die hierin entwickelten
Spielformen sollen eine Orientierung für das Fußballtraining im Verein aber auch in
der Schule darstellen ­ aufgrund von Variationen auch für unterschiedliche
Leistungsgruppen.
1.2 Aufbau der Arbeit
Zu Beginn der Arbeit gebe ich in einem theoretischen Rahmen einen Überblick über
die Ausbildungskonzeption des DFB. Dabei geht es zunächst um grundsätzliche
Leitlinien, Prinzipien und Ziele. Im Anschluss daran werden die Inhalte dieses
Konzeptes erörtert, im Schwerpunkt geht es dabei um die Grundlagenschulung und
hier explizit um das Training mit D-Jugendlichen. Die empfohlene methodische
Umsetzung des DFB wird in Kapitel 2.4 mit verschiedenen spieldidaktischen
Ansätzen der Literatur in Beziehung gesetzt. Das sportliche Leitbild des DFB und
daraus resultierend Konsequenzen für das Fußballtraining werden in Kapitel 2.5
erläutert. Im Anschluss geht es um die vom DFB vorgesehene Basisförderung in der
Schule, bevor der theoretische Hintergrund des TGfU den Abschluss des zweiten
Kapitels bildet.
Im dritten Kapitel widme ich mich konkreter den Inhalten der Ausbildungsstufe der D-
Junioren. Im DFB-Ausbildungskonzept sind in dieser Altersklasse vier Bausteine
vorgesehen, auf die ich in theoretischer Hinsicht eingehe und darüber hinaus
Gütekriterien zur Lösung der taktischen Probleme des jeweiligen Bausteins
entwickle, die die Basis für die in Kapitel vier konstruierten Spielformen darstellt. Dort
gebe ich zunächst einige Erläuterungen bezüglich der Auswahl der Spielformen, um
darauf für jeden Baustein mehrere Spielformen vorzustellen. Den Abschluss bildet
ein Fazit, in dem ich zum einen die Unterschiede zwischen meinem Konzept und
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dem des DFB erläutere. Zum anderen gebe ich dort auch einen Ausblick über die
weitere Verwendung dieser Arbeit.
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Leitlinien des Ausbildungskonzeptes des DFB
Die Ausbildungskonzeption des DFB soll Trainern im deutschen Fußball eine
sportliche Orientierung bieten. Sie soll Trainern, aber auch Vereinsmitarbeitern,
Eltern oder Fußballunterrichtenden an Schulen einen Überblick über Ausbildungs-
ziele und -schwerpunkte, spezielle Inhaltsbausteine für eine attraktive Trainingsarbeit
und ideale Wettspielformen geben. Darüber hinaus beschreibt die Konzeption
Leitlinien für Trainer, die helfen sollen, ein motivierendes und leistungsförderndes
Training anbieten zu können (vgl. DFB-Ausbildungskonzeption, o.J.). Dieser
Überblick ist in die einzelnen Altersklassen unterteilt. Dabei bestimmen drei
Grundsätze das Ausbildungskonzept.
1. Individuell fördern und fordern.
2. Ausbildungsziele und -schwerpunkte konsequent am biologischen und
psychischen Entwicklungsstand der Kinder und Jugendlichen ausrichten.
3. Das Fußballspielen im Verein muss auch die Persönlichkeit der Kinder und
Jugendlichen fördern:
,,Fußballspielen im Verein hat über effektive, motivierende Trainingseinheiten und
attraktive Wettspiele hinaus gleichzeitig noch andere wichtige Ziele und Funktionen.
Sportliche und außersportliche Aktivitäten im Fußballverein fördern die soziale
Kompetenz und Lebensperspektive der Kinder und Jugendlichen, indem sie,
1. für lebenslangen Sport und zu einer lebenslangen Gesundheitsvorsorge motiviert
werden,
2. Selbstverantwortung für die eigene Leistung und das eigene Leben entwickeln,
3. lernen, sich in einer Gruppe zurecht zu finden!" (DFB-Ausbildungskonzeption, o.J., S.
5)
Mit seiner Ausbildungskonzeption verfolgt der DFB drei übergeordnete Ziele:
1. Spitzenposition im Weltfußball: Dabei sind vordere Platzierungen und Titelgewinne
bei Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen angestrebt.
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2. Faszination Fußball: Vom Anfänger bis zum Spitzenspieler ­ viele Menschen
sollen die Freude und Begeisterung am Fußball erleben.
3. Motivation zur Bewegung: Durch vielseitige Bewegungserfahrungen einschließlich
Fußballspielen soll lebenslange Begeisterung für Sport und Gesundheitsvorsorge
entwickelt werden (vgl. ebd.).
Das Ausbildungskonzept umfasst im Kern die Ziele, inhaltlichen Schwerpunkte und
Methoden für die einzelnen Alters- und Entwicklungsstufen der Sportler, wobei sich
diese auch am Können und an den Interessen der jungen Fußballer orientieren
sollen. Es gibt jedoch drei Leitmotive, die für alle Juniorentrainer allgemein gültig
sind:
Leitlinie 1: Persönlichkeitsförderung
Die Spieler sollen ganzheitlich ausgebildet werden. Das bedeutet, dass sie nicht nur
auf den Fußball, sondern auch auf das Leben vorbereitet werden sollen. Zudem ist
eine Entwicklung von Eigenverantwortlichkeit und Eigeninitiative gewünscht.
Ebenfalls unter dieses Leitprinzip fällt das Fördern von Selbstbewusstsein,
Selbstkritik, Motivation und Leistungswillen sowie der Aufbau von ,,psychischer
Stärke", um positive oder negative Einflüsse zu verarbeiten. Abschließend sollen
Fairness und Toleranz gegenüber dem Gegner, Trainer und Schiedsrichter im
Speziellen und allen Menschen gegenüber im Allgemeinen vermittelt werden.
Leitlinie 2: Individuelle Förderung
Dieses Leitmotiv fordert vom Trainer ein intensives persönliches Interesse an jedem
Spieler sowie eine intensive individuelle Begleitung nicht nur auf dem Fußballplatz,
sondern auch darüber hinaus. Eine detaillierte und regelmäßige Analyse des
aktuellen Leistungsstands und ein umfangreiches individuelles Trainingsprogramm
sollen ebenso zu einem stärker individualisierten Ausbildungsprozess gehören wie
die für den einzelnen Spieler angepasste Erhöhung der psychischen und physischen
Belastung.
Leitlinie 3: Schlüsselfunktion Trainer
Dem Trainer fällt in der Ausbildung von Nachwuchsfußballern eine entscheidende
Rolle zu. Seine Hauptaufgaben bestehen in der Vermittlung von Freude und
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Motivation für das Fußballspielen, einer Herausbildung einer positiven Einstellung
zum leistungsorientierten Fußball, der Planung und Steuerung des Ausbildungs-
prozesses und ,,dem effektiven, erfolgsorientierten Coachen des Teams und der
Spieler rund um ein Spiel". Zudem soll sich der Trainer seiner Vorbildfunktion und
seiner Autorität auf und neben dem Platz zu jeder Zeit bewusst sein und diese
ausführen (vgl. ebd.).
Darüber hinaus sind weitere Aspekte bezüglich der zu trainierenden Spieler vom
Übungsleiter zu beachten:
,,Der ,typische' Entwicklungsverlauf vom Kleinkind bis zum Eintritt in das
Erwachsenenalter lässt sich in einzelne Phasen einteilen. Ein systematischer sportlicher
Ausbildungsprozess beachtet diese speziellen psychomotorischen, physischen und
kognitiv-affektiven Reifungsprozesse. Andererseits muss der Trainer immer auch die
individuellen Besonderheiten jedes Spielers berücksichtigen!" (DFB-
Ausbildungskonzeption, o.J., S. 11)
Darauf basierend verfolgt das Ausbildungskonzept des DFB drei Prinzipien. Zum
einen zählt dazu der systematische Leistungsaufbau. Durch eine koordinative
Grundausbildung als ,,sportliche Basis", die Berücksichtigung der ,,gesetzmäßigen"
Reihenfolge der Entwicklungsvoraussetzungen, die Förderung der Persönlichkeit,
eine Prognose internationaler Trends sowie Geduld, Leidenschaft, Identifikation und
Enthusiasmus bei Trainern und Spielern soll die Entwicklung der
Nachwuchsfußballer umgesetzt werden (vgl. ebd.).
Zweites Prinzip ist der altersgemäße Leistungsaufbau. Dieser berücksichtigt die
altersspezifischen psychischen Voraussetzungen angepasst an die sportlichen Ziele
ebenso wie die psychomotorischen und physischen Fähigkeiten der Spieler. Zudem
fällt unter dieses Prinzip die individuelle pädagogische Begleitung der Spieler und
eine vielseitige sportliche Bewegungsausbildung, die die Basis für fußballerisches
Können darstellen soll. Ein dosierter Aufbau soll schließlich für eine stabilere und
größere Leistungsfähigkeit sorgen (vgl. ebd.).
Prinzip Nummer drei beschreibt den individuellen Leistungsaufbau. Die Ausprägung
der jeweiligen psychomotorischen und physischen Reife wird dabei ebenso
berücksichtigt wie die außersportliche Situation (Schule, Beruf, Familie) und die
individuelle Belastung des Spielers insgesamt (hervorgerufen durch Wettspiel,
Training, Schule/Beruf). Zudem fällt unter dieses Prinzip die Kommunikation des
Trainers mit dem einzelnen Spieler, um das Training und die Leistung optimal zu
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steuern. Daraus folgt eine ,,umfassende Individualisierung und Differenzierung des
Trainingsprozesses"(vgl. ebd.).
2.2 Inhalte der Ausbildungskonzeption des DFB
Die Inhalte der Ausbildungskonzeption sind gegliedert in die einzelnen Altersstufen
der Spieler. Anhand dieses Stufensystems erhält der Trainer Orientierung für seine
Tätigkeit in Training, Spiel und Pädagogik. Die jeweiligen Teilziele der einzelnen
Ausbildungsstufen bauen dabei aufeinander auf, wobei diese Ziele, aber auch die
Inhalte und Methoden jeder Stufe vom individuellen Entwicklungsstand abhängen.
Die Ausbildungsstufen sind auf die Entwicklungsphasen der Spieler abgestimmt und
das Auslassen einer solchen Stufe stört den systematischen Leistungsaufbau (vgl.
ebd.).
Beginnend mit den Bambini und jünger (3-6 Jahre) sieht die Ausbildungskonzeption
in dieser Altersstufe die umfassende Bewegungsschulung als Ziel und Inhalt an.
Technisch-spielerische Vielseitigkeitsschulung steht bei F- und E-Junioren (7-10
Jahre) im Vordergrund. Inhalt der in dieser Arbeit im Schwerpunkt behandelten D-
Junioren (und auch der C-Junioren; 11-14 Jahre) ist das fußballspezifische
Grundlagentraining. Genauer gehe ich darauf im folgenden Kapitel ein.
In der Altersstufe der B- und A-Junioren (15-18 Jahre) bildet das beginnende
Spezialisierungstraining den inhaltlichen Schwerpunkt, bevor ein belastungs-
gerechtes Übergangstraining den Schritt vom Junioren- in den Seniorenbereich
ermöglichen soll (Perspektivspieler; 17-20 Jahre). Die Perfektionierung (21-29 Jahre)
bzw. Stabilisierung (ab 30 Jahre) beschließen letztlich das Stufenmodell des DFB.
Die Übergänge der einzelnen Stufen sind dabei fließend und geschlechtsspezifisch
(vgl. ebd.). Allerdings ist diese Einteilung für männliche Fußballer ausgelegt, die
Unterschiede in der Entwicklung zu Weiblichen (vgl. Steinhöfer, 2008) werden in dem
Modell des DFB nicht spezifisch berücksichtigt.
2.3 Grundlagenschulung: Ziele und Inhalte der D-Junioren
In seiner Ausbildungskonzeption spricht der DFB von der Altersstufe der D-Junioren
vom ,,goldenen Lernalter". Spieler in diesem Alter zeichnen sich demnach durch
Bewegungs-, Spiel- und Leistungsfreude aus und setzen Bewegungsaufgaben
schnell und geschickt um (vgl. DFB-Ausbildungskonzeption, o.J.). Allerdings ist damit
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nicht gesagt, dass Spieler die Inhalte dieser Altersstufe zu einem späteren Zeitpunkt
nicht mehr lernen können, denn auch nach der Pubertät und auch im Erwachsenen-
alter können im Bewegungslernen deutliche Fortschritte erzielt werden (vgl.
Willimczik, Voelcker-Rehage & Wiertz, 2006).
In den Altersstufen zuvor wurde durch eine breit angelegte Grundausbildung in den
Bereichen Bewegungsschulung und technisch-spielerischer Vielseitigkeitsschulung
die Basis gelegt. Im D-Juniorenalter soll nun systematisches Fußballtraining
beginnen (vgl. DFB-Ausbildungskonzeption, o.J.).
Die Schwerpunkte im Training mit D-Junioren setzen sich aus vier Inhaltsbausteinen
zusammen (Abb. 1).
Abbildung 1: Inhaltsbausteine für das Training mit D-Junioren (DFB-Ausbildungskonzeption, o.J.)
Baustein 1 beinhaltet die spielerische Konditionsschulung. Durch komplexere Lauf-
und Fangspiele, Bewegungsaufgaben der Lauf- und Sprungkoordination,
motivierende Ganzkörperkräftigung und Koordinations- und Kraftparcours sollen
Inhalte des Bausteins gefördert werden (vgl. ebd.). Das systematische Technik-
Training stellt Baustein 2 dar. Neben dem systematischen Erlernen aller Basis-
Techniken steht hierbei auch die Förderung der Geschicklichkeit am und mit dem
Ball im Vordergrund. Zudem soll dieser Baustein individuell nach den Stärken und
Schwächen der Spieler ausgerichtet sein (vgl. ebd.).
Individualtaktische Grundlagen bilden den dritten Baustein. Dabei sollen die Spieler
das Verhalten im 1 gegen 1 sowohl in der Offensive als auch in der Defensive in
verschiedenen Situationen erlernen. In der Offensive wird unterschieden zwischen
dem Dribbling auf einen Gegner zu und dem Fordern des Balles mit dem Gegner im
Rücken. In der Defensive geht es zum einen um die Balleroberung gegen einen auf
den Abwehrspieler zudribbelnden Gegner. Zum anderen geht es um die
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Balleroberung gegen einen Angreifer, der sich mit dem Rücken zum Tor befindet
(vgl. ebd.).
Baustein 4 besteht aus Fußballspielen mit Schwerpunkten und freiem Spiel.
Spielformen mit Zusatzregeln, variabler Aufstellung der Tore, mit verschieden großen
Teams (Überzahl/Unterzahl) oder Spielvariationen mit neutralen Spielern oder
äußeren Anspielern sollen taktisches Verständnis aber auch die Umsetzung der
adäquaten Techniken in der jeweiligen Situation fördern. Die Spieleranzahl soll dabei
von 1 gegen 1-Situationen bis Spielformen mit maximal 7 gegen 7 Akteuren variieren
(vgl. ebd.).
Trainer sollten dabei darauf achten, die Basistechniken schrittweise und im Detail zu
verbessern. Insbesondere auf die konsequente Anwendung der Beidfüßigkeit ist zu
achten. Empfohlen wird für die Wettspiele im Meisterschaftsbetrieb eine Feldgröße
von etwa 50 x 70 Metern und einer Mannschaftsstärke von sieben bis neun (inklusive
Torhüter) (vgl. ebd.).
2.4 Spieldidaktische Prinzipien und methodische Umsetzung
Der DFB empfiehlt in der trainingspraktischen Umsetzung einen Wechsel zwischen
Übungs- und Spielformen. Mit dieser gemischten Methode will der DFB die Vorteile
beider Vermittlungsansätze zusammenfügen und nutzen. Wiederholungen in kurzer
Zeit, ungestörtes Konzentrieren auf einen Bewegungsablauf, das Einschleifen eines
Bewegungsablaufs sowie methodische Vereinfachung (übersichtlicher Trainings-
aufbau und damit gute Übersicht auch über große Gruppen) sind die Vorteile des
Übens, die gepaart mit denen des Spielens (Spaß, Lösen einer Spielsituation mittels
der richtigen Technik, Kopplung von Technik-Schulung mit taktischer Anwendung
und ständige Mitschulung von Spielfreude, Kreativität, Reaktion und Kondition) in der
Trainingspraxis eingesetzt werden sollen (vgl. DFB-Talentförderprogramm: Info-
Abende für Vereinstrainer 16, o.J.). Dabei soll zunächst der trainingsinhaltliche
Schwerpunkt per Übung ohne Druck und mit vielen Wiederholungen eingeschliffen
werden, um ihn danach in einer Spielsituation im taktischen Kontext umzusetzen.
Spielformen sollen jedoch innerhalb einer Trainingseinheit überwiegen (vgl. ebd.).
Unerwähnt bleiben beim DFB die Nachteile von Übungsformen. Diese sind, dass sie
nicht sehr motivierend sind, der Spielbezug fehlt und die Gefahr der Vermittlung
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einseitiger Techniken, wie sie in Spielhandlungen teilweise nicht vorkommen, besteht
(vgl. Frizi, 2008).
Ebenfalls eine Kombination aus Spielen und Üben schildert der Ansatz von Roth
(2005), um Sportspiele zu erlernen. Allerdings ­ und das ist der große Unterschied
zu der vom DFB präferierten Methode ­ gilt dort das Motto ,,Spielen vor Üben!". Als
,,methodische Grundpfeiler" gelten demnach erstens das ,,Spielen und Üben" und
zweitens das ,,spielerische Probieren vor technischem Studieren" (vgl. Roth, 2005).
Dabei erwähnt Roth drei Ansätze. Zum einen geht es um den Einsatz von Bausteine-
Spielen. Dabei werden Spielformen entwickelt, die in hoher zeitlicher Dichte in
einfachen sportspielübergreifenden und sportspielgerichteten Bausteine-Spielen
basistaktische Anforderungen, in komplexen mehrere Aufgabenstellungen in Addition
und Interaktion, gelöst werden sollen. Dabei gelten die Regeln ,,Vom
Sportspielübergreifenden zum Sportspielgerichteten!" und ,,Vom Einfachen zum
Komplexen!" (vgl. ebd.).
Der zweite Ansatz beruht auf dem Einsatz von Basisspielen. Diese sollen durch ein
Minimum an Regeln und durch eine Spielidee, die in Grundsituationen und
Handlungsmöglichkeiten den Gemeinsamkeiten der großen Sportspiele ähneln, so
einfach gestaltet sein, dass nach kurzer Eingewöhnungszeit ein abwechslungs-
reiches Spiel stattfinden kann. Aus diesen Basisspielen soll später über ein
etappenweises Verändern der Regeln schrittweise zu den Zielspielen ähnlichen
Spielen übergegangen werden (vgl. ebd.).
Der Einsatz von kleinen (Ball)-Spielen liegt dem dritten Ansatz zu Grunde. Dabei
geht es um Spielformen, die keinen vereinbarten Regeln unterliegen, dabei aber die
grundlegenden Ideen des Zielspiels beinhalten sollen. Durch kooperative
Anforderungen, den Grad der Rollendifferenzierung und den Gegnerdruck kann eine
Reihenfolge verschiedener Schwierigkeiten in der Vermittlung der Spiele erfolgen.
Die kleinen (Ball)-Spiele ermöglichen somit schon frühzeitige Erfahrungen in Bezug
auf die Grundidee und typischen Handlungssituationen (vgl. ebd.).
Auch bei Bunker und Thorpe (1982) in ihrem Modell TGfU, das ich in Kapitel 2.7
genauer beschreibe, sowie bei Griffin, Mitchell und Oslin (1997) mit ihrem Tactical
Awareness Approach steht das Spielen zur Vermittlung von Sportspielen im
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Vordergrund. Der Tactical Awareness Approach zeigt anhand von Beispielstunden,
wie ein Sportspiel eingeführt werden kann.
Dabei gilt die Reihenfolge, dass sich nach einer ersten Spielform eine Frage-und
Antwortrunde in der Unterrichtseinheit oder Trainingsstunde anschließt, in der die
Lernenden befragt werden, wie sie die in der Spielform auftauchenden (taktischen)
Probleme lösen können (vgl. Griffin, Mitchell & Oslin, 1997). Das kann einerseits
taktische Lösungen betreffen (z. B. den eigenen Ballbesitz gewährleisten durch
Freilaufen, Anbieten, Lösen vom Gegner) aber auch technische Antworten
beinhalten (z. B. um den Ball präzise in den eigenen Reihen halten zu können:
Standbein neben dem Ball, Fußspitze zeigt in die Richtung, in die der Ball gespielt
werden soll, Fußgelenk des Schussbeines feststellen, Bein ausschwingen). Nach
dieser ersten Theorierunde folgt eine Übungsform, die sich an den ausgewählten
Schwerpunkten orientiert (im oben erwähnten Beispiel das Passen). Einer zweiten
Frage- und Antwortrunde schließt sich die zweite Spielform an. Diese kann eine
Modifikation des vorherigen Spiels sein oder eine Wiederholung dessen (vgl. ebd.).
Für den Fußball speziell stellt Cassia (2010, S. 4) fest:
,,Man sollte sich vergegenwärtigen, dass Trainingsmethoden, die das Entscheidungs-
vermögen der Spieler und ihre Anpassungsfähigkeit an die stets wechselnden
Spielsituationen nicht weiter entwickeln, heute nicht mehr zeitgemäß sind."
Auch Jansson kritisiert eine Isolierung technisch-koordinativer Komponenten in der
Vermittlung des Fußballspiels. Techniken sollten im Sportspiel besser als
,,Bewegungslösungen situativer Aufgaben" bezeichnet werden (vgl. Jansson, 2004).
Das Problem isolierten Techniktrainings besteht dabei in der Annahme, dass ein in
dieser Art erworbenes Bewegungsprogramm ohne Weiteres in den Spielkontext
transferiert werden kann.
,,Lernen im Sportspiel bedeutet demzufolge die Koordination vielfältiger, systeminterner
Teilprozesse, wobei eine enge Abstimmung mit externen Einflussfaktoren/situativen
Bedingungen erfolgen muss. Es kommt darauf an, dass der Spieler Situationen meistert
und nicht technische Fertigkeiten losgelöst von der Effektivität der Situationslösung
präsentiert." (Jansson, 2004, S. 52).
Technikorientierte Vermittlungskonzepte sind demnach nicht geeignet, die
Spielfähigkeit im Fußball aufzubauen.
In der Literatur überwiegt also derzeit der Stellenwert der Spielformen. Im Gegensatz
zur vom DFB vorgesehenen methodischen Umsetzung, Techniken und Taktiken
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zunächst ohne Druck einzustudieren, sehen die hier erwähnten Ansätze das Lernen
von Technik und Taktik durch Spielen als geeignetere Lösung Sportspiele im
Allgemeinen und Fußball im Speziellen zu erlernen.
2.5 Sportliches Leitbild: Trends und Konsequenzen des DFB für das
Grundlagentraining
Um den Fußballtrainern in Deutschland (insbesondere im Nachwuchsbereich) eine
Orientierung für die Inhalte des Trainings zu bieten, muss feststehen, wohin sich der
deutsche Fußball und damit der Nachwuchsfußballer entwickeln soll und welche
Schwerpunkte allgemein gesetzt werden sollen (auf die Schwerpunkte im Speziellen
für die jeweiligen Altersstufen gehe ich zu einem späteren Zeitpunkt ein).
,,Unsere Spielphilosophie berücksichtigt eine langfristige Prognose des Weltfußballs,
internationale Trends und typische Stärken des deutschen Fußballs. Die Leitlinien dieser
Spielphilosophie bestimmen Qualitätsstandards für zukünftige Spitzenleistungen unserer
Teams und Spieler" (DFB-Ausbildungskonzeption, o.J., S. 13).
Das sportliche Leitbild des Ausbildungskonzeptes des DFB basiert auf aktuellen
Trends im Weltfußball gepaart mit den ,,Stärken des deutschen Fußballs". Das
Leitbild des DFB beinhaltet die Komponenten Spielfreude, Fitness, Techniken unter
Druck, das taktische Konzept in der Offensive und Defensive sowie die
Persönlichkeitsbildung (vgl. DFB-Ausbildungskonzeption, o.J.).
Internationale Trends im Bereich Spielfreude sind ,,Lust am Spiel", Kreativität, mutige
individuelle Aktionen, eine positive Körpersprache und das Lösen von (komplizierten)
Spielsituationen durch Überraschungsmomente. Als Konsequenzen für das Training
mit jungen Fußballern sieht die Ausbildungskonzeption eine intensive motorische
Grundausbildung als Basis spielerischer Kreativität, eine vielseitige Schulung der
Geschicklichkeit mit dem Ball und das Durchführen vieler kleiner und freier
Fußballspiele, um Spielfreude und Kreativität zu fördern (vgl. ebd.).
Trends in Sachen Fitness lassen sich im läuferischen Bereich beobachten. Zum
einen dient die Ausdauer als Basis schneller Regeneration. Zum anderen sind
läuferische Qualitäten die Grundlage für eine aktive, auf schnelle Balleroberung
ausgerichtete Spielauffassung sowie für die Umsetzung eigener spielerischer
Fähigkeiten. Zudem soll die ausgeprägte Athletik zu einer auch mentalen Stärke
führen. Für das Training bedeutet dies, dass das Verbessern der Koordination eine
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große Rolle spielt. Durch viele fußballspezifische Aufgaben soll die Ball- und
Körperbeherrschung trainiert werden. (auch fußballunspezifische Übungen sollten
allerdings meiner Meinung nach eine Verbesserung der allgemeinen Koordination
hervorrufen wie z.B. Übungen mit Koordinationsleiter, Ringen, Stangen etc.).
Außerdem spielen auch im Bereich Fitness die kleinen Fußballspiele eine wichtige
Rolle. Ergänzt durch Fang- und Laufspiele sollen sie die Laufaktivität und ­
Geschicklichkeit verbessern (vgl. ebd.).
Was die Techniken unter Druck angeht, so zeigt sich der Trend, dass auch auf
engstem Raum und unter Gegnerdruck die technische Perfektion von
entscheidender Bedeutung ist. Sicher beherrschte Basistechniken (Dribbeln, Passen,
Ballkontrolle, Finten, Torschuss, Zweikampftechnik, Kopfball) bilden die Grundlage
für variable Positionstechniken in der Defensive, im Spielaufbau, beim ,,letzten Pass"
und beim Torabschluss. Der DFB empfiehlt für das Training ein systematisches
Verfeinern einer Technik. Dies soll durch Üben (viele ungestörte Wiederholungen)
und Spielen (Anwenden mit Gegner) erfolgen. Der Gegner- und Zeitdruck soll
sukzessive erhöht werden und aktive Lernprozesse der Nachwuchsfußballer initiiert
werden (vgl. ebd.). Das ungestörte Üben allerdings steht, wie in Kapitel 2.4
dargestellt, in den spieldidaktischen Konzepten in der Kritik.
Im taktischen Konzept der Defensive geht der Trend in Richtung auf Ballgewinn
ausgerichtetes Agieren. Dabei soll der Gegner samt Ball gestellt und anschließend
gelenkt werden bis zu einem (Schwach-) Punkt, an dem er gedoppelt wird, um den
Ball schließlich zu erobern. Weitere Trends sind das Provozieren der Angreifer zu
Ballverlusten sowie intelligentes Pressing. Ein bei Spitzenmannschaften wie dem FC
Barcelona oder der spanischen Nationalmannschaft zudem sehr offensichtlicher
Trend ist das situationsgemäße, flexible und aktionsschnelle Gewinnen des Balles im
eigenen Angriffsdrittel. Eine schrittweise Schulung in 1 gegen 1-Situationen sowie die
Grundlagen, um den Ball zusammen zu erobern, sind die Konsequenzen für das
Fußballtraining (vgl. ebd.).
In der offensiven Konzeption zeigt sich, dass der erste Blick nach eigenem Ballbesitz
stets in die Tiefe geht, um mögliche Anspielstationen dort zu realisieren und den Ball
möglichst schnell dorthin zu bringen. Dies bedingt eine ,,offene Spielstellung". Auch
14

ein Kombinationsspiel mit möglichst wenigen Ballkontakten (bis hin zum Direktspiel
und gepaart mit individuellen Dribblingaktionen) sowie eine gruppentaktische
Variabilität lassen sich als Trend feststellen. Eine große Dribbelstärke, leichtfüßige
und explosive Aktionen sowie Aggressivität und Ballsicherheit vervollständigen die in
der Ausbildungskonzeption dargestellten Trends in der Offensive. Daraus ergeben
sich als Konsequenzen für das Training die Schulung von leicht- und vor allem
beidfüßigem Dribbling auf engem Raum, das Erlernen eines möglichst großen
Repertoires an Finten und die Grundlagen sicheren Zusammenspiels (vgl. ebd.).
Ein weiterer in der DFB-Ausbildungskonzeption wichtiger Punkt im sportlichen
Leitbild ist ,,das Team mit Persönlichkeiten". In internationalen Trends ist zu
beobachten, dass psychische und soziale Faktoren wie Willensstärke, Disziplin,
Konzentration, Selbstvertrauen und -kritik sowie Eigeninitiative von großer
Bedeutung sind. Ebenso wichtig sind eine positive Körpersprache und eine positive
Einstellung zum Fußball, insbesondere im Bereich der Offenheit zur
Weiterentwicklung und der Lernbereitschaft. Das Abrufen dieser Eigenschaften
gerade unter Druck spielt dabei eine immer größere Rolle. Für die Ausbildung
bedeutet dies vor allem das Vermitteln sozialer Werte im und durch den
Mannschaftssport Fußball. Spielfreude und Kreativität sollen durch den Trainer
gefördert werden, gleichzeitig auch Raum zur Förderung von Eigeninitiative gegeben
werden (vgl. ebd.).
2.6 Basisförderung Schule
Der DFB sieht sich über die Vereine hinaus verpflichtet, den Fußball auch in der
Schule stärker im Sportunterricht zu verankern. Durch eine Schulfußball-Offensive
soll der Fußball im Sportunterricht nicht nur motivierend auf die Gesundheits-
förderung wirken (durch vielseitige konditionelle und koordinative Bewegungs-
aufgaben), sondern auch soziale Werte vermitteln sowie Toleranz und Fair Play
lehren (vgl. http://talente.dfb.de). Die Ziele, die der DFB dabei verfolgt, sind
außerdem die Vermittlung von Begeisterung am Fußballspielen, Kennenlernen der
Spielidee (altersgemäß erlernt), Verbesserung der individuellen Bewegungsfähigkeit
(inklusive der Geschicklichkeit am Ball), Aufbau von Selbstbewusstsein und
Persönlichkeitsförderung (Kreativität, Selbstsicherheit, Mut) (vgl. ebd.).
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Im Schwerpunkt geht es dabei um vielseitige Bewegungsschulung mittels Lauf- oder
Fangspielen, Bewegungsaufgaben (auch mit, auf oder an Geräten) und Hindernis-
Parcours und Erfahrungen sammeln mit einem Ball (rollend, hüpfend, fliegend).
Ergänzend dazu sieht der DFB eine spielerische Ganzkörperkräftigung, kleine
Ballspiele (nicht nur Fußball) sowie das Erlernen der Grundtechniken (Dribbeln um
Hindernisse, Schießen des Balles auf Ziele) vor. Den Mittelpunkt einer Fußball-
Stunde sollte jedoch freies Fußballspielen in kleinen Gruppen bilden (vgl. ebd.).
Umgesetzt werden sollen diese Schwerpunkte unter verschiedenen Prinzipien.
Einfache Bewegungsaufgaben sollen dabei interessant gestaltet und altersgerecht
präsentiert werden. Bei den Bewegungsaufgaben mit Ball soll es nicht nur um den
Fußball gehen, sondern die Kinder sollen Erfahrungen mit verschiedenen Bällen
sammeln. Durch kleine Gruppen sollen möglichst viele Aktionen gewährleistet
werden und der Lehrer sollte darauf achten, dass die Schüler viele Erfolgserlebnisse
sammeln können, die Aufgaben also am jeweiligen Können orientieren.
Vorbildfunktion und Persönlichkeitsförderung nehmen laut DFB ebenfalls eine
wichtige Rolle ein (vgl. ebd.).
2.7 Das Konzept TGfU ­ Spielformen statt Übungsformen
Das sportspieldidaktische Konzept TGfU wurde 1982 von Bunker und Thorpe in
England entwickelt und vorgestellt. Es soll eine Alternative zu den traditionellen
technikorientierten Ansätzen der Sportspielvermittlung darstellen und gilt als eines
der weltweit führenden Konzepte. TGfU basiert dabei zunächst auf einer Kritik dieser
traditionellen Ansätze. So wird festgestellt, dass bei traditionellen Ansätzen
- die Vermittlung der Technik in Form von Übungsformen in hoch strukturierten
Unterrichtsstunden besteht
- die Technikvermittlung in der Schule die meiste Unterrichtszeit einnimmt und
so nur wenig Spielzeit bleibt
- eine situationsbedingte Problemlösung mittels der Erlernten Technik in
taktischen Zusammenhängen kaum thematisiert wird
- die isoliert erlernten Techniken im Spiel selbst häufig zusammenbrechen
(bedingt durch Gegner- oder Zeitdruck) (vgl. Müller & Danisch, 2009).
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2012
ISBN (PDF)
9783955499945
ISBN (Paperback)
9783955494940
Dateigröße
1.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bremen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2,5
Schlagworte
DFB Teaching Games for Understanding Fußball Grundlagentraining Spielform D-Jugend D-Junior
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Titel: Teaching Games for Understanding als Konzept für die Entwicklung von Spielformen in der Grundlagenschulung im Fußball
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